BBB Nachrichten Januar/Februar 2018

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Die Verhandlung zum Streikverbot von Beamten Seite 6

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Ein kurzer Ausblick auf das gerade angelaufene Jahr

JAN | FEB 2018 B 2428 E ISSN 0173-3796

NACHRICHTEN

Seite 12

V ERBAND

Digitalisierung stärker vor­antreiben Seite 28

IM FOKUS

ZEITSCHRIFT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST IN BAYERN

KEINE EINHEITSVERSICHERUNG DURCH DIE HINTERTÜR!  Seite 14



EDITORIAL

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 18

SIE HABEN FRAGEN? WIR SIND FÜR SIE DA.

Christine Bodony Beamten- und Laufbahnrecht bodony@bbb-bayern.de

Vanessa Kasperkowitz Versorgung, Rechtsschutz, Personalvertretungsrecht kasperkowitz@bbb-bayern.de

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LIEBE LESERINNEN UND LESER, kennen Sie diese Menschen, die man am Telefon hat und sofort wieder auflegen möchte? Die Ihnen schon mit den ersten Silben zu verstehen geben, dass Sie nicht erwünscht sind? Die Ihnen mit Ihrer anlasslosen und überbordenden Unfreundlichkeit den Tag vermiesen, obwohl eigentlich alles ganz gut lief? Was ist mit denen nur los? Dabei wäre es so leicht. Ein nettes „Hallo, worum geht’s?“ und an beiden Seiten des Telefons fühlt man sich besser! Das ist wie an schlechten Tagen in den Spiegel schauen und sich anlächeln! Funktioniert immer ... Ich wünsche mir mehr gute Laune am Telefon! – Speziell bitte von der Dame, mit der ich gestern tele­foniert habe ;-) Für die Redaktionsarbeit hier im BBB gilt zum Glück ganz anderes – uns macht die Arbeit sehr viel Spaß. Gleich zum Jahresauftakt können wir von der Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht zum beamtenrechtlichen Streikverbot berichten. Dr. Michael Luber aus dem Bayerischen Staatsministerium für Finanzen, Landesentwicklung und Heimat war vor Ort und konnte dem BBB-Hauptvorstand aus erster Hand berichten. Mehr als spannend!

Annette Ondracek Versorgung, Rechtsschutz ondracek@bbb-bayern.de

Michael Rosch Besoldungs- und Tarifrecht, Beihilfe, Kreisausschüsse

In Bayern gibt es neue Erkenntnisse zur Anrechnung von Leis­ tun­gen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen auf die Versorgungsbezüge. Für uns ein gern genommener Anlass, dieses Thema in der Rubrik „Im Überblick“ grundlegend zu beleuchten. Eine nicht ganz einfache Materie, bei der sich immer wieder Fragen ergeben. Apropos Fragen ... Sollten sich bei Ihnen Fragen ergeben: Rufen Sie uns gerne an! Wir freuen uns! Das mit dem Spiegellächeln haben wir schon lange verinnerlicht und telefonieren können wir auch! Mit fröhlichen Grüßen aus der Redaktion

rosch@bbb-bayern.de

Anette Egle Chefredakteurin BBB-Nachrichten redaktion@bbb-bayern.de


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INHALT

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6 DIE VERHANDLUNG ZUM STREIKVERBOT VON BEAMTEN

12 EIN KURZER AUSBLICK AUF DAS GERADE ANGELAUFENE JAHR

ZUR AKTUELLEN LAGE 5 Schon mitten drin im Jahr 2018! Rolf Habermann, Vorsitzender

BAYERN 6 Vor Ort beim Bundesverfassungsgericht: Die Verhandlung zum Streikverbot von Beamten 8 Beschäftigung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Dienst 9 Das Personal- und Organisationsreferat der Landeshauptstadt München stellt sich vor: HR für eine Millionenmetropole 10 Die Bayerische Ehrenamtskarte: Ein Zeichen der Anerkennung 11 Beamtenrechtlicher Datenschutz wird an EU-Recht angepasst 11 Beteiligungen und Veröffentlichungen 12 Die Fraktionen im Bayerischen Landtag: Ein kurzer Ausblick auf das gerade angelaufene Jahr

IM FOKUS 14 TITELTHEMA: Keine Einheitsversicherung durch die Hintertür!

BUND 18 Pensionierungen von Lehrkräften im Jahr 2016 leicht zurückgehend – Ruhestandseintritte auf Grund von Dienstunfähigkeit nahezu unverändert 18 dbb Forum Behindertenpolitik 2018: Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung der Arbeitswelt 19 Digitaler Wandel im öffentlichen Dienst: Gesetzliche Arbeitszeitregelungen schützen und weiterentwickeln 19 Bericht: „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2016“

28 DIGITALISIERUNG STÄRKER VORANTREIBEN

TARIF 20 TVöD-Einkommensrunde beginnt im Februar 21 dbb Bundestarifkommission: Neue Aufgaben und ganz viele dicke Bretter

BEAMTENRECHT 22 Im Überblick: Was wird auf die Versorgung angerechnet? 23 Versorgung: Bayerischer Verfassungsgerichtshof entscheidet erneut über Anrechnungsvorschrift 24 EuGH: Mindestgröße für Polizisten kann Frauen diskriminieren 24 Beihilfe für eine vorsorgliche Brustdrüsenentfernung bei erhöhtem Brustkrebsrisiko 25 Elternzeit & Mutterschutz

TARIFRECHT 26 Tarifpflege: Tarifverträge zur Weiterentwicklung des TVöD 27 Tarifeinheitsgesetz: dbb klagt vor Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte 27 Urlaubsanspruch: Differenzierung zulässig

VERBAND 28 dbb Jahrestagung 2018: Jahresauftakt in Köln: Digitalisierung stärker vorantreiben 30 VLTD-Landesversammlung 30 Kreisausschuss Schwandorf 30 Kreisausschuss Passau: „Fasching einmal anders“ 31 Kreisausschuss Bamberg: Traditioneller Neujahrsempfang 31 Zahlen, Daten, Fakten 2018


ZUR AKTUELLEN LAGE

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SCHON MITTEN DRIN IM JAHR 2018! Liebe Kolleginnen und Kollegen,

JAHRESAUFTAKTGESPRÄCH UNTER LANGJÄHRIGEN PARTNERN

Dominik Mürb, Regionaldirektor Bayern, Michael Lutz, Direktor Öffentlicher Dienst, und Frank Stöcker, Direktionsleiter Öffentlicher Dienst (v. l. n. r.) von der BBBank zu Besuch bei Rolf Habermann (2. v. r.) in der Geschäftsstelle des BBB Mitte Januar.

die erste Ausgabe eines jeden Jahres bietet immer Gelegenheit, einen Blick auf die bevorstehenden Monate zu werfen. Dieses Mal versprechen schon die kommenden Tage wegweisende Weichenstellungen! Während ich diese Zeilen schreibe, ist der Ausgang der Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene noch völlig offen. Wenn Sie sie lesen, wissen wir vermutlich bereits, wie das Ergebnis lautet. Und seine Inhalte. Das Thema Einheitsversicherung ist uns schon lange ein Dorn im Auge. Im ersten Anlauf ist es gescheitert. Jetzt versucht es die SPD gewaltsam durch die Hintertür zu pressen. Egal wie die Gespräche enden, es ist an der Zeit, hier nochmal alle Fakten auf den Tisch zu legen. Auch mit der „einheitlichen Abrechnung“ in gesetzlicher und privater Krankenversicherung, oder ähnlichen Lösungen, wie dem beihilfekonformen gesetzlichen Tarif bei erweiterten Leistungen, ändert sich nichts am grundsätzlichen Problem. Tatsache ist und bleibt: Der gesetzlichen Gesundheitsvorsorge fehlt es an finanziellen Mitteln. Derzeit ist sie auf die Quersubventionierung der Privaten Versicherer angewiesen. Der demographische Wandel, mit dem immer mehr Ältere immer weniger jüngeren Arbeitnehmern gegenüberstehen, stellt eine weitere hohe Hürde für das direkt aus den Beitragseinnahmen und Steuermitteln finanzierte gesetzliche System dar. Die Private Krankenversicherung sichert nicht nur den Wettbewerb, sondern muss sich im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Betätigung schon gegen den künftigen Wandel in ihrer Versichertenstruktur absichern. Erhält sie bei einer einheitlichen Abrechnung in beiden Systemen dann auch Zuschüsse aus Steuermitteln? Und wie soll das alles mit gleichbleibendem Umsatzvolumen bewerkstelligt werden? Ganz zu schweigen von den Kosten einer solchen Umstellung! Wenn wir ein komplett neues Gesundheitssystem aufbauen müssten, könnte man über vieles reden. Aber unter den gegebenen Umständen muss man klüger an den Stellschrauben drehen. So wie das Thema derzeit angegangen wird, wird die Gesundheitsvorsorge für alle Menschen schlechter und teurer. Momentan macht es fast den Eindruck, dass nicht mehr nur die Inhalte entscheidend sind.

Die Schaffung bestmöglicher Lebensverhältnisse scheint mancherorts dem schieren Machterhalt oder – an anderer Stelle – dem Kampf um die letzte Möglichkeit zur Rettung eines „Lebensziels Bürgerversicherung“ gewichen zu sein. Da darf man nicht mitmachen! Und auch nicht die Augen verschließen! Schon derzeit werden wir international um unser Gesundheitssystem beneidet. Niemand verneint Korrekturbedarf. Aber bitte auf Grundlage der Fakten! Ich vertraue auf die unzähligen ganz klaren Zusagen, die wir in dieser Hinsicht haben. Der Bayerische Ministerpräsident selbst, seine Partei, seine Kollegen in Bund und Land haben versprochen, sich in aller Deutlichkeit gegen solche Bestrebungen zu stellen. Meine Damen und Herren, darauf vertrauen und zählen wir! Ganz andere, aber umso spannendere Entscheidungen wird uns die Rechtsprechung bringen. Das Bundesverfassungsgericht will in diesem Jahr das Urteil zum Streikverbot von Beamten fällen. Nach der mündlichen Verhandlung bin ich sehr zuversichtlich. Der Bundesinnenminister selbst hat vor Gericht deutlich gemacht, wie wichtig ihm das Berufsbeamtentum ist. Für streikende Beamte hat unsere Staatsform keinen Platz! Wir wollen jederzeit und zuverlässig sämtliche staatlichen Leistungen zur Verfügung stellen! Damit verträgt sich das Streikverbot nicht! Last but not least wird sich in diesem Jahr auch ganz Wesentliches in der Landespolitik tun. Nachdem zunächst der Wechsel im Amt des Ministerpräsidenten vollzogen wird, stehen im Herbst die Landtagswahlen an. Der Wahlkampf läuft sich bereits warm. Ein Einknicken auf Bundesebene in Sachen „Einheitsversicherung“ würde für so manchen einen schweren Start bedeuten. Ich freue mich auf ein weiteres gemeinsames Jahr und verbleibe mit den besten Grüßen Ihr

Rolf Habermann Vorsitzender Bayerischer Beamtenbund e.V.


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VOR ORT BEIM BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

DIE VERHANDLUNG ZUM STREIKVERBOT VON BEAMTEN Dr. Michael Luber, Ministerialrat und Referatsleiter in der Personalabteilung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat war der Vertreter vor Ort, als sich das Bundesverfassungsgericht Mitte Januar mit dem Streikverbot von Beamten zu befassen hatte. Für den BBB-Hauptvorstand fasste er das Geschehen zusammen.

Zum Hintergrund: Eine verbeamtete Lehrerin aus Nordrhein-Westfalen (eine der insgesamt vier Beschwerdeführer vor dem Bundesverfassungsgericht) hatte sich an einem Warnstreik beteiligt, woraufhin gegen sie eine Disziplinarmaßnahme verhängt wurde. Hiergegen ging sie unter Berufung auf ihre verfassungsrechtlich verankerte Koalitionsfreiheit (Art. 9 des Grundgesetzes) durch alle Instanzen vor. Denn dazu zähle auch das Recht auf Streik. Das Bundesverwaltungsgericht stellte im Jahr 2014 fest, dass für alle Beamten ein generelles Streikverbot mit Verfassungsrang als hergebrachter Grundsatz im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG bestehe. Allerdings sah es auch eine Kollision mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Denn dort stehe den Staatsbediensteten, die nicht der hoheitlichen Staatsverwaltung angehören, ein Streikrecht zu. Eine solche Zweiteilung des Staatsdienstes kennt das deutsche Recht allerdings nicht. Nun wartet man auf klärende Worte aus Karlsruhe, dem Sitz des Bundesverfassungsgerichts.

STARKE PRÄSENZ VOR ORT

Informationen aus erster Hand: Ministerialrat Dr. Michael Luber vertrat den Freistaat Bayern bei der mündlichen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichtes.

Vor Ort arbeitete man mit großem Aufgebot: Die Abgesandten aus Bund und Ländern umfassten rund 50 Personen, von der politischen Ebene Bundesinnenminister Thomas de Maizière sowie die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien , der Hamburger Justizsenator Dr. Till Steffen und Staatssekretär Mathias Richter aus dem Ministerium für Schule und Bildung, Nordrhein-Westfalen. Für den dbb war der Verfassungsrechtler Prof. Dr. Matthias Pechstein vor Ort. Die ersten Vorbesprechungen abseits des Gerichtssaals

starten um 8.30 Uhr, um 10.00 Uhr tritt man in die mündliche Verhandlung ein. Inhaltlich gab das Gericht die Reihenfolge vor: Man wolle sich zunächst mit Verfassungsrecht, anschließend mit europarechtlichen Vorgaben und zuletzt mit den praktischen Auswirkungen der Angelegenheit befassen.

DE MAIZIÈRE STELLT SICH VOR BEAMTENTUM Als besonders beeindruckend schilderte Dr. Luber dem BBB-Hauptvorstand die Ausführungen des Bundesinnenministers. De Maizière stellte klar heraus, dass gerade die ununterbrochene und zuverlässige Verfügbarkeit der Beamten für einen funktionierenden Staat unerlässlich sei. Mit einer funktionalen Unterscheidung der Tätigkeiten von Beamten komme man hier nicht weiter. Wo z. B. wolle man unterscheiden, ob der IT-Beamte hoheitlich tätig sei oder nicht. Auch wenn es letztendlich um Technik gehe, werde er immer in einem hochsensiblen Bereich tätig, der dem Schutz vor Angriffen durch Schadsoftware oder der Kriminalitätsbekämpfung diene. Allein maßgeblich könne nur der Status sein. Das Land Sachsen erläuterte die Gründe, warum dort nach der Wende Lehrkräfte nicht verbeamtet wurden. Außerdem wurde zu den Streikerfahrungen Stellung genommen: Durch Warnstreiks sei es bereits zu Schulstundenausfällen gekommen, die allerdings zu bewältigen gewesen wären. Derzeit stellt sich die Lage allerdings auch so dar, dass ein Erzwingungsstreik im Rahmen von Tarifverhandlungen kaum sinnig wäre. Sachsen ist in die Tarifgemeinschaft deutscher


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Aufmerksame Zuhörer bei den Ausführungen von Dr. Luber

Länder (TdL) eingebunden. Finden hier Tarifverhandlungen statt, kann nicht ein einzelnes Bundesland bestreikt werden. Zudem – so de Maizière – der früher Staatsminister in Sachsen war – handle es sich dort um einigungsbedingte Sonderkonzepte.

