Otto Glocken Gerhard Reinhold Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerdynastie Otto

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SUPPLEMENT No. 1 zu ISBN 978-3-00-063109-2 OTTO GLOCKEN · Gerhard Reinhold · Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerdynastie Otto Neues: Personalia der Familien Otto | Seite 6 (OTTO-)Glocken: Maß, Gewicht, Ton und Schwingungszahl | OTTO-Glocken in der Basilika St. Ludgerus, Essen-Werden | St. Blasius, Düsseldorf-Hamm und Hl. Dreikönige, Neuss | Seite 26 Die vergrabene OTTO-Glocke | Seite 28 SupplementNo.1

Inhaltsverzeichnis

Vorwort Impressum | Seite 3

Kreuz und Glocke | Seite 4

Personalia der Familien Otto | Seite 6

(OTTO-)Glocken, deren Maß, Gewicht und Ton nebst Schwingungszahl (Emanuel Kretschmer) | Seite 8

Zu den schriftlichen Notizen von Emanuel Kretschmer (Bruder Michael Reuter) | Seite 12 Historie der rekonstruierten OTTO-Rippe (Bruder Michael Reuter) | Seite 12

Die vornehmste Aufgabe der Glocken | Seite 13

Rekonstruktion von OTTO-Rippen | Seite 14 Konstruktionsanleitung (Bruder Michael Reuter) | Seite 14 Schwere OTTO-Rippe 1951 nach Bruder Michael Reuter (2007) | Seite 15 Mittelschwere OTTO-Rippe nach Christoph Schmitt (2019) | Seite 15

1912: Die Glocken von St. Anna in Freigericht Somborn | Seite 16

1888: Die Glocken der Herz-Jesu-Kirche, Lübeck | Seite 18

1911: Die Glocken von St. Gertrud, Düsseldorf-Eller | Seite 22

1909: OTTO-Glocken in der Basilika St. Ludgerus, Essen-Werden | Seite 24

1913: St. Adolfus, Düsseldorf-Pempelfort | Seite 25

1911: St. Blasius, Düsseldorf-Hamm und Hl. Dreikönige, Neuss | Seite 26

1939: Die vergrabene OTTO-Glocke | Seite 28

1953: Saarlouiser Glockengießerei - Glockenguss und Glockenweihe St. Ludwig und Maria Himmelfahrt, Saarlouis | Seite 29

1962: Die dritte „Brema“ | Seite 29

Werkverzeichnis der Glockengießerei F. Otto in Hemelingen Ergänzungen und Korrekturen | Seite 30

Quellen- und Literaturverzeichnis | Ergänzungen | Seite 32

Buchbesprechungen

Dr. Claus Peter, Hamm | Seite 33

Prof. Dr. Dr. Reimund Haas, Köln | Seite 33

Prof. Dr. Dr. Thomas Gergen, Luxemburg | Seite 35

O TTO -G LOCKEN 2

Diesen Nachtrag zum großen Otto-Glockenbuch widme ich wieder meinen Kindern und den Enkeln Jakob, Luisa, Mariene, Katharina, Theo, Fritz, Marie sowie - im Juli 2021 geborendem kleinen Klaus.

Impressum

Supplement No. 1 zu ISBN 978-3-00-063109-2 Essen 2021

Auflage 350 Exemplare Herausgeber: Dr. Gerhard Reinhold Überruhrstr. 442 · 45277 Essen Tel 0201-26 48 23 info@ottoglockenbuch.de

Design, Realisation: artkonzeptkörner Michael Körner, Dipl. Designer In Tetelrath 93 · 41844 Wegberg Tel 0 24 34-92 62 07 www.artkonzeptkoerner.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, Aufnahme in On line-Dienste und Internet und Vervielfältigung auf elektro nische Datenträger nur nach vorheriger schriftlicher Zustim mung des Herausgebers

Vorwort

Eine erste Ergänzung zum großen OTTO-Glockenbuch, gut ein Jahr nach seinem Erscheinen, ist sinn voll geworden, weil neues, his torisches Material bekanntgeworden ist, weil Ergänzungen und Korrekturen zur Ver fügung stehen und weil hier Glocken in den Blick genommen werden, die zwar nicht von den Ottos aus Hemelingen stam men, die aber gleichwohl in einer OTTORippe gegossen wurden, also ein Stück Rezeptionsgeschichte der Otto-Rippe dar stellen.

Dabei ist dieses Supplement vom Umfang und Inhalt bewusst knappgehalten, damit aus einem Beiheft nicht ein zweiter um fangreicher Buchband wird.

Allen, die durch Material, Texte und Abbil dungen zu diesem Supplement beitragen haben, gilt mein besonderer Dank.

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S UPPLEMENT

Für uns heute gehören ein Kreuz und eine Glocke einfach zu einer christli chen Kirche. Aber das war nicht von Anfang an so. Die frühen Christen kannten die Glocke; sie wurde in der Antike im öffentlichen Leben und bei heidnischen Kulten genutzt. Sie wurden als Schmuck oder als Amulett getragen. Da sie aus Metall gefertigt war, schrieb man ihr zauberbrechende und glückbringende Eigenschaften zu. Die Glocke war aber kein Zeichen für die christliche Liebe, weshalb Paulus sie als „dröhnendes Erz“ (1. Kor. 13,1) bezeichnete.

dung durch Helena wurde das Kreuz in der christlichen Kunst ein immer bedeutenderes Thema, ob als Gemälde, Mosaik oder Skulptur.

Der Tod Jesu am Kreuz und seine Auferste hung sind das Fundament des christlichen Glaubens. Ohne sie ist christlicher Glaube nutz los. (1. Kor 15, 17). Trotzdem war das Kreuz nicht das ursprüngliche Symbol der frühen Christen.

Die Akzeptanz des Kreuzes und die Wertschät zung von Glocken änderten sich erst zu Be ginn des 4. Jahrhunderts als Christen nicht mehr unterdrückt und verfolgt wurden.

Die Veränderung begann im Jahr 312 n.Chr. Kaiser Konstantin siegte in einer Schlacht, weil er der Vision eines Lichtkreuzes folgte, welche ihm verhieß: in hoc signo vinces, in diesem Zei chen wirst du sie gen. Acht Jahre später verbot Kon stantin Kreuzigun gen und im Jahr 326 fand die Kaiserinmutter Helena bei Ausgra bungen in Jerusa lem das Kreuz Jesu. Die weitere Ent wicklung führte dazu, dass Ende des 4. Jahrhun derts das Christen tum durch Kaiser Theodosius zur Staatsreligion er hoben wurde. Seit der Kreuzauffin

Ich läute Leid, ich läute Freud, ich läute Zeit und Ewigkeit.

In der neuen, christenfreundlichen Umwelt gaben die Christen auch ihre ablehnende Hal tung den Glocken gegenüber auf, trug doch schon der Hohepriester im Jerusalemer Tempel an seinem Gewand kleine Glöckchen. Diese standen für die 12 Stämme Israels, wie die 12 Apostel auch, die Jesus berufen hatte. Die 12 Apostel verkündigten das Evangelium. Die Glo cken sollten nun mit ihrem Klang auf diese neue, frohe Botschaft aufmerksam machen. Auch kamen im Jerusalemer Tempel Glocken als Tonabgeber für den Psalmengesang zum Einsatz.

So wurden sie durch die Christen zunehmend in ihren Dienst genommen, in den frühen Klös tern zur Unterscheidung von ora et labora, von den Wandermönchen auf ihren Missionsreisen und schon in den ersten Kirchen riefen sie zu Gebet und Gottesdienst. Glocken wurden das akustische Medium der Christianisierung.

Gegen den magisch-heidnischen Aberglauben von der apotropäischen, d.h. schadenabweh renden Wirkung der Glocke setzten die Chris ten die Glockenweihe. Durch sie wurde die Glocke zur „vox domini“. Durch die Kraft Gottes sollte die Glocke, besser ihr Klang, Men schen schützen und Schaden von ihnen abwehren.

Deshalb schrieb Wilhelm Durandus im Jahr 1291 in seiner Schrift „Ra tionale divinorum officiorum“:

Wenn die Glocke läutet, dann sollen alle, die sie hören „zum Schoß der heiligen Kirche vor

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2019
Kreuz und Glocke 1
1 2
Ich läute Leid, ich läute Freud, ich läute Zeit und Ewigkeit.
Albert Junker

das Banner des heiligen Kreuzes flüchten“. Kreuz und Kirche, Kirche und Glocke stehen zueinander in einer ganz engen Beziehung.

In den vergangenen 1600 Jahren haben sich über 2500 Gießer dem Guss von Glocken ge widmet und hunderttausend von Glocken als Kommunikations- und Musikinstrument für die Kirchen im sogenannten christlichen Abendland gegossen, von der einfachen Nuss schalenglocke, über die Bienenkorb- und Zu ckerhutglocke, die gotischen Glocken des Spätmittelalters, z. B. eines Ghert van Wou, bis zu den modernen Dreiklangglocken des 19./20. Jh. und unserer Tage.

Campanologische, glockenkundliche Themen können auf der Metaebene behandelt werden, sie können aber auch auf der Ebene der Pro tagonisten, der Kirchengemeinden und der Glockengießer, betrachtet werden. Dieses Be ziehungsgeflecht mit den Kirchen auf der einen und den Glockengießern auf der ande ren Seite ist in dem systemo-historischen Diagramm auf der Seite 152 des OTTO-Glo ckenbuches dargestellt. Es wird durch zwei Diagramme auf den S. 153 und 429 inhaltlich erweitert.

Bei der vertikalen Betrachtungsweise geht in diesem systemo-historischen Diagramm der Blick von den Kirchen auf die Glocken einer oder mehrerer Kirchen, auf ihre Verwendung unter liturgiegeschichtlichen, musikwissen schaftlichen, kunsthistorischen, handwerks geschichtlichen und religiös-volkskundlichen Aspekten. Es geht um die Geschichte der Kir chen, den Gebrauch ihrer Glocken, die Läute ordnungen, die Glockeninschriften und die geographische Verbreitung von Glocken all gemein bzw. die eines bestimmten Gießers. Bei dieser Betrachtung stehen die Glockengießer nicht im Fokus, oft werden sie gar nicht oder nur mit ihrem Namen erwähnt. Obwohl sie es senziell sind für die Geschichte der Kirchenglo cken, ist ihre Geschichte bisher nicht gut erforscht.

Anders ist es bei der horizontalen Blickrich tung; hier richtet sich der Blick von den Gie

ßern auf die Kirchen und ihre Glocken. Hier geht es um familiengeschichtliche Aspekte der Gießer und weiter um all die Determinanten, die für klangvolle Glocken und Geläute auf der Seite der Gießer von Bedeutung sind, aber auch um solche auf der Seite der Kirchen gemeinden im sogenannten „Geläuterahmen“, d. h. der „Sachkultur in Turm und Glocken stube“.3 Im Schnittpunkt des Diagramms steht die Glocke und ihr sakral-liturgischer aber auch weltlich-profaner Gebrauch. „In der jeder Glocke steckt eine ganze Welt,“ ihr gerecht zu werden, erfordert ganzheitliches Denken.

Die Glockengießer Otto sind Teil der deutschen Glockengeschichte des 19./20. Jahrhunderts und damit Teil der 1600jährigen Glocken geschichte der Christenheit und des christli chen Kulturerbes. Vom Abendland aus wurde die schwingend geläutete Kirchenglocke in alle Kontinente verbreitet und ist damit christ liches Weltkulturerbe, wenn sie auch noch nicht in der UNESCO-Weltkulturerbeliste ein getragen ist. Allerdings wird dieses Kulturerbe durch die vielen Kirchenschließungen stark zu rückgedrängt. Damit geht auch eine Anfrage an den Denkmalschutz einher, wenn davon nämlich auch denkmalwürdige Glocken betrof fen sind.

1 Aus: Vortrag bei der Öffentlichen Verteidigung der Dissertation am 1. Juli 2019 in der Aula der Radboud Universiteit Nijmegen

2 Mit diesen Worten beschrieb Albert Junker die Aufgabe der Glocken. Quelle: Griesbacher, 1927, S. 266.

Kreuz und Glocke

Das Kreuz, das Kruzifix mit dem Glauben an die Auferstehung, ist seit dem 4. Jh. das sichtbare

Zeichen des Glaubens, das „signum fidei cristianae“.

Die Glocke ist seit dem 6. Jahrhundert das akusti sche Zeichen der Kirche, das „signum ecclesiae“.

Grafik: G. Reinhold

3 Gerhard Best, 1989/90, S. 25

S UPPLEMENT 5

Personalia der Familien Otto

Das OTTO-Glockenbuch präsen tiert auf den Seiten 18 und 19 den Familienstammbaum der Glockengießer Otto aus dem Eichsfeld. In der dritten und vierten Genera tion sind Personen aufgeführt, die etwas mit der Entstehung dieses Nachtrags zum großen Glockenbuch zu tun haben.

Regina Otto war die älteste Tochter des Glo ckengießers Ernst Karl (II) Otto. Sie heiratete den Bremer Musikdirektor Emanuel Kretschmer Dieser arbeitete später auch für die Ottos und verfasste dazu handschriftliche Notizen, die hier wiedergeben und kommentiert werden. Der zweitjüngste Bruder von Regina war Friedrich Otto.

Friedrich Otto arbeitete zusammen mit seinem Bruder Johannes Otto lange Jahre für die He melinger Glockengießer. Friedrich übernahm 1929 die Leitung der von den Ottos übernomme nen Schlesischen Glockengießerei Geittner in Breslau4. Die Ottos konnten die erfolgreiche Ge schichte der Breslauer Gießerei nicht lange er

4 Gerhard Reinhold, OTTO Glocken, Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerdynastie Otto, Selbstverlag, Essen 2019, ISBN 978-3-00-0631092, hier S. 66 ff.

5 Das Werkverzeichnis im OTTO-Glockenbuch dokumentiert die 535 in Saarlouis gegossenen Glocken, sowie eine Vielzahl weiterer Aufträge für Kirchengemeinden sowie den Guss des Marien

brunnens

564–571.

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und des Bronzelöwen in Saarlouis. G. Reinhold, 2019, S. 87–95, 367, 374 f., 382 f. Oben: Ernst Karl (II) Otto mit Ehefrau und Kindern, in der Mitte hinten Tochter Regina. Foto: Privatarchiv Monika Plath, Bremen Unten: Friedrich Otto 1956 in Saarlouis-Roden. Foto: Privatarchiv Joachim Otto, Neustadt/Holstein

folgreich fortführen. Nach Joachim Otto, dem Sohn von Friedrich Otto musste die Gießerei „schon Mitte 1934 ... geschlossen werden“. Zwar waren die Auftragsbücher voll, die Arbeiten konnten aber mangels Rohstoffe, die zuneh mend für die Rüstungsindustrie verwendet wur den, nicht ausgeführt werden. „Bis Ende 1940 arbeitete Friedrich Otto als Vertreter der Glocken gießerei, des Läutemaschinenherstellers Bokel mann & Kuhlo, der Turmuhrenfabrik Korfhage und für den Kirchenheizungsbau Gerlich.“ Nach dem Krieg war er ab 1946 wieder für die Heme linger Gießerei tätig, die schon Ende der 40er Jahre ihre volle Gießkapazität wieder erreichte. Als im Jahr 1953 im Saarland die Saarlouiser Glo ckengießerei gegründet wurde, lag es nahe, Fried rich aufgrund seiner Breslauer Erfahrungen mit dem Aufbau und der Leitung des neuen Unter nehmens in Saarlouis zu betrauen. Bis zur Schlie ßung der Saarlouiser Glockengießerei war Friedrich Otto als Geschäftsführer kaufmännisch und organisatorisch für die Saarlouiser Gießerei verantwortlich.5

6 Zum Trierer Domgeläut siehe G. Reinhold, 2019, S. 352-365. Zur Person von Johannes Otto siehe dort auch S. 83, zweite Person von rechts.

Zwei Abbildungen auf den Seiten 108 und 144 des OTTO-Glockenbuches zeigen fälschlicher weise nicht den Glockengießer Johannes Otto, sondern den Trierer Domkapitular Dr. Klassen. Auf dem nachfolgenden Bild ist Johannes Otto zu sehen (dritte Person von rechts).

Nach Schließung der Saarlouiser Gießerei arbei tete Friedrich Otto wieder für das Hemelinger Un ternehmen und ab 1971 gemeinsam mit seinem Sohn Joachim Otto in der Firma OttoBuer GmbH (Melle, später Neustadt/Holstein) für die Instand haltung, Erneuerung und Ergänzung von Glo cken, Läutemaschinen und Turmuhrenanlagen. Friedrich Otto verstarb am 19. Jan. 1978. Er wurde auf dem Friedhof des im Turmuhren- und Glockenspielbau traditionsreichen Ortes Buer bei Melle bestattet. In einer kurzen Grabrede wür digte Hans-Gerd Rincker von der Glockengieße rei Rincker im hessischen Sinn die Verdienste von Friedrich Otto als eine Person, die ein Kapitel deutscher Glockengeschichte des 20. Jahrhun derts mitgestaltete.7

Joachim Otto führt die in Melle gegründete Firma in Neustadt/Holstein weiter. In Zusammen arbeit mit der niederländischen Glockengießerei Eijsbouts wurden im Jahr 2013 zwei neue Glocken für die Herz-Jesu-Kirche in Lübeck gegossen und zwar in einer rekonstruierten OTTO-Rippe. Wie weiter unten ausgeführt wird, wurden Glocken in rekonstruierter OTTO-Rippe aber auch durch Bru der Michael Reuter von Maria Laach und Chris toph Schmitt aus Brockscheid gegossen.

7 F. Otto – Geschichte einer Glockengießerei, in: Turm und Uhr, Neustadt/Holstein, Nr. 11/1994.

8 Die

fahrin von A. J. E. Kretschmer, zur Verfügung gestellt. 9 Siehe hierzu G. Reinhold, Essen 2019, S. 54–59, 164–169, u.a. Lehrbriefe 20 + 21 der Glockengie ßerschule von Albert Junker.

