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Pagani: Deus ex Machina
Deus ex Machina
Pagani ist eine der exklusivsten Auto-Manufakturen der Welt. Nur 40 Exemplare des in Handarbeit gebauten, 3,2 Millionen Euro teuren Huayra Roadster BC verlassen insgesamt die Werkshallen im italienischen San Cesario sul Panaro. Und trotz des astronomischen Preises sind diese längst ausverkauft. AUTO BILD Schweiz durfte das exklusive Hypercar einen Tag lang fahren und ging der Frage nach, was die Faszination dieses automobilen Kunstwerks ausmacht.
LEONARDO DA VINCI gilt als einer der bedeutendsten Künstler aller Zeiten. Zu seinen Meisterwerken zählen die Mona Lisa oder das letzte Abendmahl. Ebenso bekannt ist Michelangelo, der die sixtinische Kapelle erschuf. Beide lebten in Italien, holten sich die Inspiration für ihr Schaffen aus dem Lebensgefühl unseres südlichen Nachbarlandes. Heute entstehen in Italien, genauer gesagt im «Valle di motori» rund um Modena, wieder Kunstwerke – und zwar automobile. Zahlreiche Marken mit klangvollem Namen wie Maserati, Ferrari oder Lamborghini produzieren hier ihre Sportwagen für die ganze Welt. In Sachen Exklusivität werden sie aber nochmals übertroffen: Horacio Pagani baut in San Cesario pro Jahr rund 50 Hypercars. Das aktuelle Topmodell ist der Pagani Huayra Roadster BC. Wie sich das (netto) 3,2 Millionen Euro teure Kunstwerk fährt, durfte ich in der Heimat von Pagani ausprobieren.
Beauty and the Beast
Bevor's aber losgeht, werfe ich erst noch einen ausgiebigen Blick auf das Design des Huayra Roadster BC. Obwohl Pagani den nach einem südamerikanischen Gott des Windes benannten Huayra schon seit zehn Jahren baut, wirkt der Supersportler auf den ersten Blick brandneu, als käme er aus einer anderen Welt. Mit seinen Kohlefaser- und Carbotanium-Anteilen strahlt er schon im Stand Geschwindigkeit pur aus, aktive AeroFlaps an Front und Heck bewegen sich je nach Fahrzustand mit und sorgen für noch mehr Abtrieb oder bessere Bremsleistung.
Auch im Innenraum spürt man die Liebe zu jedem Detail. Der filigrane Tacho, der gegen den Uhrzeigersinn läuft, erinnert an einen edlen Flieger-Chronographen und reicht bis 415 km/h. Die Sitze sind in feinstes Leder und Alcantara gehüllt, bieten einen guten Mix aus Komfort und viel Seitenhalt in schnell gefahrenen Kurven.
Das Herzstück ist ein V12-Biturbo, der unter einer endlos langen Abdeckung verbaut ist, die gegen die Fahrtrichtung öffnet. Erstmals trägt der Zwölfzylinder offiziell die Bezeichnung Pagani-Motor, auch wenn die Italiener dem Partner
Der Pagani Huayra Roadster BC ist auf 40 Exemplare limitiert.
Die 20 steht für 20 Jahre Pagani Der Tacho ist so filigran wie ein Chronograph
Erstmals trägt der Motor einen Pagani-Schriftzug
AMG, mit dem man schon seit über 20 Jahren zusammenarbeitet, treu bleiben. 802 PS und 1050 Newtonmeter maximales Drehmoment liefert das Kraftwerk im Huayra BC Roadster an die beiden angetriebenen Hinterräder. Dabei müssen die Pferdestärken gerade mal 1250 Kilogramm Leergewicht antreiben.
Wer angesichts dieser Werte ein unzähmbares Biest erwartet, wird schon nach wenigen Metern positiv überrascht. Der Huayra Roadster BC lässt sich erstaunlich einfach fahren. Pagani-Testfahrer Matteo erklärt mir vom Beifahrersitz aus, dass schliesslich auch die meisten Kunden zur Kategorie Gentleman Driver zählen, und keine reinrassigen Rennfahrer sind. Das Fahrwerk ist deshalb gerade in den beiden ersten Fahrmodi ausgesprochen komfortabel abgestimmt, insgesamt stehen fünf Stufen zur Verfügung. Die hydraulische Lenkung verlangt zwar etwas Kraft, aber punktet dafür mit präziser Rückmeldung. Das sequenzielle Getriebe vom Rennsport-Spezialisten Xtrac wechselt die Gänge fast so geschmeidig wie ein Doppelkupplungsgetriebe, spart aber deutlich an Gewicht. Für Temposchwellen und schlechte Strassen lässt sich der Vorderwagen auf Knopfdruck anheben.
Sound-Stakkato
Nach einigen Kilometern werde ich mutiger, blende den astronomischen Preis langsam aus meinem Hinterkopf aus. Ich wechsle in die Stufen S und R, der Sound lässt mein Grinsen noch weiter anwachsen. «ESC Off» probiere ich dennoch nicht aus, spätestens beim Griff ans Manettino erinnere ich mich wieder ans Preisblatt, das ich vor der Testfahrt bekommen habe. Aber schon in S und R ist der Sound ein Spektakel, der V12-Biturbo streut immer wieder Fehlzündungen bei der Gaswegnahme ein. Die zwei Lader produzieren ein permanentes Turbogeräusch, das bei Lupfen des Gasfusses in ein Stakkato wie ein Erst-August-Feuerwerk übergeht. Noch furioser sind die Fahrleistungen. Das Potenzial dieses 802-PSKunstwerks lässt sich – wenn überhaupt – nur auf einer Rennstrecke wirklich ausleben. Und ich verstehe nach einem Tag im Huayra Roadster BC zumindest, warum es Menschen gibt, die 3,2 Millionen Euro für ein Auto ausgeben. Ich würde es nämlich auch tun, wenn ich das Geld hätte. (ml)
Mit einem Preis von 3,2 Millionen Euro ist der Huayra Roadster BC eines der teuersten Autos weltweit.
Der Huayra hat vier Auspuffrohre ...
TECHNISCHE DATEN
Pagani Huayra Roadster BC
Zylinder Hubraum (ccm) Leistung (kW/PS) Drehmoment (Nm) 0–100 km/h (s) vmax (km/h)
12 5980 590/802 1050 3,1 350 Preis: ab 3,2 Mio. Euro