STREIKRECHT UND AMTSANGEMESSENE ALIMENTATION? Bei den Fragen zur praktischen Umsetzbarkeit eines Streikrechts zeigten sich die größten Verwerfungen. Die die Beschwerdeführer unterstützende Gewerkschaft (die nicht dem dbb angeschlossen ist) konnte kein schlüssiges Konzept präsentieren, wie ein Streikrecht künftig zu handhaben sei. Ausgangspunkt solle die amtsangemessene Alimentation sein. Die pointierte Rückfrage des Bundesverfassungsgerichts, ob mit einem Streik dann offenbar eine Überalimentation erstritten werden solle, konnte nicht beantwortet werden. Zudem hätten die Beamten aus dem „hoheitlicheren“ Bereich – denen kein Streikrecht zustehe – dann mit der niedrigeren, aber amtsangemessenen Alimentation zu leben. Ein nicht zu überbrückender

Zwiespalt, der in die Tiefen des Berufsbeamtentums eingreift. Eine weitere Frage des Gerichts zielte darauf ab, ob Beamte sich auch ohne Streikrecht ausreichend Gehör verschaffen könnten. Das versicherten sowohl der Bundesinnenminister als auch der Vertreter des dbb, Prof. Dr. Matthias Pechstein.

WAS VERLANGT DAS EUROPÄISCHE RECHT? Schwieriger allerdings gestalte sich die europarechtliche Komponente. Hier sei zu bedenken, dass die Entscheidungen, die auf eine Kollision mit der EMRK schließen lassen, zu türkischem Recht ergangen seien, und der Vortrag der dortigen Parteien teilweise lückenhaft ergangen sei. Noch ist offen, welche Folgen sich aus dieser Sachlage ergeben. Gegebenenfalls bleibt die unmittelbare Wirkung dieser Rechtsprechung angesichts völlig unterschiedlicher politischer und rechtlicher Ausgangslagen begrenzt. Eine Lösung könnte darin liegen, dass die Fortentwicklungsklausel des Art. 33 Abs. 5 GG mit der Schrankennorm des Art. 11 Abs. 2 EMRK mit einer gesetzlichen Präzisierung der Verbeamtungskriterien koordiniert wird.

FAZIT Nach Einschätzung von Dr. Luber wurde in der mündlichen Verhandlung sehr deutlich, dass eine Änderung am deutschen System des öffentlichen Dienstes massive negative Konsequenzen hätte, zumal auch die Personalgewinnung deutlich erschwert würde. Ein ständiger Wechsel zwischen unterschiedlichen Bereichen des hoheitlichen – oder eben nicht-hoheitlichen – Handelns sei kaum praktikabel. Ein deutliches Zeichen habe auch der Bundesinnenminister gesetzt, der durchgehend der Verhandlung beigewohnt habe. Er habe zudem betont, dass die Bundesregierung neben der juristischen Betrachtung als Spitze der Exekutive ein Streikrecht für Beamte entschieden ablehne. Mit seinen dezidierten Ausführungen habe er nachdrücklich zu verstehen gegeben, dass die Exekutive auf jederzeit verfügbare Beamte nicht verzichten könne und nicht verzichten wolle. Dr. Luber betonte, die Bund-LänderSeite habe eine sehr schlüssige und wirkungsvolle Argumentation auf höchstem juristischen Niveau geboten und sei dadurch der Bedeutung des Verfahrens in jeder Hinsicht gerecht geworden.


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Beschäftigung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Dienst Am 05.12.2017 wurde der Bericht der Staatsregierung über die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Dienst des Freistaates Bayern für das Kalenderjahr 2016 im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes von MDirig Dr. Alexander Voitl erstattet.

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m 31.12.2015 lebten 1.145.467 schwerbehinderte Menschen in Bayern. Dies entspricht einem Anteil an der Gesamtbevölkerung im Freistaat von 8,92 Prozent. Von je 100 Einwohnern waren in den Altersgruppen von 0 – 34 Jahre 7,6 %; von 35 – 59 Jahre 21,4 % von 60 – 64 Jahre 36,5 % und über 65 Jahre 24,4 % als schwerbehindert anerkannt.

Bei den Ursachen für eine anerkannte Behinderung ist die Gruppe der im Laufe des Lebens erworbenen Krankheiten mit 90,5 % signifikant am häufigsten. Danach folgen angeborene Erkrankungen mit 4,9 %, Unfälle mit 2,5 % und sonstige mit rund 2,1 %. In der Jahressumme waren insgesamt 3.326.983 Arbeitsplätze nach § 73 SGB IX (ab 01.01.2018: § 156 SGB IX) zu berücksichtigen. Auf Grund der geltenden Pflichtquote von 5 % errechnet sich eine Beschäftigungspflicht von 166.349 Arbeitsplätzen. Tatsächlich waren im Jahr 2016 beim Freistaat Bayern 188.533 Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt. Dies entspricht einer Beschäftigungsquote von 5,67 Prozent. Die Beschäftigungsquote liegt damit erneut über der gesetzlichen Pflichtquote. Eine Ausgleichsabgabe war daher nicht zu leisten. Dennoch ist festzustellen, dass die Beschäftigungsquote bereits im fünften Jahr leicht rückläufig ist. Diese Tendenz kann der Altersstruktur in den Dienststellen geschuldet sein. Aktuell und in den kommenden Jahren gehen viele Kolleginnen und Kollegen in die Rente bzw. Pension. Um die Beschäftigungsquote mindestens zu halten bzw. wieder weiterzuentwickeln, gilt es frühzeitig gegenzusteuern. Ein Instrument ist die Erhöhung der Stellensperre nach Artikel 6c BayHG von jährlich 150 auf 200 Stellen. Aus Sicht der Schwerbehindertenvertretung ist dies ein guter Ansatz. Es bedarf aber weitere Anstrengungen, um die Beschäftigungsquote mindestens zu halten. Wünschenswert wäre ein spezielles Stellensonderprogramm zur Einstellung zusätzlicher schwerbehinderter Menschen. Diese zusätzlichen Stellen könnten den Dienststellen zugewiesen werden, die bereits jetzt ihre Beschäftigungspflicht deutlich übererfüllen. Die Ressorts erfüllen die Beschäftigungsquote sehr unterschiedlich. Das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration ist mit 13,98 % und die Bayerische Staatskanzlei mit 10,35 % vorbildlich. Das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst ist hingegen das einzige Ressort, welches mit 4,14 % deutlich unter der Beschäftigungspflichtquote von 5 % liegt.

Am Stichtag zum 31.12.2016 waren von 14.821 schwerbehinderten Bediensteten (ohne Mehrfachanrechnungen) 7.910 Frauen. Der Anteil beträgt somit 53,37 %. Der Anteil ist damit höher als das Verhältnis Frauen/Männer aller in Bayern lebender schwerbehinderter Menschen (48,66 Prozent). Die Zahl der gesamten Neueinstellungen beim Freistaat Bayern belief sich 2016 auf 24.945 Personen. Davon waren 536 Personen schwerbehindert. Der Anteil schwerbehinderter Menschen lag bei 2,15 % und somit höher als im Vorjahr (2,09 %). Der Anteil der schwerbehinderten Menschen an den Auszubildenden und Anwärtern liegt mit 2,64 % nur leicht unter dem Vorjahreswert und weiterhin über dem statistischen Anteil schwerbehinderter Menschen in der einstellungsrelevanten Altersgruppe. Die Einstellungssituation ist weiterhin schwierig. Dies liegt u. a. auch an der relativ geringen Zahl an Menschen mit Behinderungen in den relevanten Altersgruppen. Es müssen aber auch bestimmt weiterhin „Barrieren in den Köpfen“ der Personalverantwortlichen abgebaut werden. Menschen mit Behinderung sind leistungsfähig und –willig. Die berufliche Inklusion ist ein wichtiger Beitrag zur gleichberechtigten Teilhabe am Leben der Gemeinschaft. Frau Badura, Behindertenbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung ging in ihrem Statement u. a. auf die zentrale Funktion der Schwerbehindertenvertretungen ein. Die Schwerbehindertenvertretungen wirken als Motor der Inklusion in den Dienststellen. Zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben ist es von zentraler Bedeutung, dass sie vom Arbeitgeber in die Lage versetzt werden, ihre Pflichten erfüllen zu können. Hierzu bedarf es z. B. bei kleiner Dienststellen einer entsprechenden Teilfreistellung. Dies sollte in den Teilhaberichtlinien, die gerade überarbeitet werden, verankert werden. Sie unterstützt den Vorschlag der AGSV Bayern. Beitrag: Wolfgang Kurzer, Hauptvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen (Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat) und Vorsitzender der AGSV Bayern Weitere Details zum Bericht 2016 finden Sie unter: www.agsv.bayern.de


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DAS PERSONAL- UND ORGANISATIONSREFERAT DER LANDESHAUPTSTADT MÜNCHEN STELLT SICH VOR

HR für eine Millionenmetropole Personalmanagement ist heute eine komplexe und anspruchsvolle Aufgabe. Die Zeiten, als der Schwerpunkt des Personal- und Organisationsreferats (POR) in der Landeshauptstadt München noch auf administrativen Arbeiten wie Lohnbuchhaltung, Vertragsgestaltung und Austrittsabwicklung lag, sind lange vorbei.

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n einer prosperierenden Millionenstadt liegt der Fokus heute mehr auf gestalterischen und strategischen Aufgaben. München wächst und wächst – Prognosen zufolge auf über 1,8 Millionen Einwohner bis 2035. Hierbei muss die Stadtverwaltung natürlich Schritt halten. Deshalb geht es heute ganz besonders darum, qualifiziertes Personal zu gewinnen und langfristig zu binden. Nur so wird die Stadt auch in Zukunft gut funktionieren und so liebens- und lebenswert bleiben. Daher stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei unserer Arbeit im Mittelpunkt, sie sind unsere wichtigste Ressource. Personalentwicklung, Personal- und Ausbildungsmarketing, Kompetenzmanagement, Gleichstellung, betriebliches Gesundheitsmanagement, Personalrecht, Personalcontrolling, Personalhaushalt, Organisationsberatung, Wohnungsvermittlung und vieles mehr, das sind die Themen, die das Personal- und Organisationsreferat aktuell beschäftigen. Nicht zu vergessen: die Digitalisierung macht auch vor dem öffentlichen Dienst nicht Halt und das ist auch gut so. Gerade im Bereich Recruiting

und Talent Management sind neue Wege und der Kontakt über neue (soziale) Kanäle und Apps bei der Zielgruppe der Generationen Y und Z gefragt und vorausgesetzt. Auch die städtische Arbeitgebermarke soll in den nächsten beiden Jahren neu konzipiert werden. Ziel dabei ist, noch mehr die Attraktivität der Landeshauptstadt als sozialer Arbeitgeber sowie die Vielfalt und Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten zu vermitteln. Das POR mit seinen über 700 Beschäftigten an vier Standorten in München ist dabei ein Querschnittsreferat mit einem stadtweiten Aufgabenfeld. Seine Bedeutung zeigt sich auch an folgenden Zahlen: Das Referat ist verantwortlich für alle 38.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (davon 2.400 Nachwuchskräfte) in der Hoheitsverwaltung, den Eigenbetrieben und Stiftungen. Der Personalhaushalt der Landeshauptstadt beläuft sich auf über 2 Mrd. Euro, immerhin ein Drittel des gesamten Haushalts.

KURZLEBENSLAUF DR. DIETRICH Dr. Alexander Dietrich wurde am 24.07.1975 in München geboren, ist verheiratet und hat drei Kinder. Nach dem Abitur am Wittelsbacher-Gymnasium studierte er Rechtswissenschaften an der LMU München und arbeitete im Anschluss an das Referendariat zunächst als Rechtsanwalt in einer Wirtschaftskanzlei. 2006 wechselte er als Staatsanwalt zur Staatsanwaltschaft München II. Ende 2009 wurde Dr. Dietrich zum Richter am Amtsgericht München ernannt und war dort für Mietsachen zuständig. Im Sommer 2010 nahm er das Angebot an, als Referatsleiter bei der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag zu arbeiten, wo er vor allem auch für den Öffentlichen Dienst zuständig war. 2013 kehrte er als Richter an das Amtsgericht München zurück. Von Oktober 2013 bis Juni 2016 war Dr. Dietrich als ehrenamtlicher Stadtrat der Landeshauptstadt tätig. Seine Aktivitäten in der Kommunalpolitik reichen bis ins Jahr 1994 zurück, damals zunächst als einfaches Mitglied im Bezirksausschuss Moosach, und seit 1996 auch als dessen stellvertretender Vorsitzender. Seit 1. Juli 2016 führt der promovierte Jurist als Referent und berufsmäßiger Stadtrat das Personal- und Organisationsreferat.


