Berlin und Bonn / Dezember 2024
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Marode Infrastrukur, Berge von Bürokratie – auf verschiedene Missstände kann die Bundesregierung nur reagieren. Damit diese nicht aus dem Ruder laufen, sollte der Staat aktiv gestalten. Was auf der einen Seite wünschenswert ist, sorgt auf der anderen Seite für Probleme.
Versucht worden ist schon einiges, um eine schnelle Mobilitätswende herbeizuführen, aber funktioniert hat es bislang noch nicht. Groß angekündigte Anreize, wie die später dann doch eingestellte E-Auto-Prämie bringen Schwung in die Wende und auch das in seinen Vor- und Nachteilen facettenreich diskutierte Deutschlandticket. Dauerhaften Schub verleihen sie jedoch nicht. Auch Verbote werden in der Bevölkerung nicht gerne gesehen und vonseiten der Politik gescheut. Nichtsdestotrotz helfen Verordnungen, die Mobilitätswende voranzutreiben. Schließlich sind alle darin Adres-
sierten an die neuen Gegebenheiten gebunden. Ursprünglich nur als Verkehrsversuch über den Sommer geplant, bleibt beispielsweise die Reduzierung der als Beamtenrennbahn bezeichneten B 9 in der Bundestadt Bonn auf eine Fahrspur, zumindest vorerst abschnittweise bestehen. Die Reaktionen sind dabei nach wie vor deutlich unterschiedlich – je nach Verkehrsteilnehmendem.
Verkehrsberuhigende Superblocks Das europäische Ausland steht vor ähnlichen Herausforderungen. Von politischer Seite initiiert wurden auch die sogenannten Superblocks in Barcelona. Dort wurden mehrere Straßenblöcke für den regulären Autoverkehr vollständig gesperrt und die entstandene Fläche wurde mit Grünanlagen und Sitzmöglichkeiten aufgefüllt. Das Ergebnis: Nach anfänglichen Protesten haben die Blöcke ihr Ziel, die Straßen den Fußgängern und Passanten wiederzugeben, erreicht. Vor gut einem Jahr standen die verkehrsberuhigten Zonen jedoch kurz vor ihrem Ende. Nach
Anreize versus Verordnungen für die Verkehrswende (BS/Sven Rudolf) Die Verkehrswende und die umweltfreundliche Gestaltung der Städte sind zwei der großen Baustellen auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zukunft. Dabei kann mit Verordnungen und Gesetzen eine Veränderung „von oben“ herbeigeführt werden, oder mit Anreizen Einfluss auf das Verhalten der Bürgerinnen und Bürger genommen werden.
einem Gerichtsurteil im vergangenen Jahr sollte sogar ein Rückbau der Superblocks stattfinden. Grund war die mangelnde Planung der Stadt unter der damaligen Bürgermeisterin Ada Colau. Der Stadtrat Barcelonas reichte daraufhin gegen den Beschluss für einen Rückbau Revision ein. Mit ein Grund dafür dürften die mit dem Umbau verbunden Kosten gewesen sein. Eine Weiterführung des Projektes ist nicht geplant. Ob nun Verordnungen oder Anreize besser geeignet sind, um die Mobilitätswende voranzubringen, lässt sich nicht pauschal beantworten. Beides hat seine Vorzüge. Bernadette Bergsma, Direktorin für Kommunikation und EU-Angelegenheiten bei der EIT Urban Mobility, erläutert, dass auch unbeliebte Projekte einen Mehrwert haben: „Die Simulationen unserer jüngsten Studie über die Kosten und Vorteile des Übergangs zur städtischen Mobilität zeigen, dass die Stärkung der öffentlichen Verkehrsmittel, die Verbesserung der Radverkehrsnetze und die leichte Zugänglichkeit der geteilten Mobilität in Kombination mit Maßnahmen zur Verringerung der Zahl der Pkw-Fahrten in städtischen Gebieten wichtige Voraussetzungen für den Wandel sind.“ Der Mix macht’s. Aktuell sind es häufig „Überzeugungstäter“ in der Kommunalpolitik, die größere Projekte anstoßen,
da gerade umstrittene Vorhaben die Wiederwahl gefährden könnten. Oder die hohen Kosten schrecken die Politik ab. Dabei können viele der Investitionen auch Kosteneinsparungen mit sich bringen
Einsparung von 15.000 Euro pro Kopf Die EIT Urban Mobility hat in ihrer Studie „Costs and benefits of the urban mobility transition“ errechnet, dass für den Übergang zu einer nachhaltigen städtischen Mobilität bis zum Jahr 2050 noch etwa 1,5 Billionen Euro an Investitionen von öffentlicher und privater Seite notwendig sind. Dem gegenüber stehen Einsparungen von 15.000 Euro pro EU-Bürgerin und -Bürger, wenn bis 2050 eine höchstmögliche Verringerung der Autofahrten erreicht werden sollte. Auch für die Gesundheit der Bevölkerung liefert die Studie positive Zahlen. So könnten durch den Umstieg auf Mobilitätsformen wie Gehen und Radfahren bis 2050 Gesundheitskosten von über 1.000 Euro pro Kopf eingespart werden. Solche Zahlen sollten helfen, die anfängliche Abschreckung zu überwinden. Die Frage, wann Ergebnisse der Investitionen sichtbar werden, führt aber nach wie vor zu einem Zögern. Denn einige Maßnahmen könnten durchaus erst in fünf oder mehr Jahren merkbare Wirkungen mit sich bringen.
Im Schatten des Regenbogens
Neubrandenburgs Oberbürgermeister Silvio Witt spricht über Kulturkampf, gesellschaftliche Polarisierung und die Gefahr für Toleranz und Vielfalt. Seite 13
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Die Errichtung von Ladesäulen dauert zu lange. Seite 19
Trotz Ampel-Aus bleibt Hoffnung
Kommt das KRITIS-Dachgesetz noch bis Februar und reicht der eingebrachte Entwurf? Seite 34
Schwerpunktthema der Ausgabe Aktiver vs. reaktiver Staat
Vielfalt für die Landesverwaltung
Berlin erfragt erstmals den Migrationshintergrund von Beschäftigten Seite 5
Markterkundung meist reaktiv genutzt
Leitfaden veröffentlicht
Seite 9
Impressum
Finanzielle Engpässe
Kommunalforum widmet sich Wahlkampfthemen Seite 13
Gemeinsam stark
Im Norden wird auf Zusammenarbeit gesetzt Seite 32
Herausgeberin und Chefredakteurin Dr. Eva-Charlotte Proll
Stellvertretender Chefredakteur Guido Gehrt Leiterin der Berliner Redaktion Anne Mareile Walter Leiter der Bonner Redaktion Bennet Biskup-Klawon
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Online-Redaktion Tanja Klement
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SCHWERPUNKT
AKTIVER VS REAKTIVER STAAT
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Kommentare
(BS) Der Fortgang des Kriegs in der Ukraine lässt sich nicht kalkulieren – so ein Resümee der diesjährigen Berliner Sicherheitskonferenz. Und auch grundsätzlich lässt sich Krieg nicht vorhersehen. Dennoch müssen Deutschland und seine Verbündeten vier Dinge einsehen: Erstens basiert das Gefechtsfeld der Zukunft nicht nur auf Künstlicher Intelligenz und Drohnen. In der Ukraine stehen Soldaten aus Nordkorea und kämpfen an der Seite Russlands. Dies ist eine neue, dramatische Qualität im aktuellen Kriegsverlauf. Es lohnt sich also nicht, sich auf den Krieg von gestern oder morgen vorzubereiten – es wird gekämpf in fünf Domänen und die Kriegtüchtigkeit muss jetzt da sein.
Zweitens müssen Europa und insbesondere Deutschland mehr investieren – noch mehr und so schnell wie möglich! Abschreckung ist keine Frage von zwei Prozent. Denn ein Krieg wird selten so „billig“. Es bringt wirklich wenig, mit Putin zu telefonieren. Es braucht Entscheidungen, die uns stärker machen. Das können wir von unseren NATO-Verbündeten, insbesondere den Ländern mit unmittelbarer
(BS) Vor einem Abgang fehlt die Motivation oder auch die Kraft, noch die großen Dinge abzuschließen, geschweige denn überhaupt auf den Weg zu bringen. Vor allem, wenn man dann nicht die Früchte seiner Arbeit ernten kann.
Seit dem Ampel-Aus liegen viele wichtige Vorhaben auf Eis. Wenn man ehrlich ist, wird wohl keiner mehr daran glauben, dass die noch nicht in den Bundestag eingebrachten Gesetzesvorhaben jemals noch das Licht der Welt erblicken. Dabei gibt es genügend Baustellen.
Zum Beispiel das KRITIS-Dachgesetz, es definiert bundesweit die Sektoren und die kritischen Einrichtungen und verpflichtet die Betreiber zu Schutzmaßnahmen. Zwar wurde ein Gesetzentwurf im Bundeskabinett beschlossen, aber ob der Entwurf tatsächlich noch bis zum angepeilten Wahltermin am 23. Februar im kommenden Jahr zum Gesetz wird, ist mehr als fraglich. Dabei gilt es, den Schutz von Kritischen Infrastrukturen mehr als 1.000 Tage nach dem russischen Angriffskrieg oder nach den zahlreichen Sabotageakten zu erhöhen. Aktuellstes Beispiel ist das erst kürzlich be-
geopolitischer Nähe zum Aggressor Russland, lernen.
Drittens braucht es ein europäisches Ökosystem für militärische Technologien, welches die Stärken zusammenbringt und klarmacht, dass Sicherheit nur im Kollektiv funktioniert.
Viertens braucht es bei der zu German Angst neigenden Bevölkerung hierzulande Führungskräfte und Entscheiderinnen, die die Not der Ukrainerinnen und Ukrainer erklären können. Während sich die Deutschen ständig selbst bemitleiden, hadern, welche Politik zu priorisieren sei, organisiert sich der Rest der Welt selbst: Afrika, Asien, Lateinamerika. Es braucht mehr Deutschland. Dieser Ruf ist ein Kompliment.
Die Geschichte endet nicht dort, wo sich westliche Werte überlegen fühlen. Die Bedrohung freiheitlich demokratischer Werte von außen wie von innen war nie so groß wie jetzt. Aber die Geschichte wird urteilen. Dabei den Fahrersitz einzunehmen, hilft.
schädigte Datenkabel in der Ostsee. Auch abseits von menschlichen Angriffen gibt es – was gerne vergessen wird – menschliches Versagen oder Naturgefahren, die den Betrieb von kritischen Einrichtungen gefährden könnten.
Jetzt kann man von dem Entwurf halten, was man will. Ob nun die Definition, was genau eine kritische Einrichtung ist und etwas nicht, aussagekräftig ist oder ob die Maßnahmen ausreichen. Es muss was passieren. Sonst ist im Ernstfall mit weitreichenden Konsequenzen für Gesellschaft und Staat zu rechnen. Dies lässt sich analog auch mit anderen Gesetzesvorhaben durchspielen. Jetzt kann man nach den Gründen fragen, warum sich die Gesetzgebung teilweise so lange hinzieht und wird gute Gründe finden. Dennoch: Bei vielen kritischen Punkten müssen die Entscheidungen schnell kommen. Entweder springt die Opposition in der jetzigen Periode über ihren Schatten und bringt noch die drängendsten Gesetze auf den Weg oder in der kommenden Legislatur bedient sich die neue Regierung der Vorarbeit der Alten und fängt nicht bei null an, sodass vielleicht noch im Frühjahr 2025 die klaffenden Baustellen endlich geschlossen werden. Wir haben viel zu verlieren und nicht nur Zeit.
D
ie ursprünglich geladenen Teilnehmenden des Panels „USA und Europa. Perspektiven und deutsche Verantwortung“ waren die Mitglieder des Bundestags Lars Klingbeil, SPD-Vorsitzender, Christian Lindner (FDP), zum Einladungszeitpunkt noch Bundesfinanzminister, der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sowie Agnieszka Brugger , stellvertretende Bundestagsfraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Aufgrund des Bruchs der Ampel-Koalition mussten die drei Erstgenannten den Termin absagen, für hochkarätigen Ersatz war jedoch gesorgt: Bijan Djir-Sarai, zu dieser Zeit noch Generalsekretär der FDP, sprang ebenso kurzfristig ein wie Verena Hubertz, eine der stellvertretenden Bundestagsfraktionsvorsitzenden der SPD, und Andreas Jung, stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU.
In ihrer Eröffnungsrede warnte die Grünen-Politikerin und Vizepräsidentin der Europa Union Deutschland (EUD), Chantal Kopf, vor einer negativen Dynamik, die Trumps zweite Amtszeit auslösen könnte: Europa dürfe sich nicht in Form einer „self-fulfilling prophecy“ (selbsterfüllende Prophezeiung) vorschnell vom transatlantischen Bündnis verabschieden. Dieses Bündnis zwischen den USA und Europa sollte das Leitthema des Abends bleiben.
Internationale Handelspartner „Ist Deutschland auf eine zweite Amtszeit Trumps vorbereitet?“, fragte die Journalistin und Moderation Katharina Kühn in die Runde. „Ja“, gab sich Verena Hubertz zuversichtlich, während Agnieszka Brugger und Bijan Djir-Sarai ein
Trumps USA und die Zukunft des transatlantischen Bündnisses
(BS/cb) Ein erstarkter alter und neuer US-Präsident, ein Europa ohne gemeinsame Stimme und ein Deutschland mit zerbrochener Regierung. Die roten Linien in der Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und dem alten Kontinent sind dieser Tage zahlreich. Doch die Erkenntnis, dass die Harmonie früherer Zeiten vorbei ist, kann Progressives fördern.
Angeknackst, aber noch nicht zerbrochen: Auf dem 34. Europäischen Abend prognostizierten Vertreterinnen und Vertreter der vier großen demokratischen Parteien, wie das Verhältnis zwischen den USA und Europa in naher Zukunft aussehen könnte. Foto: BS/donfiore, stock.adobe.com
„Nein“ entgegenhielten und Andreas Jung mit einem „nicht ausreichend“ die Ja/Nein-Frage etwas umging. Parteiübergreifende Einigkeit herrschte bei der Prognose, dass die kommende Trump-Administration „gewaltige Veränderungen“ mit sich bringen werde, wie es Djir-Sarai formulierte. Auch unter einer US-Präsidentin Kamala Harris hätte es aber eine „knallharte
Aktuelles aus dem Arbeitsrecht
Eine Kolumne von Ralph Heiermann
Zeiterfassung kann problematisch sein. Erfolgt sie nicht korrekt, drohen arbeitsrechtliche oder disziplinarische Konsequenzen. Von Bedeutung ist aber bereits, ob Arbeitszeit überhaupt erfasst werden muss.
Eigentlich ist die „Stechuhr“ überall in der Verwaltung Alltag. Es gibt jedoch Bereiche im Öffentlichen Dienst, in denen keine Zeiterfassung stattfindet. Die Beschäftigten müssen zwar die tarifvertraglich oder gesetzlich vorgeschriebene Arbeitszeit ableisten – kontrolliert wird dies nicht. Bei dieser „Vertrauensarbeitszeit“ bestimmen die Beschäftigten, wann sie mit der Arbeit beginnen und wann Feierabend ist. Das erscheint nur auf den ersten Blick traumhaft. Es ist eine alte Erkenntnis, dass Vertrauensarbeitszeit oft zur Selbstausbeutung führt. Überstunden werden nicht erfasst. Der Dienstherr bemerkt sie nicht, die Beschäftigten dokumentieren sie nicht.
Ruhezeiten sichern
Eigentlich darf das seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von 2019 nicht mehr geschehen. Der EuGH verlangt, gestützt auf die Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG), die Einführung
eines objektiven, verlässlichen und zugänglichen Systems zur Erfassung der Arbeitszeit. Ohne Dokumentation kann weder festgestellt werden, ob gesetzliche Ruhezeiten beachtet werden, noch sind Bestimmungen über die maximale Wochenarbeitszeit ersichtlich. Das Bundesarbeitsgericht hat 2022 die Pflicht zur Einführung einer Arbeitszeiterfassung aus dem Arbeitsschutzgesetz folgend bestätigt. Das hat Bedeutung für angestellte und beamtete Beschäftigte. Bisher liegt jedoch nur ein Entwurf des Bundesarbeitsministeriums für eine gesetzliche Regelung zur Umsetzung der Verpflichtung zur Einführung eines Systems zur Arbeitszeiterfassung vor. Mit dem Aus der Ampelregierung ist nicht mehr damit zu rechnen, dass das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden wird. Vertrauensarbeitszeit soll nach dem Entwurf möglich bleiben, indem die Aufzeichnungspflicht auf die Beschäftigten übertragen wird. Die notwendige Kontrolle der Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen soll etwa durch Meldungen eines elektronischen Arbeitszeiterfassungssystems sichergestellt werden. Besonders spannend bleibt die Entwicklung
Dr. Ralph Heiermann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Arbeitsrecht und besitzt eine Kanzlei in Hannover. Er berichtet an dieser Stelle regelmäßig über arbeitsrechtliche Entwicklungen in der Verwaltung und die aktuelle Rechtsprechung. Foto: BS/privat
Interessenpolitik“ gegeben, ordnete er ein. Für Brugger liegt eine Naivität darin, zu denken, Trumps zweite Amtszeit laufe ab „wie die erste“. Mit anderen Worten: die zweite werde für Deutschland und Europa noch ungemütlicher. Trotzdem oder gerade deshalb müsse man „die Gesprächskanäle zu Republikanern und Demokraten“ offenhalten, forderte Jung, und Hubertz
warnte davor, einen „Handelskrieg mit den USA“ zu befeuern. Lieber solle Europa gute Handelsbeziehungen zu mehreren internationalen Partnern aufbauen, so die SPD-Politikerin. Dazu zählten auch „pazifische und afrikanische Staaten“, ergänzte Brugger Jung zufolge müsse Deutschland zudem den Anspruch haben, mit Frankreich „wieder mehr zusammenzu-
kommen“, das Weimarer Dreieck (Deutschland – Frankreich – Polen) besser nutzen und trotz des Brexits wieder stärkere Beziehungen zu Großbritannien aufbauen.
Gefährliche Unterwürfigkeit
Dass ihm nicht nur Europas wirtschaftliche Stabilität gleichgültig ist, sondern auch dessen Sicherheit, machte Donald Trump mehrfach klar. Der designierte Präsident werde „brutal“ zeigen, dass die alte Welt, in der sich Deutschland habe auf die USA verlassen können, „nicht mehr existiert“, so Djir-Sarai Das Gefährliche an Trump sei zudem, dass er „Autokraten gegenüber unterwürfig“ sei, so Brugger –allen voran gegenüber Wladimir Putin
Das von Militärexpertinnen und -experten entworfene Szenario, Putin könne „innerhalb von fünf Jahren einen NATO-Staat angreifen“, ist für sie der Ernst der Lage, den es zu erkennen gelte. Immerhin: Djir-Sarai sieht die NATO „in einem guten Zustand“ und Putin habe sie unterschätzt.
Dass Deutschland und Europa deutlich mehr Geld in die eigene Sicherheit investieren und sich von den USA emanzipieren müssen, sahen indes alle vier Panel-Teilnehmenden so. In Sachen gemeinschaftliches Europa hatte Brugger noch eine Botschaft an die nationalistischen und sich isolierenden Kräfte auf dem Kontinent, die auch hierzulande auf dem Vormarsch sind: „Wenn man zwischen deutschen und europäischen Interessen unterscheidet, wird Deutschland in dieser neuen Welt untergehen.“ Mehr zu sicherheitspolitischen Themen auf den Seiten 36–39.
Forderungen der Länderchefs an den Bund
für alle Lehrkräfte. Für sie ist bisher im Verordnungswege die Zahl der wöchentlichen Unterrichtsstunden geregelt. Unberücksichtigt bleibt die Zeit für die Vor- und Nachbereitung von Unterricht, für Korrekturen und Bewertung von Klassenarbeiten u. Ä., für Elternund Schülergespräche, Konferenzen usw.
Nicht mehr im Rahmen Bund und Länder gehen davon aus, dass die Unterrichtsstunden zusammen mit dem Zeitaufwand für die übrigen Aufgaben sich insgesamt im Rahmen der vorgegebenen tarifvertraglichen/gesetzlichen Wochenarbeitszeit halten. Wissenschaftliche Untersuchungen der Universität Göttingen haben gezeigt, dass dies nicht der Fall ist. Die durchschnittliche Arbeitsbelastung für Lehrkräfte geht dauerhaft über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus. Das Vertrauen der Dienstherren in Pflichtbewusstsein und Leistungsbereitschaft der Lehrkräfte wird danach nicht enttäuscht – das Vertrauen der Lehrkräfte in den Arbeitsschutz schon. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht wird im Februar 2025 dazu urteilen. Der Dienstherr ist der Auffassung, dass eine Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte nicht gesetzlich gefordert und es Sache der Lehrkräfte selbst sei, für die Einhaltung der Wochenarbeitszeit zu sorgen. Das erscheint angesichts der Rechtsprechung von EuGH und BAG sowie der immer größeren Herausforderungen für Lehrkräfte in den Schulen fraglich.
(BS/Anne Mareile Walter) Auf der letzten Ministerpräsidenten-Konferenz Ost unter dem Vorsitz von Sachsen-Anhalt verständigten sich die Regierungscheffin und Regierungchefs der ostdeutschen Bundesländer zur Krankenhausreform, Bahninfrastruktur und Personalgewinnung. Der Vorsitz der MPK-Ost ist am ersten Dezember turnusgemäß an das Land Thüringen übergegangen.
Fachkräftesicherung, eine fl ächendeckende medizinische Versorgung sowie Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur:
Diese Themen nahmen die Landesvertreterinnen und -vertreter aus Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in ihrer Konferenz in den Fokus. Dabei forderten sie unter anderem, Hürden bei der Gewinnung von ausländischen Fachkräften abzubauen, beispielsweise im Bereich der Visa-Verfahren und der Anerkennung von Berufsabschlüssen. „Wir brauchen Zuwanderung, aber eine in den Arbeitsmarkt, nicht in die Sozialsysteme“, sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff bei einer Pressekonferenz in Berlin. Es müsse sich dringend etwas ändern –„angefangen von Sprachlehrgängen über gezielte Akquirierung, Berufsabschluss-Anerkennung und Beschleunigung von bestimmten Verfahren“. Gemeinsam mit dem Bund solle eine Fachkräftestrategie unter dem Titel „Berufe der Zukunft“ erarbeitet werden.
Unzureichende Krankenhausreform Auch bezüglich der vor Kurzem vom Bundestag beschlossenen Krankenhausreform sind sich die Länder einig, dass damit eine
„flächendeckende Krankenversorgung“ nicht gewährleistet sei. Deshalb solle der Bundesrat über die Anrufung des Vermittlungsausschusses entscheiden. In Bezug auf die Sicherung der medizinischen Versorgung, vor allem im ländlichen Raum, sollten zusätzliche Wege zur Bereitstellung von Ärzten gegangen werden.
Dabei sei weniger die Zahl der zur Verfügung stehenden Studienplätze als vielmehr die Verbleiberate der Absolventinnen und Absolventen im Land problematisch. Die Forderung der Ministerpräsidentin und der Ministerpräsidenten: Eine Erhöhung der Vorabquotenregelung von 20 auf 30 Prozent sowie eine Flexibilisierung der 20-Prozent-Quote.
Mehr Unterstützung für die Länder
Als dritten Punkt machten die Ost-Regierungschefs in ihrer Konferenz klar: Der Bund müsse einen zügigen Ausbau der Bahnstrecken in Richtung Osten priorisieren. Auch sollten Möglichkeiten geprüft werden, die Länder bei Planungsverfahren stärker zu unterstützen. Darüber hinaus pochten die Ländervertreter auf eine Erhöhung der Planungskostenpauschale, da bei der Vorfinanzierung der Planungskosten finanzschwächere Länder besonders belastet seien.
Verwaltungsrealität und politische Pläne wurden bisher hauptsächlich durch Gesetze und verfügbare Haushaltsmittel begrenzt. Doch wem ist die Wucht der Ruhestandswelle im Team Öffentlicher Dienst bewusst? Bis 2030 gehen fast 25 Prozent der mehr als fünf Mio. Beschäftigten in den Ruhestand. Nachkommende Generationen auf dem Arbeitsmarkt sind zahlenmäßig viel kleiner. Die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal und einsetzbare digitale Anwendungen geraten zum determinierenden Faktor für die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung – insbesondere in Kommunen und Landesbehörden. Während Wirtschaft und Bürger vor Bürokratie längst aufschreien, scheint im Public Sector und in der Politik fast niemand darüber nachzudenken, wie lange die Öffentliche Hand ihrem Erfüllungsauftrag für die inzwischen 7.500 gesetzlichen und freiwilligen Leistungen personell noch nachkommen kann. Die 2014 beschlossene Bürokratiebremse funktioniert nicht richtig. Veränderung tut Not, das hat auch der Bundespräsident erkannt. Doch wie lässt sich die Verwaltungsarbeit vereinfachen, wenn der Bürokratiedschungel nicht ausgedünnt wird?
Recht hat einen Preis Wenn kurz- bis mittelfristig 25 Prozent der Personalkapazität wegfällt und digitale Werkzeuge nicht rechtzeitig entlasten, muss der Erfüllungsaufwand im gleichen Maße sinken. Sonst gehen die verbleibenden Kollegen gnadenlos in Arbeit unter, die sie nicht mehr erfüllen können.
Diese Perspektive liefert neue, schlagkräftige Argumente, an denen bisherige Deregulierung zu oft scheiterte. Recht hat einen Preis: den Erfüllungsaufwand. Geht es bei Normenkontrolle und Bürokratieabbau bisher mehr um die (externen) Kosten und Verfahrenshürden von Gesetzen und Vorschriften, rückt bei viel zu knappen Personalressourcen und schleppender Digitalisierung eine neue Priorität ins Blickfeld: Was kann die Verwaltung personell noch leisten, was ist überhaupt umsetzbar?
Nein! Wir bauen nur Paragrafen ab.
(BS/Dr. Christian Ege) Deutschland hat sich in einem Netz aus weit über 15.000 Gesetzen und 200.000 Verwaltungsvorschriften in Bund und Ländern verfangen. Die Regelungsdichte wächst nicht nur in die Breite, sondern mehr noch in die Tiefe. Wie lange bleiben Kommunen und Länder in der Ruhestandswelle noch handlungsfähig?
Eine verschlankte Bürokratie kann nicht nur die Arbeitskraft des Staates sichern, sondern auch Geld einsparen. Foto: BS/2024; Idee und Prompt: C. Ege, Bild: Freepik AI
Aufgabenkritik wäre eine langwierige Alternative. Welche Aufgaben der Staat auslagern kann, wie damals den TÜV, eine andere. Oder Warteschlangen bzw. kalkulierter Leistungsausfall mit 75 Prozent des Personals. Doch immer mehr Meldungen aus der Verwaltungspraxis zeigen: Hier läuft etwas aus dem Ruder. Es sind nur Vorboten.
Geht nicht, gibt‘s nicht Zum Glück kann sich die Verwaltung selbst helfen. Denn Rechtsverordnungen können auf unterparlamentarischer Ebene geändert werden: in Bundes- und Landesmi-
nisterien. Doch welche Vorschriften sind verzichtbar und bringen die nötige personelle Entlastung? Alle Führungskräfte in den Schaltzentralen von Bundes- und Landesministerien, in Fach- wie politischen Abteilungen werden sich damit auseinandersetzen, welche Rechtsverordnungen ihres Geschäftsbereichs einfacher werden können, welche EU-Vorschriften und nationalen Gesetze einst zusätzlich mit „Sicherheits-Puffern“ und Steuerungskonzepten versehen wurden, was verzichtbar ist und welchen Anteil sie daran haben wollen, dass nachgelagerte Ämter
und Behörden, die Wirtschaft und die Demokratie handlungsfähig bleiben?
Behörden handlungsfähig halten
Das „BürokratEASY“ Projekt verfolgt das Ziel, die Regelungsdichte um 25 Prozent zu reduzieren. Die Rechnung ist einfach: Weniger Vorschriften bedeuten weniger Erfüllungsaufwand und damit eine Entlastung des Teams Öffentlicher Dienst. Ämter und Behörden in Kommunen und Ländern sollen handlungsfähig bleiben und ihre Aufgaben weiterhin effizient erfüllen.
Eine Kolumne von Dr. Gisela Meister-Scheufelen
Die Bürokratie wird von der Wirtschaft inzwischen als größter Wettbewerbsnachteil bezeichnet, noch vor dem Arbeitskräftemangel und den Energiekosten. Die Bürokratiekosten der Wirtschaft durch Bundesgesetze betragen inzwischen 65 Mrd. Euro. Obwohl sich die meisten Politiker darüber einig sind, dass hier dringend etwas getan werden muss, gibt es so gut wie keine Fortschritte. Warum nicht? Fehlt es an einem ernsthaften politischen Willen?
Fehlt es an politischer Kraft, schwierige Probleme lösen zu können? Sind die Widerstände innerhalb der Ressorts seitens der Ministerialbürokratie zu groß?
Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV hat die Bundesregierung
Dr. Gisela MeisterScheufelen ist Dozentin, Autorin und ehemalige Vorsitzende des Normenkontrollrats Baden-Württemberg. Foto: BS/privat
zumindest gezeigt, dass sie das Thema anpackt und mit einer Entlastung von knapp einer Mrd. Euro auch vorankommt. Gleichwohl ist dies weder ein Durchbruch noch eine spürbare Entlastung, da gleichzeitig vom Bund und insbesondere von der EU deutlich mehr noch an Bürokratiebelastung hinzugekommen ist.
Politik ohne Steuerungskraft Das Gesetz ist das einzige wirksame Instrument der Politik und das ist systemisch eigentlich immer mit zusätzlicher Bürokratie verbunden. Wer z. B. klimapolitische oder sozialpolitische Ziele umsetzen will, braucht Regeln. Dabei herrscht die Vorstellung vor, dass Bürokratieabbau und notwendige klima- und sozialpolitische Standards einander grundlegend widersprechen. Das ist falsch. Schlanke, praxistaugliche und wirksame Gesetze würden der Politik erst die Steuerungskraft verleihen, die sie braucht, um ihre Ziele durchzusetzen. Inzwischen ist die Entlastung der
Wirtschaft auch ein Thema, das Wahlergebnisse verbessern kann. Dass wir das einzige größere Land Europas sind, das sich in einer Rezession befindet, hat auch eine wesentliche Ursache in der Überbürokratisierung.
Expertengremien helfen Politik, die Arbeitsplätze und Wohlstand sichern will, ist gut beraten, das Entlastungsthema organisatorisch zu institutionalisieren. Hilfreich sind:
• unabhängige Regierungsgremien wie Normenkontrollräte im Bund und mehreren Bundesländern,
• Kooperationsgremien von Landesregierungen und Verbänden wie eine Entlastungsallianz (Baden-Württemberg) oder ein Bündnis gegen Bürokratie (Hessen),
• externe Prüfstellen bei Wirtschaftskammern wie die Clearingstellen in NRW und Niedersachsen oder
Wie wird die Entfesselung von der Bürokratie möglich? „BürokratEASY“ setzt auf eine Mischung aus menschlicher Expertise und KI, um den riesigen Bestand an Vorschriften gezielt zu durchforsten und unnötige Regelungen zu identifizieren. Die Rückwärtsanalyse vom Praxisgeschehen zur Vorschrift hilft dabei, komplexe Verfahren auf ihre Ursachen zu prüfen. Überflüssige Regelungen werden zur Vereinfachung und Streichung vorgeschlagen, damit Amtsleitungen die richtigen Entscheidungen treffen können. Das kommt auch der Wirtschaft zugute.
Digitalen Zement verhindern Digitale Transformation allein wird die Probleme nicht (rechtzeitig) lösen. Die ungeprüfte Übertragung analoger Vorschriften in digitale Systeme führt sogar zu „digitalem Zement“. Statt Effizienzgewinnen droht ein neuer Bürokratiekomplex in digitaler Form, sodass Änderungen an Verordnungen zukünftig zusätzlich von IT-Investitionen abhängen. Dies zu begrenzen, ist das zweite BürokratEASY-Ziel.
Bürokratiebefreiung jetzt Der deutsche Staat steht an einem Scheideweg. Wer Regelungen ausdünnt, schafft neuen Wachstumsspielraum zu sehr geringen Kosten. Das Projekt „BürokratEASY“ ruft Verwaltungen, Wirtschaft und Bürger auf, diesen Prozess zu unterstützen und Verwaltung und Wirtschaft von überflüssiger Bürokratie zu befreien.
Weitere Informationen finden Sie unter www.buerokratEASY.de.
Dem Thema Bürokratiebefreiung widmet sich der Behörden Spiegel am 21. Januar 2025 in einer Online-Diskussionsrunde. Mehr Informationen unter www.neuestadt.org
kratEASY. Foto: BS/privat
• regierungsinterne Instanzen wie die Ernennung eines Entbürokratisierungsministers in Hessen.
Letztlich helfen all diese Institutionen aber nur dann, wenn Regierung und Parlament ernsthaft an Bürokratievermeidung und -abbau interessiert sind. Solange neue Gesetze als Leistungsnachweis und Kontrollmechanismen, Perfektionismus und unbedingte Einzelfallgerechtigkeit als politische Messlatte verstanden werden, wird es keine Entlastung geben.
Bewährte und neue Umsetzungsstrategien Selbst wenn eine Regierung fest entschlossen ist, Bürokratie abzubauen, wird sie dies nicht mit bloßer Ansage oder Verabredung im Koalitionsvertrag erreichen. Hier gilt es, eine Umsetzungsstrategie zu finden, mit der so viel Druck aufgebaut wird, dass die Widerstände innerhalb der Ressorts, der Regierungsfraktionen, der Verbände sowie im föderalen
System überwunden werden können. Quantifizierte Bürokratieabbauziele, wie sie 2006 beschlossen wurden, sind ein guter Ansatz. Die Bundesregierung hatte sich 2006 vorgenommen, 25 Prozent der Bürokratiekosten der Wirtschaft zu senken. Dies war mit einer Entlastung in Höhe von zwölf Mrd. Euro bis 2011 gelungen. Aktuell entsprechen 25 Prozent 16 Mrd. Euro. Welch ein kostenloses Konjunkturprogramm! Wie sich heute zeigt, war dies aber nicht nachhaltig. Es hat keine Eigengesetzlichkeit begründet. Dies liegt wesentlich daran, dass kein Kulturwandel vollzogen wurde: „Culture eats strategy for breakfast“ ( Peter Drucker ). Das Verhältnis von Staat und Bürger muss neu austariert werden. Der Staat muss dem Bürger mehr vertrauen: mehr Eigenverantwortung, mehr Freiheit für die Unternehmen, mehr Gelassenheit. Wenn der Staat seinen Bürgern nicht mehr vertraut, muss er sich nicht wundern, wenn auch die Bürger ihm nicht mehr vertrauen.
„Die ausgewerteten Daten sind ein Schatz“, erklärt die Berliner Beauftragte für Partizipation, Integration und Migration Katarina Niewiedzial. Viel aufschlussreicher als die Gesamtzahl der Mitarbeitenden mit Migrationshintergrund sei es, in die einzelnen Behörden zu schauen. Der Anteil der Mitarbeitenden mit Migrationshintergrund variiert in der Berliner Verwaltung stark und liegt zwischen 39 Prozent und gerade einmal 8,9 Prozent. Die Zahlen belegen, dass insbesondere unter den Beamten mit 15,2 Prozent und unter den Führungskräften mit 15,9 Prozent nur relativ wenige Mitarbeitende in der Landesverwaltung einen Migrationshintergrund haben. Der Frauenanteil macht im Öffentlichen Dienst in Berlin stabil rund 60 Prozent aus, heißt es aus der Senatsverwaltung. Der Anteil an Frauen mit Migrationshintergrund liegt laut der Befragung bei 20,6 Prozent und damit minimal unter dem der Männer mit 22,5 Prozent. Schritt für Schritt
Berlin erfragt erstmals den Migrationshintergrund von Beschäftigten
(BS/Ann Kathrin Herweg) 21,7 Prozent der Landesbeschäftigten in Berlin haben laut einer aktuellen Befragung einen Migrationshintergrund. 39,4 Prozent – und damit wesentlich mehr – sind es laut Mikrozensus 2023 in der gesamten Bevölkerung der Hauptstadt. Die erstmalige Befragung unter den Beschäftigten soll nun helfen, Menschen mit Migrationshintergrund gezielt zu fördern und so die Vielfalt im Öffentlichen Dienst in Berlin zu erhöhen.
Von den 143.000 Mitarbeitenden der Berliner Landesverwaltung haben 31.536, also ca. 22 Prozent, an der anonymen Befragung der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung und der Senatsverwaltung für Finanzen teilgenommen. Die Erhebung ist im Partizipationsgesetz des Landes verankert und soll der weiteren Personalplanung und -entwicklung und damit dem Erreichen einer gleichberechtigten Repräsentanz von Beschäftigten mit Migrationshintergrund im Öffentlichen Dienst dienen. Alle Senatorinnen und Senatoren haben einen Brief mit dem Bericht erhalten, in dem die relevanten Zahlen für ihren Bereich aufgeschlüsselt werden.
SCHWERPUNKT
AKTIVER VS. REAKTIVER STAAT
„Im nächsten Schritt werden wir Standards erarbeiten, um die Repräsentation von Menschen mit Migrationshintergrund in den Berliner Behörden zu erhöhen“, erläutert Niewiedzial . „Für die Erarbeitung der Förderpläne der Dienststellen setze ich zusammen mit der Fachstelle in meiner Abteilung einen Prozess auf.“ Vieles könnten die Dienststellen in Eigenregie gestalten und dazu selbst Maßnahmen ausarbeiten oder auf bereits erprobte zurückgreifen. Die Fachstelle in Niewiedzials Abtei-
To dos bei der Krankenhausreform
Sind die Krankenhäuser gerettet?
(BS/sr) Der Bundesrat hat das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz gebilligt. Ein Antrag, das Gesetz in den Vermittlungsausschuss einzureichen, erhielt nicht die benötigte Mehrheit. In einem weiteren Beschluss fordert der Bundesrat die Bundesregierung allerdings zu einer pragmatischen Umsetzung der Reform auf.
Seit die Krankenhausreform den Bundestag passierte, ob die Länder zustimmen würden. Die Kritik am Gesetz ging in viele Richtungen so warf zum Beispiel Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach der Bundesregierung vor, dass nicht geprüft worden sei, ob die geplante Reform tatsächlich zur Rettung der Krankenhäuser mit finanziellen Problemen führen wird. Ein Punkt, der sich auch in dem parallelen Entschluss des Rates widerspiegelt. Die Auswirkungen der Vorhaltevergütung in ihrer aktuellen Form auf die Krankenhauslandschaft seien nur teilweise bekannt heißt es dort. Die für ein flächendeckendes Krankenhausnetz notwendigen Standorte müssen in ihrer Finanzierung so abgesichert sein, dass sie für den wirtschaftlichen Betrieb ausreichen. Ob die zur Vorfinanzierung getroffenen Maßnahmen dafür genügen, sei noch nicht sicher. Karten weden neu gemischt
Gerlach die eine Befürworterin des Vermittlungsausschusses war, fügte in einem Statement zur Abstimmung im Bundesrat hinzu: „die
vorgezogene Neuwahl des Bundestags wird die Karten neu mischen. Denn die nächste Bundesregierung muss sich die Krankenhausreform noch einmal vornehmen und wichtige Nachbesserungen in die Wege leiten.“
Stetig weiterentwickeln
Der Bundesrat ruft auch zu einer schnellen und effizienten Umsetzung des Bürokratieabbaus auf, damit durch eine regelmäßige Überprüfung der Verfahren hinsichtlich Zweck, Aktualität und Wirkung Doppelregelungen vermieden werden sowie gegebenenfalls Anpassungen vorgenommen werden können. Schließlich könne so auch dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. Jedoch seien besonders die Anforderungen an den Facharztstand diesbezüglich zu hoch. In einigen Bereichen seien die angestrebten Facharztzahlen derzeit nicht erreichbar, insbesondere in der Notfallversorgung und Kinderchirurgie. Es bedürfe einer Anpassungszeit. Die Reform könnte also in den kommenden Monaten und der folgenden Legislaturperiode noch einige Änderungen erfahren.
lung berate und unterstütze dabei. „Ich wünsche mir, dass die einzelnen Ressorts die Zahlen ihrer Beschäftigten genau analysieren und dass sie offen und kreativ bei der Gestaltung der Fördermaßnahmen sind“, so Niewiedzial. „Die vorlie-
gende Erfassung bietet eine große Chance, gut qualifiziertes und engagiertes Personal zu gewinnen und zu fördern.“ Man wolle keinen zusätzlichen bürokratischen Aufwand verursachen, sondern Hilfe zur Diversifizierung der Verwaltung und auch im Kampf gegen den Fachkräftemangel bieten.
Zeit für Verständnis
Das Bemühen um Vielfalt in der Berliner Verwaltung ist schon jetzt spürbar, berichtet eine junge Mitarbeiterin. Die Quereinsteigerin hat selbst einen Migrationshintergrund und würde sich freuen, wenn alle Mitarbeitenden mehr für die Thematik sensibilisiert würden. „Es gibt tolle Weiterbildungsangebote im Kontext der Migration – die sind aber immer freiwillig“, erzählt sie. „Ich wünsche mir mehr verpflichtende Weiterbildungen zu relevanten Themen.“ Das könne helfen, auch jene Beschäftigten zu erreichen, die bisher wenige Berührungspunkte mit der Thematik
haben. Migration betreffe schließlich alle. Wie offen mit dem Thema Vielfalt und Migration umgegangen werde, sei in den verschiedenen Dienststellen der Berliner Verwaltung sehr unterschiedlich, so die Quereinsteigerin. Sie fordert die Verwaltung als Arbeitgeberin dazu auf, ihren Beschäftigten Zeit einzuräumen, um sich mit diesem wichtigen Thema auseinandersetzen. „Wenn es verpflichtend beginnt, funktioniert es irgendwann auch freiwillig.“ Change Management sei immer komplex, betont sie. Man müsse die Veränderung von unten beginnen – und zwar dringend: „Die Verwaltung muss jetzt agieren, sonst ist es irgendwann zu spät.“ Diese Dringlichkeit sieht auch Niewiedzial. „Die Uhr tickt“, sagt sie dazu. Der weiteren Entwicklung zu mehr Vielfalt in der Berliner Landesverwaltung sieht sie optimistisch entgegen. „Ich freue mich darauf. Eine moderne Metropol-Verwaltung muss ihre vielfältige Gesellschaft widerspiegeln. In den kommenden Jahren sind in Berlin durch den demografischen Wandel bis zu 40.000 Stellen neu zu besetzen. Dies ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance. Ich bin sicher, dass die Verwaltung durch die Maßnahmen, die auf der Grundlage unserer Erfassung entstehen, effizienter, besser und chancengerechter wird.“
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(BS/sr) In Deutschland passieren monatlich Tausende von Verkehrsunfällen. Meist bleibt es bei Sachschäden. Dennoch verletzten sich zwischen Januar und August diesen Jahres 241.761 Menschen. Damit liegt die Verletztenzahl gleichauf mit der Zahl aus dem Vorjahreszeitraum. Um das Ziel einer Vision Zero zu erreichen, bleibt für Kommunen, Länder und den Bund, Einiges zu tun.
Unfälle mit
Januar 2022 – Juli 2024
Vision Zero im Straßenverkehr Keine Toten mehr im Straßenverkehr: Das ist das erklärte Ziel von Vision Zero. Das zuerst in Schweden auf den Straßenverkehr angewendete Modell wird auch in Deutschland durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) verfolgt. Die Zahl der Verkehrstoten im Straßenverkehr soll dabei bis 2030 um 40 Prozent gesenkt werden. In diesem Zusammenhang stellt das BMDV rund 15,4 Millionen Euro jährlich zur Prävention von Verkehrsunfällen zur Verfügung.
