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Dresden Barockes Kuriositäten-Kabinett

BAROCKES KURIOSITÄTEN-KABINETT

Wenige historische Epochen sind in der Gegenwart so mit Klischees aufgeladen wie der Barock. Auch wenn das Panorama DRESDEN IM BAROCK viele dieser Vorurteile entkräftet – einige Klischees enthalten auch einen Funken Wahrheit.

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Kaum ein anderes Panorama enthält auf den ersten Blick so viele wundersame Szenen wie DRESDEN IM BAROCK. Szenen wie die des Hofnarren Fröhlich, der beschwingt auf einem von Schweinen gezogenen Karren durch den Panoramavordergrund reitet, sind jedoch nicht Yadegar Asisis überbordender Fantasie geschuldet, sondern beruhen allesamt auf authentisch-historischen Überlieferungen aus der barocken Gesellschaft. Meist sind die für uns häufig grotesken Szenen wohl der Vergnügungssucht und dem Geltungsbewusstsein des Adels geschuldet, aber auch das gemeine Volk wollte sich unterhalten lassen. Dafür sorgte zum Beispiel Johann Karl von Eckenberg, eine europäische Berühmtheit und früher Kraftsportler, der Kanonen und Pferde mit einer Hand hob oder sich Felsbrocken auf dem Leib zertrümmern ließ, woran er letztlich auch verstarb. Die Vergnügungen des

Dresdner Hochadels waren vielleicht weniger martialisch, aber in heutiger Betrachtung nicht weniger kurios und, wie man wahrscheinlich schon vermutet, in jedem Fall dekadent.

Das Panorama zeigt etwa die Anlieferung der heute weltberühmten „Sixtinischen Madonna“, ein Bild Rafaels, das der exzessive Kunstsammler König August III. von seinen Kunstagenten für die exorbitante Summe von 25.000 Scudi in Norditalien kaufen ließ. Er wurde förmlich getrieben von seinem Wunsch, einen echten Raffael zu besitzen. Für die Erfüllung dieses Wunsches war August bereit, eine Summe zu zahlen, die jeden Rahmen sprengte. In damaliger Kaufkraft gerechnet, konnte man davon mehr als 100 Dienstboten über 20 Jahre lang beschäftigen. Absurd hohe Summen für Kunst auszugeben, scheint uns meist ein Phänomen der Moderne zu sein. Aber schon die Superreichen und Herrscher des 18. Jahrhunderts verschafften sich, in bester barocker Tradition, Geltung durch die Zurschaustellung von Reichtum. Eine weitere Analogie zur alltäglicheren „Protzerei“ der Moderne sind die ebenfalls im Werk präsenten, prunkvollen, goldenen Gefährte des Königshauses: Am Ufer der Elbe sehen wir exemplarisch ein vergoldetes Prunkschiff in der Form einer venezianischen Barke. Das – nach dem Staatsschiff der Dogen in Venedig – „Bucentaurus“ genannte Gefährt war prunkvoll ausgestattet und wurde anlässlich der Hochzeit des kursächsischen Thronfolgers mit der habsburgischen Kaisertochter 1719 auf Kiel gelegt. Dass allein die Vergoldung des Schiffs umgerechnet 240 Jahresgehälter eines normalen Handwerkers kostete, stimmte das Volk angesichts der zu dieser Zeit in Sachsen grassierenden Hungersnot, höchstwahrscheinlich alles andere als fröhlich.

Etwas weniger kostspielig, aber nicht minder auffällig, ist die goldene Kutsche auf der Augustusbrücke. Die Wahl der goldenen Kutsche als augenfälligste Repräsentanz des Königtums im öffentlichen Raum, war damals wie heute in allen Herrscherhäusern weitverbreitet. So finden sich die Prunkgefährte selbst in der Gegenwart noch in einigen europäischen Königshäusern, werden aber meist nur zu feierlichen Anlässen genutzt.

YADEGAR ASISI

PANORAMEN VON 2003 – 2018

Die ultimative Panorama-Werkschau dokumentiert die monumental-immersiven Rauminstallationen von Yadegar Asisi, die in der Zeit zwischen 2003 und 2018 realisiert wurden. Umfangreiche Textbeiträge und ausführliche Bildstrecken zu den Panoramen sowie zu Asisis Vorarbeiten – Zeichnungen, Skizzen, Aquarelle oder Gouachen – geben einen intensiven Einblick in die Entstehung der Panoramen und die künstlerische Intention für das jeweilige Projekt.

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