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DIE BAYERISCHE EHRENAMTSKARTE

Ein Zeichen der Anerkennung In Zusammenarbeit mit kreisfreien Städten und Landkreisen vergibt der Freistaat Bayern eine Ehrenamtskarte, um ein „Dankeschön“ an besonders engagierte Bürger zu richten. Jeder, der in einem Landkreis oder in einer kreisfreien Stadt wohnt, die sich bei der Vergabe beteiligen, kann mit der Ehrenamtskarte Vergünstigungen erhalten, z. B. Preisnachlässe von großen Marken und Herstellern, Vergünstigungen z. B. bei Eintrittspreisen staatlicher Einrichtungen wie Museen, Burgen, Schlösser und der Seeschifffahrt, oder beim Besuch von Kulturund Freizeiteinrichtungen (z. B. Theater, Freizeitpark), Rabatte und Nachlässe bei kommunalen Anbietern und Einrichtungen wie z. B. Schwimmbäder, Apotheken, Friseure, etc., überregionale Verlosungen zur Teilnahme an exklusiven Veranstaltungen (z. B. Preisverlei-

hungen, Neujahrsempfänge, Ehrenamtskongress). Die blaue Ehrenamtskarte erhalten im Prinzip alle Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren, die sich freiwillig durchschnittlich fünf Stunden pro Woche oder bei Projektarbeiten mindestens 250 Stunden jährlich engagieren. mindestens seit zwei Jahren im Bürgerschaftlichen Engagement tätig sind. Inhaber einer Juleica (Jugendleitercard) sind. aktiv in der Feuerwehr sind – mit abgeschlossener Truppmannausbildung bzw. mit mind. abgeschlossenem Basis-Modul der Modularen Truppausbildung (MTA). als Einsatzkräfte im Katastrophenschutz und Rettungsdienst mit abgeschlossener Grundausbildung tätig sind. Die goldene Ehrenamtskarte ist unbegrenzt gültig. Erhalten können sie Inhaber des Ehrenzeichens des Ministerpräsidenten

Feuerwehrdienstleistende und Einsatzkräfte im Rettungsdienst und in sonstigen Einheiten des Katastrophenschutzes, die eine Dienstzeitauszeichnung nach dem Feuerwehr- und Hilfsorganisationen-Ehrenzeichengesetz (FwHOEzG) haben Ehrenamtliche, die nachweislich mindestens 25 Jahre mindesten 5 Stunden pro Woche oder 250 Stunden pro Jahr ehrenamtlich tätig waren. Nähere Informationen unter www.lbe.bayern.de/engagementanerkennen/ehrenamtskarte/ index.php


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Beamtenrechtlicher Datenschutz wird an EU-Recht angepasst Ab dem 25. Mai 2018 wird die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar gelten. Um Schwierigkeiten beim Ineinandergreifen des bayerischen Beamtenrechts und der Datenschutz-Grundverordnung zu vermeiden, müssen die bayerischen Vorschriften in Teilen aktualisiert werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf zur Anpassung der Datenschutzregelungen im Bayerischen Beamtengesetz an die Datenschutz-Grundverordnung sowie der Verbesserung der gesetzlichen Voraussetzungen für eine elektronische Führung von Personalakten und die Verbesserung der Beihilfeabrechnung lag dem BBB daher im Rahmen der Beteiligung zur Stellungnahme vor (Gesetzentwurf zur Änderung personalaktenrechtlicher und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften). Wie der Titel des Gesetzentwurfes vermuten lässt, enthält dieser darüber hinaus noch Änderungen des Leistungslaufbahngesetzes, des Bayerischen Besoldungsgesetzes, des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes, des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften. Ausdrücklich begrüßt wurden vom BBB im Rahmen seiner Stellungnahme vor allem die geplanten Vereinfachungen bei den Regelungen für die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 sowie die vorgesehene Abschaffung der Altersgrenzen (Vollendung des 27. Lebensjahres) für die Wahlen zu den Jugend- und Auszubildendenvertretungen. Darüber hinaus wurden vereinzelt noch in einigen Bereichen Verbesserungen/ Ergänzungen angeregt, so z. B. im Umzugskostengesetz sowie im Personalvertretungsrecht (Aufnahme der empfohlenen Richtwerte für Freistellungen in Dienststellen mit weniger als 400 Beschäftigten). Ergänzend zu dem oben dargestellten Gesetzentwurf wurde dem BBB eine geplante Neufassung von Art. 85 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 BayBeamtVG (Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Renten) zugeleitet. Diese Neufassung ist erforderlich im Hinblick auf eine aktuelle Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 6. Dezember 2017 (Az.: Vf 15-VII-13). Siehe hierzu auch im Beamtenrechts-Teil.

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BETEILIGUNGEN Verordnung zur Änderung der Bayerischen Schulordnung und anderer Schulordnungen Gesetzentwurf zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts (PAG-Neu­ordnungsgesetz) Verordnung zur Änderung der Fachakademieordnung (FakO) Entwurf der Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Errichtung staatlicher Schulen (Schulerrichtungsverordnung – SchErrichtV) Gesetzentwurf zur Änderung personalaktenrechtlicher und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften; Ergänzungsentwurf zur Neufassung von Art. 85 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 BayBeamtVG – siehe links, vgl. auch S. 22-23 Verordnung zur Änderung der Gymnasialschulordnung und weiterer Rechtsvorschriften

VERÖFFENTLICHUNGEN Bestimmungen zur Aufbewahrung und Aussonderung von Unterlagen bei den Finanzämtern [Aufbewahrungsund AussonderungsBek-FÄ – AufAusBek-FÄ]; FMBl. Nr. 17, Seite 537 Verordnung über Urlaub, Mutterschutz und Elternzeit der bayerischen Beamten [Bayerische Urlaubs- und MutterschutzverordnungUrlMV]; GVBl. Nr. 21, Seite 543 Gesetz zur Einführung des neunjährigen Gymnasiums in Bayern; GVBl. Nr. 22, Seite 571


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Thomas Kreuzer DIE FRAKTIONEN IM BAYERISCHEN LANDTAG

EIN KURZER AUSBLICK AUF DAS GERADE ANGELAUFENE JAHR Eines steht fest: 2017 wird ein spannendes Jahr. Im Herbst stehen in Bayern Landtagswahlen an. Mit den ersten Monaten des Jahres ist auch bereits der Wahlkampf angelaufen. Auf Bundesebene ist die Regierungsbildung bestimmendes Thema und in der Rechtsprechung stehen z. B. mit der Entscheidung zum Streikverbot von Beamten unter Umständen wegweisende Urteile an. Die im Bayerischen Landtag vertretenen Parteien haben für uns einen kurzen Jahresausblick gewagt.

VORSITZENDER DER CSU-FRAKTION IM BAYERISCHEN LANDTAG

2018 wird aus politischer Sicht ein sehr wichtiges Jahr. Zunächst gilt es, die Koalitionsverhandlungen in Berlin zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen. Unser Ziel ist es, weiterhin Stabilität und Ordnung in Deutschland zu gewährleisten sowie Arbeit und Wohlstand zu sichern. Ein Nachverhandeln der Sondierungsergebnisse wird es dabei mit der CSU nicht geben. Dies gilt insbesondere mit Blick auf Forderungen nach einer Bürgerversicherung, die wir klar ablehnen. Sie würde das Gesundheitssystem weder gerechter noch die Versorgung der Menschen besser machen. Gerade das Nebeneinander von privater und gesetzlicher Krankenversicherung sichert das hohe Niveau der Versorgung. Statt der Abschaffung der angeblichen „Zweiklassenmedizin“ würde mit der Bürgerversicherung genau das Gegenteil erreicht werden. Dafür werden wir nicht die Hand reichen! Am 14. Oktober werden dann bei der Landtagswahl die Weichen für die Zukunft des Freistaates gestellt. Wir, die CSU, werden alles dafür tun, dass auch die folgenden fünf Jahre eine erfolgreiche Zeit für Bayern werden. Gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern wollen wir mit aller Kraft und Entschlossenheit die Herausforderungen der Zukunft angehen: Innere Sicherheit und ein starker Rechtsstaat, Gesundheit und Pflege, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Schaffung von Wohnraum und die Chancen der Digitalisierung. Mit dem Nachtragshaushalt 2018, der über 1.200 neue Stellen beinhaltet, bringen wir ein kraftvolles Paket zur Stärkung des öffentlichen Dienstes auf den Weg, das u. a. Anreize zur Nachwuchsgewinnung im IT-Bereich, ein Wohnungsprogramm für Staatsbedienstete sowie die Erhöhung der Ballungsraumzulage um 50 % enthält. Diesen Kurs für einen starken öffentlichen Dienst setzen wir fort! Der öffentliche Dienst in Bayern hat für uns einen hohen Stellenwert. Wir bekennen uns daher ausdrücklich zum Berufsbeamtentum und seinen Grundsätzen und werden auch in Zukunft unseren Beschäftigten ein verlässlicher Partner sein.


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Markus Rinderspacher

Peter Meyer

Ludwig Hartmann

VORSITZENDER DER SPD-FRAKTION IM BAYERISCHEN LANDTAG

SPRECHER FÜR FRAGEN DES ÖFFENTLICHEN DIENSTES DER FREIE WÄHLERFRAKTION IM BAYERISCHEN LANDTAG

VORSITZENDER DER BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-FRAKTION IM BAYERISCHEN LANDTAG

Angesichts der Entwicklung auf dem Immobilienmarkt ist die Schaffung von ausreichendem und bezahlbarem Wohnraum ein Riesenthema auch für den Freistaat als Arbeitgeber. Aber nicht nur der Bau von Staatsbediensteten-Wohnungen muss intensiviert werden. Insgesamt ist in Bayern der Bau von jährlich 100.000 Wohnungen – davon 20.000 gefördert – notwendig. Schließlich muss auch Ersatz geschaffen werden für 33.000 Wohnungen der Gemeinnützigen Bayerischen Wohnungsbaugesellschaft (GBW). Deren Privatisierung unter Federführung des bayerischen Finanzministers war weder erforderlich noch verantwortlich.

Eine effiziente, unbestechliche Verwaltung bringt Standortvorteile im weltweiten Wettbewerb und garantiert die Funktionsund Leistungsfähigkeit des Staates. Voraussetzung dafür ist eine bedarfsgerechte Ausstattung mit Sachmitteln und mit gut ausgebildetem, motiviertem Personal. Deshalb muss der öffentliche Dienst attraktiv bleiben. Die Gewinnung qualifizierten Nachwuchses stellt dabei ebenso wie der sinnvolle Einsatz von eGovernment und Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine wesentliche Herausforderung dar.

Den Öffentlichen Dienst weiter attraktiv zu halten und qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen – das sind zwei zentrale Anliegen, die meine Fraktion und ich in diesem Jahr vorantreiben wollen. Dabei geht es nicht nur um Ersatzeinstellungen für die Kolleginnen und Kollegen, die demnächst ihren verdienten Ruhestand antreten. Vielmehr brauchen wir angesichts der wachsenden Bevölkerungszahl Bayerns und der immer anspruchsvolleren Aufgaben auch mehr Personal für unsere Schulen, unsere Polizei und in der Finanzverwaltung. Besonders im Blick haben wir auch die Nachwuchsgewinnung in den technischen Diensten; ein Berichtsantrag meiner Fraktion hierzu fand im Landtag eine breite Mehrheit und kann uns für die Zukunft wichtige Erkenntnisse liefern, wie wir Berufsanfängern eine Laufbahn im Öffentlichen Dienst noch schmackhafter machen können.

Wir wollen einen starken öffentlichen Dienst, denn er ist ein entscheidender Standortfaktor für Bayern. Deshalb bleiben wir beim Nachtragshaushalt 2018 unserer langjährigen Linie treu: Verdoppelung der Ballungsraumzulage, Schaffung verbesserter Beförderungsmöglichkeiten in allen Resorts, Erhöhung der Zulagen beim Dienst zu ungünstigen Zeiten (DuZ), Verbesserung des Gesundheitsmanagements, Abschaffung der dreimonatigen Wiederbesetzungssperre und der pauschalen Sperrung von Stellen nach Art. 6b Haushaltsgesetz. In Kürze werden wir einen Gesetzentwurf zur Reform des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes für eine moderne Mitbestimmung im öffentlichen Dienst vorlegen. Wir wollen eine gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen den Personalräten und den jeweiligen Dienststellenleitern erreichen. Diese „Allzuständigkeit" gilt heute schon in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bremen. Sie ermöglicht es dem Personalrat, in allen personellen, sozialen und organisatorischen Angelegenheiten auf gleicher Augenhöhe dem jeweiligen Dienststellenleiter gegenüberzutreten und mitzubestimmen. Der Landtag wird noch vor der Sommerpause entscheiden!

Wir FREIEN WÄHLER bekennen uns ausdrücklich zum Berufsbeamtentum. Gleichzeitig wollen wir Staatsaufgaben kritisch hinterfragen und Bürokratie abbauen. Ein Stellenabbau ohne Aufgabenkritik würde zur Überlastung der Verwaltung führen – und damit nicht zu mehr Effizienz. Daher sind die Streichung der Wiederbesetzungssperre und ein Wegfall des Stelleneinzugs mehr als überfällig. Im Interesse eines fairen Umgangs mit den Staatsbediensteten sowie einer soliden und nachhaltigen Verwaltung wollen wir, dass die Versorgungsrücklage und der Versorgungsfonds in einem Pensionsfonds zusammengeführt vor Zugriffen abgesichert werden. Die Forderung, das Streikverbot auf Beamte mit rein hoheitlichen Aufgaben zu begrenzen, beziehungsweise eine Unterscheidung zwischen „hoheitlichen“ und „nicht hoheitlichen“ Beamten lehnen wir strikt ab, da es sich um eine künstliche Trennung handeln würde, die dogmatisch nicht begründbar wäre. Heute ist vielmehr von Bedeutung, ob Beamte einen verfassungsrechtlich herausragenden Auftrag wahrnehmen – wie beispielsweise die in Art. 7. Abs. 1 GG vorgesehene Gewährleistung des öffentlichen Schulwesens. Für uns FREIE WÄHLER ist jedoch auch klar: Ein Beamter ist ein Beamter mit allen seinen Rechten und Pflichten – und zwar unabhängig davon, ob er klassische Eingriffsbefugnisse wahrnimmt oder nicht.

Viele unserer Anträge für den Nachtragshaushalt 2018 zielen auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Öffentlich Dienst hin: Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und Gebäude werden das Arbeitsumfeld aufwerten. Mehr Fortbildungsangebote für Lehrkräfte und die Polizei stellen sicher, dass sich diese in der sich wandelnden Arbeitswelt gut zurechtfinden und mit aktuellen Entwicklungen Schritt halten können. Und eine verbesserte Wohnraumförderung soll langfristig sicherstellen, dass die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst auch in unseren überhitzten Ballungszentren wieder guten und bezahlbaren Wohnraum finden. Als Grüne liegt uns natürlich auch die Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs am Herzen. Für Sie als Beamte oder Angestellte im Öffentlichen Dienst fordern wir einen Zuschuss zum Jobticket von 25 Euro pro Monat. So wollen wir den Umstieg auf ein umweltfreundliches Verkehrsmittel belohnen – und wer weiß: Vielleicht sehen wir uns ja einmal in der Münchner S- oder U-Bahn?


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IM FOKUS

EINHEITSVERSICHERUNG

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KEINE EINHEITSVERSICHERUNG DURCH DIE HINTERTÜR! Die SPD-Forderung nach einer einheitlichen Gebührenordnung für Privat- und Kassenpatienten ist nichts anderes als die Einführung der Einheitsversicherungversicherung durch die Hintertür! Akute Probleme kann man damit nicht lösen! Die liegen an ganz anderer Stelle.