S UPPLEMENT 7
handschriftlichen Notizen wurden freundli cherweise von Monika Plath, Bremen, einer Nach Johannes Otto (sechste Person von rechts, auf dem Balken stehend) im Jahr 1951 vor dem Aufziehen der Christus-und-Helena-Glocke des Trierer Domgeläutes.6

(OTTO-)Glocken, deren Maß, Gewicht und Ton nebst Schwingungszahl

Vorbemerkung:

Der nachfolgende Text gibt die knapp einhun dert Jahre alten handschriftlichen Notizen des Bremers Musikdirektors Anton Johann Ema nuel Kretschmer (1875 - 1965) wieder.8 Musikdirektor Kretschmer heiratete 1912 Re gina Otto, die älteste Tochter des Glockengie ßers Ernst Karl (II) Otto. Kretschmer war später für die Glockengießer Otto tätig. Seine Aufzeichnungen stammen wohl aus den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, denn in der Firmenbroschüre aus dem Jahr 1926 unterscheiden die Ottos die Glockenrip pen nach Rippe I und Rippe II.9 Die Rechenanweisungen von E. Kretschmer und die sich daran anschließenden Anmerkun gen von Bruder Michael Reuter können ver deutlichen, weshalb bei den Ottos von einer „Reformgießerei“ gesprochen wurde.10

Inhalt:

I a. Berechnung des Durchmessers aus der Schwingungszahl I b. Berechnung der Schwingungszahl aus dem Durchmesser II a. Berechnung des Gewichts aus dem Durchmesser II b. Berechnung des Durchmessers aus dem Gewichte III a. Berechnung des Gewichts aus der Schwingungszahl III b. Berechnung der Schwingungszahl aus dem Gewichte

8 Die handschriftlichen Notizen wurden freundli cherweise von Monika Plath, Bremen, einer Nach fahrin von A. J. E. Kretschmer, zur Verfügung gestellt.

9 Siehe hierzu G. Reinhold, Essen 2019, S. 54–59, 164–169, u.a. Lehrbriefe 20 + 21 der Glockengie ßerschule von Albert Junker.

Handschriftliche Notizen von Musikdirektor Anton Johann Emanuel Kretschmer Bild: Monika Plath, Bremen

10 G. Reinhold, 2019, S. 45, 311, 430.

O TTO -G LOCKEN 8

ach Rippe I hat unsere Normal glocke (c) mit der Schwingungs zahl 258,65 das Normalgewicht von 5430 Pfund (= 2715 kg) und wird nach angefertigter Schablone mit 162,1 cm Durchmesser vorgerichtet. Hieraus folgt:

I a. Berechnung des Durchmessers aus der Schwingungszahl.

Naturgesetz: NB. Die in dieser Formel mit großen Buchstaben geschriebenen Worte beziehen sich auf unsere Normalglocke c nach Rippe I; die klein geschriebenen Worte be ziehen sich auf die verlangte Glocke, wel che nach Rippe I veranlagt werden soll. Bei den weiter unten vorkommenden For meln ist das ebenso gemeint.

Der Durchmesser der Normalglocke 162,1 cm mit ihrer Schwingungszahl 258,65 malgenom men ist 41927,165. Für jede beliebige Schwin gungszahl finde ich also in cm ausgedrückt den Durchmesser der verlangten Glocke, nach Rippe I, wenn ich einfach die Zahl 41927,165 teile durch diese beliebige Schwingungszahl. Unser Verzeichnis der Durchmesser, Gewichte und Töne, genau in Pariser (internationaler) Stimmung, wo für a (mit einem Strich darü ber) (richtiger a mit zwei Strichen darüber) 870 festgelegt ist, stimmt mit der oben be schriebenen Formel überein. Diese Berechnung ist aber auch für alle Schwe bungen, für jede beliebige Schwingungszahl genau maßgebend und vollkommen richtig. Z.B.: es wird in Ergänzung eines alten Geläutes eine etwas hoch gestimmte A-Glocke verlangt, deren Schwingungszahl aber statt 217,50 nun 220 sein soll.

Ich rechne:

41927,165 : 220 = 190,578; also der Durch messer hierfür ist 190,578 cm oder 1905,8 mm.

Dagegen ist für die A-Glocke mit 217,50 Schwingungen der Durchmesser 1927,7 mm.

I b. Berechnung der Schwingungszahl aus dem Durchmesser.

weil

Das Produkt aus Durchmesser und Schwin gungszahl ist wieder 41927,165, also: Für jeden beliebigen Durchmesser nach Rippe I finde ich die Schwingungszahl, wenn ich 41927,165 teile durch jenen beliebigen Durch messer, z.B. eine Glocke mit 130 cm Durchmes ser bekommt den etwas tief gestimmten Ton e mit 322,52 Schwingungen, denn 41927,165 : 130 = 322,52, genau nach Pariser Stimmung 325,88 Schwingungen.

von dem Produkte je nach Bedürfnis die 5 oder 4 ... ersten, höchstwertigen Ziffern ab. Diese abgeschnittenen Ziffern geben das Ge wicht in Pfunden an, nämlich:

5 Ziffern für Glocken von über 100 Zentner Gewicht

4 Ziffern für Glocken von unter 100 Zentner Gewicht

3 Ziffern für Glocken von unter 10 Zentner Gewicht

2 Ziffern für Glocken von unter 1 Zentner Gewicht

Eine Glocke, welche auf 1 Meter Durchmesser vorgerichtet ist, berechnet sich nach den vor stehenden 2 Anweisungen auf 1275 Pfund, genau auf 1274,825 Pfund.

II a. Berechnung des Gewichts aus dem Durchmesser.

oder oder Der Durchmesser der Normalglocke 162,1 cm in den Kubus erhoben = 4259406,061. Das Gewicht der Normalglocke 5430 : 4259406,061 = 0,001274825.

Also: wenn man den Durchmesser in den Kubus erhebt und diesen Kubus mit 0,001274825 malnimmt, so ergibt das Produkt das Gewicht in Pfunden ausgedrückt.

Einfacher ist folgende Rechnung:

Man erhebt den Durchmesser der verlangten Glocke in den Kubus, indem man dabei das Komma unbeachtet lässt, multipliziert diesen Kubus mit der Zahl 1274825 und schneidet

II b. Berechnung des Durchmessers aus dem Gewichte. oder oder

Man findet also den Durchmesser einer ver langten Glocke aus ihrem Gewicht, wenn man dem Durchmesser der Normalglocke durch die 3. Wurzel aus dem Gewicht der Normalglocke dividiert und dann den Quotienten multipli ziert mit der 3. Wurzel aus dem Gewicht der verlangten Glocke.

NB. Diese Berechnung ist also: die 3. Wurzel aus dem Gewicht der Normalglocke - 5430 - ist 17,57654.

Der Durchmesser der Normalglocke 162,1 : 17,57654 = 9,2225.

S UPPLEMENT 9
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Für jede beliebige Glocke findet man den Durchmesser, wenn man die 3. Wurzel aus den vorgeschriebenen, in Pfund angegebenen Ge wichte der verlangten Glocke mit der Zahl 9,2225 multipliziert. Z. B. es fragt sich, wie groß ist der Durchmesser für eine Glocke von 80 Zentnern (= 4000 kg), also 8000 Pfund.

Berechnung:

ist zu suchen durch die Gleichung nach der Logarithmentabelle ist

Der Logarithmus 1,30103 gilt für die Zahl 20; also 20 ist die 3. Wurzel aus 8000, folglich ist 9,2225 x 20 = 184,45 der Durchmesser für eine Glocke von 80 Zentner. Die Berechnung kann aber mit Logarithmen nach der obigen Formel (erfolgen):

log.162,1 = 2,20978 log.12500 = 4,09691 davon 1/3 = 1,36564 3,57542

log. 5400 = 3,73480 davon 1/3 = - 1,24493 2,33049

Der Logarithmus 2,33049 gilt für die Zahl 214,038; also muss eine Glocke von 125 Zent nern Gewicht = 214,038 cm oder 2140,33 mm Durchmesser haben.

Auch findet man den Durchmesser, wenn man an das verlangte Gewicht derselben, in Pfund ausgedrückt, 9 Nullen anhängt, darauf diese Zahl durch 1274825 dividiert und dann aus dem Quotienten die 3. Wurzel zieht.

Die Berechnung kann aber mit Logarithmen nach der obigen Formel kurzweg auch so geschehen, wie an folgen dem Beispiel zu ersehen ist.

Wie schwer wird eine Glocke nach Rippe I, wenn für ihren Ton die Schwingungszahl 182,90 gelten soll, also eine Fis-Glocke nach internationaler Stimmung:

Es fragt sich, wie groß muss nach Rippe I der Durchmesser (sein, wenn) für eine Glocke (ein Gewicht) von 125 Zentner verlangt wird.

Berechnung also

III a. Berechnung des Gewichtes aus der Schwingungszahl.

oder oder oder die 3. Wurzel aus 5430 = 17,576540 diese 17,57654 x 258,65 = 4546,172071

Für jede beliebige Schwingungszahl finde ich daher das Gewicht der verlangten Glocke nach Rippe I, wenn ich diese 4546,172071 durch diese beliebige Schwingungszahl teile und dann den aus dieser Division gefundenen Quo tienten in den Kubus erhebe.

Berechnung: also log x = log 5430 + 3 log 258,65 - 3 log 182,90 ; log 5430 3,73480 log 258,65 = 2,41272 x 3 = 7,23816 = 10,97296 log 182,90 = 2,26221 x 3 = - 6,78663 4,18663

Dieser Logarithmus = 4,18663 gilt nach der Ta belle für die Zahl 15358. Also sind 15358 Pfund das Gewicht für eine Fis-Glocke mit der Schwingungszahl 182,90.

III b. Berechnung der Schwingungszahl aus dem Gewichte. oder wie aus 3a zu ersehen ist, ist

O TTO -G LOCKEN 10
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Für jede beliebige Glocke nach Rippe I finde ich also die Schwingungszahl, wenn ich 4546,172071 teile durch die Kubikwurzel aus ihrem Gewichte.

Die Berechnung kann auch so geschehen: Angenommen, eine Glocke wiegt 120 Zentner 40 Pfund (= 6020 kg), welche Schwingung hat ihr Ton?

Berechnung: also

log χ =

1/3 log 5430 + log 258,65 - 1/3 log 1202,40

log 5430 = 3,73480 1/3 davon = 1,24493 log 258,65 = +2,41272 3,65765

log 12040 = 4,08063 1/3 davon = -1,36021 2,29744

2,29744 gilt für die Zahl 198,35

Folglich ist für eine Glocke von 120 Zentner 40 Pfund die Schwingungszahl 198,35 maß gebend, und folglich ist ihr Ton G ziemlich hoch gestimmt.

Man kann auch folgende Berechnung machen: oder

Die Schwingungszahl der Normalglocke ist 258,65. Diese Zahl in den Kubus erhoben, gibt: 17303639,089625

diese Zahl mit 5430 malgenommen: 93958760256,66375

Es muss dieses Produkt durch das in Pfunden ausgedrückte Gewicht der Glocke dividiert wer den, deren Schwingungszahl man sucht, und aus dem Quotienten muss dann noch die 3. Wurzel gezogen werden, wie aus obiger Glei chung zu ersehen ist.

Das Resultat ist die gesuchte Schwingungszahl. (Soweit die Wiedergabe der handschriftlichen Notizen von E. Kretschmer.)

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Zu den schriftlichen Notizen von Emanuel Kretschmer

Zur Entwicklung einer Glockenrippe wird traditionell eine Probeglocke gegossen. Diese wird zunächst klanglich verbessert hin zur Oktav rippe. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten, die in der Campanologie von Dr. André Lehr wissenschaftlich erfasst und beschrieben sind. Wenn die neue Rippe musikalisch stabil ent wickelt ist, kann man die Probeglocke gemäß den Notizen von Musikdirektor Kretschmer hoch und runter gerechnet werden. Insofern sind Kretschmers Notizen „Glocken, deren Maß, Gewicht und Ton nebst Schwingungszahl“ grundsätzlich allgemeingültig. Allerdings ist zu beachten, dass Glocken aus Lehm geformt wer den. Dieser wird über den Gießvorgang ge brannt. Dadurch ändert sich das Volumen der hohlen Gussform. Die Veränderungen sind bei einer großen Glocke stärker, bei einer kleinen Glocke weniger stark. Deshalb braucht man für die Berechnung einen Korrekturfaktor. Ein sol cher ist in den Notizen von Musikdirektor Kretschmer nicht beschrieben. Er muss empi risch ermittelt werden.

Aber nicht nur von der Glockengröße, sondern auch von der verwendeten Rippe hängt das Ausmaß der "Brennveränderung" der Guss form ab. Bei einigen Rippen verändert sich diese stark, bei andere überhaupt nicht. Mein Eindruck ist, es hängt mit der Schräge der Flanke der Glocke zusammen. OTTO-Glocken sind geprägt von einer geraden Flanke und einem sehr großen Radius der Unterflanke. Die OTTO-Rippe ist eine der wenigen mir bekannten Rippen, die keinen Korrektur faktor benötigen. Die Rippe ist dynamisch gleichförmig. Das Oktavverhältnis des Durchmessers ist also 1:2 und das Gewicht 1:8. Das ist eine Seltenheit. Insofern ist die von Kretschmer verwendete Rechenvorlage für OTTO-Glocken verwendbar aber nicht für andere Rippen.

Hierzu ein mathematisches Beispiel: Angenommen, es würde eine Probeglocke mit Nominal = 435 Hz und D= 920 mm gegossen. Dann hätte die Schablone einen Durchmesser von 920 mm x 1,01= 929,2 mm. Das berück sichtigt die Schrumpfung der Bronze beim Er kalten.

11 Hervorhebungen und Fußnoten bei den Texten von M. Reuter wurden durch den Herausgeber ein gefügt.

Wenn man jetzt weiß, mit welcher Teilung der Durchmesser der Schablone zerlegt wird, hat man das Stichmaß, den Schlag. Würde es sich um eine OTTO-Glocke handeln, wäre der Durchmesser durch 14,25 zu teilen. Das gäbe folgendes Stichmaß:

929,2 mm / 14,25 = 65,21 mm

Dieses Stichmaß multipliziert man mit der Fre quenz der Glocke:

65,21mm x 435.0 Hz = 28365 Hz x mm

Die Rechenformel stellt sich dann bei einer um eine Oktav kleineren Glocke so dar:

=72<>'@A''B'CC 7D8'@A ' ,68571<,GG

Das entspricht einem Durchmesser der Schab lone von 32,604 x 14,25 = 472,76 mm

Bei anderen Gießern käme der Korrekturfaktor ins Spiel. Das sähe dann als Beispiel so aus:

=72<>'@A''B'CC 7D8'@A ?450 ' 61501,GG

entspricht 30,80 x 14,25 = 438,95 mm

Das Gewicht ist dann über die Formel: D3 x Gewichtsfaktor zu errechnen. Der Gewichtsfaktor unserer Probeglocke mit angenommenen 480 kg wäre:

D3 x X = 480 kg X= 0,6

Daraus folgt: 472,763 x 0,6= 63 kg.

Fazit:

Die Angaben von Musikdirektor Kretschmer sind aus angewandter Mathematik hergelei tet. Die Gussergebnisse Ottos haben das be stätigt und er konnte die mathemaischen Verhältnisse anhand der Gussergebnisse nachvollziehen. Bei den meisten anderen deutschen Gießern sieht das anders aus. Insofern sind Kretschmers Notizen Ottospezifisch, wenn auch mit einem Touch Allgemeingültigkeit.

Die Historie der rekonstruierten OTTO-Rippe

Die erste Versuchsglocke zeigte, wie das Original, einen Hang zur vertieften Unteroktave. Deshalb habe ich die Rippe an entspre chender Stelle verbessert. In dieser Rippe habe ich im Jahr 2007 die große c‘-Glocke für St. Anna in Freigericht Somborn (Gewicht 3200 kg) gegossen. Wenn man diese Rippenzeich nung betrachtet, kann man erahnen, was Pfar rer Otto unter Einfachheit und Klarheit bei der Glocke verstanden hat. Soweit mir bekannt, gibt es nur wenige Rippen, die so einfach und klar in ihrer Konstruktion sind.14 Dass Pfarrer Otto das auch für die Glockenzier gelten las sen wollte, kann man nur unterstreichen.15 Die schwere OTTO-Rippe aus Brilon16 zeigt einen völlig anderen Aufbau; da wird Bernard Edel-brock kräftig mitgemischt haben.

Die Briloner Rippen (alle drei) wurden in praxi von der Gießerei Granier in Hérépian17 ver wendet. Die Graniers gossen ihre Glocken meist in leichter Rippe. Der Straßburger Dom herr Jean Ringue wusste aber von einer schwe ren Rippe zu berichten, die ein sehr gutes Klangergebnis gebracht haben soll. Eines der wenigen größeren Geläute in dieser Rippe hängt in der Abtei En Calcat in Südfrankreich. Darüber hinaus besitzen alle französischen Gießer die Briloner Rippen, weil Albert Junker diese Rippen (wohl aus finanziellen Gründen) europäischen Glockengießern zum Kauf ange boten hat.

12 G. Reinhold, 2019, S. 224 f., 408

13 ???????

14 Auch Chr. Schmitt, Brockscheid, hebt die Ein

Insgesamt kann gesagt werden, dass Pfar rer Otto für seine Rippe folgende Vorstel lung verfolgte: In der Einfachheit liegt die Schönheit des Glockenklanges.

In der Otto-Rippe Junkers oder der bei Petit & Geb. Edelbrock gelegentlich noch verwen deten Junker'schen Otto-Rippe findet man das nicht.

fachheit der OTTO-Rippe hervor.