Unfälle mit Personenschäden 2023 Häufigkeit auf 5
Senatskanzlei
Sprecher des Senats Christian Dohle
Stabsstelle des Bevollmächtigten (Standort Berlin) Politische Koordinierung, Koordinierung der Ausschussu. Parlamentsangelegenheiten Veit Swoboda -34950
Abteilung Z Zentralabteilung Ingwer Martensen -14645
Projekt Welterbe Besucherund Informationszentrum Bremer Rathaus Astrid Vortkamp -2243
Referat Z-1 Personal, Haushalt, Umsatzsteuerangelegenheiten Viola Kral -86350
Referat Z-2 Zentrale Angelegenheiten, Gebäude-/ Hausverwaltung, Welterbe Rathaus und Roland Hauke Nehring -19698
Referat Z-3 Organisation und Organisationsentwicklung, Verwaltungsdigitalisierung, Projekt-und Prozessmanagement, Wissensmanagement Frederik Hagens -10031
Referat Z-4 IT-Angelegenheiten Christine Lommel (komm.) -14618 Referat Z-5 Bankettmanagement und ReFaAusbildung Heico Geffken -2580
Der Bevollmächtigte der Freien Hansestadt Bremen beim Bund und für Europa; Staatsrat für Medienangelegenheiten Staatsrat Dr. Olaf Joachim
Präsident des Senats
Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte
Büro des Präsidenten des Senats Bürgermeisterbüro Silke Harth
Chef der Senatskanzlei Staatsrat Thomas Ehmke
Büro des Chefs der Senatskanzlei Bund-/Länderkonferenzen, Justiziariat, Abteilungs übergreifende Angelegenheiten, Projekt FreiKarte Katharina Wolter
Abteilung 6 (Standort Berlin) Bundesangelegenheiten (Leiter der Landesvertretung Berlin) Frank Hanf -34930
Abteilung 5 Europa, Internationale Kooperationen und Entwicklungszusammenarbeit Tanja Baerman (+32 2) 230-2765
Abteilung 4 Informations-und Presseabteilung Onlinekommunikation Christian Dohle -2396
Abteilung 3 Protokoll, Auswärtige Angelegenheiten, Interkulturelle und Interreligiöse Angelegenheiten Kerstin Lührßen -2690
Abteilung 2 Koordinierung und Planung Jörg Peters -6207
Abteilung 1 Staatsabteilung Martin Prange -6205
Referat 60 Bundesratskoordinierung, Vermittlungsausschuss Cathrin Blume -34956
Referat 50 Vertretung der Freien Hansestadt Bremen bei der EU (Standort Brüssel) Tanja Baerman (+32 2) 230-2765
Referat 40 Senatspresseund Informationsdienst, Medienauswertung Karl-Henry Lahmann -65685
Referat 30 Protokoll; Veranstaltungen des Senats Markus Bleeke -2134
Referat 20 Kinder und Bildung, Kultur Monika Zapatka -78860
Referat 10 Kabinettsund Parlamentsangelegenheiten Andrea Adrian -65688
Politikbereiche: Finanzen Simon Hammann -34954 Wirtschaft Cathrin Blume -34956 Justiz, Inneres, Sport, Wahrnehmung der Angelegenheiten der Ständigen Vertragskommission Urte Wiemken -34953
Referat 51 Europapolitische Angelegenheiten (Standort Bremen) Tanja Baerman (+32 2) 230-2765
Referat 41 Onlinekommunikation, Social Media, Internetauftritt, KOGIS Meike Lorenzen -65686
Referat 31 Auswärtige Angelegenheiten, Orden und Ehrungen N.N. -2690
Referat 52 Internationale Kooperationen und Entwicklungszusammenarbeit Dr. Annette Lang -65684
Referat 42 Öffentlichkeitsarbeit Rathaus, Welterbe-Kommunikation, Besuchergruppen Peter Lohmann (komm.) -2193
Referat 32 Interkulturelle und Interreligiöse Angelegenheiten / Ang elegen heiten der Religionsgemeinschaften Dr. Martina Höhns -26130
Referat 21 Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz Insa Sommer -26737
Referat 11 Medien, Medienpolitik, Medienrecht (Fachverantwortung: StR Dr. Joachim) Dr. Timo Utermark -10166
Referat 22 Inneres und Sport, Justiz und Verfassung
Sara Witt -2057
Referat 12 Regionale und kommunale Zusammenarbeit Anja Leibing -15607
Agrarpolitik, Verkehr, Wohnungsbau Alina Rebholz -34952
Arbeit, Integration und Soziales, Gesundheit Bernd Lührsen -34959
Umwelt Axel Bodmann -34955 Bildung, Wissenschaft, Kultur und Medien, Auswärtige Angelegenheiten, Verteidigung Veit Swoboda -34950
Europäische Angelegenheiten Hanna Theis -34935
Frauen und Jugend Doris Achelwilm -34934
Referat 61 Zentrale Dienste, Veranstaltungen Frank Hanf -34930
Referat 23 Wirtschaft, Häfen und Transformation Kai Jürgens -6203
Referat 24 Finanzen Susanne Holsten -10462
Referat 13 Ressortübergreifendes, stadtteilbezogenes Quartier smanagement und Koordination der Bürgerbeteiligung Thorsten Kühn -82903
Referat 25 Bau, Mobilität und Stadtentwicklung Jens Schmidt -17347
Referat 14 Angelegenheiten des Stadtteilmanagements, der Beiräte und der Ortsämter Holger Ilgner -82371
Referat 25 Bau, Mobilität und Stadtentwicklung Jens Schmidt -17347
Referat 26 Umwelt, Klima und Wissenschaft Thomas Kristen -6370
Referat 27 Arbeit, Soziales, Jugend und Integration Carina Hilscher (komm.) -6132
Abteilungsleitung und höher Stabsstellen
Zugeordnete Dienststellen: 17 Ortsämter
I m Klimaschutzgesetz der noch amtierenden Bundesregierung ist das Ziel eindeutig formuliert: Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral sein. Bereits bis zum Jahr 2030 sollen die Emissionen um 60 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Allein es fehlt bislang am nötigen Geld, um die ökologische Transformation umzusetzen. Einen Lösungsansatz für dieses Problem zeigt ein Gesetzesentwurf aus dem Bundesfinanzministerium (BMF) auf.
Rechtssicherer Rahmen für Infrastruktur-Investitionen
Der Inhalt des Papiers: Künftig soll es einen rechtssicheren Rahmen für das Investieren von Fonds in Erneuerbare Energien und Infrastruktur geben. Momentan ist die Frage, in welchem Umfang Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds in gewerbliche Personengesellschaften investieren dürfen, steuerrechtlich nicht geklärt. So erläutert eine Sprecherin des BMF: Die aktuell unterschiedlichen Sichtweisen des Steuer- und Aufsichtsrechts sorgten für einen „rechtlichen Graubereich“. Dies wirke sich hemmend auf mögliche Investitionen aus, weshalb man das geltende Investmentsteuergesetz mit dem Entwurf überarbeiten wolle. Mit Blick auf Zahlen des deutschen Fondsverbands BVI scheint die Maßnahme angezeigt. So fließen nach einer aktuellen Schätzung des Verbands von 100 Euro, die deutsche Investoren über deutsche Masterfonds in Infrastruktur investieren, lediglich bis zu zehn Euro in Projekte innerhalb Deutschlands. Den Grund erklärt
Neue Finanzierungswege für die Energiewende (BS/Anne Mareile Walter) Das Bundesfinanzministerium will mit einem neuen Gesetz den Fondsstandort Deutschland stärken und Investitionen in Infrastruktur-Projekte erleichtern. Damit sollen auch die Finanzierungsprobleme bei der ökologischen Transformation gelöst werden.
Die ökologische Transformation vorantreiben: Nach einem Gesetzesentwurf aus dem BMF soll es künftig einen rechtssicheren Rahmen für das Investieren von Fonds in Erneuerbare Energien und Infrastruktur geben. Foto: BS/ Achmad Khoeron, stock.adobe.com
Erneuerbare Energien ist es wichtig, sichere Rahmenbedingen zu schaffen, die sowohl öffentliche als auch private Mittel mobilisieren können“, erläutert eine Sprecherin des BMF und ergänzt: „So sollen die dringend benötigten Projekte umgesetzt und der Übergang zu einer nachhaltigeren Zukunft beschleunigt werden.“
Laut der Investmentfondsstatistik der Deutschen Bundesbank waren im Januar dieses Jahres rund zwei Billionen Euro in deutsche Spezialfonds, circa 660 Milliarden Euro in inländische Publikumsfonds und 66 Milliarden Euro in geschlossene inländische Investmentfonds investiert.
Dieses Investitionsvolumen soll das geplante Gesetz, das Ende August in den Entwurf für ein Zweites Zukunftsfinanzierungsgesetz integriert wurde, vergrößern.
„Es ist wichtig, sichere
Rahmenbedingen zu schaffen, die sowohl öffentliche als auch private Mittel mobilisieren können.“
Die Wirtschaft ressourcenschonender gestalten Geht es nach dem geplanten Gesetz, kann die Fondsbranche nun
ein Sprecher des BVI folgendermaßen: Sobald ein Fonds Einfluss auf ein Zielunternehmen nehme, sei das hierzulande mit einer zusätzlichen Steuerpflicht für die Anleger verbunden. Deshalb stehe das deutsche Steuerrecht dem Ziel entgegen, „mehr in Deutschland zu investieren“. In Frankreich und England gebe es diese Steuerrisiken nicht.
Die wichtigsten Gesetzesvorhaben aus dem BMF vor der Wahl (BS/Hans-Jürgen Leersch) Der ehemalige Staatssekretär im Bundeskanzleramt, Jörg Kukies, hat am 7. November das Amt des Bundesfinanzministers übernommen. Welche Projekte wird er noch vor der anstehenden Bundestagswahl durchsetzen können? Eine Bestandsaufnahme.
Für die letzten Monate dieser Bundesregierung noch genügend Geld bereitzustellen – das dürfte eine der wichtigsten Aufgaben für den neuen Finanzminister Jörg Kukies sein. Einen Nachtragshaushalt für 2024, den die Ampel-Koalition zunächst noch auf den Weg bringen wollte, hält der neue Minister nicht für erforderlich. „Wir gehen davon aus, dass wir gut klarkommen mit den Mitteln, die wir haben“, sagte er nach seinem Antrittsbesuch im Haushaltsausschuss des Bundestages. Denn nachdem die FDP dem Nachtragsetat nicht mehr zustimmen will und die Union ohnehin ablehnt, gibt es im Bundestag keine Mehrheit mehr. Dies gilt auch für den Haushalt 2025, dessen weitere Beratungen ausgesetzt wurden. Damit steht ab 1. Januar die Zwölftelung der Bundesausgaben an. Es dürfen bis zum Beschluss des regulären Etats pro Monat jeweils ein Zwölftel der Ausgaben des Vorjahresetats ausgegeben werden. Schuldenbremse bleibt umstritten Ebenfalls ein Thema, das die Parlamentarier noch bis zur Bundestagswahl beschäftigen wird, ist die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse. Kukies unterstützt in diesem Punkt den Kanzler: Das Grundprinzip der Schuldenbremse sei richtig. Sie sorge in guten Jahren für Haushaltsdisziplin und ermögliche in Krisenzeiten „ausreichend finanziellen Spielraum, um gegenhalten zu können“. Dennoch sei eine „moderate Reform“ sinnvoll. Von der Union ist hier keine Zustimmung zu erwarten, auch wenn einige Ministerpräsidenten einer
Öffnung der Schuldenbremsenregel zugeneigt sind.
Zu den Gesetzesvorhaben, die Kukies in den verbleibenden Sitzungswochen des Bundestages bis zur Wahl noch durch das parlamentarische Verfahren bringen soll, gehören mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz eine weitere Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrages, Maßnahmen gegen die kalte Progression sowie eine Kindergelderhöhung.
Mehrheit nur für einzelne Maßnahmen Für einzelne Maßnahmen könnte es im Bundestag eine Mehrheit geben, andere Teile des Pakets sind jedoch strittig: Die Union will auf keinen Fall die in dem Gesetz enthaltenen Regelungen zur Abschaffung der Steuerklassen-Kombination 3 und 5 mittragen, die Frauen motivieren soll, von Teil- auf Voll-
zeitjobs zu wechseln. Auch lehnt sie die geplante Anzeigepflicht von nationalen Steuergestaltungen ab. Was ebenfalls nicht mehr durchsetzbar sein dürfte, ist ein Lieblingsprojekt des entlassenen Finanzministers Christian Lindner: die Reform der privaten Altersvorsorge mit einem steuerbefreiten Vorsorgedepot. Dort sollten die Bürger die Möglichkeit bekommen, Wertpapiere zu kaufen und einzulagern, für die dann Steuervergünstigungen und eine staatliche Prämie geplant waren. Das Generationenkapital, das Teil des Rentenpakets II sein sollte, dürfte sich ebenfalls erledigt haben. Auf Kredit sollten hier Wertpapiere gekauft und von deren Erträgen die Rentenkassen entlastet werden. Anzunehmen ist auch, dass die Schaffung eines Bundesfinanzkriminalamtes auf der Prioritätenliste des neuen Finanzministers ziemlich weit unten steht.
Bis zur Bundestagswahl im Februar dürfte es dem neuen Finanzminister Jörg Kukies noch gelingen, Maßnahmen gegen die kalte Progression sowie eine Kindergelderhöhung durchzusetzen. Foto: BS/Bundesregierung, Denzel
das Kapital privater Investoren, wie Altersvorsorgeeinrichtungen, in die Finanzierung von Infrastrukturprojekten lenken und so dazu beitragen, die Wirtschaft ressourcenschonender umzugestalten. „Angesicht des enormen Investitionsbedarfs in Infrastruktur und
Sprecherin aus dem BMF
Ob das Gesetz angesichts der aktuellen Regierungskrise umgesetzt werden kann, ist allerdings fraglich.
Berliner Rechnungshof legt Jahresbericht vor
(BS/Anne Mareile Walter) Ein zu spätes Umsteuern bei der Haushaltskonsolidierung, Fehler bei der Grundsteuer-Ermittlung und bundesweites Schlusslicht in puncto OZG: Die Mängelliste der Berliner Rechnungshof-Prüfer ist lang.
Die Stadt Berlin befindet sich in einer tiefgreifenden Haushaltskrise. Das geht aus dem Jahresbericht 2024 des Rechnungshofs Berlin hervor, der Ende November veröffentlicht wurde. Demnach gebe die Hauptstadt seit Jahren deutlich mehr Geld aus, als sie einnehme. Bereits bei der Aufstellung des Haushaltsplans 2024/2025 fehlten im Doppelhaushalt Mittel in Höhe von 3,9 Milliarden Euro. Senat und Abgeordnetenhaus hätten spätestens zu diesem Zeitpunkt die Ausgaben prüfen und Prioritäten setzen müssen, heißt es in dem Bericht. Stattdessen sei eine Konsolidierung lange ausgeblieben, erst Ende November verabschiedete der Senat einen Konsolidierungsplan für die im laufenden Doppelhaushalt fehlenden Mittel.
Finanzierungslücke von 2,4 Milliarden bis 2028 „Eine Korrektur des überdimensionierten Haushaltsvolumens war dringend notwendig“, sagte die Präsidentin des Berliner Rechnungshofs, Karin Klingen, bei der Vorstellung des Berichts. Diese Korrektur müsse nun konsequent fortgesetzt werden. So würden nach der Finanzplanung des Senats in den Jahren bis 2028 Finanzierungslücken in Höhe von 2,4 Milliarden Euro entstehen. Der Senat habe zu spät umgesteuert, so dass die „lange schwelende Unsicherheit und das intransparente Verfahren“ zu einer hohen Belastung für die Verwaltung sowie die Bürgerinnen und Bürger geführt hätten. Klingen warnte zudem vor einer zu weiten Ausdehnung der in Planung
stehenden finanziellen Transaktionen für Landesunternehmen. Dies würde zu einer Erhöhung der ohnehin schon sehr hohen Verschuldung des Landeshaushalts führen. Zudem attestierte der Rechnungshof ein zu hohes Bürokratieniveau: Der Berliner Verwaltung sei es zum Teil nicht mehr möglich, vorgeschriebene Regelungen und Verfahren einzuhalten. Als Konsequenz ist geplant, dass der Rechnungshof die Berliner Verwaltung in Fragen des Bürokratieabbaus berät und Empfehlungen zur Vereinfachung des Zuwendungsrechts gibt.
Falsche Grundsteuerwerte Eine hohe Fehlerquote diagnostizierten die Prüfer auch bei der Ermittlung der Grundsteuerwerte. In mehr als 40 Prozent der Fälle seien hier falschen Werte zugrunde gelegt worden, die insgesamt um 30,6 Millionen zu niedrig ausfielen. Es bestehe daher das Risiko, dass bei etwa 761.000 Wohngrundstücken die Grundsteuerwerte korrigiert und um rund 48 Milliarden Euro erhöht werden müssten.
Zudem hinke Berlin bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes eklatant hinterher, heißt es weiter. Sowohl bezüglich der Entwicklung als auch der Nutzung der „Einerfür-alle-Dienste“ gehöre Berlin zu den bundesweiten Schlusslichtern. In der Senatsverwaltung für Justiz herrschten gravierende IT-Sicherheitsmängel, stellte der Rechnungshof fest. Hier reagierte die Verwaltung bereits und leitete Maßnahmen ein, um die schwerwiegenden Mängel zu beseitigen und die IT-Sicherheit zu verbessern.
► UMSÄTZE
Achtfach ist zu hoch
Keine besonderen Risiken!
Die Auftraggeberin hatte Gebäudereinigung in vier Losen ausgeschrieben. Sie war von einem Schätzwert von insgesamt ca. 18 Millionen Euro ausgegangen. Auf dieser Basis legte sie die Anforderungen an die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit fest. Zur Höhe des verlangten MindestJahresumsatzes bestimmt Paragraf 45 II VgV, dass dieser lediglich das Zweifache des geschätzten Auftragswerts betragen darf. Nur ausnahmsweise darf dieser Ansatz überschritten werden, und zwar, wenn aufgrund der Art des Auftragsgegenstands spezielle Risiken bestehen.
Vorliegend hatte die Auftraggeberin bereits einen fehlerhaft geschätzten Auftragswert zugrunde gelegt. Sie verstieß damit gegen die Grundsätze des Paragrafen 3 VgV, realistische Schätzwerte anzunehmen. Das Gebot der richtigen Schätzung bezieht sich nicht nur darauf, Aufträge nicht zu niedrig zu schätzen, um sie der Anwendung des EU-Vergaberechts zu entziehen, sondern auch darauf, sie nicht zu überschätzen, um sachwidrig den möglichen Bieterkreis einzugrenzen und damit den Wettbewerb einzuschränken.
Besondere Gründe in Form von außerordentlichen Risiken bei der Gebäudereinigung, die einen achtfachen Mindestjahresumsatz rechtfertigen könnten, sind weder in der Vergabedokumentation festgehalten noch im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens erkennbar geworden.
VK Bund,
Beschl. v. 05.06.2024 (VK 2-39/24)
► REFERENZEN Planungsleistungen
Zu alte Referenz
Im EU-weiten Verhandlungsverfahren wurde die Fachplanung „Technische Ausrüstung“ i. S. v. Paragraf 55 HOAI für den 2. BA einer Multifunktionshalle ausgeschrieben. Der Referenzzeitraum mit einer Gültigkeit von zehn Jahren war reichlich bemessen. Es gab eine präzise Definition für die Anerkennung als Referenz: „Referenzzeitraum: nicht älter als zehn Jahre, das heißt Übergabe des fertig gestellten Gebäudes an den Bauherrn nicht vor dem 14. November 2013.“ Der Bieter gab an, dass seine Referenz den Realisierungszeitraum 2009 bis 2014 betraf. Er kennzeichnete den Monat der vermeintlichen Übergabe mit „09/2014“. Sodann entstanden Zweifel an der Richtigkeit dieser Angabe, weil die Einweihungsfeier für das Objekt bereits im Jahre 2012 stattgefunden hatte. Es könne sich nicht um einen Übergabetermin erst nach dem 14.11.2013 gehandelt haben. Der Bieter meinte, es sei auf die letzten Abrechnungen betreffend das Projekt abzustellen. Das Projekt habe im Jahre 2014 geendet. Die Vergabestelle erwiderte, dass einzig und allein die Übergabe des gemäß Referenzangabe beplanten Gebäudeteiles gemeint gewesen sein könne, unabhängig davon, welche Maßnahmen im separaten 3. BA inklusive Abrechnung noch bis ins Jahr 2014 stattgefunden hätten. Auch die Vergabekammer widersprach der Sichtweise des Architekten, sodass die Referenz nicht anerkennungsfähig gewesen ist.
VK Nordbayern,
Beschl. v. 07.06.2024 (RMF-SG21-3194-9-10)
Mindestanforderungen Änderung möglich!
Die Auftraggeberin hatte für 84 Dienststellen und 22.000 Anschlüsse Sprachkommunikationssysteme auszuschreiben. Im Verlauf des Vergabeverfahrens kam es zum Streit darüber, ob die verhängte Teilaufhebung und nachgehende Rückversetzung mit Änderungen im Leistungsbeschrieb von der Antragstellerin hingenommen werden muss. Die Vergabekammer des Landes Berlin stellt die Entscheidungsfreiheit der öffentlichen Auftraggeberin in den Mittelpunkt. Entscheidend dafür ist das Vorhandensein sachlicher Gründe, welche vom öffentlichen Auftraggeber angeführt werden können. Gelangt sie zu dem Schluss, dass sie das Vergabeverfahren nicht mit den bisherigen K.-o.-Kriterien zu einem Zuschlag führen kann, so bedarf es sachlicher Gründe. Die Kammer thematisiert auch, ob die Auftraggeberin bei einem Verhandlungsverfahren die ursprünglichen Mindestanforderungen verändern darf. Sie bejaht dies unter Verweis auf eine Entscheidung des Berliner Kammergerichts. Weder aus Paragraf 17 X 2 VgV noch aus sonstigen vergaberechtlichen Grundsätzen heraus, ergibt sich ein generelles Verbot der Änderung von Mindestanforderungen. Zur Frage der Änderung von Zuschlagskriterien hatte das Kammergericht bestätigt, dass Paragraf 17 X 2 VgV ein über das Verhandlungsverbot hinausgehendes Änderungsverbot nicht enthält (KG, Beschl. v. 01.03.2024 – Verg 11/22).
VK Berlin,
Beschl. v. 09.09.2024 (VK B 1-39/23)
► SCHADENSERSATZ
Ausschluss zu Unrecht
Verwechselte Preise
Zur Vergabe stand einen Regenüberlaufbecken im Zuständigkeitsbereich einer Gemeinde. Der Auftragswert belief sich auf ca. 900.000 Euro netto. Eine Bieterin, die nachher Schadensersatz begehrte, gab ein Angebot ab, welches ca. zwei Prozent unter dem Angebot des nächstteureren Bieters lag. Dieses Angebot erachtete die Gemeinde jedoch als nicht berücksichtigungsfähig, weil sich herausstellte, dass die Preisangaben bei einigen Baumaterialien auf einem Irrtum bzgl. Kilo- bzw. Tonnenangaben beruhten. Die Gemeinde war der Auffas-sung, dass im Falle einer solchen Verwechslung einer der Bieter ein Angebot abgegeben habe, das nicht die „geforderten Preise“ (Paragraf 13 I Nr. 3 VOB/A) enthalte. Da in diesem Sinne „fehlende Preise“ nicht nachgereicht werden könnten, sei das Angebot nicht zuschlagsfähig. Im Übrigen würde für den Zuschlagsfall eine zivilrechtliche Anfechtungsmöglichkeit bestehen. Das OLG sieht es gegenteilig. Es billigt einen Schadensersatzanspruch zu, weil ein sog. „Kalkulationsirrtum“ des Bieters vorgelegen habe, der als „innerer Irrtum“ unbeachtlich sei undder insgesamt die Preiswürdigkeit des Angebotes und eine ordnungsgemäße Ausführung nicht infrage stelle. In puncto Schadensersatz geht es im Einzelnen um drei Prozent aus der Auftragssumme, also ca. 26.000 Euro, hilfsweise um die vergeblichen Sach- und Personalkosten (Vertrauensschaden) in Höhe von ca. 11.000 Euro.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.05.2024 (2 U 146/22)
► BIETERKOMMUNIKATION
Private Frage?
Private Antwort! Im Zuge der Überprüfung einer Vergabe betreffend Planungsleistungen hatte ein Bieter Fragen gestellt, welche nicht allgemein über die Plattform im Sinne einer offiziellen Antwort auf eine Bieterfrage beantwortet wurden. Es entwickelte sich die rechtliche Diskussion, ob und inwieweit im Falle einer sog. „privaten Frage“ eines Bieters eine Weitergabe und Beantwortung auch an die anderen Bieter zwingend erforderlich ist. Die Vergabekammer stellt heraus, dass prinzipiell alle (zu anonymisierenden) Bieterfragen im Sinne einer offiziellen Reaktion zu beantworten sind. Es gibt allerdings Ausnahmen, in denen zum Beispiel individuelle Verständnisfragen bzw. Missverständnisse derart im Vordergrund stehen, dass auf eine Weitergabe an die anderen Bieter in Form einer offiziellen Bieterantwort verzichtet werden darf. Es kann jedoch ausschließlich um Konstellationen gehen, in denen individuelle Missverständnisse vorliegen oder Gesichtspunkte erfragt werden, welche bereits im Wege von Bieterantworten erledigt sind. Manchmal wird auch derart Offensichtliches gefragt, dass der Bieter meist nur eine Rückversicherung dessen erlangen will, was er im Grunde genommen selbst schon weiß und nur noch einmal durch eine offizielle Bestätigung abgesichert wissen möchte. Verwiesen wird auf das OLG Saarbrücken (Beschl. v. 18.05.2016, 1 Verg 1/16), das hierzu eine Grundsatzentscheidung erlassen hatte.
Zusammenfassung der Entscheidungen: RA und FA für Vergaberecht Dr. Rainer Noch, München (Oppler Büchner PartGmbB)
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Leitfaden veröffentlicht
(BS/bk) Immer weniger Bieter bewerben sich um Aufträge der öffentlichen Hand. Zwar gibt es Sektorenunterschiede, doch es lässt sich ein allgemeiner Trend erkennen. Damit stehen die deutschen Vergabestellen im europäischen Vergleich nicht alleine da. Abhilfe könnte das Werkzeug Markterkundung schaffen. Zur Unterstützung veröffentlichten nun das Kompetenzzentrum innovative Beschaffung und die Universität der Bundeswehr München einen Leitfaden.
Will man sich einen Überblick über die am Markt verfügbaren Produkte und Leistungen verschaffen oder wissen, welche Marktbedingungen, was mit Blick auf Lieferzeiten, Kapazitäten oder Risiken angeht, momentan gegeben sind, so ist die Markterkundung ein nützliches Werkzeug. Dieses Werkzeug ist in den Paragrafen 28 Abs. 1 VgV und 20 UVgO verankert. Wichtig dabei ist, dass die Erkundung vor der Auftragsvergabe durchführt wird. Sie dient zur Vorbereitung der Vergabe oder zur Unterrichtung der Unternehmen über seine Pläne des Auftraggebers.
SCHWERPUNKT
Wie immer gilt, es muss transparent passieren. Außerdem müssen die Ergebnisse dokumentiert und allen Marktteilnehmern zugänglich gemacht werden – nicht nur den direkt beteiligten Unternehmen. Zur Erkundung kann eine Vielzahl an Quellen genutzt werden. Dies umfassst u. a. das direkte Gespräch mit den Lieferanten, Branchenberichte, Netzwerke mit öffentlichen und privaten Partnern sowie OnlinePlattformen und Fachmessen.
Erkundung ohne Kontakt
Die Universität der Bundeswehr München und das Kompetenzzentrum innovative Beschaffung haben im Zuge des Leitfadens die Markterkundungspraxis untersucht. So würden Markterkundungen hauptsächlich dann durchgeführt, wenn es um den Auftragswert gehe. Wenig verwunderlich wird das Instrument auch eingesetzt, wenn ein komplexes Beschaffungsvorhaben geplant ist. Besonders auffällig ist, dass die Markterkundung zum größten Teil eher passiv, also ohne Kontakt zu
potenziellen Bietern abläuft. Öffentliche Auftraggeber nutzen hierbei vorrangig die Internetrecherche. Eine interaktive Gestaltung der Markterkundung wird meist bewusst vermieden. Ebenso sei der „Nutzen einer Markterkundung nur schwer quantifizierbar“. Insgesamt deuten die Ergebnisse der Befragung darauf hin, „dass öffentliche Auftraggeber das Instrument der Markterkundung bislang rein reaktiv nutzen“. Der Leitfaden findet sich unter: www.koinno-bmwk.de/koinno/ publikationen/.
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Berliner Gespräch mit Sloweniens Botschafterin Dr. Ana Polak Petrič
(BS/ps) Slowenien ist mit 20.273 km2 etwas größer als RheinlandPfalz. Klein, aber fein, belegt es auf dem Human Development Index, der Wohlstandsliste der UN, Rang 22. Kroatien, Serbien oder Nordmazedonien, dereinst auch zu Jugoslawien gehörend, deutlich darunter. Die seit 1991 unabhängige Republik grenzt an Italien, Österreich, Ungarn, Kroatien und die Adria. 2004 wird sie EU- und Natomitglied, 2007 Euroland. Die deutsch-slowenischen Beziehungen sind seit der Aufnahme 1992 bereits 32 Jahre bestens und das ist, so die Beteiligten, auch gut so.
Sloweniens Wirtschaft ist stark von der deutschen Automobilindustrie abhängig. Botschafterin Dr. Ana Polak Petrič hofft, dass Deutschland dem starken Industriezweig wieder zu alter Stärke verhelfen kann.
Es war ein guter Start für Botschafterin Dr. Ana Polak Petrič 2022 in Berlin. Die promovierte Juristin kommt 2003 ins Außenministerium in der Hauptstadt Ljubljana, arbeitet als Rechtsberaterin der EU-Kommission, an der Ständigen Vertretung Sloweniens bei UNO und OSZE in Wien, am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg und bis zur Akkreditierung in Deutschland als Botschafterin in Japan. „Die deutsche ,Weihnachtsanerkennung‘ Sloweniens als souveränen Staat im Dezember 1991 ist der Schlüssel für unsere Aufnahme in EU und NATO“, erinnert die 46-Jährige. Auf der Grundlage dieser Freundschaft und des Vertrauens bauten sich die Beziehungen als eng miteinander verbundene, gleichgesinnte Länder bis heute auf. Berlin und Ljubljana hätten ähnliche Ansichten zu aktuellen Fragen, demokratischen Grundsätzen, Menschenrechten und zu einer auf Rechtsstaatlichkeit basierenden internationalen Ordnung, in
trifft, wie z. B. die Freisinger Denkmäler aus dem 10. Jahrhundert mit den ältesten erhaltenen Aufzeichnungen in slowenischer Sprache. Auch das erste slowenische Buch wird in Deutschland gedruckt, slowenische Protestanten sind dort aktiv und München später die Wiege des slowenischen Impressionismus. „Heute kommt die Geschichte der Wirtschafts- und Gastarbeiter während der Jugoslawienzeit dazu“, so die Botschafterin.
Aktuell wird der gemeinsame Aktionsplan von 2022–2024 zur Intensivierung der bilateralen Zusammenarbeit bis 2028 fortgeschrieben, um die 2011 begonnene, vertiefte Zusammenarbeit in allen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Bereichen weiter zu verbessern. Diese To-do-Liste enthält konkrete Empfehlungen für die Außen-, Migrations-, Bildungs-, Wirtschafts-, Kultur- und Gesundheitspolitik, kurzum für alle Lebensbereiche.
Im Mittelpunkt stehen die Unterstützung der Ukraine, die Lage im
„Was mir sowohl in Deutschland als auch in Slowenien fehlt, ist mehr Selbstvertrauen und positives Denken.“
der multilaterale Zusammenarbeit und Solidarität eine wichtige Rolle spielten, erzählt Petrič.
Wichtigster Handelspartner Deutschland ist mit über 14 Milliarden 2023 einer der wichtigsten Handelspartner Sloweniens. Zum Vergleich dazu beträgt Deutschlands Handelsvolumen mit Indien rund 30 Milliarden. „Wenn man bedenkt, dass Slowenien nur zwei Millionen Einwohner hat, ist dies ein wirklich bemerkenswertes Ergebnis, auf das wir stolz sein können.“ Es gibt auch gemeinsame historische Verbindungen, auf die das zu-
Nahen Osten, die Wettbewerbsfähigkeit und strategische Autonomie Europas sowie die EU-Erweiterung auf dem Westbalkan. Weitere wichtige Punkte betreffen die Mitgliedschaft Sloweniens im UN-Sicherheitsrat (2024–2025) und notwendige Reformen der EU wie die, Erweiterungen künftig mit qualifizierter Mehrheit zuzulassen statt wie bisher einstimmig. „Das könnte den Beitritt neuer Mitgliedsstaaten erleichtern und die Entscheidungsfindung nicht von offenen nationalen Fragen und Bedingungen abhängig machen“, erklärt sie. Doch das dürften momentan wohl nicht die größten Sorgen in Brüs-
sel sein. „Europa steht“, so Petrič, „durch die illegale Aggression Russlands gegen die Ukraine vor einer der größten Herausforderungen seit dem Zweiten Weltkrieg. Slowenien verurteilt diese aufs Schärfste, als schwere Völkerrechtsverletzung und den Versuch, die europäische Sicherheitsordnung zu zerstören.“ Angesichts der Entwicklungen in den Vereinigten Staaten brauche die Ukraine mehr denn je die ganze europäische Hilfe „ohne Wenn und Aber“. Neben den militärischen habe ihre Regierung die humanitären Leistungen und Wiederaufbauhilfen verdoppelt, setze gezielt auf Minenräumungen, Rehabilitation von Kriegsopfern, psychosoziale Hilfen, organisiere die Gesundheitsversorgung und sonstige Hilfen vor Ort. Hilfreich dürfte es dabei sein, dass die neue EU-Kommissarin, neben der EU-Erweiterung auch für den Wiederaufbau der Ukraine zuständig, aus Slowenien kommt. „Die Nähe des Konflikts und seine tiefgreifenden Auswirkungen auf die Stabilität und Sicherheit in der Euro-Atlantischen Region sind ein Weckruf, unsere Verteidigung, Sicherheit und Investitionen in die Aufrüstung zu überdenken“, sagt Petrič.
Verteidigungsetat ausgebaut Slowenien hat den Weckruf vernommen und seine Verteidigungsstrategien der Realität des drastisch verschlechterten Sicherheitsumfelds angepasst und sich verpflichtet, bis spätestens 2030 zwei Prozent seines BIPs für die Verteidigung aufzuwenden. Ein sehr ehrgeiziges Ziel, dies finanziell, industriell und technisch auf die Beine zu stellen – allein und mit der Europäischen Union. Diese ist zwar seit Längerem in einer Krise, weil dort vieles und anderes mehr einstimmig bürokratisch umgesetzt wird. Dennoch ist die Unterstützung der Slowenen für die EU nach wie vor groß. „Als kleines Land in der Mitte Europas ist es schwierig, uns eine Alternative vorzustellen. Trotz allem Für und Wider der Union sind wir stolz und glücklich, in einer die Menschenrechte achtenden, demokratischen, rechtstaatlichen und solidarischen Gemeinschaft zu leben.“
Auch in der nationalen Politik muss die Regierung in Ljubljana mit
zu finden. „Wir verfolgen in diesem Zusammenhang die wirtschaftliche Situation in Deutschland schon seit einiger Zeit mit Sorge. Da die slowenische Industrie, insbesondere die Automobilindustrie, stark vom deutschen Markt abhängig ist, sind wir zu Recht neugierig, wie Deutschland seine Wirtschaft auf Vordermann bringen will.“
Lieferkette für deutsche Automobilindustrie
Foto: BS/Botschaft von Slowenien
verschiedenen Parteien und Polarisierungen kooperieren, um für die Sicherung der Energieversorgung, die Umstrukturierung und den grünen Übergang der Wirtschaft und die Digitalisierung einen Konsens
Rezept der Botschafterin
„Viele unserer Unternehmen sind ein wichtiger Teil der Lieferkette u. a. für deutsche Autokonzerne. Deshalb suchen wir auch nach Antworten auf die Fragen, auf welche Art und Weise und wie schnell die Umstellung auf E-Fahrzeuge umgesetzt, die Energiepreise gesenkt, bürokratische Hindernisse abgebaut und wie man so wettbewerbsfähiger wird.“ Die Slowenen seien gut ausgebildete, zuverlässige Arbeitskräfte, innovativ und effizient. Deshalb ist sie zuversichtlich. Zwei Jahre hat Petrič schon ihren Posten am Berliner Hausvogteiplatz und vermisst in unserer Hauptstadt vor allem die Berge und (noch) eine direkte Flugverbindung nach Hause. „Was mir sowohl in Deutschland als auch in Slowenien fehlt, ist mehr Selbstvertrauen und positives Denken.“ Es scheine, dass die Europäer nicht mehr das Selbstvertrauen hätten, dass sie die Besten sein könnten. Sie vermisse auch hierzulande den Glauben, mit guter Arbeit und Hingabe viel zu erreichen. Und der schafft es angeblich sogar, Berge zu versetzen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Potica ist ein traditioneller Kuchen, ein Muss zu Weihnachten und Ostern
Zutaten:
1 Prise Mehl für die Arbeitsfläche, 1 EL Butter für die Form, 1 Ei (verquirlt zum Bestreichen) Zutaten für den Teig: 30 g frische Hefe, 290 ml lauwarme Milch, 30 g Zucker, 110 g Butter, 1 kg Mehl, 1 TL Salz, 3 Eigelb Zutaten für die Füllung:
600 g Walnüsse, gemahlen, 140 ml Milch, 50 g Zucker, 190 g Honig, 1 Prise Zimt, 1 Schuss Rum
Zubereitung:
1. Teig:
Zuerst die Hefe in etwas lauwarmer Milch auflösen, eine Prise Zucker hinzufügen und das Ganze für 10 Minuten ruhen lassen. In der Zwischenzeit die Butter zerlassen. Später das Mehl mit dem Salz in eine große Schüssel füllen, in der Mitte eine Mulde formen, Hefemilch, Butter, Eigelb sowie restlichen Zucker hineingeben, zu einem Teig kneten und die restliche, lauwarme Milch hinzugießen, sodass ein glatter, geschmeidiger Teig entsteht. Nun den Teig mit einem Tuch abdecken und an einem warmen Ort für ca. 90 Minuten ruhen lassen.
2. Füllung:
Die Milch mit dem Zucker erhitzen und die Walnüsse damit in einer Schüssel übergießen. Anschließend Honig, Zimt und Rum untermengen und die Füllung etwas abkühlen lassen. Später noch das Ei gut unterrühren.
3. Potica
Eine Arbeitsfläche oder ein sauberes Tuch mit Mehl bestreuen, den Hefeteig darauf ca. 0,5 cm dick zu einem Rechteck ausrollen und die Füllung gleichmäßig darauf verstreichen. Eine Napfkuchen- oder Potica-Form mit Butter befetten. Danach das Ganze fest aufrollen, in die vorbereitete Form füllen und zugedeckt für 10 Minuten ruhen lassen. In der Zwischenzeit den Backofen auf 180 Grad (Ober- und Unterhitze) vorheizen, den Kuchen mit verquirltem Ei bestreichen und ca. 60 Minuten backen, aus dem Ofen nehmen, 10 Minuten ruhen lassen und dann aus der Form stürzen.
Tipps zum Rezept:
Potica kann mit verschiedenen Füllungen zubereitet werden. Neben Walnüssen sind typische Füllungen beispielsweise Haselnüsse, Mohn, Rosinen oder Quark. Sie repräsentiert die slowenische Backtradition und wird oft als Symbol für Gastfreundschaft und Feierlichkeiten betrachtet. Mit Puderzucker bestreut servieren. Ein Glas süßer Dessertwein oder vollmundiger Rotwein betonen die Aromen der Potica perfekt. Auch ein kräftiger Kaffee oder ein heißer Tee eignen sich als Begleitung und runden das Geschmackserlebnis ab. Mein Tipp: Rum.
„Wohat der Bürgermeister schon im Sand gespielt und sich im tiefen Matsch so richtig wohlgefühlt? […] Wo hat der Polizist sich im Gebüsch versteckt und immer wieder neue Streiche ausgeheckt? Wo war die Lehrerin, gefangen in der Räuberhöhle als entführte Königin?“ schallt Rolf Zuckowski aus unserem Autolautsprecher. „Im Kindergarten, im Kindergarten. Da fangen alle mal als kleine Leute an“, grölt es von der Rückbank. Fünf Tage die Woche fahre ich um acht Uhr 20 Minuten durch die Stadt, um meine Töchter zum Kindergarten zu bringen. Dieses Lied gehört zu unserem Standardrepertoire auf dem Weg zum Privileg. Unser Kindergarten ist privat, städtisch gefördert: ein Betreuungsschlüssel von vier Erzieherinnen auf 25 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren, maximal neun Schließtage pro Jahr, geöffnet in den Ferien. In drei Jahren hatten wir erst eine Woche Notbetreuung. Dienstags: Musikpädagogik, Mittwoch: Kunstkurs, am Freitag können die Kinder turnen. Aus dem Rest der Republik ist anderes zu hören: Kita- und Kindergarten-Krise landauf und -ab. Der Kita-Bericht des Paritätischen Gesamtverbandes bemängelt 125.000 fehlende Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung. Das sind oft mehr als zwei Kräfte pro Einrichtung. Christof Sommer, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds NRW, bestätigt: „Größte Herausforderung im Bereich der frühkindlichen Bildungs- und Erziehungsarbeit ist der Personalmangel. Dieser hat dazu geführt, dass in zahlreichen Einrichtungen Betreuungsumfänge der Kinder gekürzt werden müssen. Es kommt auch zur Schließung von Gruppen
oder – eher noch selten – von ganzen Einrichtungen. Diese Entwicklung ist sowohl für die Entwicklung der Kinder als auch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kontraproduktiv.“
Prognostizierbarer Kollaps Das System der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) stehe „kurz vor dem Kollaps“, mahnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Mitte Juli in einem Aufruf zu „Überlastung, Stress und Erschöpfung in vielen Kitas“. Ivonne Zill-Sahm, Professorin für Erziehung und Bildung im frühen Kindesalter an der Evangelischen Hochschule Dresden und Mitinitiatorin des Aufrufs, fordert „erhebliche Investitionen und mittelfristig eine kontinuierliche Erhöhung der Ressourcen für das System der FBBE“.
„Der Personalmangel im Kita-Bereich ist tiefgreifend und wird kurzfristig nicht zu beheben sein.“
Christof Sommer, Hauptgeschäftsführer Städte- und Gemeindebund NRW
Bundesfamilienministerin Lisa Paus sprach zuletzt von 50.000 bis 90.000 Fachkräften zu wenig in Deutschlands Kitas bis 2030. Die gestiegene Erwartungshaltung an verfügbare Plätze hat die Politik selbst geschürt: mit dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Einjährige. So lag die Betreuungsquote der Kinder unter drei Jahren im März 2023 bei 37,4 Pro-
zent, bei Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren bei 91,3 Prozent. Die kommunalen Spitzenverbände in NRW fordern mit Blick auf Personalausbau und Raumausstattung flexiblere Lösungen: vom Quereinstieg über Ergänzungskräfte und bedarfsgerechte Steuerung der Betreuungszeiten (25/30/35/40/45 Stunden) bis hin zur Möglichkeit, den Ausbildungsbeginn mehrmals im Jahr zu ermöglichen. Sommer nennt an erster Stelle eine Änderung der Personalverordnung und eine Reform des Kinderbildungsgesetzes: „Die Überarbeitung der Personalverordnung mit fachlich vertretbaren Erleichterungen bei Personalstandards ist zwischen dem Land, der LAG FW (Anm. d. R.: Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege), den Kirchen und den kommunalen Spitzenverbänden bereits abgestimmt worden. Hier erwarten wir in Kürze eine Veröffentlichung der entsprechenden Verordnung.“ Mehr Kinder in der Betreuung bedeutet gleichzeitig einen erhöhten Bedarf an kindgerechten Räumlichkeiten. Auch dafür fordern die Kommunen mehr Geld von den Ländern und dem Bund.
