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Interview: Markus Kohler, Brand Director ŠKODA Schweiz

«Für Dienstwagenfahrer ist das Auto oft mehr als nur ein Transportmittel»

Anlässlich des 30-Jahr-Jubiläums von ŠKODA Schweiz im Bunde der AMAG-Familie traf aboutFLEET ŠKODA-Brand-Director Markus Kohler zum Exklusivinterview. Neben dem runden Jubiläum kamen auch das Flottensegment, die Erwartungen ans neue E-Auto Enyaq und die Ambitionen von ŠKODA Schweiz aufs hiesige Markenpodest zur Sprache.

Interview: Rafael Künzle

aboutFLEET: ŠKODA feiert 2022 das 30. Jahr im Bunde der AMAG-Familie. Was bedeutet ŠKODA Schweiz dieses Jubiläum? Markus Kohler: Es ist für uns ein schönes und bedeutsames Jubiläum. Wenn man auf die letzten 30 Jahre zurückblickt, dann wird einem erst so richtig bewusst, was alles in dieser Zeit geschehen ist. Die ersten Modelle stiessen nicht wirklich auf grosse Begeisterung bei der Schweizer Kundschaft, und heute sind ŠKODA-Modelle nicht mehr wegzudenken.

Als AMAG-Gründer Walter Haefner 1992 einen Importvertrag für ŠKODA unterschrieb, war die Marke ein Nobody, der Start in der Schweiz verlief entsprechend harzig. Können Sie uns etwas über die herausfordernde Anfangszeit erzählen? Zu dieser Zeit haftete am Namen ŠKODA noch der Ostblockmief von veralteter Technik. Keine guten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Marktstart. Walter Haefner glaubte aber an die Marke, und damit sollte er recht behalten. Auch wenn zu Beginn noch etwas Geduld gefragt war. Die ersten ŠKODAModelle, die die Amoda importierte, waren der «Favorit» und der «Forman». Beide Modelle waren für ihr zurückhaltendes Exterieur (obwohl von Bertone gezeichnet) und veraltete Vergasertechnik bekannt und kamen beim Schweizer Publikum nicht sonderlich gut an. 1992 wurden darum lediglich 60 ŠKODA-Fahrzeuge importiert.

Der ab 1993 erhältliche «Felicia» überzeugte die Schweizer Kundschaft schon eher mit seiner modernen Technik und dem frischen Design. 1995 wurde die Amoda aufgelöst und der ŠKODA-Import in die AMAG integriert, was der Marke einen deutlichen Schub gab und

ŠKODA-Schweiz-Brand-Direktor Markus Kohler und aboutFLEET-Chefredaktor Rafael Künzle vor einer Sonderanfertigung der ersten Fabia-Generation, welche einst AMAG-Gründer Walter Haefner fuhr.

sich bald auch in den Verkaufszahlen widerspiegelte.

Der durchschlagende Erfolg in der Schweiz gelang dann 1996 mit der Markteinführung des Octavia. Worauf führen Sie dessen lang anhaltenden Erfolg zurück? 1996 wurde der Octavia lanciert. Zunächst als Limousine, 1998 dann auch als Combi erhältlich, mauserte sich der Octavia zum Liebling in der Schweiz. Als dann 1999 der Octavia mit Dieselantrieb und 4×4 in die Schweiz kam, war es um die Schweizer geschehen. Ab diesem Zeitpunkt nahm das Volumen des Octavia rasant zu. 1999 wurden bereits rund 1780 Octavia verkauft.

Der ŠKODA Octavia ist so sparsam, umweltschonend und alternativ angetrieben wie nie zuvor und trifft damit den Nerv der Zeit. Zur Auswahl stehen effiziente Benzin- und Dieselaggregate, Erdgasantrieb sowie Mildhybrid-Technologie. Die vielseitigen Antriebsvarianten erfüllen damit optimal die unterschiedlichen Mobilitätsbedürfnisse. Je nach Modellversion ist der Octavia mit Front- oder 4×4-Antrieb ausgestattet und als Automat oder mit Handschaltung erhältlich. Das zeitlose elegante Design, hoher Komfort, bestes Preis-Leistungs-Verhältnis, ein überdurchschnittliches Raumangebot sowie das umfangreiche Motorenangebot (110 PS bis 245 PS) machen den Octavia zu einem perfekten Begleiter, sowohl für Privat- als auch für Flottenkunden.

Beliebt ist ŠKODA im Allgemeinen und der Octavia im Speziellen auch bei Firmen. Welchen Anteil machen die Flottenkunden aus und wie wichtig sind sie für die Marke? Der reine Anteil an Flottenkunden über alle ŠKODA-Modelle hinweg macht rund 36 % aus. Wenn wir die User-Chooser dazuzählen, sind wir bei 61 %.