15 G. Reinhold, 2019, S. 158–161: Die Gestaltung der Inschriften und Glockenzier auf OTTO-Glocken.

O TTO -G LOCKEN 12

Die vornehmste Aufgabe der Glocken

Arbeit der Glockengießer FINXERUNT

FORMARUNT

Glocke im Dienst der Kirchengemeinde

CONFLARUNT

FUDERUNT

+ LAUDO DEUM VERUM, PLEBEM VOCO, CONGREGO CLERUM, DEFUNCTOS PLORO, NIMBUM FUGO, FESTA DECORO.

Hl. Familie in Kassel „finxerunt, formarunt, conflarunt, fuderunt“ (= gestaltet, geformt, geschmolzen, gegossen). So beschrieben die Inschriften der OTTOGlocken, die im Jahr 1899 für die Kirche Hl. Familie in Kassel gegossen wurden, die Arbeit der Glockengießer.12 Abb.: Rainer Schütte, Glockenmuseum Gescher

Die Beziehung dieser beiden, der Kirchengemeinden als diejenigen, die die Glocke in ihren Dienst stellen, und die Glockengießer, die den Kirchengemeinden dieses liturgische Musikinstrument zur Verfügung stellen, kann sehr schön an zwei Glockeninschriften auf OTTO-Glocken abgelesen werden.

Dagegen beschreiben die Inschriften vieler Glocken aus den vergangenen Jahrhunderten die Aufgaben, die die Glocken im Dienst der Kirchen erfüllen mit den sogenannten „virtu tes campanae“. Auf einer OTTO-Glocke aus dem Jahr 1903, welche für die Kirche St. Pan kratius in Weilerswist-Lommersum gegossen

16 G. Reinhold, 2019, S. 164–169: Die Glockengie ßerschule Brilon und die OTTO-Rippe.

17 In der südfranzösischen Gemeinde Hérépain/ Okzitanien bestand über 400 Jahr die älteste Glo

wurde, findet sich diese Aufgabenbeschrei bung der Glocken wie folgt:

+ LAUDO DEUM VERUM, PLEBEM VOCO, CONGREGO CLERUM, DEFUNCTOS PLORO, NIMBUM FUGO, FESTA DECORO.

( =Den wahren Gott lobe ich, das Volk rufe ich, den Klerus versammele ich, die Verstorbenen beweine ich, Wolken vertreibe ich, Feste schmücke ich.)

Diese Art von Glockeninschriften beginnt dabei immer mit dem Lob Gottes als vor nehmster Aufgabe der Glocken.

ckengießerei Frankreichs, die um 1600 gegrün dete Fonderie de Cloche Granier. Sie wurde im Jahr 2011 geschlossen.

Siegel mit Unterschrift unter Glockengießvertrag mit der Kirchen gemeinde St Joseph und St. Augustinus, Hötensleben, 1890 Bild: Martin Langer, Zürich

S UPPLEMENT 13

Die Rekonstruktion von OTTO-Rippen S

owohl Bruder Michael Reuter von den Kunstwerkstätten der Abtei MariaLaach wie auch Christoph Schmitt von der Gießerei Glocken- und Kunstguss Schmitt in Brockscheid und Joachim Otto von der Firma OttoBuer in Neustadt(Holstein) haben Glocken in OTTO-Rippe gegossen oder wie OttoBuer durch die Gießerei Eijsbouts/NL gießen lassen. Reuter und Schmitt haben vor handene OTTO-Glocken vermessen, um an hand der gewonnenen Daten die OTTO-Rippe

Konstruktionsanleitung von Bruder Michael Reuter

1. Zeichne die Schlaglinie und trage darauf 14 Striche ab.

2. Schlage einen Radius von 1 1⁄2 aus dem Punkt 0 auf die Schlaglinie. Trage darauf 1⁄8 und 1⁄2 + 1⁄32 ein.

3. Zeichne eine Senkrechte durch den Punkt 7 auf die Schlaglinie. Trage darauf 7⁄8 und 7⁄16 ein.

4. Zeichne eine Senkrechte durch den Punkt 12 3⁄4 auf die Schlaglinie.

Trage darauf 13⁄16, 3⁄16 und 5⁄8 ein.

5. Durch den Punkt 1⁄2 + 1⁄32 schlage einen Kreis von 1 + 1⁄16 Durchmesser.

6. Zeichne aus dem Punkt 0 mit dem Radius 8 zwei Bögen, die innen und außen den Schlagring tangieren.

7. Zeichne aus dem Punkt 1 1⁄8 zum Punkt 7⁄8 einen Radius mit 10.

8. Schlage aus dem Punkt 7⁄16 tangierend an den Schlagring einen Radius mit 11,5.

9. Schlage aus dem Punkt 7⁄16 zur Schlaglinie 3 + ¼ eine Gerade.

10. Schlage aus dem Punkt 7⁄8 zur Schlaglinie auf 11,5 eine Gerade.

11. Schlage aus dem Punkt 11,5 zum Punkt 3⁄16 einen Radius mit 4.

12. Schlage aus dem Punkt 10 + ¾ auf den Punkt 5⁄8 einen Radius mit 4.

13. Zeichne durch die Punkte 12 + 1⁄2 und 3⁄16 eine Gerade bis zur Mittelachse.

14. Zeichne parallel dazu eine Gerade durch Punkt 12.

15. Der Radius am Messpunkt 0 beträgt 7,25 Stich. Der Radius am Messpunkt 11,5 beträgt 3,94 Stich.

16. Die Außenkante des Deckels wird durch eine Gerade parallel zur Schlaglinie durch den Punkt 13⁄16 gezeichnet.

zu rekonstruiert. Während Christoph Schmitt eine OTTO-Glocke aus dem Jahr 1960 rekon struierte und ihre Rippe etwas verstärkte, hat Bruder Michael die OTTO-Rippe durch Abmes sen der 1951 in Hemelingen für den Trierer Dom gegossenen h‘-Glocke13 rekonstruiert.

Hier ist jeweils eine Rippenzeichnung von Bru der Michael Reuter und Christoph Schmitt ab gebildet.

13 G. Reinhold, 2019, S. 352 ff., insbes. S. 358 + 361.

O TTO -G LOCKEN 14

linke Seite: Schwere Rippe für Bronze=Glocken, sogenannte Otto’sche schwere Rippe. Lehrbrief 20 der Glockengießerschule Brilon. Repro: Claus Peter, Hamm

oben links: Schwere OTTO-Rippe 1951 nach Bruder Michael Reuter (2007) Rippenzeichnung: Bruder Michael Reuter

oben rechts: Mittelschwere OTTO-Rippe nach Christoph Schmitt (2019) Rippenzeichnung: Christoph Schmitt

S UPPLEMENT 15

St. Anna, Freigericht Somborn mit ihren zwei Türmen Bild: alte Postkarte, Privatbesitz

18 K. Noll, 1984, S. 140+141. M. Trageser, 2007, S. 4–9.

Die Glocken von St. Anna in Freigericht Somborn

Wie weiter oben erwähnt, hat Bruder Michael Reuter im Jahr 2007 für St. Anna in Frei gericht Somborn die große c‘Glocke in der vorstehenden Rippe gegossen

Freigericht Somborn liegt im Main-KinzigKreis im Süden Hessens an der Grenze zu Bay ern. Die Anna-Kirche blickt beginnend mit dem 14. Jahrhundert auf eine Jahrhunderte lange Glockengeschichte zurück.18

Im Jahr 1912 erhielt die Kirche fünf OTTO-Glo cken gestimmt auf d‘ - g‘ - a‘ - h‘ - c‘‘. Für sie wurden drei mittelalterliche Glocken ein geschmolzen.19 Die Glocken von 1912 fielen alle der Glockenvernichtung des Ersten Welt krieges zum Opfer.

Im Jahr 1927 lieferte Otto zwei neue Läuteglo cken, gestimmt auf h‘ (425 kg) und c‘‘ (358 kg). Bis 1933 wurden noch drei weitere OTTO-Glo cken: d‘ (2080 kg), g‘ (680 kg) und a‘ (480 kg) für St. Anna gegossen. Von den Glocken aus der Zwischenkriegszeit ist nur die kleine Schutzengelglocke vorhanden. Sie ist heute die Glocke VI im Geläute. Bis 1936 wurden die Glocken noch von Hand geläutet. Für das Ple num wurden 10 Glöckner benötigt. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt die Kirche vier Gussstahlglocken des Bochumer Vereins, die aber im ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhun derts durch sechs neue Bronzeglocken ersetzt wurden.20 Diese wurden von Bruder Michael Reuter von den Kunstwerkstätten der Abtei Maria-Laach gegossen und zwar - wie weiter oben vorgestellt - in der von ihm rekonstruier ten OTTO-Rippe.

Die St.-Anna-Kirche hat zwei Kirchtürme. Bei dem Südturm handelt es sich um den alten Ba

rockturm, während der Nordturm in den Jah ren 1911-1912 errichtet wurde. Die acht Glo cken sind auf die beiden Kirchtürme verteilt. Aus statischen Gründen läuten die Glocken in den beiden Türmen gegeneinander.

Bei den Inschriften orientierte sich die Kirchen gemeinde zum größten Teil an den Texten von Vorgängerglocken. Die Inschriften:

Glocke I: GLORIA PATRI ET FILIO ET SPIRITUI SANCTO Stefan Fey 1987 - 1998 Katholische Kirchengemeinde Freigericht Somborn

Glocke II: REGI AMORES ET PACIS (Dem König der Liebe und des Friedens)

Glocke III: AVE REGINA CAELORUM (Sei gegrüßt, Königin des Himmels) Gestiftet: kfd Katholische Frauengemeinschaft Freigericht Somborn Meine Seele preist die Grösse des Herrn

Glocke IV: ANNUNTIA VERUNT OPERA DEI (Sie verkünden die Großtaten Gottes.) Gestiftet von den Gläubigen der Pfarrgemeinde St. Anna zu Somborn

Glocke V: SANCTA ANNA, ORA PRO NOBIS Gestiftet: Katholische Arbeitnehmer Bewegung St. Josef - Somborn 2002 Gott segne die christliche Arbeit.

19 Zum Einschmelzen oder Umgießen alter Glo cken durch die Glockengießer Otto oder andere siehe im OTTO-Glockenbuch, insbesondere die Sei ten S. 73 bis 75, 180.

20 Die abgehängten alten Stahlglocken sind heute als Erinnerungsstücke innerhalb und außerhalb der Kirche aufgestellt.

O TTO -G LOCKEN 16
DATEN DER OTTO-GLOCKEN VON ST. ANNA IN FREIGERICHT SOMBORN. Glocke I II III IV V VI VII VIII Name
Christkönig Maria Peter
Paul
Gussjahr 2007 1948 2006 2003 2003 1927 2002 2003 Metall Bronze Stahl Bronze Bronze Bronze Bronze Bronze Bronze Gießer Reuter BGV Reuter Reuter Reuter Otto Reuter Reuter Gewicht
3.220 1.590
731 481 358 204 145 Durchm
1.676 1.587 1.150 1.047 905 805 697 610 Schlagton c’ d’ f’ g’ a’ c’’ d’’ f’’ Turm Nordturm Nordturm Nordturm Südturm Südturm Südturm Südturm Südturm 1912
Gloria/
u. Anna Schutz Hl. Geist Joh. Bapt. Dreifaltigkeit
engel
(kg)
1.000
(mm)

Glocke VI: ANGELO DEI QUI CUSTOS ES MEI (Ein Engel Gottes, mein Beschützer)

Glocke VII: VENI SANCTE SPIRITUS (Komm, heiliger Geist)

In dankbarer Erinnerung an Aloys Korn AD 1971 - 2002 Pfarrer zu St. Anna Möge diese Glocke den heiligen Geist auf unsere Gemeinde herabrufen.

Glocke VIII: ECCE AGNUS DEI (Siehe das Lamm Gottes.) Dem Andenken von Kurt und Johanna Noll AD 1976 - 2000 Glöckner zu St. Anna In Dankbarkeit von ihren Kindern.

Nach den Glocken für Freigericht Somborn aus den Jahren 2002 bis 2007 goss Bruder Michael Reuter im Jahr 2010 vier Glocken für das Ge läut von St. Donatus in Aachen-Brand und zwar in Ergänzung der vier vorhandenen OTTOGlocken aus den Jahren 1913 und 1927.

Neben Bruder Michael Reuter hat auch die Fa. OttoBuer aus Neustadt/Holstein neue Glocken in der rekonstruierten OTTO-Rippe geliefert und zwar für die Kirche Herz Jesu in Lübeck. Da die Firma selbst über keine Gießkapazitäten verfügt, wurden die Glocken in Kooperation von der niederländischen Gießerei Eijsbouts gegossen.

St. Anna, Freigericht Somborn mit ihren zwei Türmen Bild: alte Postkarte, Privatbesitz

S UPPLEMENT 17

21 G. Reinhold, 2019, S. 509. Nach Unterlagen von OttoBuer bzw. des Glockensachverständigen N. Drechsler soll die kleinste Glocke ein Gewicht von 675 kg haben.

Die Glocken der Herz-Jesu-Kirche, Lübeck

rechts: Kath. Kirche Herz Jesu und Pfarrhaus für Lübeck 1885 Entwurfszeichnung von Arnold Güldenpfennig, Bild: Wikipedia: http:// architekturmuseum.ub.tuberlin.de/index.php?p=79& Daten=97447

Nur 350 Meter vom Lübecker Dom entfernt wurde in den Jah ren 1888 bis 1891, also 350 Jahre nach der Reformation, die erste Kirche für die Katholiken in Lübeck und Umgebung errichtet, eine Backstein-Basilika mit vorgelagertem Turm.

Nach einem alten Abrechnungs- und Kassen buch der Fa. F. Otto aus Hemelingen bei Bre men wurden für die Herz-Jesu-Kirche im Jahr 1898 drei Bronzeglocken mit der Tonfolge es‘ – f‘ – g‘ gegossen. Sie hatten folgende Durch messer: 1350 mm, 1200 mm, 1030 mm und wogen: 1545 kg, 1070 kg, 766 kg. 21

Die Inschriften der alten OTTO-Glocken:22

Glocke I - Eduard-Glocke

+ VIDUA ED. PFEIFFER, CHARLOTTA MARIA BUESCHEL, ME ET FRATEM ET SOROREM FUNDI FECIT PER F. OTTO IN HEMELINGEN. A.D. 1898. + EGO EDUARDUS FESTA ANNUNTION. VENITE ADOREMUS ET PROCIDAMUS ANTE DEUM NOSTRUM!

(Die Witwe von Eduard Pfeiffer, Charlotta Maria Büschel, hat mich und meinen Bruder (= Everhardus-Glocke) und meine Schwester (= Marienglocke) durch F. Otto in Hemelingen gießen lassen. Im Jahres des Herrn 1898. Ich, Eduard, kündige die Feste an. Kommt lasset uns anbeten und vor unserem Gott niederfallen.)

Glocke II - Everhardus-Glocke

HONORO PATRONUM MEUM S. EVERHARDUM, DIEBUS DOMINICIS

22 Hach, Theodor: Lübecker Glockenkunde, Bd. 2 der Veröffentlichungen zur Geschichte der Freien und Hansestadt Lübeck, Lübeck, 1913, S. 79+80. Übersetzung: G. Reinhold. Das OTTO-Glockenbuch

O TTO -G LOCKEN 18
Christusglocke/
Herz
Gießer Royal Eijsbouts, Asten/NL F.
Gussjahr 2013 1898 Gewicht (kg) 1.580 1.140 766 Durchm. (mm) 1.378 1.230 1.030 Schlagton d’ e’ g’ 1888
+
Der Kirchturm von Herz Jesu ist der mittlere der sieben Türme Bild: Scan G. Reinhold DATEN DER GLOCKEN DER HERZ-JESU-KIRCHE, LÜBECK. Glocke I II III Name
Märtyrerglocke Marienglocke
Jesu
OTTO, Hemelingen

Die beiden großen Glocken wurden im Ersten bau der ersten Glocken betraut war, war „die Anpassung an die alte vorhandene g‘-Glocke Heute verfügt die HerzJesu-Kirche wie früher über ein dreistimmiges Geläut dessen Bronzeglocken in OTTO-Rippe

Der Glockensachverständige Norbert Drechsler aus Lübeck beurteilte die Glocken wie folgt: „Die neuen Glocken sind klanglich und optisch sehr gut gelungen. Bei der akustischen Prü fung sprechen alle Teiltöne mit sehr guter Re sonanz an. Die Glocken erfreuen durch ihren angenehmen und vollen Klang; das Ausklin gen erfolgt ruhig und harmonisch. Die Nach hallzeiten gehen weit über die geforderten Werte hinaus. … Am 23. August habe ich die

haut ihrer Glocken unverändert bliebe und ein Nachstimmen der Glocken nicht notwendig wäre, ist spätestens seit P. Griesbacher: (Das) Glocken stimmen, Regensburg 1932, klar, dass ein Höher-

Intonation des nun im Turm der Kirche HerzJesu montierten Geläutes überprüft. Läute rhythmus und Anschlagstellen sind gut eingestellt. Die Klöppel schlagen gleichmäßig an und bringen alle Glocken gut zum Klingen. Hier auf dem Turm zeigt sich jetzt das große Klangvolumen der neuen Glocken. Besonders die große Glocke gibt mit ihrem grundtönigen Klang dem Geläut ein beeindruckendes Fun dament. Die Abstimmung der neuen Glocken auf die vorhandene Glocke ist sehr gut gelun gen.“24

oder Tieferstimmen von Glocken in begrenztem Rahmen vollkommen unbedenklich ist. 24 Bericht Glockenprüfung von Norbert Drechsler vom 21.6. und 23.8.2013.