Gute-Kita-Patchwork
Der Bundestag hat Mitte Oktober das Gute-Kita-Gesetz auf den Weg gebracht, über das in den kommenden zwei Jahren jeweils zwei Milliarden Euro für Kitas fließen sollen. Die Länder sollen in bessere Betreuungsschlüssel und eine gute Ausbildung für angehende Fachkräfte investieren. Sie sollen das zusätzliche Budget nicht für Beitragssenkungen oder weniger Gebühren nutzen dürfen. Dennoch entstehen so keine einheitlichen Standards. Die Vertreterin des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Tanja
Küsgens, kritisiert: „Für die Beschäftigten in Kitas und Schulen ist es frustrierend, wenn die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit von der jeweiligen Landespolitik abhängen.“
Die Beisitzerin im Vorstand der DBB Frauen ergänzt: „Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und wir brauchen endlich bundeseinheitliche Standards“. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW lobt die 430 Millionen Euro zusätzlich für die Betreuung der Kinder in NRW durch das Gesetzt, fordert aber gleichzeitig „ein dauerhaftes Engagement des Bundes“.
„Es
darf keinen Flickenteppich in der frühkindlichen Bildung geben.“
Tanja Küsgens, Vertreterin VBE und DBB Frauen
Selbst die existierenden Stellen können nicht vollständig besetzt werden. 2023 blieben fast 100.000 Stellen frei. Laut dem Deutschen Kita-Verband suchten letztes Jahr mehr als zwei Drittel der Träger entsprechende Fachkräfte. Zusätzlich fallen in der Herbst- und Winterzeit krankheitsbedingt Erzieherinnen und Erzieher aus. Markus Röder, Präsident des Hessischen Städteund Gemeindebundes, führt die begrenzten personellen Ressourcen auch auf nicht erfüllbare Personalstandards zurück. Die Anerkennung von Quereinsteigen erfolge individuell je nach Kita-Situation durch das Land. Dies sei „aus kommunaler Sicht völlig unnötig“. Kommunen müssten selbst Lösungen vor Ort
finden können. Viele Kommunen suchen Fachkräfte im Ausland, Agenturen vermitteln hoch ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher aus Lateinamerika und Afrika nach Deutschland, in der Hoffnung, dass sie hier schnellstmöglich eine Anerkennung ihres Studiums erhalten und arbeiten dürfen. Oft scheitert es jedoch genau daran, denn die Bonner Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) ist angesichts der zunehmenden Fülle der Anträge auf Zeugnisüberprüfung überlastet. Manche Bundesländer verzichten deswegen auf eine individuelle Zeugnisbewertung durch die ZAB und verlassen sich auf einen Gegencheck mit der KMK-Zeugnisdatenbank.
Grundstein fürs Leben Dabei kann ein wesentlicher Schlüssel zur Personalgewinnung nicht nur die zusätzliche Gewinnung ausländischer Fachkräfte oder mehr Geld für Tagespflegepersonen sowie Erzieherinnen und Erzieher sein, sondern auch mehr Wertschätzung. Ein Job, der keine Kompromisse bei der Erfüllung der Grundbedürfnisse mehrerer Kleinkinder parallel kennt; Kinder, die den Umgang mit Wut und Freude erst noch lernen müssen, die große Fragen haben und kleine Lösungen kennen, erfordert viel ab. Es ist ein Schlüsselberuf, bei dem Wertschätzung im Mittelpunkt stehen muss. Wenn ich meine Kinder nachmittags abhole, werde ich überschüttet mit Informationen: Wie lange sie geschlafen, wie viel sie gegessen, mit wem sie gespielt und ob sie sich verletzt haben – so sollte es überall sein. Es darf keine politische Diskussion darüber geben, wie viel mehr Geld das System benötigt.
Behörden Spiegel: Die aktuelle Lage der Kommunalfinanzen scheint dramatisch. Was sind aus Ihrer Sicht die Hauptursachen für das Rekorddefizit, auf das viele Kommunen zusteuern?
Matthias Wohltmann: Die Kommunalhaushalte befinden sich seit vielen Jahren in einer strukturellen Schieflage, die in den vergangenen Jahren allerdings durch eine ungewöhnlich lang anhaltende Aufschwungphase, die Corona-Hilfen, Investitionshilfen und andere punktuelle Hilfsmaßnahmen übertüncht wurde. Die Landkreisebene erwartet nun für 2024 ein Rekorddefizit von 2,6 Milliarden Euro, Tendenz steigend. Strukturell passen soziallastige Ausgaben und wirtschaftslastige Einnahmen nicht zueinander. Zudem sind die Kommunen mit 14 Prozent an den Steuereinnahmen beteiligt, sie müssen aber 25 Prozent der Ausgaben tragen. Gleichen Bund und Länder die Ausgabedynamik nicht aus oder übertragen neue Aufgaben auf die Kommunen, wird sich die Lage weiter verschärfen. Aktuell drückt uns vor allem die Ausganbeseite, insbesondere die Energiepreisentwicklung, der Tarifabschluss, die Sozialausgaben, auch für Flüchtlinge, und die Defizite bei den Krankenhäusern. Bei den Landkreisen kommt die Rechtsprechung zur Kreisumlage, die der Erhebung sehr enge Grenzen setzt, erschwerend hinzu.
Behörden Spiegel: In der Pressemitteilung des DST heißt es, dass Bund und Länder den Städten immer mehr Aufgaben zuweisen, ohne ausreichende Finanzierung sicherzustellen. Welche Aufgabenfelder
Egal, ob man Daten aus der Forschung heranzieht oder die Koffer packt und einen Ausflug in eine finanzschwache Stadt macht: Der teilweise schlechte Zustand der kommunalen Infrastruktur ist mancherorts nur noch schwer zu übersehen. Die Befragung „KfWKommunalpanel“ des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) weist schon seit Jahren einen aus Sicht der Kämmereien in Teilen mangelhaften Zustand von gemeindlichen Straßen, Schulgebäuden oder Sporthallen auf. Die Zahl, die das auf einen Nenner bringt, ist der „wahrgenommene Investitionsrückstand“ der Kommunen. Er wird ebenfalls aus den Befragungsdaten berechnet. 2023 betrug er rund 186 Milliarden Euro und war damit so hoch wie nie zuvor.
Brandherd Verkehrsinfrastruktur Einen besonders hohen Rückstand weist seit jeher die Verkehrsinfrastruktur auf. Der Teileinsturz der Carola-Brücke in Dresden oder die Sperrung der Rahmedelta-Brücke in Lüdenscheid haben erst kürzlich vor Augen geführt, welchen öffentlichen Aufschrei, aber auch welche wirtschaftlichen Konsequenzen ein Kollaps ab gen utzter Infrastruktur nach sich ziehen kann. Selbst wenn die Rahmedeltabrücke eine Autobahnbrücke und damit die AutobahnGmbH des Bundes zuständig ist, sieht es bei kommunalen Brücken in der Fläche oft nicht besser aus: Ein Difu-Gutachten aus dem Jahr 2020 hat gezeigt, dass damals die Stand- und Verkehrssicherheit bei einer von drei kommunalen Brücken in Sachsen-Anhalt beeinträchtigt war. Betonkrebs, Risse oder Korrosionsschäden waren in diesen Fällen eher die Regel als die Ausnahme. Stellt man dem 186-MilliardenEuro-Investitionsrückstand die
(BS) Die Kommunen sind am Limit. Das geht aus einer Pressemitteilung des Deutschen Städtetages hervor. Wie ernst die Lage tatsächlich ist, scheint bei Bund und Ländern noch immer nicht angekommen zu sein. Matthias Wohltmann, Finanzbeigeordneter des Deutschen Landkreistags, berichtet über strukturelle Schieflagen. Die Fragen stellte Julian Faber.
sind dabei besonders belastend für die Kommunen?
Wohltmann: Es sind insbesondere die Bereiche Soziales sowie Kinderund Jugendhilfe. Das Bundesteilhabegesetz führt zu stark steigenden Belastungen, gleiches gilt für die Jugendhilfe und die Hilfe zur Pflege. 2024 haben den kommunalen Haushalten auch die hohen Regelsatzerhöhungen zugesetzt. Das Deutschlandticket ist außerdem in der Finanzierung nicht dauerhaft gesichert, vom ÖPNV-Ausbau ganz zu schweigen. Zudem bereitet uns der Ganztagsausbau große Kopfschmerzen. Das Muster ist bei solchen neuen Aufgaben immer gleich: Wir bekommen eine Anschubfinanzierung und werden mit den Rest- und Folgekosten alleingelassen.
Behörden Spiegel: Ein Beispiel für diese Belastung ist die Krankenhausfinanzierung. Inwiefern sehen Sie hier eine strukturelle Schieflage, und welche Folgen hat das konkret für die Kommunen?
Wohltmann: Wir sehen nicht nur die strukturelle Schieflage, wir spüren sie auch in Form immer umfangreicherer Defizitausgleiche. Die wirtschaftliche Situation der Kliniken ist schon lange alarmierend. Sie trifft die Landkreise als Träger des Sicherstellungsauftrages für 96 Prozent der Fläche Deutschlands besonders schwer. Das Problem hat sich seit Jahren aufgebaut und wurde durch die Energiepreisentwicklung noch einmal deutlich verschärft. Die Reformpläne des Bundesgesundheitsministers greifen deutlich zu
kurz: Eine Krankenhausstrukturreform ist notwendig, aber ohne einen rückwirkenden Tarif- und Inflationsausgleich für die letzten Jahre kommt es zu einem kalten Strukturwandel. In den vergangenen Jahren mussten bereits 48 Kliniken Insolvenz anmelden.
Behörden Spiegel: Der Investitionsstau ist ebenfalls ein großes Thema. Welche konkreten Bereiche sind davon am stärksten betroffen und wie wirkt sich dieser Investitionsstau auf die Bürger und die Lebensqualität vor Ort aus?
Wohltmann: Bei den Landkreisen sind die Straßen, die Brücken und die Schulen am stärksten betroffen. Danach folgen die Verwaltungsgebäude. Das hat damit zu tun, dass bei knappen Mitteln immer zuerst bei Straßen und bei der Verwaltungsinfrastruktur gespart wird. Die Folgen können die Bürger dann beim Behördengang oder der täglichen Autofahrt unmittelbar spüren.
Behörden Spiegel: Der DST fordert mehr finanzielle Freiheit für die Städte bei den Steuereinnahmen und dem Einsatz von Fördermitteln. Welche Änderungen wären hier Ihrer Meinung nach notwendig, um den Städten die dringend benötigte „Beinfreiheit“ zu verschaffen?
Öffentliche Investitionen werden von zahlreichen Hemmnissen ausgebremst
(BS/Dr. Christian Raffer) Personalmangel, Regelungsdichte, fehlende Angebote: Die Liste der Gründe ist lang, die dem Staat und insbesondere den Kommunen das Investieren erschweren. Obwohl die Probleme seit Langem bekannt sind, geht es mit notwendigen Reformen nur schleppend voran. Das Auseinanderbrechen der Bundesregierung macht dies nun nicht leichter.
Die häufigsten Ursachen für erhebliche Verzögerungen bei Investitionsprojekten:
Lieferengpässe in der Bauwirtschaft
Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft
Komplexe Genehmigungsverfahren
Komplexe, zeitaufwendige Vergabeverfahren
Langwierige Bearbeitung von Förderanträgen durch die Bewilligungsstellen
Personalmangel in Bauverwaltung (Hoch-/Tiefbauamt)
Komplexe baurechtliche Vorgaben
gemeindlichen Bruttobauinvestitionen 2023 aus der amtlichen Statistik gegenüber, so zeigt sich: Die Kommunen müssten ab heute bis zum Ende des Jahrzehnts all ihre Bautätigkeit ausschließlich in den Abbau des Rückstands stecken, um ihn einmal komplett abzutragen. Ein Gedankenexperiment, das zwar die Dramatik der Situation aufzeigt, aus verschiedenen Gründen aber unrealistisch ist. Denn selbst wenn die Kommunen das Geld hätten (und manche haben es ja auch), gibt es zahlreiche sogenannte „nicht-monetäre“ Hemmnisse, die ihnen das Investieren erschweren.
In verschiedenen Studien hat das Difu in den letzten Jahren aufgezeigt, wo es hapert. Zuletzt hat das KfW-Kommunalpanel danach ge-
fragt, was vor Ort dazu führt, dass sich einzelne Investitionsprojekte um mindestens ein Jahr verschieben. Die Liste der relevantesten Ursachen wird selbst drei Jahre nach der Corona-Pandemie und dem Zusammenbrechen internationaler Lieferketten noch immer angeführt von Lieferengpässen in der Bauwirtschaft. Diese sorgen in zwei von drei Kommunen für erhebliche Verzögerungen. Es folgen Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft, komplexe und zeitaufwendige Genehmigungs- und Vergabeverfahren, aber auch als zu komplex empfundene baurechtliche Vorgaben. Zudem werden in mehr als der Hälfte der Kommunen Investitionen von der oft langsamen Bearbeitung von Förderanträgen oder vom Personalmangel in der eigenen Verwaltung verzögert. Alles Punkte, die sich so bereits in früheren Studien gezeigt haben und auch den Leserinnen und Lesern des Behördenspiegel bekannt sein dürften – vielleicht sogar aus eigener Anschauung. Leider handelt es sich dabei aber eben auch um „Dauerthemen“ in der kommunalwissenschaftlichen und -politischen Debatte. Das zeigt: Trotz der Einsicht ist es bislang nicht umfänglich gelungen, bekannte Hemmnisse aufzulösen.
Wohltmann: Fördermittel sind dort einzusetzen, wo Einzelne Hilfe benötigen. Gute Beispiele sind die GRW, die GAK und die Städtebauförderung. Diese Programme wirken gezielt in bestimmten Gebieten. Besteht aber ein flächendeckender Hilfebedarf, stimmt etwas mit der Grundfinanzierung nicht. Dann muss man die Steuerverteilung ändern. In diesem Bereich befinden wir uns aktuell. Auch haben die vielen Förderprogramme die Probleme oft nicht wirklich gelöst. Sie waren häufig nicht bedarfsgerecht und kamen nicht immer bei den richtigen Empfängern an. Zudem: Wer stellt unbefristetes Personal für Förderprogramme ein? Niemand. Anstelle einer soliden Grundfinanzierung führt das nur dazu, dass die Abhängigkeit vom Fördertopf wächst.
Behörden Spiegel: Was sind Ihre Forderungen an Bund und Länder, um die Finanzlage der Kommunen kurzfristig zu stabilisieren und langfristig nachhaltige Finanzen sicherzustellen?
Wohltmann: Nötig ist eine strukturelle Korrektur, die die originären kommunalen Einnahmen stärkt. Der Deutsche Landkreistag fordert eine Verdreifachung des kommunalen Anteils an der Umsatzsteuer auf 6 v. H., bei der der derzeitige Festbetrag von 2,4 Mrd. Euro in Umsatzsteuerpunkte umzuwandeln ist. In der Verteilung muss man sich – ohne den Ersatz der Gewerbekapitalsteuer anzutasten – für die Aufstockungsteile von dem derzeitigen Verteilungsmaßstab des kommunalen Umsatzsteueranteils lösen und entsprechend zwei Drittel des kommunalen Umsatzsteueranteils künftig nach Einwohnern verteilen.
Keine Lösung in Sicht So wird beispielsweise das Vergaberecht trotz großer Reformen in der Vergangenheit nach wie vor als zu kompliziert wahrgenommen. Die Ampel-Koalition hatte zwar eine erneute Reform mit dem Ziel der bürokratischen Entlastung angestoßen. So beinhaltete der Referentenentwurf in der Tat Vereinfachungen zur freieren Wahl der Vergabeverfahren, die den Kommunen deutliche Erleichterungen gebracht hätten. Zugleich sah der Entwurf aber auch Regelungen vor, die wohl zu mehr Bürokratie geführt hätten, etwa bei der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien. So oder so fällt die Reform nun aber den vorgezogenen Neuwahlen zum Opfer. Wie eine neue Bundesregierung im kommenden Jahr das Thema weiterverfolgen wird, ist offen. Genauso sieht es mit der Novelle des Baugesetzbuches aus. Auch hier waren die Überlegungen bereits weit gediehen. Viele der geplanten Regelungen zur systematischen Vereinfachung zielten auch aus Sicht der deutschen Städte in die richtige Richtung. Aber auch hier steht das Thema nach dem Bruch der Koalition erst einmal auf dem Abstellgleis. Festgehalten werden kann, dass die Ampel-Koalition das Ziel zur rechtlichen Vereinfachung immerhin angehen wollte, auch wenn sie entsprechende Reformen aufgrund der internen Differenzen nicht mehr über die Ziellinie bringen konnte. Eine nicht minder große Aufgabe besteht in der Beendigung der oft beklagten Personalknappheit in den Bauverwaltungen. Schon heute fehlen hunderttausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst und diese Lücke wird mit dem Ausscheiden der Babyboomer in den kommenden Jahren noch größer werden. Entsprechend härter wird der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte. Obwohl Kommunen immerhin mit Arbeitsplatzsicherheit und einer gesellschaftlich relevanten Tätigkeit werben können, kann der Weg an mehr Digitalisierung, stärkerer interkommunaler Zusammenarbeit und auch an der externen Vergabe von Planungsleistungen nicht vorbeigehen – auch wenn damit in den meisten Fällen erst einmal höhere Ausgaben verbunden sind.
Dr. Christian Raffer ist Volkswirt und als wissenschaftlicher
Projektleiter am Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) tätig. Dort verantwortet er unter anderem Die Kämmereibefragung „KfW-Kommunalpanel“.
Foto: BS/Vera Gutofski
Foto: BS/Silvio Witt
Behörden Spiegel: Die Stadtvertretung Neubrandenburgs hat im Oktober mehrheitlich beschlossen, die Regenbogenfahne am Bahnhof nicht mehr zu hissen. Wie kam die Stadtvertretung zu dieser Entscheidung und wie haben Sie die Debatte erlebt?
Silvio Witt: Die Beschlussvorlage wurde von einem fraktionslosen Stadtvertreter einige Tage vor der Sitzung eingebracht. Es gab vor der Beschlussfassung weder eine mediale Berichterstattung zur Vorlage noch eine Debatte in der Sitzung der Stadtvertretung. Später versicherten einige Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter, sie hätten die Dimension der Vorlage unterschätzt. Das habe ich nicht.
„Derzeit gehen wir aufgrund aggresiver rechter Propaganda wieder Schritte zurück.“
Silvio Witt, Oberbürgermeister Neubrandenburg
Behörden Spiegel: Einen Tag nach dem kontroversen Beschluss haben Sie Ihren Rücktritt angekündigt. An anderer Stelle haben Sie dies mit einer langen Serie von Angriffen gegen Toleranz und Vielfalt begründet. Können Sie das näher erläutern?
188 Milliarden Euro beträgt der aktuelle bundesweite Investitionsrückstand in den Kommunen.
Deshalb sei eine andere Finanzpolitik in der nächsten Legislatur nötig, erklärte SPD-Chef Lars Klingbeil auf dem Kongress der Sozialdemokraten in Berlin. Um die Altschulden-Problematik der Kommunen in den Griff zu bekommen, seien „Veränderungen bei den Kommunalfinanzen“ nötig, ergänzte er vage und fügte hinzu, dass für Städte und Gemeinden mehr Autonomie in der Frage herrschen müsse, wie sie „ihr Geld ausgeben“. Aufgabe der nächsten Bundesregierung müsse es sein, „die Bund-Länder-Kommunalfinanzen noch einmal zu durchleuchten“. Dabei untermauerte Klingbeil den Kurs seiner Partei und forderte eine Reform der Schuldenbremse: Deutschland brauche mehr Investitionen.
Mangelnde Wertschätzung
Dabei hat die schwierige Finanzlage der Städte und Gemeinden auch Auswirkungen auf die Nachwuchsproblematik innerhalb der Kommunalpolitik. „Mangelnde
Interview mit Silvio Witt, Oberbürgermeister von Neubrandenburg
Kommunalpolitik im Kulturkampf
(BS) Der Fall sorgte landesweit für Schlagzeilen: Unbekannte ersetzten die Regenbogenflagge am Bahnhof Neubrandenburg mehrfach durch eine Hakenkreuzfahne. Es folgte ein umstrittener Beschluss der Stadtvertretung, zudem kündigt Oberbürgermeister Silvio Witt seinen Rücktritt an. Dieser berichtet über wachsenden Druck auf die Kommunalpolitik und die Polarisierung der Gesellschaft. Die Fragen stellte Julian Faber.
Ein Politikum aus sechs Farben: Die Regenbogenflagge ist längst zum Mittelpunkt polarisierter Debatten um Identitätspolitik geworden. Foto: BS/MinuteDream, stock.adobe.com
Witt: Das Amt des Oberbürgermeisters hat sich in den letzten Jahren extrem verändert. Wir sind immer weniger Gestalterinnen und Gestalter. Im Grunde sind wir Krisenmanager. Selbst wenn der
kommunale Haushalt stabil wäre, was er ja oftmals nicht ist, müssen wir die Krisen dieser Welt in unseren Gemeinden erläutern, vermitteln und teilweise auch in Nichtzuständigkeit lösen. Demzufolge sind wir vielen An-
griffen ausgesetzt und diese werden vom Ton immer rauer. Die Würde des Amtes und des Amtsträgers tritt oftmals weit in den Hintergrund. Soziale Medien tragen zu dieser negativen Entwicklung einen Großteil bei.
Kommunalforum widmet sich Wahlkampfthemen
(BS/Anne Mareile Walter) Die marode Finanzlage, die Altschulden-Problematik und der Nachwuchsmangel: Diese
Themen durchleuchteten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Partei- und Wissenschaftsvertreterinnen und -vertreter auf dem 19. DEMO-Kommunalkongress.
Behörden Spiegel: Ist es für queere Menschen und andere Minderheiten in Neubrandenburg, aber auch in den neuen Bundesländern allgemein nach Ihrer Einschätzung sicher?
Witt: Ich würde nicht die Begriffe „sicher“ und „unsicher“ verwenden. Lassen Sie es mich so erklären: Dass ich homosexuell bin, ich sage lieber schwul, habe ich mir nicht ausgesucht. Ich lebe sehr gut damit. Eine heterosexuelle Version meines Ichs gibt es nicht. Also erwarte ich, dass meine Art zu leben respektiert wird. Viel wurde diesbezüglich erreicht. Aber derzeit gehen wir aufgrund aggressiver rechter Propaganda wieder Schritte zurück. Dies schadet der gesamten Gesellschaft. Ich habe manchmal das Gefühl, dass dies der Gesellschaft aber nicht bewusst ist.
Behörden Spiegel: Welche Maßnahmen könnten Ihrer Meinung nach dazu beitragen, die Werte der Toleranz und Vielfalt wieder stärker in der Gesellschaft zu verankern?
Witt: Wenn es uns endlich gelingt, unseren Staat wieder als „Mitmach-Modell“ zu vermitteln. Jede Bürgerin und jeder Bürger sollte sich in irgendeiner Form an unserem Staatsgefüge beteiligen. So wird es wertvoll, da es dann ein Teil des eigenen Lebens ist. Und nicht irgendeine Verantwortung, die ich jemandem übertragen habe und den ich dann einfach nur kontrolliere. Mitmachen heißt also die Devise.
nicht so schlimm wie keine Ideen“, relativierte ein anderer das Problem der knappen Kommunalkassen. Als Ehrengast war der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz auf die Kommunaltagung geladen, der passend zum Wahlkampfauftakt bekräftigte, dass man im Falle eines Weiterregierens an einer moderaten Reform der Schuldenbremse festhalten, den Neubau von Wohnungen für Normalverdienende fördern sowie einen bundesweiten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung von Kindern im Grundschulalter einführen wolle. Auch habe unter der SPD-geführten Regierung der Ausbau der Erneuerbaren Energien an Fahrt aufgenommen, unterstrich er. Dies müsse in Zukunft weiterverfolgt werden. Die anwesenden Kommunalpolitiker quittierten die Ankündiwgungen des Regierungsoberhauptes mit stehenden Ovationen.
Diskutierten über Kommunalpolitik: Maik Luhmann von der SGK NRW, Sven Tetzlaff von der Körber-Stiftung, Anne Haller von der FriedrichEbert-Stiftung, Nicole Berka, Bürgermeisterin von Neunkirchen-Seelscheid, und Moderatorin Katharina Gerlach (v. l.). Foto: BS/Walter „Aufgabe der nächsten Bundesregierung muss es sein, die Bund-LänderKommunalfinanzen noch einmal zu durchleuchten.“
Wertschätzung und der schwindende Gestaltungsspielraum“ würden viele Bürgerinnen und Bürger davon abhalten, kommunale Ämter zu übernehmen, sagte Anne Haller, Leiterin der Kommunalakademie bei der Friedrich-Ebert-Stiftung, auf einer Podiumsdiskussion. „Überzeugungstäter“, die in ihren Gemeinden etwas bewegen wollten, kämen durch die kommunale Finanzlage „an ihre Grenzen“. Denn häufig würden Pro-
jekte häufig an Finanzierungsfragen scheitern, so dass die kommunalpolitische Arbeit mehr und mehr zur Mangelverwaltung tendiere. Maik Luhmann, Landesgeschäftsführer der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik Nordrhein-Westfalen (SGK), hielt vor diesem Hintergrund Strukturveränderungen für nötig, da dies zu mehr kommunalpolitischem Engagement führen würde. Auch müsse eine of-
fene Fehlerkultur verstärkt etabliert werden, in der man sich „eingestehe, wenn etwas nicht funktioniert“, ergänzte er. In einer regen Diskussion mit den versammelten Kommunalpolitikern im Publikum gab es an dieser Stelle folgende Einwürfe: So wandte ein Zuschauer ein, Bürgermeister sollten weniger Bedenkenträger sein, sie seien stattdessen dazu da, um „Dinge zu verwirklichen“. „Kein Geld ist
Lars Klingbeil, Vorsitzender der SPD
In der Feuerwehr dominiert das Prinzip der Freiwilligkeit: 23.977 Freiwillige Feuerwehren und 111 Berufsfeuerwehren gab es nach Angaben des Deutschen Feuerwehrverbandes Ende 2021. Die Wehrleute mussten 2021 zu 197.834 Einsätzen gegen Brände und nach Explosionen ausrücken. Viele Häuser für Fahrzeuge und Geräte sind in die Jahre gekommen; der Platzbedarf wächst wegen zusätzlicher Fahrzeuge und Ausrüstungen. Neubauten und Erweiterungen werden aufgrund rechtlicher Einschränkungen jedoch immer schwieriger.
Die Bundesländer haben inzwischen über den Bundesrat eine Initiative gestartet, um den Feuerwehren zu helfen. Dafür sollen in den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung (BaugesetzbuchNovelle) entsprechende Regelungen eingefügt werden. Der Vorstoß geht in zwei Richtungen: Einerseits soll der Aufwand für Lärmschutzprüfungen in Innenstädten für Feuerwehren reduziert werden. Andererseits soll der Neubau von Feuerwehrhäusern im Außenbereich leichter möglich werden.
Steigende Zahl an Neubauten erforderlich Unterstützung bekommen die Länder von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände: Durch die Zusammenlegung von Feuerwehrstandorten sei eine steigende Zahl an Neubauten auch im Außenbereich erforderlich, „um im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit angesichts der räumlichen Verhältnisse weiterhin angemessene und ausgewogene Hilfsfristen zu ermöglichen“. Dafür wollen die Spitzenverbände eine feuerwehrspezifische Einfügung in den Paragrafen 35 des Baugesetzbuches erreichen, in dem Privilegien für das Bauen im Außenbereich geregelt werden.
Bau neuer Feuerwehrhäuser wird
(BS/Hans-Jürgen Leersch) Feuerwehren sind für Daseinsvorsorge und Gefahrenabwehr unverzichtbar. Für die Kommunen wird es jedoch immer komplizierter, geeignete Flächen für die Unterbringung der Wehren zu finden. Der Bundesrat und die kommunalen Spitzenverbände fordern daher Erleichterungen.
Auch der Bundesrat erklärt in seiner Stellungnahme zur Baugesetzbuch-Novelle, dass sich die Suche nach günstigen Standorten für Feuerwehrhäuser für Gemeinden und Feuerwehren im Innenbereich (auch im Hinblick auf den nachbarlichen Immissionsschutz) schwierig gestalte. Daher stelle sich zunehmend die Frage nach einer Ansiedlung im Außenbereich. Den Weg der Spitzenverbände über eine Änderung der Vorschriften für das Bauen im Außenbereich wollen die Länder nicht gehen: Die Zu-
lassung als sonstiges Vorhaben nach Paragraf 35 Absatz 2 Baugesetzbuch sei „aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheiten keine adäquate Lösung“. Die Erweiterung des Privilegierungskatalogs des Paragrafen 35 Absatz 1 Baugesetzbuch um eine eigens der Nutzungsform Feuerwehr dienende Ziffer begegne zudem „rechtssystematischen Bedenken“. Der Bundesrat will die Lösung daher lieber über den Paragrafen 37 Absatz 2 Satz 1 des Baugesetzbuches erreichen, wo es um Vor-
haben geht, die der Landesverteidigung, dienstlichen Zwecken der Bundespolizei oder dem zivilen Bevölkerungsschutz dienen. Für diese entfällt eine aufwendige Bauleitplanung. Dazu soll das Wort „Bevölkerungsschutz“ durch die Wörter „Bevölkerungs- und Brandschutz“ ersetzt werden. Aufgrund der oftmals gegebenen Dringlichkeit solcher Vorhaben sei ein aufwendiges Bauleitplanverfahren nicht angezeigt, argumentieren die Länder. Allerdings lehnte die Bundesregierung diesen Weg strikt ab: Para-
… verfolgte ich im TV ein Interview mit dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder. Das „ungerechte“ Bürgergeld wolle er abschaffen; also jene Grundsicherung für Arbeitssuchende, welche erst 2023 das Arbeitslosengeld II, besser bekannt als Hartz IV, abgelöst hatte. Obwohl nicht viel geändert wurde, ist für allseitige Schnappatmung dennoch gesorgt. Die Sanktionsregelungen wurden zunächst gelockert, um sie aktuell wieder zu verschärfen.
Die Erhöhung des Regelsatzes für alleinstehende Erwachsene von 449 Euro bei Hartz IV auf aktuell 563 Euro hat weniger unmittelbar mit dem Bürgergeld zu tun, sondern orientiert sich stringent an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts bezüglich des Existenzminimums. Bei Hartz IV sofort und dem Bürgergeld ab dem zweiten Jahr sind Obergrenzen für die Wohnungsgröße und Miethöhe unter Berücksichtigung des örtlichen Mietniveaus zu beachten.
Die Kosten der Heizung werden beim Bürgergeld wie auch vorher bei Hartz IV losgelöst der Preisexplosion der vergangenen Jahre übernommen. Gerade die Übernahme der Miet- und Heizkosten stellt Bürgergeldempfänger und -empfängerinnen zum Beispiel in Städten wie München oft finanziell besser als Geringverdienende. Während es einer vierköpfigen „Bürgergeldfamilie" grundsätzlich möglich sein dürfte, die Miete ei-
ner Wohnung im hochpreisigen München zu finanzieren, wird das bei einer gleichgroßen Familie, in der die Ehefrau als Kassiererin eines Discount-Marktes Alleinverdienerin ist, schier unmöglich sein. Das wäre aber auch bei Hartz IV nicht anders gewesen. Dass die arbeitende Bevölkerung deswegen irritiert reagiert, ist nachvollziehbar. Aufgrund meiner Berufserfahrung als Bürgermeister und Fachbereichsleiter eines Sozialamts weiß ich: Nur sehr wenige Menschen sind per se arbeitsscheu. Wenn nun Hilfeempfangende früher wie heute ihre Unterstützung mit Arbeit aufstocken wollen, erhalten sie nur Bruchteile ihres Lohnes, der überwiegende Teil wird angerechnet. In Zeiten, in denen es weniger an Arbeit als an Fachkräften fehlt, ist das aktuelle System kontraproduktiv. Mit dem bedingungslosen Einkommen ginge hingegen kein Cent verloren. Dem bedingungslosen Grundeinkommen fehle es an Finanzierbarkeit und Arbeitsanreizen, argumentieren Kritiker. Oftmals unerwähnt bleiben die damit verbundenen enormen Einsparungen in der gesamten Sozialadministration und -gerichtsbarkeit. Man wird sie nur noch selten brauchen. Mehr Konsum und Einkommen bedeuten auch mehr Steuereinnahmen (Einkommenssteuer und Mehrwertsteuer). Es liefert sogar mehr Arbeitsan-
reize, weil ja jeder Cent, der dazu verdient wird, im Geldbeutel verbleibt. Totalverweigernde werden diese Unterstützung ebenfalls erhalten. Selbst im jetzigen System lassen die Gerichte keine andere Alternative zu, als die Hilfe eben nicht dauerhaft einzustellen. Alles andere würde die staatliche Pflicht aus Art. 1 unseres Grundgesetzes verletzen; also die Würde des Menschen zu garantieren. Bedingungslosigkeit ist keine Einbahnstraße: Jeder Mensch erhält voraussetzungsfrei denselben Betrag, aber eben auch nicht mehr. Dann wird man zu prüfen haben, ob eine Miete für eine Wohnung in der Großstadt noch zahlbar ist oder ob man eine Region mit einem günstigeren Mietpreisspiegel wählen sollte. Bestimmte Bevölkerungsgruppen als arbeitsscheu zu diffamieren, ist nicht seriös. Genauso wenig hilft es, das bedingungslose Grundeinkommen als sozialistisches Teufelszeug abzutun. Eine vorurteilsfreie Debatte und eine sorgfältige Prüfung auf Finanzierbarkeit und Umsetzung wären zielführender.
graf 37 Absatz 2 Satz 1 beziehe sich nur auf Vorhaben des Bundes oder eines Landes, Feuerwehren würden aber von den Gemeinden betrieben. Die Bundesregierung will daher lieber dem Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände folgen und Bauvorhaben für Feuerwehren über die Regelungen für das Bauen im Außenbereich privilegieren.
Forderung nach Vereinfachung bei der Lärmprüfung
Wenn Feuerwehrhäuser in den Innenstädten gebaut oder erweitert werden, müssen die Standorte Bedingungen erfüllen. Sämtliche Gebiete innerhalb der Kommunen müssen binnen eines kurzen Zeitraumes im Einklang mit den maßgeblichen Hilfsfristen erreicht werden können. Ist ein Standort gefunden, kann jedoch der Lärmschutz in die Quere kommen. Daher verlangt der Bundesrat eine Reduzierung des Aufwandes für Lärmschutzprüfungen: „Vereinfachungen bei der Lärmprüfung zur effektiven Herbeiführung einer planungsrechtlichen Zulässigkeit für Feuerwehrhäuser sind geboten. Sie erleichtern und beschleunigen die notwendige Errichtung von Feuerwehrhäusern an einem im jeweiligen Einzelfall optimalen Standort“, heißt es in der Stellungnahme des Bundesrates. Die Bundesregierung kann die Forderungen der Länder zum Lärmschutz nicht nachvollziehen: „Gegenüber Lärm, der durch den erlaubten Gebrauch von Martinshörnern entsteht, besteht kein Schutzanspruch.“
Die Vorgaben der Technischen Anleitung Lärm seien auf Feuerwehrhäuser nicht unmittelbar anwendbar, heißt es in der Gegenäußerung der Regierung.
Ob eine Lösung für die strittigen Punkte gefunden werden kann, ist angesichts der politischen Großwetterlage und zahlreicher anderer strittiger Punkte in der Baugesetzbuch-Novelle fraglich.
Müssen klamme Kommunen das Klima retten?
(BS/Julian Faber) Mangelnde Ambitionen in Sachen CO2-Reduktion kann man der EU-Kommission nicht vorwerfen. Im Jahr 2040 sollen die europäischen Nettotreibhausgasemissionen um 90 Prozent geringer sein als 1990. Eine aktuelle Studie des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU) macht deutlich: Die Kommunen können das Klima nicht alleine retten.
CO2 selbst mag stets von unten nach oben aufsteigen, doch seine Reduktion wird nach wie vor im Top-down-Verfahren organisiert. Der Weg führt von Brüssel über die deutschen Bundes- und Landesregierungen bis in die Kommunen und Gemeinden. Dabei klagen Letztere schon jetzt über immer neue Aufgaben bei gleichzeitig ausbleibender Finanzierungssicherung.
Geld allein schafft keine
Transformation
Rolf Hartmann war von 2004 bis 2020 Bürgermeister der Gemeinde Blankenheim.
Foto: BS/privat
Milliardenbedarf für die Klimawende Der VKU geht von einem Investitionsbedarf von drei bis 4,5 Billionen Euro aus. Auf kommunaler Ebene bieten die Wärme- und Verkehrswenden das größte Potenzial zur CO2-Reduktion. „Beides werden die Städte nicht allein stemmen können. Wenn die Verkehrswende gelingen soll, muss sich der Bund deutlich mehr engagieren, vor allem finanziell“, so Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages (DST). Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) hält außerdem „die Einführung einer neuen Gemeinschaftsaufgabe Klimaschutz und Klimaanpassung im Grundgesetz“ für notwendig. „Nur eine solide und langfristige Finanzierungsgrundlage stellt sicher, dass wir unsere Städte und Gemeinden resilient, nachhaltig und klimagerecht entwickeln und aufstellen können […].“
Laut DStGB benötigt man insbesondere bei energetischen Gebäudesanierungen „genügend (technische) Flexibilität bei der konkreten Maßnahmenumsetzung […]“. Im Verkehrssektor lasse der im Koalitionsvertrag angekündigte Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV weiter auf sich warten. Den europäischen Grenzausgleichmechanismus begrüßt der DStGB. Allerdings lasse die damit verbundene Berichtspflicht für Unternehmen einen hohen Prüfaufwand für die Kommunen erwarten. Weiterhin stelle sich die Frage, „wie schnell […] wir angesichts des Arbeits- und Fachkräftemangels in technischen Berufen und im Handwerk überhaupt unsere Infrastruktur und die Erneuerbaren Energien ausbauen [können]“, so Dedy. Viele offene Fragen also, deren Beantwortung letztlich nur Bund und Länder in Abstimmung mit der supranationalen Ebene leisten können. Klar ist: Ohne gemeinsame Anstrengung bleibt die Klimawende nur ein Ziel auf Papier.
Sie sprechen wie Menschen, handeln wie Menschen und können Gefühlsregungen imitieren. Sie brauchen keine Pausen, werden nicht krank, sprechen jede Sprache und begnügen sich mit einer regelmäßigen Akkuladung als Lohn. Eine Antwort auf die chronische Überlastung der Kommunalverwaltung könnte die Robotik liefern. Ein Zukunftsszenario, das den Mitarbeitenden neue Möglichkeiten zur Aufgabenteilung bietet – aber auch Fragen zur Datensicherheit und zum Schutz persönlicher Informationen aufwirft. Das mögliche Einsatzfeld der Androiden ist vielfältig: Zunächst würde sich ihr Einsatz im Bereich der Information, bei der Terminabfrage und der Zugangskontrolle anbieten. Feldversuche und Anforderungsanalysen fanden bereits in Bibliotheken in Duisburg, Bottrop und Herne statt. Hier konnten Besuchende die Roboter Pepper und Nao bereits in Aktion erleben. Durch die Nutzung von KI können die Roboter gezielt auf individuelle Bedürfnisse und Erwartungen der Bürger eingehen. Perspektivisch sind sie sogar zur Beratung und Sachbearbeitungen komplexer Anfragen fähig und könnten das menschliche Personal damit deutlich entlasten.
Großes Potenzial, hohe Akzeptanz Eine prinzipielle Ablehnung gegenüber der Idee geht aus den durch Ruhrbots durchgeführten Befragungen nicht hervor. Eine Mehrheit würde den Einsatz sozialer Roboter als Verstärkung des menschlichen Personals begrüßen. Auch erhofft man sich mehrheitlich eine deutliche Effizienzsteigerung durch die Automatisierung repetitiver Aufgaben. Befragte Stakeholder heben besonders das Inklusionspotenzial hervor: Durch die Möglichkeit, sich an bestehende Handicaps der User anzupassen habe KI bei „der Verbesserung der Lebenssituation der Menschen mit Behinderungen erheblichen Einfluss gehabt“.
Neue Technik, alte Hürden Frei ist der Weg für soziale Roboter hinter dem Tresen aber noch nicht. Angefangen bei der digitalen Infrastruktur über ungleich verteilte Affinitäten im Umgang mit KI bis hin zur Klärung rechtlicher Fragen – bis Pepper den ersten Reisepass überreicht, wird es wohl noch eine Weile dauern. Größtes Sorgenkind ist aktuell der Datenschutz. Insbesondere beim Einsatz in Sozial- und Gesundheitsämtern ist der Umgang mit sensiblen Daten zu klären. Datenschutzbeauftragte zeigen sich jedoch optimistisch ob der Lösung bestehender Hürden. Die Integration der Roboter in Verwaltungsprozesse setze jedoch ein hohes Niveau der IT-Sicherheit voraus – nicht zuletzt im Bezug auf mögliche Cyber-Angriffe. Perspektivisch sei zur Realisierung der Vision eine Aktualisierung des rechtlichen Rahmens sowie eine enge Zusammenarbeit mit den zuständigen Aufsichtsbehörden unerlässlich.
Sorgen und Ängste ernst nehmen Auch bestehende Bedenken erfasst Ruhrbots mittels umfassender Befragungen, um Rückschlüsse auf das weitere Vorgehen zu ziehen. 81 Prozent der Befragten befürchten eine potentielle Abnahme menschlicher Interaktionen. Mit Sorge blickt man weiterhin auf mögliche Defekte (75 Prozent) oder mutwillige Zerstörung der Roboter (68 Prozent). Weiterhin gibt ein Großteil zu bedenken, ältere Bürger (77 Prozent) und Mitarbeitende (70 Prozent) könnten durch mangelnde digitale Kompetenzen nachhaltig abgehängt werden. Gleichstellungs- und Schwerbehindertenvertretungen betonen
(BS/Julian Faber) Roboter in der Kommunalverwaltung? Das klingt angesichts der ausbaufähigen Digitalisierung zunächst nach Satire. Doch der Einsatz sensomotorischer und mit künstlicher Intelligenz (KI) ausgestatteter Helfer wird bereits umfassend erprobt. Das Verbundprojekt „Ruhrbots“ erforscht die praktische Anwendung und präsentiert erste Ergebnisse.
die Notwendigkeit eines inklusiven Designs und der Barrierefreiheit. Die Angst, den eigenen Arbeitsplatz an einen Roboter zu verlieren, spielt hingen nur bei 44 Prozent der Befragten eine Rolle. Das interdisziplinäre Verbundprojekt umfasst mehrere Partner: Neben der Hochschule für Polizei und
öffentliche Verwaltung NRW sind die Hochschule Ruhr West, die Hochschule Niederrhein, die Evangelische Hochschule Nürnberg sowie das Fraunhofer IMS beteiligt.
Ruhrbots forscht weiter Erste Forschungsergebnisse präsentierte Ruhrbots auf dem e-nrw-
Kongress Ende Oktober in Neuss. Gefördert wird das Projekt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Zur optimalen Abstimmung auf die Bedarfe vor Ort arbeiten die Beteiligten eng mit Mitarbeitenden und Bürgern zusammen. Erklärtes Ziel ist es, bestehende Hürden bei der Techniknutzung
abzubauen um breite Akzeptanz für Assistenzroboter zu schaffen. Bisher ist der Einsatz in Deutschland noch beschränkt. In ausgewählten Alten- und Pflegeheimen finden ähnliche Modellversuche statt. Die Vision von sozialen Robotern in der Kommunalverwaltung bleibt ein Balanceakt zwischen Technikbegeisterung und berechtigten Bedenken. Gleichzeitig stößt die Idee auf große Offenheit und verspricht, die Verwaltung effizienter zu gestalten. Wenn die Robotik den Weg in die Rathäuser findet, könnte sie das Bild der öffentlichen Verwaltung revolutionieren. Bürger und Behörden werden die Karrieren von Pepper und Nao zweifellos mit großem Interesse beobachten.
