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Maxus Mifa 9
from FLOTTE 10-11/2022
Reich in der Mitte
Mifa 9 nennt Maxus seinen achtsitzigen, rein elektrisch betriebenen Bus, der auf europäischem Boden gegen alteingesessene Gegner antritt. Wir konnten mit einem Vorserienmodell auf der IAA Transportation erste Runden drehen.
text: Roland scharf, Fotos: Maxus
Das Bremspedal etwas fester drücken als gewohnt, damit man einen Gang einlegen kann, das war’s. Wenn man wirklich nach Dingen suchen möchte, die noch nicht ganz so perfekt sind, wie man sich das von einem Serienfahrzeug erwartet, dann wäre das die einzige Notiz, die man sich auf seinem Schreibblock notieren würde. Der große Rest aber passt, was für eine doch noch recht junge Marke schon erstaunlich ist.
Viel gelernt
exakte Ziele
Maxus stammt ebenso wie MG von SAIC Motors aus Shanghai und während MG vor allem Privat- und Pkw-Kunden im Auge hat, geht Maxus gezielt auf die Nutzfahrzeugklientel los. Aber nicht nur mit Pritschen und Kastenwagen, die in Österreich ausschließlich mit batterieelektrischem Antrieb zu haben sind. Auch das Feld der Busse und Personentransporter möchte man entern und genau hier kommt 2023 der Mifa 9 zu uns. Ein ausgewachsener Bus von 5,3 Meter Länge, zwei Meter Breite und zwei großen Schiebetüren. Es gibt ihn mit maximal acht Sitzplätzen, die allesamt leicht zu entern sind und auch für Erwachsene genügend Platz bieten. Als Antrieb fungiert ein 180-kWMotor mit 350 Newtonmeter Drehmoment, der seine Energie aus einem 90 kWh großen Akku bezieht, die nach dem WLTP-City-Zyklus für 595 Kilometer Reichweite gut sein sollen. Den WLTP-Mix-Wert verrät Maxus zwar noch nicht, doch für die angestrebte Klientel ist der Stadtwert vermutlich eh interessanter, denn Taxi- und Mietwagenfirmen könnten hier durchaus Interesse
haben. Schließlich bleibt selbst bei voller Bestuhlung noch genügend Platz im Kofferraum für die Trolleys übrig, die jeder zweite Fahrgast mit hat, der zum Flughafen möchte. Genug philosophiert, auf zu ersten Probefahrt. Wie heute üblich, gibt es keinen echten Startknopf mehr. Aufsperren, fest die Bremse drücken, Fahrstufe wählen und schon kann’s losgehen. Und zwar äußerst komfortabel. Es war die richtige Entscheidung, auf optische Effekthascherei zu verzichten – und damit auch auf große Räder. Dank der wuchtigen Reifen dämpft und federt der Maxus souverän, Schlaglöcher oder Kopfsteinpflaster sind keine echte Herausforderungen. Dennoch fühlt sich der Mifa 9 nicht unpräzise an. Trotz des hohen Leergewichts lenkt er sauber und agil ein, die Lenkung ist ein guter Mix aus Direktheit und Feingefühl, die dennoch fast frei von Antriebseinflüssen bleibt. Qualität und Verarbeitung? Definitiv ein Kapitel, wo sich der Newcomer wahrlich Cockpit aufgeräumt und klar gegliedert; nicht zu verstecken braucht. Man merkt nicht viele ablagen vorn wie hinten; genügend nur an Details die europäische Auslegung. Bewegungsfreiheit auf allen Plätzen Die Sitze sind groß dimensioniert und sauber gefertigt, das Infotainmentsystem lässt trotz zahlreicher (vielleicht etwas zu großer) Touchscreens keine Fragen offen, wenngleich es ein paar Knöpfe für die wichtigsten Funktionen mehr sein dürfte. Und so eckig der Mifa vielleicht auch sein mag, im Alltag hat der Kantenhauber seine echten Vorteile, da er leicht zu überblicken und daher einfach zu rangieren ist. •
„Da entstand natürlich ein Flaschenhals“
Andreas Kostelecky, MBA, Geschäftsführer von Maxus Austria, über kommende Modelle, österreichische Lieblinge und simple Lösungen für komplexe Problemstellungen.
Mit dem T90 EV bringt Maxus den ersten elektrisch angetriebenen Pickup auf den Markt. Wie sehen Sie die Chancen in Österreich?
Vor allem der geplante Allradler ist perfekt für Österreich. Wir haben in unserer Organisation ja viel Pick-up-Erfahrung und auf den freuen wir uns schon, seit wir mit Maxus begonnen haben. Aber wir werden es zweistufig anlegen. Mit dem 2WD beginnen wir 2023 die Teasing-Phase, bevor wir 2024 mit dem Allrad nachlegen werden.
Was bedeutet das?
Für Pick-ups gibt es ja eine breite Zielgruppe. Viele betreiben diese nur innerstädtisch, da ist Allrad nicht zwangsläufig notwendig. Und da ist der 2WD natürlich optimal, die Markteinführung bestens vorzubereiten, damit wir quasi schon in der Vorverkaufsphase alle notwendigen Umbauten wie zum Beispiel Hardtops für die Allradler parat haben.