IM FOKUS

EINHEITSVERSICHERUNG

Ganz klar, das gesetzliche Gesundheitssystem in Deutschland – obwohl international durchaus anerkannt – stößt in manchen Bereichen an seine Grenzen. Immer wieder geht es um die Finanzierung und die damit verbundenen Leistungseinschränkungen. Aber wäre eine einheitliche Gebührenordnung da die Lösung? Aus Sicht des BBB: NEIN! Ebensowenig wie eine gesetzliche Einheitsversicherung für alle. Zunächst einmal ein Blick auf das, was da zusammengeführt werden soll: Ärztliche Leistungen im Bereich der gesetzlichen Krankenkassen werden nach dem sogenannten Einheitlichen Bewertungsmaßstab, dem EBM abgerechnet. Er ist – vereinfacht gesagt – eher ein Umverteilungsschlüssel, der dafür sorgt, dass die Kassenärzte einer Region entsprechend ihrer erbrachten Leistungen anteilig an dem von den Krankenkassen zur Verfügung gestellten Budget verdienen. Dabei verzerren allerdings vorgegebene Obergrenzen unter Umständen den (anteiligen) Wert der erbrachten Leistungen. Demgegenüber ist die Gebührenordnung für Ärzte, die GOÄ, nach der die Leistungen im Bereich der Privatversicherung abgerechnet werden, eine echte Gebührenordnung, die sich – was mit zu bedenken ist – seit ihrer letzten Neubekanntmachung vor über 20 Jahren inhaltlich und preislich kaum weiterentwickelt hat. Schon diese gänzlich unterschiedlichen Ausgangspositionen vermitteln einen

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Eindruck davon, wie schwierig eine Zusammenführung sein muss. Geht man einen Schritt weiter und fragt nach der inhaltlichen Ausgestaltung einer solchen einheitlichen Abrechnung, stößt man auf zahlreiche weitere Fragen.

WORAN SOLL SICH DIE KÜNFTIGE HÖHE DER GEBÜHREN ORIENTIEREN? Welche Gebührenhöhe soll maßgebend für eine künftig einheitliche Honorierung ärztlicher Leistungen sein? Die pro Leistung erbrachten Honorare im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung sind nicht nur jeweils unterschiedlich hoch (punktanteilige Verteilung im Rahmen vorhandener vorgegebener Mittel), sie sind auch deutlich niedriger als die Honorare der GOÄ und zudem gedeckelt. Werden sie zugrunde gelegt, würde das zu einem Wegbrechen von Umsätzen in Höhe von 12,6 Milliarden Euro führen, so die Berechnungen des Verbandes der privaten Krankenversicherer. Davon entfallen rund 6 Milliarden Euro auf den ambulanten Bereich. Gelder, die der medizinischen Infrastruktur insgesamt und merklich fehlen würden. Diese Finanzmittel werden dringend für Investitionen in das Versorgungssystem gebraucht und kommen letztendlich bereits heute allen Patienten zu Gute. Schon heute weisen Praxen auf die schwierige finanzielle Lage hin, in die sie durch die Kassenvergütungen kommen. Ganz zu schweigen von fehlenden Mög-

lichkeiten, die dem Arztberuf eigentlich zu eigen sind, wie z. B. einzelnen Patienten gegebenenfalls mehr Zeit zu widmen. Logische Folge jeder Mittelreduzierung sind entsprechende Einsparungen. Bei den Ärzten – bei denen intensiv um Akzeptanz des Modells geworben wird – sollen keine Einbußen zu befürchten sein. So hat der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Prof. Karl Lauterbach auf Nachfrage der Bundestagsabgeordneten Mitte Dezember dem Bundestag erklärt, dem System solle kein Geld entzogen werden. Ein neues einheitliches Honorarsystem sei zwar Teil des Einheitsversicherungskonzepts, aber es werde keine Honorarkürzungen durch die Hintertür geben, versprach er (Ärzte Zeitung online vom 14.12.2017). Ein Versprechen, das Folgen an anderer Stelle vermuten lässt. Bleiben die Beitrags- oder Steuerzahler. Das gilt selbst bei einer Teilumlegung der wegfallenden Mehrumsätze. Die gesetzlich Krankenversicherten müssten die ambulanten Mehrumsätze in Höhe von mindestens 6 Milliarden Euro der Privatversicherten wirtschaftlich mittragen. Der Beitrags-


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IM FOKUS

EINHEITSVERSICHERUNG

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WAS SOLL FÜR ANDERE BEREICHE GELTEN? Wer die einheitliche Gebührenordnung in der ambulanten Versorgung einführen möchte, muss konsequenter Weise auch die Vergütung in anderen Bereichen, wie Zahnmedizin, Heilmittel etc. angehen. Hier entstünde ein weiterer Nachfinanzierungsbedarf in Höhe von rund 4,3 Milliarden Euro.

WOHIN WILL DIE POLITIK?

satz würde sich nach Berechnungen des Verbands der privaten Versicherer von 15,6 % auf fast 16,1 % erhöhen. Der monatliche Höchstbetrag in der gesetzlichen Krankenversicherung würde von heute 690 Euro auf dann 714 Euro steigen (2018). Eine Mehrbelastung, die nicht ausschließlich die vermeintlichen Besserverdiener treffen würde, die hier „mit ins Boot geholt“ werden sollen. Es würde gerade auch die mittleren Einkommensschichten treffen. So müsste zum Beispiel eine leitende Krankenschwester im öffentlichen Dienst jährlich 253 Euro zusätzlich für die durch eine einheitliche Gebührenordnung bestimmte gesetzliche Krankenversicherung zahlen.

Bleibt die Frage, ob die Politik den Bürgerinnen und Bürgern solche Belastungen tatsächlich zumuten würde. Denn will sie es nicht, oder nicht in diesem Umfang, stellt diese sich die Frage nach dem Sinn der einheitlichen Gebührenordnung nur umso intensiver. Woher sollen die fehlenden Mittel kommen? Zumal im Rahmen der Koalitionsverhandlungen auch zu hören war, dass der gesetzliche Leistungskatalog erweitert werden soll. Ein Blick auf die aktuelle Situation mag das verdeutlichen: Zwar ist es kaum nachvollziehbar, das ärztliche Leistungen unterschiedliche finanzielle Wertschätzung erfahren, unter Umständen – bei Erreichen der Deckelungsbeträge – sogar unbezahlt bleiben. Andererseits zeigt die Realität, dass schon das aktuelle Umsatzvolumen der gesetzlichen Krankenkassen das deutsche Gesundheitssystem in eine deutliche Schieflage gebracht hat. Sonst müsste man sich nicht in der im-

mer wiederkehrenden Diskussion um die Einheitsversicherung nach neuen Mitteln umsehen. Demgegenüber stellt sich das System der privaten Versicherer deutlich stabiler dar. Gleichzeitig unterstützt es indirekt die Zurverfügungstellung von Leistungen auch im gesetzlichen Bereich.

TATSÄCHLICHE PROBLEME IM AUGE BEHALTEN! Ist die ungleiche Abrechnung in beiden Systemen tatsächlich Ursache der Schwierigkeiten, mit denen die gesetzliche Gesundheitsvorsorge zu kämpfen hat? Die riesige Mehrheit der Bürger nämlich stellt unserem Gesundheitssystem grundsätzlich ein gutes Zeugnis aus (vgl. Grafik). Andererseits beklagen gerade Kliniken und Ärzte, dass allein mit gesetzlicher Abrechnung kaum kostendeckend zu arbeiten sei. Muss dann nicht an anderer Stelle angesetzt werden?

AUCH PRAKTISCHE FOLGEN BEDENKEN Bevor man nun eine Angleichung beider Bereiche (in welcher Form auch immer) vorantreibt, sollten die finanziellen und praktischen Folgen klar auf dem Tisch liegen. Daran fehlt es derzeit in der öffentlichen Diskussion noch. Der durchgehend vorgetragene Aspekt der Gleichbehandlung, ist ein wichtiges Gut. Aber man muss auch deutlich machen, was mit dieser Gleichbehandlung sonst noch einhergeht. Weniger Finanzmittel im gesamten Gesundheitssystem? Höhere Beiträge in der gesetzlichen Versicherung? Oder eingeschränkte


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EINHEITSVERSICHERUNG

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HOHE ZUFRIEDENHEIT MIT DER MEDIZINISCHEN VERSORGUNG IN DEUTSCHLAND

92 % 90 %

zufriedene Versicherte in der PKV

zufriedene Versicherte in der GKV

Quelle: Allensbach-Institut, April 2017

BEISPIELE FÜR ZUGANGSHÜRDEN IN ANDEREN EUROPÄISCHEN STAATEN

Quelle: PKV

England

Über 5 Millionen Patienten auf Wartelisten, Arzttermine oft erst nach Monaten, Leistungen werden zum Teil aus Kostengründen verweigert

Frankreich

Eigenbeteiligung von 30 Prozent beim Haus- und Facharzt bzw. von 70 Prozent ohne Überweistung

Niederlande

Für Erwachsene weder Physiotherapie noch Zahnmedizin, kein direkter Zugang zum Facharzt, keine Befreiung vom Selbstbehalt bei geringem Einkommen

Schweiz

Hohe obligatorische Zuzahlungen und Selbstbehalte, keine Übernahme zahnärztlicher Versorgung

Spanien

Monatelange Wartezeit auf bestimmte Operationen, kein direkter Zugang zum Facharzt, 15 Monate Zeitverlust beim Zugang zu neuen Arzneien

VERLUST FÜR ARZTPRAXEN Ohne Privatpatienten

6,0 50.193 Einbußen von über

Das entspricht dem Durchschnittsgehalt von

Milliarden Euro jährlich

oder

Euro, die jeder Arztpraxis fehlen.

1,75

medizinischen Fachangestellten.

Quelle: WIP-Diskussionspapier 1/ 2017

Leistungen? Eventuell auch beides? Und in welchem Ausmaß für die jeweiligen Versichertenbereiche? Gegebenenfalls gelangt man auf diesem Weg gerade zu einer echten Zwei-Klassen-Medizin, in der einzelne Behandlungen hinzu gekauft werden können und müssen. Ganz entscheidend wird also die Ausgestaltung der Abrechnungssysteme sein. Im Ergebnis muss man vermuten, dass der Ruf nach einer einheitlichen Gebührenordnung nur ein letzter Versuch ist, um einer Einheitsversicherung doch noch näher zu kommen. „Durch die Hintertür“

soll hier mit einem ersten Teilschritt die Einheitsversicherung vorangetrieben werden, ohne dass die dringend notwendigen grundlegenden Änderungen am Gesamtsystem angegangen werden. Es bleiben alle Einwände, die gegen die Einheitsversicherung selbst sprechen. Und die finanzielle Sicherung der Gesundheitsversorgung ist dabei nur ein Aspekt. Dahinter stehen zahlreiche Groß- und Kleinunternehmen, deren Arbeitsplätze Teil des Wirtschaftssystems sind. Dahinter steht auch der Anreiz zum Wettbewerb innerhalb des Gesund-

heitsmarktes. Wo bleibt der Anreiz, den Leistungskatalog der Krankenkassen auszubauen? Besteht nicht die Gefahr, dass neue Behandlungsmethoden oder medizinische Spitzenleistungen nur noch auf private Rechnung erbracht werden? Der Ruf nach der einheitlichen Abrechnung gleicht – ebenso wie die Forderung nach einer Einheitsversicherung – kurzfristigem Aktionismus, der die langfristige Entwicklung außer Acht lässt. Der Erhalt einer öffentlichen Gesundheitsvorsorge ist zu wichtig, um ihn für kurzfristige Mehreinnahmen – oder auch, so scheint es manchmal, politische Erfolge – aufs Spiel zu setzen. Umso mehr, wenn dabei auf lange Sicht genau das Gegenteil bewirkt wird. Plakativ wirbt man mit Wartezeiten für Arzttermine und prangert die „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ in der medizinischen Versorgung an. Aber ist dafür die einheitliche Gebührenabrechnung die Lösung? Die Knappheit der Mittel wäre damit nicht behoben. Zahlreiche Länder haben eine Einheitsversicherung bereits eingeführt. Dort wird meist nur eine Grundversorgung auf niedrigem Niveau vorgesehen. Nur wer den Arzt direkt bezahlen oder sich eine Zusatzversicherung leisten kann, hat Zugang zur Spitzenmedizin – außerhalb der Einheitsversorgung. Dann stünde man tatsächlich vor einer Zwei-KlassenMedizin. Nicht mit dem BBB!


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BUND

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Pensionierungen von Lehrkräften im Jahr 2016 leicht zurückgehend – Ruhestandseintritte auf Grund von Dienstunfähig­ keit nahezu unverändert Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, wurden bun­des­weit im Jahr 2016 rund 25.500 verbe­am­tete Lehrerinnen und Lehrer in den Ruhestand versetzt. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies – auf hohem Nive­au – einen erstmaligen Rückgang seit dem Jahr 2009. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes betrug die Zahl der Pensionierungen von Lehre­rinnen und Lehrern im Jahr 2016 mit 25.500 etwa 10 % weniger als in den beiden Vorjahren (2015 und 2014 jeweils etwa 27.900). Noch vor weniger als zwanzig Jahren war regelmäßig nur ein etwa halb so großer Personenkreis von Lehrerinnen und Lehrern in den Ruhestand versetzt worden; vor dem Jahr 1999 lagen die jährlichen Neu­zu­gänge beständig unter 11.000 Lehrerinnen und Lehrern, während der Durchschnitt der Jahre 2009 bis 2015 bei knapp 24.000 Ruhestandszugängen liegt. Ein zahlenmäßig weiterhin hoher Ruhestandszugang ist nach Auffassung des Statistischen Bundesamtes aufgrund der altersmäßigen Zusammensetzung des Lehrpersonals aber auch in den kommenden Jahren zu erwarten. Der Anteil derjenigen Lehrkräfte, welche im letzten Jahr aufgrund von Dienstunfähigkeit vor­zeitig ausgeschieden sind, betrug rund 3.000 Lehrkräfte (12 %); im Jahr davor waren es da­gegen etwa 3.350 Fälle (ebenfalls 12 %). Seit Beginn der statistischen Erfassung im Jahr 1993 hat sich bis heute der Anteil der aufgrund von Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten Lehrkräfte verhältnismäßig deutlich verringert und in den letzten Jahren verstetigt. Noch bis einschließlich zum Jahr 2001 war mehr als jede zweite Lehrkraft aufgrund von Dienstunfähigkeit pensioniert worden. Andererseits lag im Jahr 2016 beim Lehrpersonal der Anteil derer, die nach dem Erreichen einer Alters­ grenze (Antragsaltersgrenze bzw. Regel­alters­grenze) in den Ruhestand gingen, unverändert bei etwa 88 % (2015: ebenfalls 88 %). Allerdings war bei diesen 22.500 Personen der Umfang des Erreichens der Regelaltersgrenze mit ca. 7.900 Fällen rückläufig, während ca. 14.600 Fälle nach Maßgabe einer Antragsaltersgrenze in den Ruhestand traten.