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Emmerich am Rhein liegt am unteren Niederrhein, rechtsrheinisch, an der Grenze zu den Niederlanden.
Die Bevölkerung zählt rund 30.000 Einwohner. Die günstige Verkehrsanbindung an Schiene, Wasser und Straße machen die Stadt zu einem bevorzugten Logistik-, Gewerbe- und Industriestandort. Darüber hinaus trägt ein abwechslungsreiches Angebot in den Bereichen Kultur und Freizeit zur Attraktivität der Stadt bei.
Die Stadtverwaltung Emmerich am Rhein versteht sich als ein modernes und kundenorientiertes Dienstleistungsunternehmen und beschäftigt derzeit über 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Bei der Stadt Emmerich am Rhein ist zum 15.07.2025 die Stelle zu besetzen als Technische/r Beigeordnete/r (w/m/d)
Das Dezernat II und der zu übertragende Geschäftsbereich mit derzeit 161 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umfasst aktuell die drei Fachbereiche „Immobilien“, „Stadtentwicklung“ und „Bürgerservice und Ordnung“ sowie darüber hinaus die als eigenbetriebliche Einrichtung organisierten Kommunalbetriebe Emmerich am Rhein. Eine Änderung der Dezernatsstruktur bleibt vorbehalten.
Die Einstellung erfolgt unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit als kommunale/r Wahlbeamtin/Wahlbeamter für die Dauer von 8 Jahren nach Besoldungsgruppe A 16 LBesG NRW. Darüber hinaus wird eine Aufwandsentschädigung nach der Eingruppierungsverordnung NRW gewährt. Interessiert?
Ansprechpartner für Rückfragen der Bewerberinnen und Bewerber: Herr Bürgermeister Peter Hinze persönlich, Tel. 02822 – 751001. Bitte bewerben Sie sich bis zum 10. Januar 2025 ausschließlich online auf www.emmerich.de Rubrik „Offene Stellen“ und laden Sie Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen im Bewerbungsportal hoch.
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Prägen Sie in verantwortungsvoller Position die Lebensqualität unserer Bürgerinnen und Bürger!
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Die Hansestadt Lüneburg ist das wirtschaftliche und kulturelle Oberzentrum Nordostniedersachsens mit rund 78.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Die Stadt liegt in reizvoller Umgebung am Rande der Lüneburger Heide mit günstigen Verkehrsverbindungen zu den Großstädten Hamburg und Hannover. Unsere Altstadt verbindet Historie und Innovation – so besitzt Lüneburg eine Universität, verfügt über Schulen aller Systeme und bietet moderne Sport- und Freizeitstätten sowie zahlreiche kulturelle Einrichtungen. Auch unsere Stadtverwaltung befindet sich im Wandel – wir gestalten Innovation inmitten unserer historischen Altstadt.
Unterstützen Sie uns hierbei zum nächstmöglichen Zeitpunkt als Dezernentin * Dezernent (w/m/d) für Bildung, Jugend und Soziales
Die Wahl erfolgt für die Dauer von 8 Jahren. Die Stelle ist nach Besoldungsgruppe B 4 NBesG bewertet. Gesucht wird eine tatkräftige und innovationsfreudige Persönlichkeit, die nicht nur ausgeprägte organisatorische und kommunikative Fähigkeiten besitzt, sondern auch über politisches und gesellschaftliches Einfühlungsvermögen verfügt. Interessiert?
Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Raza Hoxhaj, Elisa Heinen oder Julia Schwick gerne zur Verfügung.
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Gestalten Sie die Zukunft unserer Metropolregion an entscheidender Stelle mit.
Einzigartige kulturelle Schätze, eine bewegte Geschichte, eine exzellente Forschungslandschaft, enorme Wirtschaftskraft und eine hohe Lebensqualität –dafür steht das Rheinland. Im Verein Metropolregion Rheinland (MRR) versammeln sich 35 Akteure aus Kreisen und kreisfreien Städten, den Industrie- und Handelssowie Handwerkskammern, der Städteregion Aachen und dem Landschaftsverband Rheinland, um das Rheinland als Metropolregion von europäischer Bedeutung im nationalen, europäischen und globalen Wettbewerb erfolgreich aufzustellen. Dabei gilt es, die Region als Lebens- und Wirtschaftsstandort noch attraktiver zu gestalten, politisch die Interessen zu vertreten und die Wahrnehmung als Region nach innen und außen zu stärken.
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Stellen Sie die Weichen für Hamburgs räumliche Entwicklung!
Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) verantwortet die Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaupolitik in Hamburg. Unser Ziel ist es, Hamburg zu einer lebenswerten, nachhaltigen und modernen Stadt mit einem ausreichenden und bezahlbaren Wohnraumangebot zu entwickeln. Gelebte Werte wie Zuverlässigkeit, Nachhaltigkeit und Offenheit machen uns zu einer geschätzten Partnerin und Arbeitgeberin. Mit viel Engagement und fachlicher Expertise schafft das Amt für Landesplanung und Stadtentwicklung mit seinen zurzeit 128 Mitarbeitenden in der BSW die planerischen Voraussetzungen für eine nachhaltige und soziale Stadtentwicklung Hamburgs. Dabei agiert die Behörde als Schnittstelle zwischen Senat und Bezirksämtern und steuert herausragende Stadtentwicklungsprojekte in einer der lebenswertesten Städte der Bundesrepublik.
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Die Vergütung erfolgt für Beschäftigte außertariflich in Anlehnung an die Besoldungsgruppe B4. Bei Beamtinnen und Beamten erfolgt sie in der Besoldungsgruppe B4 (Senatsdirektorin bzw. Senatsdirektor).
Interessiert?
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Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung
„Unterfinanzierte faktische Aufgabenübertragung“
D er Landeswohlfahrtsverband
Hessen (LWV) übernimmt
faktisch fast die kompletten
Kosten der Pflege für Menschen mit Behinderung in seinen Einrichtungen. Das sind rund 100 Millionen Euro pro Jahr. Es ist aber nach § 1 SGB XI Aufgabe der Pflegeversicherung und nicht des kommunal finanzierten LWV. Der LWV Hessen ist als landesweiter Kommunalverband organisiert. Er wird komplett finanziert von der kommunalen Familie. In ihrem Auftrag bietet er soziale Leistungen für behinderte, psychisch kranke sowie sozial benachteiligte Menschen und unterstützt sie in ihrem Alltag und im Beruf.
Eine der vielfältigen Aufgaben des LWV ist die Eingliederungshilfe. Ziel der Eingliederungshilfe ist es, dass Menschen selbstständig und selbstbestimmt leben können. Soweit möglich, sollen sie am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und einer Beschäftigung nachgehen können. Der LWV finanziert Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen, beim Wohnen, bei Freizeitaktivitäten und bei der Arbeit.
Einrichtungen des LWV decken den Pflegebedarf ab Leben Menschen mit Behinderung in Einrichtungen des LWV, decken diese Einrichtungen grundsätzlich auch den Pflegebedarf ab. Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen ohne Behinderung erhalten je nach Pflegegrad Pflegeleistungen durch die Pflegeversicherung von 770 Euro bis 2.005 Euro monatlich.
Die Gewerbesteuereinnahmen der Städte und Gemeinden sind 2023 das dritte Jahr in Folge auf einen Höchststand gestiegen. Dabei sind die regionalen Unterschiede zum Teil erheblich: So verzeichneten Brandenburg mit 27 Prozent und Sachsen mit 21,8 Prozent im Ländervergleich die größten Zuwächse, während in Rheinland-Pfalz als einzigem Bundesland ein Rückgang zu verzeichnen war (-29,1 Prozent).
Mehr Investitionen in Infrastruktur
Wie aus einer aktuellen Erhebung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) hervorgeht, erzielten die Gemeinden 2023 insgesamt 75,1 Milliarden Euro an Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Das entspricht einem Plus von rund 4,9 Milliarden Euro beziehungsweise 6,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit hat es 2023 einen neuen Rekord bei den Gewerbesteuereinnahmen gegeben. Bereits 2021 und 2022 waren die Gewerbesteuern nach einem Rückgang im ersten Corona-Jahr auf neue Höchststände seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1991 gestiegen.
„Das Wachstum der Steuereinnahmen wird auf absehbare Zeit größtenteils nur noch die Inflation ausgleichen können.“
Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags
Der LWV Hessen übernimmt faktisch fast die kompletten Kosten der Pflege für Menschen mit Behinderung. Die Entlastung der gesetzlichen Pflegeversicherung ist allerdings nicht dessen Aufgabe. Foto: BS/annaspoka, stock.adobe.com
Pflegebedürftige in Einrichtungen der Eingliederungshilfe erhalten hingegen monatlich maximal 266 Euro von der Pflegeversicherung. Diese 266 Euro decken jedoch nur einen Bruchteil der Kosten ab, die dem LWV für die Pflege dieser Menschen mit Behinderung entstehen. Nach unseren Berechnungen im Rahmen der 241. Prüfung „Haushaltsstruktur 2023: Landeswohlfahrtsverband“ trägt der LWV hierdurch jährliche Kosten in Höhe von rund 100 Millionen Euro, die letztlich durch
die Kommunen in Hessen aufgebracht werden müssen. Die Entlastung der Pflegeversicherung, die aus Beiträgen und Mitteln des Bundes finanziert wird, ist jedoch nicht Aufgabe des LWV. Mit der Aufnahme eines Menschen mit Behinderung in eine Einrichtung des LWV mit Pflegestufe, kommt es also zu einer faktischen Aufgabenübertragung zulasten des LWV.
Der Bundespolitik ist dieses Problem nicht unbekannt. Im Koalitionsvertrag für die Wahlperiode
2021 bis 2025 heißt es zum Thema: „Wir werden das Verhältnis von Eingliederungshilfe und Pflege klären mit dem Ziel, dass für die
Dr. Ulrich Keilmann leitet die Abteilung Überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften beim Hessischen Rechnungshof in Darmstadt.
Foto: BS/privat
betroffenen Menschen keine Lücken in der optimalen Versorgung entstehen.“ Der Bundesrat hat im Mai 2023 die Bundesregierung im Rahmen einer Entschließung aufgefordert, die Regelungen im Sozialgesetzbuch (SGB XI) so anzugleichen, dass auch Menschen mit Behinderungen unabhängig vom Wohnort uneingeschränkt Zugang zu Pflegeversicherungsleistungen zu gewährleisten ist.
Jährliche Entlastung von rund 100 Millionen Euro Passiert ist seitdem jedoch leider nichts. Nach dem Bruch der Ampel-Koalition bleibt nur zu hoffen, dass sich die Bundesländer für ihre Kommunen im Bundesrat weiter entsprechend engagieren und auf eine Gesetzesänderung in der kommenden Legislaturperiode drängen. Bis dahin entlasten die hessischen Kommunen die Pflegeversicherung jedes Jahr weiter um rund 100 Millionen Euro.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema im Kommunalbericht 2024, Hessischer Landtag, Drucksache 21/1148 vom 11. Oktober 2024, S. 47 ff. Der vollständige Bericht ist kostenfrei unter rechnungshof. hessen.de abrufbar.
Rekordhoch bei der Gewerbesteuer
(BS/Anne Mareile Walter) Mit rund 75 Milliarden Euro erzielten die Gemeinden 2023 so viele Gewerbesteuer-Einnahmen wie nie zuvor. Am klaffenden Haushaltsloch der Kommunen ändert das aber nichts.
5,1 Milliarden Euro erzielten die Gemeinden 2023 aus der Gewerbesteuer. Damit erreichten die Einnahmen einen vorläufigen Höchststand. Foto: BS/DOC RABE Media, stock.adobe.com
Dass die Betriebe im vergangenen Jahr derart viel an die Gemeinden bezahlten, ist vor allem vor dem Hintergrund bemerkenswert, dass die deutsche Wirtschaft gegen Ende 2023 in Richtung Rezession gerutscht war und viele Unternehmen eine Verschlechterung des Geschäftsklimas beklagten. Mit Blick auf die gesam-
ten Steuereinnahmen der Städte und Gemeinden relativiert der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy , die Zahlen: „Das Wachstum der Steuereinnahmen wird auf absehbare Zeit größtenteils nur noch die Inflation ausgleichen können. Der Bund und die Länder müssen sich ehrlich machen: Für zusätzliche
Aufgaben und Ausgaben besteht kaum noch Spielraum – vor allem bei den Kommunen.“ Gerade die mittelfristige Entwicklung bei den Steuereinnahmen lasse alle Alarmglocken schrillen. Deutschland drohe eine lange Durststrecke, in der das reale Bruttoinlandsprodukt pro Kopf praktisch nicht mehr wachse. „Damit die
Wirtschaft wieder wachsen kann, müssen Infrastruktur und Rahmenbedingungen stimmen“, sagte Dedy weiter. „Dafür können die Städte vor Ort sorgen – aber nur, wenn Bund und Länder ihnen mehr Beinfreiheit für Investitionen geben.“ Die Kommunen bräuchten mehr frei verfügbare Mittel.
Weniger Einnahmen als Ausgaben Mit Blick auf den Gesamthaushalt wuchsen bei den Gemeinden und Gemeindeverbänden die Einnahmen im ersten Halbjahr 2024 mit 168,4 Milliarden weniger als die Ausgaben mit 185,7 Milliarden. Damit liegen die Städte und Gemeinden immer noch im roten Bereich und weisen ein Finanzierungsdefizit von 17,3 Milliarden Euro auf. Das sind zehn Milliarden mehr als noch im ersten Halbjahr 2023.
Sonderlich rosig fällt auch der Blick in die Zukunft nicht aus. So wird nach der Herbst-Prognose des Arbeitskreises Steuerschätzung das Gesamtaufkommen bei der Gewerbesteuer für 2024 voraussichtlich bei 75,1 Milliarden Euro liegen; für das Jahr 2025 sagen die Experten 77,3 Milliarden Euro voraus. Zusammengerechnet ist dies mehr als eine Milliarde weniger, als es noch vor einem halben Jahr mit der Frühjahrs-Prognose erwartet worden war.
Im Vergleich zur Herbst-Schätzung des vergangenen Jahres wird der Einbruch bei den Einnahmeerwartungen noch deutlicher: So liegen die aktuellen Erwartungen des Arbeitskreises Steuerschätzung für die Jahre 2024 bis 2028 um insgesamt acht Milliarden Euro unter der Prognose aus dem Herbst 2023.
Gerade der ländliche Raum könnte von autonomen Fahrzeugen oder alternativen Fahrtangeboten profitieren. Denn die Anforderungen sind nun einmal vollkommen anders und das bisherige Angebot kann das Privatauto nicht ersetzen. Vielleicht lohnt sich sogar das Inbetrachtziehen alternativer Angebote im Schienenverkehr, auf bereits stillgelegten Schienen die ansonsten verkommen würden.
Eine immer wieder eingesetzte Lösung ist die Etablierung von OnDemand-Shuttles in den einzelnen Regionen, wie es zum Beispiel in Baden-Württemberg umgesetzt wird. Hier ist mit dem BW-Schuttle eine vollständig in das Verkehrsangebot integrierte Lösung entstanden, die zunehmend auf ländlichen Regionen ausgebaut wird. Dabei können die Fahrgäste wie mit einem Taxi zum Beispiel vom Bahnhof bis fast vor ihre Haustür gebracht werden. Die Leipziger Verkehrsbetriebe haben mit Flexa bereits 2019 ein ähnliches Pilotprojekt im Leipziger Norden ins Leben gerufen. Mittlerweile bieten die Verkehrsbetriebe das Angebot aber auch in weiteren Stadtteilen an. In beiden Fällen fährt das Fahrzeug nur dann, wenn es benötigt wird und vermeidet so auch direkt Leerfahrten. Sie zeigen auch, dass alternative Größen und somit eine vielfältigere Flotte an Fahrzeugen für effektive Lösungen des zukünftigen ÖPNV-Angebotes vonnöten sind. Schließlich unterscheiden sich nicht nur Stadt und Land in ihren Anforderungen an Fahrzeuge, wie Eugenio Patanè, stellvertretender Bürgermeister für Mobilität der Stadt Rom, auf der Tommorow Mobility World Conference in Barcelona erklärt. Rom habe aktuell
Unumstritten ist der Umstieg vom Verbrenner auf alternative Antriebsmodelle ein wichtiger und vor allem vergleichsweise schnell umsetzbarer Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität. Jedoch muss dafür auch eine passende Ladeinfrastruktur geschaffen werden. Gerade hier wurden Stimmen der E-Ladesäulenbetreiber Mitte des Jahres laut, dass zwar immer mehr Ladepunkte für E-Autos gebaut würden, diese aber als substanzlose Hülle herumstünden. Denn wie in den Medien berichtet wurde, ließ der Netzanschluss teilweise so lange auf sich warten, dass gefürchtet wurde, ob er überhaupt erfolgt. Das Nadelöhr sei hier die zur Verfügung stehende Netzkapazität, wie die bundeseigene NOW GmbH (Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie) auf Anfrage erklärt: „Tatsächlich ist die Errichtung von Netzanschlüssen momentan eine der Engstellen beim Aufbau von Ladeinfrastruktur. […] Die Dauer zur Realisierung eines Netzanschlusses hängt insbesondere von der Verfügbarkeit der angefragten Kapazität im Netz ab sowie von der Komplexität des Netzanschlusses und der Verfügbarkeit benötigter technischer Komponenten.“ Wie Abhilfe schaffen?
Individuelle Anforderungen von Stadt und Land berücksichtigen
(BS/Sven Rudolf) Bus, U-Bahn und Regionalzüge, das sind die gängigen öffentlichen Verkehrsmittel. Doch diese drei Verkehrsangebote sind nicht immer die effektivste Möglichkeit. Autonome Shuttle sind in vielen Teilen von Europa zwar noch Zukunftsmusik, aber die Pilotprojekte nehmen zu. Bis dahin müssen erst einmal Fahrer diese Lücke schließen. Aber auch abseits von autonomen Angeboten verändern sich die Fahrzeuge.
Spezialfahrzeuge machen so manche Aufgabe einfacher. So könnte es auch im Öffentlichen Nahverkehr sein, wenn Fahrzeuge auf die Probleme angepasst werden, die sie lösen sollen.
sechs unterschiedliche Bustypen, die zum Einsatz kämen. Patanè weist aber auch darauf hin, dass auch andere Verkehrsangebote nötig sind, um die Mobilität der Bürger zu garantieren. Auch Juliane Martinius , Referatsleiterin „Gesamtstädtische Strategien“ der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende der Freien und Hanse-
stadt Hamburg, bestätigt, dass die Flotten der Verkehrsunternehmen immer individueller werden.
Fahrgastkomfort Gleichzeitig sind auch weitere Funktionen in den Fahrzeugen in modernen Flotten wichtig. So bieten zum Beispiel moderne Linienbusse häufig die Möglichkeit, über USB-
Foto: BS/Bos Amico, stock.adobe.com
Anschluss das Handy oder andere Endgeräte aufzuladen. Deutlich häufiger sind die Angebote von WLAN-Netzen an Bord von Bus und Bahn – Ein wichtiger Komfortfaktor im digitalen Zeitalter, schließlich läuft heutzutage ein Großteil des Lebens online ab. Solche zusätzlichen Anreize können gleichzeitig dabei helfen, mehr Leute aus dem
Ausbau der Ladeinfrastruktur ausbaufähig
(BS/Scarlett Lüsser) Mitte des Jahres gab es Probleme mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur an öffentlichen Orten in Deutschland, nun sinken die Zahlen der neu angemeldeten E-Fahrzeuge. Hinzu kommt der gesteigerte Stromverbrauch für die Stadtwerke. Es hakt an mehreren Stellen.
Vielerorts sind Ladepunkte bereits fertiggestellt und könnten in Betrieb genommen werden. Doch blockieren sie ohne funktionierenden Stromanschluss lediglich Parkraum – denn speziell gekennzeichnet darf er nur von E-Fahrzeugen genutzt werden. Foto: BS/Robert Poorten, stock.adobe.com
Privatfahrzeug in den öffentlichen Nahverkehr zu bekommen. Dann kann man noch unterwegs E-Mails beantworten oder Termine vereinbaren, schließlich fährt das Fahrzeug auch ohne das eigene Zutun. Autonom braucht keine Fahrer Ein Problem, das aber auch mit den individuelleren Verkehrsangeboten bestehen bleibt, ist der Fachkräftemangel. On-DemandShuttles nutzen nichts, wenn für sie keine Fahrer gefunden werden. Autonome Fahrangebote sind die zuverlässigste Möglichkeit, diesem Problem entgegenzuwirken. Noch hängt Europa bei autonomem Fahren zwar hinter China und den USA hinterher, jedoch nimmt die Anzahl der Pilotprojekte stetig zu. So sind unter anderem die Leipziger Verkehrsbetriebe dabei, autonome Fahrzeuge für ihr Flexa-Modell zu erproben, auch wenn diese noch keine Live-Fahrten durchführen. Etwas weiter ist da Oslo in Norwegen.Vibeke Harlem, Direktorin für Radikale Innovationen bei Ruter As, der Verkehrsbehörde der Region Oslo, berichtet, dass aktuell der letzte Pilot für autonome Fahrzeuge in der Region laufe, danach werde das Projekt skaliert. Dann könnten fahrerlose Fahrzeuge ein häufiger Anblick werden. Geplant ist zunächst eine Flotte von 500 Fahrzeugen. Diese Investition wird dann ebenfalls dabei helfen, die Privatfahrzeuge aus den Innenstädten zu bekommen. Einer Studie zufolge könnten 700.000 Privatfahrzeuge durch 30.000 öffentliche autonome Fahrzeuge ersetzt werden. Der öffentliche Verkehr muss und wird sich in den kommenden Jahren also verändern und den Bedürfnissen der Fahrgäste anpassen – und auch sehr viel autonomer werden.
denn diese Vorgabe ist bereits seit 2021 im Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) verankert. Die damit umgesetzte EU-Gebäuderichtlinie sieht vor, dass an Nicht-Wohngebäuden mit großflächigen Parkplätzen wie Unternehmen, Hotels oder Einkaufszentren ab dem 1. Januar Ladepunkte installiert werden müssen. Wie gut das angesichts der bereits bestehenden Herausforderungen für Ladepunktbetreiber umgesetzt werden kann, bleibt abzuwarten. Aktuelle Entwicklungen in Sachen E-Mobilität
Aktuell führen Bayern, NordrheinWestfalen und Baden-Württemberg die Bundesländer mit ihrer hohen Ladepunktdichte von jeweils über 25.000 an. Das geht aus einer Erhebung der Bundesnetzagentur im September hervor. Dieser Fakt ist wenig verwunderlich, da diese drei Bundesländer auch die Automobilindustrie in Deutschland anführen.
Zu diesem Zweck hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) einen Novellenentwurf des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vorgelegt. Damit sollten der Bürokratieabbau weiter gestärkt und der Netzausbau beschleunigt und vereinfacht werden. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde im November im Kabinett beschlossen und enthält „u. a. schnelle, unverbindliche Netzanschlussauskünfte, ein[en] Rahmen
Zuständig ist die NOW GmbH unter anderem für die Koordination und Steuerung des Programms „Elektromobilität vor Ort“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) sowie für die Umsetzung der Mobilitätsund Krafstoffstrategie (MSK) des Bundes. Diese Herausforderungen seien der Bundesregierung allerdings bekannt. Lösungen würden angestrebt. Ein standardisiertes und digitalisiertes Antragsformular sowie Rückmeldefristen für Netzbetreiber seien in Planung gewesen, ebenso wie eine höhere Transparenz bei der Bestellung von Netzanschlüssen.
für Kapazitätsreservierungen sowie universelle Rückmeldefristen“, wie das BMWK erläutert. Doch wie schnell das Gesetz nun tatsächlich verabschiedet wird, ist mit dem Aus der Ampelregierung fraglich. Auch einer der führenden Betreiber für öffentliche Ladeinfrastrukturen, die E.ON Drive GmbH, ist der Ansicht, dass vonseiten des Bundes mehr getan werden müsse. Denn E.ON selbst investiere viel in die Energiewende um den Ausbau, die Verstärkung, Modernisierung und Digitalisierung ihrer Netze voranzubringen. Davon profitiere auch die Elektromobilität. Daher seien Politik und Regulierung genauso
in der Pflicht, einen Rahmen für einen schnellstmöglichen Ausbau zu schaffen, erklärt ein Sprecher des Unternehmens. Dazu müssten sie in den Augen des Unternehmens „Genehmigungen vereinfachen, Finanzierungsbedingungen verbessern und vorausschauenden Netzausbau regulatorisch belohnen. Bund-, Landes- und Kommunalpolitik haben im vergangenen Jahr zahlreiche Initiativen auf den Weg gebracht, den wir genau so weitergehen müssen.“
Jedoch müssen unabhängig von der EnWG-Novelle ab 2025 mehr Ladestationen im öffentlichen Raum geschaffen werden,
Somit erhöht sich zwar schleppend, aber stetig das sogenannte Deutschlandnetz im Verhältnis Ladepunkt zu E-Auto, jedoch nicht zuletzt auch, weil die Anzahl der neuangemeldeten E-Fahrzeuge zurückgeht. Eine Erhebung von Statista zeigt den Zuwachs von Elektrofahrzeugen von 2006 bis zum Oktober 2024. Dabei war der größte Anstieg bereits 2021 zu verzeichnen, während die Neuanmeldungen von Anfang 2024 bis Oktober gerade einmal knapp 150.000 umfassten. Zum Vergleich: In den Vorjahren waren es 300.000 bis 400.000 Neuanmeldungen. Ob der Rückgang der Neuanmeldungen von E-Fahrzeugen ebenfalls mit dem nur langsam voranschreitenden Ausbau des Deutschlandnetzes zusammenhängt?
Die Gewährleistung von Sicherheit auf Weihnachtsmärkten ist kein neues Thema. „Die Betreiberinnen und Betreiber der Kölner Weihnachtsmärkte verfügen über langjährige Erfahrungen beim Thema Sicherheit auf ihren Märkten. Die auf den jeweiligen Märkten praktizierten Sicherheitsvorkehrungen und Sicherheitsmaßnahmen wurden in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelt und den aktuellen örtlichen wie politischen Gegebenheiten angepasst“, heißt es beispielsweise von der Stadt Köln. Nicht zuletzt wegen des Anschlags in Solingen sei das Thema Sicherheit auf den jeweiligen Märkten in diesem Jahr erneut auf den Prüfstand gestellt worden. Bei öffentlichen Veranstaltungen könne jedoch nie eine absolute Sicherheit gewährleistet werden, schränkt ein Sprecher der Stadt ein. In Anbetracht der aktuellen Sicherheitslage hätten die Betreiber der Weihnachtsmärkte ihr Sicherheitspersonal noch einmal besonders sensibilisiert.
Abstrakte Gefährdungslage
Die Landeshauptstadt München sieht der Vorweihnachtszeit etwas gelassener entgegen: „Die Vorbereitung der Weihnachtsmärkte unterscheiden sich seitens der Landeshauptstadt München nicht von den Vorjahren. Es gibt wieder einen privaten Sicherheitsdienst auf dem Gelände als Ergänzung und zur Unterstützung der Polizei, die verstärkt mit Personal und Videounterstützung kontrolliert.
Außerdem kümmert sich die Stadt um Poller und mobile Straßensperren, um die Weihnachtsmärkte von außen zu sichern.“
„Keine
Sicherheit auf Weihnachtsmärkten
(BS/bk) Sie bilden meistens den Abschluss des Jahres und gehören zum Bummel in den Innenstädten und zur Adventszeit dazu: Weihnachtsmärkte. Doch die Herausforderungen für eine sichere Durchführung sind durch die Entwicklungen des vergangenen Jahres nicht weniger geworden. Die Schlagworte reichen von Messer über Solingen bis Cannabis.
Auch auf dem größten und bekanntesten Weihnachtsmarkt, dem „Christkindlesmarkt“ in Nürnberg, sieht man sich gewappnet. In enger Abstimmung zwischen dem Polizeipräsidium Mittelfranken und der Stadt Nürnberg gebe es Sicherheitskonzepte, die sich bereits in den vergangenen Jahren bewährt hätten und die jederzeit auf individuelle Lageentwicklun-
Behörden Spiegel: Wie schätzt der DAW die Ausmaß des illegalen Glücksspiels ein und wie groß ist der Verlust für den Staat?
Georg Stecker: Der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen Burkhart Blienert geht mit Verweis auf aktuelle Studien davon aus, dass heute nahezu jedes dritte Glücksspielgerät in Deutschland illegal ist und mindestens die Hälfte aller Umsätze aus illegalen Geräten kommt. Diese Einschätzung teilen wir.
Seit 2012 ist der Schwarzmarktanteil in Deutschland von 4 Prozent auf 30 bis 46 Prozent angewachsen. Dem Staat entgehen dadurch mindestens 500 Millionen Euro an Steuereinnahmen pro Jahr.
Ein Blick auf die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik bestätigt die besorgniserregende Entwicklung. Von 2016 bis 2023 haben sich die Fälle von illegalem Glücksspiel in Deutschland verzehnfacht. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs.
Bei illegalem Glücksspiel besteht bei den Beteiligten und Zeugen eine geringe Anzeigebereitschaft. Es ist also von einer nicht unbeachtlichen Dunkelziffer auszugehen.
gen angepasst werden könnten. In diesem Zusammenhang würden uniformierte und zivile Polizistinnen und Polizisten präsent sein sowie selektive Personen- und Taschenkontrollen durchführen.
Dabei finde auch die aktuelle Sicherheitslage Berücksichtigung. „Für den Christkindlesmarkt lie-
gen uns derzeit keine konkreten Gefährdungshinweise vor. Die abstrakte Gefährdungslage ist, wie im gesamten Bundesgebiet, weiterhin hoch“, so ein Sprecher der Stadt.
Mit einer Allgemeinverfügung zum Verbot
Die Weihnachtszeit und der Besuch von Weihnachtsmärkten haben auch immer etwas mit Gerüchen zu tun. Ob der Geruch von Cannabis dazu gehört, bleibt in den deutschen Städten fraglich. Geht es z. B. nach Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) wird in seinem Bundesland der Konsum auf den Weihnachtsmärkten verboten. „Zur Sicherheit gehört auch ein effektiver Kinder- und Jugendschutz. Deshalb trete ich für ein Cannabisverbot auf Weihnachtsmärkten ein. Klar ist: Cannabisgeruch, Haschkekse und Joints gehören nicht auf den Weihnachtsmarkt. Deshalb unterstützen wir die Kommunen dabei, das Kiffen auf dem Weihnachtsmarkt zu unterbinden“, so Poseck Poseck will sich dabei auf Paragraf 5 des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) stützen. Nach diesem Paragrafen ist der Konsum von Cannabis in unmittelbarer Gegenwart von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, verboten. „Daher empfiehlt es sich, im Rahmen einer Allge-
Mit Daten und Fakten gegen das illegale Automatenspiel
(BS) Der Schwarzmarktanteil im Glücksspielsektor nimmt seit Langem zu und illegale Spielgeräte liefern ihren Betreibern hohe Umsätze. Wir sprechen mit Georg Stecker, Sprecher des Vorstandes der Deutschen Automatenwirtschaft, über das Problem und wo angesetzt werden kann, um diesem entgegenzutreten. Die Fragen stellte Sven Rudolf.
Der illegale Markt ist aufgrund der fehlenden Sicherheitsmaßnahmen deutlich gefährlicher für die Verbraucher.
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Behörden Spiegel: Wie schätzen
Sie die Kapazitäten von Polizei und Ordnungsdiensten im Bereich der Bekämpfung des illegalen Glückspiels ein und welche Probleme sehen Sie für den Vollzug?
Stecker: Wir haben ein Vollzugsproblem. Doch es wäre falsch, Polizei und Ordnungsdiensten den „schwarzen Peter“ zuzuschieben. Stellen Sie sich das illegale Glücksspiel wie eine mehrköpfige Hydra vor. Schlägt man einen Kopf ab, wachsen meh-
meinverfügung eine einheitliche Regelung zum Verbot des Cannabiskonsums auf Weihnachtsmärkten zu treffen“, erklärte Poseck. Mit einer Allgemeinverfügung könnten Kommunen Klarheit schaffen und den Konsum von Cannabis generell verbieten.
Der hessische Innenminister unterstrich bei dieser Gelegenheit: „Ich bleibe dabei, dass die Cannabislegalisierung ein Fehler war. Neben den gesundheitlichen Gefahren sind vor allem für die Praxis schwierige Abgrenzungsfragen und neue Kontrollaufgaben entstanden. Dies gilt insbesondere für die Polizei und die Ordnungsbehörden.“
In Bayern herrscht Klarheit Auch im Süden der Republik, wo man generell dem Cannabiskonsum ablehnend gegenübersteht, darf kein Cannabis konsumiert werden. Dort stützt man sich jedoch nicht auf eine Allgemeinverfügung. So heißt es aus der Stadt Nürnberg: „Der Konsum von Cannabis ist in Bayern auf Festen wie dem Christkindlesmarkt verboten. Also braucht es keine Allgemeinverfügung.“ Bei der Stadt Dresden wird derzeit die Erforderlichkeit einer solchen Allgemeinverfügung geprüft.Bei der Stadt Köln verweist man auf einen Erlass des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 15. Mai. Nach diesem Erlass sind auf Volksfesten und ähnlichen Großveranstaltungen die jeweiligen Hausrechtsinhaber beziehungsweise Veranstalter verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den Cannabis-Konsum vor Kindern und Jugendlichen zu unterbinden. Deshalb sei keine Allgemeinverfügung vonnöten.
bieter angesiedelt und allen Finanzbehörden zur kostenfreien Nutzung angeboten.
Behörden Spiegel: Wird das illegale Angebot auch auf dem im März stattfindenden Kongress der DAW Thema sein und wenn ja, welche Gesichtspunkte werden konkret behandelt?
Behörden Spiegel: Welche technischen Maßnahmen werden ergriffen, um Kontrollbehörden in ihrem Kampf gegen illegale Angebote zu unterstützen?
Stecker: An dieser Stelle nenne ich zwei wichtige Maßnahmen. Zum einen sind alle legalen Geldspielgeräte in Spielhallen und der Gastronomie und damit alle erlaubten Aufstellorte seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags 2021 in der bundesweiten, spielformübergreifenden OASIS-Sperrdatenbank erfasst. Ordnungsbehörden können diese Daten bei der für sie zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörde anfordern. Ist ein Aufstellort nicht erfasst, ist er illegal. Zum anderen ist die flächendeckende Kontrolle von Fiskaldaten wichtig, um Illegalität wirksam bekämpfen zu können. Alle im Markt befindlichen Geldspielgeräte beinhalten ein Sicherheitsmodul, das steuerrelevante Daten manipulationsresistent erzeugt und speichert. Zur Prüfung dieser Daten und Unterstützung der Finanzbehörden hat die Deutsche Automatenwirtschaft ein sehr einfach zu handhabendes OnlinePrüfprogramm entwickelt. Dieses Prüfprogramm, das keine Installation auf einem Endgerät erfordert, wird zur höchstmöglichen Integrität bei einem staatsnahen An-
rere nach. Es fehlt schlichtweg an Personal, um all das zu kontrollieren, was zu kontrollieren ist. Dieses Vollzugsproblem wird durch das Regulierungsproblem verschärft. Verschiedene Erhebungen zeigen, dass Regulierung und Schwarzmarktentwicklung in direktem Zusammenhang zueinander stehen. Das illegale Glücksspiel werden wir nur erfolgreich bekämpfen können, wenn das legale Automatenspiel in Deutschland zukünftig wieder den Bedürfnissen der Verbraucherinnen und Verbraucher gerecht werden kann. Wir sind nicht Teil, sondern gehören zur Lösung des Problems.
Stecker: Bei unserem DAW-Kongress werden wir das große Problem des wachsenden illegalen Angebots in Deutschland, seine Ursachen und die Möglichkeiten der Bekämpfung aus mehreren Blickwinkeln beleuchten. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass insbesondere der Umgang mit Fakten und wissenschaftlichen Erkenntnissen für die Gesellschaft, die Politik und für uns als Branche immer relevanter wird. Dies wollen wir in den Mittelpunkt stellen. Uns ist wichtig, die Realität zu beschreiben und ehrlich und offen mit den Ursachen und Möglichkeiten der Bekämpfung umzugehen, da hier oft Fehlinformationen und Unklarheiten, bisweilen auch eine gewisse Realitätsferne bestehen. Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit möchten wir aufzeigen, dass das stark wachsende illegale Spielangebot den wichtigen Kanalisierungsauftrag aus dem Glücksspielstaatsvertrag konterkariert.
Georg Stecker ist Sprecher des Vorstandes der Deutschen Automatenwirtschaft. Foto: BS/AWI/DAW/Neumann
#cyberNDS
Behörden Spiegel Berlin und Bonn / Dezember 2024 www.behoerdenspiegel.de
(BS/Dr. Eva-Charlotte Proll) Nahtlose Zusammenarbeit, interoperabel, modular und auf der Basis von Standards – so ist die Digitalisierung zukunftsfähig, schafft Effizienzpotenziale und Synergien. Insbesondere das Once-Only-Prinzip erfordert zwischen allen Verwaltungsebenen einen nahtlosen Informationsaustausch. Einmal entwickelt und konsensual verabschiedet, müssen sie aber auch genutzt werden, bis sie ihren Lebenszyklus überschreiten.
Eine der vielen Fehldiagnosen, warum es mit der Digitalisierung in Deutschland hakt, lautet: zu wenige verbindliche Standards. Warum aber ist es so schwer, einheitliche Standards zu erarbeiten und zu etablieren? Oft scheitert es schon am gemeinsamen Verständnis, weil das Wort zu unspezifisch in allen möglichen Fachgebieten bis hin zum Umweltschutz als Merkmal für Mustergültigkeit oder Vereinheitlichung genutzt wird. Im Kontext der Verwaltungsdigitalisierung beschreiben Standards Schnittstellen, z. B. für Datenaustauschformate wie DCAT-AP.de oder XÖV. Sie bilden die Grundlage für effiziente und interoperable digitale Prozesse. Davon gibt es nicht wenige, aber oft fehlt deren Harmonisierung. Um die Digitalisierung zu beschleunigen, besteht laut FITKO ein dringender Bedarf für Standards „im Bereich der se-
den Austausch zwischen den Fachverfahren einheitliche Standards –und zwar dringend. „Viele existierende Standards sind spezifisch für einzelne Aufgabenbereiche und nicht interoperabel. Ein übergreifender Transportstandard sowie die Schaffung eines Basis-Standards, der den Austausch zwischen verschiedenen Fachstandards erleichtert, könnten digitale Verwaltungsprozesse deutlich beschleunigen.“
Vorgabe von Standards
Gemäß dem IT-Staatsvertrag ist die Standardisierungsagenda eine Maßnahme, um Beschlüsse des IT-Planungsrats zwecks Standards zu unterstützen. Über diese werden Standardisierungsbedarfe priorisiert, Prozesse definiert, wie Vorhaben zu begleiten sind, und Fortschritte verfolgt. Die Standardisierungsagenda wird von der FITKO gepflegt, das BMI kann sich mit
„Föderale IT-Standards schaffen die Grundlage für Interoperabilität und Zusammenarbeit zwischen den Behörden auf allen fachübergreifenden und föderalen Ebenen.“
Tobias Schuh, Koordination IT-Standards und Geschäftsstelle des föderalen IT-Standardisierungsboards bei der FITKO
mantischen Interoperabilität – also der Fähigkeit unterschiedliche Systeme, Informationen auf dieselbe Weise zu verstehen und zu verarbeiten“.
Dies betrifft insbesondere Vorhaben, die auf das Once-Only-Prinzip einzahlen. Lars Hoppmann, Geschäftsführer von VITAKO, fordert für die Registermodernisierung und
fachlichen Vorschlägen einbringen.
Auf Vorschlag von Sachsen-Anhalts CIO, Staatssekretär Bernd Schlömer, hat sich das „föderale IT-Standardisierungsboard“ im Juni konstituiert und Mitte September seine Arbeit aufgenommen. Ziel: Die Standardisierungsagenda in die Praxis umsetzen. Tobias Schuh, Koordination IT-Standards
Titelgrafik: BS/Spuling, YummyBuum, ONYprj; alle stock.adobe.com
und Geschäftsstelle des föderalen IT-Standardisierungsboards bei der Föderalen IT-Kooperation (FITKO), bezeichnet dies als „wichtigen Meilenstein […], um diesen Prozess zu steuern und voranzutreiben“. Unter dem Vorsitz der CIOs von Sachsen-Anhalt und RheinlandPfalz hat sich das Board eine Geschäftsordnung gegeben und mit strategischen Leitlinien für die Standardisierung eine Arbeitsgrundlage geschaffen. Darauf aufbauend sollen weitere Kriterien für föderale IT-Standards entwickelt werden. Schlömer betont: „Wir wollen bei der Standardisierung vor allen Dingen auf Semantik und Technik fokussieren, da diese Themen in der Zuständigkeit des IT-Planungsrats liegen. Organisatorische (und auch abgeschwächt) rechtliche Interoperabilität betrachten wir nachrangig.“ Schuh ergänzt: „In Zukunft wird es entscheidend sein, dass wir auf Standardisierungsbedarfe nicht nur reagieren, sondern sie proaktiv erkennen und angehen – etwa durch eine umfassende Ist-Analyse und den Aufbau eines Standardisierungsradars.“ Dieser Weg wird nicht einfach zu bestreiten sein, da neben dem Vorsitz auch das Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI) stimmberechtigt ist, ebenso die Länder Baden-Württemberg, Bayern und Thüringen, Vertreter aus Kommunen (bestellt von den kommunalen Spitzenverbänden), öffentliche und private Dienstleister – bestellt von der VITAKO und dem Verband der mittelständischen IT-Dienstleister und Softwarehersteller für den öffentlichen Sektor (Databund e. V.) –, das Deutsche Institut für Normung (DIN), die Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) sowie ebenfalls die FITKO.
Auch wurden zwei neue Mitgleider mit Fachkompetenz aus der Wissenschaft und dem NEGZ hinzugewählt. Konkret hat der IT-Planungsrat bisher das „XUnternehmen-Kerndatenmodell“ auf Empfehlung des Boards zur verbildlichen Nutzung freigegeben. Hoppmann zufolge kommt dem Standardisierungsboard „eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung und Weitergabe von Standards an den IT-Planungsrat“ zu. Laut dem Geschäftsführer plant VITAKO, einen Vorschlag für einen MetaStandard einzubringen, um die Standardisierungsarbeit weiter voranzutreiben. Sirko Scheffler, Vorsitzender von Databund, fordert: „Ziel sollte ein technologie- und geschäftsmodelloffener Standardisierungsrahmen sein, der einen leichten Marktzugang erlaubt, Innovationen fördert und eine nachhaltige Investitionsund Nutzungsperspektive für alle Marktteilnehmer erlaubt. Standardisierung muss einen stabilen Rahmen geben und genügend Raum für schnelles Handeln lassen.“
Akzeptanz und Fläche Der Bewertung eines Standardisierungsbedarfs kommt eine hohe Bedeutung zu – schließlich sollen IT-Standards möglichst häufig auch von anderen genutzt werden, damit sie ihre Wirkung von Kosteneffizienz und Nutzerfreundlichkeit entfalten können. Auch für eine schnelle Verbreitung müssen sie akzeptiert werden und die Nutzenden müssen sich damit identifizieren. Dies geschieht in der Regel nur, wenn alle ihre Interessen bei der Erarbeitung von Standards einbringen können und Standards konsensual verabschiedet werden. Sachsen-Anhalts
CIO zufolge zeigt sich bereits nach den ersten drei Sitzungen „eine Tendenz, dass die Entscheidungsvorbereitung des interdisziplinären Gremiums Potenzial für die Beschleunigung von Entscheidungen entwickeln kann“.
