Fakten, Hintergründe und Analysen für den Öffentlichen Dienst
ISSN 1437-8337
Nr. XI / 33. Jg / 45. Woche
G 1805
Berlin und Bonn / November 2017
www.behoerdenspiegel.de
Mein Blick zurück
Gemeinsame Sicherheit stärken
Arbeiten im Vogelwäldchen
ˇ ´ über den Kongress zur Europäischen Jir˘í Sedivy
Per Thöresson über Schweden als Partnerland
Max Patschinsky über seine Arbeit
Sicherheit und Verteidigung .................. Seite 52
der Berliner Sicherheitskonferenz ......... Seite 54
im Duisburger Zoo ................................. Seite 55
Urteil naht bald (BS/jf) Dürfen Beamte nun streiken oder nicht? Ursprünglich hatte das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung für die zweite Jahreshälfte 2017 angekündigt. Das wird nicht der Fall sein. Um diese Frage zu klären, haben die Karlsruhe Richter nun für Mittwoch, den 17. Januar 2018 eine mündliche Verhandlung anberaumt. Früheren Fällen entsprechend dürfte es dann weitere sechs bis acht Wochen dauern, bis der 2. Senat unter Vorsitz von Prof. Dr. Andreas Voßkuhle anschließend sein Urteil verkündet. Geklagt hatten mehrere Lehrkräfte aus Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, SchleswigHolstein, die teils wiederholt während der Schulzeiten an Protestkundgebungen im Rahmen von Tarifrunden teilgenommen hatten.
Digitale Bildung kostet 2,8 Mrd. Euro jährlich (BS/stb) Der digitale Wandel macht auch ein Umdenken bei der Bildung notwendig. Außer pädagogischen Konzepten und ausreichend ausgebildeten Lehrkräften erfordert digitale Bildung auch eine angemessene Ausstattung der Schulen mit Internetzugängen, Endgeräten, Software sowie technischem Support. Für eine lernfördernde technische Infrastruktur in allen Grund- und weiterbildenden Schulen würden laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung Gesamtkosten von 2,8 Mrd. Euro pro Jahr entstehen. Darin sind Kosten für Breitbandanbindung nicht enthalten. Schätzungsweise 20 bis 50 Prozent der Kosten erbringen laut Studie bereits die Kommunen – teilweise ergänzt durch Mittel der Länder. Um die fehlenden Investitionen aufbringen zu können, sei eine Verteilung der Last auf die Schultern von Bund, Ländern und Kommunen notwendig.
Bayern: 178 Millionen Förderung
(BS/ab) Die Geburtenzahlen steigen – Zeit, die Nachfrage nach Betreuungseinrichtungen zu bedienen. “178 Millionen Euro stehen zusätzlich zur Verfügung, mit denen wir die reguläre staatliche Förderung erheblich stärken können”, sagt Bayerns Familienministerin Emilia Müller. Auch die Einrichtungen Flüchtlingskinder sowie Menschen mit Beeinträchtigungen sollen davon profitieren. Dies bedeutet für die Kommunen: Sie erhalten durchschnittlich 85 Prozent statt der ursprünglichen 50 Prozent ihrer förderfähigen Investitionskosten erstattet. Bis zum 31. August 2019 können Anträge an die Landesregierung für das vierte Investitionsprogramm gestellt werden.
Schwierige Prozentrechnung Diskussionen um den angemessenen BIP-Anteil für die Verteidigung (BS/Dr. Gerd Portugall) Auf dem Feld der Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist schon jetzt ein schwerer Streitpunkt bei den Koalitionsverhandlungen für eine “Jamaika”-Regierung absehbar: die Debatte um den künftigen Anteil des Einzelplans 14 am Bruttoinlandsprodukt (BIP). Nach der russischen Annexion der Krim im März 2014 bekräftigte die NATO im September desselben Jahres auf ihrem Gipfeltreffen in Wales die schon länger vereinbarte Zielgröße von zwei Prozent des BIP für die Verteidigungshaushalte bis 2024. Die Bundesregierung – damals schwarz-rot – stimmte zu. US-Präsident Trump drängt unterdessen die Europäer massiv zu mehr auch finanziellem “burden sharing”. Das deutsche BIP betrug im vergangenen Jahr 3.132,7 Milliarden Euro. Legt man diesen Wert für 2024 zugrunde, so sollte der Einzelplan 14 dann, d. h. in sieben Jahren, 62,6 Milliarden Euro betragen. 2016 hatte der Verteidigungsetat eine Höhe von 34,3 Milliarden Euro, was einem BIP-Anteil von 1,19 Prozent entspricht. Die Union sprach sich in ihrem Wahlprogramm dezidiert für das Zwei-Prozent-BIP-Ziel aus. Gegenüber dem Behörden Spiegel betonte MdB Henning Otte, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion: “Wir werden parallel zur Erhöhung des Verteidigungshaushaltes auch die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit im Maßstab eins zu eins erhöhen, bis bei den öffentlichen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit die sog. ODA-Quote (“Official Development Assistance”) von 0,7 Prozent des BIP erreicht ist. Ein zentrales Element gemeinsamer Sicherheitsvorsorge bleiben jedoch leistungsfähige Streitkräfte. Deswegen ist es wichtig, zur Stärkung unserer Truppe weiterhin auf das ZweiProzent-Ziel der NATO hinzuarbeiten.” Laut ihrem Wahlprogramm wollen hingegen die Grünen überhaupt keine Erhöhung