Unsere Flottenkunden sind für uns sehr wichtig. Kaum jemand anderes ist so oft in einem Auto unterwegs und prüft es auf Herz und Nieren. Für Dienstwagenfahrer ist das Auto oft mehr als nur ein Transportmittel. Umso erfreulicher ist es dann zu wissen, dass unsere Fahrzeuge in jeder Hinsicht durchdacht sind und den Arbeitsalltag erleichtern. Ganz nach dem Motto: Simply clever.

Da wir vom Octavia sprachen: 2021 musste sich dieser (zumindest gemäss der Statistik von auto-schweiz, ohne Direktimporte) nach vier Siegen in Folge knapp dem Tesla Model 3 geschlagen geben. Ein Sinnbild dafür, dass konventionell angetriebene Modelle (der Octavia wird hierzulande als Benziner,

Diesel, Erdgas und Mildhybrid angeboten) den E-Autos weichen werden? Dies wird früher oder später sicherlich der Fall sein, denn die Zukunft ist elektrisch.

Apropos Direktimporte: ŠKODA hat mit einem Anteil von 9,4 % einen relativ hohen Anteil an Direktimporten. Wie sehen Sie das als Generalimporteur? Sind Direktimporteure für Sie «nur» Konkurrenz? Oder freuen Sie sich trotzdem, dass der Octavia so gemeinsam doch die Nummer 1 ist? Beides. Zum einen freut es uns natürlich, dass wir mit dem Hinzuzählen der Direktimporte die eigentliche Nummer 1 sind, zum anderen sehen wir sie aber auch als Mitbewerber an. Für uns als Generalimporteur ist jeder Direktimport einer zu viel, aber gleichzeitig zeigt es auch, dass die direkt importierten Modelle auf grosses Interesse stossen und sehr gut bei der Schweizer Kundschaft ankommen.

Mit dem Enyaq hat ŠKODA ein neues, rein elektrisch angetriebenes Modell in seinen Reihen. Trauen Sie dem Enyaq eine ähnliche Erfolgsgeschichte wie dem Octavia zu? Definitiv. Bereits nach nur sechs Monaten erreichte der Enyaq iV die Top 3 aller in der Schweiz immatrikulierten BEV-Fahrzeuge.

Die Zukunft von ŠKODA ist also definitiv elektrisch. Bis 2030 werden noch mindestens drei weitere vollelektrische ŠKODA-Modelle, die kleiner als der Enyaq iV sind, auf den Markt kommen. Und ich bin überzeugt, dass wir mit dem Enyaq iV ein Modell auf dem Markt haben, das an die Erfolge unseres Octavia anknüpfen kann.

Ist die Lancierung des Enyaq auch ein Signal an Unternehmen, dass es nun an der Zeit ist, den Fuhrpark auf E-Fahrzeuge umzustellen? Wir spüren bereits heute einen Trend in diese Richtung. Mehrheitlich grössere Unternehmen setzen sich schon heute mit der Elektromobilität auseinander und planen die Elektrifizierung ihrer Fahrzeugflotte.

Sind, mal abgesehen von den grossen Unternehmen, die Schweizer KMU schon bereit für diesen Schritt? Der Enyaq iV ist ziemlich gross und befindet sich in einer etwas höheren Preisklasse als unser Flottenliebling, der Octavia. Darum werden hier sicherlich die kleineren Varianten des Enyaq iV verstärkt punkten können und die Mobilitätsbedürfnisse der Schweizer KMU bestens erfüllen.

Generell stellt aber die Ladeinfrastruktur sicherlich eine Herausforderung dar. Das optimale Szenario wäre natürlich, dass die Mitarbeitenden ihre Elektrofahrzeuge tagsüber am Arbeitsplatz und nachts zu Hause laden könnten.

Ich bin überzeugt, dass mit der ständig steigenden Vielfalt an Elektrofahrzeugen jedes KMU das für sie passende Elektromodell findet. Und hier kommen wir ins Spiel. Wir sind nicht mehr «nur» Autoverkäufer, wir sind Mobilitätsdienstleister. Das heisst, wir beraten unsere Kunden von der Modellauswahl bis hin zur Finanzierung, Versicherung und dem Ausbau der Ladeinfrastruktur.

Welches sind die grössten Herausforderungen für die Unternehmen beim Umstieg auf die E-Mobilität? Natürlich halten Reichweitenangst und Ladestress so manchen vom Kauf eines Elektrofahrzeuges ab, diese Sorgen gilt es hilfsbereit zu adressieren.