Die FITKO sieht es als ihre Aufgabe, Informationen zu den Standards gezielt zu verbreiten, Hilfsmittel wie Benutzer-Dokumentationen, Testsysteme und Referenzimplementierungen bereitzustellen, um die Implementierung und Anwendung der Standards in der Praxis voranzutreiben. Andernfalls könnten Standards durch gesetzliche Vorgaben verbindlich festgelegt werden. Im föderalen Board setzen die Akteure darauf, dass „ein gutes Beteiligungsverfahren und die Herstellung von Einvernehmen bei den Stakeholdern schon im Entstehungsprozess eines Standards eher zu einer Verbindlichkeit von Standards führen wird als zusätzliche weitere rechtliche Regelungen. Verbindlichkeit besteht durch Konsens und einvernehmliche Akzeptanz und nicht durch individuelles Expertenwissen“, so Schlömer. Das Board hat festgehalten, dass „Standards als offene Standards in einem transparenten Prozess entwickelt, gepflegt und ohne Hürden öffentlich zugänglich gemacht werden. Wir müssen gewährleisten, dass der jeweilige IT-Standard dauerhaft in hoher Qualität betrieben und fortentwickelt werden wird“, ergänzt der CIO das selbst erklärte Ziel. Dennoch appelliert die VITAKO daran, dass „Standards Wirkung in der Fläche entfalten müssen. Entscheidend ist daher, dass Standards nicht nur verabschiedet, sondern auch aktiv genutzt werden. Ihr Erfolg misst sich daran, wie breit sie in der Praxis implementiert sind.“
Digitale Verwaltung 26. November 2024, Mainz
Nach seinen ersten Monaten als Staatssekretär gefragt räumte Alt zunächst ein, dass man sich mit digitaler Transformation nur schwer politisch profilieren könne. Diese sei nämlich „ein Muss“ und werde von den Bürgerinnen und Bürgern ohnehin erwartet. Nur wenn etwas nicht funktioniere, „melden sich die Bürger“, so Alt. Spannend und herausfordernd sei es, tagtäglich „mit diversen Playern mit verschiedenen politischen Interessen“ im Umfeld der föderalen Digitalisierung in Kontakt zu kommen. Auf die Digitalstrategie von Rheinland-Pfalz angesprochen, ist es dem CIO zufolge primär wichtig, dass alle „elektronisch arbeiten“. Als Meilenstein sollen im kommenden Jahr über 20.000 Anschlüsse an die elektronische Akte (E-Akte) fertiggestellt sein. Zudem müsse die Digitalstrategie „auch in der Governance“ zentralisiert werden.
Die transformative Rolle der Verwaltungsmitarbeitenden (BS/cb) In der Gesprächsrunde mit Dr. Denis Alt, CIO und Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung Rheinland-Pfalz, kamen die drängenden Themen der Verwaltungsdigitalisierung zur Sprache. Alt und die anderen Referenten diskutierten über die Digitalstrategie des Landes, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und darüber, auf welchem Weg die Transformation in den Kommunen am besten gelingen kann. Gerade beim letzten Punkt trafen Erfahrungswerte und Ansichten aufeinander.
Verwaltungsmarketing wie in Österreich
Christian Rupp, CDO beim Softwareentwickler PROSOZ Herten GmbH und Board Member beim Nationalen E-Government Kompetenzzentrum (NEGZ), berichtete von seinen Erfahrungen jenseits der rheinland-pfälzischen Landesgrenzen: In einigen österreichischen Kommunen habe es zu messbar höheren Nutzungsquoten geführt, eine „coole Marke“ zu erschaffen. In Analogie zum Kongressmotto Rückenwind für die nächsten Etappen der
„
Mit digitaler Transformation kann man sich schwer politisch profilieren.“
Dr. Denis Alt, CIO von Rheinland-Pfalz
Transformation bezeichnete Rupp dieses werbewirksame „Branding“ als das Trikot des Radrennsports. Die Rennetappen bestünden darin, andere mit abzuholen. So habe Österreich etwa Nordrhein-Westfalen beim Digitalcheck unterstützt. Das Renn-Team wiederum, das er in Deutschland mit dem IT-Planungsrat verglich, „braucht einen Trainer“ und müsse regelmäßig üben. Auch „legales Doping“ sparte Rupp nicht aus. Dieses bestünde in Budgets
Staatssekretär Dr. Denis Alt (links) tauschte sich auf der Fachmesse mit vielen – wie er sagte – „Playern der föderalen Digitalisierung“ aus. Foto: BS/Bildschön
und allen anderen Möglichkeiten finanzieller Unterstützung. In Sachen Verwaltungswerbung gab Denis Alt zu bedenken, dass man den richtigen Zeitpunkt dafür abpassen müsse. In Rheinland-Pfalz sei dieser jetzt (erst) gekommen –denn erst jetzt sei das Bundesland in einem Stadium, dass die Bürgerinnen und Bürger „die Rollouts auch bemerken“.
Humaner Bestätigungsfehler
Dr. Maximilian Wanderwitz, Jurist und Professor für Umweltwirtschaft und Umweltrecht an der Hochschule Trier, brachte die „eiserne Grenze“ des KI-Einsatzes in der Verwaltung
„Was ist ein gutes Register?“ – Janine Werner, Landeskoordinatorin Registermodernisierung in Rheinland-Pfalz (Mitte), und die anderen Teilnehmenden des Fachforums Registermodernisierung, lieferten unterschiedliche Perspektiven auf diese Frage.
in die Debatte. Diese sei die als „menschliche Willensbetätigung“ gesetzlich verankerte menschliche Beurteilung des Einzelfalls. Alles andere jedoch könne und werde in der Verwaltung transformiert werden. Ein mögliches Problem dabei sei der „Automatisierungs-Bias“ (Automatisierungs-Bestätigungsfehler). Demnach ließen Veraltungsmitarbeitende ihre finalen Entscheidungen mehr und mehr von den in vorheriger Instanz gefällten Entscheidungen der KI beeinflussen –und seien daher nicht mehr neutral. Beim Themenkomplex Künstliche Intelligenz (KI) gab Staatssekretär Alt grundsätzlich zu bedenken, dass
Dr. Maximilian Wanderwitz, Rechtsprofessor an der Hochschule Trier, erläuterte die rechtlichen Grenzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz – und die Gefahr des menschlichen „Bias“.
der Staat Fragen nach KI-Sicherheit „noch mal anders“, nämlich strenger bewerten müsse als die Privatwirtschaft.
Die Mitte und der Kopf des Apparats Als Gründer und Vorstand des KommunalCampus bietet Dr. Alexander Bode digitale Fortbildungen für Kommunalbeschäftigte an – und sieht genau in diesem Bereich bei vielen Kommunen große Versäumnisse und fehlendes Verständnis. Bode stellte die rhetorische Frage, ob viele Menschen in der Verwaltung „gedanklich so weit“ seien, sich für digitale Technologien offen zu zeigen. Laut Bo-
des Analyse gebe es zu wenig Angebote für Veränderungsprozesse. Vonnöten sei eine „ressourcenorientierte Weiterbildung“ statt dem Gießkannenprinzip. Dann könne Transformation von innen heraus beginnen. Eine Minderheit des Personals würde sich gar „dem digitalen Wandel entziehen“ und auch für diese Menschen müssten alternative Tätigkeiten gefunden werden. Die Kommunen hätten jedoch „keine Strategien“, mit diesen Menschen umzugehen.
„Transformationsprozesse kommen selten aus der Mitte des Apparats.“
CIO Alt verteidigte die rheinland-pfälzischen Kommunen daraufhin, von denen es „viele vorbildliche“ gebe. Entscheidend sei, „dass wir die Führungskräfte für digitale Lösungen begeistern“. Digitale Transformation sei eine „klare Führungsaufgabe“, betonte Alt nochmals. Wanderwitz stimmte zu: „Transformationsprozesse kommen selten aus der Mitte des Apparats.“ Die Impulse müssten aus der Politik oder von der Behördenleitung kommen. Sein reales Beispiel einer Verwaltungsangestellten, die wegen des „romantischen haptischen Gefühls von Papier“ nicht auf die klassische Papierakte verzichten wolle, war an diesem Nachmittag eine launige Anekdote – und nicht die Referenz für den Digitalisierungswillen der meisten Verwaltungsmitarbeitenden in Deutschland.
Fachkräfte sind entscheidend Angespannte Haushaltslagen auf Bundesebene, bei den Ländern und Kommunen – und daher eine unterfinanzierte und verlangsamte Digitalisierung der Verwaltung? Nicht, wenn es nach Alt geht. RheinlandPfalz' Chief Information Officer hält die Finanzlage für „nicht besonders schlecht“ und die Geschwindigkeit der Digitalisierung in Deutschland „von Finanzierung für weitgehend unabhängig“. Am Ende gehe es immer und die Menschen: „Entscheidender Treiber sind die Fachkräfte“, machte der Staatssekretär nochmals deutlich.
Für Dörte Schall, Ministerin für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung Rheinland-Pfalz, gibt es keine Arbeitswelt von morgen „ohne Transformation und Digitalisierung“. Fotos: BS/Bildschön
Selbstcharakterisierung: Marius Henkel von der Stadtverwaltung Kaiserslautern bezeichnet sich als „Datenmenschen“. Fotos: BS/Bildschön
Mobilfunkausbau: Prof. Dr. Wolf Schünemann (rechts) stellte den aktuellen Stand und die Unterstützungsleistungen des Landes vor.
Kommunale Daten sind nicht per se nutzbar – sie müssen erst nutzbar gemacht werden, weiß Marius Henkel, IT-Projektmanager im Referat Digitalisierung und Innovation der Stadt Kaiserslautern. Das rheinland-pfälzische Landestransparenzgesetz (LTranspG) gibt vor, Daten in „geeigneter Weise“ verfügbar zu machen. Es konkretisiert, die Formate müssten offen und maschinenlesbar sein und die Daten müssten gemeinsam mit ihren Metadaten (Beschreibung der Daten) in anerkannten offenen Standards bereitgestellt werden. Die Verwaltungsvorschrift geht einen Schritt weiter und empfiehlt Formate wie .csv und .json, nicht jedoch .pdf. Tatsächlich würden aktuell aber überwiegend Daten im PDF-Format hochgeladen, so der Referent.
Von analog zu digital: Bestehende Arbeitsprozesse und -unterlagen in die digitale Welt zu übertragen, ist eine der größten Herausforderungen der heutigen Zeit. Das Herumreichen von Akten und händisches Signieren von Dokumenten soll bald aus den Büros der Verwaltungen verschwinden. Um die Effizienz zu steigern, benötigen Verwaltungen eine medienbruchfreie Verarbeitung von Daten. Hier zählt das Bundesland Rheinland-Pfalz auf die Governikus-Lösung DATA Sign. Diese stellt zentrale Signatur- und Siegeldienste und dadurch eine der essenziellen Infrastrukturen für die Ende-zuEnde-Digitalisierung im Kontext des Onlinezugangsgesetzes bereit. Der LDI, zentraler Dienstleister für Informations- und Kommunikationstechnologien für die Landesverwaltung Rheinland-Pfalz, betreibt DATA Sign. Geplantes Go-Live ist bereits das kommende Jahr. Hier fließen Komponenten der Governikus-Lösung mit DTrust als Vertrauensdiensteanbieter zusammen, ausgerollt durch den LDI für die unterschiedlichen Mandanten von Rheinland-Pfalz. Durch Teamwork zur digitalen Transformation
Am Unternehmensstand des Kongresses präsentierte Governikus eine Demoversion von DATA Sign. Hier konnten sich alle Interessierten durch den Prozess der Signatur- und Siegelanbringung sowie -validierung klicken und sich von der einfachen und intuitiven Handhabung der Anwendung
Datenbereitstellung einfach gemacht
(BS/Anna Ströbele) Die Datenplattform des Südwestclusters hat zwei Ziele: die Anzahl der Datenquellen zu reduzieren und die Daten in anerkannten Standards zur Verfügung zu stellen. Sechs rheinland-pfälzische Kommunen haben sich zusammengeschlossen, um die Infrastruktur gemeinsam aufzubauen. Auf dem Kongress „Digitale Verwaltung RheinlandPfalz“ gibt einer der Beteiligten einen Einblick in das Projekt.
Woran liegt das? Henkel hebt einerseits die Verwaltungs-Kultur hervor. Viele hätten beispielsweise Angst, die Daten herauszugeben, falls sie in der falschen Qualität wären oder dadurch Fehler ans Licht kämen. „Ich glaube aber, der Hauptgrund ist viel trivialer“, meint der Datenexperte. Es sei aufwendig, Daten nutzbar zu machen und koste Ressourcen.
In Kaiserlaustern wurde „das Datenthema“ im Rahmen der SmartCity-Förderung „angepackt“, berichtet Henkel. Einerseits wurde eine Datenstrategie erstellt. Diese definiert unter anderem Rollen und einen Veröffentlichungsprozesses für Daten und legt den Umgang mit dem Datenschutz fest. Die Stadt Kaiserslautern führt derzeit außerdem eine Dateninventur durch. Zu-
vor gab es keine zentrale Übersicht über die vorhandenen Daten. Für die Umsetzung der Datenstrategie baut die Stadtverwaltung eine Datenplattform. Dabei ist sie nicht allein. „Wir haben uns von Anfang an entschieden, das gemeinsam mit anderen Kommunen zu machen“, erläutert Henkel. Dazu gehören der Landkreis Mayen-Koblenz, der Eifelkreis Bitburg-Prüm,
Governikus unterstützt Rheinland-Pfalz mit Siegel- und Signaturplattform
Der diesjährige Kongress „Digitale Verwaltung Rheinland-Pfalz“ bot unter der Allegorie des Radsports „Rückenwind für die nächsten Etappen der Transformation“ erneut eine Plattform, um Austausch und Vernetzung für eine digitale Transformation in Rheinland-Pfalz zu befeuern. Am 26. November 2024 kamen Akteure aus der öffentlichen Verwaltung, Politik, Wissenschaft und IT in Mainz zusammen, um die facettenreichen Themen und Herausforderungen aus der Digitalstrategie, Onlinezugangsgesetz, Künstliche Intelligenz, Registermodernisierung u. v. m. zu diskutieren. Der Bremer IT-Sicherheitsdienstleister Governikus thematisierte am Stand sowie in einem Fachforum die zentrale Lösung des Landes Rheinland-Pfalz für elektronische Signaturen und Siegel.
Wie man Daten einfach und rechtswirksam schützen kann, erörterten Jürgen Dömel (Governikus) , Uwe Härtel (Bank-Verlag), Enrico Kropfgans (PDV) Jürgen Vogler (msg) im Rahmen eines Fachforums auf dem Kongress Digitale Verwaltung Rheinland-Pfalz. Foto: BS/Bildschön
überzeugen. Im Fachforum II: „Authentizität und Integrität – Daten einfach und rechtswirksam schützen“ diskutierten Expertinnen und Experten aus verschiedenen Unternehmen über die Vorteile und Herausforderungen von elektronischen Signaturen, Siegeln und Zeitstempeln im Arbeitsalltag.
Jürgen Vogler, Partner, msg security advisors, gab einen Umriss über die aktuelle Lage hinsichtlich E-Signaturen mit einem Ausblick auf den internationalen Markt sowie konkreten Herausforderungen in Deutschland. Darauf folgte Uwe Härtel, Leiter
Vertrieb Bank-Verlag, mit Lösungen des Bank-Verlag. Er warf ein besonderes Augenmerk auf die Trust Services und ist dabei im Detail auf den Einsatz von qualifizierten Zeitstempeln eingegangen. Diese zielen darauf ab, die elektronische Aktenführung zu stärken, da sie mit dem Beweisdatensatz das technische Fundament der Beweiswerterhaltung bilden. Diese Kombination ermöglicht die vertrauenswürdige Langzeitaufbewahrung von fortgeschrittenen und qualifizierten elektronischen Signaturen und Siegeln. Denn für viele Unternehmen und Behörden
ist es unklar, wie sie mit der Aufbewahrung von Papieroriginalen umgehen bzw. diese korrekt in die digitale Akte zu überführen haben. Enrico Kropfgans, Business Development bei PDV, gab den Teilnehmenden Einblicke, wie elektronische Signaturen und Siegel mit Fokus auf der TR-RESISCAN und TR-ESOR Anwendung in die gelebte Praxis von Verwaltungen und Unternehmen Anwendung finden – und das beim gesamten Lebenszyklus. Vom Input in die Fachanwendung durch bspw. einen eingehenden Antrag bis zur Abgabe an Archive: Kropfgans erläuterte die Transportwege und wie die Applikationen dazwischen funktionieren.
DATA Sign steht kurz vor dem Rollout in Rheinland-Pfalz Abgerundet wurde die Gesprächsrunde durch Jürgen Dömel, Partner Manager bei Governikus, der am Beispiel der bald in Rheinland-Pfalz lancierenden Lösung, DATA Sign, erläuterte, wie unkompliziert die Funktionen der Signatur– und Siegelplattform in
der Landkreis Kusel, die Stadt und Verbandsgemeinde Linz am Rhein und der Landkreis St. Wendel. Die Plattform ermögliche unter anderem, Metadaten teilautomatisiert zu pflegen. Das API-Gateway sei mit dem Rechtemanagement verknüpft, sodass man die Daten bestimmten Gruppen zur Verfügung stellen könne, zum Beispiel einer anderen Kommune. Auch zwei Visualisierungstools seien in der Plattform enthalten.
Die Smart-City-Förderung läuft noch bis 2026. Bis dahin betreiben die sechs Partnerkommunen die Plattform. Für die Zukunft haben sie bereits eine Vorstellung: So wünschten sie sich, dass das Land die Plattform anschließend als Teil seiner Open-Data-Plattform open. rlp.de betreibt, erklärt Henkel
bestehende Prozesse und Infrastrukturen eingefügt werden können, sodass Verwaltungsmitarbeitende die Anwendung intuitiv im Büro und daheim nutzen können. Außerdem sprach Dömel über die TR-ESOR-konforme (Technische Richtlinie zur Beweiswerterhaltung kryptographisch signierter Dokumente) Anbindung an die Lösung DATA Aeonia, die eine einfache und rechtssichere Langzeitaufbewahrung und Beweiswerterhaltung elektronischer Dokumente und Daten ermöglicht. Mit Governikus-Lösungen zum nachhaltigen papierlosen Arbeiten Die Signatur- und Siegelplattform DATA Sign fügt sich nahtlos und unkompliziert in bestehende Geschäftsprozesse ein. Angefangen beim Signier- oder Siegelprozess rundet das Feature „Validierung“ die Anwendung ab: Wenn Mitarbeitende ein oder mehrere signierte und gesiegelte Dokumente erhalten, können sie diese einfach in der Webanwendung überprüfen. Dabei verlässt das Dokument nicht die eigene Infrastruktur und sie erhalten im Anschluss die Ergebnisse des detaillierten Prüfprotokolls in einer kurzen Zusammenfassung samt einer endanwenderfreundlichen Empfehlung zur Einstufung (z. B. „rechtssicher“ bzw. „nur für interne Verwendung“).
Governikus DATA Sign dient als Basisdienst in der landesinternen Verwaltung und Infrastruktur und bietet eine ganzheitliche Lösung für viele Fachszenarien und -anwendungen.
Eine Lösung für diese Endezu-Ende Digitalisierung bietet FIT-Connect. Als kostenfreies
Produkt des deutschen IT-Planungsrats verknüpft FIT-Connect unter anderem Online-Verwaltungsdienste mit den Systemen zur Antragsbearbeitung in Bund, Ländern und Kommunen. Die Kommunikation zwischen Antragssteller und zuständiger Fachbehörde ist maschinenlesbar und vollständig nach modernen Sicherheitsstandards verschlüsselt. Durch robuste Authentifizierungsverfahren wird sichergestellt, dass nur berechtigte Personen Zugang zu sensiblen Information erhalten. „FIT-Connect ist eine moderne ITLösung, mit der die Automatisierung von Verwaltungsprozessen und die bundesweit einheitliche Umsetzung des OZG-Änderungsgesetzes wesentlich erleichtert wird“, bestätigt Dr. Holger Schae-
Artikel 6 der eIDAS-VO schreibt vereinfacht gesagt vor, dass eIDs anderer Mitgliedsstaaten der Union – und durch Beschluss des EWR-Ausschusses auch des EWR –als gleichwertig zu eIDs des Mitgliedsstaates – hier Deutschland –zu akzeptieren sind, wenn:
• die betreffende eID ist in einer Liste der Kommission angeführt (wo intensiv überprüft wurde, ob sie der eIDAS-VO entspricht),
• die betreffende eID hat das gleich hohe oder ein noch höheres Vertrauensniveau „substanziell“ oder „hoch“ als die einheimische und von der Verwaltung verlangte eID,
• seit der Veröffentlichung der betreffenden eID im Amtsblatt durch die Kommission 12 Monate vergangen sind.
Diese Kriterien treffen mittlerweile auf viele eIDs zu, sogar die Liechtensteinische eID erfüllt diese Kriterien seit dem 19. April 2023 und sie muss demnach von deutschen Behörden seit dem 19. April 2024 als gleichwertig zur eID des deutschen Personalausweises anerkannt werden.
Die beiden Autoren besitzen eine österreichische ID Austria sowie
Usability bedeutet, dass Anwendungen den Nutzenden dabei helfen, ihr Ziel effizient und zufriedenstellend zu erreichen. Die Barrierefreiheit (Accessibility, kurz A11Y) sorgt dafür, dass Anwendungen von allen Nutzenden verwendet werden können, unabhängig von ihren Einschränkungen. Beides hängt unmittelbar zusammen und sollte daher auch gemeinsam betrachtet werden, etwa bei der Umsetzung von WebAnwendungen.
Normen und vom Gesetzgeber definierte Anforderungen
Die digitale Barrierefreiheit ist auf Bundesebene im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) verankert. Bundesländer-Gesetze können von den Anforderungen auf Bundesebene abweichen. Die bekanntesten weltweiten Richtlinien, die Anforderungen an die Barrierefreiheit für digitale Produkte enthalten, sind die Norm EN 301549 und die Web Content Accessibility Guidelines 2.1 bzw. 2.2.
Die komplette Prozesskette digital und sicher bereitstellen
(BS/FITKO) In den letzten Jahren haben Bund, Länder und Kommunen den Bürgern hunderte Verwaltungsleistungen online bereitgestellt. Statt eines Papierformulars oder des Gangs zur Behörde können die Informationen digital übermittelt werden. Allerdings müssen Sachbearbeiter die Anträge in vielen Fällen manuell weiterverarbeiten. Fehlen Angaben oder sind diese unvollständig, hilft nur der Griff zum Telefon oder das Schreiben einer E-Mail. „Damit die Digitalisierung von Online-Leistungen Akzeptanz bei Bürgern und Unternehmen findet und wirklich einen Mehrwert bietet, müssen wir die komplette Prozesskette digital und sicher bereitstellen können“, erklärt Stephan Bartholmei, Leiter Produktmanagement bei der FITKO (Föderale IT-Kooperation).
fers, Leiter des Programms „Portale, Identitäten und Infrastrukturen“ im Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg. Seit 2023 wurden über 130.000 Anträge durch FIT-Connect übermittelt. Die Zahl der Anbindungsprojekte stieg 2024 auf über 140, wobei sich die Zahl der Projekte im Live-Betrieb mehr als verdreifachte
und weitere Projekte in Planung sind: Aktuell erfolgt unter anderem die Anbindung des Zentralen Bürgerpostfach (ZBP). Vor wenigen Wochen hat auch die Kultusministerkonferenz eine Empfehlung an Hochschulen ausgesprochen,
FIT-Connect zur Übermittlung von Bescheiden an die Studierenden zu nutzen. „Durch die Anbindung an FIT-Connect werden zukünftig zudem die Antragsstellung und Berichtspflichten für Unternehmen vereinfacht. Die nahtlose und unkomplizierte Integration in bestehende IT-Systeme und Software fördert gerade bei größeren Unternehmen die Automatisierung
Organspenden und Meldebescheinigungen nur für Inhaber deutscher eIDs?
(BS/Prof. Dr. Robert Müller-Török/Prof. Dr. Alois Paulin*) In Deutschland leben fast eine Million Rumänen, fast 900.000 Polen, ca. 645.000 Italiener und insgesamt wohl an die vier Millionen Unionsbürger, sogar etwas über dreitausend Zyprioten. Diese Menschen besitzen keinen deutschen Personalausweis, egal ob mit oder ohne eID. Aus diesem Grund einigte sich die Europäische Union 2014 auf die VO 910/2014 (eIDAS) über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt, die 2024 novelliert wurde.
eine slowenische eID Card. Leider ist die Realität der deutschen Verwaltung eine völlig andere, wie anhand von drei Selbstversuchen dargestellt wird: Berlin bietet zwar seit 15. Februar 2021 eine Onlinebeantragung der Meldebescheinigung an, allerdings wird man zur Anmeldung auf die Webseiten der BundID weitergeleitet, wo ausschließlich die eID des deutschen Personalausweises oder des elektronischen Aufenthaltstitels oder der sogenannten „Unionsbürgerkarte“ auswählbar ist. Eine Anmeldung mit der österreichischen oder slowenischen oder einer anderen gleichwertigen eID ist unmöglich. Gleiches widerfährt dem Organspendewilligen beim vom Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte geführten Organspende-Register, der dort seine für Organspenden zwingend erforderliche Zustimmung erteilen möchte. Auch hier werden unionsrechtswidrig nur „deutsche Identitäten“ akzeptiert. Die Landeshauptstadt München hingegen kann es noch besser. So ist dort im Gegensatz zu Berlin die Identifikation mit der ID Austria möglich – nicht aber mit der gleichwertigen slowenischen eID – aber dann wird man, nachdem man erfolgreich identifiziert wird und namentlich auf den Webseiten der LH München begrüßt wird, mit dem Unglaublichem konfrontiert: Mit der Begründung, „Die aus der Anmeldung übertragenen Adressdaten sind unvollständig. Diese werden für eine eindeutige Identifizierung
im Rahmen dieses Dienstes benötigt“, wird die Beantragung einer Meldebescheinigung abgelehnt. Das heißt im Falle des Autors MüllerTörök, dass die Landeshauptstadt München dem Münchner Bürger Müller-Török, identifiziert durch eine nach eIDAS-VO gleichwertige eID, die Beantragung einer Meldebescheinigung für seinen Münchner Hauptwohnsitz verweigert, weil das österreichische Innenministerium seine Münchner Anschrift nicht mitliefert. Im eigenen Münchner Melderegister nachzusehen, ob es einen Robert Müller-Török mit diesem Geburtsdatum und Geburtsort gibt, ist anscheinend keine Option. Die als „Unionsbürgerkarte“ bezeichnete „eID-Karte für Bürgerinnen und Bürger der EU und des EWR“ ist, vereinfacht gesagt, der
Usability und digitale Barrierefreiheit
(BS/Christine Siepe*) Usability (Software-Ergonomie) und digitale Barrierefreiheit hängen direkt zusammen. Die Kombination daraus führt zu einer umfassenderen und inklusiveren Benutzererfahrung. Mit der Usability von Anwendungen beschäftigt sich bei Materna ein eigenes Competence Center mit dem Fokus auf UX-Konzeption und UI-Design.
Die Norm EN 301549 beschreibt, welche Anforderungen an WebAnwendungen, Non-Web-Anwendungen, Applikationen, Apps, Dokumente usw. bestehen. Bei den ergonomischen Anforderungen ist die Normenreihe DIN EN ISO 9241 (Ergonomie der Mensch-SystemInteraktion) besonders relevant; hier insbesondere die Teile 110 und 112, die Empfehlungen zur Gestaltung und Informationsdarstellung von interaktiven Systemen geben.
UX-Konzeption und UI-Design Mit der Usability von Anwendungen beschäftigt sich bei Materna ein eigenes Competence Center mit dem Fokus auf User Experience (UX) und User Interface (UI) bzw. UX-Konzeption und UI-Design. Die UX-Konzeption ist spezialisiert auf
das Erlebnis von Nutzenden, wenn sie mit einer Anwendung interagieren. Hier geht es um die Analyse von Zielgruppen und ihren Benutzerbedürfnissen sowie von bereits existierenden Lösungen. Daraus lassen sich Anforderungen ableiten sowie Strukturen, Skizzen und Prototypen erstellen, wie das digitale Produkt aussehen sollte. Die Prototypen werden später ans UI-Design zur Ausgestaltung übergeben. Usability Tests überprüfen zudem, ob das Konzept dem Realitätsabgleich standhält. Das Ziel der UX-Konzeption ist es, ein effektives und angenehmes Nutzungserlebnis zu schaffen, also eine hohe Usability. Im UI-Design wird die Darstellung der Benutzeroberfläche, was eine Webseite, eine App oder eine Software sein kann, erarbeitet. Hier geht es um
die Gestaltung von Bedienelementen, Farben und Schriftarten sowie das Verhalten der einzelnen Elemente und dass man die Corporate Identity bzw. die Brand Guidelines in dem digitalen Produkt wiederfindet. UI-Design will eine ansprechende und intuitive Benutzeroberfläche schaffen. Nutzende im Fokus Entscheidend ist, dass sowohl UX und UI als auch die digitale Barrierefreiheit den Nutzenden in den Fokus stellen, wenn auch aus verschiedenen Blickwinkeln. Der überliegende Begriff ist das UX/UIDesign, also die Gestaltung eines digitalen Produktes. Teilaspekte davon sind die Ästhetik und die Funktionalität, das benutzerzentrierte Design, eine intuitive Oberflächengestaltung, Konsistenz und
von Prozessen“, erklärt Dr. Hauke Traulsen, Produktmanager für FITConnect in der FITKO.
Ein zentraler Baustein des Produkts ist auch der Kundensupport: Ein spezialisiertes Team unterstützt Kunden bei Fragen zur Anbindung an FIT-Connect. Einen wichtigen Beitrag leistet darüber hinaus ein Self-Service-Portal. Die intuitive Nutzeroberfläche erlaubt es, FIT-Connect unkompliziert auf die Bedürfnisse der eigenen Organisation anzupassen. Zukünftig soll das Portal Anwendern das vollständig eigenständige Einbinden und Liveschalten von FIT-Connect ermöglichen.
Weitere Informationen zum Produkt finden sich unter: www.fitko.de/ produktmanagement/fit-connect. In der Januar-Ausgabe des Behörden Spiegel wird das Produkt Föderales Entwicklungsportal vorgestellt.
deutsche Personalausweis für Ausländer. Mit diesem funktioniert dann die deutsche Verwaltung auch für Unions- und EWR-Bürger elektronisch.
Das ist so, als ob man im EU- oder EWR-Ausland ausgestellte Führerscheine bei Verkehrskontrollen in Deutschland nicht anerkennt und stattdessen fordert, die Betroffenen sollen sich gefälligst bei einem deutschen Amt eine „Führerscheinersatzkarte für Ausländer“ gebührenpflichtig holen, um in Deutschland Auto fahren zu dürfen.
Und das ist Nichtumsetzung des Unionsrechts, Verletzung der Verträge und Diskriminierung von Unions- und EWR-Bürgern. In einem Deutschland, das stolz auf seine Diversität ist und verächtlich auf andere Länder herabsieht, die Unionsrecht auf anderen Gebieten brechen, ein starkes Stück.
*Prof. Dr. Robert Müller-Török und Prof. Dr. Alois Paulin lehren an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg Digitales Verwaltungsmanagement bzw. Digitale Innovation und Transformation in der öffentlichen Verwaltung.
Einfachheit des digitalen Produktes. Ein Teilbereich davon ist auch die Software-Ergonomie, also die Usability. Wiederum ein Teilbereich der Software-Ergonomie ist die Barrierefreiheit. Das heißt, eine barrierefreie Gestaltung ist auch eindeutig im Design und in der Gestaltung eines digitalen Produktes verortet.
Die frühzeitige und kontinuierliche Beachtung von Usability und Barrierefreiheit spart Zeit und Geld. Es empfiehlt sich, beide Seiten in alle Phasen der Entwicklung einzubinden und auch Nutzer-Tests mit betroffenen Personen durchzuführen. Das Ziel sollte sein, dass Menschen mit und ohne Behinderung mit einer Anwendung effektiv, effizient und zufriedenstellend arbeiten können. Materna realisiert nutzerzentrierte und durchdachte barrierefreie Lösungen, um die digitale Transformation in der Verwaltung voranzutreiben.
*Christine Siepe ist Teamleiterin im Bereich Marketing & Communications bei Materna.
Die öffentliche Verwaltung steht an einem Scheideweg: Wird sie die Chancen von Open Source strategisch nutzen oder weiterhin viel Geld in proprietäre Lösungen investieren? Open Source steht für digitale Souveränität, Nachnutzung, Flexibilität und Gemeinschaft – allesamt Werte, die bestens zur Demokratie passen.
Dennoch scheint die Verwaltung noch uneins darüber zu sein, wie sie diese Technologien zielgerichtet einsetzen kann.
Trotz der weithin bekannten Kampagne „Public Money? – Public Code!“ und der lobenswerten „Open-Source-first“-Regelungen in einigen Landesgesetzen dominieren nach wie vor prioritäre Softwarelösungen den Markt der öffentlichen Verwaltung. Und das, obwohl Open Source, richtig genutzt, nicht nur Kosteneffizienz, sondern auch Transparenz und Innovation verspricht.
Das Problem beginnt jedoch bei der Governance. Es reicht nicht, nur punktuell Open-Source-Software auszuprobieren – gleichwohl dies ein erster (guter) Schritt sein kann. Vielmehr braucht es umfassende Kompetenzen in Stra-
Typische Anwendungsfelder von Prompts sind die Bearbeitung von Anträgen, die Analyse großer Datenmengen und die effiziente Kommunikation mit Bürgern. Hier kommt es vor allem darauf an, klare und präzise Prompts zu formulieren, um verlässliche und zielgerichtete Ergebnisse von KI-Systemen zu erhalten. Ein erfolgreicher Prompt könnte lauten: „Erstelle eine Übersicht der häufigsten Anfragen der letzten drei Monate und analysiere die Bearbeitungszeiten.“ Die KI liefert eine präzise Antwort, die Behörde kann anschließend Engpässe erkennen und Maßnahmen zur Optimierung ergreifen.
Der Einsatz von KI und Prompts muss die hohen Anforderungen der öffentlichen Verwaltung, etwa an Datenschutz und Fairness, erfüllen.
Foto: BS/Photo And Art Panda, stock.adobe.com
Auch in der internen Kommunikation lassen sich KI-basierte Systeme effizient einsetzen. Mit der Anweisung „Erstelle eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte des heutigen Meetings“ kann eine KI eine schnelle und präzise Zusammenfassung generieren, die allen Mitarbeitenden zur Verfügung steht.
Datenschutz und Compliance
Die Arbeit mit sensiblen Daten erfordert besondere Vorsicht. Datenschutz und Compliance spielen eine zentrale Rolle, da Behörden mit personenbezogenen Informationen arbeiten, die besonders geschützt werden müssen. Ein wichtiges Prin-
tegie, Vergabe, Beschaffung und der Einbindung von Open-SourceCommunities. Doch was geschieht stattdessen? Viel zu oft bleibt das Potenzial von Open Source ungenutzt: Gelder werden nicht gebündelt, Anpassungen verharren ohne guten Grund im Stillen und die Zusammenarbeit im OpenSource-Ökosystem wird stiefmütterlich behandelt. Ein Trauerspiel, das nur durch eine entschlossene Kehrtwende bei der IT-Steuerung angegangen werden kann.
Open-Source-Governance
Die Lösung liegt auf der Hand: Klare und gut definierte Steuerungs- und Stützprozesse sowie methodische, konzeptionelle, organisatorische und technische Regelungen, die den Einsatz von OSS und offenen Standards in der Verwaltung in den Mittelpunkt der Verwaltungspraxis rücken. Wege, wie dies funktionieren und gestaltet werden kann, haben wir zusammen mit einer Arbeitsgruppe entwickelt. Dabei wurden zentrale Managementfelder identifiziert, die im Sinne einer Open-SourceGovernance angegangen werden müssen.
Ein Kolumnenbeitrag von Anika Krellmann, seit 2015 Referentin im Programmbereich Organisations- und Informationsmanagement der KGSt. Foto: BS/KGSt
Ein Schlüsselfaktor ist beispielsweise die Gestaltung von Vergabe und Beschaffung. Mit Blick darauf ist der erste zentrale Hebel die Markterkundung: Hier sollten Kommunen explizit den Blick auch auf Open-Source-Lösungen richten. Auch diese werden zunehmend professionell und kommerziell angeboten. Das heißt, es lassen sich auch Dienstleistungen wie Entwicklung, Wartung und Support rund um OSS beauftragen. OSS bedeutet also nicht zwangsläufig, dass die Verwaltung solche Kompetenzen und Kapazitäten vorhalten muss. Auch die Vergabeunterlagen selbst sind so zu gestalten, dass Open-Source-ba-
sierte Lösungen angeboten (und später nachgenutzt) werden können. Im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten sollte die passende Vergabeart gewählt und Leistungsbeschreibungen möglichst funktional entwickelt werden. Hat die Verwaltung sich grundsätzlich für OSS entschieden, dann gibt es zahlreiche Hilfestellungen und Hinweise – mit Blick auf die richtige Lizenzwahl zum Beispiel auf der Plattform Open CoDE. Ein weiteres, wesentliches Managementfeld ist das Community Engagement. Nicht nur Open Source, auch die übergreifende Leitbildverschiebung hin zu einer Netzwerkkommune, die vermehrt in Leistungsnetzwerken arbeitet und sich auf diese Weise resilient und „krisensicher“ aufstellt, machen ein effektives Zusammenwirken mit der örtlichen Gemeinschaft und unterschiedlichen Communities notwendig. Dafür muss die
Praxisnahe Anwendungsfälle und Herausforderungen
(BS/Eldar Sultanow*) Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und Prompt Engineering bietet zahlreiche Möglichkeiten, Prozesse zu optimieren und die Effizienz zu steigern. Dieser Beitrag beleuchtet praxisnahe Anwendungsfälle und Herausforderungen, die beim Einsatz von KI in Behörden auftreten und stellt bewährte Frameworks vor, die bei der Formulierung präziser Prompts unterstützen. Berücksichtigt werden dabei besondere Anforderungen an Datenschutz, Effizienz und Transparenz.
zip ist dabei die Transparenz. KIEntscheidungen müssen nachvollziehbar und dokumentierbar sein, um den hohen Anforderungen der öffentlichen Verwaltung gerecht zu werden. Dies erfordert Prompts, die spezifische Anweisungen zur Dokumentation und Speicherung der Ergebnisse beinhalten. Ein Beispiel hierfür wäre: „Erstelle einen Bericht über alle getroffenen Entscheidungen in Bezug auf Datenschutzvorfälle und protokolliere die entsprechenden Maßnahmen.“
Fairness und Neutralität
Ein weiteres zentrales Thema ist die Fairness im Umgang mit KI-generierten Inhalten. Prompts sollten so gestaltet sein, dass sie keine diskriminierenden oder voreingenommenen Ergebnisse hervorbringen. Behörden müssen sicherstellen, dass die von ihnen genutzten KISysteme auf fairen und vielfältigen Datensätzen basieren. Im Leitfaden „Faires KI-Prompting“ wird ausführlich darauf hingewiesen, dass Prompts neutral und inklusiv formuliert werden müssen, um allen Bürgern gerecht zu werden.
Best Practices für den Einsatz von KI in Behörden
Spezifische Prompts nutzen: Ein präziser Prompt führt zu genaueren Ergebnissen. Beispiel: „Analysiere die Bürgeranfragen nach Themengebiet und schlage Maßnahmen zur Verbesserung des Services vor.“
Kontext mitgeben: Durch die Angabe des genauen Anwendungsfalls oder der Zielgruppe können KI bessere und passgenauere Ergebnisse liefern. Beispiel: „Erstelle einen Leitfaden zur Steuererklärung für Seniorinnen und Senioren mit einfacher Sprache.“
Transparente KI-Nutzung: Behörden sollten stets nachvollziehbar machen, welche Entscheidungen
von KI getroffen wurden und wie die Prompts gestaltet waren, die zu diesen Entscheidungen geführt haben.
Frameworks für effektives Prompting Im Behördenumfeld haben sich verschiedene Prompting-Techniken etabliert, die helfen, klare und effektive Anweisungen an KI-Systeme zu geben. Eine dieser Techniken ist das ERA-Framework (Expectation, Role, Action), bei dem man zunächst die Erwartungen definiert, eine Rolle für die KI festlegt und abschließend eine spezifische Aktion beschreibt. Dies ist besonders nützlich, wenn es darum geht, präzise und zielorientierte Ergebnisse zu erhalten, wie etwa bei der Bearbeitung von Bürgeranfragen. Ein Prompt nach ERA könnte lauten: „Erwarte eine Zusammenfassung der letzten Sicherheitsberichte, übernimm die Rolle eines Analytikers und analysiere potenzielle Risiken.“ Ähnlich funktioniert das TAG-Framework (Task, Action, Goal), das sich auf eine klare Aufgabenstellung konzentriert. Hier steht die Aufgabe im Vordergrund, gefolgt von der auszuführenden Aktion und dem gewünschten Endziel. Diese Struktur hilft dabei, in bürokratischen Prozessen klare Ziele zu verfolgen, wie z. B. das Erstellen eines Berichts oder die Analyse von Daten zur Verbesserung des Bürgerservices. Das CARE-Framework (Context, Action, Result, Example) eignet sich hervorragend, um komplexe Anfragen in einem spezifischen Kontext zu stellen. Behörden können etwa den Kontext einer gesetzlichen Regelung beschreiben, eine Aktion von der KI fordern und ein gewünschtes Ergebnis mit einem Beispiel versehen. Diese Struktur ermöglicht es, die KI genau in den Kontext der Anfrage einzubetten, was besonders bei rechtlichen oder verwaltungstechnischen Themen von Vorteil ist. Beim RISE-Framework (Role, Input, Steps, Expectation) übernimmt die KI eine definierte Rolle, erhält spezifische Inputs, führt Schritte zur Bearbeitung aus und liefert Ergebnisse, die den Erwartungen entsprechen. Diese Technik ist besonders hilfreich, um iterative Prozesse zu begleiten und sicherzustellen, dass alle Schritte der Anweisung detailliert abgearbeitet werden.
Verwaltung neue Wege beschreiten, indem sie unterschiedliche Rollen einnimmt, Steuerungsverluste hier und da bewusst in Kauf nimmt, neue Formate anbietet und sich die gleichberechtigte Arbeit mit der Community zur Aufgabe macht.
Wandel ist möglich
Damit sind zwei zentrale Managementfelder aufgegriffen. Die Ergebnisse zeigen: Der Wandel ist also möglich – wenn man es möchte. In der aktuellen Veröffentlichung greifen wir weitere Bausteine einer Open-Source-Governance heraus und beschreiben, wie diese aussehen kann und muss, damit sie Open-Source-basierten Lösungen den Weg in die Kommunen ebnet. Wenn die Verwaltung in ein digitales Zeitalter mit einem starken Fokus auf Souveränität und Bürgernähe eintreten will, muss sie den Weckruf von Open Source ernst nehmen und als mindestens gleichwertige Option begreifen und behandeln. Es ist höchste Zeit, aufzuwachen und zu erkennen, dass öffentliche Gelder besser in offene, transparente Lösungen investiert werden sollten.
Das TRACE-Framework (Task, Request, Action, Context, Example) kombiniert klare Aufgabenstellungen mit spezifischen Anfragen und kontextuellen Informationen. Dies hilft besonders bei Anfragen, die mehrere Schritte erfordern oder bei denen spezifische Beispiele die KI bei der Ausführung unterstützen sollen. Behörden können mit TRACE komplexe Prozesse wie die Fallbearbeitung automatisieren, indem sie der KI präzise Anweisungen und Anwendungsbeispiele zur Verfügung stellen. Diese Frameworks bieten (nicht nur) Behörden strukturelle Ansätze, um präzise Prompts zu erstellen, die sowohl den spezifischen Anforderungen der öffentlichen Verwaltung als auch den hohen Standards in Bezug auf Transparenz und Effizienz gerecht werden. Gleichzeitig helfen sie, den Schutz sensibler Daten und den Fokus auf Fairness in den Services zu verbessern sowie den rechtlichen und ethischen Anforderungen gerecht zu werden. So kann der Einsatz von KI und Prompt Engineering einen wertvollen Beitrag zur Modernisierung der öffentlichen Verwaltung leisten.
