Fakten, Hintergründe und Analysen für den Öffentlichen Dienst
ISSN 1437-8337
Nr. IX / 33. Jg / 36. Woche
Berlin und Bonn / September 2017
G 1805
www.behoerdenspiegel.de
Verlässlich und attraktiv
“E” muss zum Normalfall werden
Zwischen Aktenberg und Leberwurst
Wolfgang Pieper zu den Anforderungen an den
Dr. Sönke Schulz: “Bereit, mit dem Land
Walter Koch über die Jagd nach Fettgehalt und
Bund als Arbeitgeber ............................. Seite 4
das große Rad zu drehen!” ..................... Seite 18
Etikettenschwindel ................................ Seite 68
Bürokratieabbau mit E-Vergabe (BS/jf) Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat sich den Bürokratieabbau auf die Fahnen geschrieben. In einem ersten Anlauf stehen 13 Gesetze und drei Rechtsverordnungen auf der Agenda, die von überbordenden Belastungen für Bürger, Wirtschaft und Verwaltung befreit werden sollen. Eines der Gesetze ist das Tariftreue- und Vergabegesetz des Landes. Zudem soll die Einführung der elektronischen Vergabe Entlastungen bringen. Dazu soll die elektronische Abwicklung des gesamten Beschaffungsprozesses einschließlich der Anbindung der Beschwerde- und Nachprüfungsinstanzen über das Vergabeportal.NRW abgewickelt werden. Der E-Vergabe widmet sich der Behörden Spiegel in einem Sonderteil ab Seite 35.
IT-Sicherheit beim Bund (BS/stb) Mit Wirkung vom 1. September ist mit dem Umsetzungsplan Bund 2017 eine neue Leitlinie zur Steuerung und Umsetzung der Informationssicherheit in der Bundesverwaltung in Kraft getreten. Dies geht auf den Beschluss des Bundeskabinetts am 19. Juli zurück. Mit der Neukonzeption soll der seit 2007 gültige Umsetzungsplan Bund an die Entwicklungen der vergangenen Jahre vor allem im Bereich der IT- und Cyber-Sicherheit angepasst werden. Festgelegt werden verbindliche und einheitliche Mindestanforderungen an die Informationssicherheit in Bundesbehörden anhand von Leitlinien unter anderem zum Informationssicherheitsmanagementsystem, zu Anforderungen an IT-Dienstleister und zum Umgang mit sicherheitsrelevanten Ereignissen.
Jodtabletten verteilt (BS/mfe) Die Region Aachen hat damit begonnen, vorsorglich Jodtabletten an die Bevölkerung auszugeben. Personen, die nicht älter als 45 Jahre sind, können sich im Internet einen Bezugsschein beschaffen und diesen dann in der Apotheke einlösen. Grund für die deutschlandweit bisher einmalige Präventivmaßnahme ist die Befürchtung eines Unfalls im skandalträchtigen belgischen Atomkraftwerk Tihange. Dieses liegt nur rund 70 Kilometer von Aachen entfernt und weist zahlreiche Mikrorisse auf. Die hochdosierten Tabletten verhindern die Aufnahme von radioaktivem Jod in der Schilddrüse. Am wirksamsten ist der Schutz laut Experten der Strahlenschutzkommission, wenn die Tabletten kurz vor oder sogar gleichzeitig mit dem Einatmen des radioaktiven Jods eingenommen werden.
