FRANK ZAPPA
LEITUNG: SCHLAGZEUG: BALDUR JOJO BRÖNNIMANN MAYER
🌐 URAUFFÜHRUNG
OLIVER WAESPI
JOJO, ZAPPA & ROCK’N’ROLL
M A E RIETTA.CH T S E SINFON V I L S W.BASEL AL F WW AU
6. ABO-KONZERT
STADTCASINO BASEL SO 27.06.21 • 19 UHR
JOJO, ZAPPA & ROCK’N’ROLL 6. ABO-KONZERT STADTCASINO BASEL SO 27.06.21 19 UHR
PROGRAMM FRANK 1940 – 1993 ZAPPA
6. Abo-Konzert JOJO, ZAPPA & ROCK’N’ROLL
8’
BALDUR BRÖNNIMANN Leitung
DUPREE’S PARADISE für Orchester
(1984)
GET WHITEY (1992) für Kammerorchester
eine freie Kadenz des Solisten abgeschlossen. Darauf folgt ohne Unterbruch der zweite Teil, «Wastelands». Fragmentarische Motivzellen verdichten sich hier allmählich zu weiträumig angelegten Klangflächen über freien, improvisatorischen Gesten des Solisten. Aus musikalischem Brachland entwickeln sich dabei allmählich neue musikalische Energien. Später verdichten sich freie Einwürfe der Holzbläser mithilfe des Solo-Schlagzeugs zu einem gemeinsamen Pulsieren, worauf sich der dritte Teil, «New Towns», anschliesst. Anders als im ersten Teil wird hier der solistische Part des Schlagzeugs enger mit der orchestralen Struktur verwoben, die sich hier weniger in kompakten Klangblöcken artikuliert als vielmehr in pulsierenden Schichten und stets sich wandelnden rhythmischen Zellen. Eine Entwicklung hin zu einer helleren, offeneren Harmonik mündet in eine weitere, freie Solokadenz, bevor das Stück in einem geisterhaft flirrenden Epilog zu Ende geht.
Sonntag, 27.06.21, 19 Uhr Stadtcasino Basel
JOJO MAYER Schlagzeug
7’
BASEL SINFONIETTA
THE PERFECT STRANGER (1984) für Orchester
ELISABETH BAUREITHEL Moderation
13’
Mit «The Perfect Stranger», «Get Whitey» und «Dupree’s Paradise» führt die Basel Sinfonietta drei der «klassischen» Orchesterwerke des grossen Alternativrockers Frank Zappa auf, die er für Pierre Boulez, das Ensemble Intercontemporain sowie das Ensemble Modern geschrieben hatte.
OLIVER *1971 WAESPI
VOLATILE GRAVITY (2021) 🌐 für Drumset und Orchester
«Dupree‘s Paradise» hat seinen Ausgangspunkt in einer jazzigen, das Metrum verschiebenden Melodie, die am Anfang des Stücks erklang, das Frank Zappa ab 1974 in Konzerten spielte, um seine Band vorzustellen, während sie darüber improvisierte. Zappa beschrieb die Beatnik-Szene, die ihm dazu vorschwebte, wie folgt: «Dupree’s Paradise handelt von einer Bar am Avalon Boulevard in Watts (Los Angeles) um 6 Uhr morgens an einem Sonntag im Jahr 1964, während der frühmorgendlichen Jamsession. Für etwa sieben Minuten tun die Kunden (Winos, Musiker, Degenerierte und Polizisten) die Dinge, die sie vom Rest der Gesellschaft abheben.»
I High Frequency Trading II Wastelands III New Towns 33’ Uraufführung
Aufgrund der Beschränkung des Publikums auf 100 Personen im Saal wird dieses Konzert per Video-LiveStream online auf www.baselsinfonietta.ch übertragen. Das Konzert wird von SRF 2 Kultur aufgezeichnet und am 7. Juli um 21 Uhr in der Sendung «Neue Musik im Konzert» ausgestrahlt.
Zum Abschluss einer aussergewöhnlichen Saison präsentiert die Basel Sinfonietta zusammen mit dem Schweizer Schlagzeug-Star Jojo Mayer das neue Konzert für Drumset und Orchester von Oliver Waespi und interpretiert Orchesterwerke von Frank Zappa.
«Get Whitey» wurde 1992 für das Album Yellow Shark geschrieben und stellt eines von Zappas seltenen Werken dar, bei denen kein Verweis auf äussere Einflüsse erscheint. Das Werk beweist Zappas Meisterschaft, bei der Verwendung von komplexen Rhythmen und polyrhythmischen Strukturen. Zappa schreibt zu «Get Whitey»: Der Titel entstand, weil die erste Version, der Prototyp «Whitey», sich nur mit den weissen Tasten des Klaviers beschäftigte. Aber diese Version ist chromatischer. Ich habe darüber nachgedacht, den Titel zu ändern, aber die vorherrschende Meinung in der Gruppe war, dass sie «Get Whitey» mögen.
