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BROTSOMMELIER: WAS BRINGT DER TITEL?
„Kosten mit den Ohren“
WOZU BRAUCHEN WIR BROTSOMMELIERS?
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Die Ausbildung unserer heimischen Brotsommeliers, die 2022 erstmals in Österreich „gebacken“ werden, geht in die nächste Runde. Was bringt der Titel in der Praxis?
Die hochkarätige Ausbildung der Lebensmittelakademie des österreichischen Gewerbe, die in Kooperation mit der Bundesakademie Weinheim sowie mit der Wirtschaftskammer durchgeführt wird, ging im Frühjahr in die nächste Runde. Das Wissen der 18 Teilnehmer wurde vertieft und anhand von zahlreichen praktischen Beispielen belegt. Als Vortragende fungierten Bernd Kütscher und Thomas Muschelknautz von der BA Weinheim, Lebensmitteltechnologe DI Alfred Mar, Erwin Heftberger von der HTL-LMT, Prof. Dr. Gunther Hirschfelder (Uni Regensburg), Physiker Prof. Thomas Vilgis, Ernährungswissenschafterin Dr. Eva Derndorfer, Biersommelier Daniel Klotz, DI Hiltrud Romberg vom Institut Agefo sowie Regisseur Harald Friedl, welcher den Film BROT gedreht hat. „In den ersten Modulen erfuhren die Teilnehmer die lebensmittelrechtlichen Grundlagen, kombinierten Brot mit anderen Lebensmitteln wie Aufstriche, Bier und Wein, erlebten intensive Schulungen über die verschiedenen Brotsorten bis hin zu internationalen Brotspezialitäten. Darüber hinaus wurden wir in sensorischen Fähigkeiten zur Beurteilung der verschiedenen Brote intensiv geschult“, erzählt Kursteilnehmer Horst Reichartseder von der Bäckerei Reichartseder in Frankenmarkt.
Jakob Pumberger Bäckermeister
„Wissen über Brot sichert die Zukunft unseres Handwerks.“
Hier arbeiten echte Profis!
©LMAk ©LMAk
BÄCKER ALS GENUSSBOTSCHAFTER
Auch Jakob Pumberger von der Bäckerei Pumberger in Niederkappel war von der Qualität der ersten Module begeistert: „Zum Brotsommelier habe ich mich angemeldet, um mein Wissen über unser Handwerk zu vertiefen. Für mich als kleiner Handwerksbäcker ist „Wissen über Brot und unser Handwerk“ die einzige Chance, am Markt in der Zukunft zu bestehen. Dem Kunden nur zu sagen, dass man stolz aufs Handwerk ist, ist mir zu wenig. Der Kunde muss es beim Einkauf in unserer Bäckerei
Horst Reichartseder Bäckermeister
„Wir Bäcker müssen zu Genussbotschaftern werden!“
schon spüren, dass wir das leben, was wir sagen. Weiters freue ich mich über den Austausch und Gespräche mit Branchenkollegen, um neue Ideen und Inputs zu bekom-
Sensorische Fähigkeiten wurden intensiviert.
©LMAk men. Bereits die ersten Module waren sehr spannend. Gemeinsam mit gleichgesinnten Kollegen drei Tage zu verbringen ist natürlich sehr interessant und so bringt man auch gleich einige Ideen mit nach Hause.“ Reichartseder wünscht sich, dass möglichst viele Bäcker zu „Genussbotschaftern“ unserer Branche werden: „Die intensivere Beschäftigung mit dem Produkt und die damit gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen einen gesamtheitlichen Blick auf die Welt des Brotes und bieten Ansätze zur Verbesserung der Qualität. Durch Kundenevents, Backkurse und fundierte Wissensvermittlung kann das Interesse neuer Kundengruppen für die Bedeutung von Brot in unserer Ernährung geweckt werden.“
WAS BRINGT DER TITEL?