Droht der Zusammenbruch? Unterschiedliche Wege bei der Krankenversicherung von Beamten (BS/Jörn Fieseler) Die Einführung einer Bürgerversicherung ist eines von vielen Wahlversprechen im aktuellen Wahlkampf. Ebenso deren Verneinung. Wie auch schon 2013. Seit der Ankündigung von Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks hat die Diskussion um die Bürgerversicherung an Fahrt gewonnen. Doch in der Hansestadt soll den Beamten die Wahl zwischen Gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) und Privater (PKV) gelassen werden. Ob damit der PKV die Beitragszahler wegbrechen, bleibt abzuwarten. Zu vieles ist noch ungewiss. Wenn die Bürgerversicherung Realität wird, steht eins schon fest. Es wird teurer – für alle. Die Einführung der Bürgerversicherung soll vor allem die Einnahmesituation in der GKV verbessern. Manche Partei will damit aber auch die Ärztehonorare auf der Ausgabenseite vereinheitlichen (siehe Seite 16). Einige private Krankenversicherungen würde es im Gegenzug sehr hart treffen. Vor allem die Debeka, die sich besonders auf die Versicherung von Beamten spezialisiert hat. 2,33 Mio. Privatversicherte verzeichnete die Kasse im letzten Jahr an Mitgliedern, branchenweit Platz eins in diesem Segment. Die auf den weiteren Plätzen folgenden Kassen DKV (795.000 Krankenkassenvollversicherungen) und Axa (792.000) erreichen jeweils nur ein Drittel der Debeka-Verträge. Doch nicht nur die Versicherungen wären betroffen. Zwar würde sich für die bislang privat Versicherten die Zahllast um rund 40 Prozent verringern, wie das Kieler Institut für Mikrodaten-Analyse errechnet hat. Unter der Voraussetzung einer Ausgaben- und Budgetneutralen Ausgestaltung hätte dieser Schritt aber Mehrkosten bei allen GKV-Versicherten zur Folge: Der Beitragssatz würde um 1,5 Prozent steigen, so Institutsleiter Dr. Thomas Drabinski. Auch für die jeweiligen öffentlichen Arbeitgeber würde es teu-
Mit dem Hamburger Vorstoß entstehen erste Risse im einheitlichen System der PKV mit Beihilfe. Das könnte die Dienstherren teuer zu stehen bekommen. Foto: BS/©Francesco Scatena, Fotolia.com
rer werden. In der Freien und Hansestadt Hamburg rechnet man bereits mit 5,8 Mio. Euro Mehrkosten für die rund 2.400 Beamten, die schon jetzt in der gesetzlichen Krankenkasse freiwillig versichert sind. Damit ist noch keiner der insgesamt rund
44.400 aktiven Beamten wie vorgesehen gewechselt (siehe Seite 6). Wenn alle in der GKV wären, müsste die Stadt jährlich 107,3 Mio. Euro als Arbeitgeberanteil an der Krankenversicherung zahlen. Dem stehen rund 85, 15 Mio. Euro für die Bei-
hilfe ihrer aktiven Staatsdiener gegenüber, wie die Leiterin der Personalbehörde, Bettina Lentz, mitteilte. Im Ergebnis müsste Hamburg rund 22 Mio. Euro im Jahr mehr aufbringen. Darin sind die Versorgungsempfänger nicht miteinbezogen. Deren
Kommentar
Für mehr Wirksamkeit die Städte entfesseln! (BS) Seit 2010 vermag es keine der Koalitionen in Bund und Ländern, die städtische Luftreinhaltung zu verbessern, schon gar nicht im Wahlkampf. Der Wille kommt einzig über klagerechtsbefugte Umweltverbände und die Justiz. Weil die Auto-Industrie als Partner ebenso ausfällt, braucht es nun Druck. Und die Kommunen! Auch die Städte haben Stickoxiden und Gesundheitsschutz in der Vergangenheit nicht die nötige Aufmerksamkeit eingeräumt. Viele der Diesel-Busse, um die es aktuell geht, hätten schon längst auf Euro-6 umgerüstet sein können. Der nun auf eine Mrd. Euro aufgestockte ÖPNVMobilitätsfonds hilft zwar, die Flotte zu modernisieren. Das ist grundsätzlich sehr zu begrüßen! Die Diesel-Emissionen dieser Busse machen aber laut Verband der Verkehrsunternehmen max. zehn Prozent des NO2-Aufkommens in den Städten aus – ein Nebenschauplatz. Zwar spielt der ÖPNV für die Lösung eine Rolle, aber erst im zweiten Schritt. Denn bevor in den Städten noch mehr Bür-
ger auf Busse und Bahnen umsteigen, müssen sie ihr eigenes Fahrzeug in Betracht nehmen. In München etwa verursachen Diesel-Pkw die NOx-Belastung zu 72,5 Prozent. Es geht darum, diese Fahrzeuge sofort nachzurüsten, zu erneuern oder sonst gewisse städtische Einfahrten zu untersagen. Für die richtige Mischung kommt es aber nicht mehr auf deren Popularität an, sondern auf die jeweilige Wirksamkeit – und darüber entscheiden nun Messstationen und Richter. Wer wirklich an einer ausgewogenen Lösung interessiert ist, muss die unterschiedlichen Verhältnisse vor Ort einbeziehen. In München werden die Grenzwerte auf einem Viertel aller innerstädti-
schen Straßen übertroffen. In Stuttgart sind es die großen Durchgangsstraßen. In dieser Gemengelage hilft ein grundlegendes ordnungspolitisches Instrument mit örtlichem Ermessenspielraum: eine Plakette wie für die Umweltzonen. Diese muss der Bund einführen. Die Städte entscheiden dann selbst, ob und inwieweit es zu Einschränkungen kommt und welche Ausnahmen etwa für Gewerbe gelten. Je mehr Fahrzeuge die Auto-Industrie zuvor umrüstet und erneuert, desto weniger müssen die Kommunen den Verkehr einschränken. Das sollte auch von Bund und Ländern klar herausgestellt und mit Fördermitteln weiter angereizt werden. Julian Einhaus
Betreuungs(un-)glück
Beihilfeausgaben beliefen sich 2016 auf rund 183 Mio. Euro. Und wenn bundesweit das Hamburger Wahl-Modell gelten würde? Diese Auswirkungen lassen sich nicht so einfach berechnen, denn keiner weiß, wer wirklich wechselt. Dieser Schritt würde sich vor allem für Beamte lohnen, die entweder verheiratet sind und deren Ehepartner weniger als 18.000 Euro verdienen und/oder chronisch krank sind. Letztere müssen in der PKV einen 30-prozentigen Risikoaufschlag zahlen, so Stefan Reker, Sprecher des PKV-Verbandes. Doch beide Gruppen werden nicht zwangsläufig in die gesetzlichen Kassen mit Freuden aufgenommen. Vielleicht gibt es deshalb im Verwaltungsrat der GKV eine Pattsituation, die GKV-Sprecher Florian Lanz bestätigte. Arbeitgeber und Versicherungsnehmer sind sich uneins, welche Position die GKV in Sachen Bürgerversicherung beziehen soll. Letztlich ist es eine Entscheidung der Politik. Drabinski schlägt stattdessen vor: “Anstelle zu vereinheitlichen, sollte die Gesundheitspolitik die Dualität aus GKV und PKV einer strukturellen Überarbeitung unterziehen. Denn die ersten geburtenstarken Jahrgänge beginnen in der nächsten Legislatur in Rente zu gehen.”
