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Schmuck – Mode – Design

Interview mit der Kuratorin Helen Britton

Schmuck 2021

Die Australierin Helen Britton gehört zur Weltspitze im Bereich des Autorenschmucks. Als exzellente Kennerin der weltweiten Schmuckszene kuratierte sie unter den 670 Einreichungen zur SCHMUCK 2021 jene Werke, die vom 10. bis 14. März 2021 auf der «Handwerk & Design» im Rahmen der Internationalen Handwerksmesse in München zu sehen sind. Nina Gassauer sprach mit der Kuratorin.

ARTMAPP: Autorenschmuck ist eine direkte, individuellkünstlerische Ausdrucksform: Das Kunstwerk wird am Körper getragen und tritt in Dialog mit Träger und Betrachter. Welche Erwartungen haben Sie an den Träger Ihrer Objekte?

Helen Britton: Menschen behandeln ihren Schmuck manchmal mit großer Respektlosigkeit. Mir gefällt, dass man dieses kleine Ding genau deshalb mit sich trägt, da es einem wichtig ist. Dabei empfinde ich das Tragen des Schmuckstückes als eine Art Ritual. Es spricht seinen Träger an und ist vielleicht sogar ein bisschen zerbrechlich. Deshalb hoffe ich, dass ich die Menschen für die Geschichten hinter meiner Arbeit begeistern kann, sie die Geschichte begreifen lasse, die ich erzählen möchte. Durch meine Kunst bin ich Geschichtenerzählerin. Das Leben von Materialien, ihre Textur, wie sie auf uns wirken und uns vielleicht verändern, interessiert mich dabei sehr. Deshalb wünsche ich mir, dass der Einzelne, der ein Stück meiner Arbeit in sein Selbstbild integrieren möchte, auch an dessen Geschichten und Materialien interessiert ist.

ARTMAPP: Für 2021 wurden Sie zur Kuratorin der Sonderschau SCHMUCK ernannt. Ehrt Sie das?

HB: Es ist eine unglaubliche Ehre und ich war tief berührt, als ich gefragt wurde. Aber ich wusste auch, dass ich das Gefühl nicht leiden können würde, ein öffentliches Urteil fällen zu müssen, indem ich aus fast 700 Werken 60 Werke auswähle. Andererseits war ich sehr neugierig zu sehen, was die Leute einsenden und darauf, in der Lage zu sein, die Dinge auszuwählen, die mir nahegehen und anhand derer ich die Vielfalt unserer interessanten Nische abbilden kann.

Helen Britton, „Schlüsselbund“, Silber, recycelte Steine, Foto: Dirk Eisel, © CODA Museum

Helen Britton, Foto: Dirk Eisel, Styling: Corrina Brix

ARTMAPP: Die Einsendungen dürften 2020/21 eine Klasse für sich sein, bedenkt man, in welchem gesellschaftlichen Ausnahmezustand der Open Call für die SCHMUCK 2021 erfolgte. Wie ist Ihr Eindruck hinsichtlich Trends und Strömungen in diesem Ausnahmejahr?

HB: Einige Stücke spiegeln sicher die aktuelle Situation wider. Aber so offenkundig ist es nicht. Die Themen haben sich in den letzten Jahren entwickelt und sich in den Arbeiten einiger Künstler nun weiter zugespitzt. Aber es gibt zahlreiche Werke, die völlig frei von jeglichen Rückschlüssen auf die aktuelle Lage sind. Das halte ich für sehr gesund und es ist wunderbar, der Gesellschaft, aber auch unseren Kollegen und Freunden andere Perspektiven anzubieten, die nicht mit der starken Verzweiflung belastet sind, die viele von uns im Moment empfinden. ARTMAPP: Welche Überlegungen haben Sie bei der Auswahl für die SCHMUCK 2021 geleitet?

HB: Mich interessieren Arbeiten, die sich im Laufe der Zeit entwickeln, die eine authentische Stimme haben, die ein überlegter Beitrag zu unserer Szene sind und die eine einzigartige, unverwechselbare Handschrift auszeichnet. Die Welt des Autorenschmucks ist in den letzten 20 Jahren explodiert. Die Kehrseite davon ist eine Art Stilisierung, die mit sich bringt, dass bestimmte Formen nun en vogue sind und von aufstrebenden Künstlern wiederholt werden. Für diese Art von Arbeit bin ich sehr sensibel. Teil meines Auswahlprozesses war es, mir durchweg darüber bewusst zu sein, wie viel Wiederholung in zeitgenössischem Schmuck vorkommt und wie schwierig es ist, eine authentische und klare Stimme zu entwickeln und zu erhalten – sodass man wirklich das Gefühl hat, dass ein Künstler keine andere Wahl hatte, als das Werk so zu gestalten. Bestimmte Werke stechen einfach hervor. Durch Schönheit oder durch Irritation. Und dabei spreche ich nicht von klassischer Schönheit. Es ist mehr der Moment, in dem all jene Dinge zusammenkommen, die das Stück perfekt machen.

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