Engelsloge n°53

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Ballett

Laurent Hilaire ist ein besonnener Mann. Er hält inne, nachdem er etwas gefragt wird, überlegt und antwortet dann ausführlich. Geht Ecken, beschreibt Hindernisse in seinem Denken. Und gelangt zu einem nachvollziehbaren Schluss. Ein solcher Entschluss war es für ihn, Russland zu verlassen. Im Februar 2022, kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine, hat Laurent Hilaire seine Compagnie, seine Tänzer und seine künstlerische Arbeit am StanislawskiTheater in Moskau hinter sich gelassen. Seit 2017 war er dort Ballettdirektor gewesen. Und da kurz darauf in München, am Bayerischen Staatsballett, eine ähnliche, wenn auch umgekehrte Geschichte stattfand – Direktor Igor Zelensky verließ seinen Posten am Bayerischen Staatsballett – fügte sich Hilaires Beschluss sehr gut. Seit Mai 2022 ist Laurent Hilaire neuer Ballettchef in München. Der Weg dahin war ein ungewöhnlicher und ein ungewöhnlich kurzer. Künstlerisch aber passt das wunderbar, welch ein Glück für die Stadt und das Ensemble. Bei Hilaires Arbeit liegt der Fokus auf der künstlerischen Ausformung von Stil und Technik der Tänzer. Hilaire choreographiert nicht selbst – er habe nie ein Bedürfnis danach gehabt, erklärt er im Interview. Aber er habe eine Vision, was eine Compagnie als Gruppe künstlerisch sein und werden kann. Das ist nun zunächst einmal etwas viel Abstrakteres als zu einer bestimmten Musik Bewegungen schaffen zu wollen. Hilaire muss diese Gruppe von etwa 70 Tänzern und Einzelkünstlern als Ganzes begreifen – um zu sehen, was in dieser Gruppe steckt, wohin sie sich entwickeln kann, was er von dieser Gruppe von Menschen auf einer Bühne in einer Choreographie in ein paar Jahren sehen will. Sicher hilft es da, dass Hilaire in einer der berühmtesten

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... aber die Füße auf der Erde! Laurent Hilaire vereint russischfranzösische Ballettkunst wie vielleicht kein zweiter. Was hat er in München vor?

Compagnien der Welt groß geworden ist: Er wurde an der Ballettschule der Pariser Oper ausgebildet. 1975, mit 13 Jahren, begann er dort zu studieren. Davor habe er nicht getanzt, sondern geturnt. Dort wurde sein Talent entdeckt und seiner Familie ein Vortanzen an der berühmten Schule empfohlen. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es in seinem familiären Umfeld niemanden mit Theaterbezug. Ziemlich schnell stand er dann auch schon das erste Mal auf der Bühne. „Ich habe im September mit der Ausbildung begonnen“, erzählt er, „und bereits im Januar das erste Mal auf der Bühne gestanden, in Dornröschen“. Das sei gleichzeitig das erste Mal gewesen, dass er ein Ballett auf einer Bühne aufgeführt sah. Auch im Fernsehen hat er sich zuvor nie Ballett angesehen. „Ich wollte kein Tänzer werden, ich wollte turnen“, erinnert er sich. Doch das änderte sich mit der ersten Bühnen- und Balletterfahrung schnell: „Es war toll: Ich schaute auf den Prinzen im Pas de deux des dritten Aktes und war fasziniert.“ Von dem Moment an habe er gewusst, was er werden wolle: Étoile. Das hat dann auch ganz prima geklappt. 1979 wurde er ins Corps de ballet aufgenommen, 1985 machte Rudolf Nurejew den langgliedrigen Tänzer zum Étoile, 22 Jahre tanzte er auf dieser Position. In der Ballettwelt ist das alles legendär – die Pariser Schule, die Compagnie, vor allem unter der Direktion von Nurejew, oder auch Hilaires langjährige Bühnenpartnerin in Paris, Sylvie Guillem. In Hilaires Stil und Technik, Darstellung und Ausdruck zeigt sich genau dieser Hintergrund: Französische Ausbildung gepaart mit russischer Praxis. Doch worin liegen für Hilaire die stilistischen Unterschiede der beiden ästhetischen Schulen? Wenn der Franzose

Engelsloge

FOTO: JULIAN BAUMANN

DIE HÄNDE ZUM HIMMEL ...


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