Inhalt
Seite 2
Behörden Spiegel / September 2017
Am 24. September wird zum 19. Mal ein Deutscher Bundestag gewählt. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden im neuen Parlament sieben Parteien vertreten sein. Nicht nur deren Positionen prallen hier in tabellarischer Form aufeinander, sondern auch die Positionen mit Herausforderungen, die in den nächsten vier Jahren angepackt werden müssen. Foto: BS/©bluedesign, Fotolia.com
Parteipositionen Neues Bundesministerium für Migration gefordert Die Parteien zum Öffentlichen Dienst ........................ Seite 6
Wie sich die Parteien gegenüber Kommunen positionieren
Sichere Systeme, sichere Daten Die Parteien zur IT-Sicherheit ................................... Seite 53
Städte und Gemeinden im Wahlkampf ...................... Seite 21
Die Parteien zu Haushaltspolitik und Finanzmärkten Steuergelder in Zeiten des Wahlkampfes ................. Seite 10
Bundestagswahlen Durchstarten bei der Digitalisierung Modernisierung der Verwaltung muss gelingen ....... Seite 33
Cyber-Angriffe und Manipulationsversuche befürchtet ................................................................. Seite 54
Vergaberecht bis 2021: vereinheitlichen, vereinfachen und Versäumtes nachholen .............................................. Seite 11
Soziale und ökologische Standards ausweiten
Mehr Präsenz vor Ort zeigen
Die Parteien zum Vergaberecht ................................. Seite 41
Die Parteien zur Inneren Sicherheit .......................... Seite 61
Personal, Versorgung, Versicherung und Finanzierung
Digitales im Bundestagswahlkampf
Verteidigungspolitik im Vergleich
Die Parteien zur Gesundheitspolitik .......................... Seite 16
Ausschnitte aus den Wahlprogrammen .................... Seite 42
Die Parteien zur Äußeren Sicherheit ........................ Seite 66
In der Ruhe liegt die Kraft!
Impressum Der Behörden Spiegel wird verlegt von der ProPress Verlagsgesellschaft mbH. www.behoerdenspiegel.de
Innenspiegel
Infrastruktur. Fahrzeuge. Konzepte. Erstes E-Mobility-Jahrbuch erschienen (BS/ein) Das E-Mobility-Jahrbuch 2017 adressiert interessierte Entscheider und Mitarbeiter aus den Kommunen. Auf 56 Seiten erhält der Leser einen kompakten Eindruck von Perspektiven und Positionen verschiedener Verbände, Kommunen und Forschungseinrichtungen. Mit der Verknüpfung von sparsamen (Elektro-)Fahrzeugen und ÖPNV durch intelligente Systeme kann gerade die Bundesrepublik im Zuge der Energiewende einen großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit machen. Gefragt sind Bund, Länder und mehr noch die Kommunen. Gerade Städte, Gemeinden und Landkreise sind hierzulande durch ihre eigenständige Rolle dafür prädestiniert, als Praxis-Labore den Erfahrungsschatz rund um neue Mobilitätsformen voranzutreiben. Die Publikation zeigt u. a. Beispiele urbaner Mobilitätskonzepte und kommunaler Aktivitäten, oft gemeinsam mit den örtlichen Stadtwerken. Beiträge von Fahrzeugherstellern, Beratungshäusern und Dienstleistern aus dem Infrastrukturbereich runden die Sammlung ab. Das “E-Mobility-Jahrbuch” soll nicht nur der Information dienen und den vielfältigen Strauß an Strategien, Projekten und Meinungen aufzeigen.