S UPPLEMENT

Gemeinsames

Gießerzeichen

Das Gießerzeichen auf der Rückseite der Glocke nennt beide Firmen, die Firma OttoBuer aus Neustadt/ Holstein und die Gießerei Eijsbouts in Asten/NL Bild aus: Turm und Uhr, Nr. 28/2011, S. 3.

rechte Seite: Märtyrerglocke Foto: OttoBuer, Neustadt/Holstein

25 Lena Schüch: Herz Jesu hat endlich wieder Glocken. Lübeck Redaktionsnetzwerk Deutschland, 26.11.2013

Die Glockeninschriften der Herz-Jesu-Kirche, Lübeck

Glocke I - Christus-/Herz Jesu-Glocke: an der Schulter EIJSBOUTS ET OTTO ME FECIT MMXIII am Wolm

SEI GEGRÜSST, HERR JESUS CHRISTUS * AM KREUZ ERHÖHT HAST DU DICH FÜR DIE MENSCHEN HINGEGEBEN AUS UNENDLICHER LIEBE UND ALLE AN DICH GEZOGEN * AUS DEINER GEÖFFNETEN SEITE STRÖMEN BLUT UND WASSER, AUS DEINEM DURCHBORHRTEN HERZEN ENTSPRINGEN DIE SAKRAMENTE DER KIRCHE * DEIN HERZ STEHT OFFEN FÜR ALLE, DAMIT DIE MENSCHEN FREUDIG SCHÖPFEN AUS DEN QUELLEN DES HEILES *

Glocke II - Märtyrerglocke: an der Schulter EIJSBOUTS ET OTTO ME FECIT MMXIII

an Flanke und Wolm der Glocke folgende Glo ckenzier und Inschrift: Ein Logo bestehend aus einem Kreuz und den vier Gesichtern der Mär tyrer und danebenstehend:

LÜBECKER MÄRTYRER

HERMANN LANGE GEBOREN AM 16.4.1912 IN LEER HINGERICHTET AM 10.11.1943 IN HAMBURG

JOHANNES PRASSEK GEBOREN AM 13.8.1911 IN HAMBURG HINGERICHTET AM 10.11.1943 IN HAMBURG

EDUARD MÜLLER GEBOREN AM 20.8.1911 IN NEUMÜNSTTER - HINGERICHTET AM 10.11.1943 IN HAMBURG

KARL FRIEDRICH STELLBRINK GEBOREN AM 28.10.1894 IN MÜNSTER HINGERICHTET AM 10.11.1943 IN HAMBURG

HERR, HIER SIND MEINE HÄNDE * LEGE DARAUF, WAS DU WILLST * FÜHRE MICH, WOHIN DU WILLST * IN ALLEM GESCHEHE DEIN WILLE *

Der Gebetsspruch am Ende der Glocken inschrift „steht für die Todesnot, welche die an der Herz-Jesu-Kirche tätigen Kaplane in Ge fangenschaft während des Zweiten Weltkrie ges erleiden mussten“. Die drei katholischen und der evangelische Geistliche „gingen als Märtyrer in die Geschichte der Kirche ein“.25

Der Guss der neuen Glocken in Asten begann am 17. Mai 2013 mit der Märtyrer-Glocke. Die Glocken trafen am 21. Juni in Lübeck ein und wurden beim Kirchweihfest am 23. Juni ge weiht. Die Klänge der Glocken von Herz Jesu sind mit denen des Lübecker Domes abge stimmt.

Die NS-Märtyrer-Glocke der Lübecker HerzJesu-Kirche, aber auch die NS-Märtyrerglocke des hier folgenden Geläutes der St.-GertrudKirche in Düsseldorf sind wohltuende und not wendige Antipoden zu den zirka zwei Dutzenden Glocken mit NS-Symbolen und Inschriften, die in den letzten zehn Jahren in unseren Kirchen „entdeckt“ wurden.26 Hier ergibt sich auch ein Bezug zur “Führer“Glocke, die die Ottos für 1934 für die „Gottes burg“ St. Engelbert in Essen“ gegossen haben.27

Während die Glocke von Herz Jesu vier konkre ten Opfern des Nationalsozialismus geweiht ist, erinnert die Glocke von St. Gertrud in Düs seldorf-Eller an alle Menschen, die unter der Diktatur der Nationalsozialisten gelitten haben bzw. gestorben sind. Auch diese Glocke wurde in einer rekonstruierten OTTO-Rippe gegossen. Gießer war im Jahr 2019 die Glockengießerei Schmitt aus Brockscheid in der Eifel. Die Glo cke hängt neben OTTO-Glocken aus den Jahren 1911 und 1953 sowie einer Glocke von Reuter aus dem Jahr 2014.

26 Peter Maxwill: Dumpfes Läuten. NS-Relikte auf Kirchenglocken. SPIEGEL online, 21.4.2018. Glocken mit Inschriften und Symbolen aus der NS-

Zeit. Quelle: Glockeninventarisation EKM Süd (Stand: 01/2019) (https://www.kirchenkreis-arn stadt-ilmenau.de/asset/OizwGnZRTk6un1_5uZu

O TTO -G LOCKEN 20

eng/ns-glocken-ubersicht-stand-8-juli-2019.pdf)

Kirchenglocken mit NS-Symbolen. Glockensach verständiger (S. Wamsiedler): „Glocken sind zu er

halten“. Deutschlandfunk Nova, 7.3.2019. Hanno Müller: Friedenssymbole für die Glocke von Rett genstedt. Thüringer Allgemeine, 15.5.2021.

27 LG. Reinhold, 2019, S. 420-425.

S UPPLEMENT 21

Die Glocken von St. Gertrud, Düsseldorf-Eller

Im Jahr 1911 gossen die Ottos in Heme lingen für die St.-Gertrud-Kirche vier Glocken.27 Die drei größten Glocken sind heute noch erhalten. Der Verbleib der kleinsten Glocke ist unklar.

Zu den Glocken von 1911 erwähnt Jakob Schaeben, dass sie „wie die Kapitel- und die neue Ave-Glocke des Kölner Domes nicht nur in demselben Jahr gefertigt wurden, sondern womöglich mit diesen zusammengegossen worden sind, denn der Klangaufbau der Glo cken von Eller ist denen der Domglocken ähn lich. Insofern besitzt die Kirchengemeinde ein Geläut von historischem Wert.“

gänzt. Beide stammen von verschiedenen Gie ßern, aber beide wurde in einer rekonstruier ten mittelschweren OTTO-Rippe geformt. Die neue Glocke V, eine a‘-Glocke wurde von Bruder Michael Reuter (Glockengießerei Maria Laach) aus Anlass der Heiligsprechung von Jo hannes Paul II. gegossen und auf seinen Namen geweiht.

Die Glocke fügt sich sehr harmonisch in das Klangbild der ersten vier Glocken ein, was aber auch für Glocke VI, eine h‘-Glocke gilt, die von Christoph Schmitt aus Brockscheid gegossen wurde und deren Weihe und Inschrift der Mär tyrer des Nationalsozialismus gedenkt. St. Gertrud, Düsseldorf-Eller

Fotos: Otto Baum, Düsseldorf

Technische und musikalische Daten des Sechser-Geläutes.29 Quelle: Glockenmusik im Stadtdekanat Düsseldorf

Anstelle der kleinsten Glocken von 1911 hielt die Kirche im Jahr 1953 eine neue OTTO-Glo cke. Ihre musikalischen Daten sind so unzu länglich, dass die Glocke, wäre sie von einem Sachverständigen geprüft worden, zurück gewiesen worden wäre. Wie manch andere Glocke in der frühen Nachkriegszeit scheint die OTTO-Glocke von 1953 ohne Werk- und Turmprüfung aufgehängt worden zu sein.28 Das Geläut von Eller wurde nach der Jahrhun dertwende durch zwei neue Bronzeglocken er

DER OTTO-GLOCKEN VON ST. GERTRUD, DÜSSELDORF-ELLER Glocke I II III IV V VI Name/Patron Joseph Maria Petrus Gertrudis Joh. Paul II NS-Märtyrer Gussjahr 1911 1911 1911 1953 2014 2019 Gießer Karl (I) OTTO Karl (I)OTTO Karl (I) OTTO Karl (III) OTTO Br. Mich. Reuter C. Schmitt, Brockscheid

Metall Bronze Bronze Bronze Bronze Bronze Bronze Rippe mittel-schwer mittel-schwer mittel-schwer mittel-schwer mittel-schwer mittel-schwer Gewicht (kg) 1665 1168 815 685 535 406 Durchm. (mm) 1380 1234 1100 1027 935 853 ∅/Schlagring- 1 : 13,8 1 : 13,7 1 : 13,8 1 : 13,2 1 : 14,4 1 : 13,5 stärke Nominal d1-2 e1-3 fis1-2 g1-5 a1-3 h1-3 Unterton d0+1 e0+1 fis0+2 fis0-1 a0-4 h0-1 Prime d1-3 e1-6 fis1-5 g1-15 a1±0 h1+1 Terz f1+2 g1±0 a1+1 b1-7 c2-3 d2±0 Quinte a1+2 h1±0 cis2-1 d2-12 e2+2 fis2+8 Oktave d2-2 e2-3 fis2-2 g2-5 a2-3 h3-3 Nachklang 92/41/22 59/31/16 62/34/21 81/37/19 90/22/19 110/19/18 U/T/P(~Sek)

Abkl.-Verlauf schwebend schwebend steht steht ruhig schw. ruhig schw.

27 G. Reinhold, 2019, S. 52, 302, 514, 518, 549.

28 Zu dieser OTTO-Glocke und anderen aus den fünfziger/sechziger Jahren siehe G. Reinhold, 2019,

S. 46, Anm. 144 und S. 109, Anm. 470.

29 Zum Charakter der OTTO-Glocken von 1911 und 1953 vergleiche die Seite 430 bis 438 des

OTTO-Glockenbuches sowie die Tabelle auf S. 439, die die Ausführungen zur Charakterisierung von OTTO-Glocken zusammenfasst.

O TTO -G LOCKEN 22
DATEN
1911

Die Inschriften der Glocken:

Glocke I - Joseph: ST. J O S E P H, SUCCURE MORIBUNDIS (Eile den Sterbenden zur Hilfe!)

Glocke II - MARIA: MATER GRATIAE, MATER MISERICORDIAE, TU NOS AB HOSTE PROTEGE, IN HORA MORTIS SUSCIPE (Mutter der Gnade, Mutter der Barmherzigkeit, schütze Du uns vor dem Feind, in der Stunde des Todes nimm uns auf.)

Glocke III - PETRUS: S A N C T U S P E T R U S CONSERVET NOS IN VERA FIDE (Er bewahre uns im wahren Glauben.)

Glocke IV - GERTRUDIS: S A N C T A G E R T R U D I S, VIRGO, TUERE HANC PAROCHIAM. D. D. PIA FAMILIA ELLERENSIS ANNO 1911. (Jungfrau, beschütze diese Pfarrei. D. D. die fromme Familie in Eller. Im Jahr 1911.)

Glocke V - JOHANNES PAUL II.: Inschrift auf der Flanke / Vorderseite: IN GEDENKEN AN DIE HEILIGSPRECHUNG VON PAPST JOHANNES PAUL II.

darunter: 85mm hohes Relief des Papstes darunter: 20 (Gießerzeichen Maria Laach) 14

Vorderseite: TOTUS TUUS Rückseite: "ICH BIN FROH - SEID IHR ES AUCH!"

Glocke VI - NS-Märtyrer-Glocke: Inschrift auf der Flanke / Vorderseite: IM GEDENKEN AN DIE MÄRTYRER DES NATIONAL-SOZIALISMUS 1933 - 1945

Inschrift auf der Flanke / Rückseite: ST. GERTRUD ELLER 2019 darunter: Gießerzeichen Glocken- & Kunstguß Schmitt, Brockscheid

NS-Märtyrer-Glocke

Foto: Otto Baum, Düsseldorf

Die Gießerzeichen der Glocken von St. Gertrud, Düsseldorf-Eller: altes Gießerzeichen F. Otto (bis Ende 1930); neues Gießerzeichen F. Otto (ab 1930); Gießerzeichen Maria Laach; Gießerzeichen Schmitt, Brockscheid Fotos/Scans: S. Wamsiedler, Salz gitter, G. Reinhold

S UPPLEMENT 23

OTTO-Glocken in der Basilika St. Ludgerus, Essen-Werden.

Links die OTTO-Glocken von 1909 für die ehemalige Abteikirche in EssenWerden mit den montierten Glockentoren von Bierling. Mitte und rechts: Zeichnungen der Bierling Glockenjoche.

Foto links: Privatbesitz Franz Josef Schmitt, Digitalisat durch den Geschichts- und Kulturver ein Werden e.V.

Abbildung rechts: Rainer Thümmel, Radebeul

OTTO-Glocken in der Basilika St. Ludgerus, Essen-Werden

30 G. Reinhold, 2019, S. 282 f. Ders.: OTTO-Glo cken für Kirchen und Kapellen in der Stadt Essen, in: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen, 133. Band. 2020, S. 143–196, hier S. 164 -

Die ehemalige Werdener Abteikir che erhielt im Jahr 1909 sechs Glocken, von denen heute noch fünf vorhanden sind. 30 Eine sechste Glocke wurde 1954 neu hinzugefügt.

Die Glocken von 1909 sind auch deshalb inte ressant, weil sie anstelle der typischen OTTOGlockenkrone31 Tellerkronen tragen. „Die neuen Glocken wurden 1909 bei F. Otto in He melingen bei Bremen gegossen. Die Armatur stammt von der Firma C. A. Bierling in Dres den.“32 Ein kürzlich wieder entdecktes Foto zeigt die OTTO-Glocken für Werden mit den be reits montierten Glockenjochen der Fa. Bier ling.

Der Grund für die Tellerkronen der OTTO-Glo cken in Essen-Werden liegt in den Glockenjo chen der Firma Bierling aus Dresden. Es sind gekröpfte/gestelzte Joche. Ihre Form und Aus führung sind auf den vorstehenden Bildern gut zu erkennen. Die Firma Bierling war eine Kunst- und Glockengießerei, die 1848 in Dres den gegründet wurde und sich zuerst dem Rotguss und dem Guss von Bronzeplastiken widmete, dann von 1872 und bis 1923 auch Bronzeglocken goss.33 Darüber hinaus ent wickelte Bierling das „System Bierling-Köppke“ bei dem freischwingende Glocken nicht an ge raden Holz- oder Stahljochen aufgehängt wur den, sondern an gestelzten/gekröpften Glockenjochen oder sogenannten Glockento ren aus Gusseisen.34 Bierling goss seine eige nen Glocken mit Tellerkronen, passend zu den

172. Ders.: Die Glocken der Basilika St. Ludgerus: „... vital und mit sattem Volumen“. Zur neueren Glockengeschichte der ehemaligen Abteikirche, in: Geschichten aus der Werdener Geschichte, Hrsg.

Glockentoren. Bei vorhandenen Glocken ande rer Gießer wurden die Henkelkronen beseitigt.35 Die Fa. Otto goss ihre Glocken für diesen Auftrag extra mit Tellerkronen.

Durch die Aufhängung an verkröpften Jochen wird der Drehpunkt der Glocke von der Krone nach unten Richtung Glockenhals oder -flanke verlagert. Die Glocke schwingt nicht mehr frei, sondern kippt eher hin und her, wie der Mün chener Glockensachverständige Gerald Fischer sagt. Hierdurch wird der Dopplereffekt des Glo ckenklanges, der der Musik der Glocken eine besondere Lebendigkeit verleiht, verringert. 36 Gekröpfte oder gestelzte Joche, bei denen auch anstelle des fliegenden Klöppels solche mit Gegengewicht verwendet werden, sind aber aus musikalischen Gründen abzulehnen, weil dies „schwere (negative) Einbußen bei Re sonanz und Klangentfaltung“ zur Folge hat.37 Die neuen Glocken von Otto wurden ange schafft, weil die alten Glocken klanglich nicht zufriedenstellend waren. Warum aber wurden die neuen Glocken dann an gekröpften Jochen aufgehängt, wenn doch bekannt war, dass da runter der Klang und die Singfreudigkeit der Glocken zu leiden hat?

Zum Zeitpunkt der Anschaffung der neuen Glocken, wurden Glocken noch per Seilzug von Hand geläutet. Für größere und schwere Geläute brauchte man mehrköpfige Läute mannschaften, die regelmäßig, zuverlässig und kompetent die Glocken zu läuten verstan

Geschichts- und Kulturverein Essen-Werden, 19. Band, Essen-Werden 2021, S. 38-59.

31 G. Reinhold, 2019, S. 133 f.

32 Feldens, 1940, S. 100.

O TTO -G LOCKEN 24
1909

den. Diese Glöckner wurden entlohnt, was Kos ten verursachte, wenn auch sicher nicht son derlich hohe. Darüber hinaus war es in der Zeit der Industrialisierung immer schwerer, geeig nete Personen zu finden. So beklagte sich der Glockenläuter des Bremer Domes, Johann El fers, schon 1905 bei der Bremer Domverwal tung, dass er zum Läuten zu oft Hilfskräfte von der Straße holen müsse, „wo man sich mit ge niert, in den Dom zu gehen“.38 Werden Glo cken an gestelzten Jochen aufgehängt, bewegt sich ihr Drehpunkt Richtung Schwer punkt der Glocke. Hierdurch sind die Glocken leichter zu läuten. Man brauchte folglich we niger Glöckner, was wiederum die Kosten senkte. Zu den vorgenannten Gründen zur Ver wendung gestelzter Joche kam noch eine ag gressive Verkaufspolitik seitens der Fa. Bierling hinzu.

Das Problem der geeigneten Läutemannschaf ten und der damit einhergehenden Kosten löste sich Anfang des 20. Jahrhunderts durch die Entwicklung von Läutemaschinen auf, die nach und nach technisch verbessert und flä chendeckend eingesetzt wurden. Damit entfiel der Grund gestelzte Joche einzusetzen. Diese werden heute nur als Notbehelf angesehen, wenn zum Beispiel in einem Turm nicht aus reichend Platz für freischwingende Glocken vorhanden ist oder Glocken aus statischen Gründen nicht derart stark schwingen sollen. Die Glocken in der Basilika in Werden hängen heute wieder freischwingend an geraden Jo chen aus Stahl und werden von Läutemaschi nen bewegt. Die Glocken der Basilika werden nicht nur schwingend geläutet, sondern gele gentlich auch gebeiert.