DBB FORUM BEHINDERTENPOLITIK 2018

Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung der Arbeitswelt Am 16. und 17. April 2018 veranstaltet der dbb das 4. Forum Behindertenpolitik. Die Ver­anstaltung, die sich im Wesentlichen an Schwerbehinderten­ver­treterinnen und -vertreter sowie Personal­räte richtet, widmet sich dieses Mal den Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung der Arbeitswelt mit besonderem Fokus auf Menschen mit Behinderung.

WANDEL DER ARBEITSWELT – ALLE AN BORD? Der Begriff „Arbeiten 4.0“ wird mittler­ weile inflationär gebraucht. Aber was steckt konkret dahinter? Der Fokus der zweitägigen Veranstaltung liegt darauf, die Chancen, aber auch die Herausforderungen, die von den Veränderungen der Arbeitswelt ausgehen mit besonderem Blick auf die Belange von Menschen mit Behinderung zu beleuchten. Welche Anforderungen werden an künftige digitale Arbeitsplätze gestellt? Wo be­steht spezieller Qualifizierungsbedarf? Begünstigt oder hemmt besagter Wandel die Inklusion von Menschen mit Behinderung? Auch eine Bestandsaufnahme des Bundesteilhabegesetzes soll nicht zu kurz kommen. Details der zweitägigen Veranstaltung sowie die Möglichkeit zur Onlineanmeldung finden Sie auf der Seite der dbb akademie.


BUND

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DIGITALER WANDEL IM ÖFFENTLICHEN DIENST

Gesetzliche Arbeitszeitregelungen schützen und weiterentwickeln Hans-Georg Engelke (Staatssekretär im Bundesministerium des Innern), Helene Wildfeuer und dbb Bundesvorsitzender Ulrich Silberbach (v.l.) bei der dbb Jahrestagung in Köln am 8. Januar 2018

„Arbeitszeitflexibilisierung, ja bitte! Aber mit Bedacht“, das hat die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, Helene Wildfeuer, am Rande der dbb Jahrestagung in Köln am 8. Januar 2018 angemahnt. „Internet, Smartphone und Laptop erleichtern zwar die Vereinbarkeit von Beruflichem und Privatem. Das ist ein deutlicher Zugewinn nicht nur für Dienstherren und öffentliche Arbeitgeber, sondern vor allem auch für die weiblichen Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Jetzt kommt es aber darauf an,

die richtige Balance zu finden“, betonte Wildfeuer. Dabei müsste insbesondere mit den Risiken, die mobiles Arbeiten mit sich bringt, verantwortungsvoller umgegangen werden. Wildfeuer forderte die öffentlichen Arbeitgeber und Dienstherren eindringlich auf, an bestehenden gesetzlichen Regelungen zu Arbeits- und Ruhezeiten festzuhalten und diese im Sinne einer wertvollen Errungenschaft unserer modernen Gesellschaft weiterzuent-

BERICHT

„Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2016“ Die Bundesregierung hat den aktuellen Bericht über den Stand von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und über das Unfall- und Berufskrankheitengeschehen in der Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 2016 (SuGA 2016) vorgelegt. Dem Bericht zufolge ist die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle in 2016 gegenüber dem Vorjahr um 7,9 Prozent zurückgegangen und hat mit 557 Fällen einen neuen Tiefststand erreicht. Davon ereigneten sich rund 80 Prozent im Betrieb (445 Fälle) und ein deutlich geringerer Anteil von etwa 20 Prozent (112 Fälle) im Straßenverkehr. Die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle ist leicht um 1,5 Prozent auf 959.266 gestiegen. Dies ist jedoch auf die Erhöhung der Erwerbstätigenzahl zurückzuführen, die gegenüber 2015 um 2,6 Prozent auf 41,339 Millionen gestiegen ist.

wickeln. „Es gib keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, die bestätigen, dass sich die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten durch fortschrittlichere Arbeitsmethoden und digitale Hilfsmittel immer weiter steigern lässt. Im Gegenteil: Steigt der Druck, in kürzerer Zeit mehr leisten zu müssen, steigt auch das Risiko stressbedingter Arbeitsausfälle. Diese behindern Betriebsabläufe und belasten das Gesundheitssystem.“ Umso dringender sei es, den digitalen Wandel der Arbeitswelt einvernehmlich zu gestalten. „Der öffentliche Dienst muss hier mit gutem Beispiel vorangehen und flexible Arbeitszeitmodelle mit Bedacht einführen. Beschäftigte, die mobil oder in Home-Office arbeiten – insbesondere jene, die dies zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf tun –, müssen darauf vertrauen können, dass sie nachhaltig vor Überlastung geschützt sind und dass die Leistungskriterien diskriminierungsfrei neugestaltet werden. Auch die dbb Gewerkschaften können und müssen in diesem Prozess eine gestaltende Rolle spielen“, so Wildfeuer.

Im Berichtsjahr gab es rund 80.000 Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit und somit rund 1.000 weniger Anzeigen als im Vorjahr. Davon wurden 22.320 Fälle anerkannt, was gegenüber 2015 (18.041 Anerkennungen) ein deutliches Plus von 23,7 Prozent bedeutet. Auch bei den Rentenfällen (5.458; +5,4 Prozent) und den Todesfällen infolge einer Berufskrankheit (2.576; +6,7 Prozent) waren Anstiege zu verzeichnen. Auffällig ist hier der starke Anstieg bei der im Vorjahr neu eingeführten Berufskrankheit Nr. 5103 (Hautkrebs durch UV-Strahlung), bei der allein schon knapp 3.000 Anerkennungen und 138 Rentenfälle mehr als in 2015 vorlagen. Die Anzahl der Verrentungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit lag in 2016 bei 173.996 Fällen und somit leicht über dem Wert aus 2015 (172.921; +0,6 Prozent). Wie in den Vorjahren waren psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen die häufigste Ursache für Frühverrentungen (74.468; 42,8 Prozent), gefolgt von Muskel-Skelett-Erkrankungen (22.816; 13,1 Prozent), Neubildungen (22.319; 12,8 Prozent) und Krankheiten des Kreislaufsystems (16.174; 9,3 Prozent).


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TARIF

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TVöD­Einkommensrunde beginnt im Februar Im Februar 2018 beginnt die Einkommensrunde für Bund und Kommunen. Vom Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen (TVöD) sind insgesamt etwa 1,6 Millionen Beschäftigte betroffen: 145.660 Arbeitnehmer des Bundes und 1.278.075 Arbeitnehmer der Kommunen, für die der TVöD direkte Auswirkungen hat, sowie 179.915 Bundesbeamte, auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll, um den Gleichklang der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung im öffentlichen Dienst zu gewährleisten. Die wirkungsgleiche Übertragung betrifft hier nur die Bundesbeamten, da die Kommunalbeamten – ebenso wie die Beamten der Länder – nach den jeweiligen Landesgesetzen besoldet werden. Dafür ist der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) die Messlatte, dessen nächste Einkommensrunde findet 2019 statt.

gen unmittelbar. Umso wichtiger ist es, dass hier ausreichend qualifiziertes Personal arbeitet. Darauf wies dbb Vize Geyer am 17. Januar 2017 in Bonn hin. „Egal ob es der Antrag für einen neuen Personalausweis ist oder das Gespräch mit Ordnungsamtsmitarbeitern auf der Straße: Die Kolleginnen und Kollegen der Kommunalverwaltung geben dem Staat ein menschliches Gesicht – mit viel Kompetenz und Leidenschaft“, sagte Geyer.

dbb Vize Volker Geyer beim Branchentag komba am 17. Januar in Bonn: „Die Kolleginnen und Kollegen der Kommunalverwaltung geben dem Staat ein menschliches Gesicht – mit viel Kompetenz und Leidenschaft“

Schon seit dem 16. Januar brachten sich die Mitglieder in die Diskussion um die Forderungsfindung für die TVöD-Einkommensrunde im Rahmen der bewährten dbb Branchentage u. a. in Straßenmeistereien, Kommunalverwaltungen, Bundesverwaltungen, Jobcenter, Feuerwehr, Gesundheitsdienst, Bundeswehrverwaltungen, und Nahverkehr ein. „Wir möchten wissen, was die betroffenen Kolleginnen und Kollegen bewegt. Alle sind aufgerufen, sich

einzumischen, bevor Anfang Februar die endgültigen Forderungen in den Gremien beschlossen werden“, so Volker Geyer, stellvertretender dbb Bundesvorsitzender und Fachvorstand Tarifpolitik, am 6. Januar 2018. „Das gilt für die Tarifbeschäftigten ebenso wie für die Beamten, auf die das Ergebnis übertragen werden soll.“ Einer der ersten Branchentage erfolgte bei der Kommunalverwaltung in Bonn. In den Kommunen erleben Bürger die Folgen von Gesetzen und Verordnun-

Der stellvertretende Vorsitzende der dbb Bundestarifkommission, Andreas Hemsing, unterstrich die Bedeutung einer bürgernahen Verwaltung mit Verweis auf die besonderen Herausforderungen der vergangenen Jahre. „Die Aufnahme und Versorgung von Menschen auf der Flucht wäre beispielsweise ohne den besonderen Einsatz der Kolleginnen und Kollegen – oft weit über die eigentlichen dienstlichen Pflichten hinaus – nicht möglich gewesen. Das verdient Anerkennung, und zwar nicht nur in Sonntagsreden, sondern auch ganz praktisch in Form von angemessenen Gehältern und ordentlichen Arbeitsbedingungen. Gerade in der Nachwuchsgewinnung muss etwa die derzeitige Befristungspraxis endlich ein Ende haben“, so Hemsing, der auch Bundesvorsitzender der komba gewerkschaft ist.


TARIF

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DBB BUNDESTARIFKOMMISSION:

Neue Aufgaben und ganz viele dicke Bretter Ende November letzten Jahres hat sich die neue dbb Bundes­ tarifkommission (BTK) konstituiert. Erste wichtige Amtshandlung war die Wahl einer neuen Geschäftsführung, die neben dem Fachvorstand Tarifpolitik aus sechs Personen besteht. Lediglich Hermann-Josef Siebigteroth (VDStra.) wurde neu gewählt. Thomas Gelling (GDL), Siglinde Hasse (GdS), Andreas Hemsing (komba), Karl-Heinz Leverkus (DSTG) und Jens Weichelt (SLV im VBE) blicken bereits auf unterschiedlich lange Mitgliedszeiten in diesem Gremium zurück. Zum Nachfolger von Willi Russ als Fachvorstand Tarifpolitik war vom dbb Gewerkschaftstag zuvor bereits Volker Geyer (DPVKOM) gewählt worden. Damit ist er zugleich auch Vorsitzender der BTK. BTK-Chef Geyer sagte im Anschluss an die Wahlen, dass die BTK und ihre Geschäftsführung keine lange Schonzeit hätten und sich sofort an die Arbeit machen müssten. Dabei gibt es,

so Geyer, „neben vielen altbekannten dicken Brettern auch einige neue Herausforderungen. Wir haben gerade im Zuge der gescheiterten Sondierungsgespräche der Jamaika-Koalitionäre erlebt, dass es viele Begehrlichkeiten gibt, Arbeitnehmerrechte zu schleifen. Hier müssen wir wachsam sein und uns am besten ab morgen energisch in die politische Debatte einschalten.“ Mit Blick auf die anstehende Einkommensrunde 2018 mit Bund und Kommunen appellierte Geyer an alle Vertreter der BTK, sich immer auch als Multiplikator zu verstehen, der die Notwendigkeit, sich einzumischen und bei den Aktionen des dbb mitzumachen, in seine Fachgewerkschaft trägt. „Denn klar ist auch“, so Geyer weiter, „wir haben zwar hier in Berlin während des Gewerkschaftstags ein gutes Fundament für unsere Arbeit der nächsten fünf Jahre gelegt, aber wir müssen nicht nur gut, wir müssen auch machtvoll argumentieren.


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BEAMTENRECHT

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IM ÜBERBLICK

Was wird auf die Versorgung angerechnet? Hat ein Beamter im Ruhestand neben seinen Versorgungsbezügen noch weitere Einkünfte bedeutet das nicht unbedingt, dass er das gesamte Einkommen behalten kann. Das Beamtenversorgungsgesetz sieht hier eine Reihe von Ruhens-, Anrechnungs- und Kürzungsvorschriften vor. Vorrangiges Ziel ist es, sogenannte Doppel- oder Über­ ver­sorgungen zu verhindern, denn – so der rechtliche Hinter­grund – Alimentation bedeutet immer nur die Zurverfügungstellung des amtsangemessenen Lebensbedarfs. Wird dieser bereits aus anderen Mitteln (insbesondere aus öffentlichen Haushalten) bestritten, erfolgt in der Regel eine Anrechnung. Das Beamtenversorgungsrecht unterscheidet dabei im We­sentlichen die Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbs­ ersatzeinkommen, der Bezug weiterer Versorgungsbezüge und den Bezug von Renten neben den eigentlichen Versorgungsbezügen.

BEZUG VON ERWERBS- UND ERWERBSERSATZEINKOMMEN Erwerbseinkommen sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einschließlich Abfindungen, aus selbständiger Arbeit, aus gewerblicher sowie land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit abzüglich der Werbungskosten oder Betriebsausgaben. Zu Erwerbsersatzeinkommen zählen kurzfristig erbrachte Leistungen, die Erwerbseinkommen ersetzen, wie beispielsweise Krankengeld oder Arbeitslosengeld. Bezieht ein Versorgungsberechtigter solche Einkünfte, er­ hält er seine Versorgungsbezüge daneben nur bis zu einer bestimmten Höchstgrenze ausbezahlt, Art. 83 Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG). Diese liegt grundsätzlich bei der Höhe des fiktiven Ruhegehalts aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der das tatsächliche Ruhegehalt berechnet wird. Das gilt aber nur bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Danach findet eine Ruhensberechnung nur noch statt, wenn die Einkünfte aus einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst stammen. Ein wegen Dienstunfähigkeit (nicht in Folge eines Dienst­ un­falls) in den Ruhestand versetzter Beamter darf bis zum Er­rei­chen der für Ihn geltenden Altersgrenze nur Euro 525,00 hinzuverdienen, wenn er das maximale Ruhegehalt bezieht. Ist dies nicht der Fall, kommt zu den Euro 525,00 noch der Differenzbetrag bis zum höchstmöglichen Ruhegehalt hinzu.