*Eldar Sultanow ist CTO des Technologiebereichs Insights & Data bei Capgemini in Deutschland. Der Autor führt zum Thema „Künstliche Intelligenz in Aktion –Praxisnahes Prompt Engineering für Behörden“ regelmäßig Seminare durch. Weitere Informationen unter: www.fuehrungskraefte-forum.de
5. Februar 2025 | München
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6. Februar 2025 | München
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Die Lösung könne nicht sein, dass alles selbst gemacht werden müsse, erklärt er. Nachnutzug und Einer-für-alle(EfA)-Leistungen gäben den Kommunen mehr Freiraum. Aber damit dieser Effekt eintrete, müsse man sich über ein paar grundlegende Dinge einigen: Verwaltungsprozesse müssten vernetz gedacht werden und nicht, wie in den Vergangenheit häufig geschehen, als „alleinstehende Inseln“. Außerdem brauche es dauerhafte Prozessoptimierung und gut ausgebildete Führungskräfte. Diese müssten sich als „Möglichmacher“ verstehen und nicht nur als Personalverwaltung.
Auch mal unbeliebt machen
Auch in der Art und Weise, in der Digitalisierungsprojekte angegangen würden, müsse es ein Umdenken geben, findet Prof. Dr. Martin Hoffmann, Bürgermeister der Gemeinde Leopoldshöhe. Digitalisierungsvorhaben bräuchten einen klaren Zeitplan, damit sowohl Dienstleister als auch Behörden die Umsetzung entsprechend strukturieren könnten. Die Digitalbeauftragten seien dafür verantwortlich, immer wieder nachzuhaken, auch auf die Gefahr hin, sich unbeliebt zu machen. Wenn vorher definierte Ziele erreicht seien, dürfe man das auch gebührend feiern. Besonders wichtig ist es Hoffmann dabei, das alle Mitarbeitenden auf
Für eine effizientere Nutzung der verfügbaren Ressourcen seien Veränderungen der Arbeitsweisen und Strukturen notwendig: „Künstliche Intelligenz wird uns nicht retten“, betont Lars Hoppmann, geschäftsführender Vorstand bei VITAKO. Zudem werde sich die personelle Situation ab 2025 weiter verschärfen.
Gutachten empfahl Fusion
Wie Kompetenzen und Ressourcen effektiv gebündelt werden können, zeigt die Fusion der Ostwestfalen-Lippe-IT (OWL-IT). Die Fusion erfolgte durch die Gemeinschaft für Kommunikations-, Informations- und Datenverarbeitung (GKD) Paderborn, die Ostwestfalen-LippeIT und das Kommunale Rechenzentrum Minden-Ravensberg/Lippe (krz). Bereits seit den frühen 2000er-Jahren bestanden vielfältige Kooperationen zwischen den einzelnen Dienstleistern. Ein Gutachten
Verwaltungsdigitalisierung ganzheitlich und effizient umsetzen
(BS/tk) Zur Verwaltung 4.0 existieren 10.961 Meinungen: die des Bundes, der Länder und eine für jede Kommune in Deutschland, so Peter Adelskamp, Chief Digital Officer (CDO) der Stadt Essen und Leiter des Fachbereichs Digitale Verwaltung. Dass jeder Prozess tausendfach neu gedacht werde, verschlimmere den Fachkräftemangel in Behörden. Um diesem Problem Abhilfe zu schaffen, brauche es ein klares Ziel und eine Strategie.
In seiner Kommune mit 250 Verwaltungsmitarbeitenden hat der Bürgermeister von Leopoldshöhe oft teilweise nur einen Mitarbeiter pro Aufgabe.
dem Weg zur digitalen Kommune mitgenommen werden. „Wenn jemand Angst hat, dann hat er Angst. Das muss man ernst neh-
men“, so der Bürgermeister. Neben den nicht eingehaltenen Zeitplänen sieht Eckhard Riege, Berater für digitale Verwaltungstransfor-
mation und Change-Management für das Ministerium für Inneres, Bau und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern, noch ein wei-
Konsolidierung auf kleiner und großer Ebene für effektive Ressourcenbündelung
(BS/Paul Schubert) Kommunale IT-Dienstleister unterstützen die Kommunen beim Betrieb zentraler Rechenzentren und dezentraler Infrastruktur wie PCs und Servern. Zudem helfen sie bei der Bereitstellung von Fachapplikationen und Servicedienstleistungen. Die Anzahl der kommunalen Dienstleister variiert je nach Bundesland. Während es in Ländern wie Berlin, Hamburg, Baden-Württemberg und Hessen jeweils nur einen kommunalen Dienstleister gibt, sind es in Nordrhein-Westfalen über 30. Das Problem wird nur langsam angegangen.
mit vier zentralen Themenfeldern als Grundlage habe eine Vollfusion empfohlen, die schließlich am 1. Januar dieses Jahres umgesetzt worden sei, erklärte Hoppmann
NRW bundesweit mit der größten Zersplitterung Zu den Fusionsgründen zählten die stärkere Ausrichtung auf die Mitglieder sowie die Hoffnung, die zunehmende Komplexität und Dynamik der kommunalen IT-Themen besser bewältigen zu können, erläutert Hoppmann in Neuss. Nordrhein-Westfalen hat in diesem
Kontext ein besonderes Problem: In keinem anderen Bundesland ist die Zersplitterung der kommunalen Rechenzentren so ausgeprägt wie hier. Laut Angaben der OWL-IT gibt es in NRW über 30 kommunale Rechenzentren und IT-Dienstleister für die 427 kommunalen Gebietskörperschaften.
Größere Konsolidierung nötig Kerstin Pliquett, Geschäftsleiterin des KDN-Dachverbands kommunaler IT-Dienstleister, sieht dringenden Bedarf für eine Konsolidierung der Dienstleister. Dies zeige
auch die Entwicklung: Während es derzeit etwa 30 kommunale ITDienstleister in NRW gebe, seien es vor einigen Jahren noch 18 gewesen.. Ziel sei es, eine zentrale ITOrganisation in NRW aufzubauen. Dabei gehe es jedoch nicht darum, einen „Full-Service-IT-Dienstleister“ zu schaffen. Eine Konsolidierung könnte die Komplexität der IT durch Standardisierung minimieren, erklärte sie. Im KDN würden bereits seit 2022 entsprechende Strategien entwickelt, und auch der Austausch zwischen den Mitgliedern nehme zu.
teres häufiges Problem. OZG-Projekte hätten für die Bürgerinnen und Bürger mehr verändert als für den eigentlichen Verwaltungsablauf. Er plädiert dafür, Projekte immer Ende zu Ende zu denken, denn in der juristischen Sicht gebe es kein getrenntes Front- und Backend. Aus komplexen Vorgängen müssten dabei einfache Lösungen entstehen, wo möglich als EfA-Leistung. „Wer Angst vor Komplexität hat, sollte nicht in die Verwaltung gehen“, warnt er.
Einfach machen Bis August verantwortete Riege selbst als stellvertretender Abteilungsleiter im mecklenburgischen Innenministerium und verantwortete dort die EfA-Leistung „Digitale Baugenehmigung“. Sein Rat für so große Projekte: Einfach machen! Denn wenn alle gefragt werden, dann „geht alles nicht“. In Bezug auf den digitalen Bauantrag habe er oft gehört, da habe man schon eine eigene Lösung. Mittlerweile nutzen den Antrag schon elf der 16 Bundesländer. Der Rest soll folgen. Mit beteiligt am digitalen Bauantrag war auch Sirko Scheffler, Geschäftsführer von brain SCC. Er ergänzt: Für alle digitalen Verwaltungsleistungen, egal ob groß oder klein, sei es entscheidend, dass sie auch weiterentwickelt würden. Sonst seien sie schnell von der Zeit überholt.
Für die weitere Entwicklung des noch offenen Projekts wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und dem KDN koordiniert. Auch die Kommunen und die kommunalen IT-Dienstleister sollen eng eingebunden werden. „Jeder Träger kann sich am Aufbau beteiligen“, erklärt Pliquett. Ob und in welchem Umfang das Land NRW oder it.nrw beteiligt werden, ist noch offen.
Vorbild OWL-IT
Insgesamt ist die dringend benötigte Konsolidierung der IT-Dienstleister in Nordrhein-Westfalen noch ein laufendes Projekt. Angesichts der Tatsache, dass auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene bereits über 55.000 Beschäftigte fehlen, ist eine Reduzierung der Komplexität dringend notwendig. Als positives Beispiel dient dabei der Erfolg der OWL-IT, auf den man auch in Neuss verweist.
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Hersteller können jetzt gezielter auf die spezifischen Anforderungen von indigo und Knox Native Solution hin entwickeln, notwendige Anpassungen effizienter umsetzen und schneller zertifizieren lassen. Damit ist eine wegweisende Lösung auf den Markt gekommen, die den öffentlichen Sektor bei der Digitalisierung unterstützt: Einerseits erfüllt sie die hohen Sicherheitsanforderungen für den Umgang mit sensiblen Daten auf Geheimhaltungsstufen wie VSNfD, andererseits ermöglicht sie Behörden den verstärkten Einsatz moderner und mobiler Endgeräte, um die dringend notwendige Digitalisierung voranzutreiben.
Ultramobiles Arbeiten
Durch den technologischen Fortschritt und die nativ in den Plattformen verankerte IT-Security wird auch die Vision des ultramobilen Arbeitens in Behörden sukzessive Realität. Anstatt sich auf stationäre Arbeitsplätze oder nur teilweise auf mobile Geräte zu verlassen, verfolgt das Konzept wirkliche Flexibilität und ortsunabhängiges Arbeiten. Tablets und Smartphones lassen die Grenzen zwischen stationärer und mobiler Arbeit zunehmend verschwimmen. Die Arbeitsmittel passen sich situativ der jeweiligen Umgebung an – ohne dabei Abstriche bei der Nutzungsfreundlichkeit oder
BSI-Lagebericht fasst IT-Bedrohungen zusammen
(BS/cb) Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat seinen Lagebericht 2024 veröffentlicht. Die Gefahrenlage durch Cyber-Angriffe sei „besorgniserregend“, bringt es BSI-Präsidentin Claudia Plattner auf den Punkt. Und die nächste (Neu-)Wahl steht schon an.
Plattner stellte den 114-seitigen Bericht gemeinsam mit Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und für Heimat, vor. Im Erfassungszeitraum von Juni 2023 bis Juli 2024 seien über 300.000 neue Schadprogramme bekannt geworden – pro Tag. Das sind 26 Prozent mehr als im Vorjahresbericht. Besonders anfällig für diese Programme seien 64-Bit-Windows-Varianten sowie ältere Android-Systeme, für die es teilweise keine Updates mehr gebe.
Als größte Bedrohung für IT-Sicherheit geht Ransomware aus dem Bericht hervor. Damit hacken sich Cyber-Kriminelle in die IT-Systeme von Organisationen, verschlüsseln deren Daten und fordern anschließend Lösegeld (Englisch: ransom).
Das durch Ransomware-Attacken weltweit erbeutete Lösegeld wird auf über 1,1 Milliarden US-Dollar beziffert. Die Dunkelziffer liegt vermutlich sehr viel höher.
Cyber-Opfer Kommunen
Das BSI beobachtet Deutschlands Cyber-Lage in fünf Dimensionen. Die ersten vier beschreiben Ebenen von Cyber-Attacken von unterschiedlicher Qualität: Bedrohung, Angriffsfläche, Gefährdung und Schadwirkung. Die fünfte Dimension ist die Resilienz, „die den vier anderen Dimensionen positiv entgegenwirkt“, wie es auf der Website des BSI heißt. In der Dimension Gefährdung waren laut Plattner besonders DDoS-Angriffe (Distributed Denial of Service) „alarmierend“, bei denen IT-Systeme absichtlich überlastet werden. Im ersten Halbjahr 2024 wurde eine DDoS-Verdopplung von 6,5 auf 13 Prozent erfasst. Auch öffentliche Cloud-Strukturen seien häufiger angegriffen worden als je zuvor. Die vierte Dimension, die Schadwirkung, macht deutlich, dass längst auch kleine
SecurePIM von Materna ermöglicht sichere Endgerätenutzung
(BS/Volkan Gümüs*) Erstmals stehen deutschen Behörden mit der BSI-Zertifizierung von indigo und Knox Native Solution (KNS) mobile Plattformen mit nativ integrierter Sicherheit zur Verfügung. Einerseits schafft die Zulassung mehr Vertrauen für den Einsatz von Smartphones und Tablets im öffentlichen Sektor. Andererseits verringern sie auch die Hürden für die Entwicklung und Genehmigung neuer Applikationen und Fachverfahren für Smartphones und Tablets.
Sicherheit zu machen. So können
Mitarbeitende des Ordnungsamts im Außendienst mit ihren mobilen Endgeräten dieselben Aufgaben erledigen wie am PC im Büro, inklusive gesicherter Datenübertragungswege. Die Nutzungserfahrung bleibt dabei konsistent und alle Endgeräte können die Anwendungen identisch darstellen. Selbst bei einem Wechsel der Hardware bleibt die Software für die Nutzenden unverändert intuitiv und voll funktionsfähig, was eine optimierte Usability sicherstellt. Funktionalität durch TrustDok Auch wenn die Voraussetzungen für den ultramobilen Arbeitsplatz geschaffen sind, ist das endgültige Ziel noch nicht erreicht. Das liegt zum einen an noch ungeklärten Fragen im Bereich der Cloud, die eine Souveränität der Daten ohne Wenn und Aber sicherstellen muss. Zum anderen befindet sich auch das Ökosystem für Anwendungen noch in den Kinderschuhen. Von Haus aus liefern indigo und Knox Native Solution lediglich zugelassene Ba-
sisfunktionen wie Mail, Kalender und Kontakte. Einige weitere wichtige Funktionalitäten sind dennoch bereits abgedeckt, zum Beispiel mit TrustDok von Materna Virtual Solution, der ersten für indigo zugelassenen App überhaupt. Während der Dokumenten-Editor das Bearbeiten, Speichern und Versenden von vertraulichen Dokumenten auf VS-NfD-Niveau ermöglicht, stellt der Intranet-Browser TrustOwl eine gesicherte VPN-Verbindung zum Behördennetzwerk her. Hier können Administratoren bestimmen, in welchem Umfang Mitarbeitende Zugriff auf das Intranet erhalten. Interne Applikationen sind auf diese Weise immer erreichbar.
Mehrere Anwendungen parallel Positiv auf die weitere Entwicklung des Ökosystems wird sich ebenfalls auswirken, dass iOS- und AndroidBetriebssysteme technisch so weit fortgeschritten sind, dass sie mobile Anwendungen auch auf großen Bildschirmen und Desktops wiedergeben können – also etwa ver-
schiedene Anwendungen parallel nebeneinander laufen und an die höhere Auflösung angepasst sind. Mischbetrieb mit SecurePIM Bereits vor der BSI-Zulassung für indigo und der Einsatzerlaubnis für Knox Native Solution etablierte Materna Virtual Solution mit der Container-Lösung SecurePIM eine der wenigen zugelassenen Lösungen auf dem Markt, die essenzielle Funktionen wie E-Mail, Kalender, Kontakte, Dokumentenbearbeitung, Browser, Aufgaben und Notizen in einer einzigen Anwendung bündelt. SecurePIM sorgt für einen geschützten Bereich auf dem mobilen Endgerät, der sowohl den Zugriff durch andere Apps als auch das unerwünschte Abfließen sensibler Daten verhindert. Dabei bleibt SecurePIM auch auf indigo und KNS-konformen Umgebungen vollständig funktionsfähig und lässt sich nahtlos in Übergangsszenarien oder im Mischbetrieb mit indigo- und KNS-kompatiblen Apps betreiben. Der nächste Schritt be-
und mittlere Unternehmen sowie Kommunen Opfer von Cyber-Verbrechen werden: Angriffe wie auf den kommunalen IT-Dienstleister Südwestfalen-IT können Kommunen tage- oder wochenlang lahmlegen, Jobs in der Verwaltung gefährden und personelle Konsequenzen sowie hohe Mehrkosten nach sich ziehen.
Neuer Hacktivismus
Der Lagebericht macht deutlich, dass Cyber-Akteure nicht mehr nur monetäre Interessen verfolgen. Beim Hacker-Aktivismus, kurz Hacktivismus, operieren professionelle Hacker-Gruppen im Auftrag von Regierungen, um andere Staaten zu destabilisieren. Im Berichtszeitraum hat das BSI 22 aktive APT-Gruppen (Advanced Persistent Threat) erfasst, die hochprofessionelle Cyber-Angriffe ausführen und über einen längeren Zeitraum im IT-System der Opfer verbleiben. Die Gruppe APT28, die dem russischen Geheimdienst zugeordnet wird, gilt als verantwortlich für den HackerAngriff auf die SPD-Parteizentrale im Mai 2024.
Entscheidende Dimension Resilienz
Dass der Staat durchaus resilient ist, zeigen erfolgreiche Gegenschläge wie die „Operation Endgame“, bei der das Bundeskriminalamt (BKA) und Europol sechs der gefährlichsten Schadsoftware-Gruppen ausschalteten. Zudem seien die vielen Wahlen in Deutschland „ohne nennenswerte Cyber-Sicherheitsvorfälle abgelaufen“, resümiert Plattner Für die Neuwahl des Bundestags 2025 müsse man sich allerdings „gegen Desinformation besonders wappnen“, ergänzt Faeser. Der Angriff Russlands auf die Ukraine sei „auch für die IT-Sicherheit in Deutschland eine Zeitenwende“.
steht nun darin, das Ökosystem an behördlichen Fachanwendungen weiter auszubauen und dem öffentlichen Sektor alles an die Hand zu geben, was für die ultramobile Arbeit notwendig ist.
Schnellere Zulassungen
Eine Schlüsselrolle spielen dabei Integratoren wie Materna Virtual Solution, die als Brücke zwischen Softwareherstellern und dem BSI agieren. Mit ihrer Expertise beschleunigen sie Zulassungsverfahren für mobile Fachanwendungen und treiben das Wachstum des Ökosystems rund um die neuen Sicherheitslösungen voran. Materna Virtual Solution bündelt hierfür neben dem eigenen Produkt- und Dienstleistungsportfolio langjährige Expertise in der Zusammenarbeit mit dem BSI und fundiertes Wissen über die Zulassungsprozesse im eigenen indigo- und Knox Native Solution-Kompetenzcenter. Das Unternehmen steht in engem Kontakt mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und den Herstellern Apple und Samsung, um Freigabeprozesse effizienter zu gestalten und Softwarehersteller über den gesamten Lebenszyklus nativer Anwendungen zu unterstützen.
*Volkan Gümüs ist Geschäftsführer bei Materna Virtual Solution.
Behörden Spiegel: Welche ITProjekte sind bei Ihnen aktuell in der Umsetzung?
Kerkhoff: Wir möchten den Parkvorgang digitaler gestalten und haben dafür einen Förderantrag gestellt. Dabei orientieren wir uns an Vorreitern aus dem Münsterland, die dieses Vorhaben als eine Smart-City-Leistung umgesetzt haben. Ich würde allerdings gerne auf unsere strategischen Grundentscheidungen eingehen: 2021 haben wir einen Digitalausschuss eingerichtet. Dort werden die entsprechenden Digitalprojekte koordiniert und hinsichtlich benötigter Mitarbeitender sowie des Budgets geprüft. In der Behördenstruktur haben wir ebenfalls einige Anpassungen vorgenommen. Der Fachbereich IT wurde aus dem Bereich Personal und Organisation herausgelöst und als eigenständiger Bereich etabliert. Dieser Fachbereich hat mittlerweile rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, da die Themen sehr umfangreich geworden sind.
Früher hatten wir zusätzlich eine separate Arbeitsgruppe für Verwaltungsdigitalisierung. Der IT-bezogene Teil dieser Gruppe ist nun im Fachbereich IT angesiedelt, während der organisatorische Teil wieder dem Fachbereich Personal und Organisation zugeordnet wurde. Viele IT-Themen haben auch eine organisatorische Komponente, die wir klar trennen wollten.
Behörden Spiegel: An welchen Themen arbeiten Sie noch und haben Sie sich Schwerpunkte gesetzt?
Kerkhoff: Wir befassen uns weiterhin mit klassischen Themen der Verwaltungsdigitalisierung. Dazu gehört unter anderem, die digitalen Prozesse besser zu erklären. Wir haben dafür
Business Continuity Management für mehr Resilienz
(BS) Thomas Kerkhoff ist seit 2020 Bürgermeister der Stadt Bocholt und hat in seiner Amtszeit neben Corona und der OZG-Umsetzung auch den Cyber-Angriff auf die Südwestfalen-IT miterlebt. Die Grenzstadt hat einen modernen und internationalen Schwerpunkt und hat sich in den letzten vier Jahren umfangreich mit IT-Themen beschäftigt. Was für Folgen der Angriff auf Kommunen in Nordrhein-Westfalen hatte und auf welchem Stand die Verwaltungsdigitalisierung der Grenzstadt ist, hat er Anna Ströbele und Paul Schubert erzählt.
Beigeordneten besteht. Hier tauschen wir uns fachlich aus und größere Kommunen entwickeln gelegentlich Projekte für kleinere Kommunen.
„Wir haben konkrete Maßnahmen ergriffen um unser Information Security Management System und Business Continuity Management zu entwickeln.“ Bürgermeister Thomas Kerkhoff (CDU) legt einen seiner Schwerpunkte nach dem CyberAngriff auf die Südwestfalen-IT auf die Cyber-Sicherheit. Foto: BS/Stadt
unsere Homepage neu gestaltet, auf der auch unsere Leistungen bereitgestellt werden. Zudem haben wir das digitale Bezahlen eingeführt und das Servicekonto NRW sowie die BundID integriert. Dabei achten wir stets darauf, keine Medienbrüche zu verursachen und die Abläufe vollständig digital zu gestalten.
Behörden Spiegel: Wie ist die Stadt Bocholt in der Zusammenarbeit mit anderen Kommmunen und Trägern aufgestellt?
Kerkhoff: Unsere interkommunale Zusammenarbeit findet auf zwei Ebenen statt. Zum einen sind wir dem Zweckverband „Kommunale Anwendergemeinschaft“ beigetreten, der im westlichen und nördlichen Münsterland aktiv ist. Dort arbeiten wir mit rund 40 Kommunen zusammen, insbesondere bei der Beschaffung und der Umsetzung von Dienstleistungen. Zum anderen sind wir im „Arbeitskreis Digitalisierung“ aktiv, der auf Ebene der Arbeitsgemeinschaft der Bürgermeisterinnen, Bürgermeister und
Behörden Spiegel: Kommunen geraten immer wieder ins Visier von Cyber-Kriminellen. Welche Rolle spielt IT-Sicherheit bei Ihnen?
Kerkhoff: Der Vorfall bei der Südwestfalen-IT hat die kommunale Szene sensibilisiert und diese Themen stehen bei uns weit oben auf der Agenda. Wir haben konkrete Maßnahmen ergriffen, um unser Information Security Management System (ISMS) und unser Business Continuity Management (BCM) zu entwickeln. Für die nächsten zwei
Jahre haben wir eine klare Struktur definiert, um diese Bereiche voranzubringen. Beispielsweise führen wir für externe Dienstleistungen, die den Mitarbeitenden bereitgestellt werden, konsequent eine Zwei-Faktor-Authentifizierung ein. Beim BCM sehen wir allerdings noch Verbesserungspotenzial. Die „B-Hard“Analyse, die das Land NRW finanziert hat, war dabei ein hilfreiches Instrument. Die Stadt Bocholt hat in der Analyse gut abgeschnitten, doch insbesondere im Bereich BCM müssen wir nachsteuern – etwa in Bezug auf Organisationsabläufe, Systemhandbücher und Ablaufdokumentationen.
Behörden Spiegel: Welche weiteren Maßnahmen gibt es?
Kerkhoff: Wir haben an klassischen Maßnahmen gearbeitet, etwa an der Härtung der Firewall und an der Zusammenarbeit mit Dienstleistern, die Aktivitäten und Störungen in unserem Verwaltungsnetz frühzeitig erkennen. Unser Ziel ist es, Angreifenden den Zugang zum Netzwerk zu verwehren und unsere Handlungsfähigkeit zu sichern. Unser Leitsatz lautet: Es geht nicht darum, ob Vorfälle eintreten, sondern wann.
Behörden Spiegel: Haben Sie bereits Erfahrungen mit Cyber-Angriffen gemacht?
Kerkhoff: Ja, wir haben konkrete Phishing-Versuche erlebt. CyberKriminelle haben versucht, unsere Kontostände zu erfragen oder Überweisungen anzufordern. Diese Vorfälle sind jedoch beherrschbar. Wir erkennen sofort, wenn eine E-Mail von einem externen Absender stammt und können überprüfen, ob sie von einem vertrauenswürdigen Anbieter kommt. Unsere Mitarbeitenden sind für solche Szenarien sensibilisiert.
Behörden Spiegel Berlin und Bonn / Dezember 2024
www.behoerdenspiegel.de
(BS/lm) Der ohrenbetäubende Knall riss die Nachbarn in den frühen Morgenstunden aus den Betten. Glas und Trümmerteile flogen durch die Luft und prasselten auf den Gehweg in der Kölner Ehrenstraße. Zum Glück wurde niemand verletzt – die Straße ist eine beliebte Einkaufsmeile, kurze Zeit später von zahlreichen Passanten frequentiert.
Der Bombenanschlag im Spätsommer war Teil einer Serie ausufernder Gewalt inklusive Erpressungen, Entführungen und Folterungen. Statt, wie anfänglich vermutet, der „Mocro-Mafia“ aus den Niederlanden, scheint inzwischen klar, dass ein Bande aus Köln-Kalk hinter den Anschlägen steckt.
„Mit dem Geld kommen die Waffen“
Nancy Faeser, Bundesinnenministerin
Begonnen hatte alles mit dem Diebstahl von 300 Kilo Haschisch mit einem Marktwert von anderthalb Millionen Euro aus einer Lagerhalle in Hürth bei Köln. Mit den Bomben wollten die ursprünglichen Besitzer die Diebe wohl einschüchtern, um ihren Stoff zurück zu erhalten oder zumindest eine entsprechende Entschädigung. Es wird vermutet, dass die Kölner Gruppierung den Weiterverkauf der Drogen in Deutschland organisiert und Hilfe aus dem Nachbarland anheuerte. Die „Mocro-Mafia“ selbst soll aber nicht direkt hinter den brutalen Aktionen stecken.
„Mocro-Mafia“ ist schon da Die Anschlagsserie gab einen Vorgeschmack auf das, was droht, sollte sich der Einfluss der Gruppe tatsächlich in Deutschland ausweiten. Denn Bomben sind ihre Spezialität und ihr Markenzeichen. In den Niederlanden hat sich die Zahl der Sprengstoffanschläge 2023 auf tausend Fälle verdreifacht. Nachdem die dortigen Banken ihre Si-
cherheitssysteme verstärkt hatten, wich die Bande auf das grenznahe Ausland aus. Dabei bevorzugen die Täter Geldautomaten in ländlichen Gegenden nahe der Autobahn, um schnell unerkannt in hochgetunten Fahrzeugen flüchten zu können. Längst terrorisiert sie auf der Suche nach dem schnellen Geld nicht mehr nur den grenznahen Raum mit Geldautomatensprengungen. In Bayern wurde 2022 mit 37 Sprengungen ein Höchstwert erreicht.
Auch hier ist das Vorgehen von äußerster Brutalität geprägt.
Gewerkschaften besorgt
Die Qualität der Gewalt ist neu. Um Schlimmeres zu verhindern, fordern Sicherheitsbehörden den Einsatz aller technischen Möglichkeiten im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität (OK). Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) forderte auf der BKA-Herbsttagung (Mehr dazu auf Seite 33), dass endlich die anlasslose IP-Adressenspeicherung realisiert wird: „Wir brauchen diese Daten. Oft sind sie der einzige Weg, den Opfern schwerster Straftaten Gerechtigkeit zu verschaffen und die Täter zu identifizieren." In den Niederlanden schockte 2021 die Ermordung des Investigativ-Journalisten Peter de Vries die Gesellschaft. Einschüchterungsversuche und Morddrohungen gegen ermittelnde Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter seien auch hierzulande keine Seltenheit mehr, sagt BKA-Vizepräsidentin Martina Link Die Polizeigewerkschaften zeigen sich besorgt. Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), fordert Auskunftssperren im Melderecht ohne besondere Begründung für Beschäftigte der Sicherheitsbehörden, um ihr Privatleben zu schüt-
zen. Auch Jochen Kopelke, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sieht in Änderungen im Bundesmeldegesetz eine Lösung. Zudem nehme die GdP „die Behörden in die Pflicht, die Daten Ihrer Beschäftigten vor externem Zugriff wirksam zu schützen“. Dagegen setzt der BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ) vor allem auf Ausbildung und Aus- bzw. Aufrüstung mit modernen Führungsund Einsatzmitteln. Manchmal drohen die Banden aber auch nicht, sondern locken. Wie den 39-jährigen Hannoveraner Staatsanwalt oder den 25-jährigen Bonner Polizeikommissar, denen vorgeworfen wird, gegen Geld Dienstgeheimnisse an Drogenbanden weitergegeben zu haben. Um möglichen Anwerbeversuchen von Beamtinnen und Beamten seitens der OK entgegenzutreten, sieht Kopelke „soziale Ansprechpartner innerhalb [der] Behörden mit niedrigschwelligen Beratungsangeboten“ als guten Ansatz, während Wendt auf (elektronische) Kontrollen setzt. Für den BDZ ist das Problem hausgemacht: „Der korrumpierende Einfluss der OK wächst vor allem deshalb, weil diese die enormen Gewinne aus ihren Straftaten weitgehend unbehelligt reinvestieren können.“
Lukrativer Drogenhandel OK-Gruppierungen sind in allen Bereichen der Kriminalität tätig. Hauptbetätigungsfeld bleibt aber der Rauschgifthandel und -schmuggel – das zeigt das aktuelle Bundeslagebild des BKA. 2023 hatten 41 Prozent der deutschen Verfahren im OK-Bereich mit Drogen zu tun. Das Ende letzten Monats veröffentlichte NRW-Lagebild zur Clan-Kriminalität zeigt, dass bei
türkisch-arabischen Clans neben Rohheitsdelikten und Straftaten gegen die persönliche Freiheit (2.145 Fälle) auch Rauschgiftdelikte (579 Fälle) „von erheblicher Bedeutung“ sind. Gut möglich also, dass es sich bei der Kölner Anschlagsserie um Auseinandersetzungen im ClanMilieu handelte: Von den bislang 35 Beschuldigten und 15 in Haft Sitzenden gelten ein 22-jähriger Deutsch-Iraker und ein 25-jähriger Deutscher mit türkischen Wurzeln als die wichtigsten Festnahmen. Noch mehr Geld als mit dem Cannabis-Handel lässt sich mit Kokain verdienen. Aufsehen erregte der Rekordfund der Droge in ÜberseeContainern im Hamburger Hafen vor gut einem Jahr. Insgesamt 35,5 Tonnen stellte der Zoll damals sicher – Straßenverkaufswert: mehr als zweieinhalb Milliarden Euro. Auch in diesem Fall ergaben die Ermittlungen zwei Personen aus dem türkisch-arabischstämmigen Clan-Milieu, ehemalige Hells Angels aus Köln. Die Übergänge scheinen fließend, es geht ums Geschäft. Die Nachfrage nach Kokain ist groß, die Gewinn-Margen sind gewaltig und scheinen jedes Risiko, jede Gewalttat zu rechtfertigen. Längst ist die Droge in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Es koksen Studenten, Banker, Rechtsanwälte und Polizisten. Die Produktion des weißen Stoffes in Südamerika läuft auf Hochtouren, er kommt in immer größeren Mengen und immer reinerem Zustand in Europa an.
Schotten dicht machen Der Staat versucht nun, gegenzusteuern. Die Bundesinnenministerin eilte im Februar nach einer Warnung der US-Sicherheitsbehörden, die südamerikanischen Kartelle
würden mit aller Macht nach Europa drängen, nach Südamerika und erreichte ein Sicherheitsabkommen mit Peru. In Ecuador wurde ein Verbindungsbeamter des BKA fest installiert, mit Brasilien gründete man gar gemeinsame Ermittler-Teams. Noch im Januar hatte Deutschland mit Belgien, den Niederlanden, Frankreich, Italien und Spanien die „Europäische Hafenallianz“ gegründet, um des Drogenschmuggels Herr zu werden und die europäischen Hochseehäfen vor krimineller Unterwanderung zu bewahren. Zuletzt war das Kokain vor allem über Rotterdam und insbesondere Antwerpen nach Europa gelangt. Doch die beiden Benelux-Staaten haben aufgerüstet, verfügen in ihren Häfen mittlerweile über eine hohe Kontrolldichte mit Drohnenund Videoüberwachung. Belgien und die Niederlande machen ernst im Kampf gegen Drogen, nachdem sie lange Jahre eine Politik des Laisser-faire gepflegt hatten. Rotterdam verfügt inzwischen in jedem seiner acht Terminals über Röntgen-Scanner zum Durchleuchten von Hochsee-Containern. In Antwerpen sollen es bis Ende des Jahres fünfzehn sein. Und Deutschland? Hamburg hat einen Scanner außerhalb des Terminal-Bereichs und einen mobilen Scanner, der in Lübeck stationiert ist. Immerhin konnte man nach der Gründung der „Allianz Sicherer Hafen Hamburg“ mittlerweile das Hafensicherheitszentrum (HSZ) in Betrieb nehmen (Mehr dazu auf Seite 32). Doch muss unbedingt nachgerüstet werden, denn die Routen der Drogen folgen immer dem Weg des geringsten Widerstands. Deutschland muss sich den neuen Gegebenheiten anpassen und Lösungen finden.
Laut dem Glücksatlas sind die Menschen in keiner Stadt Deutschlands so zufrieden wie in Hamburg. Grund dafür ist mitunter das starke Sicherheitsgefühl in der Hansestadt. So sieht es zumindest der Erste Bürgermeister Hamburgs, Dr. Peter Tschentscher (SPD). „Die Polizei in Hamburg hat einen sehr guten Ruf“, betonte Tschentscher während des diesjährigen Polizeitags Hamburg. Bürgerinnen und Bürger der Stadt begrüßten speziell die hohe Präsenz der Polizei.
Mit einer Gesamteinwohnerzahl von fast 5,4 Millionen Menschen in der Metropolregion Hamburg und davon über 1,9 Millionen alleine in der Hansestadt müssen sich die Sicherheitsbehörden mit diversen Deliktbereichen auseinandersetzen. „Wir sind ein Sicherheitsraum, der nicht einfach ist, der anspruchsvolle Sicherheitsarbeit erfordert“, erklärte der Erste Bürgermeister. Das sei im Alleingang nicht zu schaffen – entscheidend sei eine enge Zusammenarbeit.
Tatort Hauptbahnhof
Mit der „Allianz Sicherer Bahnhof“ versucht die Stadt Hamburg bereits seit über einem Jahr, gegen Kriminalität am Hamburger Hauptbahnhof vorzugehen. Der Titel des „gefährlichsten Bahnhofs Deutschlands“ konnte somit bereits abgelegt werden. In einer ersten Bilanz im Oktober dieses Jahres berichtete die Innenbehörde Hamburgs davon, dass die dort agierende Bundespolizeidirektion Hannover an Deutschlands meistbesuchtem Bahnhof insgesamt 290 Gewalttaten registrieren konnte. Im Vorjahr lag diese Zahl noch bei insgesamt 720 Gewaltdelikten. Zur Allianz gehören ein Waffen- und Alkoholverbot, verstärkte Videoüberwachung und die sogenannten „Quattro-Streifen“. Seit April 2023 sind erstmalig Kräfte der Polizei Hamburg, der Bundespolizei, der DB Sicherheit und der Hochbahn-Wache täglich rund um den Bahnhof in gemeinsamen Streifen unterwegs. So haben die „QuattroStreifen“ seit dem Frühjahr rund 5.300 Menschen am Hauptbahnhof kontrolliert. Dabei fertigten sie mehr als 430 Strafanzeigen an und setzten das Hausrecht in über 1.200 Fällen durch. Das Vierer-Streifen-Modell findet inzwischen auch in anderen Städten in Deutschland Anklang. So ist in der Hansestadt Bremen seit Kurzem eine solche Streife im Einsatz. In Hannover läuft die Planung. Auf dem Polizeitag Hamburg sprach auch Falk Schnabel, Polizeipräsident der Stadt Hamburg, von einem großen Erfolg durch die gemeinsame Arbeit. „Die sichtbare Präsenz trägt deutlich zu einer Stärkung des Sicherheitsempfindens bei“, erklärte Schnabel. Die Bevölkerung wünsche sich mehr Präsenz der Polizei im gesamten
(BS/Mirjam Klinger) Ob Drogenschmuggel am Hafen oder Messergewalt am Hauptbahnhof: Als zweitgrößte Stadt
Deutschlands muss sich Hamburg diversen Sicherheitsrisiken stellen. Die Hansestadt begegnet der Kriminalität mit weitreichenden Kooperationen innerhalb des Sicherheitsnetzwerks. Doch nicht für alle Sicherheitsbehörden ist eine Zusammenarbeit möglich.
Als Vertreter der Sicherheitsbehörden verständigten sich unter anderem Jan Hieber, Leiter des LKA Hamburg, Andy Grote, Innensenator Hamburgs, und Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister von Hamburg, zum Abschluss des Hamburger Hafensicherheitsgipfels auf eine gemeinsame Erklärung zur Stärkung der Sicherheit des Hamburger Hafens. (v.l.n.r.)
öffentlichen Raum. Eine Schwierigkeit sieht Schnabel jedoch darin, diese auch weiterhin hochzuhalten. „Diese Präsenzkräfte sind dieselben, die auch bei Großveranstaltungen im Einsatz sind“, erklärte der Polizeipräsident.
Durch die steigende Anzahl an Versammlungen, wie beispielsweise durch Fußballspiele oder Demonstrationen, könnte es insgesamt zu einer geringeren Präsenz der Kräfte kommen. Kooperationen auch mit privaten Sicherheitsfirmen, beispielsweise wie beim Hamburger Dom, entlasteten dagegen die Polizeibeamtinnen und -beamten deutlich. „Alleine kann das die Polizei nicht stemmen“, betonte Schnabel deutlich.
Auch Horst Niens , Vorsitzender des Landesbezirks Hamburg der Gewerkschaft der Polizei (GdP), betonte, dass die Innere Sicherheit nicht ausschließlich Aufgabe der Polizei sein könne: „Da ist die gesamte Gesellschaft, ist der gesamte Behördenapparat ohne Ausnahme gefordert.“ Die Rolle der Polizei in dieser Sicherheitsstruktur erklärte Niens wie folgt: „Da sind wir als Polizei – die sichtbaren Ansprechpartner in den Quartieren vor Ort – diejenigen, die filtern und Informationen dann weitergeben.“
Die Polizei verkörpere den Staat im öffentlichen Raum und könne dadurch die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger, speziell wenn diese nicht unter den Aufgaben-
Der Erste Bürgermeister Hamburgs, Peter Tschentscher, erklärte auf dem Hamburger Polizeitag, dass Kriminalität vielfältige Ursachen habe und ihre Bekämpfung somit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei.
bereich der Polizei fielen, an die zuständigen Stellen weiterleiten.
Kokain kommt in Massen Als drittgrößter Hafen Europas ist der Hafen Hamburg in besonderer Weise vom international organisierten Rauschgifteinfuhrschmuggel betroffen. In den vergangenen Jahren hat sich der Hafen zu einem europäischen Haupteinfallstor für den internationalen Kokainschmuggel entwickelt. Mehr als 30 Tonnen Kokain wurden im letzten Jahr im Hamburger Hafen sichergestellt – mit steigender Tendenz. „Der Einfuhrschmuggel von Kokain über die Seehäfen ist ein Brennpunkt, auf den die Zollbehörde aktuell einen Fokus legt“, erläuterte Markus Tönsgerlemann, Abteilungsleiter des Zollkriminalamts beim diesjährigen Digitalen Zolltag. Um dieser Form Organisierter Kriminalität (OK) zu begegnen und Schutzmaßnahmen fortentwickeln zu können, wurde im Rahmen des Hamburger Hafensicherheitsgipfels am 30. Oktober 2023 die „Allianz Sicherer Hafen Hamburg“ gegründet. Die institutionsübergreifende Kooperation zwischen Polizei, Zoll, Hamburg Port Authority (HPA) sowie, anlassbezogen, Staatsanwaltschaft und BKA arbeitet mit der Hafenwirtschaft regional, national und international zusammen. Weitere Säulen der Allianz sind unter anderem verschiedene Arbeitsgruppen zu Präventionsarbeit,
Eine neue Sicherheitsstrategie der EU müsse den Zoll in den Fokus nehmen, sagte Lena Düpont (CDU), Mitglied des EU-Parlaments, im Rahmen des Digitalen Zolltags.
burg geführt wurde. „Darauf sind wir alle sehr stolz“, konstatierte der Kontrollbeamte.
Foto: BS/Senatskanzlei Hamburg
IT und Sicherheitstechnik sowie Risikoanalyse. Zudem wurde im Juni dieses Jahres das Hafensicherheitszentrum (HSZ) gegründet. An der Umsetzung des Zentrums waren neben dem Hamburger Zoll das Bundeskriminalamt, die Behörde für Inneres und Sport und auch die Staatsanwaltschaft Hamburg unterstützend beteiligt. Ziel des Zentrums ist die Stärkung der Sicherheit am Hafen. Hierfür soll das Zentrum zu schnellerem Austausch zwischen den betroffenen Behörden und der Wirtschaft führen. Weitere Aufgaben sind das Erstellen einer umfassenden Analyse aller verfügbaren Informationen und die Unterstützung und Koordinierung gemeinsamer Einsatzmaßnahmen mit nationalen sowie internationalen Strafverfolgungsbehörden. Laut Johannes Wierk Kontrollbeamter und Mitglied des Hafensicherheitszentrums, können in anderen Ländern bereits Erfolge bei ähnlichen Projekten beobachtet werden. Und auch das Zentrum selbst hat im September am Hamburger Hafen 2,1 Tonnen Kokain sichergestellt und 12 Festnahmen vollzogen. „Bei diesem Fall fand die Erstinformationsgewinnung durch das Hafensicherheitszentrum statt“, erklärte Wierk während des Digitalen Zolltags. Daraus entwickelte sich dann schließlich ein Ermittlungsverfahren, das durch die gemeinsame Ermittlungsgruppe „Rauschgift“ in Ham-
Getrennt und doch zusammen Aus einem anderen Blickwinkel argumentierte Torsten Voß, Leiter des Landesamts für Verfassungsschutz Hamburg. Voß kritisierte die eingeschränkten Kooperationsmöglichkeiten zwischen Polizei und Verfassungsschutz in Hamburg, aber auch im Rest Deutschlands. Diese Trennung wurde in der Vergangenheit in drei Stufen aufgebaut und verschärft. Nach dem Motto „Wer fast alles weiß, soll nicht alles dürfen, und wer fast alles darf, soll nicht alles wissen“ sei durch die Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst das eigentliche Trennungsgebot eingeführt worden. Konkret bedeutet das, dass der Verfassungsschutz der Polizei keine Informationen weitergeben darf, wenn diese durch Methoden erlangt wurden, die der Polizei nicht gestattet sind. Aus Voß‘ Sicht liegt das eigentliche Problem jedoch nicht in diesem Grundsatz. Vielmehr hätten die weiteren Stufen die Kooperation erschwert. So führten zwei Gerichtsurteile des Bundesverfassungsgerichts von 2013 und 2016 zu einer „informationellen Trennung“, wonach der Verfassungsschutz erst dann Informationen weitergeben darf, wenn sie auch durch die Polizei hätten beschafft werden dürfen.