«Volatile Gravity» ist einerseits ein Konzert für Drumset und Orchester im klassischen Sinn, bestehend aus drei miteinander verbundenen Teilen. Gleichzeitig symbolisiert es eine Art musikalische Erkundung einer Stadt. So artikuliert sich die Form des Stücks entlang einem imaginären urbanen Raum mit mehreren Zentren, gleichsam aufgespannt zwischen bebauten und unbebauten, strukturierten und offenen Bereichen. Der erste Teil, «High Frequency Trading», ist von frenetischen Tempi und einem schroffen, oft blockartig gestalteten Orchesterpart geprägt, dem der Solist eine energische, groove-orientierte Rhythmik gegenüberstellt. Nach Momenten des Zerfliessens und erneut vorwärts treibenden Beats wird der erste Teil durch
Frank Zappa über «The Perfect Stranger»: In diesem Stück tollt sich ein von seinem treuen Gipsy-Mutanten-Industriestaubsauger begleiteter Vertreter ausschweifend mit einer schlampigen Hausfrau herum. Wir hören die Türklingel, die hochgezogenen Augenbrauen der Hausfrau, wenn sie durch den zerzausten Vorhang die Staubsaugerdüse erspäht, das Geräusch, das entsteht, wenn der kleine Beutel mit «Demonstrationsschmutz» auf den Teppich gestreut wird, und verschiedene bombastische Zwischenrufe, die die spirituellen Qualitäten von Chrom, Gummi, Elektrizität und einem ordentlich gereinigten Haushalt repräsentieren. Das ganze Geschehen wird aus sicherer Entfernung von Patricia, dem Hund im Hochstuhl, beobachtet.»
EDITORIAL
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FRANK ZAPPA
JOJO MAYER
«Meine erste Boulez-Aufnahme kaufte ich mir, als ich in der zwölften Klasse war. Es war Le Marteau Sans Maitre, eine Einspielung von Columbia, dirigiert von Robert Craft und mit Zeitmasse von Stockhausen auf der anderen Seite. Ich wusste bis dato nichts über Zwölftonmusik, aber mir gefiel, wie es sich anhörte. Da ich keine musische Bildung im eigentlichen Sinne genossen hatte, machte es für mich keinen Unterschied, ob ich Lightnin‘ Slim, eine Sängergruppe namens Jewels […] oder Webern, Varèse oder Strawinsky hörte. Für mich war all das gute Musik.»
Sergé «Jojo» Mayer, geboren 1963 in Zürich, ist ein in New York lebender Schweizer Schlagzeuger. Der Sohn des Bassisten Vali Mayer bekam sein erstes Schlagzeug im Alter von zwei Jahren. Seine Fähigkeiten erwarb er weitgehend autodidaktisch.
Komponist
Schlagzeug
Ausgehend von früheren Kollaborationen mit Jazz-Grössen wie Nina Simone, Monty Alexander oder Dizzy Gillespie, hat er seit Ende der 1990er Jahre mit seinem Trio «Nerve» eine persönliche Ästhetik und innovative Technik entwickelt, die weltweit für viele Schlagzeuger stilbildend wurde.
«Ein Komponist ist ein Typ, der durch die Welt spaziert und ahnungslosen Luftmolekülen seinen Willen aufzwingt, oftmals mit der Unterstützung ahnungsloser Musiker. […] In meinen Kompositionen bediene ich mich einem System aus Gewichten, Gleichgewichten, gemessenen Spannungen und Entspannungen – in gewisser Weise vergleichbar mit der Ästhetik von Varèse. Die Ähnlichkeiten lassen sich am besten aufzeigen, wenn man den Vergleich mit einem Mobile von Calder anstellt, einem mehrfarbigen Dingsda, das irgendwo hängt und aus großen Metallkleksen besteht, die durch Drahtstücke miteinander verbunden sind, genialerweise ausbalanciert durch kleine Metallböbbelchen auf der anderen Seite.»
Teil dieser Ästhetik besteht darin, Elemente gewisser Strömungen der urbanen elektronischen Musik, namentlich Funk, Jungle oder Drum and Bass, mit akustischen Mitteln neu zu erzeugen. Mayer bezeichnet diesen Prozess als «reverse engineering». Weil es dabei um eine improvisatorisch entwickelte Neuschöpfung geht, werden die Genres, aus denen sich dieser Prozess speist, gleichsam transzendiert und reflektiert. 2017 erhielt Jojo Mayer den Schweizer Musikpreis, zur gleichen Zeit erschien über ihn der Dokumentarfilm «Changing Time». 2019 spielte er zusammen mit dem Jack Quartet am Lucerne Festival.
