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Gastkolumne Christoph Kamber
from aF 03/2022
Total Cost of Ownership (TCO) sind die Gesamtkosten des Betriebs, sagt Wikipedia. Aber was sind die Gesamtkosten des Betriebs? Können die Werte überhaupt verglichen werden? Was beschreiben die Parameter? Sind es die richtigen Parameter für unser Unternehmen? Was müssen wir zusätzlich erheben und welchen Aufwand wollen wir betreiben? Dies sind die wichtigen Fragen.
Die «TCO»-Betrachtungen suggerieren die Kosten, welche im Betrieb von Fahrzeugen entstehen und in die Zukunft projiziert werden können. Dem ist nicht so. Es ist ein momentaner Vergleichswert, welcher auf statischen Daten basiert. Meist werden die Kosten von Wartung, Reifen, Reparatur, Treibstoff, Finanzierung und Versicherung erfasst. Diese Daten werden auf vorgegebenen Laufleistungen ermittelt. Auf den ersten Blick klar und unmissverständlich. Doch bereits hier stellen sich Fragen: Mit welchen Reifen wurde gerechnet, Premium oder Low Cost? Sind die Stundenansätze von Werkstätten unterschiedlicher Marken vergleichbar? Mit welchen Reparaturen ist zu rechnen? Und nicht zuletzt, was sind die gedeckten Risiken der Versicherung? TCO beinhalten statische Vergleichswerte.
Der Faktor Mensch
Nach dem kritischsten Moment im Lebenszyklus eines Fahrzeuges sieht die Welt «meist» anders aus. Sobald ein Fahrzeug gestartet wird respektive dem Betrieb übergeben wird, beeinflusst der «Faktor Mensch» alle akribisch ermittelten Zahlen.
Aus Erfahrung wurden mit demselben Fahrzeug und denselben Reifen im besten Fall 16’000 Kilometer gefahren und im tragischsten Fall 4000 Kilometer. Im Treibstoffverbrauch kann der Unterschied bis zu mehreren Litern betragen.
Auf der Basis von TCO hat ein Unternehmen, mit Unterstützung eines Externen, einen Fahrzeugentscheid gefällt. Ein Fahrzeug einer anderen Marke hat das Rennen gemacht und wurde beschafft. Als die Fahrzeuge geliefert wurden, kam die grosse Ernüchterung. Tatsächlich hat ein Fahrzeug die Ausschreibung, auf Basis der «TCO»-Werte gewonnen. Jedoch wurde ausser Acht gelassen, dass die Fahrzeugmasse nicht den bestehenden FlottenFahrzeugen entsprachen. Die Techniker konnten ihre mobilen Innenausbauten mit den neuen Fahrzeugen nicht mehr nutzen. Dies hatte zur Folge, dass die bestehenden Fahrzeuge bis zum Eintreffen der neuen Innenausbauten genutzt werden mussten. Die Kostenfolgen waren erheblich. Die neuen Innenausbauten kosteten mehrere 10’000 Franken, der Verkaufspreis sank durch die längere Nutzung und die neuen Fahrzeuge mussten finanziert werden.
Der Faktor Zeit
Und dann ereignet sich ein Schadenfall. Ein Fahrzeug war in einen Unfall verwickelt. Die Heckklappe und die rechte Tür waren beschädigt und mussten ersetzt werden. Da es sich um ein «neu» am Markt eingeführtes Fahrzeug handelte, war die Ersatzteil-Versorgung noch im Aufbau. Weil die Teile nicht repariert werden konnten, musste auf die Neuen gewartet werden. Das Fahrzeug blieb mehrere Wochen stehen.
Christoph G. Kamber, Inhaber Kamber SE.
Die beste TCO-Betrachtung ist das eine; die Marktsituation das andere
Die Erarbeitung und der Vergleich von Preisen, Kosten und weiteren Anforderungen brauchen Zeit. Betriebswirtschaftlich bedeutet dies «Time is Money». Der Faktor Zeit kann einen erheblichen Einfluss auf die Gesamtkosten haben. Analysen und Tests im Rahmen von Beschaffungen können, je nach Anzahl der Beteiligten, zu mehren zehn bis Hunderten Stunden führen. Auch kann ein Markenwechsel zu erheblichen Mehrkosten führen. Neue Partner müssen gefunden und bestehende Verbindungen gekappt werden. Alles neu: Fahrzeughandhabung, Prozesse, Partner. Der Umgang mit der neuen Sitaution muss geübt respektive aus Anlaufschwierigkeiten gelernt werden.
TCO-Betrachtungen sind als Bestandteil der Evaluation zu verstehen. Niemals abschliessend. Im Rahmen der Beschaffungsplanung müssen die unternehmensspezifischen Parameter bestimmt werden. Es empfiehlt sich in einer ersten Phase, sehr grosszügig zu denken. Listen zu kürzen ist einfacher, als Entscheide zu revidieren.
Wie viel kostet die Reduktion einer Tonne CO2?
Vor dem Hintergrund, dass alternative Antriebe stark auf dem Vormarsch sind, ging die CarNet Management AG der Frage nach: Wie viel kostet die Reduktion einer Tonne CO2? Und sie zeigt die Investitionskosten für taktische Massnahmen zur CO2-Reduktion auf.
