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Berlin Berliner Erinnerungskultur
BERLINER ERINNERUNGSKULTUR
Wie muss Erinnerungskultur gestaltet sein, um Menschen nachhaltig zu erreichen? Was leisten öffentliche Einrichtungen und private Initiativen und welchen Beitrag leistet Yadegar Asisis Panorama DIE MAUER?
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In der Nacht vom 9. zum 10. November 1989 war die Stadt Berlin der Mittelpunkt der Welt. Wer in dieser Nacht an den Berliner Grenzübergängen dabei war, wird die grenzenlose Glückseligkeit, die riesige Wiedersehensfreude und die Vereinigung der Menschen aus beiden Teilen Berlins nie vergessen. Die anfängliche Ungläubigkeit, die Grenzübergänge ohne Kontrollen und ohne sonstige bürokratische Hindernisse überqueren zu können, wurde durch die Realität entkräftet.
Was dann folgte, war ein natürlicher menschlicher Impuls – der Mauerabbau. Die Mauer, die weltweit zum Symbol der Unfreiheit und der Verletzung der Menschenrechte geworden war, sollte schnellstmöglich aus dem Stadtbild verschwinden. Da die
Mauer über Nacht zu einem begehrten Kaufobjekt wurde, konnte sie in den Neunzigerjahren Stück für Stück gewinnbringend aus dem Stadtbild entfernt werden. Kritischen Stimmen, wie der von Willy Brandt, der dafür plädierte ein kleines Stück der Mauer zu bewahren, wurde nur bedingt Bedeutung beigemessen.
Doch was in Berlin erinnert heute noch an die deutsche Teilung vor über 33 Jahren? Verschiedene öffentliche Einrichtungen haben sich das Gedenken zum Auftrag gemacht. Die Gedenkstätte Berliner Mauer beispielsweise bewahrt Reste der Grenzanlagen, dokumentiert und vermittelt die Geschichte der Teilung Berlins und gedenkt den Opfern. Die East Side Gallery stellt als lebendiges Mahnmal ein Symbol der Freude und Hoffnung über eine überwundene Mauer dar.
Neben dem „öffentlichen Erinnern“ leisten private Initiativen, Projekte und Künstler wichtige Erinnerungsarbeit. Dazu zählt auch Yadegar Asisis Projekt DIE MAUER: Das 60 Meter lange und 15 Meter hohe Panorama am Checkpoint Charlie ist sein wohl bislang persönlichstes Kunstwerk. Asisi verarbeitet seine Erfahrungen als Zeitzeuge des Lebens an der Kreuzberger Mauer der 1980er-Jahre sowie seine Kindheit und Jugend in der DDR. Er gibt einen Einblick in den Alltag an und mit der Mauer, außerhalb der tragischen Ereignisse. Eine Fotoausstellung führt ergänzend mit ca. 80 Privatfotos aus der Berliner Bevölkerung in die Zeit des Mauerbaus, der Teilung und des Mauerfalls ein.
Das Mauer-Panorama mit der begleitenden Zeitzeugen-Ausstellung leistet für die Gedenkkultur einen immens wichtigen Beitrag, indem es uns emotional berührt und hilft, uns an das Kreuzberger Lebensgefühl zur Zeit des Kalten Krieges zu erinnern – ein Umstand, der in Berlin so nirgends anders zu erleben ist. Erinnerungen sollten durch lebendige Erinnerungsorte und Berichte von Zeitzeugen und Zeitzeuginnen aufrecht gehalten und an folgende Generationen weitergegeben werden. Sie dürfen niemals zum Erliegen kommen. Die ständige Auseinandersetzung mit dem Thema und die öffentliche Diskussion bleiben unabdingbar, die Freiheit sollte nicht als Selbstverständlichkeit angesehen werden. Man sollte sich ihrer Kostbarkeit immer wieder aufs Neue bewusst werden, denn sie verdient unser aller Aufmerksamkeit.
