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Hinweisgeberschutzgesetz verabschiedet

Unternehmen sind daran interessiert, sichere und effiziente Meldewege und damit einhergehend, einen möglichst lückenlosen Schutz für Hinweisgeber sicher zu stellen.

Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz wird in Deutschland die EU -Richtlinie 2019/1937 „zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ umgesetzt. Das Gesetz sieht vor, dass Unternehmen und Behörden interne Meldestellen einzurichten haben, bei denen Hinweisgeber vertraulich Verstöße melden können. Zudem sollen hinweisgebende Personen gegen Repressalien aufgrund der Meldung geschützt werden.

Nach langem Ringen zwischen Bundestag und Bundesrat konnte das Hinweisgeberschutzgesetz nun Mitte Mai beschlossen werden Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 12. Mai 2023 dem bereits am Tag zuvor vom Bundestag angenommenen Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) zugestimmt. Bundesrat und Bundestag haben damit die Empfehlungen des Vermittlungsausschusses zur Änderung des vom Bundestag am 16. Dezember 2022 beschlossenen ursprünglichen Gesetzes angenommen. Der Vermittlungsausschuss hatte sich am 9. Mai 2023 auf Änderungen geeinigt. Die Anrufung des Vermittlungsausschusses durch die Bundesregierung war erfolgt, nachdem der Bundesrat dem Gesetzentwurf im Februar 2023 zunächst nicht zugestimmt hatte und eine Aufteilung in zwei Gesetzentwürfe in der Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages im März 2023 verfassungsrechtliche Bedenken und Kritik erfahren hatte.

Der BDI unterstützt die Zielsetzung des Gesetzes, einen wirksamen Hinweisgeberschutz zu gewährleisten. Denn Unternehmen sind daran interessiert, sichere und effiziente Meldewege und damit einhergehend, einen möglichst lückenlosen Schutz für Hinweisgeber sicher zu stellen. Häufig existieren bereits heute Meldesysteme in Unternehmen. Der BDI hat sich insbesondere dafür eingesetzt, die Konzernlösung bei der Einrichtung von Meldestellen im Gesetz beizubehalten. Denn die Einrichtung zentraler Meldewege stellt sicher, dass in Konzernen einheitliche Lösungen gefunden werden und dass eine Stelle mit ausreichend Fachpersonal für komplexe Probleme zur Verfügung steht. Ebenso hat der BDI seit Beginn des Gesetzgebungsverfahrens dafür plädiert, Anreize zur vorrangigen Nutzung interner Meldewege zu schaffen. Nach Art. 7 der Richtlinie sollen sich die Mitgliedstaaten aber gerade dafür einsetzen, dass interne Meldestellen vorrangig genutzt werden. Diese Regelung soll den Unternehmen die Möglichkeit dafür bieten, die Verstöße zunächst intern zu prüfen, um so möglichen rufschädigenden Wirkungen vorzubeugen. Eine interne Meldung erleichtert es zudem die Probleme zu beseitigen, da sich Personen mit dem gemeldeten Missstand auseinandersetzen, die die internen Abläufe kennen. Sie können den Umfang des Problems besser und schneller einschätzen und die Beseitigung kann effektiv und zügig stattfinden. Auch in der Sachverständigenanhörung des Rechtsausschusses des Bundestages im Oktober 2022 hatte der BDI erneut nicht nur die hohe Relevanz der Konzernlösung, sondern auch die Anreizschaffung zur vorrangigen Nutzung interner Meldewege befürwortet.

Einigung im Vermittlungsausschuss

Das Gesetz hat aus Sicht des BDI durch die Änderungen Verbesserungen erfahren: So sieht der Einigungsbeschluss des Vermittlungsausschusses unter anderem Anpassungen bei den Meldewegen vor. Interne Meldestellen (wie auch externe Meldestellen) sollen nicht mehr dazu verpflichtet sein, Meldekanäle so zu gestalten, dass auch anonyme Meldungen abgegeben werden können. Anonyme Meldungen sollen aber weiterhin bearbeitet werden. Zudem sollen hinweisgebende Personen die Meldung bei einer internen Meldestelle bevorzugen, wenn intern wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und keine Repressalien befürchtet werden. Auch der Bußgeldrahmen für ausgewählte Verstöße wurde nach Beschluss des Vermittlungsausschusses nunmehr auf 50.000 Euro statt 100.000 Euro verringert. Schließlich kann auch die Dokumentation länger als drei Jahre aufbewahrt werden, um die Anforderungen nach dem HinSchG oder nach anderen Rechtsvorschriften (z. B. nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – LkSG) zu erfüllen, solange dies erforderlich und verhältnismäßig ist.

Das Hinweisgeberschutzgesetz wurde am 2. Juni 2023 im Amtsblatt verkündet und tritt nun überwiegend am 2. Juli in Kraft. Es bleibt weiterhin bei der Regelung, dass Unternehmen mit überwiegend 50 bis 249 Mitarbeitern erst ab dem 17. Dezember 2023 eine interne Meldestelle einrichten müssen. Für Unternehmen ab 250 Mitarbeitern sieht das nun verabschiedete Gesetz gemäß dem Einigungsbeschluss im Vermittlungsausschuss vor, dass die fehlende Einrichtung einer internen Meldestelle erst sechs Monate nach der Verkündung mit einer Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann.

Keine flächendeckende Umsetzung in der EU

Auch wenn die Umsetzungsfrist der Richtlinie im Dezember 2021 abgelaufen ist, gibt es weiterhin keine flächendeckende Umsetzung innerhalbe der EU. In Deutschland ist die Umsetzung nun mit dem verabschiedeten Gesetz und dem noch ausstehenden Inkrafttreten des HinSchG, 1,5 Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist, erfolgt. Bereits am 27. Januar 2022 hatte allerdings die EUKommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland angestrengt. Im Februar 2023 folgte mangels Verabschiedung eines Umsetzungsgesetzes die Klage am Europäischen Gerichtshof, in der die EUKommission wohl für jeden Tag seit Ablauf der Umsetzungsfrist bis zum Tag der Behebung des Verstoßes einen fünfstelligen Betrag fordert. Über die Klage wurde noch nicht entschieden. Eine Absenkung des Betrages ist ebenso möglich wie die Verhängung eines Pauschalbetrages.

Deutschland befindet sich dabei in guter Gesellschaft mit weiteren EU-Mitgliedstaaten. So hatte die EU-Kommission im Januar 2022 gegen weitere 23 Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und Aufforderungsschreiben gemäß Art. 258, 260 Abs. 3 AEUV wegen mangelnder Umsetzung der Richtlinie versendet. Am 9. Februar 2022 hatte die Europäische Kommission zudem Aufforderungsschreiben an Portugal und Schweden gemäß Art. 258 AEUV gerichtet, weil diese Länder ihre nationalen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie verspätet in Kraft gesetzt haben. Neben Deutschland wurden zu Beginn des Jahres sieben weitere EU-Mitgliedstaaten verklagt.

Nach aktuellem Stand befinden sich immer noch weitere sechs EU-Mitgliedstaaten im Umsetzungsprozess und haben noch kein Gesetz verabschiedet, auch wenn ein Gesetzesentwurf bereits vorliegt, so z. B. in Ungarn, Tschechien, Luxemburg und Polen. ..

Ansprechpartnerin

Verena Westphal v.westphal@bdi.eu

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