„Die neueste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das Urteil zu den Verfassungsschutzgesetzen in Bayern und Hessen, ist aus Sicht eines Chefs einer Sicherheitsbehörde kaum noch nachvollziehbar“, betonte Voß. Nach der Entscheidung in Hessen darf der Verfassungsschutz Straftaten nur noch melden, wenn die Höchststrafe über fünf Jahren liegt. Und das hat auch in Hamburg Auswirkungen. Wie weit Überwachung und Datenaustausch gehen sollen, darüber soll künftig ein unabhängiges Kontrollgremium entscheiden, in dem auch Berufsrichterinnen und -richter vertreten sind. Angesichts der stetig steigenden Bedrohungslage sei es unverständlich, dass die rechtlichen Grundlagen des Verfassungsschutzes und damit die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Verfassungsschutz weiterhin eingeschränkt würden, so Voß
SCHWERPUNKT
Auf dem Polizeitag Hamburg zeigten die Aussteller ihre neuesten Produkte zur Bekämpfung von Kriminalität.
BS/Klinger
Möglichkeiten nutzen, ohne Risiken zu missachten
(BS/lm) Im vergangenen Jahr hatte ein Journalist des Rechercheportals Bellingcat die gesuchte RAF-Terroristin Daniela Klette ausfindig gemacht. Dazu fütterte er ein leistungsstarkes KI-Analyse-Tool mit alten Fahndungsfotos der Gesuchten und glich sie mit einer Bilddatenbank, die aus dem frei zugänglichen Internet stammte, ab. Der Polizei ist dies nicht gestattet.
In Wiesbaden beschäftigten sich Mitte letzten Monats die Spitzen der deutschen Sicherheitsbehörden auf der 69. Herbsttagung des Bundeskriminalamts (BKA) mit dem Thema KI. Dabei standen sowohl die Herausforderungen als auch die Chancen der Schlüsseltechnologie im Fokus der Debatte.
BKA-Präsident Holger Münch verglich KI mit einer Welle, die sich auf der noch größeren Welle der Digitalisierung und der digitalen Vernetzung auftürme. Die Nutzung der KI durch Kriminelle stelle die Sicherheitsbehörden vor die Herausforderung, mit der Entwicklung Schritt zu halten.
Kriminelle nutzen KI ausgiebig Schock- und Fake-Anrufe nach dem Enkeltrickprinzip sind inzwischen durch täuschend echte – KImanipulierte – Stimmanpassung immer schwerer von den Opfern zu erkennen. Auch im Bereich des Daten-Phishings nutzen Kriminelle KI-Tools wie WormGPT: Large Language Models (LLM) kreieren immer überzeugendere Anschreiben, die durch KI-Bots versendet werden, um an empfindliche Daten der Betroffenen zu gelangen. Zudem können mithilfe von Deep-Fake-Technologien inzwischen auch in Echtzeit Videoinhalte erstellt werden, um Opfer über die wahre Identität der Kommunikationspartner zu täuschen – inklusive Lippensynchronität. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zog eine Parallele zu 9/11, da die Sicherheitspolitik in Konfration mit den Herausforderungen der KI an einem ähnlichen Scheideweg stehe wie damals. Während klassische Kriminalität wie Diebstahl und Einbruch rückläufig sei, hätten sich die digitalen Straftaten in den letzten fünf Jahren verdoppelt.
Polizei nicht auf der Höhe der Zeit KI werde jedoch nicht nur von Kriminellen für ihre Zwecke genutzt, sondern sei auch ein leistungsstarkes Werkzeug zur Kriminalitätsbekämpfung. Dazu brauche es allerdings mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden. Diese sollten unter strikter Beachtung der durch den europäischen AI-Act vorgegebenen rechtlichen Korridore erfolgen, da „die deutschen Strafverfolgungsbehörden in technischer Hinsicht nicht auf der Höhe der Zeit“ seien, wie Faeser kritisierte. Neben dem biometrischen Abgleich von Internetbildern müsse auch die Verkehrsdatenspeicherung inklusive automatisierter DatenanalyseTools zur Aufdeckung von Netzwerken kriminalistischer Alltag werden. Nachdem die FDP, die diese Hilfsmittel verhinderte, aus der Koalition ausgeschieden ist, strebe man nun eine Einigung mit der Union innerhalb dieser Legislaturperiode an, um den Sicherheitsbehörden die begehrten Werkzeuge zur Verfügung stellen zu können.
Bedenken bezüglich eines „gläsernen Bürgers“ sollten ernst genommen werden, seien aber nicht berechtigt. Die deutschen Sicherheitsbehörden seien an Recht und Gesetz gebunden und Vorbehalte gegen staatliche Institution daher unbegründet. Zudem finde eine regelmäßige Überprüfung der eingesetzten Algorithmen hinsichtlich der Reproduktion von Vorurteilen und Diskriminierung statt.
Das BKA sei momentan in der paradoxen Situation, Cyber-Straftaten zwar verfolgen zu können, aber keine Mittel zur präventiven Schadensverhinderung an der Hand zu haben, kritisierte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Alexander Poitz. Dies mache eine „ganzheitliche Bekämpfung schwerer Cyber-Kriminalität“ unmöglich. Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, unterstrich die Vorteile der modernen Technik: „Moderne, KIunterstützte Videotechnik kann nicht nur den Täter identifizieren, sondern mit Gesichtserkennung die Fluchtpunkte anzeigen, dokumentieren und die rasche Festnahme möglich machen.
Dass die KI-Tools im Kampf gegen Kriminalität helfen, steht außer Frage. Bereits jetzt helfen den Kriminalbeamtinnen und -beamten KI-Tools bei der Sichtung und Analyse von Massendaten, beispielsweise im Bereich der Kinderpornografie. Was die neue Technologie hinsichtlich der Auswertung großer Datenmengen leisten kann, zeigte auch die Analyse von Chat-Nachrichten in der Folge der Encrochat-Entschlüsselung. Zudem möchte man beim BKA im eigenen Hause innovative KI-Lösungen selbst entwickeln. Dafür, so Münch, müssten Freiräume geschaffen werden. So erprobe das hausinterne KI-Lab Use Cases für kriminalpolizeiliche und administrative Zwecke. Die Erleichterung von Arbeitsprozessen durch die Automatisierung sei auch mit Veränderungen in der Arbeitswelt verbunden, die ganze Aufgaben- und Berufsfelder obsolet machten.
Personelle Folgen Nicht nur in Bezug auf die Arbeitsweise, auch für das BKA selbst ist der Vormarsch der KI daher mit Veränderungen verbunden. Arbeitsplätze von Spezialisten werden überflüssig, weil die KI es schneller und besser kann. Das BKA widmete der „Transformation der Arbeitswelt“ einen eigenen Themenblock. Münch verwies auf die disruptive Wirkung der KI, die die Anforderungen an die Mitarbeiter verändere. Diese müssten sich von Sachbearbeitern zu Prozessmanagern komplexer Sachverhalte weiterentwickeln. Die Automatisierung von Routineaufgaben steigere aber auch die Attraktivität des Arbeitsplatzes. Eine Befragung habe gezeigt, dass der Großteil der BKA-Belegschaft der neuen Technologie aufgeschlossen gegenüberstehe und für die Veränderungen in der Arbeitswelt bereit sei. Das anstehende Veränderungs-Management müsse den Weg vom Ausgangszustand zum Ziel mit einem ganzheitlichen Ansatz begleiten. Durch KI-Einsatz freigesetztes Personal im Hause werde frühzeitig in die Veränderungsprozesse eingebunden und zu Qualifikationen und Verwendungsmöglichkeiten befragt. Neben standardisierten Fragebögen und Einzelgesprächen sei dabei vor allem die Vernetzung der Mitarbeiter untereinander ein wichtiger Ansatz.
Soziale Beziehungen und das Sprechen über Ängste und Erfolge seien wichtig, um den Herausforderungen positiv zu begegnen. Zu beherzigen sei das von Münch schon zu Beginn der Herbsttagung ausgegebene Motto: „Hinfallen – aufstehen – weitermachen“.
Die öffentliche Verwaltung steht heute vor zahlreichen Herausforderungen, insbesondere was die Integration von Künstlicher Intelligenz betrifft. IBM bietet mit watsonx eine Lösung an, die als „Enterprise-ready KI-Plattform“ konzipiert ist, was bedeutet, dass sie sich schnell und einfach integrieren lässt.
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Mit dem Gesetz kommt die Bundesregierung der EU-Richtlinie 2022/2557 nach, die einen einheitlichen europäischen Rechtsrahmen zur Stärkung der Resilienz kritischer Einrichtungen in mindestens elf Sektoren gegen Gefahren, auch außerhalb des IT-Schutzes im Binnenmarkt, schaffen soll. Ziel der Richtlinie ist es, einheitliche Mindestverpflichtungen für kritische Einrichtungen festzulegen und deren Umsetzung durch kohärente, gezielte Unterstützungs- und Aufsichtsmaßnahmen zu garantieren. Eigentlich sollte diese Richtlinie bereits bis Mitte Oktober 2024 in nationales Recht umgesetzt worden sein.
Verspätete Umsetzung
Mit diesem vom Bundesinnenministerium vorgelegten Gesetzentwurf wird erstmals bundesweit festgelegt, welche Unternehmen und Einrichtungen Teil der Kritischen Infrastruktur (KRITIS) sind. Außerdem enthält er bundeseinheitliche und sektorübergreifende Mindeststandards für den physischen Schutz von KRITIS. Die verpflichtenden Resilienzmaßnahmen müssen von Einrichtungen umgesetzt werden, die essenziell für die Gesamtversorgung in Deutschland sind und mehr als 500.000 Personen versorgen.
Zu den Maßnahmen zählen u. a. Instrumente und Verfahren zur Überwachung der Umgebung, der Einsatz von Detektionsgeräten, Zugangskontrollen, Krisenmanagementverfahren sowie Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Betriebs. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) soll als zentrale Anlaufstelle fungieren. Die Länder sollen dem BBK zudem eine Landesbehörde benennen, die auf Landesebene zuständig ist. Das BBK soll zur Überprüfung Nachweise der Maßnahmen anfordern können. Auf Anfrage des Behörden Spiegel, wie sich das BBK für die Aufgabe aufstellen wird,
Auch wenn Deutschland rettungsdienstlich gut aufgestellt ist, braucht der Rettungswagen im bundesweiten Schnitt knapp neun Minuten – in ländlichen Gebieten, bei hohem Einsatzaufkommen oder Stau kann die Anfahrt noch länger dauern. Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jedoch jede Sekunde, denn schon nach wenigen Minuten fangen Gehirnzellen an, irreparabel abzusterben. Daher ist Zeit der entscheidende Faktor.
Sinnvolle Ergänzung der Rettungskette
Hier setzt seit über zehn Jahren die Smartphone-basierte ErsthelferAlarmierung (SbEA) an, mit deren Hilfe nach Wahl des Notrufs 112 medizinisch qualifizierte Ersthelfende durch die Leitstelle über die GPS-Komponente ihrer Smartphones geortet und parallel zum Rettungsdienst alarmiert werden. Durch die örtliche Nähe können sie oft schneller als der Rettungsdienst am Einsatzort sein und bis zu dessen Eintreffen lebensrettende Maßnahmen einleiten. Es handelt sich dabei um eine Ergänzung der Rettungskette, die keine Änderung an der etablierten Struktur des Rettungsdienstes bedeutet. Es geht vielmehr darum, das therapiefreie Intervall zu verkürzen und somit die Überlebenswahrscheinlichkeit und -qualität der Betroffenen zu erhöhen.
Langfristige Vision
Entwurf zum KRITIS-Dachgesetz beschlossen
(BS/bk) Was lange währt, wird gut? Das Bundeskabinett hat den Gesetzesentwurf zum KRITIS-Dachgesetz (KRITIS-DachG) beschlossen. Fast ein Jahr verging zwischen der Veröffentlichung des Referentenentwurfs und dem Bundestag vorgelegten Gesetzesentwurf. Erste Stimmen äußern sich kritisch zu dem Papier. Ob das Gesetz trotz aktuellen Vorfällen kommt, ist fraglich.
Nach dem Entwurf des KRITIS-Dachgesetzes zählen zu Kritischen Infrastrukturen, die für die Gesamtversorgung Deutschlands essenziell sind sowie mindestens 500.000 Einwohnerinnen und Einwohner versorgen. Foto: BS/peterschreiber.media, stock.adobe.com
äußerte sich eine Sprecherin: „Im BBK besteht bereits eine Referatsgruppe zum Infrastrukturschutz. In den Referaten dieses Abteilungsstrangs werden auch alle KRITISAngelegenheiten bearbeitet.“ Es könnten noch keine Angaben über den Aufwand zu Aufgabenbewältigung und die dafür benötigten Stellenzuwüchse gemacht werden. Manuel Atug von der AG KRITIS kritisiert die „vielen Auslagerungen an die Länder und eine sehr obskure Eingrenzung der ‚Einrichtungen der Bundesverwaltung‘, die sehr lückenhaft dargestellt wird“. Damit werde ein erheblicher Teil der Bundesverwaltung weiterhin physischen Risiken ausgesetzt. Der
Erfüllungsaufwand der Verwaltung werde gar nicht erst beziffert. Zusätzlicher Erfüllungsaufwand für Gemeinden sowie für Sozialversicherungsträger werde ebenfalls erwartet, aber auch hier fehle eine konkrete Bezifferung, so Atug. „Offensichtlich wurde mit heißer Nadel gestrickt“, fügte der Experte hinzu. Vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) heißt es auf Anfrage, dass man den Ansatz grundsätzlich unterstütze. Viele Details seien noch offen und müssten erst noch ausbuchstabiert werden. Positiv sei, dass der neue Entwurf einfacher und praxistauglicher als seine Vorgängerversionen sei. Absolut sinnvoll sei, dass die Bundesregierung
auf das Instrument branchenspezifischer Sicherheitsstandards setze, das sich bereits bei der CyberSicherheit bewährt habe. „Wir rechnen damit, dass eine erhebliche Zahl der kommunalen Unternehmen vom Gesetz reguliert werden wird. Die Umsetzung wird voraussichtlich mit erheblichen finanziellen und personellen Kosten für unsere Unternehmen verbunden sein“, erklärte ein VKU-Sprecher. „Nachbesserungsbedarf sehe ich darin, dass der KRITIS-Sektor ‚Medien und Kultur‘ nicht wegfällt und dass die Schwellenwerte stärker an die Realität angepasst werden, d. h. niedrigere Größen festgelegt werden“, sagt Dr. Hans-Walter Borries,
Smartphone-basierte Ersthelfer-Alarmierung (SbEA) als weiterer Baustein (BS/Stefan Prasse) Mehr als 120.000 Menschen in Deutschland erleiden jährlich einen plötzlichen Herz-KreislaufStillstand außerhalb eines Krankenhauses, den nur ungefähr jede zehnte betroffene Person überlebt. Damit ist der Herz-Kreislauf-Stillstand bundesweit die dritthäufigste Todesursache. Mit jeder Minute ohne Hilfe verringert sich die Überlebenswahrscheinlichkeit um etwa zehn Prozent. Laut dem Bundesministerium für Gesundheit, dem Deutschen Rat für Wiederbelebung und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin könnten durch eine zügig eingeleitete Reanimation jedes Jahr mindestens 10.000 Menschen zusätzlich gerettet werden.
Durch eine schnelle Reanimation könnten unzählige Leben gerettet werden. Foto: BS/Mobile Retter e. V.
international empfohlen wird. Obwohl mit einer flächendeckenden Verbreitung von Ersthelfer-Systemen jedes Jahr tausende Leben gerettet werden könnten, müssen Städte und Kreise diese immer noch eigenständig einführen und finanzieren. Dazu kommen Herausforderungen wie der Föderalismus im Rettungsdienst sowie die Existenz mehrerer Technologieanbieter und regional unterschiedlich umgesetzte Ersthelferkonzepte. Um das Ziel zu erreichen, die SbEA nachhaltig zu verankern, braucht es bundesweit einheitliche Standards sowie eine gesicherte Finanzierung.
stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes für den Schutz Kritischer Infrastrukturen e.V. (BSKI). „Behörden auf Landesebene sowie Landkreise, kreisfreie Städte und auch kreisangehörige Städte und Gemeinden sollten sich diesen Überprüfungskriterien anpassen und Krisenmanagement- sowie BCM-Elemente in ihre Gefahrenabwehr- und Notfallpläne integrieren. Die entsprechenden Krisen- und Verwaltungsstäbe sind entsprechend auszubilden und zu schulen“, so Borries weiter. Borries geht davon aus, dass das KRITIS-DachG – je nach Regierungsentwicklung – frühestens im Frühjahr 2025 kommen könnte. Es sei auch möglich, dass es ganz entfalle oder erst weit ins Jahr 2025 von der neuen Bundesregierung verschoben werde. „Ich bedauere diese Verzögerung und wünsche mir eine schnellstmögliche Umsetzung des KRITIS-DachG. Ich hoffe, dass das Gesetz trotz des Endes der Ampelkoalition nicht fallengelassen wird.“
Zwar hat die Regierung den Entwurf mittlerweile dem Bundestag vorlegt, aber die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird dem Entwurf im Parlament wahrscheinlich nicht zustimmen. Der parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei, sagte gegenüber der WELT AM SONNTAG: „Der Kabinettsentwurf enthält aus meiner Sicht noch deutlich zu viele Fehler und Ungereimtheiten. Die Ampel hat sich bei dem Thema viel zu viel Zeit gelassen und die nötige Sorgfalt vermissen lassen.“ Derweil warb der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag für die Verabschiedung des Gesetzes vor dem Hintergrund des Absturzes einer DHL-Maschine bei Vilnius. „Ich halte das wirklich für fahrlässig, jetzt ein so wichtiges Gesetz zum Schutz unserer Bevölkerung zum Schutz der Bundesrepublik Deutschland einfach um ein gutes Jahr zu vertagen“, so Konstantin von Notz
Projektorganisation liegt der Fokus des Vereins Mobile Retter besonders auf dem aktiven Ehrenamtsmanagement. Denn es hat sich gezeigt: Die Technik allein reicht nicht aus – die qualifizierten Ersthelfenden sowie die engagierten regionalen Projektteams sind der Schlüssel zum Erfolg. Nur durch ihr Engagement funktioniert die SbEA. Als neutrale Instanz engagiert sich der gemeinnützige Verein zudem in der Politik- und Netzwerkarbeit und hat in enger Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe (BAGEH) im Oktober 2023 erstmals einen Runden Tisch durchgeführt, der 2024 fortgeführt wurde. Eingeladen waren relevante Stakeholder aus den Bereichen aktives Ehrenamtsmanagement, Hilfsorganisationen, Technologie, Politik sowie Wissenschaft. Neben dem persönlichen Austausch zu Entwicklungen, Herausforderungen und fehlenden Rahmenbedingungen wurde hiermit der Grundstein für eine gemeinsame Position und langfristige Zusammenarbeit gelegt. Schließlich eint alle die Vision, bundesweit Menschenleben retten zu wollen.
Diese Patientinnen und Patienten sind zu 100 Prozent pflegebedürftig. Durch die SbEA lassen sich die Kos-
Mithilfe der SbEA kann die Zahl der Betroffenen gesenkt werden, die nach einer Reanimation versterben oder schwere neurologische Schäden aufweisen. Jedes Jahr fallen in Deutschland 1.000 bis 5.000 Menschen ins Wachkoma, viele davon infolge eines Herz-Kreislauf-Stillstandes und zu spät eingeleiteter Wiederbelebungsmaßnahmen.
ten für Intensivstation-Aufenthalte, Reha- sowie Pflegemaßnahmen für teils schwerstbehinderte Menschen deutlich reduzieren. Trotz der belegten Wirkungsweise der SbEA zeigt ein Beitrag des SWR zur Notfallrettung in Deutschland jedoch, dass bislang rund die Hälfte der Rettungsdienstbereiche diese Technik nicht nutzt, obwohl sie seit Jahren
Mobile Retter e. V. Als Pionier der SbEA in Deutschland mit über zehn Jahren Erfahrung unterstützt der Mobile Retter e. V. Gebietskörperschaften bedarfsgerecht bei der strukturierten Implementierung und dem nachhaltigen Regelbetrieb. Aktuell unterstützt der Verein 41 Kreise und Städte in sieben Bundesländern. Zahlreiche weitere Regionen befinden sich in der Implementierungsphase oder in Vorbereitung für eine Einführung. Neben der
Weitere Informationen zum Mobile Retter e.V. unter: mobile-retter.org
Foto: BS/Tobias Bohm
Forschungskolumne Gefahrenabwehr
Wir können Erste Hilfe! Wir können kleine Brände löschen!
Kenne als staatliches Krisenund Katastrophenmanagement deine Bevölkerung! Das ist eine der Maximen eines evidenzbasierten Bevölkerungsschutzes. Untersuchungen zeigen jedoch regelmäßig, dass die Verantwortlichen des Krisen- und Katastrophenmanagements nur unzureichende und häufig unzutreffende Vorstellungen von der Bevölkerung haben. Es ist Ziel dieser Kolumne, Impulse dafür zu geben, dass nicht auf Basis ungeprüfter Annahmen Maßnahmen im Bevölkerungsschutz geplant und durchgeführt werden, sondern auf Basis starker empirischer Erkenntnisse.
Man traut sich viel zu Dabei werden auch die Forschenden immer wieder überrascht und müssen regelmäßig vorhandene Vorstellungen revidieren. So fragten wir mit einer Forschungsgruppe (zusammen mit der Akademie der Katastrophenforschungsstelle) im Sommer 2022 die Bevölkerung in der Städteregion Aachen repräsentativ nach einer Einschätzung ihrer persönlichen Kompetenzen in der Ersten Hilfe und der Entstehungsbrandbekämpfung.
Rund 70 Prozent der Befragten trauten sich damals zu, anderen Menschen in einfachen medizinischen Notfällen helfen zu können (vgl. die obere Tabelle). Dieser Anteil teilt sich einerseits auf in über 40 Prozent, die der Aussage zustimmen, und fast 30 Prozent, die der Aussage voll und ganz zustimmen. Ein Drittel der Befragten fühlt sich also in Bezug auf einfache medi-
Vorbei sind zumindest vorläufig auch die hitzigen Forderungen nach vorenthaltenen BOS-Frequenzen. BDBOS-Vizepräsident Frank Buddrus warb lieber mit dem Konzept der kleinen Schritte für „unser Herzensprojekt“.
Kleine Schritte
Angesichts der absehbar langfristig begrenzten finanziellen Ausstattung gelte es, dieses Netz „behutsam, sorgfältig und miteinander in die Zukunft zu heben“. Der BDBOS komme dabei die Rolle eines „Mittlers zu, der diesen Prozess begleite und moderiere. „Das Netz der Zukunft können wir nicht einfach kaufen“, erklärt der BDBOS-Vize. Die Technik sei am Markt (noch) nicht so verfügbar, dass sie den BOS-Anforderungen entspräche. „Wir müssen das Breitband-Netz der Zukunft mit Bund und Ländern gemeinsam aufbauen.“
Lange Fristen
Auf seiner Dezembersitzung werde der BDBOS-Verwaltungsrat den Aufbau einer eigenen Teilnehmerverwaltung für Breitbanddienste beschließen, die wie das Tetra-Nutzermanagement zentrale wie dezentrale Rollen und Rechte vorsehe. „Das ist bezahlbar“, so Buddrus Daneben werde man die Entwicklung von 3GPP-standardkonformen MCX-Diensten vorantreiben. „Sie können sich darauf einrichten, dass wir eine lange Übergangszeit von Tetra auf Breitband erleben werden.“ Auf Nachfrage präzisiert der BDBOS-Vize die zeitlichen Aussichten: fünf Jahre für die ersten Schritte, mindestens zehn Jahre für ein mit Tetra qualitativ vergleichbares Breitbandnetz. Berichte über eine weitaus schnellere
zinische Maßnahmen sehr sicher. Diese Werte werden nochmals von der Selbsteinschätzung hinsichtlich der Entstehungsbrandbekämpfung übertroffen: Über 80 Prozent sehen
Prof. Dr. Henning G. Goersch ist Leiter des Studiengangs B.Sc. Management in der Gefahrenabwehr und der Forschungsgruppe
Gefahrenabwehr am Institut für Public Management der FOM Hochschule. Foto: BS/privat
sich in der Lage, in ihrem Haushalt einen kleinen Brand zu löschen. Fast 50 Prozent stimmen der Aussage zu, über 30 Prozent stimmen sogar der Aussage „voll und ganz zu“.
Nur ein zufälliges Ergebnis?
Um diese Ergebnisse zu validieren bzw. die Frage zu beantworten, ob es sich um ein regionales oder zufälliges Ergebnis handelt, wurden die beiden Items im November 2024 erneut in einer Studie durch Forsa genutzt, dieses Mal jedoch repräsentativ für die gesamte Bevölkerung der Bundesrepublik. In den Ergebnissen zeigen sich mehrere Phänomene: Erstens werden die positiven Ergebnisse nicht nur wiederholt, sondern zweitens deutlich übertroffen: Rund 75 Prozent der Befragten geben an, dass sie sich zutrauen, anderen Menschen in einfachen medizinischen
Notfällen zu helfen. Dabei fällt der Schwerpunkt jedoch in diesem Fall auf die Bewertung „trifft voll und ganz zu“, was einem Anteil von über 40 Prozent entspricht. Die Bewertung der Aussage zur Entstehungsbrandbekämpfung fällt noch besser aus: Fast 90 Prozent der Befragten trauen sich dies zu, wobei fast 60 Prozent sich dies „voll und ganz“ zutrauen.
Hohe Selbstwirksamkeit in der Bevölkerung
Durch die Wiederholung der Befragung kann zunächst festgehalten werden, dass es sich nicht um ein regionales und sehr wahrscheinlich auch nicht um ein zufälliges Ergebnis handelt. Bedeutet dies weiterhin, dass die Mehrheit der Bevölkerung gute Erste Hilfe leisten oder kompetent einen Entstehungsbrand bekämpfen kann? Nicht unbedingt. In keiner der beiden Aussagen wird dies konkret geprüft, sondern lediglich abgefragt, wie man die eigene Kompetenz einschätzt. Offen bleibt dabei, was jeder und jede Befragte unter „einfachen medizinischen Notfällen“ oder unter einem „kleinen Brand“ versteht.
Es sind jedoch noch andere Interpretationen möglich. Aus den Ergebnissen lässt sich eine hohe Selbstwirksamkeit in Bezug auf Erste Hilfe und Entstehungsbrandbekämpfung abgeleiten. Die Befragten trauen sich das zu. Damit ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie es auch tun. Ob die Maßnahmen dann jeweils dem Lehrbuch entsprechen, ist zweitrangig,
wichtig ist allein, dass in der sehr vulnerablen Isolationsphase eines Schadensereignisses versucht wird, weitere Schäden einzudämmen und zu verhindern. Darüber hinaus lassen sich Empfehlungen für die Ausbildung in Erster Hilfe und Brandschutz ableiten. Aus der Forschung zur persönlichen Notfallvorsorge wissen wir, dass es für das Lernen kontraproduktiv ist, Menschen mit bereits verstandenen Inhalten und bereits verinnerlichten Motivatio-
nen erneut zu konfrontieren. Versucht man, eine bereits überzeugte Person weiter zu überzeugen, wird diese im besten Fall gelangweilt, im schlechtesten Fall baut sich jedoch Widerstand gegen das Thema auf. Daher ist es wichtig, keine One-fitsall-Lösungen anzubieten. Vielmehr ist es entscheidend, die Teilnehmenden im Vorfeld (ggf. mit einer kurzen Befragung) kennenzulernen und an dem Punkt anzusetzen, an dem sich Kompetenzlücken ergeben.
Ich besitze ausreichende Erste-Hilfe-Kenntnisse, um Menschen in einfachen
Notfällen helfen zu können.
Städteregion Aachen 2022 (in Prozent)
Bundesweit 2024 (in Prozent)
voll und ganz zu Trifft zu Unentschieden
Ich bin in der Lage, in meinem Haushalt einen kleinen Brand selbstständig zu löschen.
Aachen 2022 (in Prozent) Bundesweit 2024 (in Prozent)
voll und ganz zu Trifft zu Unentschieden
Aktuelle bundesweite Befragung von 2024 1.000 telefonisch und repräsentativ Befragte (CATI) (Bus) von Forsa Sozialforschung im Zeitraum vom 11. bis zum 13. November 2024. Es wurde nach Alter, Geschlecht und Region gewichtet. Die Items wurden operationalisiert und pre-getestet. Ergebnisdarstellung ohne die Kategorien „weiß nicht“ und „k .A.“. Befragung in der Städteregion Aachen (ohne Stadt Aachen) im Jahr 2022 501 telefonisch und repräsentativ Befragte (CATI) (Bus) von Forsa Sozialforschung im Zeitraum vom 13. bis zum 30. Juni 2022. Die Items wurden operationalisiert und pre-getestet. Ergebnisdarstellung ohne die Kategorien „weiß nicht“ und „k. A.“.
Keine großen Würfe auf der PMRExpo
(BS/bh) Die Fanfare zum Feldzug für ein dediziertes BOS-Breitbandnetz blieb diesmal stumm. Auf der PMRExpo 2024 fehlte die traditionell kämpferische Keynote von NRW-Innenminister Herbert Reul. Und mit Andreas Gegenfurtner, Präsident der Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS), im Ruhestand warb niemand mehr um Unterstützung für „Brandbriefe“ gegen die mangelnde BOS-Netz-Finanzierung. Die Schwerpunktsetzung ist wesentlich kleinteiliger.
Adaption von BOS-Breitbanddiensten in anderen Ländern verweist Buddrus ins „Reich der Mythen“.
Die Ansage des BDBOS-Vizes gegenüber Bundesländern, die angesichts dieser Planung allein voranpreschen möchten, ist deutlich: „Rage!“ Aber: „Sprecht mit uns!“ KoPa_45 als Katalysator
Die Politik der kleinen Schritte mit einem großen Ziel prägt auch das von der BDBOS gemanagte Förderprogramm „KoPa_45“, das laut dem zuständigen Referatsleiter Philipp Hassbach als „Katalysator“ für ein künftiges, durchaus international geprägtes „BOS-Breitband-Ökosystem“ verstanden werden will.
„Wir müssen das Breitband-Netz der Zukunft mit Bund und Länder gemeinsam aufbauen.“
Frank Buddrus, BDBOS-Vizepräsident
Dazu hat die Anstalt bereits „zeitgemäße Test- und Entwicklungsumgebungen für Breitbandtechno-
logien“ aufgebaut und kann auf hilfreiche Projektergebnisse der ausgewählten Konsortien verweisen, die innovative Lösungsvorschläge für ganz unterschiedliche Breitband-Themen anbieten. Da geht es zum einen um Kernfragen wie das „Nutzer und Endgerätemanagement für heterogene Netze“, den „Netzübergang von Tetra zu Breitband“ oder die besonders für Feuerwehren unentbehrliche „breitbandige Direktkommunikation (DMO)“, zum anderen um zukunftsorientierte Fragen wie „Multi-Network Roaming und Campusnetze“ oder „fliegende BasisStationen“.
Noch seien die 20 Fördermillionen von KoPa_45 nicht vollständig verteilt, berichtet Hassbach und will das durchaus als Aufforderung verstanden wissen, mit passenden Projektideen auf die BDBOS zuzukommen.
5G, KI und Drohnen bleiben im Trend Und Ideen gibt es viele. 5G-Technologien mit einem Schwerpunkt auf Campus-Netzen, der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und von Drohnen seien die Schwerpunktthemen mit dem meisten Zukunftspotenzial, fasst PM-e.V.Vorstand Bernhard Klinger die derzeitigen Trends zusammen. Angesichts der aktuellen Anforderungen aus der Umsetzung der
NIS-2-Richtlinie und weiteren Sicherheitsgesetzen ergeben sich besonders für den Bereich der Kritischen Infrastrukturen (KRITIS) zahlreich Anwendungsszenarien. Hier lassen sich die größeren Kapazitäten und die schnellere Geschwindigkeit der 5G-Technologien im Kontext der Sicherheit eines vom Internet abgeschiedenen „Campus“ zunutze machen. Der Sicherheitsaspekt sowie die Potenziale für den Datenschutz dürften denn auch für künftige BOS-Anwendungen im Vordergrund stehen.
KI in der Leitstelle der Zukunft Leitstellen und Einsatzplanung sind in der Zukunft ohne KI nicht mehr denkbar. Das machte der dritte SummitTag deutlich. KI-gestützte Datenanalysen, die nicht nur vorhandene Einsatzkräfte und -mittel, sondern zum Beispiel auch Wetterprognosen miteinbeziehen, erlauben einen völlig neuen, vorausschauenden Blick auf die Lage. Leben werden gerettet durch effizientere KI-basierte, Alarmierung, und Übersetzungs-KI hilft bei Notrufen. Je besser die Daten werden, umso mehr Anwendungsfälle sind hier absehbar.
Auch die Einsatzbegleitung und -steuerung durch Drohnen entwickelt sich. Hier sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen
allerdings immer noch eine Herausforderung für Einsatzzentrale und Beteiligte im Feld.
Gesetzliche Rahmenbedingungen als Herausforderung Unter dem Titel „EGRED 2“ hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) Empfehlungen für die Praxis herausgegeben. Als ADELE widmete sich auch ein KoPa_45-Projekt diesen Fragen. Best Practice-Beispielen aus dem Einsatzbereichen finden sich zahlreich.
Wer aber momentan Innovation und große Würfe sucht, wurde leider enttäuscht.
Es brauchte nur wenige Worte, bis der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, auf der Berlin Security Conference (BSC) 2024 auf den Elefanten im Raum zu sprechen kam. In diesem Fall, so betonte Breuer, handelte es sich allerdings nicht um einen Dickhäuter, sondern um ein Raubtier: den russischen Bären. Er bedrohe Europa aktiv und nachhaltig, stellte Breuer klar. Dies werde am Krieg in der Ukraine deutlich. Russlands Ziel sei nämlich nicht, dem russischen Staat zusätzliche Quadratmeter einzuverleiben. Vielmehr sei Putins Anspruch, die Welt ins 19. Jahrhundert zurückzuversetzen. Die russischen Truppen führten folgerichtig nicht nur Krieg gegen die Ukraine, sondern auch gegen die westliche Lebensweise. Gleichzeitig entwickle der Konflikt eine neue technische und kosmopolitische Dynamik. Drohnen aus dem Iran und Dual-Use-Technologie aus China seien Ermöglicher des russischen Angriffskriegs. Von einer Zeit, in der Abschreckung nicht länger nötig war und die finanziellen Mittel anderen Zwecken zugutekommen konnten, müsse man sich daher verabschieden, forderte der Generalinspekteur. Opfer auf allen Ebenen sind deshalb laut Admiral Rob Bauer, Vorsitzender des NATOMilitärausschusses, unabdingbar. Ein geografisches Dilemma Angesichts dieser Bedrohungslage könne es sogar von Vorteil sein, unmittelbar im russischen Interessengebiet zu liegen, erklärte der estnische Chief of Defence, Generalmajor Andrus Merilo Direkt an der russischen Staatsgrenze zu leben, sei nämlich in gewisser Weise ein Luxus, so Merilo
Nach Angaben der Bundeswehr dienten im Jahr 2023 24.380 Soldatinnen bei den deutschen Streitkräften. Dies macht knapp 13,5 Prozent der Truppe aus. Im Vergleich dazu zählt das schwedische Militär aktuell einen Anteil an Soldatinnen von rund 24 Prozent. In Norwegen sind es 15,7 Prozent. Schaut man nur auf die Wehrpflichtigen, liegt der Frauenanteil bei 36 Prozent. In Dänemark setzt die Regierung auf eine Wehrpflicht auch für Frauen. Ab 2026 soll diese in Kraft treten und somit die „vollständige Gleichstellung der Geschlechter“ erreicht werden. Das betonte die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen Anfang dieses Jahres.
„Gegenwärtig werden jedes Jahr etwa 5.000 Wehrpflichtige eingezogen, von denen 25 Prozent Frauen sind“ erklärte Major Søren Glar-
In Verteidigungsfragen ist der Norden Europas voraus
(BS/jb) Europa ist bedroht, die Friedensdividende ist erschöpft und der Westen muss sich hybrider Angriffe erwehren. Diese Erkenntnis setzt sich in Deutschland gerade durch. Im Baltikum und in Skandinavien ist sie bereits eine flächendeckende Selbstverständlichkeit. Grund genug, sich mit den Ansätzen und Konzepten in den Staaten Nordeuropas zu befassen.
Die gesamte außen- und sicherheitspolitische Perspektive richte sich danach. Ganz Estland sei deshalb überzeugt: Egal, wer uns angreift, wir schlagen zurück!
Dass das motivierende Element der Geografie des Baltikums zugleich eine Bedrohung darstellt, machte der Chief of Defence Litauens, General Raimundas Vaikšnoras, deutlich. Das Baltikum sei durch Weißrussland, Kaliningrad und Russland eingeschlossen. Entsprechend leicht sei es, dessen Staaten zu isolieren. In ähnlicher Weise fühlt man sich auch in Finnland bedroht. Russland, so stellte der Chief of Defence Finnlands, General Janne Jaakkola, fest, sei immer eine existenzielle Bedrohung.
Dieser diffizilen Situation geschul-
det, gibt es in den nördlichen Staaten Europas einen speziellen Blick darauf, wie eine glaubwürdige Abschreckung gelingen kann. Um in diesem generationenübergreifenden Konflikt zu bestehen, müsse man nämlich „den kognitiven Aspekt“ beachten, erläuterte der schwedische Chief of Defence, General Michael Claesson. Ein Flugzeug in ein bestimmtes Gebiet zu entsenden, stelle keine hinreichende Abschreckung dar. Vielmehr gelte es, diese so zu gestalten, dass sie einen signifikanten Einfluss auf die Gefahrenwahrnehmung des Gegners habe.
Verteidigung auf allen Ebenen Ein besonderes Kennzeichen des nordeuropäischen Ansatzes der
Verteidigung sei deshalb die „totalförsvar“ (deutsch: Gesamtverteidigung). Dieser holistische Ansatz nimmt nicht nur die Streitkräfte in den Blick, sondern betrachtet sie als Element einer agnostischen –das zivile, ökonomische und militärische verbindenden – Verteidigungsstrategie. So habe das niederländische Verteidigungsministerium mit allen staatlichen Einrichtungen erörtert, wie sie unter den Bedingungen kriegsbedingter Ressourcenknappheit weiterhin ihrer Aufgabe nachkommen könnten, erläuterte der niederländische Chief of Defence, General Onno Eichelsheim Einen weiteren Schwerpunkt des nordeuropäischen Verteidigungsansatzes stellen große Verteidi-
Gleichstellung in den Streitkräften auf dem Vormarsch
(BS/mk) In der Regel gelten die Streitkräfte, egal in welchem Land, als klassische Männerdomäne. Speziell die skandinavischen Staaten setzen sich seit mehreren Jahren für mehr Gleichstellung im Militär ein. Deutschland hat dagegen in diesem Bereich noch starken Nachholbedarf.
gaard Rich, Gender Advisor des dänischen Verteidigungskommandos, bei der Berlin Security Conference (BSC). Durch die Einführung der Wehrpflicht für alle Geschlechter soll die Anzahl der Wehrpflichtigen in naher Zukunft auf insgesamt 7.500 ansteigen. Zudem habe sich das dänische Militär das Ziel gesetzt, allen Geschlechtern vielfältige und sinnvolle Karrieremöglichkeiten innerhalb der Streitkräfte zu bieten.
„Frauen sind seit den 1990erJahren fester Bestandteil internationaler Einsätze der dänischen
Streitkräfte. Sie waren und sind auf Missionen auf dem Balkan, im Irak, in Afghanistan und Mali aktiv und nehmen eine wichtige Rolle innerhalb des Militärs ein“, hob Rich hervor. So machten Soldatinnen im Einsatz auf geschlechtsbezogene Problematiken aufmerksam, wie beispielsweise geschlechtsspezifische Gewalt. Außerdem ermächtigten sie die Frauen vor Ort.
Kein Spiel mit Rollen Seit 1924 sind Frauen im schwedischen Militär zugelassen. Die damals gegründete Freiwilligenorgani-
sation „Svenska Lottakåren“ ist Teil der Streitkräfte, wobei ihr Fokus auf zivilen Aufgaben wie Transport, IT-Support und Organisation liegt. In Ausnahmefällen, etwa im Zweiten Weltkrieg, übernahmen Frauen auch bewaffnete Bereitschaftsdienste. Mit dem Inkrafttreten des schwedischen Gleichstellungsgesetzes im Jahr 1980 wurden Frauen für den Dienst in der schwedischen Luftwaffe zugelassen. Ein Jahr später erhielten sie auch Zugang zum Offiziersdienst in der Armee und der Marine. Dass Frauen nicht ausschließlich ihrem Geschlecht
gungsbudgets dar. Besonders die baltischen Staaten reihen sich auf den Spitzenpositionen beim Anteil der Verteidigungsausgaben am BIP ein. „Estland, ein kleiner Staat mit einer Bevölkerung von etwa 1,3 Millionen Menschen, wird im kommenden Jahr voraussichtlich 3,7 Prozent seines BIPs in die Verteidigung investieren“, betonte MagnusValdemar Saar, Generaldirektor des estnischen Zentrums für Verteidigungsinvestitionen. Auch in Litauen komme das Verteidigungsbudget nicht zu kurz, schloss Vaikšnoras an. Die Probleme lägen anderswo. Zwar seien die finanziellen Mittel vorhanden, aber die Industrie könne nicht liefern. Vaikšnoras forderte mehr Agilität. Denn gerade das Beispiel Ukraine zeige, wie elementar eigene Fähigkeiten seien: 1.000 Tage habe es gebraucht, bis die Ukraine mit westlichen Waffen auf russisches Gebiet wirken durfte. Der dritte Pfeiler des nordischen Verteidigungsansatzes ist nicht in allen Staaten gleich tradiert. Für Litauen ist der Beitritt in die Verteidigungsallianz laut Vaikšnoras der größte Erfolg der jüngeren Staatsgeschichte. Die Neu-Mitglieder Finnland und Schweden müssen hingegen erst in das Verteidigungsbündnis hineinwachsen. Es sei noch einiges an Arbeit zu verrichten, um die finnischen Streitkräfte, insbesondere im Norden des Landes, für ihre Aufgabe in der NATO zu befähigen, mahnte Jaakkola Diese Feststellung verband er mit einem Angebot: Finnland strebe an, gemeinsam mit NATO-Verbündeten im Hohen Norden zu üben. Damit ist auch die Bundeswehr eingeladen, die operativen Bedingungen am Polarkreis, aber auch die besondere nordische Verteidigungsattitüde, kennenzulernen.
zugeschriebene Aufgaben in den Streitkräften übernehmen sollten, argumentierte Charlotte Isaksson, Gender Advisor des schwedischen Verteidigungspersonals. „Ich bin sehr angetan von der Initiative der EU-Politik, mehr Frauen in verschiedenen Positionen und auf allen Ebenen zu integrieren. Dabei sollte jedoch vermieden werden, ihre Rolle mit stereotypen Erwartungen zu verbinden“, so Isaksson In Schweden orientierten sich Anforderungen an der Position und nicht am Geschlecht. Jeder oder jede, der oder die diese Anforderungen erfülle, sei somit willkommen. Dies führe zu einem hohen Frauenanteil in Spezialeinheiten. „Ich würde sagen, dass Deutschland in einem sehr großen Ausmaß hinter anderen Ländern zurück ist“, mahnte die schwedische Gender Advisor.
„Es geht nicht um Lastenverteilung, Sicherheit ist eine Investition", so Admiral Rob Bauer, Vorsitzender des NATO-Militärausschusses.