St. Adolfus, Düsseldorf-Pempelfort

33 Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen. Klang zwischen Himmel und Erde, 2. aktual. u. ergänzte Auflage, Leipzig 2015, hier: S. 65–67: Giesserfami lie Bierling.

34 Mit der Bezeichnung „System ...“ verschleierten Glockengießer wie Bierling, aber auch Schilling, dass es sich letztlich um verkröpfte Glockenjoche handelte.

35 Die Evangelisch-lutherische Kirche Sachsens verbot für ihren Zuständigkeitsbereich per Verord nung vom 19.1.1918 aus denkmalpflegerischen

In der Tabelle der technischen und musi kalischen Daten des Geläutes von St. Adolfus im Stadtteil Pempelfort auf S. 302 des OTTO-Glockenbuches wurden die Zeilen der Gewichte und Durchmesser der Glocken falsch wiedergegeben und werden hiermit wie folgt korrigiert. Im Werkverzeichnis auf S. 519 sind die Ge wichte und Durchmesser korrekt angegeben.

Adolfus-Kirche an der Kaiserswerther Straße in Düsseldorf von der Fischerstraße aus gesehen. Erbaut ist die Kirche 1914 vom Kgl. Baurat Kaspar Pickel, Düsseldorf. Quelle: wikipedia

TECHNISCHE UND MUSIKALISCHE DATEN DER OTTO-GLOCKEN IN ST. ADOLFUS, DÜSSELDORF-PEMPELFORT.

Glocke I II III IV V VI

Name Adolfus Georg Josef Maria Helena Elisabeth Gussjahr 1913 1913 1913 1913 1913 1913 Gießer Karl (I) Otto, Fa. F. Otto, Hemelingen bei Bremen Material Bronze Rippe schwere Rippe

Gewicht (kg) 4.650 2.650 1.860 1.300 840 650 Durchm. (mm) 1.910 1.610 1.432 1.270 1.070 960 Schlagring (mm) 146 (145) 122 (113) 111 (109) 96 (90) 80 (75) 73 (70) Schlagton a0 – 8 c’ - 6 d’ – 8 e’ – 5 g’ – 7 a’ - 2 Unterton A – 6 c0 - 10 d0 – 2 e0 + 1 g0 + 2 a0 – 2 Prime a0 – 6 c’ - 7 d’ – 10 e’ – 7 g’ – 7 a’ – 6 Terz c’ – 2 es’ - 4 f’ – 4 g’ – 1 b’ – 2 c’’ + 1 Quinte e’ – 2 g’ - 4 a’ – 2 h’ + 2 d’’ + 2 e’’ + 4 Oktave a’ – 8 c’’ - 6 d’’ - 8 e’’ - 5 g’’ – 7 a’’ - 2

Abklingdauer Sek. 97/45/23 85/42/20 78/35/19 67/33/17 57/30/11 52/27/9 (UT/P/T)

Abklingverlauf schwebend unruhig steht steht steht steht

Gründen das Absägen von Glockenkronen. Thüm mel, 2015, S. 230.

36 Wenn sich die schwingende Glocke auf den Hörer zubewegt, werden die Schallwellen gedrängt und der Ton wird höher; schwingt die Glocke da gegen vom Hörer weg, werden die Schallwellen gedehnt, der Ton wird tiefer. Jeder kennt den Dopplereffekt durch Einsatzfahrzeuge mit Mar tinshorn, die erst auf einen zu fahren, dann vor beifahren und sich schließlich entfernen.

37 K. Kramer: Die Voraussetzungen für eine gute Klangentfaltung des Geläutes, in: Glocken in Ge genwart und Geschichte. Herausgegebenen vom Beratungsausschuss für das Deutsche Glockenwe sen, Karlsruhe, Bd. 2, 1997, S. 174–180.

Limburger Richtlinien, 1951, Abschnitt F. 38 Brief Johann Elfers vom 11.12.1905 (Bremer Domarchiv). Erika Thies: „Maria Gloriosa“ ist die Äl teste im Turm. Zur Geschichte und Gegenwart des Domgeläutes, in: Weserkurier, 24.12.2004.

S UPPLEMENT 25
1913

St. Blasius, DüsseldorfHamm (links) Foto: Julius Söhn, Düsseldorf, aus: Rhein und Düssel, No. 36, 2. Sept. 1911. ????? Hl. Dreikönige, Neuss (rechts)

Foto: G. Reinhold

St. Blasius, Düsseldorf-Hamm und Hl. Dreikönige, Neuss

Im Jahr 1911 lieferte die Fa. Otto jeweils vier Glocken nach Neuss und nach DüsseldorfHamm. In Düsseldorf-Hamm wurde auf den Fundamenten einer Vorgängerkirche in den Jahren 1909 bis 1911 nach Plänen des rhei nischen Kirchbauarchitekten Peter Josef Kleesat tel die neue Blasius-Kirche errichtet und eingeweiht.

Für die neue Kirche wünschte die Gemeinde sich ein neues vierstimmiges Glockengeläut. „Der Auf trag … wurde der weithin bekannten und alt bewährten Gießerei Otto in Hemelingen bei Bremen übertragen, wo vor Zeiten ein katho lischer Pfarrer, der Oheim des jetzigen Firmen-In habers, den ersten Glockenguß vorgenommen hat.“xx Die vier Bronzeglocken hatten ein Ge samtgewicht von 109 Zentnern und stimmten mit den Tönen c‘ - es‘ - f‘ - g‘ das Präfationsmotiv an. Die einzelnen Glocken hatten Durchmesser von 1540 mm, 1290 mm, 1130 mm und 1100 mm. Ihre Gewichte: 2360 kg, 1390 kg, 990 kg und 705 kg. Die größte der vier Otto-Glocken, die Salvatorglocke, wurde aus drei alten Glocken aus den Jahren 1511 und 1860 gegossen, woran die Glockeninschrift mit den Worten „ex tribut und revixi“ erinnerte.xx Die erste gottesdienstliche Handlung in der neuerrichteten St.-Blasius-Kir che war die Weihe der Glocken am Fest Peter und Paul des Jahres 1911. Die Glocken wurden auf die Namen Salvator, Maria, Blasius und Johannes ge weiht.

Im Gegensatz zur neoromanischen St.-BlasiusKirche ist die Dreikönigskirche bei Kirchbau mit diversen Renaissancebauelementen. Beide Kir chen haben hohe Türme. Der Turm von St. Bla sius hat ein Zelt- oder Pyramidendach; der Turm von Dreikönigen ist mit einer hohen Haube gekrönt. Unter ihr hingen im Turm vier OTTO-Glocken, Gussjahr 1911 mit fast der gleichen Disposition wie die Glocken von St. Blasius. Zusätzlich hat die Firma Otto noch eine kleine Mess-/Wand lungsglocke gegossen, die heute noch im Giebel des südlichen Querschiffes der Kirche hängt.xx

Im Ersten Weltkrieg wurden die drei größeren Glocken der Dreikönigskirche beschlagnahmt und eingeschmolzen. Nur die kleinste Glocke blieb erhalten. Als die Kirchengemeinde im Jahr 1922 ein neues, vierstimmiges OTTO-Geläut mit einem Gesamtgewicht von 6487 kg und den Tönen c‘es‘ - f‘ - g‘ erhielt, wurde die kleine g-Glocke von 1911 umgegossen. Die neuen Glocken wurden auf die Namen Dreikönige, Maria, Joseph und Cornelius geweiht. Folgende Personen sollen bei der Glockenweihe Paten gewesen sein: „Herr Pos selt und Frau Marx bei der Dreikönigenglocke, die Lehrerin Ständer und Herr Fammler bei der Ma rienglocke, Herr Keuten und Herr Kreuter bei der Josephsglocke, Herr Huppertz und Frau Linden bei der Corneliusglocke.xx

Glocke II III

Name Maria Blasius Gießer Karl (I) Otto, Fa. Otto, Hemelingen Gussjahr 1911 1911 Metall Bronze Konstruktion Mittelschwere Rippe Gewicht (kg) 1390 990 Durchm. (mm) 1290 1130

Nominal es‘-2 f‘-3 Unterton es0-10 f0-7 Prime es‘-5 f‘-6 Terz ges‘-2 as‘-2 Quinte b‘-6 c‘‘-4 Oktav es‘‘-3 f‘‘-3 Abkl.-Dauer (Sek.) 165/-/32 105/-/30 UT/P/T Abklingverlauf schwebend schwebend

xx Joh. Schmitz, Festschrift Kirchweihfest, 1911, S. 60–62. Der Hinweis zur Geschichte der Glocken von St. Blasius (Düsseldorf-Hamm) und Hl. Dreikö

In demselben Jahr goss Otto auch vier Glocken für die Kirche Hl. Dreikönige in Neuss, die in denselben Jahren wie St. Blasius er baut worden war. Es war einfach die Zeit der Grün dungen neuer Pfarreien und der Errichtung neuer Pfarrkirchen aufgrund des Zunahme der Bevölkerung an Rhein und Ruhr. Die Kir che Hl. Dreikönige wurde mit einer Reihe von Fens tern des holländischen Künstlers Jan Thorn Prikker ausgestattet, die vor den Zerstörungen des Bomben krieges bewahrt werden konnten oder nach dem Krieg wiederhergestellt werden konnten.

nige (Neuss) stammt von Markus Mockel (Greven broich-Hemmerden)

xx Zum Thema Umgüsse siehe G. Reinhold, 2019,

Im Zweiten Weltkrieg verlor die Pfarrei Hl. Drei könige erneut fast das gesamt Geläut. Wieder blieb nur die kleine Cornelius-Glocke im Turm hängen. Im Gegensatz dazu haben zwei Glocken von St. Blasius aus dem Jahr 1911 den Zweiten Weltkrieges überstanden. Diese wurde zum Bron zeschrott-Preis an die Kirchengemeinde in Neuss verkauft, welche damit in den ersten Nachkriegs jahren über ein dreistimmiges OTTO-Geläut ver fügte mit zwei Glocken aus 1911 und einer aus dem Jahr 1922. Dieses Geläut wurde 1958 durch eine neue c‘-Glocken von Petit & Gebr. Edelbrock ergänzt. Zwei Jahre später wurde die kleine gGlocke von Otto aus dem Jahr 1922, die in schwerer Rippe gegossen worden war, durch eine Glocke von P & E in mittelschwerer Rippe ersetzt. Neben den beiden Glocken aus Gescher verfügt die Gemeinde heute noch über zwei OTTO-Glo cken aus dem Jahr der Kirchweihe und mit den gleichen Tönen: es und f. Die es-Glocke ist der Jungfrau Maria geweiht, die f-Glocke dem Hl. Blasius.

S. 73-75.Die Glocken von 1860 waren selbst schon Umgüsse ältere Glocken. xx Nach Ketzer, 1969, S. 12, sollen die Glocken gestimmt gewesen sein auf

O TTO -G LOCKEN 26
TECHNISCHE UND MUSIKALISCHE DATEN DER GLOCKEN II UND III DES GELÄUTES VON HL. DREIKÖNIGE, NEUSS.xx
1911

Die Inschriften befinden sich oben an der Schul ter der Glocken zwischen je zwei Zierstegen. Unten am Wolm sind fünf Zierstege angebracht. Die Inschriften sind in von der gotischen Schrift inspirierten, historisierenden Majuskeln gesetzt.

Glocke II - Marienglocke an der Schulter: + 1911 + PIETAS ET GRATITVDO FUNDI ME IVSSIT. ME RESINANTE PIA LAVDETVR VIRGO MARIA.

(Fromme Dankbarkeit hat mich gießen lassen. So oft ich erklinge, möge die gütige Jungfrau Maria gepriesen werden.xx)

Flanke; frontal: ovales Relief der Muttergottes

Glocke III - Hl. Blasius an der Schulter: + ST. BLASIVS + DE SVECKE DES HALSES HEFFSTV MACHT MENNIGEN KRANKEN HEFFST MIT GNADEN BEDACHT DYNER ANDEREN GNADE YS KEIN TALL

BEWAHRE VNS VOR ALLEM VNFALL. 1473 +

(St. Blasius, über die Schwäche des Halses hast du Macht, viele Kranke hast mit Gnaden bedacht, deiner anderen Gnads ist ohne Zahl, bewahre uns vor allem Unfall.) Flanke oben; frontal: 19 (Gießerzeichen) 11

Bei der Inschrift der Blasius-Glocke handelt es sich um ein Gebet an den Hl. Blasius. Der Text wurde einem Schriftstück aus dem Jahr 1473 entnommen ist.xx Die Übersetzung in Hoch deutsch stammt von Silvia Steinberg, Bottrop, und Prof. Dr. Helmut H. Spiekermann von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Die Inschrift der neuen Blasius-Glocke von Petit & Gebr. Edelbrock in der Kirche St. Blasius in Düsseldorf-Hamm aus dem Jahr 1971 ist mit der alten Inschrift nicht vergleichbar:

d, e, fis, g mit einem Gesamtgewicht von 5155 kg. Dieter Hoevels: Fast dreißig Jahre hinter Gittern, in: Festschrift zum 100jährigen Jubiläum von Hl.

Dreikönige Neuss, 2011, S. 28 ff. xx Ketzer, 1969, S. 31. Vgl. zum Thema „Glocken paten“ das große OTTO-Glockenbuch, 2019, S. 62

oben: Marien Glocke, Gussjahr und Giesserzeichen, Bla sius Glocke. Fotos: G. Reinhold

Dechant Johannes Schmitz zur Glockenweihe am Fest der Apostel Peter und Paul Quelle: Kirchweihfestschrift 1911, S. 62

und Sartori, 1932, S. 14 f. xx Quelle, Joh. Schmitz, 1911, S. 61.

27

Friedhofskapelle Bremen Oberneuland

Rechts: Friedhofsglocke Bremen-Oberneuland

Foto: Firma Rincker

Im Jahr 1939 lieferte die Firma Otto eine kleine Glocke an die Evangelische Kir chengemeinde St. Johannis in BremenOberneuland. Während 77 % aller OTTO-Glocken, die bis 1940 gegossenen worden waren, zerstört und eingeschmolzen wurden39, hat diese kleine Glocke die Glocken beschlagnahme des Zweiten Weltkrieges nur deshalb überstanden, weil sie rechtzeitig im Garten des Küsters der Gemeinde vergraben wurde.

Erst 55 Jahre später im Jahr 1997 stieß der der zeitige Küster, Andreas Wokurka, bei Garten arbeiten auf die Glocke und grub wie wieder aus. Die Glocke hat einen Durchmesser von 350 mm und ein Gewicht von 30 kg. Außer dem damals noch neuen Gießerzeichen der Fa. Otto40 zeigt die Glocke das Jahr 1939, trägt aber keine Inschrift. Die Glocke wurde proviso risch in dem kleinen Glockentürmchen der Friedhofskapelle aufgehängt.

Im Frühjahr des Jahres 2021 arbeitete die Firma Rincker die Glocke auf und versah sie mit einem neuen Holzjoch und einem Schlag

39 G. Reinhold, 2019, S. 156.

40 G. Reinhold, 2019, S. 130 + 158 f.

41 Susanne Wokurka: Die geheimnisvolle Glocke, in: Oberneuland-Magazin, Bremen Juni 2021, S. 40–47.

Von einer ähnlichen Aktion Jugendlicher in der

Die vergrabene OTTO-Glocke

werk. Am 29. April 2021 wurde die Glocke durch Pastor Thomas Ziaja eingesegnet und kurz darauf neu im Glockentürmchen der Kapelle installiert. Nun kann das Glöckchen,

NS-Zeit berichtet Thorsten Rienth, Grafing: Mutige Burschen retten Grafinger Kirchenglocken. Südd. Zeitung 3.3.2017. Der Münchener Stadtpfarrer Rainer Maria Schießler weiß von weiteren Men schen zu berichten, die im Krieg ihre Glocken zu retten versuchten, weil ihnen der Klang so viel be

welches über 20 Jahre stumm über der Fried hofskapelle hing, künftig mit ihrem Klang Ver storbene auf ihrem letzten Gang begleiten.41

deutete und die Glocken nicht eingeschmolzen werden sollten. „Und als die dann nach dem Krieg wieder läuteten, was das wie eine Befreiung für die Leute.“ Aus: Philipp Crone: Heiliger Bimbam. Südd. Zeitung 4./5.9.2021.

O TTO -G LOCKEN 28
1939

Saarlouiser

Der erste Guss der neugegründe ten Saarlouiser Glockengießerei im Jahr 1953 bestand aus den fünf Glocken für die Kirche St. Ludwig mit einem Gewicht von über 6 Tonnen. Die Kirche St. Ludwig liegt am Großen Markt von Saarlouis auf dem auch der Marien-Brun nen mit den von den Ottos gegossenen Brun nenschalen und der Marienfigur steht. Im Jahr darauf wurde das sechsstimmige Geläut für Maria Himmelfahrt in Saarlouis-Roden gegos

sen. Mit einem Gesamtgewicht von 12.640 kg ist es das größte Geläut des Saarlandes.42

Der Saarländer Karl Hans hat den Guss der bei den Geläute sowie die Weihe der Glocken von Maria Himmelfahrt im Ortsteil Roden auf 8mm-Schmalfilm festgehalten. Eine digitali sierte Fassung dieses halbstündigen histori schen Filmdokumentes befindet sich heute in der Bibliothek des Deutschen Glockenmuse ums.

St. Ludwig am Großen Markt in Saarlouis, davor der Marienbrunnen Foto: G. Reinhold

Die dritte „Brema“

Zum Gewicht der „Brema“ von 196243 bemerkt Hanns Martin Rin cker (Sinn) in einer Mail vom 22.04.2021 an den Verfasser, dass es absolut unmöglich ist, dass die Glocke allein auch nur annähernd 7 Tonnen gewogen haben kann.

„Nach seinen eigenen Rippen (siehe S. 59 im OTTO-Buch; Anm. d. Verf.), kann diese Glocke allerhöchstens 6,5 to wiegen.“

Da Otto aber, um die Glocke tonlich hinzukrie gen, innen viel hätte abschleifen müssen, schätzt Rincker das Gewicht der „Brema“ heute auf max. 6.300 kg.

