WINGbusiness Heft 01 2022

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TOP-THEMA

Bildquelle: © voestalpine Stahl Donawitz GmbH

Christian Weichbold

SmartSinter – Materialverfolgung von Schüttgut und dessen Eigenschaften

I

n modernen Lager-, Förder- und Produktionsanlage wird der Einsatz von Identifikationssystemen gefordert. Die Kopplung des Informationsflusses mit dem Materialfluss ist dabei ein wesentlicher Bestandteil neuer Produktionskonzepte. Dabei ist die Zielsetzung, in Echtzeit den Zustand des Produktes, bei gleichzeitiger Überwachung der Prozesse zu verfolgen. Die grundlegende Aufgabe stellt dabei die Initiierung, Steuerung, Überwachung und Dokumentation des Informationsflusses dar. Für die Verfolgung und Steuerung von diskreten, standardisierten, eindeutig beschreib- und identifizierbaren Gütern bzw. Materialflüssen gibt es eine Vielzahl von Verfahren und Technologien. Durch automatisierte Identifikation (AutoID), Lokalisierungstechnologien, Sensorik und entsprechender Software können Objekte nahezu lückenlos und in Echtzeit verfolgt werden und sind somit nach Typ, Lokation und Qualität jederzeit bestimmbar. Nach eindeutiger Identifikation können Guteigenschaften wie Farbe, Gewicht, Werkstoff, Geometrie, Temperatur, Volumen, usw. letztlich referenziert werden.

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In vielen Branchen wie dem Bergbau, dem Tunnelbau (Ausbruchmaterial), der Landwirtschaft und der Hüttenindustrie (Sinter) sind gewohnte Merkmale von Materialflüssen jedoch häufig nicht vorhanden. In diesen Branchen handelt es sich vielfach um Stoffströme, die zwar kontinuierlich anfallen, aber bezogen auf ihre Eigenschaften inhomogen, unregelmäßig und daher in ihrer Qualität und physischen Beschaffenheit durch die verfügbaren Messverfahren nicht lückenlos bestimmbar sind und diese vor allem nicht eindeutig dem Gutstrom zuordenbar sind Die Qualitätseigenschaften dieser Stoffströme in Echtzeit jederzeit bestimmen zu können, ist für die Produktionsplanung und –steuerung wesentlich. Die bessere Informationsbasis könnte in Folge in einer effizienten Prozesssteuerung umgesetzt werden, welche über verbesserte Materialeffizienz auch positive Einflüsse auf die Energiebilanz, Umweltbeeinflussung und Wirtschaftlichkeit hätte.

Im Unterschied zu diskreten Strömen, bei denen in ununterbrochener Folge diskrete Mengeneinheiten einzeln oder bulkweise ankommen, ist dies bei kontinuierlichen Strömen von polydispersem Schüttgut nicht der Fall. Die Durchflussgesetze diskreter Ströme unterscheiden sich grundlegend von den Strömungsgesetzen inhomogener Schüttgüter. Es existieren keine offensichtlichen Anhaltspunkte zur Definition von konkreten Losen. Bisweilen eingesetzte Bewegungsstrategien wie FIFO (first in – first out), LIFO (last in – first out) usw. versagen spätestens dann, wann das zu verfolgende Gut aufgrund seiner Korngrößenverteilung zur lokalen Entmischung neigt und zufallsabhängige Staueffekte in betriebsbedingten Puffern eine Vermischung der Abschnitte des Stoffstromes bewirken. Die spezifischen Eigenschaften des Gutes inhomogener Stoffströme können dabei nur mit großer Zeitverzögerung gemessen werden, wodurch die durch die Summe der Materialeigenschaften definierte Produktqualität im Extremfall erst posthum bekannt ist.

WINGbusiness 1/2022


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