Im politischen Streit “ums liebe Geld” geht es zuweilen zu wie auf dem sprichwörtlichen “orientalischen Basar”. Foto: BS/Portugall
des Einzelplans 14: “Die Bundeswehr muss UN-fähiger und Europa-tauglicher werden. Für diese Herausforderungen muss die Bundeswehr gut ausgestattet sein. Dafür braucht es aber keine Erhöhung des Verteidigungsetats, sondern klare si-
cherheitspolitische Prioritäten, mehr europäische Zusammenarbeit und ein Ende der ineffizienten Beschaffungspolitik der letzten Jahre.” Damit ist Streit in den Sondierungsgesprächen vorprogrammiert. Im Wahlkampf hatte sich die
SPD ausgesprochen kritisch mit dem Zwei-Prozent-Ziel auseinandergesetzt. Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im letzten Bundestag, erklärte gegenüber dem Behörden Spiegel: “Die Steigerung von Militäraus-
gaben allein ist nicht gleichbedeutend mit der Steigerung von Sicherheit. Wir wissen doch längst, dass Krisenprävention, Wiederaufbau und wirtschaftliche Zusammenarbeit einen größeren Beitrag leisten können als jede Militärausgabe. Wir müssen deshalb aufpassen, dass wir uns nicht auf die Debatte um die zwei Prozent versteifen. Das gilt insbesondere für jene Politiker, die gerne öffentlich das Zwei-Prozent-Ziel postulieren.” Diese Position ist momentan jedoch weniger von Belang, da die SPD erklärtermaßen keine Neuauflage der Großen Koalition wünscht. Gerade in Bezug auf die Positionen zu dem “bösen Thema” Zwei-Prozent-Anteil äußerte sich wiederum ausgesprochen kritisch Generalleutnant a. D. Dr. Klaus Olshausen gegenüber dieser Zeitung: “Das TotschlagArgument von “65 Milliarden Euro für Rüstung” (purer Populismus übrigens mal von anderer Seite) und die Hinweise auf Diplomatie, Entwicklungshilfe, zivile Missionen für die Sicherheit lösen keine der umfassenden Aufgaben, die sich seit Jahren für alle europäischen NATO- und EU-Nationen in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen und weiter der Erfüllung harren.”
Kommentar
Auf die Abgrenzung kommt es an (BS) Am 20. November wählt der Gewerkschaftstag des DBB Beamtenbunds und Tarifunion eine neue Bundesleitung. Für den Bundesvorsitz stellt sich dann die Frage, ob ein Beamter oder ein Angestellter die Wahl gewinnt. Dabei ist diese Unterscheidung zweitrangig. Bis zum noch amtierenden Vorsitzenden Klaus Dauderstädt hat immer ein Beamter an der Spitze des DBB gestanden. Der zweite Vorsitzende war nach der Öffnung der Interessenvertretung für Angestellte der Fachvorstand Tarifpolitik. Somit waren beide Statusgruppen in der Führungsspitze vertreten. Auch heute gibt es viele Mitglieder, die meinen, den Vorsitz müsse ein Beamter innehaben. Doch seit dem letzten Gewerkschaftstag besteht die hauptamtliche Spitze aus einem Dreigestirn. Neben den Fachvorstand Tarifpolitik ist der Fachvorstand Beamtenpolitik getreten. Mit diesem Amt ist ein Abgrenzungsproblem entstanden. Wer ist für die Beamten-
politik zuständig? Der Bundesvorsitzende, so er ein Beamter ist, oder der Fachvorstand? Und wenn der erste Mann im DBB nun ein Tarifbeschäftigter ist, stellt sich dann die Frage, wer künftig neben Verdi-Chef Frank Bsirske die Tarifverhandlungen führt? Auf die Kompetenzverteilung von zwei Kernbereichen – Beamte und Tarifbeschäftigte –, auf drei Personen kommt es an. In den vergangenen fünf Jahren ist dies nicht optimal gelungen. Bei Fragen der Tarifpolitik waren die Kompetenzen klar verteilt, nicht bei denen zur Beamtenpolitik. Hier besteht Nachholbedarf. Zumindest intern. Entweder wird zwischen den Gebietskörperschaften unterschieden. Der eine übernimmt
die Bundesebene, der andere die Länderebene. Dies dürfte jedoch am Widerstand der einzelnen Landesverbände, insbesondere der großen, scheitern. Oder beide Fachvorstände kümmern sich um die Themen, für die sie gewählt worden sind. Und der Bundesvorsitzende übernimmt die allgemeinen Themen, die den Öffentlichen Dienst in seiner Gesamtheit betreffen. Der Gewerkschaftstag bietet die Gelegenheit für eine Neujustierung. Das ist die dringlichste Aufgabe der neuen Führung. Vielleicht wartet der Gewerkschaftstag aber auch mit einer Überraschung auf: Es wäre durchaus die Zeit für eine Bundesvorsitzende. Jörn Fieseler
Die Prenzlberg-Koalition