Beilagenhinweis Jeweils einer Teilauflage des Behörden Spiegel sind eine Beilage der Daimler AG sowie der Technischen Akademie Wuppertal beigefügt.
Frisch erschienen: das E-MobilityJahrbuch 2017. Das Jahrbuch kann ab sofort bestellt werden beim Behörden Spiegel unter verlag@behoerdenspie gel.de . Heftpreis: 5,– Euro
Gerade im Rahmen der rasanten Entwicklung neuer Mobilität versteht sich diese Handreichung mehr denn je darin, zum Kontakt mit Akteuren der Szene und vor allem zum interkommunalen Austausch aufzufordern.
Fotoquellen Seite 1 Foto 1: BS/Verdi Foto 2: BS/LKT SH Foto 3: BS/Orth
Herausgeber und Chefredakteur R. Uwe Proll Leiter der Berliner Redaktion Jörn Fieseler Leiter der Bonner Redaktion Guido Gehrt Redaktion Julian Einhaus (Kommunal- und Energiewirtschaft, ÖPP), Marco Feldmann (Innere Sicherheit, Katastrophenschutz), Jörn Fieseler (Personal, Beschaffung, Vergabe), Guido Gehrt (IT, ITK-Politik, Haushalt), Lora Köstler-Messaoudi (Haushalt, Finanzen), Wim Orth (Digitale Gesellschaft), Dr. Gerd Portugall (Verteidigung, Wehrtechnik), R. Uwe Proll (Politik, Parlament), Benjamin Stiebel (IT, IT-Sicherheit), Gerd Lehmann (Sonderkorrespondent BOS) Büro Brüssel Hartmut Bühl Parlamentsredaktion Berlin Tel. 030/ 726262212, Fax 030/72626-2210 Layout Beate Dach, Cornelia Liesegang Verlag Bonn Anzeigen / Redaktion / Vertrieb, Tel. 0228/97097-0, Fax 0228/ 97097-75 Verlag Berlin Redaktion / Vertrieb, 10317 Berlin, Kaskelstr. 41, Tel. 030/557412-0, Fax 030/557412-57 Anzeigenleitung Helga Woll, gültige Anzeigenpreisliste Nr. 28/2017, Jahresabonnement (12 Ausgaben) 9,80 Euro (inkl. Porto und MwSt.) Bankverbindungen Sparkasse KölnBonn, IBAN: DE06370501980007503063, BIC: COLSDE33; Berliner Bank AG, IBAN: DE03100708480482263100 BIC: DEUTDEDB110; Postbank, IBAN: DE24370100500022690509 BIC: PBNKDEFF Geschäftsführung Helga Woll Vorsitz Herausgeber- und Programmbeirat Dr. August Hanning, Staatssekretär a. D. Reimar Scherz, Brigadegeneral a. D. Im Falle höherer Gewalt und Störungen des Arbeitsfriedens besteht kein Anspruch auf Belieferung. Für unverlangt eingesandte Manuskripte keine Gewähr. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Zeitung und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen (auch Werbeeinschaltungen) sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Auflagenkontrolle durch
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Berlin und Bonn / September 2017
Feuerwehr im Fokus
KNAPP Spiegelbild der Gesellschaft
Berlin: Nebentätigkeiten bei Brandschützern als Zeichen für schlechte Bezahlung?
(BS/Jörn Fieseler) An und für sich sind sie nichts Schlechtes: Nebenbeschäftigungen von Beamten und Tarifangestellten im Öffentlichen Dienst. Generell ist zwischen der Ausübung (BS/jf) Beim Wahlverhalten eines Nebenamtes sowie einer Nebenbeschäftigung innerhalb und außerhalb des Öffentlichen Dienstes zu unterscheiden (siehe Kasten). Aber was, wenn sie ausgeübt werden müssen, unterscheiden sich Deutschum das eigene Einkommen zu verbessern? Dann wird auch die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber infrage gestellt, wie ein Beispiel aus Berlin zeigt. lands Beamte nicht vom Rest bys und Interessen mit ein wenig Zubrot versüße. “Es ist aber ein Armutszeugnis für den Staat, wenn Menschen, die tagtäglich ihr Leben riskieren, nebenbei an der Supermarktkasse sitzen müssen, weil Berlin seine Beamtinnen und Beamten deutschlandweit am schlechtesten bezahlt”, so der Polizeigewerkschaftler weiter. Es sei jedoch nicht notwendig, die bestehenden Regeln hinsichtlich Nebentätigkeiten zu verändern.