«Ich bin überzeugt, dass mit der steigenden Vielfalt an Elektrofahrzeugen jedes KMU das passende Modell findet.»

Fördert ein Unternehmen eine offene Denkweise und bereitet es seine Mitarbeitenden mit proaktiver Kommunikation, gezielten Schulungen und einer durchdachten Ladeinfrastruktur auf den Umstieg vor, steht dem reibungslosen Umstieg nichts im Wege. Hier können wir als AMAG mit massgeschneiderten Services unterstützen.

Ein Grossteil der E-Modelle rollt als SUV an. Zumindest hierzulande würde ein E-Kombi auf grosses Interesse stossen. Gibt es diesbezüglich Pläne? Der EU-Plan «Fit for 55» sieht vor, dass ab 2035 keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren mehr auf den Markt gebracht werden dürfen. Bis 2025 soll der CO2-Ausstoss um 15 % gegenüber den Werten aus 2021 reduziert werden. Bis 2030 sollen es sogar 55 % sein. Die Richtung geht also auf alle Fälle vom konventionellen Verbrennungsmotor hin zu rein elektrischen Fahrzeugen.

ŠKODA wird nach und nach ihr Modellportfolio elektrisieren. Wann und ob ein Elektrokombi auf den Markt kommen wird, kann ich nicht sagen.

Wann werden die letzten ŠKODA-Verbrenner in der Schweiz verkauft werden? Das verschärfte CO2-Gesetz wird den Prozess sicherlich beschleunigen. Wann aber effektiv das Verbrenner-Aus bevorsteht, ist noch nicht entschieden. Fakt ist: Wenn das Bedürfnis an Verbrennern abnimmt, werden auch weniger verkauft. Mit unserem breiten Modellportfolio können wir auf die individuellen Mobilitätsbedürfnisse optimal eingehen.

Steuert man hinsichtlich des zu erwartenden Strombedarfs auf Engpässe zu? Hinsichtlich Ladeleistung respektive Strombedarf ist mit Blick auf die Zukunft allgemein eine intelligente landesweite Stromversorgung notwendig. Elektroautos können hierbei auch Teil der Lösung sein. Da der Übergang aber nicht von heute auf Morgen stattfindet und nie alle Elektrofahrzeuge gleichzeitig geladen werden, ist auch die Stromverfügung gewährleistet.

Öffentliches Laden ist hierbei aber nur ein kleiner Teil des Puzzles. Ladevorgänge zu Hause über Nacht und das Laden im Büro tagsüber während der Arbeit bilden üblicherweise die Hauptversorgung.

Apropos Engpässe: Müssen Privat- und Firmenkunden auch 2022 mit längeren Wartezeiten beim Kauf eines Neuwagens, aufgrund der Halbleiterknappheit, rechnen? Eine Verbesserung der Liefersituation hängt in hohem Masse von der Halbleiterindustrie ab. Diese wird aufgrund der anhaltenden Engpässe in der Lieferkette in der ersten Hälfte des Jahres 2022 sehr volatil und anspruchsvoll bleiben. ŠKODA geht jedoch davon aus, dass sich die Halbleiter-Lieferkette im Jahr 2022 allmählich verbessern wird und sich die Produktion im Laufe des Jahres gegenüber 2021 stabilisieren wird.

ŠKODA verharrt 2021 auf dem vierten Platz in den Schweizer Verkaufscharts (18702 verkaufte Einheiten). Hat man damit bereits das Maximum aus dem einstigen Nobody herausgeholt oder schielt man künftig aufs Podest? Ich bin überzeugt, dass ŠKODA das Potenzial hat, einen Podestplatz zu erreichen. In den letzten zwei Jahren wurden wir aufgrund knapper Produktionsplätze leider ausgebremst.

Das Podest ist auf alle Fälle ein gesetztes und auch erreichbares Ziel. Wann dies so weit sein wird, lassen wir noch offen.

Lassen Sie uns abschliessend einen Blick auf die künftige Modellfamilie werfen. Welche Neuheiten sind geplant? Für dieses Jahr haben wir einige Modellneuheiten, auf die wir uns freuen dürfen. So feierten wir am 31. Januar 2022 die ŠKODAEnyaq-Coupé-iV-Weltpremiere. Die Schweizer Markteinführung startet dann im Juni mit dem Enyaq Coupé RS iV. Und auch das KaroqFacelift und den Fabia Monte Carlo werden wir in der ersten Jahreshälfte einführen. Im September sind dann das Enyaq-Coupé SportLine iV und der Enyaq RS iV geplant.

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