«Ich finde die Musik der Klassik langweilig, weil sie mich an ‹Malen nach Zahlen› erinnert. Da gibt es Dinge, die die Komponisten dieser Zeit nicht machen durften, da man sie als Überschreitung der industriellen Regeln ansah. Regeln die festlegten, ob es sich bei dem Stück um eine Symphonie, eine Sonate oder was auch immer handelte. All die Normen, wie sie in alten Zeiten eingehalten wurden, gab es nur deshalb, weil die Typen, die die Aufträge erteilten, wollten, dass die Musik, die sie bezahlten, auf eine bestimmte Art und Weise klang.»
BALDUR BRÖNNIMANN Dirigent
Baldur Brönnimann, 1968 in Basel geboren und in Pratteln aufgewachsen, ausgebildet an der Musik-Akademie Basel und am Royal Northern College of Music in Manchester, ist einer der führenden Dirigenten für zeitgenössische Musik – und seit 2016 Principal Conductor der Basel Sinfonietta.
«Leute, es ist vorbei. Kommt zur Vernunft – schliesst Bausparverträge ab. Das Mindeste, was man tun kann, ist seinen Studenten zu sagen: Tut es nicht! Stoppt diesen Wahnsinn! Schreibt nicht noch mehr moderne Musik!»
Baldur Brönnimann arbeitet regelmässig mit renommierten zeitgenössischen Komponistinnen und Komponisten wie John Adams, Kaija Saariaho, Unsuk Chin, oder Georg Friedrich Haas zusammen. Er tritt mit führenden Ensembles für zeitgenössische Musik auf, darunter das Klangforum Wien und das Ensemble Intercontemporain, das er bei den BBC Proms dirigierte.
OLIVER WAESPI Komponist
Oliver Waespi, geboren 1971 in Zürich, studierte Komposition sowie Orchesterleitung und Filmmusik an der Hochschule für Musik und Theater Zürich und ergänzte seine Studien an der Royal Academy of Music in London. Dabei erhielt er wichtige Impulse von Gerald Bennett, Andreas Nick, Simon Bain-bridge, André Bellmont, Sylvia Caduff, Peter Maxwell Davies, Brian Elias, Klaus Huber, Mark Kissoczy und Alfred Reed.
2020 beendete er seine erfolgreiche sechsjährige Amtszeit als Chefdirigent des Orquestra Sinfónica do Porto Casa da Música. Von 2011 bis 2015 war er künstlerischer Leiter von BIT20, dem führenden Ensemble für zeitgenössische Musik in Norwegen. Zudem stand er von 2008 bis 2012 dem National Symphony Orchestra of Colombia in Bogotá als musikalischer Leiter vor. Baldur Brönnimann ist bei Festivals wie Wien Modern, Darmstadt und Mostly Mozart at Lincoln Center in New York City aufgetreten. Zu den Höhepunkten der letzten Saison gehörten Besuche beim Radio-Sinfonieorchester Frankfurt und beim RSO Wien im Musikverein. 2020 gab er sein Debüt beim Barcelona Symphony Orchestra mit Emmanuel Pahud als Solist. In der aktuellen Saison tritt er mit dem WDR Sinfonieorchester und dem Royal Stockholm Philharmonic Orchestra auf.
Als Komponist operiert Oliver Waespi gleichsam zwischen musikalischen Welten. Stücken, die Volksmusik und alte Musik reflektieren, stehen Werke gegenüber, die sich mit rhythmischen Prozessen im orchestralen Kontext und einem musikalisch gedachten urbanen Raum auseinandersetzen. Hierzu gehören beispielsweise «Viaduct» für das BBC Philharmonic Orchestra oder «Audivi Media Nocte», welches in zahlreichen Ländern von führenden Ensembles aufgeführt wird. Dabei findet oft auch ein Brückenbau zwischen unterschiedlichen Ästhetiken und ungewohnten Besetzungsformen statt, wie etwa in «At the Crossroads» für die Jenaer Philharmonie und Brass Band oder «Aus Schatten» für 4 Solohörner und Orchester. Oliver Waespis Musik wurde u.a. am George EnescuFestival, im Rahmen der «Hear and Now»-Konzertserie der BBC, am Festival Sibelius 150, am Gstaad Menuhin Festival präsentiert. Zu seinen zahlreichen Auszeichnungen gehören der George Enescu-Preis 2003, der Kompositionspreis 2011 des Eidgenössischen Orchesterverbandes, der NBA Revelli Award 2013 in den USA, oder der International BUMA Brass Award 2015. Neben seiner Kompositionstätigkeit leitet OIiver Waespi regelmässig Workshops, ist als Juror tätig und unterrichtet an der Hochschule der Künste Bern.
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