“Das Recht, eine Nebentätigkeit ausüben zu dürfen, liegt u. a. in der Berufsfreiheit von Beamtinnen und Beamten und der freien Persönlichkeitsentfaltung begründet”, erläutert ein Sprecher des Berliner Finanzsenats. Aber: Die Nebentätigkeit darf grundsätzlich nicht mehr als ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschreiten.
Jeder fünfte Feuerwehrmann Insgesamt sind in Berlin 1.384 Nebentätigkeiten bekannt. Gemessen an über 110.000 Vollzeitäquivalenten ein verschwindend geringer Teil. Davon sind 307 in den Bezirken registriert, 218 in der Hauptverwaltung und 159 innerhalb der Polizei. “Für die Senatsverwaltung für Finanzen ist zu bemerken, dass die Nebentätigkeiten nahezu ausschließlich von vollbeschäftigten Beamtinnen/Beamten ausgeübt werden und sich überdies in rund 60 Prozent der Fälle auf unmittelbar mit dienstlichen Obliegenheiten oder der dienstlichen Stellung in Zusammen-
Ausdruck von Wertschätzung
Tagsüber Feuerwehrmann, abends Sporttrainer – Nebentätigkeiten von öffentlich Beschäftigten sind an sich kein Problem. Außer, der Nebenjob ist notwendig, um das monatliche Einkommen aufzustocken. Fotos: BS/©MABO (links), ©luckybusiness (rechts), Fotolia.com
hang stehenden Aufsichtsrats-/ Vorstandstätigkeiten beziehen”, so der Sprecher vom Finanzsenat. Handlungsbedarf werde daher nicht gesehen. Allerdings entfällt der Groß-
Nebenamt und Nebenbeschäftigung (BS/jf) Bei Nebentätigkeiten ist zwischen drei Varianten zu unterscheiden: Das Nebenamt beinhaltet Aufgaben, die zwar nicht zur hauptamtlichen Tätigkeit gehören, aber im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses wahrgenommen werden. Zum Beispiel ein Arzt eines Universitätsklinikums, der eine Tätigkeit als Geschäftsführer einer gemeinnützigen GmbH übernimmt, deren Aufgabe die Versorgung des Universitätsklinikums mit Blut ist. Nebentätigkeiten innerhalb des Öffentlichen Dienstes sind überwiegend Aufsichtsrats- oder Vorstandstätigkeiten sowie in geringem Umfang Vortrags- und Lehrtätigkeiten. Nebentätigkeiten außerhalb des Öffentlichen Dienstes können vielfältige Tätigkeiten umfassen, zum Beispiel Verkaufs- oder Bürotätigkeiten, Prüf-, Lehr- und Vortragstätigkeiten, aber auch Beschäftigungen als Sporttrainer oder Musiker.
teil der Nebentätigkeiten auf die Berliner Berufs-Feuerwehr. 806 von rund 3.900 Mitarbeitern und damit über 20 Prozent üben eine Nebentätigkeit aus. Darunter 760 Beamte und 46 Tarifbeschäftigte. Über die Hälfte von ihnen sind den Besoldungsgruppen A 5 bis A 9 zuzuordnen (429 weitere 39 der Tarifbeschäftigten den Entgeltgruppen E 1 bis E 9.
Kritik von allen Seiten “Der Zusammenhang zur Besoldung ist evident”, folgert Marcel Luthe, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses (FDP) und Initiator mehrerer Anfragen zum Thema im Landesparlament. Jemand, der einen so aufreibenden Beruf ausübe wie ein Feuerwehrmann, müsse auch angemessen bezahlt werden. Ansonsten sei es mit der Attraktivität des Berufs nicht gut bestellt. “Für den DBB Beamtenbund
und Tarifunion Berlin (DBB Berlin) ist die Zahl der Nebentätigkeiten auch ein Zeichen dafür, dass in Berlin in Sachen Besoldung nicht alles so ist, wie es sein sollte. Offensichtlich reicht bei vielen Kolleginnen und Kollegen die Besoldung nicht aus, um den Lebensunterhalt angemessen zu bestreiten”, unterstreicht Frank Becker, Landesvorsitzender des DBB Berlin. Kritik kommt auch vonseiten der Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP): “Wir verfolgen die hohe Anzahl an Nebentätigkeiten unserer Kolleginnen und Kollegen mit Besorgnis, weil sie nicht gerade für den Arbeitgeber spricht”, so ein GdP-Sprecher. Selbstverständlich sei es kein Problem, wenn jemand im Rahmen des geltenden Rechts beispielsweise als Fitnesstrainer, Dozent oder Berater fungiere, weil derjenige es als Abwechslung zum Beruf sehe, seine Hob-
Stattdessen sehen Becker und der GdP-Sprecher vor allem den Senat und das Abgeordnetenhaus in der Pflicht, seine Beschäftigten so zu besolden, dass ein Nebenjob nicht notwendig sei. Daher Beckers Forderung: “Die Besoldung der Beamtinnen und Beamten im Land Berlin muss schnell auf das Niveau der Bundesbeamtinnen und Beamten angehoben werden.” Zugleich kritisiert der dbb berlinLandesvorsitzende das bisherige Vorgehen: “Die Anhebung der Besoldung erst zum 1. August 2017 war nicht in Ordnung, zumal die Erhöhung insbesondere beim Bund und auch beim Land Brandenburg bereits zum 1. Januar 2017 rückwirkend wie bei den Tarifbeschäftigten erfolgte.” Wertschätzung der Beschäftigten sehe anders aus. Das findet auch der GdP-Sprecher: “Es ist wichtig, Berlins Polizisten und Feuerwehrleute so zu bezahlen, dass sie sich nicht dazu gedrängt sehen, in ihrer Freizeit zu arbeiten, um mal in den Urlaub zu fahren. Unsere Kolleginnen und Kollegen haben große Verantwortung für diese Stadt und jeder weiß, dass Erholung notwendig ist, um ein dauerhaft hohes Aufgabenpensum abzuspulen.”