Martin Wienerroither von der Bäckerei Wienerrother hat die Ausbildung zum Brotsommelier bereits 2018 – damals noch in Deutschland – abgeschlossen und trägt seither sein Wissen über Brot in die Welt hinaus. Im Interview mit BackSzene hat der erste Kärntner Brotsommelier verraten, was ihm der Titel seither gebracht hat:
Was hat Sie dazu bewogen,, sich für diese Ausbildung anzumelden?
Mein großes Interesse, Brot besser zu beschreiben. Brot wird heutzutage zu Unrecht vielfach lediglich als Begleiter – als „Unterlage“ – für das eigentliche Gericht gesehen. Dabei wird vergessen, wie wertvoll und vielfältig dieses traditionelle Nahrungsmittel ist, welch großartige Speise aus den einfachen Zutaten Mehl, Natursauerteig, Wasser und Salz kreiert werden kann. Durch die nötige Aufmerksamkeit und ein geeignetes Vokabular, möchte ich dazu beitragen, dass der Wert des Brotes wieder klarer wahrgenommen wird.
Wie haben Sie den Titel Ihren Kunden präsentiert?
Ich war 2018 der erste Kärntner Brotsommelier. Daher haben wir diese Qualifikation natürlich auch schon seit längerem in die Kommunikation mit unseren Kunden eingebaut. Vor allem auf Social Media und bei diversen Blog-Beiträgen weisen wir auf diese Kompetenz hin. Und auch im Rahmen der Realisierung des Abschlussprojekts der
Brotsommelier-Ausbildung wurde dieser Titel kommuniziert. Das im Rahmen der Ausbildung von mir kreierte „Lieblingsbrot“ und die entsprechende Präsentation via Blog und Co kam sehr gut bei den Kunden an.
©Manuela Wilpernig Martin Wienerroither Bäckermeister
„Foodpairing verstärkt den Geschmack des Brotes.“
Was waren die Highlights der Ausbildung?
Was mir bei der Ausbildung besonders gut gefallen hat, ist die Brotsprache und das Foodpairing. Die Brotsprache ist ein Werkzeug, welches ermöglicht, Brot möglichst klar und deutlich zu beschreiben. Hier hatte ich schon vor der Ausbildung zum Brotsommelier in einem Buch von der österreichischen Brotsprache gelesen – allerdings ist die Anzahl der Adjektive relativ spärlich (ca. 5-6 Ausdrücke pro Kriterium, wie z.B. Farbe). In Weinheim wurde diese Palette um ein Vielfaches erweitert. Foodpairing ist für mich deshalb so interessant, da es die Theorie unmittelbar in die Praxis bringt. Köstliche Kombinationsmöglichkeiten von Brot mit anderen wertvollen Lebensmitteln zu kreieren, die den Geschmack des Brotes noch verstärken und erheben. Und das kann man nicht nur schreiben, erzählen oder lesen, sondern auch riechen und schmecken.
Wovon profitieren Sie in Ihrem Arbeitsalltag am meisten?
Eben von der Möglichkeit, unsere Kunden auf neue Kombinationen hinzuweisen, das Brot einmal in einem anderen Licht zu sehen. Aber auch von der Kompetenz, es verständlich zu erklären. Beispielsweise stellen wir jeden Monat eines unserer Brote in den Mittelpunkt und versehen es mit einer Brot-Visitenkarte, auf der die Besonderheiten des Brotes erklärt und auch Serviervorschläge gemacht werden. Auch haben wir damit begonnen, in längeren, kaum geschnittenen und daher sehr authentischen Videos den Usern unsere Brote näherzubringen.
Was bringt die Ausbildung zum Brotsommelier den Absolventen?
Als Bäckermeister lernt man, gutes Brot zu backen – mit der Brotsommelier-Ausbildung erhält man die Werkzeuge, dieses Brot auch verständlich und anschaulich zu beschreiben. Kosten mit den Ohren sozusagen.