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Interview: Remo Guthauser CEO Smart

«Smart wird erwachsen»

Mit einem SUV will Smart in der zweiten Jahreshälfte neu durchstarten. aboutFLEET sprach mit dem Schweizer CEO Remo Guthauser über die geplante Transformation der Marke, die neue Dreiecksbeziehung mit MercedesBenz und Geely sowie die Ambitionen im Flottensegment.

Interview: Rafael Künzle

aboutFLEET: Sie wechselten im Juli von der AMAG zur Smart Schweiz GmbH, wo Sie das Amt des CEO innehaben. Was reizt Sie an dieser Herausforderung? Remo Guthauser: Für mich waren drei Hauptgründe entscheidend für den Wechsel: Smart war der erste Hersteller, der 2020 vollständig auf Elektroantrieb umgestellt hat. Dass ich mich bei meiner neuen Aufgabe nur noch auf Elektrofahrzeuge fokussieren kann, war einer der Hauptgründe. Persönlich bin ich bereits vor circa 3 Jahren vollständig auf Elektroautos umgestiegen und könnte mir heute nichts anderes mehr vorstellen.

Dazu kam meine Leidenschaft, etwas Neues aufbauen zu dürfen. Bei smart habe ich die einzigartige Möglichkeit bekommen, ein innovatives und digitales Vertriebsmodell von Tag eins an mit aufzubauen.

Der dritte Grund war das internationale Umfeld. Wir werden in der Schweiz nur ein kleines Team aufbauen und arbeiten sehr stark mit unserem Hauptsitz in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart zusammen. Dort arbeiten Kollegen aus über 20 verschiedenen Nationen. Die Zusammenarbeit mit Menschen, die Erfahrungen aus verschiedenen Märkten mitbringen, ist für mich sehr bereichernd.

Was sind konkret Ihre Aufgaben? Da ich im Moment noch der Einzige bin, sind die Aufgabengebiete sehr breit gefasst. In der ersten Phase konzentriere ich mich auf zwei Themen:

Aufbau eines eigenen Teams für die Schweiz. Wir werden in den nächsten Monaten ca. 5 bis 6 neue Stellen schaffen und damit folgende Bereiche abdecken: digitales Marketing, Produktmanagement, Finanzen, Sales mit Fokus auf Flotten, Logistik und Aftersales.

Das Zweite ist der Aufbau eines Agentennetzes. Wir suchen nach innovativen Investoren im Mercedes-Benz-Händlernetz der Schweiz, welche in Zukunft die physischen Dienstleistungen wie zum Beispiel Beratung, Probefahrt, Aftersales u. v. m. anbieten werden. Somit werden wir direkt beim Marktstart bereits ein breites Netz haben und die gesamte Schweiz abdecken. Gründungsdatum der neuen Smart Schweiz GmbH. Was steckt dahinter? Die Schweiz war Land Nummer 6 in Europa, und unser Rechtsanwalt am Hauptsitz ist sehr geübt mit Firmengründungen und hat alles vorbereitet, damit ich am ersten Tag schon loslegen konnte. So blieb für mich fast nur noch die Unterschrift auf dem Notariat übrig.

Bereits im Dezember 2019 wurde von MercedesBenz und Geely die Smart Automobile Co., Ltd., gegründet. Was verspricht man sich durch die neue Dreiecksbeziehung? Das Smart-JV ist eine Win-win-Situation für beide Unternehmen. Es bietet beste Voraussetzungen und Chancen, das Smart-ProduktPortfolio in den schnell wachsenden globalen Märkten, aber auch in neuen Fahrzeugsegmenten zu erweitern. Beide Partner bringen umfangreiches Know-how in der Fahrzeugentwicklung, talentierte Mitarbeiter, Marktkenntnisse

«smart war schon immer ein Pionier im Bereich der urbanen Mobilität und wird auch weiterhin nach Innovationen in diesem Bereich streben.»

und Kapital ein, um die nächste Generation von Smart-Fahrzeugen zu entwickeln, zu produzieren und weltweit zu vertreiben.

Mit MercedesBenz und Geely sind gleich zwei Autohersteller involviert. Wer ist für was zuständig? Das Design der nächsten Generation sowie die Gestaltung des User-Interface und der User-Experience in Kombination mit modernsten digitalen Funktionen, wie z. B. einem digitalen Schlüssel, stammt aus der Feder des Mercedes-Benz-Design-Network.

Die primäre Forschungs- und Entwicklungsarbeit wird von Smart in China durchgeführt, unterstützt von Geely. Darüber hinaus kann Smart das ansässige Produktions- und Liefernetzwerk der Geely-Gruppe nutzen.

Der an der IAA gezeigte Smart Concept #1 soll Vorreiter einer neuen SmartGeneration werden. Könnten Sie uns etwas zur neuen SmartÄra verraten? Das Smart Concept #1 gibt einen Ausblick auf das kommende vollelektrische Serienfahrzeug, das 2022 seine Weltpremiere feiert. Smart war schon immer ein Pionier im Bereich der urbanen Mobilität und wird auch weiterhin nach Innovationen in diesem Bereich streben. Die neue Ära bedeutet für uns, Smart als einen globalen Anbieter von hochwertigen und vollelektrischen Premium-Kompaktklassen zu etablieren.

Sie durften bereits das Serienmodell besichtigen. Der Concept #1 soll diesem sehr ähnlich sein. Könnten Sie uns Ihre Eindrücke schildern? Wir hatten Gelegenheit, das finale Design des Serienmodells zu sehen. Die Designer haben in meinen Augen tolle Arbeit geleistet. Ich bin überzeugt, das neue Smart-SUV wird ein Designklassiker.