der Wahlberechtigten. Das geht aus der “Sonderumfrage Wahlabsichten” zur Bürgerbefragung “Öffentlicher Dienst – Einschätzungen, Erfahrungen und Erwartungen der Bürger” des DBB Beamtenbund und Tarifunion hervor. 40 Prozent der Beamten und Tarifangestellten würden die CDU/CSU wählen, 25 Prozent die SPD, 12 Prozent die Grünen, acht Prozent die Linken, sieben Prozent die FDP und sechs Prozent die AfD. Ergebnis der Bürgerbefragung: Die Trends der letzten Jahre werden bestätigt. Besonders freut den Auftraggeber, DBB-Bundesvorsitzenden Klaus Dauderstädt, dass besonders die junge Generation zwischen 14 und 29 Jahren für einen starken Staat votiere (82 Prozent) und nicht der Ansicht sei, dass der Staat zu viel koste.
Nicht für Gerichtsvollzieher (BS/jf) Vollzugsdienst ist nicht gleich Vollzugsdienst. Auf diese Formel lässt sich ein Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) reduzieren. Geklagt hatte ein Obergerichtsvollzieher in Baden-Württemberg, der die besondere Altersgrenze für Beamte des Polizeivollzugsdienstes und Feuerwehreinsatzkräfte bei dem Eintritt in den Ruhestand und der Berechnung der Versorgungsbezüge angewendet wissen und einen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes revidiert haben wollte. Dieser hatte im vorinstanzlichen Verfahren ausgeführt, das Sonderregelungen wie die besondere Altersgrenze nicht analogiefähig seien. Das BVerwG lies die Revision nicht zu. Der Rechtssache mangele es an der grundsätzlichen Bedeutung.
Zukunft Dienstrecht
Arbeits-, tarif- und beamtenrechtliche Entwicklungen 21. – 22. November 2017, Maritim Hotel, Bonn
§
Mit Beiträgen u. a. von:
Christoph Tillmanns, Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) – Fluch oder Segen für die Personalpraxis?
Karin Spelge, Richterin am Bundesarbeitsgericht (6. Senat): Aktuelle Rechtsprechung des 6. Senats zum TVöD und TV-L
Weitere Informationen zur Tagung „Zukunft Dienstrecht“ sowie zu den einzelnen Referenten unter: www.zukunft-dienstrecht.de
Dr. Rüdiger Linck, Vizepräsident des Bundesarbeitsgerichts: Aktuelle Rechtsfragen der Arbeitsvergütung
Eine Veranstaltung des
Aktuelles Öffentlicher Dienst
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er Bund hat inzwischen begonnen, wieder mehr Personal einzustellen und die Zahl der Ausbildungsplätze zu erhöhen. Doch die Konkurrenz mit der Privatwirtschaft um Fachkräfte ist bereits an vielen Stellen des Öffentlichen Diensts spürbar. Die Herausforderung in den nächsten Jahren wird darin bestehen, als attraktiver Arbeitgeber junge Menschen sowie Seiteneinsteiger für den Öffentlichen Dienst zu gewinnen und neu Eingestellten eine sichere Perspektive zu bieten.
Behörden Spiegel / September 2017
Verlässlich, attraktiv, mit Perspektive Anforderungen an den Bund als Arbeitgeber (BS/Wolfgang Pieper) In den nächsten Jahren wird der Öffentliche Dienst demografiebedingt eine große Zahl von Beschäftigten verlieren: Ein Viertel ist 55 Jahre und älter. Jeder Vierte wird daher bis 2025 in den Ruhestand gehen. Ebenfalls aufgrund der demografischen Entwicklung wird es kein Selbstläufer, für ausreichenden Fachkräftenachwuchs zu sorgen. In den vergangenen Jahren wurde in vielen Bereichen zu wenig ausgebildet und nun besteht Nachholbedarf.