Eine dieser sogenannten «Green Fleet»Analysen durften wir für einen Kunden mit einer Flotte von rund 500 Fahrzeugen erstellen. Das Ziel, welches dabei verfolgt wird, ist, den CO2-Ausstoss im Konzern und in der Fahrzeugflotte zu reduzieren. Mittels einer Simulation konnten wir aufzeigen, wie sich der CO2-Ausstoss der Flotte verändern wird, wenn auslaufende Fahrzeuge nicht durch neue Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, sondern durch Hybrid- und Elektrofahrzeuge ersetzt werden, und welchen finanziellen Impact diese Umstellung mit sich bringt. Bei einer Umstellung per jeweiliges Vertragsende wird der Wechsel über die gesamte Flotte im Jahr 2026 vollständig durchgeführt sein.
Die beleuchtete Fahrzeugflotte umfasst rund 350 Lieferwagen (300 mittel und 50 klein) und rund 150 Personenwagen (120 kompakt und 30 klein). In den Szenarien werden nach den operativen Nutzungsbedürfnissen der Kunden diejenigen Fahrzeuge berücksichtigt, welche heute tatsächlich konfigurierbar und rechtsverbindlich bestellbar sind.
Szenario 1: Umstellung Personenwagen auf Hybrid
Die Personenwagen werden per jeweiliges Vertragsende durch ein Hybridfahrzeug ersetzt. Als Nachfolgerfahrzeug für kleine Personenwagen wurde der Toyota Yaris Hybrid gewählt, als Nachfolger für kompakte Personenwagen der Toyota Corolla TS Hybrid.
Durch Ersatz der insgesamt 150 PW mit einem Hybridfahrzeug kann der CO2-Ausstoss gesamthaft um 4,5 % p.a. gesenkt werden, die Kosten steigen um 1,4 % p.a. Insgesamt können somit 127 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden, wobei im Szenario 1 die Reduktion einer Tonne 640 Franken pro Jahr kostet.
Szenario 2: Umstellung Personenwagen und kleine Lieferwagen auf Elektro und Hybrid
Fahrzeuge, für welche eine einsatztaugliche Elektro-Variante vorliegt, werden durch Elektrofahrzeuge ersetzt. Als Ersatz für kleine Personenwagen wurde der Renault Zoe Elektro, für kleine Lieferwagen der Renault Kangoo Elektro in Betracht gezogen. Den Ersatz durch Elektrofahrzeuge erachten wir auch in Bezug auf das Laden als realisierbares Szenario. Legen die Personenwagen jährlich 20’000 Kilometer zurück, beträgt die theoretische Kilometerleistung pro Arbeitstag 89 Kilometer. Somit muss der Renault Zoe spätestens jeden vierten Tag, der Renault Kangoo jeden zweiten Tag geladen werden.
Der kompakte Kombi wird nach wie vor, analog Szenario 1, durch den Toyota Corolla TS Hybrid ersetzt.
Über einen Zeitraum von 6 Jahren werden insgesamt 80 Elektro- und 120 Hybridfahrzeuge auf die Strasse gebracht. Dies führt im Jahr 2026 zu einer markanten CO2-Reduktion von 17,5 % p.a. Die damit verbundenen jährlichen Mehrkosten betragen 5,3 %. Insgesamt wird der CO2-Ausstoss jährlich um 816 Tonnen reduziert mit Kosten von 412 Fr. p.a. pro Tonne.
Szenario 3: Umstellung sämtlicher Personen- und Lieferwagen auf Elektro und Hybrid
In Szenario 3 werden zusätzlich zum zweiten Szenario die mittelgrossen Lieferwagen elektrifiziert und durch den Ford Transit Custom PHEV, ein Elektrofahrzeug mit Range Extender, ersetzt. Die rein elektrische Reichweite des Ford Transit Custom PHEV, bei voll geladener Batterie, ist mit rund 50 Kilometer deutlich tiefer. Hier wird der Verbrennungsmotor zur Aufladung der Batterie für durchschnittlich weitere 40 Kilometer pro Tag benötigt.
Im Jahr 2026 werden 120 Hybridfahrzeuge und 380 Elektrofahrzeuge auf der Strasse sein, was zu einer totalen CO2-Reduktion von 57 % p.a. und Kostenerhöhung von 22,8 % p.a. führt. Nach erfolgtem Ersatz beträgt die jährliche CO2-Einsparung 1843 Tonnen. Die Reduktion einer Tonne CO2 kann mit Mehrkosten von 820 Franken p.a. erreicht werden.
Die Effizienz des PHEV und somit des Szenario 3 ist unter anderem von externen Einflüssen wie der jährlichen Fahrleistung, dem Streckenprofil, der Ladedisziplin der Mitarbeitenden oder der verwendeten Stromquelle abhängig.
Die Möglichkeiten zur Kosteneinsparung
In einer weiteren Datensimulation haben wir eine Praxisstudie für eine Flotte erstellt, welche noch keine Kostenoptimierung vorgenommen hatte. Hier ist bei der Kostenentwicklung ein anderer Trend erkennbar. Durch die Umstellung der alten Personenwagen auf Hybridfahrzeuge können die Gesamtkosten der Flotte um bis zu 3,8 % p.a. reduziert werden, verbunden mit einer Reduktion des CO2-Ausstosses um bis zu 3,5 % p.a.
Die Reduktion des CO2-Ausstosses ist nicht zwingendermassen mit einer Kostensteigerung in Verbindung zu setzen. Je nach Stand der bisherigen Optimierungen kann auch eine Reduktion der Gesamtkosten herbeigeführt werden.