BEZUG MEHRERER VERSORGUNGSBEZÜGE Für mehrere Versorgungsbezüge, z. B. wenn neben eigenes Ruhegehalt ein Witwengeld tritt, gilt Art. 84 BayBeamtVG. Danach wird der neue Versorgungsbezug in voller Höhe gezahlt und der frühere nur noch bis zum Erreichen einer bestimmten Höchstgrenze, die von der jeweiligen Fallgestaltung hinsichtlich des früheren bzw. späteren Versorgungsbezugs, abhängig. Bezieht eine Witwe als neuen Versorgungsbezug ein eigenes Ruhegehalt, bleiben ihr neben diesem Ruhegehalt mindestens 20 Prozent des Witwengeldes.

BEZUG VON RENTEN NEBEN VERSORGUNGSBEZÜGEN Bei einem Nebeneinander von Versorgung und Rentenan­ sprüchen gilt Art 85 BayBeamtVG an. Auch hier werden die Versorgungsbezüge nur bis zu einem Höchstbetrag ausgezahlt. Die Höchstversorgung eines vergleichbaren lebenslangen „Nur-Beamten“ bleibt die Obergrenze. Angerechnet werden Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, einer zusätzlichen Alters- oder Hinterbliebenenversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes (z. B. VBL), nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte und aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Zudem werden auch Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder einer befreienden Lebensversicherung, zu denen der Arbeitgeber auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat, berücksichtigt. Diese letztgenannte Anrechnung wird gerade neu geregelt (vgl. S. 23). Für die Bestimmung der Höchstgrenze erfolgt eine fiktive Be­ rechnung der Versorgungsbezüge unter Zugrundelegung der Bezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der das tatsächliche Ruhegehalt bezogen wird und einer durchgängigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit ab Vollendung des 17. Lebensjahres. Im Unterschied zu Bezügen aus Hinterbliebenenversorgung werden bei Ruhestandsbeamten Hinterbliebenenrenten aus einer Beschäftigung oder Tätigkeit des verstorbenen Ehegatten nicht angerechnet. Ebenso fallen bei Witwen und Waisen Renten aufgrund einer eigenen Beschäftigung oder Tätigkeit nicht unter diese Anrechnungsvorschrift.


BEAMTENRECHT

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VERSORGUNG

Bayerischer Verfassungs­ gerichtshof entscheidet erneut über Anrechnungsvorschrift Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) hat Anfang Dezember im Rahmen einer Popularklage die Regelung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) für nichtig erklärt (Az.: VF. 15-VII-13). Mit dieser Regelung sollten Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder befreienden Lebensversicherung auf die Versorgung angerechnet werden. Eine Anpassung der Vorschrift ist bereits in Arbeit.

Der Kläger war vor seiner Verbeamtung als selbständiger Rechtsanwalt tätig und hat aus dieser Zeit wie auch aus einer Nachversicherung einen Anspruch aus Leistungen der berufsständischen Versorgungseinrichtung. Von diesen Leistungen sollte ein erheblicher Teil auf seine Versorgungsbezüge angerechnet werden. Mit der Popularklage rügte er, dass diese Anrechnung gegen das Alimentationsprinzip, die Fürsorgepflicht und den Gleichheitssatz verstoße.

Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren und zwar unabhängig von der Bedürftigkeit des Ruhestandsbeamten.

Die Richter erklärten mit ihrer Entscheidung vom 06.12.2017 die Regelung des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayBeamtVG für nichtig. Damit darf die Vorschrift in dieser Ausgestaltung nicht mehr ange­ wendet werden.

Daher bedarf eine Anrechnungsregelung spezieller Gründe, die einen besonderen Bezug zum System der Besoldung und Versorgung haben und die Anrechnung als sachlich gerechtfertigt erscheinen lassen. Eine Entlastung von der Alimentationspflicht ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Beamte Einkünfte aus anderen öffentlichen Kassen bezieht, die ebenfalls der Existenzabsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie dienen. Eine Doppelversorgung aus öffentlichen Haushalten soll vermieden werden. Möglich ist der Verweis aber eben nur auf öffentliche Rentenkassen, die von den Prinzipien der Solidarität und des sozialen Ausgleichs geprägt sind.

Die Richter bewerteten die Anrechnung als Verstoß gegen das Alimentations­ prinzip, das durch Art. 95 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung (BV) garantiert wird. Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach

Anders als die bundesrechtliche Regelung in § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BeamtVG, die früher auch für Landesbeamte galt, wurde die bayerische Regelung nicht auf solche Leistungen beschränkt, zu denen ein Arbeitgeber aufgrund eines Be­ schäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst mindestens die Hälfte der Bei­träge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat.

BayVerfGH: ANRECHNUNG VERSTÖSST GEGEN ALIMENTATIONSPRINZIP

Darin wurde eine Überschreitung der durch das Alimentationsprinzip vorgegebenen Grenzen gesehen. Eine solche unzulässige Kürzung der Versorgungsbezüge sahen die Richter auch in dem zwischenzeitlich ebenfalls für nichtig erklärten Anrechnungstatbestand der Nr. 6 des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 BayBeamt VG. Die darin vorgesehene Anrechnung von Betriebsrenten wurde vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof bereits mit Entscheidung vom 11.02.2015 für nichtig erklärt (BBB-Nachrichten März/ April 2015, S. 22)

GESETZENTWURF FÜR NEUREGELUNG LIEGT SCHON VOR Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat hat bereits reagiert und dem BBB den Entwurf der geplanten Neuregelung der Nr. 5 des Art. 85 Abs. 1 Satz 2 BayBeamtVG im Rahmen der Verbandsanhörung übermittelt. Dieser beinhaltet nunmehr die von den bayerischen Verfassungsrichtern beanstandete Begrenzung der Anrechnung auf die Fälle, in denen der Arbeitgeber aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat.


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BEAMTENRECHT

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EUGH

Mindestgröße für Polizisten kann Frauen diskriminieren Eine Regelung, die als Kriterium für die Zulassung zu einer Polizeischule un­ab­ hän­gig vom Geschlecht eine Mindest­grö­ße vorsieht, kann eine unerlaubte Diskri­ minierung von Frauen darstellen. Dies geht aus einem aktuellen Grundsatzurteil des Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vom 18.10.2017 (Az.: C-409/16) hervor. Nach Auffassung des Gerichtshofs ist eine solche Maßnahme unter Um­ ständen nicht notwendig, um das ord­ nungsgemäße Funktionieren der Polizei zu gewährleisten. Gegenstand der vorliegenden Entscheidung ist eine griechische Regelung, wo­­­nach alle Bewerber unabhängig von ihrem Geschlecht für die Zulassung zur griechischen Polizei­

schule mindestens 1,70 Meter groß sein müssen. Eine Frau die kleiner war, aber Polizistin werden wollte, fand das ungerecht und klagte dagegen vor einem Gericht in Athen. Sie argumentierte, die Vorschrift diskriminiere Frauen, da diese von Natur aus oft kleiner seien als Männer. Das griechische Gericht wollte vom Europäischen Gerichtshof in Luxemburg wissen, was nun gilt.

GRÖSSE SAGT NICHTS ÜBER DIE BEFÄHIGUNG AUS – URTEILEN DIE RICHTER Die Luxenburger Richter urteilen, dass eine einheitliche Mindestgröße für alle Bewerber diskriminierend und deshalb unzulässig ist, weil dadurch eine sehr viel größere Zahl von Frauen benachteiligt wird, die im

Beihilfe für eine vorsorgliche Brustdrüsenentfernung bei erhöhtem Brustkrebsrisiko Das wegen familiärer Vorbelastung und einer Genmutation er­ höhte Risiko einer Frau, an Brustkrebs zu erkranken, kann eine Krankheit im beihilferechtlichen Sinne darstellen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 28.09.2017 (Az.: 5 C 10.16) entschieden. Zu berücksichtigen sei neben dem statistischen Lebenszeitrisiko auch das individuelle Risiko, innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zu erkranken. Die 1975 geborene Klägerin ist beihilfeberechtigte Beamtin des Landes Hessen. Zwei ihrer Verwandten in direkter mütterlicher Linie waren an Brustkrebs erkrankt. Bei ihr besteht eine BRCA2-Genmutation, was ein erhöhtes Risiko begründet, an Brustkrebs zu erkranken. Ihr Ersuchen auf Übernahme der Kosten einer vorsorglichen operativen Brustdrüsenentfernung und nachfolgender Implantatrekonstruktion im Rahmen der beamtenrechtlichen Beihilfegewährung wurde abgelehnt. Die Klage war in beiden Vorinstanzen erfolgreich.

BEEINTRÄCHTIGUNG KÖRPERLICHER ODER GEISTIGER FUNKTIONEN GRUNDSÄTZLICH VORAUSSETZUNG Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil des Berufungsgerichts jedoch aufgehoben und die Sache an dieses zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen. Der geltend gemachte Beihilfeanspruch setzt das Vorliegen einer Krankheit voraus. Der beihilferechtliche Krankheitsbegriff deckt sich im Grundsatz mit dem entsprechenden

Durchschnitt kleiner sind als Männer. Darüber hinaus sind die Richter der Ansicht, dass man nicht für alle polizeilichen Aufgaben eine besondere körperliche Eignung braucht, zum Beispiel für die Regelung des Straßenverkehrs und, wenn es um Bürgerbelange geht.

Das Urteil dürfte auch Auswirkungen auf ähnliche Fälle in anderen EU-Mitgliedstaaten haben. Die Frage, ob es für Polizistinnen und Polizisten eine Mindestgröße geben darf, ist auch in Deutschland immer wieder Anlass für juristische Auseinandersetzungen.

Begriff im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Danach ist - neben anderen Voraussetzungen - grundsätzlich nur krank, wer in seinen körperlichen oder geistigen Funktionen beeinträchtigt ist. Bei der nicht an Brustkrebs erkrankten Klägerin fehlt es an einer Funktionsbeeinträchtigung.

KONKRETE GEFAHR EINER SCHWER­ WIEGENDEN GESUNDHEITSSCHÄDIGUNG AUSREICHEND Das Bundessozialgericht hat aber in Fällen eines erhöhten Er­­ kran­kungs­risikos verschiedentlich auch ohne aktuelle Funk­tions­ beeinträchtigung das Vorliegen einer Krankheit angenommen. Dies berücksichtigend liegt eine Krankheit im beihilferechtlichen Sinn auch dann vor, wenn die auf Tatsachen gestützte konkrete Gefahr einer schwerwiegenden Gesundheitsschädigung besteht und die schädigenden Folgen, die im Falle des Ausbruchs der Krankheit einträten, so schwer sind, dass die Behandlungsbedürftigkeit bereits vor Realisierung der Gefahr zu bejahen ist, weil der Betroffenen bei wertender Gesamtbetrachtung nicht zuzumuten ist, dem Geschehen seinen Lauf zu lassen und sich auf die Inanspruchnahme von Früherkennungsmaßnahmen zu beschränken.

INDIVIDUELLES RISIKO MASSGEBLICH Insoweit ist hier nicht nur das statistische Lebenszeitrisiko zu berücksichtigen, also die Wahrscheinlichkeit, innerhalb der üblichen Lebensspanne an Brustkrebs zu erkranken. Jedenfalls auch in den Blick zu nehmen sind das individuelle Risiko, innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zu erkranken, und das Vorhandensein von Früherkennungsmaßnahmen, die hinreichend sensitiv sind, um bei festgestellter Brustkrebserkrankung gute Heilungschancen zu bieten.


BEAMTENRECHT

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Elternzeit & Mutterschutz Zum 30. Mai 2017 trat das Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzes in Kraft (vgl. Ausgabe Juli/August, Seite 27). Dabei wurden auch Änderungen des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) vorgenommen. Mit der Änderung er bayerischen Urlaubs- und Mutterschutzverordnung Ende vergangenen Jahres (vgl. Ausgabe Oktober/November 2017) wurden die Änderungen auch für den Beamtenbereich umgesetzt. Kerninhalt der Neureglung ist neben Verlängerung der Schutz­fristen nach Geburt eines Kindes mit Behinderung und Kündigungsverboten bei Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche auch die Anpassung des Gesundheitsschutzes an unionsrechtliche Vorgaben.

mittels Telefax oder E-Mail nicht genügt. Auch wenn in Zeiten der Digitalisierung und Schnelllebigkeit häufig zu den neuen Medien gegriffen wird, wird bei einem Verlangen der Elternzeit aus gutem Grund auf die strenge Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB zurückgegriffen.

Diese Neuerungen wirken sich auch auf die Elternzeit aus, weswegen am 01.01.2018 Änderungen des Bundes­ elterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in Kraft getreten sind. Die Umsetzung zwischenzeitlich ergangener Rechtsprechung erfordert weitere Änderungen. Dem entgegen stehende Anweisungen in den Hinweisen zum Vollzug des BEEG verlieren Ihre Wirksamkeit.

Wichtige empfangsbedürftige Erklärungen, die unmittelbare Auswirkungen mit sich bringen, benötigen für ihre Wirk­samkeit grundsätzlich immer einer Unterzeichnung – eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notarieller Beglaubigung.

FRIST FÜR ABLEHNUNG DES ANTRAGS AUF TEILZEITARBEIT WÄHREND DER ELTERNZEIT, § 15 ABS. 7 S. 5 BEEG Möchte ein Arbeitgeber den Antrag des Arbeitnehmers auf Verringerung seiner Arbeitszeit ablehnen, so gelten nun andere Fristen, bevor seine Zustimmung als erteilt gilt. Bei einem Antrag zwischen der Geburt und dem vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes, muss die Ablehnung weiterhin innerhalb von vier Wochen nach Zugang des Antrags erfolgen, wohingegen der Arbeitgeber bei einem Antrag zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes nun acht Wochen Zeit hat, um den Antrag abzulehnen.

ELTERNZEITVERLANGEN NICHT PER E-MAIL ODER FAX Mit Urteil vom 10.05.2016 (Az. 9 AZR 145/15) hat das BAG das Schriftform­er­ fordernis für das Verlangen der Eltern­zeit näher konkretisiert, so dass ein Antrag

Der Arbeitgeber, wird bei einer Er­klär­ung in Papierform davor gewarnt, dass diese die aus dem Arbeitsverhältnis wechsel­ seitig bestehenden Hauptpflichten für einen bestimmten Zeitraum zum Ruhen bringt. An eine gute personelle Planung wird er dabei erinnert. Auch für die frisch gebackenen Eltern ist das Schriftformerfordernis sinnvoll, die dadurch angehalten sind, ihre El­tern­zeit sorgfältig zu planen und keine voreiligen Entscheidungen zu treffen, die den Ver­ gütungsanspruch berühren. Dabei kann sich der Arbeitgeber aller­dings nicht immer auf die fehlende Schrift­f­orm berufen. Das BAG sieht dies z. B. dann als treuwidrig iSd § 242 BGB an, wenn der Arbeitnehmer durch das Verhalten des Arbeitgebers auf den Fortbestand des bishe­rigen Zustand vertrauen durfte. Dabei handelt es sich aber wohl eher um eine eng auszulegende Ausnahme.