Zahl der sachgrundlosen Befristungen drastisch gestiegen ist. Auffällig ist darüber hinaus, dass die nachgeordneten Behörden weitaus mehr betroffen sind als die Ministerialverwaltung. Befristungspraxis eindämmen Während auf dem Arbeitsmarkt Kurzfristig wäre es am wir- der Trend zu Befristungen insgekungsvollsten, befristet Be- samt gestoppt und seit 2011 teilschäftigte zu halten. Dazu muss weise rückläufig ist, wird beim die ausufernde Befristungspra- Bund stellenweise drei Mal so xis eingedämmt werden. Bei häufig befristet. Somit verliert der Bund als den Bundesrbeitgeber behörden hat “In einigen Bundesres- Adeutlich weiter sie massiv sorts wird kaum noch an Attraktivizugenommen und sich ge- unbefristet eingestellt. ” tät gegenüber der Privatwirtgenüber 2007 schaft. durchgängig Die Bundesregierung hat auf mindestens verdreifacht. In einigen Bundesressorts wird kaum dem Demografiegipfel betont, noch unbefristet eingestellt. Be- dass der Bedarf des Bundes an sonders bedenklich ist, dass die gut qualifizierten Fachkräften offenkundig ist. Mit befristeter Beschäftigung schafft der Bund aber keine verlässlichen Perspektiven für Fachkräfte. Außerdem sollte gerade der Öffentliche Dienst bei der Bekämpfung prekärer Beschäftigung eine Vorbildrolle einnehmen. Die Länder haben bereits Konsequenzen gezogen: Die Freie und Hansestadt Hamburg hat sich im März dieses Jahres zum Grundsatz unbefristeter Beschäftigung bekannt. Die Befristungspolitik soll künftig “äußerst restriktiv” gehandhabt und Einstellungen mit sachgrundlosen Befristungen sollen nicht mehr vorgenom-
je nach Dienst- träglich erworben werden können, um junge Menschen für herrn. Um für junge Tätigkeiten im mittleren und Leute attraktiv zu gehobenen Dienst interessiesein und ihnen ei- ren zu können. Auch die Mögne Perspektive zu lichkeit des Quereinstiegs ist Wolfgang Pieper ist Mitgeben, müssen durch Anerkennung von releglied im Bundesvorstand der Vereinten Dienstleismögliche Lauf- vanten Erfahrungen, Kenntnistungsgewerkschaft (Verdi). bahnen trans- sen, Ausbildungen, Prüfungen, parent und ver- die außerhalb des Öffentlichen Foto: BS/Verdi gleichbar sein. Dienstes erworben wurden, zu Die bundesweite vereinfachen. Personalentwicklung muss inAnerkennung men werden. Entsprechende der Kriterien für Eignung, Befä- tegraler Bestandteil des LaufRegelungen sind auch für den higung und fachliche Leistung bahnrechts sein und bedarf der Bund nötig, um die unverant- kann nur gewährleistet werden, Beteiligung durch die Beschäfwortliche Befristungspolitik zu wenn Bildungsabschlüsse sowie tigtenvertretungen. Verbunden beenden und nicht auch noch Aufgaben und Tätigkeiten ein- sein muss sie mit Fortbildung gegenüber den übrigen Arbeit- heitlich den Laufbahnen und de- und einem Rechtsanspruch gebern im Öffentlichen Dienst ren Fachrichtungen zugeordnet auf “lebenslanges Lernen”. Und an Boden zu verlieren. sind. Darüber hinaus müssen schließlich ist Attraktivität auch Laufbahnen durchlässig sein eine Frage der Vergütung: Bei der Bessere Ausbildung und und untereinander so geöffnet Bezahlung besteht im ÖffentliAufstiegsmöglichkeiten chen Dienst werden, dass klarer NachDer Bund benötigt, wie der Öf- sie eine beruf“Mögliche Laufbahnen holbedarf. Die fentliche Dienst insgesamt, mo- liche Weiterderne und aufeinander aufbau- e n t w i c k l u n g müssen transparent und Besoldung der Beamtinnen und ende Qualifizierungskonzepte. fördern vergleichbar sein.” und Beamten einen Unter anderem wegen der fö- auch darf nicht vom deralen Strukturen sind sowohl horizontalen das Laufbahnrecht als auch die Laufbahnwechsel durch Aner- Tarif abgekoppelt werden und Qualifizierungssysteme der Ta- kennung von Zeiten der Wahr- muss die Zersplitterung in Bund rifbeschäftigten uneinheitlich nehmung von Aufgaben einer und Ländern überwinden. und haben zu unterschiedli- anderen Fachrichtung ermöglichen Entwicklungen bei Tarif- chen. Angesichts der fortschrei- Lückenlose Mitbestimmung beschäftigten sowie Beamtin- tenden Akademisierung müsIn den letzten Jahrzehnten nen und Beamten geführt. Das sen auch Hochschulabschlüsse hat sich der Öffentliche Dienst System der Aufstiegsfortbildung wie Bachelor und Master nach- dynamisch verändert. Immer ist äußerst heterogen und die Aufstiegsregelungen für Beamtinnen und Beamten variieren