„Resilienz erfordert nicht nur einen militärischen, sondern auch einen umfassenden staatlichen und gesellschaftlichen Ansatz“, betonte Generalleutnant a. D. Peter Bohrer. Gerade in Deutschland müsse dies weiter in den Vordergrund rücken. Mit dem sogenannten „Operationsplan Deutschland“ sei das Land bereits einen Schritt in die richtige Richtung gegangen. Jedoch sei die Frage nach dem Ausmaß an benötigten Kräften, um Deutschland zu schützen, immer noch zu beantworten. Außerdem fehle es im Operationsplan an Handlungshinweisen für die Zivilbevölkerung. Auch diese sei in Kriegszeiten gefragt und müsse zur Stabilität des Landes beitragen. Im September dieses Jahres hatte die deutsche Bundeswehr in einer gemeinsamen Planungsgruppe aus Bund, Ländern und Kommunen, den sogenannten Blaulichtorganisationen und der Wirtschaft einen gesamtstaatlichen Verteidigungsplan fertiggestellt. In dem geheimen Strategiepapier wurden die zentralen militärischen Anteile der Landes- und Bündnisverteidigung in Deutschland mit den dafür erforderlichen zivilen Unterstützungsleistungen in einem operativ ausführbaren Plan zusammengeführt. Dass es dennoch weiterhin Handlungsbedarf in diesem Bereich gibt, unterstrichen die Aussagen des Bundesbeauftragten für Kri-
Nach einer Niederlage der Ukraine wäre die Sicherheitslage in Europa „nicht mehr dieselbe“, stellte Siemtje Möller, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium der Verteidigung (BMVg),
Tuuli Duneton, Staatsekretärin für Verteidigungspolitik im estnischen Verteidigungsministerium, beklagt den mangelnden Willen zur Aufrüstung. Foto: BS/Bildschön
Die stellvertretenden Inspekteure der Teilstreitkräfte der Bundeswehr loteten die Zusammenarbeit der Dimensionen aus. Fotos: BS/Bildschön
Die zivile Bevölkerung muss sich vorbereiten
(BS/mk) Unter dem Schatten eines zunehmend wahrscheinlicheren Angriffs auf Deutschland wurde auf der Berlin Security Conference (BSC) über die Kriegstüchtigkeit der Zivilbevölkerung diskutiert. Schnell wurde deutlich: Die deutsche Bevölkerung muss sich wappnen.
senresilienz, Sicherheit und zivilmilitärischer Zusammenarbeit bei den Maltesern Deutschland, Generalleutnant a. D. Martin Schelleis Gerade den Hilfsorganisationen in Deutschland fehle es aktuell an klaren Handlungsvorgaben.
Klare Vorgaben und ziviles Verständnis
Das Deutsche-Rote-Kreuz-Gesetz (DRKG) erlaube es zwar, die Hilfsorganisationen der Bundeswehr zu unterstützen, spezifiziere diese Unterstützungsmaßnahmen jedoch nicht. Es benötige hier klare Angaben darüber, in welchem Ausmaß die Hilfsorganisationen die zivile Bevölkerung unterstützen müssten. Nur so könnten Pläne darüber gemacht werden, wie sehr diese auch die Streitkräfte unterstützen könnten. Prof. Dr. Sönke Neitzel, Professor für Militärgeschichte und Kulturgeschichte der Gewalt an der Universität Potsdam, fand äußerst kritische Worte auf der BSC. „Es wird nicht funktionieren“, kommentierte Neitzel die fehlende Krisen-
resilienz in Deutschland. Der Staat habe das Problem, dass die Bevölkerung die Bundeswehr vorwiegend als Gefahr für die Demokratie ansehe. Dies führe zur Einschränkung der politischen Kultur. „Es kann sich ändern, aber dafür brauchen wir Zeit“, erklärte der Experte für Militärgeschichte. Da die Realität Frieden und nicht Krieg zeige, kümmere sich die Gesellschaft aktuell um andere Themen wie den Klimaschutz oder die Infrastruktur. Aus diesem Grund forderte Neitzel die Bundeswehr selbst dazu auf, in den Diskurs zu gehen und Aufklärungsarbeit zu leisten. „Wir brauchen mehr Uniformen in Talkshows“, so Neitzel
Skandinavien macht es vor Andere Länder Europas sind dort bereits weiter. „In Schweden haben wir eine Tradition, mit der Bevölkerung über diese Dinge zu sprechen“, erklärte Carl-Oskar Bohlin der schwedische Minister für Zivilverteidigung. Erst vor kurzem hat das schwedische Zivilschutzminis-
Der finnische Chief of Defence, General Janne Jaakkola, kann auf tiefgreifendes Vertrauen der finnischen Zivilbevölkerung in die Streitkräfte und die NATO bauen. Foto: BS/Bildschön
terium damit begonnen, die Informationsbroschüre „In Case of Crisis and War“ an seine Bevölkerung zu verteilen. Ziel der Broschüre ist es, die Bevölkerung auf mögliche
Verantwortung lässt sich nicht outsourcen
(BS/cb) Nach einem Sieg Russlands über die Ukraine droht Europa eine düstere Zukunft. Der größte Flächenstaat der Welt wird weiterhin an seinen imperialistischen Zielen festhalten, daran besteht kaum Zweifel. Doch der estnische Verteidigungsminister Hanno Pevkur schöpft Hoffnung.
auf der Berlin Security Conference (BSC) 2024 klar. Der Aufbau einer „starken europäischen Verteidigungsstruktur“ sei daher das oberste Ziel. Wie dringend diese vonnöten sei, machte auch Hanno Pevkur, Verteidigungsminister Estlands, am Beispiel der europäischen Militärausgaben der letzten 25 Jahre deutlich: 43 Prozent Aufwuchs in Europa stünden 592 Prozent in Russland gegenüber. Das langfristige Ziel müsse es deshalb sein, die Verteidigungsetats der EU-NATO-Staaten auf drei Prozent des BIPs zu erhöhen. Auf die Hilfe der USA könne man unter Präsident Donald Trump nämlich nicht länger zählen.
Tuuli Duneton, Staatsekretärin für Verteidigungspolitik im estnischen
Die Ausbildungsprozesse machten den Personalaufwuchs im Sanitätsdienst herausfordernd, erklärte Generalstabsarzt Dr. Almut Nolte.
Verteidigungsministerium, machte konkrete Vorschläge, um ein Aufwachsen der europäischen Verteidigungsbudgets zu leisten:
• die Finanzierung auf nationaler Ebene,
• mehr Förderung durch die Europäische Investitionsbank,
• staatliche Kriegsanleihen in Form von „defense bonds“. Die finanziellen Voraussetzungen bestünden, allerdings mangele es am politischen Willen, monierte Duneton Daran, dass ein in der Ukraine erfolgreiches Russland weitere Staaten angreifen werde, ließ Jasper Wieck , Diplomat und Politischer Direktor im BMVg, derweil keinen Zweifel. Er erinnerte an die Rede des russischen Präsidenten Wladi -
mir Putin auf dem Waldai-Forum in Sotschi 2014. Dort forderte Putin eine Neuaufteilung Europas, wie sie nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erfolgte.
Vorbild und Partner Schweden Vorbild für einen Fähigkeitsaufwuchs im Einklang mit der Industrie könnten die schwedischen Luftstreitkräfte sein. Denn diese hätten schon immer auf eine enge Kooperation mit der Industrie gesetzt und ihre Ausrüstung über Jahrzehnte hinweg „selbst entwickelt“, erläuterte Generalmajor Jonas Wikman, Kommandant der Schwedischen Luftwaffe. Zu diesem Alleingang sei man wegen der andauernden Bedrohung durch Russland gezwungen, schloss Wik-
Die schwedische Gesamtverteidigung hat Vorbildcharakter. Wie sie funktioniert, verdeutlichte Carl-Oskar Bohlin, Minister für Zivilverteidigung.
Krisenszenarien wie Krieg, CyberAngriffe, Terroranschläge oder Naturkatastrophen vorzubereiten und zu sensibilisieren. So informiert die Broschüre auf 32 Seiten unter anderem darüber, wie man Blutungen stoppen kann, Warnsignale richtig interpretiert, sich bei Terrorangriffen verhalten sollte oder sich psychisch gegen Desinformationskampagnen wappnen kann. Außerdem weist die schwedische Zivilschutzbehörde (MSB) darauf hin, dass im Kriegsfall alle Personen zwischen 16 und 70 Jahren Teil der schwedischen Gesamtverteidigung sind und verpflichtet werden können, die ihnen zugewiesenen Aufgaben zu übernehmen. Auch in Finnland gibt es ein ausgeprägtes Bewusstsein dafür, dass alle gemeinsam für die Sicherheit des Landes verantwortlich sind. „Niemand kann allein überleben“, erklärte Brigadegeneral Jami Virta, Kommandeur der finnischen Pori-Brigade. Der finnische Chief of Defence, General Janne Jaakkola, sprach im Rahmen der BSC über die Einstellung der finnischen Bevölkerung zum Militär. Im Gegensatz zu Deutschland habe diese ein tiefgreifendes Vertrauen in die eigenen Streitkräfte. „Die Verteidigungskräfte genießen das größte Vertrauen, an zweiter Stelle steht die Polizei, an vierter die NATO“, so Jaakola. Dies sei wichtig, da Krisen nicht von Behörden, sondern von der Gesellschaft gelöst würden.
man an. Als „Diamant, der unter dem Druck der Bedrohung aus dem Osten“ entstanden sei, beschreibt er die Luftstreitkräfte folgerichtig. Seit der NATO-Mitgliedschaft vom 7. März 2024 bringt Schweden diese „Diamant-Fähigkeit“ in das Verteidigungsbündnis mit ein. Finanzierungsmöglichkeiten zur weiteren Aufrüstung der Ukraine gibt es – starke NATO-Partner ebenfalls. Es hapert aber am Mindset. In Anspielung auf das kürzlich stattgefundene Telefonat zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Putin machte Pevkur nochmals deutlich, welche Klarheit und Härte er von Europa erwartet: Es brauche „keine Telefonate“, sondern eine deutliche Ansage an Putin: „Raus aus der Ukraine!“ Trotz der schwierigen Gemengelage blickte Estlands Verteidigungsminister positiv in die Zukunft. Er zitierte den ehemaligen Präsidenten seines Landes, Lennart Meri: „Die Situation ist Mist. Aber dieser Mist ist der Dünger für die Zukunft.“
Ab dem kommenden Jahr bekleidet MEP Agnes Strack-Zimmermann (FDP) das Amt der Chairwoman der BSC.
Die estnische Botschafterin Marika Linntam überreicht die BSC-Flagge an die Schwedin Veronika Wand-Danielsson, Botschafterin des nächstjährigen Partnerlandes der BSC.
Siemtje Möller (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, warnte vor den Konsequenzen für die internationale Sicherheitslage, falls Russland in der Ukraine erfolgreich sein sollte.
Einen Epochenwandel – nicht weniger verkündete der britische Chief of Defence, Admiral Tony Radakin, auf der Berlin Security Conference (BSC) 2024. Die Ära, in der der Wettstreit zwischen Staaten durch ökonomische Konkurrenz geprägt war, sei vorüber; fortan dominiere die Geopolitik. Als Nuklearmacht und aus den Spezifika eines Inselstaates heraus nehme Großbritannien dabei einen besonderen Blickwinkel ein, führte Radakin aus. Zentral sei, die nuklearen Fähigkeiten des Inselstaates zu erhalten und zu teilen. Aus diesem Grund erneuere man selbige Fähigkeiten gegenwärtig. Das Dasein als Inselstaat wiederum schaffe besondere Sensibilität für den Nordatlantik und den ungehinderten Schiffs- und Warenverkehr dort. Den holistischen Ansatz zur Verteidigung, wie er in den nördlichen Ländern Europas verbreitet sei, habe sich Großbritannien bisher hingegen noch nicht aneignen können. Auch die gesetzlichen Planungsanteile, die in anderen Mitgliedsstaaten des Verteidigungsbündnisses verankert seien, lasse Großbritanien vermissen. Zur Herstellung gesellschaftlicher Resilienz verlasse man sich bisher auf die Basics. Im Fokus stünden die Lagerbestände und die Reserve. Auf
„Es gibt keine andere Technologie, die derart negative Konnotationen hervorruft wie Artificial Intelligence“, sagte Lorenz Lehmhaus, Associate Partner bei IBM. Damit der Technologie mehr Vertrauen entgegengebracht werde, müsse gezeigt werden, inwiefern KI das Handeln der Akteure auf dem Schlachtfeld beeinflusse, also zu besseren Entscheidungen führe, so Lehmhaus.
AI für bessere und schnellere Entscheidungen
Generalmajor Bruno Günter, stellvertretender Generalstabschef des Österreichischen Bundesheeres, erklärte, dass er von KI genau dies erwarte: schnellere und bessere Entscheidungen zu treffen. „Letztendlich geht es darum, dem Soldaten auf dem Schlachtfeld zu helfen.“ Dazu müsse die Technologie Zuverlässigkeit, Vertrauen und Sicherheit garantieren, erklärte
Der britische Blick auf die europäische Sicherheit
(BS/jb) Großbritanien hat eine besondere Stellung in Europa und der NATO. Auf der Berlin Security Conference (BSC) 2024 erläuterte der britische Chief of Defence, Admiral Tony Radakin, wo die britische Perspektive herrührt und was sie auszeichnet.
der militärischen Seite versprach Radkin, dass die britischen Inseln dem Wunsch des Supreme Allied
Commander Europe (SACEUR) nachkommen und mit ihren Landstreitkräften zur strategischen Re-
serve beitrage. Das unter britischer Führung stehende Allied Command Europe Rapid Reaction Corps bilde dies ab. Folgerichtig gelte auf den britischen Inseln eine Devise NATO first! Das äußere sich darin, dass 90 Prozent der britischen Einheiten entsprechend den Vorgaben der NATO gestaltet seien. Russland darf kein Vorbild sein Es überrascht nicht, dass der ranghöchste britische Soldat der NATO einen außerordentlichen Wert zuspricht. Die größte Verteidigungsallianz der Welt biete einzigartige strategische Tiefe. Diese Fähigkeiten gelte es gegen die größte Herausforderung für das Militärbündnis auszurichten: Russlands geopolitische Ambitionen. Radakins Analyse nimmt dabei besonders die russischen Schwächen in den Blick. Denn die Art, wie Russland in der Ukraine Krieg führe, könne für die NATO kein Vorbild
Vorurteile ausräumen und Dominanz durch SDD ermöglichen
(BS/Paul Schubert) Software Defined Defence (SDD) ist für die Optimierung bestehender und zukünftiger militärischer Geräte essenziell. Insbesondere im Zuge des digitalen Gefechtsfelds gewinnt SDD an Bedeutung. Die Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) spielt dabei eine immer größere Rolle und ist insbesondere bei der schnellen Entscheidungsfindung nicht mehr wegzudenken. Nichtsdestotrotz ist das Misstrauen gegenüber dieser Technologie weiterhin groß.
Günter. Wie die Technologie bereits aktiv helfe, erläuterte Jaanus Tamm, CEO der DefSecIntel Solutions. Sein Unternehmen konzentriert sich auf die Drohnenabwehr, und gerade dort sei KI entscheidend: „Menschen sind nicht in der Lage, sich gegen mehrere Drohnen gleichzeitig zu verteidigen. Dafür brauchen sie die Hilfe von Artificial Intelligence“, erklärte Tamm in Berlin.
Wie teuer ist ein digitalisiertes Bataillon?
Zwischen den einzelnen „Digitalisierungsgrag“ der verschiedenen
Der estnische Verteidigungsminister
Streitkräfte innerhalb Europas gibt es jedoch Unterschiede. Nachdem Schweden im März dieses Jahres dem Staatenbündnis NATO beigetreten war, lobte der damalige NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg das leistungsfähige schwedische Militär und die „erstklassige Verteidigungsindustrie“. Im Bereich SDD und Digitalisierung sei Schweden jedoch auf einem ähnlichen Weg wie Deutschland, stellte Brigadegeneral Mathias Hanson, Chief Information Officer der schwedischen Streitkräfte, fest. Dabei sei die Digitalisierung der Streitkräfte auch eine finanzielle Frage.
Wie hoch der Digitalisierungsgrad der Streitkräfte sein müsse, hinterfragte Hanson Zunächst müsse intern geklärt werden, wie viele Bataillone man beispielsweise modern digital ausrüsten könne. In einigen Bereichen sei Schweden besser vorbereitet. So verfüge das schwedische Militär über ein Backbone-Transportnetzwerk, also ein grundlegendes, hochkapazitives und zuverlässiges Netzwerk, das für den Transport von Truppen, Material, Informationen und Kommunikation genutzt werde. Dieses Netzwerk diene als Rückgrat für die logistische und
sein. Den Einsatz der russischen Marine im Schwarzen Meer nannte Radakin desaströs. So sei es der Ukraine, einem Land ohne Marine, gelungen, der russischen Flotte empfindliche Niederlagen beizubringen. Auch in anderen Dimensionen habe das russische Vorgehen keinen Vorbildcharakter. Denn für das Verteidigungsbündnis sei es essenziell, in einem Konflikt Luftüberlegenheit herzustellen. Russland wiederum scheitere daran in der Ukraine. Zusätzlich bringe Russland außerordentliche Opfer, um kleinste Landgewinne zu erzielen. Es bestehe aus NATO-Perspektive durchaus Anlass, auf die eigenen Fähigkeiten zu vertrauen. In Großbritanien selbst muss man sich laut Radakin der Frage stellen, wie man in einer Technologie-bestimmten Ära ankommen könne. Bisher gelinge die schnelle Technologieimplementierung nur im kleinen Maßstab. Bei der Innovation im großen Umfang bleibe man träge. Radakin rät deshalb zu mehr Mut. Genau diesen zeige Großbritannien zurzeit bei der Entwicklung eines hybriden Flugzeugträgers, der als Start- und Landebahn für autonome und bemannte Luftfahrzeuge dienen könne. Sollte dieses Vorhaben gelingen, stelle das einen Erfolg für die gesamte Allianz dar.
operationelle Unterstützung militärischer Einsätze. Neben der Digitalisierung der Streitkräfte betonte Hanson auch die Rolle einer effizienten Führungskultur. Anders als Deutschland seien Länder wie Schweden und Polen militärisch besser ausgestattet. Diese Staaten seien nach der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 „aufgewacht“ und hätten sich an die neue Realität angepasst, so Marcel Taubert, Vizepräsident Defence & Space bei secunet. Nun sei es an der Zeit, sich von dem Motto „zero risk“ zu verabschieden. Nichtsdestotrotz gelte es bei technologischen Innovationen für die Streitkräfte, Innovation und Sicherheit gleichrangig zu betrachten. Insgesamt sei man innerhalb Deutschlands und der NATO militärisch gut aufgestellt: „Wir sind kein Zwerg, sondern ein Riese. Aber das müssen wir auch nach außen zeigen“, resümierte Taubert
Im Konferenzsaal des Zentrums Informationsarbeit Bundeswehr sprach Generalleutnant Michiel van der Laan, Direktor des Militärischen Planungs- und Durchführungsstabs (MPCC), am 21. November 2024 zum Special Training Command der European Union Military Assistance Mission Ukraine (EUMAM UA). Das Kommando war angetreten, um der Übergabe von Generalleutnant Andreas Marlow an Generalmajor Olaf Rohde beizuwohnen.
Für Marlow gab dies Anlass, Bilanz zu ziehen. Im November 2022, neun Monate nach der vollumfänglichen Invasion der Ukraine durch russische Truppen, habe die Europäische Union (EU) ihre Unterstützungsmission begonnen. Eine Woche später seien die ersten ukrainischen Einheiten zur Ausbildung eingetroffen, führte Marlow weiter aus. Zwei Jahre später blickt EUMAM UA auf das erfolgreiche Training von 60.000 ukrainischen Soldaten zurück. 18.000 europäische Soldatinnen und Soldaten wirkten in über 500 unterschiedlichen Ausbildungszweigen.
Mittlerweile griffen die Zahnräder bestens ineinander, betonte der ehemalige Kommandeur. Marlow stellte klar, dass er Kooperation auf höchstem Niveau innerhalb der Bundeswehr, aber auch mit der Industrie erlebe. „Jeder steuert seinen Teil für die Sicherheit der Ukraine und der Bundesrepublik bei“, betonte er. Die Soldatinnen und Soldaten beschrieben ihre Tätigkeit als sinnstiftend. Den wahrlich inspirierenden, patriotischen Kampfgeist zeigten jedoch die Soldaten aus der Ukraine.
Auch van der Laan wagte zu Beginn seiner Rede einen Rückblick. Einfach sei es gewesen, Andreas Marlow als Kommandeur zu unterstützen. Auf die Zusammenarbeit mit Rohde freue er sich aber ebenfalls. Sein größter Dank und Stolz galten jedoch – wie auch bei Marlow zuvor – den ukrainischen Soldaten. Er bezeichnete es als bereichernde Erfahrung, ihnen ins Gesicht zu blicken und ihre Hände zu schütteln. Gerade in dem Bewusstsein, dass etwa ein Viertel von ihnen schwer verwundet wird oder stirbt.
Dabei kämpften die ukrainischen Soldaten nicht nur für das Überleben ihrer Nation. Ein russischer Sieg, so betonte Marlow, bedeute eine noch unsicherere Welt. Mit der Unterstützung der Ukraine trage
Die konstruktive Simulation bestimmt unter Berechnung vieler relevanter Faktoren wie die Situation verläuft. Nicht zuletzt bestimmt der Gegner das Lagebild. In der Simulation gibt es Spieler und Gegenspieler, sodass sowohl eigenes als auch feindliches Verhalten realitätsgetreu dargestellt und umgesetzt wird. Jede Meldung, jede Entscheidung und jeder Befehl nimmt Einfluss auf die Lage. Der Kommandeur bekommt von der Simulation selbst nichts mit. Sein Arbeitsplatz ist nicht simuliert, sondern ganz real. Über seine Einzel- oder Gefechtsbefehle nimmt er Einfluss auf die taktische Lage in seinem Gefechtsstreifen. Somit können Übungen zum Hochwasserschutz bis hin zum Kampf gepanzerter Verbände im gesamten Spektrum durchgeführt werden. Scheitern die Teilnehmer oder treffen sie unzweckmäßige Entscheidungen, laufen die Informationen über die Lageentwicklung in der „Leitungs-, Auswertungsund Dokumentationszentrale“ zusammen. Hier wird das Feedback für die übenden Kommandeure und ihre Stäbe vorbereitet. Die Übung selbst kann zu jedem beliebigen
Wie Europa die neue Linie der Ukraine-Unterstützung sucht
(BS/Jonas Brandstetter) Donald Trump ist designierter US-Präsident, so viel steht fest. Er ist kein Transatlantiker wie sein Vorgänger Joe Biden ist. Alles andere ist ungewiss. Unter diesen Vorzeichen muss Europa seine Rolle in der UkraineUnterstützung neu ausloten. Der Kommandowechsel in der Europäischen Mission zur Unterstützung der Ukraine (EUMAM UA) ist dafür symptomatisch.
Im Sommer besuchten der ukrainische Premierminister Wolodymyr Selenskyj und der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ukrainische Soldaten während der Ausbildung in Deutschland. Der Unterstützung durch die USA konnte sie sich damals noch gewiss sein. Foto: BS/Bundeswehr
Europa also auch zu seiner eigenen Sicherheit bei. Denn wenn die Ukraine in der Lage sei, sich erfolgreich zu verteidigen, nehme die russische Motivation, einen weiteren Staat anzugreifen, ab.
Stopfzeug gegen die Fähigkeitslücken
Wohl nirgends lässt sich deutlicher ablesen, wie sich die militärische Lage in der Ukraine gerade verhält als in den Ausbildungseinheiten bei EUMAM UA. Die Ausbildungsinhalte, die aktuell von den ukrainischen Kommandos angefragt werden, machen deutlich, welche Fähigkeiten gegenwärtig an der Front gefragt sind. Insbesondere die Ausbildung zum Kampf in urbanen Gebieten steht zurzeit ganz oben auf der ukrainischen Bedarfsliste.
Vier Tage nachdem die Soldatinnen und Soldaten des Special Training Command zum Übergabeappell antraten, lud der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) seine Amtskollegen aus England, Frankreich, Polen und Italien in die deutsche Hauptstadt ein.
Ein Termin, der laut Pistorius als Fortsetzung eines trilateralen Gesprächs zu Beginn dieses Jahres
zwischen ihm, dem französischen Verteidigungsminister Sébastien Lecornu und ihrem polnischen Amtskollegen Władysław KosiniakKamysz in Paris diente. In dieser Neuauflage des Weimarer Dreiecks befassten sich die Verteidigungsminister der drei Länder im Februar 2024 mit der Unterstützung der Ukraine. Beim erneuten Treffen stießen nicht nur John Healey und Isabella Rauti, der Verteidigungsminister Großbritanniens und die Verteidigungsministerin Italiens, dazu –auch inhaltlich erweiterte man die Gespräche. „Wir haben darüber gesprochen, wie man gemeinsam diese oft beschworene geschlossene Handlungsfähigkeit der europäischen Verteidigungskräfte stärken kann“, erklärte Pistorius bei dem Jahresabschlusstreffen der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie e. V. (BDLI) in Berlin. Nicht weniger als einen Fahrplan für ein gemeinsames Europa wollen die Verteidigungsminister der fünf Länder ebnen – und das schnell. Dabei sei vor allem ein Anliegen zentral: das Schließen der Fähigkeitslücken. Eine konkrete Aufgabe, die nach Ansicht des deutschen
Verteidigungsministers größere Bedeutung habe, als vertragliche Verpflichtungen. Denn das Zwei-Prozent-Ziel sei zwar eine wichtige Richtschnur, es verleite allerdings auch dazu, sich selbst zu betrügen. „Entscheidender als das Zwei-Prozent-Ziel ist, die enormen Fähigkeitslücken in allen vier Dimensionen zu schließen“, stellte Pistorius klar.
Weichenstörungen beim Fahrplan der gemeinsamen Verteidigung Voraussetzung dafür sei eine neue Herangehensweise an die Beschaffung. Entwicklungs- und Beschaffungsprojekte sollen nach seiner Vorstellung europäischer, effizienter und innovativer werden. Die Industrie sei angehalten, ernsthafte Rüstungskooperationen aufzubauen, statt sich hinter Scheinkooperationen zu verstecken. Rein personell waren in Berlin die richtigen Ansprechpartner versammelt, um die von Pistorius beschworene „gemeinsam handlungsfähige europäische Verteidigung“ auf die Schiene zu setzen. Zusammen zeichnen die fünf Nationen für etwa zwei Drittel der europäischen Verteidigungsausgaben verantwortlich.
Nutzung konstruktiver Simulation für simulationsgestützte Stabs-/Gefechtsstandübungen
(BS/Hauptmann Thomas Heinl*) Eine konstruktive Simulation hat die Schulung von Kommandeuren und Stäben der militärischen Verbände und Einheiten in einer realistischen Einsatzumgebung zum Ziel. Taktische Führer auf der Ebene Zug „füttern“ die Rechner mit dem auftragsgemäßen Verhalten ihrer Teileinheiten. Die Vernetzung aller Rechner ergibt ein Lagebild auf der Bataillonsebene – dieses Lagebild kann sich der Bataillonskommandeur aber nicht direkt aus der Maschine abgreifen.
Punkt „zurückgespult“ werden. Das ist einer der Vorteile, denn reale Bewegungen auf dem Gefechtsfeld kosten Zeit und Geld, im AusbStp SIRA-Btl jedoch nur einige wenige Klicks mit der Maus.
Beim Neuansatz der Kräfte werden die Übungsteilnehmer nicht sich selbst überlassen. Jederzeit befindet sich ein Ausbilder an ihrer Seite. Dafür gibt es Fachleute aller relevanten Truppengattungen im Stützpunkt.
So nah wie möglich an der Realität
Die konstruktive Simulation läuft in Echtzeit ab, denn die Realität soll so nah wie möglich erlebt werden. Ein Übungsdurchgang dauert mindestens fünf Tage, kann aber je nach Bedarf und Verfügbarkeit der Übungstruppe auf bis zu zwei Wochen angelegt werden.
Jeder Übung geht eine Erkundung voraus, denn ohne Erkundungsergebnisse im Gelände tun sich die Übungsteilnehmer erfahrungsgemäß schwer, Ableitungen zum eigenen Handeln und zur vermuteten Feindabsicht zu treffen. Vor jedem Übungsdurchgang erkunden die Soldaten daher ihren Gefechtsstreifen mit Blick auf dessen Chancen und Herausforderungen für den Feind und die eigenen Kräfte. Ziel ist ein möglichst umfassendes Bild vom Einsatzraum und Ortskenntnis, die über die reine Kartenerkundung hinausreicht.
Auch die getroffenen Entscheidungen werden nochmals im Gelände selbst überprüft: Stellt sich das Gelände so dar wie erwartet? Kann ich meine Soldaten so einsetzen wie gedacht? Wurde mein Entschluss folgerichtig getroffen?
Harmonisch, tatkräftig und zielorientiert – diesen Anschein vermittelte Pistorius vom Fünfstaaten-Treffen, dem er als Gastgeber vorstand. Doch über die Ausrichtung und den Charakter der europäischen Verteidigung besteht zwischen Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Polen Uneinigkeit. Zwar zieht man an einem gemeinsamen Strang – jedoch unterschiedlich kräftig und nicht immer in dieselbe Richtung. So steht Deutschland mit seiner zögerlichen Haltung zur Lieferung von Marschflugkörpern allein auf weiter Flur. Britische und französische Marschflugkörper der Typen Storm Shadow und Scalp sind bereits in der Ukraine im Einsatz. Dass die Bundesrepublik der Ukraine ihre Marschflugkörper Taurus übergibt, ist hingegen weiterhin nicht in Aussicht. Ein Umstand, der immer wieder Kritik an der Bundesrepublik hervorruft. Auch das Telefongespräch zwischen dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und dem russischen Machthaber Wladimir Putin stieß in Europa nicht nur auf Gegenliebe. Der polnische Premierminister Donald Tusk stellte klar, dass ein Telefongespräch kaum das Mittel der Wahl sei, um Putin aufzuhalten.
Für Unmut sorgt sicher auch, dass es innerhalb der teilnehmenden Staaten Interpretationsspielräume in der Frage gibt, wie viel die einzelnen Staaten für die UkraineUnterstützung aufwenden sollten. Während England und Polen jeweils einen halben beziehungsweise einen ganzen Prozentpunkt ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) in die Ukraine-Unterstützung investieren, sind andere Nationen zögerlicher. Deutschland gibt für die Unterstützung der Ukraine 0,4 Prozent des BIPs aus. In Frankreich und Italien beträgt der Wert der Unterstützungsleistungen sogar nur 0,1 Prozent des BIPs. Mangel an Gesprächsthemen müssen die Mitglieder des erweiterten Weimarer Dreiecks folglich nicht beklagen. Auch der Austragungsort für ein weiteres zeitnahes Treffen der Verteidigungsministerinnen und -minister aller fünf Nationen steht bereits fest. Polen soll Gastgeber der nächsten Zusammenkunft werden, verkündete Pistorius in Berlin. Am konkreten Datum und den genauen Inhalten, die man zu debattieren gedenkt, werde noch gearbeitet.
An der Übung beteiligt sind neben dem Kommandeur die Stabsabteilungen genauso wie alle militärischen Führer ab der Ebene Zug. Der Informationsfluss zwischen Zügen, Kompanien und dem Bataillon ist der Kern der Führungsfähigkeit. Wenn wichtige Informationen den richtigen Entscheider zeitig erreichen, dann kann der Kommandeur passende Entschlüsse treffen. Der übende Truppenteil legt fest, wie er diese Informationsbeziehungen organisiert. Neben dem Kommandeur auf seiner beweglichen Befehlsstelle ist er immer auf seinen Stab angewiesen, der Entscheidungen vorbereiten und Informationen verdichten kann. In einer der letzten Übungen hat der übende Verband ein vorgeschobenes Führungselement aufgebaut: In einem „WIESEL-Stern“ wird taktisch geführt, die Feindlage beurteilt und die Kampfunterstützung durch Artillerie und Pioniere organisiert. Die Führungsfahrzeuge stehen dabei Rücken an Rücken, sodass ein direkter Austausch miteinander möglich ist. Der Bataillonskommandeur befindet sich im Dauerbeschuss der Meldungen. Ziel ist es, dem Kommandeur immer ein aktuelles Lagebild aufzubereiten, die Meldungen zu sammeln, zu sortieren und zu visualisieren. So kommt es hierbei nicht nur auf den Kommandeur an: Arbeiten seine Zugführer, Kompaniechefs und die Soldaten der Gefechtsstände nicht ordentlich, fehlen dem Bataillonskommandeur Informationen. Diese Informationen sind der Schlüssel für einen erfolgreichen Einsatz. Je länger der Übungsdurchgang dauert, desto mehr merkt man, wie die Teilnehmer sich mit der Lage und der Übung identifizieren und wie sehr sie in diese eintauchen. Jeder ist zu 100 Prozent fokussiert auf seine Aufgabe, verhält sich so, als wäre die Lage echt.
*Hauptmann Thomas Heinl ist Presseoffizier der Infanterieschule.
Eigentlich ist der studierte Physiker nämlich mit vielen Kolleginnen und Kollegen in Deutschland und auch international für die Überwachung des KernwaffenteststoppVertrags (Comprehensive NuclearTest-Ban Treaty CTBT) zuständig. Eine wichtige Aufgabe, die bereits mehrfach auf die Probe gestellt wurde. Zuletzt im Jahr 2017, als Nordkorea – als Nicht-Unterzeichnerstaat – seinen jüngsten Kernwaffentest durchführte.
Das Nachweisen von geheimen Nuklearaktivitäten war dabei schon in Roß' Dissertation Thema, wenn auch nicht bei der Überwachung von Waffentests. Er beschäftigte sich damit, geheime Plutoniumproduktionen mittels der Verteilung radioaktiver Edelgase über die Luft nachzuweisen. So war ein erster Berührungspunkt geschaffen, welcher, als Roß ein knappes Jahr nach seiner Promotion eine Beschäftigung bei der BGR begann, noch ausgebaut werden sollte. Dort ist er mittlerweile unter anderem für die technologieübergreifende Analyse verantwortlich. Eine Aufgabe, die ihm sehr liegt, beobachtet er doch auch in seiner Freizeit gerne zum Beispiel Züge und Flugzeuge oder auch Vögel. In seiner Rolle bei der BGR bringt er die Befunde der verschiedenen Sensortypen über die Methode der atmosphärischen Transportmodellierung zusammen. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen in der BGR und beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), die die deutsche Radionuklidstation betreiben und entsprechende Daten analysieren, wird bewertet, ob die Daten
Weltweites Messnetz mit im Blick
(BS/Sven Rudolf) Wenn gerade die Erde gewackelt hat und man sich fragt, ob ein Erdbeben im Gange ist, kann Dr. Jens Ole Roß von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) diese Frage. Vielleicht handelt es sich aber auch um eine Sprengung in einem Steinbruch oder Auswirkungen eines Überschallknalls. Die Ursachen seismischer Aktivität festzustellen, ist dabei nur ein Teilaspekt seiner Tätigkeit.
auf eine Kernexplosion hinweisen. Dabei kann bereits nach wenigen Stunden bestätigt werden, ob es eine Explosion gegeben hat. Freigesetzte radioaktive Spuren können aber Tage bis Wochen brauchen, bis sie eine der hochsensitiven Messstationen erreichen. Für diese ist die enge Zusammenarbeit mit dem BfS besonders wichtig. Für die Analysen und Bewertungen ist ein gewisses Verständnis der verschiedenen Messtechnologien und der korrelierenden Daten notwendig. Kenntnisse, über die Roß zu Beginn seiner Beschäftigung bei der BGR noch nicht umfassend verfügte. Allerdings bot sich ihm schnell eine Gelegenheit, sich mit den Messdaten vertraut zu machen.
Start mit Feuerprobe Bereits drei Monate nach dem Antritt seiner Stelle kam es direkt zu einem Härtetest. Die Tsunami- und Reaktorkatastrophen in Fukushima waren eine Hochleistungszeit für die nationalen Datenzentren des CTBT. Schließlich gab es hunderte Nachbeben auszuwerten und beachtliche Mengen an radioaktiven Isotopen in der Atmosphäre nachzuverfolgen. Ein Umstand, der Stress bedeutete.
Im Rahmen der immer stärker werdenden Nuklearwaffen gab es viele Tests in der Atmosphäre, unter der Erde und unter Wasser. Um diesen Tests einen Riegel vorzuschieben, wurde im Jahr 1996 das Kernwaffenteststoppabkommen (CTBT) in den Vereinten Nationen aufgesetzt. Um die Einhaltung des Vertrags sicherzustellen, wird gegenwärtig ein internationales Überwachungsnetz (IMS, International Monitoring System) aus 321 gleichmäßig über den Globus verteilten Messstationen aufgebaut. Das Ziel ist der Nachweis von Explosionen über seismische, hydroakustische und Infraschall-Signale sowie feinste radioaktive Spuren in der Atmosphäre. Die gesammelten Daten werden dabei durch das International Data Centre (IDC) der CTBT-Organisation (CTBTO) bei den Vereinten Nationen in Wien analysiert und archiviert. Der Prozess erfolgt dabei in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Datenzentren, die für Datensammlung und den Betrieb einzelner Überwachungsstationen zuständig sind. In Deutschland fällt die Rolle des Datenzentrums der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) zu. Diese ist für den Betrieb von insgesamt vier IMS-Stationen verantwortlich und verifiziert diese Daten über weitere seismologische Stationen. Damit berät das Datenzentrum die ständige VN-Vertretung Deutschlands in Wien und das zuständige Referat OR 09 des Auswärtigen Amtes in fachlichen Fragen. Die ständige VN-Vertretung in Wien vertritt Deutschland politisch in den CTBTO-Gremien. Als letzte Stufe sieht der Vertrag nach Inkrafttreten auch Vor-Ort-Inspektionen vor. Auch hier beteiligen sich BGR und BfS an der Ausbildung und an Übungen zusammen mit dem Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr.
Dr. Jens Ole Roß bei einer Routine-Auswertung seismischer Aktivität. Der Ursprung war die Sprengung in einem Steinbruch. Bild: BS/BGR, Dr. Jens Ole Roß
„Gleichzeitig hätte ich mich sonst wohl kaum so schnell in den Job einarbeiten können“, erklärt Roß den Mehrwert, den er aus dieser Zeit gezogen hat. Die Ausnahmesituation habe zudem gezeigt, wie gut das System funktioniere, schließlich sei der vom BfS am Schauinsland bei Freiburg gemessene Wert der Xenon-Isotope um ein Zehntausendfaches höher ausgefallen, als er für einen Nachweis durch die Geräte hätte sein müssen. Die in Deutschland gemessenen Werte seien dabei trotzdem radiologisch vollkommen unbedenklich, erklärt Roß. Dies zeige vielmehr, wie extrem empfindlich die Radionuklidstationen seien.
Diagnose Steinbruch
In ruhigeren Zeiten fällt dann häufig aber die Frage, ob nun ein Erdbeben oder z. B. eine Sprengung den Boden hat wackeln lassen. Da die BGR auch der Erdbebendienst des Bundes ist, ist die Beantwortung dieser Frage ein wichtiger Teil der Arbeit von Roß und seinen Kollegen. Die Antwort darauf lasse sich häufig schnell an den Daten aus dem nationalen seismologischen Netz erkennen. Eine Sprengung habe einen anderen Signalverlauf in den Seismogrammen als ein Erdbeben.
Wenn man bei der Ermittlung des Ursprungsorts dann ziemlich genau den Rand eines Steinbruchs treffe, sei das immer ein gutes Gefühl, erklärt Roß Auf Basis des weltweiten Stationsnetzes des CTBT und den daraus gewonnenen Daten können zum Beispiel Tsunamiwarnungen oder Warnungen über Vulkanausbrüche erstellt werden und auch bei den Explosionen der Nordstream-Pipelines lieferten seismologische und Infraschall-Stationen zusätzliche Informationen. Daneben können die Daten des Netzes nach Freigabe auch für wissenschaftliche Zwecke und Veröffentlichungen genutzt werden. „Geheime Übung“ Da es glücklicherweise nicht allzu häufig zu nuklearen Katastrophen oder Kernwaffentests kommt, finden alle zwei Jahre Übungen statt, um die Bereitschaft der Datenzentren zu testen. An der Gestaltung und Ausarbeitung dieser Übungen ist Roß seit 2012 maßgeblich beteiligt. Dabei werden meistens reale Explosionen verwendet, die aber keine Radioaktivität freigesetzt haben. Diese werde für die Übung in den Daten durch simulierte Werte ergänzt, erklärt er das Vorgehen.
Behörden
Die Ergebnisse der nationalen Datenzentren werden anschließend auf einer gemeinsamen Konferenz besprochen. Ein Nachteil der Federführung bei den Szenarien sei, dass man nicht selbst mitüben könne: „Da für die Erstellung der Übung Daten aus verschiedenen Fachdisziplinen benötigt werden, ist zumindest die interne Geheimhaltung schwierig. Und selbst wenn es gelingen würde, wäre man auf der Konferenz den hauseigenen Ergebnissen gegenüber skeptisch“, berichtet Roß scherzend. Bei einer der kommenden Iterationen der Übung will er jedoch das Ruder bei der Planung noch einmal abgeben, um wieder einmal selbst teilnehmen zu können. Für die Vernetzung in der CTBTCommunity wird Roß trotzdem weiterwirken können.
Globales Messnetz
Die fünf Messtationen, die aus Deutschland betreut werden, befinden sich interessanterweise auch außerhalb der Landesgrenzen. Auf der anderen Seite der Erde werden ebenfalls Messanlagen am Rande der Antarktis von Deutschland betrieben. Die seismologische Station AS35 wird dabei in Kooperation mit Südafrika betreut. Bild: BS/BGR
Denn seit diesem Jahr hat Roß die Rolle der Chairperson der Joint Expert Group der Working Group B inne. In dieser Gruppe werden die gemeinsamen Themen der zusätzlich getrennt tagendenden Fachgruppen behandelt. Die Working Group B ist der naturwissenschaftlich-technische Ausschuss der Vorbereitungskommission der CTBT-Organisation (CTBTO), dem Steuerungsgremium der Vertragsstaaten. Zugefallen ist ihm diese Funktion wohl auch wegen der langjährigen Organisation der technologieübergreifenden Übungen und weil er sich inzwischen in mehreren der angewendeten Technologien ein wenig zu Hause fühlt. Vielleicht ist es aber auch sein angeeignetes „Klassensprecher-Gen“, von dem er berichtet, weshalb er womöglich für diese Position ausgewählt wurde. Die Arbeit in den Gremien der vorläufigen Kommission wird in erster Linie von Diplomaten der ständigen Vertretungen in Wien wahrgenommen. Gerade bei den naturwissenschaftlich-technischen Fragen sind diese aber auf die Expertise aus den Datenzentren und anderen Institutionen angewiesen, die deshalb die Delegationen zur Working-Group B besetzen. Diese vermittelnde Position an der Schnittstelle zwischen Naturwissenschaft und internationaler Politik gefällt Roß besonders, auch wenn es oft viel Geduld braucht. Obgleich die CTBTO bereits seit Längerem funktionsfähig arbeitet, wird sie weiterhin von einer vorläufigen Kommission geleitet, bis der Vertrag offiziell in Kraft tritt. Fürs Inkrafttreten steht die Ratifizierung durch die USA, Russland, China, Ägypten, Israel und Iran aus – Indien, Pakistan und Nordkorea haben den Vertrag nicht unterzeichnet.
Kurze Drähte und gute Kooperation Für einen weiteren Austausch unter den Datenzentren sorgen neben den Sitzungen der Working Group B Konferenzen und Workshops. Die meisten davon finden in Wien statt. Ein Fakt, der Roß gelegen kam, denn Reisen, die mehrere Wochenenden Reisezeit in Anspruch nehmen, wollte der Familienvater lange Zeit nur ungern wahrnehmen. „Und nach Wien kommt man auch gut mit dem Zug.“ Für den sonstigen Austausch ist das „Vorläufige Technische Sekretariat“ der CTBTO als zentrale Anlaufstelle für die Daten auch als direkter Kommunikationspartner für die nationalen Datenzentren zu sehen, aber, wie Roß berichtet, stehen die Fachleute einiger nationaler Datenzentren auch direkt untereinander im Kontakt, wenn es um Zweitmeinungen geht. Die gute Zusammenarbeit vieler Stellen ermöglicht Roß nicht nur eine vielfältige Beschäftigung, sondern auch eine zusätzliche Absicherung der Überwachung der Einhaltung des CTBT.