Brema beim letzten Schliff 1962 (links) Foto: L. Kull

Klanganalyse: Andreas Philipp (unten) 10.2.2015

DOMGELÄUTES.

42 G. Reinhold, 2019, S. 367 f., 370–375. Gergen, 2012, S. 35–38.

43 G. Reinhold, 2019, S. 235.

S UPPLEMENT 29
Glockenguss
Glockengießerei -
und Glockenweihe St. Ludwig und Maria Himmelfahrt, Saarlouis 1953
1962
BREMER
Glocke
II III IV Name Brema Maria Gloriosa Hansa Felicitas
1962 1433 1951 1951 Gießer Dieter Otto Ghert Klinghe Karl (III) Otto Karl (III) Otto Material Bronze Gewicht (kg) 7.112 3.440 1.950 1.375 Durchm. (mm) 2.156 1.700 1.430 1.270 Schlagton g0 + 2 h0 – 1 d’ + 3 e’ + 1 Unterton G ± 0 H
TECHNISCHE UND MUSIKALISCHE DATEN DES HEUTIGEN
I
Gussjahr
– 15 d0 - 6 e0 - 7 Prime g0 + 4 a0 + 5 d’ + 1 e’- 1 Terz b0 + 2 d’ - 4 f’ + 2 g’ ± 0 Quinte d’+ 10 e’- 3 a’+ 5 h’ + 3 Oktave g’ + 2 h’ - 1 d’’ + 3 e’’ + 1 Turm Südturm Nordturm Nordturm Nordturm

Werkverzeichnis

der Glockengießerei F. Otto, Hemelingen Ergänzungen und Korrekturen

In rot die Änderungen. Zu den verwendeten Abkürzungen und Literatur angaben siehe OTTO-Glockenbuch, S. 498 + 499 und Literaturverzeichnis.

1880, Essen a. d. Ruhr, St. Gertrudis, 3 Glocken (nach Walter, 1913: 4 Glocken),1769 kg, 1249 kg, 915 kg, 642 kg, Töne: c - de - e - ? (e’ - es’ - f’ - g’), drei Glocken im Ersten Weltkrieg ver nichtet, Quellen: Otto Zeugnisse 1876-85. Wal ter 1902, 132 f + 1913, S. 832. Pfarrarchiv St. Gertrud, Essen, Pressemitteilung Essener Volks zeitung(?).

1881, Bethany/Australien, Luth. Herberge Christi, 1 Glocke, ∅: 670 mm, 170 kg, Ton: c, Glocke existiert heute noch. Quellen: Shield 2009. https://www.ohta.org.au/organs/or gans/Bethany.html.

1883, St. Markus, Bredeney (heute in Christ König, Haarzopf), 1, Glocke, ∅: 515 (510) mm, 80 (70) kg, Ton: fis’’. Klaes 1983, S. 2. Quelle: glb-Essen.

1886, Staßfurt (Sachsen), St. Marien, Pfr. Kre keler, 1 Glocke, 77,5 kg, im Ersten Weltkrieg eingeschmolzen. Quelle: Langer, 2020, S. 80–85.

1889, Eutin, Stadtkirche, 1 Glocke, ∅: 1520 mm, Umguss einer alten Glocke, Quellen: Hach, 1913, S. 148. Rauchheld 1925, S. 73.

1890/01, Hötensleben, St. Josef u. St. Augus tinus, 2 Glocken, 853 kg, ? kg, f - as, eine Glo cke im Ersten Weltkrieg eingeschmolzen. Quellen: Glockengießvertrag 26.9./5.10.1891, AKB. Webseite Pfarrei Chronik.

1892, Aachen, Franziskanerkirche, 1 Glocke, ∅: 620 mm, 150 kg, d’’, Existenz unklar. Quelle: Glockenbücher Bistum Aachen.

1894, Twistringen b. Bremen, Pastor Gronheid, St. Anna, 3 Glocken, 1824 kg, 1076 kg, 769 kg, Töne: cis - e - fis. Zwei Glocken wurden im Ers ten Weltkrieg eingeschmolzen. Quellen: AKB. Walter 1902, S. 132 f + 1905, S. 33 + 1913, S. 608 + 832. HbO-583. Kratzsch 2017. 1895, Delitzsch, Pfarrer Bitter, St. Klara, 2 Glo cken, 67 kg, 40 kg. Quelle: Glockengießvertrag vom 12.11.1894, AKB.

1897, Winsen a. d. Luhe, St. Marien, 4 Glocken, ∅: ?, ?, ?, 980 mm, 1957 kg, 1394 kg, 1006 kg, 581 kg, Töne: des - es - f - as. Nur noch die kleinste Glocke existent. Quellen: AKB. Walter 1913, S. 618/9. 1926. Broschüre St. MarienKirche Winsen a.d. Luhe 1999. Webseite Pfar rei.

1898, Bistum Trier, ??, 1 Glocke, ∅: 400 mm. Glocke noch vorhanden. Quellen: Brief GV Trier an Elisabeth-Kloster, Essen-Schuir vom 1. Okt. 1948.

1898, Herz Jesu, Lübeck, drei Glocken, ∅: 1350 mm, 1200 mm, 1030 mm, 1545 kg, 1070 kg, 766 kg (nach Unterlagen OttoBuer 675 kg), Töne: es‘ - f‘ - g‘. Nur die kleinste Glocke ist er halten. Quellen: AKB. Hach, 1913, S. 79+80. Walter 1913, S. 602. Hb0-796. Turm + Uhr 30/2013, Webseite Pfarrei.

Der Eintrag „1900, Dernbach/Westerwald, St. Laurentius“ ist zu streichen. Siehe dafür: 1900/01, Dernbach/Westerwald, St. Laurentius, Pfr. Wiegand/Pfr. Busch, 3 Glocken, 640 kg, 380 kg, 286 kg (494 kg, 290 kg, 214 kg), Töne: g’ - b’ - c’’. Die Glocken wurden im Ersten Welt krieg eingeschmolzen. Quellen: AKB. Walter 1905, S. 33 u. 1913, S. 167, 229, 321, 605, 867. Foersch, 1996, S. 108. Webseite Verein z. Förd. Pfarrkirche St. Laurentius, Dernbach.

1910, Esterwegen, kath. Kirche, 3 Glocken, Ge samtgewicht 2690 kg. Zwei Glocken fielen der Glockenbeschlagnahme des Zweiten Weltkrie ges zum Opfer. Quelle: AO.

1911, Düsseldorf-Hamm, St. Blasius, 4 Glocken, ∅: 1540 mm, 1290 mm, 1130 mm, 1100 mm, 2360 kg, 1390 kg, 990 kg, 705 kg, Töne: c’ - es’ - f’ - g’. Zwei Glocken wurden im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen. Die beiden existen ten Glocken hängen heute in Dreikönige, Neuss. Quellen: Wü., 1926, glb-Köln/Düssel dorf. 1911 erhalten sowohl St. Blasius in Düs seldorf-Hamm wie auch Hl. Dreikönige in Neuss jeweils vier OTTO-Glocken. Zwei Glocken aus St. Blasius hängen heute in Dreikönige in Neuss und zwar die beiden mittleren Glocken des vierstimmigen Geläutes aus dem Jahr 1911. Siehe hierzu das betreffende Kapitel auf Seite auf S. 25/26. Die Erläuterungen zum ge schichtlichen Hintergrund stammen von Mar kus Mockel aus Grevenbroich-Hemmerden.

wo kommt das hin - und was kommt weg?

1911, Essen-Dellwig, St. Michael, 4 Glocken, ∅: 1720 mm, 1450 mm, 1290 mm, 1140 mm, 3330 kg, 2010 kg, 1410 kg, 990 kg. Töne: h0d‘- e‘- fis‘. Alle vier Glocken wurden im Zweiten Weltkrieg vernichtet. Quellen: Walter 1913, S. 620. 1926. glb-essen.

1911, Essen-Rüttenscheid, St. Andreas, 5 Glo cken, ∅: 1610 mm, 1360 mm, 1200 mm, 1080 mm, 600 mm, 2783 kg, 1642 kg , 1138 kg, 815 kg, 130 kg, Töne: c’ - es’ - f’ - g’ - g’’. Die vier großen Glocken wurden im Zweiten Weltkrieg vernichtet. Der Verbleib der kleinen Glocke ist unklar. Quellen: Wü. 1926. glb-essen.

1921, Hausen (Eichsfeld), St. Katharina, 1 Glo cke, noch existent. Quelle: Kirchen im Eichs feld, 2011, S. 134 f.

1925, Arenshausen b. Eichenberg, St. Matthäus, 3 Glocken, Gesamtgewicht 1490 kg, Töne: g - a - c. Eine Glocke noch existent, zwei Glocken im Zweiten Weltkrieg vernichtet. Quellen: 1926. Schulzig 2006. Kirchen im Eichsfeld, 2011 S. 20 f.

1925, Bochum-Gerthe, Th. Hoogen, St. Elisa beth, 3 Glocken, ∅: ?, ?, 1060 mm, Gesamt gewicht 6770 kg, Töne: b’ - d’ - g’. Die beiden großen Glocken wurden im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen. Die kleinste Glocke ist exis tent. Quellen: 1926. glb-Essen/Bochum. Hale kotte.

1925, Isenbruch/Selfkant, Heinsberg, Zur un befleckten Empfängnis, 1 Glocke, ∅: 405 mm, 40 kg, Ton: h’’. Quelle: https://www.youtube. com/watch?v=JCKg2cIYOuw.

1925, Weisenau bei Mainz (nicht Weißenau).

1926, Estenfeld bei Würzburg, St. Mauritius, 5 Glocken, ∅: ?, ?, ?, ?, 900 mm, Gewichte: 6927 kg (?, ?, ?, ?, 500 kg), Töne: c - es - f - g - b. Vier Glocken wurden im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen; die kleinste blieb erhalten. Quellen: 1926/1930. Prospekt Auszüge. AO. Mail Pfr. J. Bayer, 13.5.2020.

1927, Freigericht Somborn, St. Anna, 783 kg (425 kg, 358 kg), h‘ - c‘‘. Die h-Glocke wurde im Zweiten Weltkrieg vernichtet. Die kleine cGlocke ist heute Glocke VI vom Geläut von St. Anna. Quellen: 1926/1930. Trageser, 2007, S. 6. web youtube.

1911, St. Blasius, Düsseldorf-Hamm und Hl. Dreikönige, Neuss. Zur Geschichte dieser Glocke siehe vorstehendes Kapitel. 1911, Hl. Dreikönige, Neuss, 1 kleine Glocke als Mess-/Wandlungsglocke. Existent. Quelle: D. Hoevels, 2011, S. 28 ff.

O TTO -G LOCKEN 30

1928, St. Joseph, Steele-Horst, 2 Glocken. Im Jahr 1928 erhielt die Gemeinde Stahlglocken anstelle von zwei beschlagnahmten OTTO-Glo cken aus dem Jahr 1900/01.

1928, Heinsberg-Horst, St. Josef, 2 Glocken, ∅: 1073 mm, 804 mm, 805 kg, 345 kg, Töne: fis’ - h’. Beide Glocken im Zweiten Weltkrieg ver nichtet. Quellen: KN. 1926/1930. glb-Aa chen/Heinsberg. Webseite Geschichte der Kirche Heinsberg Horst.

1928, Löderburg b. Staßfurt, Sachsen, St. Josef, 1 Glocke, Ton: a. Quelle: Martin Langer, Zürich, Mail vom 2.2.2020.

1930-32, Köln-Merheim, St. Gereon. Der Ein trag ist zu streichen. Es handelt sich um die 3 Glocken für Heilig Kreuz, Köln-Weidenpesch, früher Mehrheim lksrh. Der Eintrag 1931, Köln-Weidenpesch, Heilig Kreuz ist um fol gende Quelle zu erweitern: GL30-32

1932, Ratingen-Tiefenbroich, St. Marien, 3 Glocken mit folgenden Tönen: d‘‘ - e‘‘ - fis‘‘. Zwei Glocken im Zweiten Weltkrieg ein geschmolzen. Der Verbleib der größten Glocke unklar. Quellen: KN. GL30-32. glb-Köln/Ratin gen.

Bis 1933 lieferte Otto nach Freigericht Som born, St. Anna, 3 Glocken, 2080 kg, 680 kg, 480 kg, Töne: d‘ - g‘ - a‘. Im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen. Quelle: Trageser, 2007, S. 6.

1934, Ratibor/Schlesien, 4 Glocken, ∅: 1201 mm, 1010 mm, 900 mm, 800 (770) mm, Ge wichte: ?, ?, ?, 270 kg, Töne: ? - ? - ? - c’’. Nur die kleinste Glocke ist noch existent. Quellen: KN. Mail Claus Peter, Hamm, 11.5.2021.

1935, Eibingen/Rüdesheim, St. Johannes Bap tist (alte Kirche), 4 Glocken, 1150 kg, 700 kg, 480 kg, 430 kg, Töne: e’ - g’ - a’ - h’. Alle Glo cken im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen. Quelle: Limburg768.

1935, Hamburg-Harvestehude, St. Elisabeth (nicht Harvesterhude).

1936, Bremen-Leherheide, Ev.-Reformierte Kirche, 1 Glocke, Ton: e’’. Existent. Quelle: Den nis Wubs: www.youtube.com/watch?v=nXKOF 9VBwR8.

1938, Westerode, St. Johannes d.T., 2 Glocken, ∅: 1162 mm, 870 mm, Töne: f - b. Eine Glocke existent, eine Glocke im Zweiten Weltkrieg vernichtet. Quellen: KN. www.westerode.de. Webseite Pfarrei. Kirchen im Eichsfeld, 2011, S. 310.

1939, Bremen-Oberneuland, Ev. St. Johannis, 1 Glocke, ∅: 350 mm, 30 kg, Ton: d’’’. Existent. Als Friedhofglocke am 29.4.2021 neu ein geweiht. Quellen: Brief Kl. Behrens-Talla, Bre men, 25.3.2021. Oberneuland-Magazin.

1946, Essen/Löningen, St. Bartholomäus, 2 Glocken, Töne: fis’ - gis’. Quellen: AO. Hdb Münster 1993, S. 826. Flyer St. Bartholomäus.

1949, Estenfeld b. Würzburg, St. Mauritius, 3 Glocken, ∅: 1340 mm, 1194 mm, 1064 mm, 1650 kg, 1150 kg, 800 kg. Töne: es’ - f - g’. Quellen: KN. AO. Mail Pfr. Joachim Bayer, 13.5.2020.

1949, Molbergen/Cloppenburg, St. Johannes d.T., 2 Glocken, ∅: 1200 mm, 940 mm, Töne: e - gis. Quellen: AO. Hdb Münster 1993, S. 725. Webseite Pfarrei.

1949, Pleystein, Kath. Pfarrkirche St. Sigis mund, 2 Glocken, ∅: 1400 mm, 1049 mm, Töne: d - g. Quellen: KN. AO. www.oberpfalz netz.de.

1949, Pleystein, Kreuzbergkirche, 2 Glocken, ∅: 816 mm, 686 mm, 320 kg, ? kg, Töne: h - d. Quellen: KN. AO. www.oberpfalznetz.de

1950, Cadenberg, Ev. St. Nicolai-Kirche, Uhr glocke. Die Uhrglocke ist lt. Matthias Dichter nicht von Otto.

1950/51, Essen/Löningen, St. Bartholomäus, 1 Glocke, Ton: h0. Quellen: AO. Hdb Münster 1993, S. 826. Flyer St. Bartholomäus.

1952, Estenfeld-Mühlhausen, Kuratiekirche St. Georg, 2 Glocken. Quelle: Mail Pfr. Joachim Bayer, 13.5.2020.

1953, Bremen-Osterholz-Schermbeck, 1 Glo cke, ∅: 956 mm, Ton: as’ (ais’). Quellen: KN. Youtube.

1953, Rotenburg, Niedersachsen, Ev. Stadtkir che, 2 Glocken. Lt. Matthias Dichter nicht von Otto.

1954, Oberscheinfeld, St. Gallus, 4 Glocken, Gesamtgewicht: 2850 kg, Töne: dis’ - fis’ - gis’ - h’. Quellen: AO. Mails Bernd Schröder (www.glockenzeit.de) vom 4.2.2021.

1961, Saarlouis-Roden, Friedhofsglocke, 1 Glo cke, ∅: 450 mm, 65 kg, Ton: b. Quellen: KN. Th. Gergen, 1/2012, S. 35.

1963, Nikolausdorf/Garrel, Herz Jesu, 3 Glo cken, ∅: 1105 mm, 984 mm, 828 mm, Gesamt gewicht: 1740 kg. Töne: fis - gis - h. Quellen: KN. AO. Hdb Münster 1993, S. 812. Neuguss fis-Glocke 1970.

1963/4, Bremen-Vahr, Heilig-Geist-Kirche, 4 Glocken, ∅: 1089 mm, 970 mm, 816 mm, 737 mm, 800 kg, 575 kg, 350 kg, ? kg, Töne: fis‘gis‘ - h‘ - cis‘. Quellen: KN. Glockenbörse, Burg dorf, 2021.

1963/4, Estenfeld bei Würzburg, St. Mauritius, 1 Glocke, ∅: 1603 mm, 2295 kg, Ton: c’. Quelle: KN Mail Pfr. Joachim Bayer, 13.5.2020.

2005, Duisburg-Hamborn, Abtei St. Johann der Täufer, ∅: 1415 mm, 1737 kg, d’. Quellen: glbDuisburg. Eig. Begehung 2011. Gegossen von Bachert, nach Angaben der Pfarrei in OTTORippe. Eine diesbezügliche Anfrage bei der Fa. Bachert wurde leider nicht beantwortet.