Tatsächlich wird das Serienmodell sehr nahe am Smart Concept #1 sein. Die Türen werden im Serienmodell jedoch nach vorne geöffnet, um auch weiterhin höchste Sicherheitsstandards gewährleisten zu können. Zudem wird es zukünftig eine verstellbare

Rückbank mit Platz für 3 Personen geben, und im Cockpit wird ein zusätzliches Fahrerinformationsdisplay verbaut.

Wann wird der SerienSmart auf den Markt kommen, und gibt es bereits eine Preisvorstellung? Die Weltpremiere ist für das zweite Quartal 2022 anvisiert. Kurz darauf folgt der Vorverkauf. Die Markteinführung in der Schweiz ist auf Anfang zweites Quartal 2023 geplant. Produkt-Portfolio, beginnend mit einem kompakten SUV.

Werden die SmartFahrzeuge künftig grösser oder wird es auch einen neuen Kleinstwagen geben? Smart hat sich weiterentwickelt, und das SUV ist derzeit der beliebteste Karosserietyp und wird in der Beliebtheit noch weiter steigen. Unsere Kunden haben uns nach einem SUV

Das gezeigte SUV ist für SmartVerhältnisse mit einer Länge von rund 4 Metern gigantisch. Gehört die EinAutoMarke, welche sich bis anhin aufs MikroSegment konzentrierte, somit der Vergangenheit an? Smart hat es von Anfang an gewagt, anders zu sein. Die unkonventionellen Konzepte, Ideen und Lösungen haben über Jahre die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich gezogen – bevor sie zum Mainstream wurden. Jetzt ist es an der Zeit, die Marke zu transformieren – Smart wird erwachsen:

Dabei entwickeln wir uns vom Herausforderer des Status quo zum Visionär bei der «Gestaltung einer intelligenteren Zukunft». Von einem traditionellen Geschäftsmodell zu modernster Technologie, hochwertiger Fertigung und digitalisiertem Direktvertrieb an die Kunden.

Sowie von einer Ein-Auto-Marke im MikroSegment zu einer Marke mit einem Multi-

«Wir entwickeln uns vom Herausforderer des Status quo zum Visionär bei der Gestaltung einer intelligenteren Zukunft»

gefragt, und wir haben uns an diese Bedürfnisse und Wünsche angepasst. Wir beginnen unsere Transformation mit einem vollelektrischen Premium-Hightech-SUV, vor allem für junge Familien, die ein nachhaltiges elektrisches Verkehrsmittel suchen. Klar ist, dass Smart ein Multiprodukt-Brand sein wird.

Das Joint Venture soll auch den Wechsel vom traditionellen Geschäftsmodell zu einem digitalisiertem Direktvertrieb an die Kunden bringen. Stimmt das? Ja, dank dem Direktvertrieb werden wir unseren Kunden erstmalig ein nahtloses Erlebnis «online to offline» (oder umgekehrt) bieten. Der gesamte Kaufprozess inklusive Leasing ist volldigital und papierlos. Trotzdem bieten wir dem Kunden die Möglichkeit, sich persönlich beim Smart-Partner im Showroom beraten zu lassen oder eine Probefahrt zu machen. Auch beim Abschluss im Showroom wird der Vertrag digital, papierlos und direkt mit der Smart Schweiz GmbH abgeschlossen.

Bereits 2020 verabschiedete sich Smart vom Verbrennungsmotor. Wir gehen im Zuge des Elektrifizierungshypes davon aus, dass Smart auch künftig nur rein elektrisch angetrieben sind? Ja, wir sind überzeugt, dass die Elektrifizierung ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu nachhaltiger Mobilität ist.

Wie viel von der Gründeridee des Schweizers Nicolas Hayek von einem kleinen, günstigen und umweltfreundlichen Auto wird in die neue Ära gerettet? Nicolas Hayek war mit seiner Idee des «SwatchMobils» seiner Zeit voraus. Als CEO von Smart Schweiz bin ich besonders stolz darauf, dass der Ursprung von Smart aus der Schweiz kommt. Hayeks Idee war es, ein buntes, kleines, umweltfreundliches und günstiges Auto zu bauen. Schon damals war der Elektroantrieb in seinen Überlegungen ein Muss. Mit 4,29 Meter sind wir immer noch im Kleinwagensegment. Mit dem rein elektrischen Antrieb sind wir umweltfreundlich, und mit dem farblich abgesetzten Dach bleiben wir weiterhin bunt. Mit einer angestrebten Reichweite von circa 430 Kilometern (WLTP) kommt man mit einer Ladung von Genf bis Chur. Dank Super Charging ist das Fahrzeug in weniger als 30 Minuten von 5% wieder auf 80 %.

Die kleinen Smarts wurden auch von Unternehmen wie der Spitex gern gefahren. Wird Smart künftig auch für die Flottenkunden attraktiv? Unbedingt. Der Direktvertrieb ermöglicht es uns, sehr kompetitive Angebote für Flottenkunden anzubieten. Als Firma einen Smart zu fahren ist ein Statement für Design, Nachhaltigkeit und Innovation. Ich denke, dies passt sowohl für traditionsreiche Schweizer Familienunternehmen, Start-ups wie auch internationale Grosskonzerne. Zudem bin ich überzeugt, dass das Fahrzeug bei Kunden von Mietwagenfirmen oder Auto-Abos sehr gefragt sein wird.

Was haben Sie den Firmenkunden zu bieten? Die Firmenkunden sind für uns eine wichtige Zielgruppe. Wir sind aktuell in der Ausarbeitung unseres Flottenangebots und freuen uns sehr auf Inputs vom Markt. Interessierte Firmen können sich bereits heute bei uns melden.

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