Wie fährt sich ein Pickup mit EAntrieb?
Ich erlaube mir noch kein Urteil, da ich noch keinen Meter damit gefahren bin. Aber Pick-ups im Gelände müssen schon Ansprüche erfüllen, die andere Fahrzeuge nicht erfüllen müssen. Interessant auch, wie sich die Kraftentfaltung auswirkt, der E-Motor müsste sich ja gerade offroad besser eignen als ein Verbrenner. Aber wie sich das passive Bremsen verhält, wenn die Akkus voll sind, das sind alles Dinge, die wir noch herausfinden müssen.
Von den auf der IAA Transportation gezeigten Fahrzeugen – welche kommen nach Österreich?
Mit dem eDelivery3 und 9 haben wir begonnen, nun haben wir nachgelegt mit dem Fahrgestell. Die Pritsche etwa ist die schmalste am Markt, da erwarten wir vor allem bei Kommunen viele Kunden. Und die Palette wird noch breiter. Mit dem eDelivery7, der sich genau zwischen den anderen beiden positionieren wird.
Und der Mifa 9?
Den werden wir 2023 lancieren. Das ist ja grundsätzlich ein Siebensitzer, aber bis zur Markteinführung wird es ihn auch als Achtsitzer geben, was aufgrund der Förderlandschaft in Österreich derzeit sehr wichtig ist. Und dank der 90-kWh-Batterie eignet sich der zum Beispiel dann perfekt als Flughafentaxi.
Sehen sie ENutzfahrzeuge als Ergänzung oder als Ersatz zum Diesel?
Realistisch kann es ja nur eine Ergänzung sein. Diese Schwarzweiß-Diskussion halte ich ja für problematisch. Aber für Zusteller ist der E-Antrieb schon interessant, weil Einfahrverbote in Städte mit Sicherheit kommen werden. Da wird man dann auf jeden Fall ein E-Fahrzeug brauchen. Aber wenn ein Zusteller, der jetzt fünf Diesel hat, komplett auf Elektro umstellen würde, wäre das ja allein vom Finanzierungsvolumen schon sehr schwierig.
Muss man das Leasinggeschäft anders gestalten als bei Verbrennern?
Ich denke, es ist extrem wichtig, dem Kunden die Angst vor dem Leistungsverlust des Akkus zu nehmen. Dann gibt es noch das Reichweitenthema, aber das wird schon etwas relativiert.
Für Andreas Kostelecky, MBA, ist der kommende EPickup von Maxus ein Fahrzeug wie gemacht für den österreichischen Markt; dass der Allradler erst ein Jahr später kommt, ist für ihn alles andere als ein Nachteil
Inwiefern wird das relativiert?
Der Zusteller weiß ja zum Beispiel, welchen Radius er tagtäglich fährt. Und das Thema ist ja schon, wie ich es schaffe, ihm diese Restwertangst zu nehmen. Da gibt es nur eine Möglichkeit, nämlich ihm den Restwert zu garantieren. Unsere Vision ist, der Kunde nimmt das Fahrzeug, behält es vier Jahre, was auch die Dauer der Förderung ist, und dann stellt er es wieder zurück.
Und der Sekundärmarkt?
Der wird natürlich sehr interessant, weil das größte Hindernis bei E-Autos meist die Anschaffung ist. Wenn ich den Restwert aber garantieren kann, ist das schon was anderes. Das erfordert natürlich mehr Beratung, aber das ist einfach notwendig.
Wie sieht es eigentlich mit der Ersatzteilversorgung aus?
Intern haben wir unsere Lieferroutinen, das ist unkritisch. Die Herausforderung für eine neue Marke ist da eher, den richtigen Mix an Teilen parat zu haben. Bei Karosserieteilen ist das noch recht einfach, die werden bei Nutzis ja recht oft hin. Aber da hatten wir heuer die Problematik, dass nach zehn Wochen Lockdown in China die Schiffe mit den Ersatzteillieferungen nicht fahren konnten. Das hat zu einem Flaschenhals geführt, wenn dann auf einmal zahlreiche Schiffe mit diesen Ladungen in Europa ankommen.
Was kann man dagegen tun?
Natürlich kann man bestimmte Teile auch mit Luftfracht holen. Aber das geht auch nicht immer, weil das natürlich sehr teuer ist. Was aber noch besser funktioniert hat, war eine eigene Teilegruppe auf WhatsApp unter den Maxus-Importeuren in Europa. Wer hat was, wer braucht was, da haben wir uns einfach ausgetauscht und die Teile dann hin- und hergeschickt.
Hat dieses Rezept Erfolg?
Viel wichtiger war, dass wir uns vor allem auf die Diagnose konzentriert haben. Weil jede falsche Diagnose fördert natürlich die falsche Teilebestellung. Unsere Techniker, die wir haben, unterstützen zum Beispiel die Monteure bei den Werkstätten etwa mit einer Teamviewer-Lizenz, aber auch mit einer virtuellen Brille.