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Quellen- und Literaturverzeichnis Ergänzungen

Balz, Klaus

Voll 100. Die Geschichte St. Michaels in Bre men-Grohn. Hrsg. Kirchengemeinde St. Mi chael, Bremen-Grohn 2008

Best, Gerhard Glocken und Geläute in Westfalen. Dargestellt an den Kirchspielen und Kirchengemeinden des heutigen Dekanates Werl. (Diss. Theologi sche Fakultät Paderborn 1989/90), Barge 1994

Gergen, Thomas

Die schwerste Glocke des Saarlandes: Die Mi chaels-Glocke in Roden und das dortige „Gries bachersche Idealsextett“, in: Unsere Heimat. Mitteilungsblatt des Landkreises Saarlouis für Kultur und Landschaft, 37. Jg., Heft 1/2012, S. 35–38

Griesbacher, Peter Über Stahl- und Bronzeglocken, in: Korrespon denz- und Offertenblatt für alle katholischen Geistlichen Deutschlands, für Anstalten, Kran kenhäuser, Sanatorien und Klöster, 1925, Heft 6, S. 84+85

Griesbacher, Peter Glockenmusik. Ein Buch für Glockenexperten und Glockenfreunde, Regensburg 1927

Griesbacher, Peter Glockenmusik, in: Monatshefte für katholische Kirchenmusik, 1927, Heft 9, S. 258–279.

Griesbacher, Peter Glockenstimmen, Regensburg, 1932

Hach, Theodor Lübecker Glockenkunde, Bd. 2 der Veröffent lichungen zur Geschichte der Freien und Han sestadt Lübeck, Hrsg. v. Staatsarchiv zu Lübeck, Lübeck 1913

Hans, Karl Doppel8-Film (8mm Schmalfilm) mit Aufnah men vom Guss der Glocken für St. Ludwig (Saarlouis) und Maria Himmelfahrt (SaarlouisRoden) bei der Saarlouiser Glockengießerei in Fraulautern wie der Glockenweihe in Roden, Saarlouis-Steinrausch 1953/54

Hoevels, Dieter

Fast dreißig Jahre hinter Gittern, in: Festschrift zum 100jährigen Jubiläum von Hl. Dreikönige Neuss, S. 28 ff.

Kath. Kirchengemeinde Hl. Dreikönige, Neuss, 75 Jahre Festschrift, 1986

Ketzer, K.-H. (Hrsg.)

Heilige Dreikönige Neuss, 2. A., Wiesbaden 1969

Kratzsch, Friedrich

Aus der Geschichte der Kirchenglocken im Stadtgebiet Twistringen, Twistringen 2017

Kretschmer, Anton Joh. Emanuel Glocken, deren Maß, Gewicht und Ton nebst Schwingungszahl. Bremen, handschriftliche Aufzeichnungen, o. J. (um 1926)

Lange, Joseph

Aus der Geschichte der Pfarrgemeinde Hl. Drei könige, in: Ketzer, K.-H. (Hrsg.): Heilige Dreikö nige Neuss, 2. A., Wiesbaden 1969

Langer, Martin

Die katholische Pfarrkirche St. Marien Staßfurt, Regensburg 2020, Seiten 80–85: Die Glocken

Linßen, Gottfried

Chronik der Pfarrgemeinde Heilige Dreikönige, Kirchengeschichte vor Ort, in: Festschrift zum 100jährigen Jubiläum, Neuss 2011, S. 7–17.

Konrad, Noll

Die Somborner Glocken und die Glöckner im Wandel der letzten 150 Jahre, in: 800 Jahre Pfarrei, 1984, S. 140+141

OttoBuer

Neue Glocken für Herz Jesu, in: Turm und Uhr, Neustadt/Holstein, Nr. 30/2012

Reinhold, Gerhard

OTTO-Glocken für die Kirchen und Kapellen in der Stadt Essen, in: Essener Beiträge zur Ge schichte von Stadt und Stift Essen, 133. Band, Essen 2020, S. 143–196

Reinhold, Gerhard

Die Glocken der Basilika St. Ludgerus: „... vital und mit sattem Volumen“. Zur neueren Glo ckengeschichte der ehemaligen Abteikirche, in: Geschichten aus der Werdener Geschichte, Hrsg. Geschichts- und Kulturverein Essen-Wer den, 19. Band, Essen-Werden 2021, S. 38–59

Schmahl, Heinrich

Die Umarbeitung und Herstellung des Glo ckenspiels auf St. Petri Thurm in Hamburg, 1887

Schmidt, Dieter

Friedrich Wilhelm Schilling. Leben und Werk, Nürnberg 1992 (OTTO-Glocken auf den Seiten 231, 248, 283, 284, 286, 287)

Trageser, Martin

Die Glocken von St. Anna Somborn im Wandel der Zeit, in: Freigerichter Heimatblätter, De zember 2007, S. 4–9

Wickert, Heinz

Katholische Kirchengemeinde St. Martin Muf fendorf, herausgegeben von der Gemeinde selbst, 1988

Will, Christian Estenfeld - Das Dorf im Kürnachtal und sein Ortsteil Mühlhausen. Hrsg.: Gemeinde Esten feld im Eigenverlag 1982, Seiten 219–224: Von den Glocken der katholischen Kirchen in Esten feld und Mühlhausen.

Wokurka, Susanne

Die geheimnisvolle Glocke, in: Oberneuland Magazin, Bremen, Juni 2021

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O TTO -G LOCKEN 32

Buchbesprechungen

Reinhold, Gerhard: Otto Glocken, Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerdynastie Otto, Essen 2019, ISBN 978-3-00-063109-2

DR. CLAUS PETER, HAMM44

Unter den zahlreichen Monographien zu Künst lern und Kunsthandwerker nehmen die über Glockengießer nur eine marginale Stellung ein. Das ist nicht nur der bis zum heutigen Tag meis tenorts fehlenden Bestandserfassung der Glo cken geschuldet, sondern auch in gegenseitiger Wechselwirkung der in Fachkreisen (Kunstwis senschaft) jahrzehntelang weit verbreiteten Ge ringschätzung des Gegenstands. Recherchen zu Leben und Werk von Glockengießern früherer Jahrhunderte waren oft mit schlechter Quellen lage konfrontiert und finden sich in verhältnis mäßig geringer Zahl.

Doch auch Glockengießer bzw. Glockengieße reien des 20. Jahrhunderts wurden nur selten Gegenstand der Forschung. Erwähnt seien die Monographien zur Glocken gießerei Schilling/Ulrich in Apolda und Friedrich Wilhelm Schilling als einem der bedeutendsten Glockengießer der Nachkriegszeit, denen noch die jüngst erschienene Publikation über die Bri loner Glockengießer Humpert und Junker bei zufügen ist.45 Desiderat indes ist bis heute ein umfassendes Porträt der Abteilung „Glockengie ßerei“ beim Bochumer Verein für Gußstahlfabri kation, die unerachtet immer wieder aufkommender „Kämpfe“ zwischen den Lagern „Bronzeglocken – Stahlglocken“ dringend zu wünschen ist, nachdem die Publikation des von Gertrud Fehn aus dem Nachlass ihres Mannes Theo Fehn zusammengestellten Quellenmate rials bereits eine enorm wichtige Vorarbeit ge leistet hat.46

44 Cl. Peter: Kunsthistoriker, Glockensachverstän diger des Landeskonservators NW sowie der Ev. Kirche von Westfalen und Lippe.

44 Margarethe Schilling: Kunst, Erz und Klang –Die Werke der Glockengießerfamilie Ulrich/Schil ling, Berlin 1992; Dieter Schmidt: Friedrich Wil

Nun ist mit der Monographie von Gerhard Rein hold über die Glockengießer Otto in Hemelin gen mit Filialen in Breslau (heute: Wrocław) und Saarlouis ein Glockengießerporträt besonderer Art erschienen. Im Gegensatz zu allen vergleich baren vorangegangenen Publikationen enthält es eine tabellarische Auflistung der Kerndaten aller seit Gründung des Betriebs bis zu seiner Schließung gegossenen Glocken einschließlich der aus den Zweigstellen in Breslau und Saar louis hervorgegangenen - über 8600 Stück. Es ist kaum zu ermessen, welch enorme Quellenre cherche allein dieser Teil der Monographie er forderte. Allein das verleiht dieser Arbeit ein Alleinstellungsmerkmal.

In mehreren Kapiteln behandelt der Verfasser die Familien- und Firmengeschichte, stellt de tailliert die Entwicklung der Rippenkonstruktion der Otto-Glocken dar, untermauert durch eine vergleichende Zusammenstellung zahlreicher Klanganalysen, geht auf die äußere Gestaltung der Glocken ein und stellt den Inhalt der In schriften in Bezug zur liturgischen Funktion der Glocken dar. Besonders hervorzuheben ist ein umfangreicher Abschnitt mit exemplarischen Darstellungen der Glockengeschichte bedeuten der Kirchen, die Glocken der Fa. Otto erhalten haben. Sie belegen anschaulich, dass Glocken nicht einfach „vom Himmel gefallen“ sind, son dern untrennbar mit der Geschichte einer Kir che, der Gemeinde und des ganzen Orts verbunden sind. Kurzum: Kein Bereich der Glo ckenkunde bleibt unberücksichtigt.

Alle Abschnitte der Monographie sind begleitet von zahlreichen, durchweg hervorragend repro duzierten Abbildungen, teils neu gefertigt, teils als Reproduktion zahlreicher historischer Vor lagen, nicht mehr vorhandener Glocken. Das ist insofern bemerkenswert, als der Glockengestal tung seit dem 19. Jahrhundert bis zum Beginn des 2. Weltkriegs bisher noch keine fundierte kunsthistorische Bearbeitung zuteilwurde und hier zumindest für die Glocken der Gießerei Otto reichhaltiges Quellenmaterial verfügbar ist.

Vor diesem Hintergrund war es nur konsequent, dass die Radboud Universität Nijmegen (Faculty of Philosophy, Theology and Religious Studies) dieses umfassende Kompendium der Glocken kunde im Jahre 2019 als Dissertation angenom men hat.

helm Schilling, Leben und Werk, Nürnberg 1992. Winfried Humpert u. a.: Glocken aus Brilon (Ge schichte aus Brilon Bd. 7), Brilon 2019.

46 Theo Fehn: Die Bochumer Gußstahlglocken und Theo Fehn (Der Glockenexperte Bd. III), Karlsruhe 1997.

Nur wenige Glockengießer in der jahrhun dertealten Kunst des Glockengusses haben so viele Glocken gegossen wie die Glockengießer Otto aus Hemelingen/Bremen und nur wenige Städte in unserem Land haben auch heute noch so viele OTTO-Glocken wie die Ruhr gebietskapitale Essen. Wer die Glockengießer Otto waren, darüber gab es bisher nur verein zelte und verstreute Informationen; eine um fassende Familien- und Firmengeschichte war bis vor kurzem noch ein Desiderat. Selbst ein so renommierter und versierter Glocken experte wie der Niederländer André Lehr, der auf seiner Webseite über 400 Glockengießer vorgestellt hat, konnte über Otto nicht mehr als zwei/drei Sätze schreiben. (http://www.bei aarden.nl/index.php/lijst-van-klokkengieters/o) Nun aber liegt erstmals eine solche Arbeit vor, mit der der Autor, Gerhard Reinhold, im Som mer 2019 an der Radboud Universiteit Nijme gen zum Doktor der Religionswissenschaften promovierte.

Wer das mit 4,8 Kilogramm sehr gewichtige und reich bebilderte Werk in die Hand nimmt, findet schon nach den sehr ansprechenden Umschlag- und Titelseiten die Liste der Spon soren u. a. die katholischen (Erz-)Bistümer Hil desheim, Köln, Mainz und Paderborn sowie die Bremische Evangelische Kirche und den Minis terpräsidenten des Saarlandes, womit auch Re gionen genannt werden, in denen OTTOGlocken insbesondere zu finden sind. Schon im Vorwort wird angekündigt, dass die 100 Jahre nach dem Tod des katholischen Priesters und Glockengießers Carl Otto (†1917) abgeschlossenen umfangreichen Forschungen, die in diesem außerordentlichen und gewich tigen Werk zusammengetragen wurden, „um den Schatz an OTTO-Glocken in den Kirchen unseres Landes“ erstmals zu dokumentieren. Dieses Anliegen des Buches wird auf der Um schlag-Rückseite in einem guten Resümee zu sammengefasst.

Die Glockengießer Otto stellten von 1874 bis in die siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts an die 9.000 Glocken her. Sie hatten Gieße reien in Hemelingen/Bremen, Breslau und Saarlouis und gehörten zu den großen deut schen Bronzeglockengießern des 19. und 20.

47 R. Hass: katholischer Theologe und Kirchenhis toriker. Rezension aus: Essener Beiträge zur Ge schichte von Stadt und Stift Essen, 133. Band 2020, S. 587–589.

S UPPLEMENT 33

Jahrhunderts und ihre Familien- und Firmen geschichte wird hier erstmals vorgestellt.

Sehr anschaulich, reich bebildert und fundiert sowie mit rot-weißen Jahreszahlen ausgestat tet führt der Bearbeiter zunächst in die Fami lien- und Firmengeschichte der Glockengießer-Dynastie Otto bis zur Betriebsschlie ßung 1971 ein (S. 12-123), wozu auch beson dere Kapitel bzw. Exkurse gehören wie „Kirchenglocken ohne Kirchen“ (Weetzen, 2009, vormals St. Jakobus) oder „Carl Otto und ‘seine‘ Kaiserglocke für den Kölner Dom“ (S. 112-115). Am Anfang aber steht die Frage: Von wem erlernte der katholische Priester Carl Otto die Kunst des Glockengießens? Wie stieg die Firma zu einer anerkannten „Reformgieße rei“ auf, deren glockentheoretisches und glockentechnisches Knowhow sich in Deutsch land weiterverbreitete?

Das zweite Hauptkapitel (S. 124-147) führt ebenso reich bebildert durch 90 Jahre komple xer Geschichte der Herstellung von Otto-Glo cken. Die Firmen- und Produktionsgeschichte dieser „leistungsstarken Gießerei“ wird dann anschließend durch 14 Exkurse bereichert, die mit der „Schiller- Glocke von Schaffhausen“ (S. 148-150) beginnen und auch nicht ver schweigen, dass „77% aller gegossenen OTTOGlocken im Ersten und Zweiten Weltkrieg vernichtet wurden“. (S. 156 f.).

Die Werkverzeichnisse (S. 498-570) weisen unter Angabe der Quellen über 8.600 OTTOGlocken aus der Zeit von 1874 bis 1973 nach. Die fast hundertjährige Glockenproduktion der Ottos wird durch Tabellen und Grafiken ver anschaulicht. (S. 170-173) Mit der Auswertung von Hunderten von OTTO-Glocken wird der äu ßeren Gestaltung der OTTO-Glocken, ihren In schriften und Verzierungen (S. 158 - 162), aber auch den klanglichen Charakteristika der OTTOGlocken auf den Grund gegangen (S. 428439). OTTO-Glocken zeichnen sich aufgrund der von Carl Otto entwickelten „OTTO- Rippe“ durch eine außergewöhnliche Klangfarbe aus. Davon war auch der Glockengießer Albert Jun ker überzeugt, weshalb er die „Otto’sche schwere Rippe“ für die Lehrbriefe 20 und 21 seiner Glockengießerschule verwendet, die hier erstmals abgebildet werden. (S. 164-169) Der Klang der OTTO-Glocken fasziniert noch heute die Menschen. Und so heißt es über OTTO-Glocken sicher zu recht: „Es sind die schönsten Glockentöne im ganzen Ort.“

Ein großes Kapitel des Werkes stellt unter der Überschrift „Habent sua fata campanae“ (S. 174-391) über sechzig „ausgewählte Ge

48 Th. Gergen: Philologe (u.a. in Geschichte) und Rechtswissenschaflter (u.a. in Kirchengeschichte).

Rezension für: Geschichte der Saargegend Bd. 69 (2021), herausgegeben vom Historischen Verein für die Saargegend.

läute“ aus den Jahren 1876 bis 1961 vor von den Nordsee-Inseln bis München, von Aachen bis Görlitz und sogar Jerusalem. Sie geben einen Eindruck von der Geschichte und geo grafischen Verbreitung der Otto-Glocken und lassen erkennen, dass die Geschichte der Glo ckengießer Otto Teil der deutschen Glocken geschichte ist, eingebettet in die Geschichte Deutschlands von der Kaiserzeit bis in die sieb ziger Jahre des 20. Jahrhunderts.

Glocken tragen Inschriften, nach Bischof Al bert Houssiau aus Lüttich sind sie deshalb „Be laden mit Gottes Botschaft“. In dem Buch werden über 300 Glockeninschriften von OTTO-Glocken wiedergegeben, in dem Kapitel über Inschriften auf OTTO-Glocken auf den Seiten 392 bis 425 rund einhundert davon und in sechzehn theologisch-thematischen Schwerpunkten gut analysiert und kommen tiert.

Die folgenden Kapitel behandeln OTTO-Glo cken aus musikwissenschaftlicher Perspektive, denn, „eine Glocke muss vor allem klingen“. (S. 426-439) Die Untersuchung der Klangcha rakteristika von OTTO-Glocken fußt auf den Tabellen der Klanganalysen von 1883-1971 (S. 440-451); „Anerkennungsschreiben“ und „Gutachten von Glockensachverständigen“ zu OTTO-Glocken bringen praktische Beispiele aus fast einhundert Jahren. (S. 452-471). Erfreulich ist, dass diese breite Studie im Kapi tel „Dokumentation“ bisher weitgehend unbe kannte Fachartikel - insbesondere von Carl Otto - präsentiert, von dem am weitesten zu rückreichenden Artikel „Die ältesten Glocken des Eichsfeldes“ aus dem Jahr 1867 bis zu einer Auseinandersetzung zwischen Franz Otto und Heinrich Böckeler, Kirchenmusikdirektor am St.-Gregorius-Haus in Aachen, im Jahr 1888. (S. 472-493)

Nach den Werkverzeichnissen von Hemelingen (mit Breslau) und Saarlouis (S. 496-570) folgen noch die formalen Elemente eines bedeut samen und großartigen Werkes: Quellen- und Literaturverzeichnis, ein Namen-Register sowie die Portraits des Autors und des Desig ners (S. 572-588).