DAS MUTTERSCHUTZGESETZ (MuSchG) – WAS IST NEU? Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat

das Wesentliche zusammengefasst: Durch die Integration der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) in das MuSchG wird die Rechtslage übersichtlicher. Da das MuSchG für Beamtinnen in Bayern nicht unmittelbar gilt, § 1 Abs. 3 MuSchG, erlangen diese das gleiche Mutterschutzniveau über die Verweisung nach § 19 Bayerische Urlaubs- und Mutterschutzverordnung (UrlMV). Mehrarbeit ist für eine schwangere oder stillende Frau in folgendem Rahmen zulässig: Maximal 8 ½ Stunden täglich und 90 Stunden (einschließlich Sonntags) pro Doppelwoche. Für unter 18-jährige Frauen gelten 8 bzw. 80 Stunden. Arbeitstäglich müssen Arbeitgeber eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden gewähren, § 4 MuSchG. Eine schwangere oder stillende Frau darf zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr nicht beschäftigt werden. Eine Beschäf­ tigung bis 22:00 Uhr ist zulässig bei Einwilligung der werdenden Mutter, ärztlicher Bescheinigung der Unbedenklichkeit, Einhaltung des Arbeitsschutzes und behördlicher Genehmigung, §§ 5, 28 MuSchG. Beim BMFSFJ wird ein Ausschuss für Mutterschutz gebildet, in dem geeignete Personen vonseiten der Arbeitgeber, der Ausbildungsstellen, der Gewerkschaften, der Studierendenvertretungen und der Landesbehörden sowie weitere geeignete Personen, vertreten sein sollen, § 30 MuSchG. Die von ihm erarbeiteten Empfehlungen sollen Orientierung bei der praxisgerechten Umsetzung der mutterschutzrechtlichen Regelungen bieten.


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TARIFRECHT

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Tarifpflege

Tarifverträge zur Weiterentwicklung des TVöD Der dbb hat gemeinsam mit dem Bund und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) an verschiedenen Stellen angepasst und modernisiert. Dies macht den Abschluss von Änderungstarifverträgen notwendig.

ZULAGE BEI VORÜBERGEHENDER ÜBERTRAGUNG HÖHERWERTIGER TÄTIGKEIT Die Zulage nach § 14 Abs. 3 S. 1 TVöD wird für alle Entgeltgruppen angeglichen. Es gibt keine Unterscheidung mehr zwischen den Entgeltgruppen 1 bis 8 und den höheren Entgeltgruppen. Künftig wird allen Beschäftigten bei vorübergehender Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit der Unterschiedsbetrag zu dem Tabellenentgelt gezahlt, das sich auch bei dauerhafter Übertragung der Tätigkeit nach § 17 Abs. 4 S. 1 TVöD ergeben hätte. Dies hat parallele Änderungen im Über­leitungstarifvertrag TVÜ-VKA not­wendig gemacht. In § 12 Abs. 4 S. 2 u. 3 TVÜ-VKA wurde vereinbart, dass die oben angeführte Zulage auf den Struk­ tur­ausgleich angerechnet wird. Gleiches gilt bei der Zulage bei Führung auf Probe bzw. auf Zeit gemäß §§ 31 und 32 TVöD. Inkrafttreten der Änderungen ist ab dem 1. März 2018. BEMESSUNGSGRUNDLAGE FÜR DIE ENTGELTFORTZAHLUNG Die Entgeltfortzahlung erfolgt nach § 21 S. 2 TVöD und sieht für nicht in Monatsbeträgen festgelegte Bestandteile vor, dass eine Berechnung auf Basis des Durchschnitts der letzten drei Kalendermonate erfolgt. Hierzu wurde die Protokollerklärung Nr. 2 zu § 21 klarstellend um einen Satz 4 ergänzt. Lagen in dem dreimonatigen Referenzzeitraum bereits Fortzahlungs­ tatbestände, also Ausfalltage mit Ent­ geltfortzahlung, bleiben sowohl diese

Ausfalltage als auch die für diese auf Basis des Tagesdurchschnitts zu­steh­ en­den Beträge bei der Ermittlung des Durchschnitts unberücksichtigt. Neu aufgenommen ist die Protokoll­ erklärung Nr. 3. Liegt zwischen Begründung des Arbeitsverhältnisses oder der Änderung der individuellen Arbeitszeit und dem maßgeblichen Ereignis der Entgeltfortzahlung kein voller Kalendermonat, ist ein individueller Tagesdurchschnitt zu bilden. Inkrafttreten der Änderungen ist ab dem 1. April 2017. ÜBERZAHLTE KRANKENBEZÜGE UND SONSTIGE ÜBERZAHLUNGEN Überzahlter Krankengeldzuschuss und sonstige Überzahlungen werden nach § 22 Abs. 4 S. 4 TVöD als Vorschuss auf die zustehenden Renten u. a. gehandhabt. In § 33 Abs. 4 S. 4 TVöD wird nun klargestellt, dass ein Übergang von Ansprüchen auf den Arbeitgeber nur erfolgt, soweit es sich nicht um öffentlich-rechtliche Sozialversicherungsansprüche auf Rente handelt. Inkrafttreten der Änderungen ist ab dem 1. April 2017. ENTGELTORDNUNG VKA Weitere Änderungen gab es im Bereich der Entgeltordnung. Sie sollen rückwirkend zum 1. Januar 2017 beziehungs­ weise – soweit sie im Zusammenhang mit der stufengleichen Höhergruppierung stehen – rückwirkend zum 1. März 2017 erfolgen.

§ 36 TVöD wird um einen Absatz 2 er­gänzt. So wird der Rechtszustand wie­ der­her­gestellt, der bis zum 31. Dezem­ber 2016 bestand. Auf Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst finden die Sonderregelungen im § 56 BT-V (Besonderer Teil Verwaltung) auch Anwendung, wenn sie außerhalb des originären Geltungsbereichs des BT-V oder des BT-B (Besonderer Teil Pflegeund Betreuungseinrichtungen) sind. Durch eine Neufassung von § 1 Abs. 4 der Anlage zu Abschnitt VIII Sonderregelungen (VKA) § 56 BT-V (§ 17 Abs. 4a.1 TVöD-V) bzw. § 52 Abs. 4 BT-B (§ 17 Abs. 4a.1 TVöD-B) wird klargestellt, dass die Regelungen der stufengleichen Höhergruppierung auch bei der Anlage C (Sozial- und Erziehungsdienst) Anwendung finden. Die Protokollerklärungen 4 und 6 zu Teil B Abschnitt XI Ziffer 1 der Anlage 1 Entgeltordnung (VKA) werden so geändert, dass die DKG-Empfehlung für die Weiterbildung Notfallpflege vom 29. November 2016 bei der Eingruppierung in die Entgeltgruppen P 8 und P 9 Berücksichtigung finden. Klarstellend ist in der neuen Ziffer 4a zum Abschnitt XI (Beschäftigte in Gesundheitsberufen) der Anlage 1 Ent­ geltordnung (VKA) geregelt, dass auf Alltagsbegleiter und Betreuungskräfte die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale anzuwenden sind. PFLEGE DES TARIFVERTRAGES FÜR AUSZUBILDENDE DES ÖFFENTLICHEN DIENSTES (TVAÖD) Die neue Protokollerklärung zu § 8b Abs. 1 S. 2 TVAöD-Pflege regelt, dass die Minderung beziehungsweise der Entfall von Zulagen im Zusammenhang mit der Eingruppierung von Beschäftigten in Psychiatrien nicht zu einer Minderung der Zulagen bei Auszubildenden in Psychiatrien führt. TVÜ-VKA Daneben gab es verschiedene Änderungen und Klarstellungen im TVÜ-VKA. Weitergehende Forderungen des dbb unter der Überschrift Tarifpflege wurden von der Arbeitgeberseite abgelehnt.


TARIFRECHT

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Tarifeinheitsgesetz

dbb klagt vor Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte Das Tarifeinheitsgesetz (TEG) war, ist und bleibt nach Überzeugung des dbb beamtenbund und tarifunion auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 11. Juli 2017 ein manifestierter Angriff auf die Koalitionsfreiheit von Arbeitnehmern und auf die Tarifautonomie. Zwar hat das Verfassungsgericht strenge Leitplanken eingezogen, damit die zahlenmäßig kleineren Organisationen sich nicht dem Diktat der mitgliederstärkeren unterwerfen müssen. Der Tarifpolitik in Deutschland ist mit alldem gleichwohl kein Gefallen getan. Die Regelungen werden nicht, wie von den Machern des Gesetzes behauptet, zu einer Befriedung des ohnehin nicht sehr konfrontativen Tarifgeschehens in unserem Land führen, sondern im Gegenteil zu einer Verschärfung der Konkurrenz zwischen den Gewerkschaften. Mit einer Verlage-

rung der Tarifpolitik auf die Betriebsebene wird die Idee des Flächentarifs zudem gänzlich zerschossen. Am 18. Dezember 2017 hat der dbb in Sachen Tarifeinheitsgesetz deshalb erneut den Klageweg beschritten. Durch den renommierten Arbeitsrechtler Professor Wolfgang Däubler wurde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Klage gegen das Tarifeinheitsgesetz in seiner vom Bundesverfassungsgericht veränderten Form eingereicht. „Karlsruhe hat mit seinem Urteilsspruch vom Juli 2017 das völlig überflüssige Zwangs-Tarifeinheitsgesetz in seiner Auswirkung schon deutlich beschnitten“, führte dbb Chef Ulrich Silberbach aus, „aber das reicht uns noch nicht. Auch in seiner ‚Karlsruher Form‘ ist das Gesetz weder sinnvoll noch praktikabel.“

dbb Tarifchef Volker Geyer ergänzt: „Wir sind es unseren Mitgliedern einfach schuldig, diesen Kampf bis zum Ende auszufechten. Aus meiner Sicht sind hier gleich drei Gründe maßgeblich: Erstens benachteiligt das Gesetz kleinere Gewerkschaften und ist somit undemokratisch, zweitens ist es speziell im Bereich des öffentlichen Dienstes noch weniger anwendbar als in der Privatwirtschaft und drittens schließlich löst schon die bloße Existenz dieses Gesetzes vor Ort unter den Beschäftigten und den konkurrierenden Gewerkschaften eine Schere im Kopf aus, die freie gewerkschaftliche Betätigung behindert.“ Bei der Vorbereitung der Klage haben sich dbb und die ebenfalls in Straßburg klagende Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) inhaltlich eng abgestimmt.

Urlaubsanspruch:

Differenzierung zulässig Das dbb Dienstleistungszentrum Süd-West in Mannheim vertrat mehrere Mitarbeiter einer städtischen Buslinie. Der Betreiber der Buslinie entschloss sich, eine Neuaufteilung des Liniennetzes vorzunehmen und bestimmte Streckenführungen auszuschreiben, damit andere Busunternehmer diese Strek­ kenführungen bedienen können. In diesem Zusammenhang gingen Personal und Arbeitsmittel auf den Erwerber über, ohne dass ein Betriebsübergang vorlag. Es gab Arbeitnehmer, die dem Übergang auf einen anderen Arbeitgeber widersprochen haben und vom dbb vertreten wurden. Andere Arbeitnehmer hatten den Übergang ohne Weiteres akzeptiert. Mit diesen schloss der Arbeitgeber einzelvertragliche Änderungsverträge, die ihnen unter anderem vier Tage mehr Urlaub zusprachen, als die bisherige vertragliche Regelung vorsah. Die vom dbb vertretenen Mitglieder erhielten diesen Urlaub nicht und machten ihn vor dem Arbeitsgericht Mainz geltend. Das Arbeitsgericht Mainz sah in seinem Urteil vom 25. Oktober 2017 (Az. 4 Ca 910/17) unter anderem den arbeitsrechtli-

chen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt. Denn dieser sei keine Meistbegünstigungsklausel. Vielmehr verbiete dieser Grundsatz, Arbeitnehmer willkürlich besser oder schlechter zu behandeln als andere. Dies sei vorliegend gerade nicht der Fall. Vertragliche Ansprüche könnten individuell ausgehandelt werden. Dann liegt es in der Natur der Sache, dass die einzelnen Bedingungen voneinander abweichen und somit eine unterschiedliche Behandlung festgeschrieben und zugelassen werden kann. Die Differenzierung, die vorgenommen worden war, sei auch keine Maßnahme, die gegen das Maßregelungsverbot aus § 612 a BGB verstoßen würde. Derartige Differenzierungen seien zulässig, weil der Umstand, dass ein Teil der Arbeitnehmer – hier die Begünstigten – willig und bereit waren, den Übergang des Streckennetzes und die Übernahme dieses Streckennetzes durch einen anderen Unternehmer zu akzeptieren. Dies sei eine andere Situation als diejenige, in der sich die vom dbb vertretenen Mitarbeiter befunden haben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.


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VERBAND

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DBB JAHRESTAGUNG 2018:

Jahresauftakt in Köln: Digitalisierung stärker vorantreiben Seit vielen Jahren ist es Tradition, dass der dbb zu Beginn des Jahres in Köln die aktuellen beamtenpolitischen Themen mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Verband erörtert. In diesem Jahr waren neben den Sach­ themen der Veranstaltung auch die parallel laufenden Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene prägend. Der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach hat mit Blick auf die Modernisierung des öffentlichen Dienstes die Politik zu einem Pakt für Digitalisierung aufgerufen: „Für eine wirklich sichere, ganzheitliche digitale Strategie muss es ein Zusammenspiel von Bund, Ländern und Gemeinden geben“, sagte Silberbach in seiner Grundsatzrede bei der dbb Jahrestagung am 8. Januar 2018.

Derzeit hänge Deutschland im Zeitalter der digitalen Kleinstaaterei fest. Das widerspreche dem Gedanken der Vernetzung. Es gebe zwar vielversprechende regionale IT-Initiativen, aber eben keinen verbindlichen nationalen Masterplan. Dabei gehe es nicht nur um grundlegende technische Notwendigkeiten wie den Breitbandausbau, sondern um eine seriöse Planung des personellen, organisatorischen und finanziellen Aufwandes. BMI: STREIKVERBOT IST TEIL DER HERGEBRACHTEN GRUNDSÄTZE Mit Blick auf die in diesem Jahr anstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu mehreren Klagen gegen das Streikverbot für Beamte erhielt der dbb Unterstützung für seine Position vom Bundesinnenministerium (BMI). Das Streikverbot gehöre zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und genieße damit Verfassungsrang betonte BMI-Staatssekretär Hans-Georg Engelke. Würde es aufgehoben, verlöre das Beamtentum „seine innere Logik und damit seine Sinnhaf-

tigkeit“. Engelke sprach in Vertretung des Bundesinnenministers Thomas de Maizière, der wegen der Sondierungs­ gespräche zur Regierungsbildung in Berlin kurzfristig absagen musste. „Die Bürgerinnen und Bürger vertrauen darauf, dass der Staat rund um die Uhr handlungsfähig ist“, so Engelke weiter. Und das könnten sie auch, trotz der im Hinblick auf die Regierungsbildung bislang noch offenen Lage auf Bundesebene. „Das Land ist stabil“, stellte Engelke fest, „und das liegt auch an den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Verwaltungen.“ KLARE ABSAGE AN BÜRGER­ VERSICHERUNG Mit Blick auf die Sondierungsgespräche für eine Koalition von CDU/CSU und SPD auf Bundesebene gibt es aus dem Bundesinnenministerium eine klare Absage für Forderungen nach einer Einheitsversicherung im Gesundheitswesen, der auch die Beamtinnen und Beamten angehören sollen. „Wer dies fordert, verwechselt Einheitlichkeit mit Gerechtigkeit“, unterstrich Staatssekretär

Engelke. Da die Beihilfe ein integraler Bestandteil des Beamtenverhältnisses sei, stelle sich zudem die Frage nach der Verfassungsfestigkeit einer solchen Einheitsversicherung. „WIR BRAUCHEN INFORMATIONSUND CYBER-SICHERHEIT!“ Weitere Redner der dbb Jahrestagung waren Lutz Lienenkämper (Finanzminister von Nordrhein-Westfalen (NRW), Arne Schönbohm (Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik). Letzterer betonte, Informations- und Cyber-Sicherheit sei eine unverzichtbare Voraussetzung für das Gelingen der Digitalisierung in Deutschland. Digitalisierung bedeute mehr Möglichkeiten, „auf die Deutschland nicht verzichten kann und soll“, aber eben auch mehr Gefahren, „auf die Deutschland vorbereitet sein muss“. Täglich gebe es 280.000 neue Schadprogramm-Varianten, allein auf die Netze des Bundes seien täglich zwischen 2.000 und 3.000 Angriffe zu verzeichnen, darunter drei bis fünf gezielte, berichtete der BSI-Präsident.


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DEUTSCHLAND HAT GEWÄHLT – WAS NUN? In der anschließenden Podiumsdiskussion „Deutschland hat gewählt – Was nun?“ diskutierten unter der Moderation von Dunja Hayali der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Lindner, und der Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer (Grüne). Lindner verteidigte den Rückzug seiner Partei aus den Sondierungen für eine „Jamaika“-Koalition mit CDU/CSU und Grünen. „Wenn Wahlprogramme noch irgendeinen Sinn haben sollen, müssen sie auch nach der Wahl noch gelten“, so der FDP-Chef. Und die Programme hätten eben nicht zusammengepasst. Als Beispiel nannte er das vergebliche Bemühen der Liberalen, das Kooperationsverbot in der Verfassung zwischen Bund und Ländern im Bereich der Bildung aufzuheben. Die Länder seien mit der alleinigen Zuständigkeit langfristig finanziell überfordert: „Die Schuldenbremse wird in dieser Konstellation der Strick der Bildungspolitik.“ Boris Palmer hingegen äußerte sein Unverständnis über das Scheitern der Verhandlungen: „Ich verstehe nicht, warum die FDP die Regierungsverantwortung abgelehnt hat. Wir Grünen sind der FDP weit entgegengekommen. Die Abschaffung des Solidaritätszuschlages hatten wir bereits zugesagt.“ Im Bereich der Gesundheitspolitik äußerten beide Politiker überraschend

übereinstimmend ihre Ablehnung der Bürgerversicherung. „Nach meiner Ansicht wird das Thema von allen Seiten viel zu ideologisch diskutiert“, sagte Palmer. „Wenn wir ein komplett neues Gesundheitssystem aufbauen müssten, wäre ich für die Bürgerversicherung. Jetzt denke ich, dass die Kosten zur Umstellung der Systeme viel zu hoch sein würden. Wir sollten vielmehr andere Stellschrauben nutzen, um mehr Gerechtigkeit im Gesundheitssystem herzustellen.“ Lindner betonte, dass das Gesundheitssystem mit der Einführung einer Bürgerversicherung für alle Menschen schlechter würde. „Ohne Private Krankenversicherung würde das gesamte System kippen, weil sie eine enorme Quersubventionierung für die Gesetzliche Krankenversicherung darstellt. Ohne sie müssten tausende Arztpraxen schließen.“ DIGITALISIERUNG NICHT FÜRCHTEN Der zweite Tag der Veranstaltung stand erneut im Zeichen der Digitalisierung. „Wir müssen uns vor der Digitalisierung nicht fürchten“, betonte der Finanzstaatssekretär des Saarlands, Ulli Meyer. Angesichts der zu erwartenden Veränderung der Arbeitswelt sei sie sogar unverzichtbar. Nach einer Schätzung könnten demnach in Deutschland künftig 1,5 Millionen Akademiker fehlen, während eine ähnlich große Anzahl an gering qualifizierten Arbeitskräfte keine Arbeit mehr hätten. In der anschließenden Diskussionsrunde mit Christoph Verenkotte, dem Präsidenten des Bun-

desverwaltungsamtes, und Uwe Lübking, Beigeordneter des Deutschen Städteund Gemeindebundes, führte Meyer aber auch aus, dass die Digitalisierung im öffentlichen Dienst dazu führe, dass in einigen Bereichen mehr Arbeitskräfte gebraucht würden. Christoph Verenkotte, Präsident des Bundesverwaltungsamtes (BVA), forderte deutlich mehr Investitionen in die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung und Dienstleistungen: „Der Standortvorteil, den wir mit unserem stabilen und leistungsfähigen öffentlichen Dienst über Jahrzehnte verlässlich bieten konnten, ist in Gefahr“, warnte der BVA-Chef. „Wir müssen uns von der lange gepflegten Vorstellung verabschieden, dass e-Government ein Luxus ist. Es handelt sich auch nicht um einen ‚IT-Hype‘, der sich irgendwann wieder abflachen wird.“ Die Digitalisierung sei faktisch zwingend, und insbesondere der öffentliche Dienst komme schlicht nicht an ihr vorbei. Uwe Lübking, Beigeordneter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, betonte, im Zuge der Digitalisierung müsse noch mehr in entsprechende Qualifikationen investiert werden. „Auch in den Verwaltungen müssen wir lebenslanges Lernen verinnerlichen“, so Lübking. Größere Kommunen könnten zudem beispielsweise über Vereinbarungen mit Universitäten ein duales Studium anbieten, um Fachkräfte auszubilden. Kleinere Gemeinden könnten im Feld der Ausund Fortbildung zudem die interkommunale Zusammenarbeit stärken.


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VERBAND

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VLTD

Landesversammlung

Der neu gewählte VLTD-Vorstand: Herbert Hecht (Vorsitzender), Arno Eisenacher, Susanne Ahle (stellv.Vorsitzende), Walter Fürst, Sabine Biberger, Johan Götzer, Marie-Luise Raffalt, Paul Grötsch, Wolfgang Ringel, Wolfgang Büchinger, Carmen Geißler (v.r.)

Der Verband des Landwirtschaftlich-Technischen Dienstes in Bayern e.V. (VLTD) organisiert Arbeitnehmer und Beamte der 2. und 3. Qualifikationsebene des landwirtschaftlich-technischen Dienstes und die landwirtschaftlich - hauswirtschaftlichen Fachlehrerinnen. Bei der VLTD-Landesversammlung im vergangenen Jahr konnte neben zahlreichen Ehrengästen auch Amtschef Hubert Bittlmayer begrüßt werden. Er lobte den VLTD als starken Verband, der sich intensiv um die Anliegen in der Verwaltung kümmere. Die Veränderung in den wichtigen Themen der Gesellschaft werde starken Einfluss auf die Tätigkeit nehmen. War es vor einigen Jahrzehnten noch die Nahrungssicherstellung, beherrschten heute Tierwohl, Wasser und Biodiversität die öffentliche Diskussion. Die Heimatstrategie stelle die Verwaltung vor hohe Anforderungen. Er sei aber sehr zuversichtlich, dass sehr gute Lösungen erzielt werden könnten. In Rahmen der Arbeitstagung fanden auch die Neuwahlen des Vorstandes statt. Dabei wurde Vorsitzender Herbert Hecht in seinem Amt bestätigt.

IMPRESSUM Verleger:

(Register-Nr. 12092) Lessingstraße 11 80336 München T 089 / 55 25 88-0 F 089 / 55 25 88-50 bbb-verlag@bbb-bayern.de

KREISAUSSCHUSS SCHWANDORF Der Neujahrsempfang der CSU in Schwandorf gab dem Schwandorfer BBB-Kreisausschussvorsitzenden Wolfgang Meischner Gelegenheit zu einem Meinungsaustausch mit der Staatsministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten in der Bayerischen Staatskanzlei, Emilia Müller.

KREISAUSSCHUSS PASSAU

„Fasching einmal anders“

Kurz vor Beginn des Theaterabends traf sich Kreisausschussvorsitzender Siegfried Kapfer (1. v. r.) mit den Hauptdarstellern und dem Regisseur hinter dem Vorhang in der Kulisse.

„Unter dem Motto „Fasching einmal anders“ initiierte der BBB-Kreisausschussvorsitzende und Passauer Stadtrat Siegfried Kapfer Anfang Januar für seine BBB-Mitglieder einen Besuch im Passauer Stadttheater, wo das Dreiflüssetheater Passau mit der Komödie „Der nackte Wahnsinn“ von Michael Frayn unter der Regie von Andreas Brunner gastierte.

Erscheinungsweise: Sechs mal im Jahr. Konditionen für Mitglieder: Für Mitglieder ist der Verkaufspreis durch Mitgliedsbeitrag abgegolten. Weitere Informationen unter: www.bbb-bayern.de Die mit Namen gekennzeichneten Beiträge stellen in jedem Fall nur die Meinung des Verfassers dar.

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VERBAND

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 18

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KREISAUSSCHUSS BAMBERG

Traditioneller Neujahrsempfang

Ausschussvorsitzender Tobias Reiß ging im Sitzungssaal des Amtes für Ländliche Entwicklung Oberfranken auf die Zukunft des öffentlichen Dienstes im Zeitalter der Digitalisierung ein

Zu seinem traditionellen Neujahrsempfang hatte der Kreisausschuss der Stadt und des Landkreises Bamberg am 22. Januar 2018 eingeladen. Der Vorsitzende des Kreisausschusses, Jürgen Altberg, zeigte sich erfreut darüber, zahlreiche Gäste aus der Politik und den Behörden im Festsaal des Amtes für Ländliche Entwicklung Oberfranken willkommen heißen zu können.

Die Grüße des BBB-Vorstandes überbrachte die stellvertretende BBB-Vorsitzende Claudia Kammermeier

dent den abwesenden Landrat mit vertreten durfte, überbrachte in seinem Grußwort die besten Wünsche der Kommunalpolitik zum Neuen Jahr und warf sowohl einen Rückblick auf das vergangene sowie einen Ausblick auf das kommende Jahr unter besonderer Berücksichtigung der Aufgaben in Bezug auf die Flüchtlingssituation, aber auch auf den Wohnungsmarkt und die allgemeine Verkehrslage in Bamberg.

Der Leiter dieses Amtes, Anton Hepple, begrüßte als Hausherr die Besucher in seinem Haus und stellte die Besonderheiten der auf den Gängen ausgestellten Exponate, die bevorstehenden Aufgaben, die Anforderungen und die Strukturen seiner Behörde sowie deren aktuelle und zukünftige Personalsituation dar.

Die stellvertretende BBB-Vorsitzende Claudia Kammermeier blickte noch einmal zurück auf das Jubiläumsjahr 2017 (100 Jahre BBB) und erläuterte anschließend die zukünftigen ins Auge gefassten Aufgaben und Wünsche der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes an die Arbeitgeber und Dienstherren.

Der Oberbürgermeister der Stadt Bamberg, Andreas Starke, der als Bezirkstagvizepräsi-

Tobias Reiß, Mitglied des Bayerischen Landtages und seit ca. einem Jahr der

neue Vorsitzende des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes, gab als Festredner einen Ausblick auf die Zukunft des öffentlichen Dienstes im Zeitalter der Digitalisierung. Er erläuterte ausführlich sowohl die bereits zurückgelegten Schritte sowie die noch bevorstehenden Anforderungen und Aufgaben. Den Dank des Kreisausschusses an die Redner übermittelte der stellvertretende Vorsitzende, Alexander Wilhelm, und übereichte den von auswärts Zugereisten je eine Geschenktüte mit regionalen Produkten. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung vom Cello-Trio der Städtischen Musikschule Bamberg, Judith Michal, Maya Wamser und Arved Ritter. Der Abend endete mit intensiven Diskussionen und lockeren Gesprächen der Gäste beim anschließenden Stehempfang mit Speisen und Getränken.

Zahlen, Daten, Fakten 2018 Die Neuauflage des dbb Nachschlagewerks „Zahlen Daten Fakten“ ist erschienen. Die Broschüre bietet einen objektiven Überblick über wichtige Eckdaten des öffentlichen Dienstes in Deutschland. Aufbauend auf den jeweils neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes und der Statistischen Landesämter, auf Informationen der Bundesministerien sowie darauf basierenden Berechnungen liefert „Zahlen Daten Fakten“ fundiertes Basiswissen zu Personalständen und -entwicklungen, Effekte besoldungs- und dienstrechtlicher Änderungen, Tarifentgelten und vieles mehr.

Das momentan viel diskutierte Thema des Personalnotstands wird auch in der aktuellen Ausgabe 2018 aufgegriffen. Die Gesamtzahl der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes ist im Vergleich zum Betrachtungszeitraum des Vorjahres zwar leicht gestiegen und der permanente Personalabbau der vergangenen Jahre damit in weiten Teilen gestoppt. Dennoch leidet der öffentliche Dienst noch immer unter einem massiven Personalnotstand: Aktuellen Schätzungen zur Folge fehlen mehr als 200.000 Stellen, vor allem in den Kommunalverwaltungen. Aktuelle Zahlen hierzu finden Sie in der Broschüre, die Sie auf der Homepage des dbb (www.dbb.de) und BBB (www.bbb-bayern.de) downloaden können.



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