Neben dem Namensregister hätte man sich ein Ortsregister gewünscht, welches aber mit über 2000 Ortsnennungen, mit der Änderung von Schreibweisen sowie Kommunalreformen sehr umfänglich ausgefallen wäre. Das Anlie gen des Autors war es denn auch, mit der Werkverzeichnissen nachzuweisen, welche Glocken in den jeweiligen Betriebsjahren der Otto’schen Gießereien gegossen wurden.

49 Zur Vorgeschichte und Bedeutung der Glocken siehe: Thomas Gergen, Die schwerste Glocke des Saarlandes: Die Michaels-Glocke in Roden und das dortige "Griesbachersche Idealsextett", in: Unsere Heimat (Mitteilungsblatt des Landkreises Saarlouis

Ohne Anspruch an Vollständigkeit sollen ab schließend und exemplarisch auch noch die er haltenen, gefundenen und beschriebenen Glockenorte in Essen aufgeführt und eigens genannt werden. Neben den Glocken St. Mariä Geburt, Essen-Dilldorf (S. 212 f.) und St. Lud gerus, Essen-Werden (S. 282 f.), die schon von Franz Feldens in dem Satz „Die alten Glocken der Stadt Essen“ in „Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen, 1940, 59. Heft, ge nannt werden, sind dies u.a.:

Marien-Glocke/Essen-Kray (S. 248 f.); vier Glo cken im heutigen (evangelisch-freikirchlichen) „Leuchtturm“ (bis 2008 Mariä Geburt-Kirche, Essen Frohnhausen, S. 278 f.); fünf Glocken/Essen-St. Engelbert: „Führer“-Glocke in der „Gottesburg“ (S. 420-422); drei Glo cken/St. Elisabeth/Essen-Frohnhausen, 1884 + 1891 (ältestes erhaltenes Otto-Geläut in der Stadt Essen, im Bistum Essen und deutschland weit. (S. 186 f.)

Damit hat Dr. Gerhard Reinhold aus EssenÜberruhr nicht nur eine fundierte und umfas sende Familien- und Firmengeschichte der bedeutsamen „Glockengießerdynastie Otto“ sowie der vormals christlichen Kultur in Deutschland und auch im Ruhrgebiet erarbei tet und vorgelegt, sondern auch eine bedeut same, exemplarische und hervorragende religionswissenschaftliche Studie, die in keiner wissenschaftlichen Bibliothek des 21. Jahrhun derts fehlen darf.

für Kultur und Landschaft) Jg. 37, Heft 1 (2012), S. 35-38; abgedruckt ist bei Reinhold das ein drucksvolle Foto vom Vorabend der Glockenweihe. Das Foto stammt aus dem Archiv von Karl Hans, Saarlouis-Steinrausch. Karl Hans hielt die

O TTO -G LOCKEN 34

Das „Glocken schwere“ Großwerk zur Firmenund Dynastiegeschichte von Otto-Glocken ist auf den ersten Blick für den Leser ohne SaarBezug, lag doch der Hauptsitz in Hemelingen bei Bremen. Doch verrät schon das Inhaltsver zeichnis, dass der Autor einen bedeutenden Textanteil der Produktionsstätte der Otto-Nie derlassung in Saarlouis-Fraulautern gewidmet hat.

Der Titel der zuerst als Dissertation an der Rad boud Universiteit Nijmegen im Jahre 2019 er schienenen Studie namens „Kirchenglocken –christliches Weltkulturerbe, dargestellt am Bei spiel der Glockengießer Otto, Hemelingen/Bre men“ bildet die sehr lang erwartete Familienund Unternehmensgeschichte ab, die sich neben Hemelingen und Saarlouis obendrein mit der Niederlassung in Schlesien befasst. Ins gesamt 8600 Glocken wurden von 1874 bis in die 1970er Jahre gegossen; zahlreiche Glocken an der Saar von der Gründung im Jahre 1952 bis 1961.

In seinem mit 640 Bildern versehenen Buch beschreibt Gerhard Reinhold den "Otto-spezifi schen" Glockenguss, unterscheidet zwischen Glockenstühlen aus Holz und aus Stahl und bietet eine lesenswerte Charakterisierung von Otto-Glocken auf der Grundlage von mehr als 500 Klanganalysen. Ferner beschreibt und kommentiert er anschaulich über 300 Inschrif ten, um den Beitrag von Glockengeläut zur Ge schichte der Kirchen und nicht zuletzt der Religion aufzuzeigen. Von wem hatte der ka tholische Priester Carl Otto die Gießerkunst er worben, lautet etwa eine Anfangsfrage, neben zahllosen anderen, die der interessierte Leser stellen und worauf er in Reinholds gründlich erforschtem Werk Antworten finden kann. An saarländischen Glocken ragen die Engels glocken von St. Michael in Saarbrücken-St. Jo hann oder die Glocken für den Schutzpatron

Geschichte der Rodener Glocken ausgehend vom Guss bei der Firma Otto in Fraulautern bis zum Tag der Glockenweihe als Doppel8-Film (8mm Schmal film) fest. Damit schuf er das hierzu wichtigste zeitgenössische Dokument. Der Film dauert etwas

der Pfarrkirche und Hüttenstadt Völklingen he raus, wozu sich die St. Ingberter Glocken ge sellen, die alle aufeinander abgestimmt wurden. Überdies sind zu erwähnen die Glo cken der Kirchen St. Ludwig in Saarlouis, Drei faltigkeit in Fraulautern und die von Mariä Himmelfahrt in Roden mit dem schwersten Geläut des Saarlandes und der schwersten Glo cke St. Michael; dort war der 28. März 1954 Tag der Glockenweihe.49

Die Glocken des Benediktinerklosters St. Mau ritius zu Tholey entstammen ebenfalls der Gie ßerei Otto in Saarlouis, nicht aber diejenigen des Redemptoristenklosters Bous. Die Edition der Chronik des Redemptoristenklosters hat gezeigt, dass das Kloster sein Vollgeläut erst 1960 bestellen und am 2. Oktober 1960 ein weihen konnte, also zu einer Zeit, als der Be trieb in Saarlouis schon dem Ende entgegenging; die Bouser Patres bestellten aufgrund guter Kontakte schließlich bei Mabi lon in Saarburg.50

Der hohe Marktanteil von Otto-Glocken im Saarland hatte mit der Präsenz der Glocken gießerei Otto vor Ort zu tun. Otto war aber auch schon vor dem II. Weltkrieg im Saarland bekannt. Die ersten Otto-Geläute wurden 1910 nach Püttlingen und Saarbrücken gelie fert. In der Zwischenkriegszeit seit 1918, als die nach der Glockenabnahme von 1917 ver waisten Türme wieder mit neuen Glocken ver sehen wurden und der Landkreis Saarlouis unter Völkerbundmandat stand und zum fran zösischen Wirtschaftsgebiet gehörte, wurden (zwar) auch französische Gießereien wie Cau sard in Colmar und Paccard in Annecy berück sichtigt, die meisten Glocken aber wurden damals schon von Mabilon, Otto, Petit & Gebr. Edelbrock sowie von Schilling geliefert.

Am 31.12.1960 musste die Saarlouiser Glo ckengießerei infolge eines Todesfalles inner halb der Firma die Produktion in Saarlouis kurzfristig einstellen. Gemeint ist der Tod von Karl (III) Otto am 21. Juli 1960. Den Geschäfts anteil übernahm sein Sohn Dieter, der später auch den Anteil von Alois Riewer übernahm. Als sein Vater Karl (III) starb, war Dieter Otto 25 Jahre alt. Er übernahm in diesem Alter so wohl die Verantwortung für die Glockengieße rei in Hemelingen wie auch in Saarlouis. Im Alter von 18 Jahren war er mit Johannes und Friedrich Otto nach Saarlouis gekommen, wo er in der neuen Gießerei seine Lehre und seine Ausbildung zum Glockengießermeister machte. Nur acht Jahre hat die Saarlouiser Glockengießerei aktiv gearbeitet und in dieser Zeit 535 Glocken mit einem Gesamtgewicht

über eine halbe Stunde. Die Glockenstühle wurden im Übrigen gefertigt von der Firma Konstroffer & Sohn (Peter und Werner) in Roden. Das Gesamt gewicht der Michaelsglocke wird von Reinhold mit 4840 kg angegeben.

von knapp 400 Tonnen gegossen.

Bei der auf dem Gelände der kriegszerstörten Gasanstalt errichteten Otto-Filiale in Saarlouis gibt es indes Anlass zur Klarstellung beim Thema der eigenen Rechtspersönlichkeit der „Saarlouiser Glockengießerei G.m.b.H.“ Zu jener Zeit galt im „Saarstaat“ zwar deutsches Recht mit französischem Sonderrecht hinsichtlich der Wirtschafts- und Währungsunion; doch bestand eine saarländische Besonderheit der gestalt, dass die Mehrheit der Kapitalträger in saarländischer Hand sein musste, was die he rausragende Erwähnung des Unternehmers Riewer aus Völklingen erklärt.

Die Behauptung, Friedrich Otto habe Saarlouis nicht (zumindest mit-)gegründet, ist in dieser schroffen Form zurückzuweisen. Zwar er scheint er im Handelsregister (HRS Saarlouis 103) nicht explizit als Gesellschafter/Mitgesell schafter, jedoch als Geschäftsführer und Glo ckengießer. Das Handelsregister, das nach § 15 Handelsgesetzbuch damals wie heute öffent lichen Glauben genießt und dessen Eintrag bis zum erschütternden Beweis als wahr gilt, weist Friedrich Otto somit als dritten Eingetra genen aus (positive Publizität). Zudem sind bei einer GmbH die Geschäftsführer zumeist auch Gesellschafter nach Gesellschafterliste (§§ 6, 40 GmbHG); daher kann er gesellschaftsrecht lich von Anfang an als zumindest einer der Mitbegründer der Zweiggießerei Saarlouis ein gestuft werden.

Die Saarlouiser Glockengießerei G.m.b.H. wurde mit Datum vom 15. Mai 1961 in die Firma F. Otto KG in Bremen-Hemelingen über führt. Aus heutiger Sicht ist nach Ansicht Rein holds diese radikale Entscheidung falsch gewesen. Wenn auch der Weiterbetrieb der Gießerei an der Saar auf Dauer wenig sinnvoll gewesen wäre – wegen der Tatsache, dass na hezu alle Kirchen des Saarlandes mit Glocken ausgestattet waren und wegen der Nähe zur Glockengießerei Mabilon in Saarburg –, so wäre es sicher gut gewesen, einen Wartungs betrieb zur Pflege und Reparatur der vielen Otto-Geläute an der Saar aufrechtzuerhalten; hier kann man Gerhard Reinhold sicherlich zu stimmen und ihm uneingeschränkt für die sorgfältige Herausarbeitung der Tätigkeit der Glockengießerei Otto an der Saar sowie im All gemeinen danken.

Denn das Buch bringt die Landesgeschichte gerade im Bereich Wirtschafts- und Kirchen geschichte merklich weiter und gehört gerade wegen der exakten Beleuchtung der Zweignie derlassung Saarlouis in die saarländische Lan desbibliothek.

50 Thomas Gergen, Europa-Kloster Bous (19492009), in: Ders. (Hg.), 60 Jahre Redemptoristenklöster Bous und Püttlingen, St. Ingbert 2020, S. 302-312.

S UPPLEMENT 35

OTTO GLOCKEN

Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerdynastie Otto artkonzeptkörner

nter den vielen Glockengießern gibt es nur wenige, die sowohl durch den Klang ihrer Glocken sowie aufgrund der Anzahl der von ihnen gegossenen Glocken herausragen.

Hierzu gehören die Glockengießer Otto, die von 1874 bis in die siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts an die 9.000 Glocken produziert haben. Sie hatten Gießereien in Hemelingen/Bremen, Breslau und Saarlouis und gehörten zu den großen deut schen Bronzeglockengießern des 19. und 20. Jahrhunderts.

Reich bebildert wird hier erstmals die Familien- und Firmengeschichte der Glockengießer Otto zusammengetragen.

Am Anfang aber steht die Frage: Von wem erlernte der katholische Priester Carl Otto die Kunst des Glockengießens? Wie stieg die Firma zu einer anerkannten „Re formgießerei“ auf, deren glockentheoretisches und glockentechnisches Knowhow sich in Deutschland weiterverbreitete?

Über 8.600 OTTO-Glocken aus der Zeit von 1874 bis 1973 weisen die Werkverzeichnisse dieses Buches nach. Die fast hundertjährige Glockenproduktion der Ottos wird durch viele Grafiken veranschaulicht.

Mit der Auswertung von Hunderten von OTTO-Glocken wird der äußeren Gestaltung der OTTO-Glocken, ihren Inschriften und Verzierungen, aber auch den klanglichen Charakteristika der OTTO-Glocken auf den Grund gegangen.

Glocken sind „beladen mit Gottes Botschaft“. Deshalb werden über 300 Glockeninschriften von OTTO-Glocken wiedergegeben, viele davon kommentiert. Sechzig OTTO-Geläute werden vorgestellt. Sie geben einen Eindruck von der Geschichte und geografischen Verbreitung der Otto-Glocken. Die Geschichte der Glockengießer Otto ist Teil der deutschen Glockengeschichte. Sie ist eingebettet in die Geschichte Deutschlands von der Kaiserzeit bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts. OTTO-Glocken zeichnen sich aufgrund der von Carl Otto entwickelten „OTTO-Rippe“ durch eine außergewöhnliche Klangfarbe aus.

Der Klang der OTTO-Glocken fasziniert noch heute die Menschen. Und so heißt es über OTTO-Glocken sicher zu recht:

„Es sind die schönsten Glockentöne im ganzen Ort.“ ISBN

978-3-00-063109-2

Quellen- und Literaturverzeichnis Ergänzungen

Balz, Klaus Voll 100. Die Geschichte St. Michaels in Bremen-Grohn. Hrsg. Kirchengemeinde St. Michael, Bremen-Grohn 2008

Gergen, Thomas Die schwerste Glocke des Saarlandes: Die Michaels-Glocke in Roden und das dortige „Griesbachersche Idealsextett“, in: Unsere Heimat. Mitteilungsblatt des Landkreises Saarlouis für Kultur und Landschaft, 37. Jg., Heft 1/2012, S. 35–38

Griesbacher, Peter Glockenmusik, in: Monatshefte für katholische Kirchenmusik, 1927, Heft 9, S. 258–279.

Griesbacher, Peter Glockenstimmen, Regensburg, 1932

Hach, Theodor Lübecker Glockenkunde, Bd. 2 der Veröffentlichungen zur Geschichte der Freien und Hansestadt Lübeck, Hrsg. v. Staatsarchiv zu Lübeck, Lübeck 1913

Hans, Karl Doppel8-Film (8mm Schmalfilm) mit Aufnahmen vom Guss der Glocken für St. Ludwig (Saarlouis) und Maria Himmelfahrt (Saarlouis-Roden) bei der Saarlouiser Glockengießerei in Fraulautern wie der Glockenweihe in Roden, SaarlouisSteinrausch 1953/54

Hoevels, Dieter Fast dreißig Jahre hinter Gittern, in: Festschrift zum 100jährigen Jubiläum von Hl. Dreikönige Neuss, S. 28 ff. Kratzsch, Friedrich Aus der Geschichte der Kirchenglocken im Stadtgebiet Twistringen, Twistringen 2017

Kretschmer, A. Joh. E. Glocken, deren Maß, Gewicht und Ton nebst Schwingungszahl. Bremen, handschriftliche Aufzeichnungen, o. J. (um 1926)

Lange, Joseph Aus der Geschichte der Pfarrgemeinde Hl. Dreikönige, in: Ketzer, K.-H. (Hrsg.): Heilige Dreikönige Neuss, 2. A., Wiesbaden 1969

Langer, Martin Die katholische Pfarrkirche St. Marien Staßfurt, Regensburg 2020, Seiten 80–85: Die Glocken Linßen, Gottfried Chronik der Pfarrgemeinde Heilige Dreikönige, Kirchengeschichte vor Ort, in: Festschrift zum 100jährigen Jubiläum, Neuss 2011, S. 7–17.

Konrad, Noll Die Somborner Glocken und die Glöckner im Wandel der letzten 150 Jahre, in: 800 Jahre Pfarrei, 1984, S. 140+141 OttoBuer Neue Glocken für Herz Jesu, in: Turm und Uhr, Neustadt/Holstein, Nr. 30/2012

Reinhold, Gerhard OTTO-Glocken für die Kirchen und Kapellen in der Stadt Essen, in: Essener Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen, 133. Band, Essen 2020, S. 143–196

Reinhold, Gerhard Die Glocken der Basilika St. Ludgerus: „... vital und mit sattem Volumen“. Zur neueren Glockengeschichte der ehemaligen Abteikirche, in: Geschichten aus der Werdener Geschichte, Hrsg. Geschichts- und Kulturverein Essen-Werden, 19. Band, Essen-Werden 2021, S. 38–59

Schmahl, Heinrich Die Umarbeitung und Herstellung des Glockenspiels auf St. Petri Thurm in Hamburg, 1887 Schmidt, Dieter Friedrich Wilhelm Schilling. Leben und Werk, Nürnberg 1992 (OTTO-Glocken auf den Seiten 231, 248, 283, 284, 286, 287)

Trageser, Martin Die Glocken von St. Anna Somborn im Wandel der Zeit, in: Freigerichter Heimatblätter, Dezember 2007, S. 4–9 Wickert, Heinz Katholische Kirchengemeinde St. Martin Muffendorf, herausgegeben von der Gemeinde selbst, 1988

Will, Christian Estenfeld - Das Dorf im Kürnachtal und sein Ortsteil Mühlhausen. Hrsg.: Gemeinde Estenfeld im Eigenverlag 1982, Seiten 219–224: Von den Glocken der katholischen Kirchen in Estenfeld und Mühlhausen.

Wokurka, Susanne Die geheimnisvolle Glocke, in: Oberneuland Magazin, Bremen, Juni 2021

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