häufiger werden Organisationsgrenzen verändert, Umstrukturierungen vorgenommen oder auch neue Arbeitsorganisation und neuartige IT-Technik eingeführt. Leiharbeit, Inhouse-Privatisierungen und Befristungen prägen die Arbeitsbeziehungen im Öffentlichen Dienst. Immer mehr öffentliche Einrichtungen werden etwa als Anstalt des öffentlichen Rechts oder in privatrechtlichen Rechtsformen ausgegliedert und wie Wirtschaftsunternehmen geführt – dies gilt nicht erst für die beschlossene Verkehrsinfrastrukturgesellschaft des Bundes. Andere Beispiele sind die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA), das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) oder die Heeresinstandsetzungslogistik GmbH (HIL). Der Öffentliche Dienst hat in Sachen Mitbestimmung und Tarifautonomie eine Vorbildfunktion. Daher muss das Personalvertretungsrecht ohne Einschränkungen für alle gelten, auch für jene, die für die Dienststelle oder für Angehörige der Dienststelle tätig sind, ohne beamten- oder arbeitsrechtlich an sie gebunden zu sein. In Einrichtungen mit öffentlich-rechtlicher Rechtsform ist Unternehmensmitbestimmung mit einer Beteiligung der Beschäftigten entsprechend dem Mitbestimmungsgesetz vorzusehen. Der Bund muss dafür sorgen, dass in allen seinen Unternehmen unabhängig von der Rechtsform Tarifverträge abzuschließen sind, so wie es auf Druck von Verdi für die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft gesetzlich geregelt wurde.
Aus Raupen Schmetterlinge erstrahlen lassen Coaching unterstützt individuell und praxistauglich
(BS/Cornelia Reithmeier) Zeiten der Veränderungen stehen uns nicht erst bevor, wir sind bereits mittendrin. Unser Arbeitsalltag mit seinen Aufgaben, Anforderungen und Abläufen unterliegt einem ständigen Wandel. Die eine Stelle mit den immer gleichen Aufgaben, welche auf die gleiche Art und Weise erledigt werden, gibt es nicht mehr. Inhalt und Art unserer Arbeit und damit dass, was wir tun als noch viel mehr, wie wir es tun, werden transformiert.
Die fünf Tabus für Personalräte Worauf Personalräte achten müssen (BS/Maria Markatou*) Sie sind da, um die Rechte der Beschäftigten zu sichern – Personalräte. Oft gut geschult. Und doch: Selbst sie sind vor Fehlern bei der Arbeit nicht gefeit. Manche davon können tragische Konsequenzen haben. Es war ein scheinbar harmloser Beschluss, den der Personalrat aus Geldern kürzlich fasste: Er genehmigte Überstunden, ohne zu prüfen, wie lange die betroffenen Beschäftigten bereits gearbeitet hatten. Damit half er dem Dienstherrn, gegen das Arbeitszeitgesetz zu verstoßen. Unbewusst – und doch mit Konsequenzen. Einige Beschäftigte versuchten, den Personalrat aufzulösen – was beinahe auch gelungen wäre! Neben diesem sind es immer wieder dieselben fünf Fehler, die für einen Personalrat schneller das Aus bedeuten können als gedacht: 1. Der erste Fehler tritt ein, wenn der Personalrat aktiv Arbeitskämpfe unterstützt. Das mag zwar von Herzen kommen, ist aber kontraproduktiv. Er hat schlicht nicht das Recht dazu. 2. Ebenso brandgefährlich für einen Personalrat, der in Ruhe seiner wichtigen Tätigkeit nachgehen möchte, ist zweitens: eine Dienstvereinbarung, die gegen bestehende
Tarifverträge verstößt. 3. Doch auch gut gemeint kann schnell nach hinten losgehen, wie folgendes Beispiel zeigt: Personalversammlungen werden nicht oder erst später einberufen – einfach weil es zum “Pflichttermin” noch nichts Konkretes zu besprechen gibt. Der dritte Fehler, denn die regelmäßig stattfindende Personalversammlung ist gesetzliche Pflicht. Und das zwei Mal pro Jahr! 4. Selbst die anstehende Bun-
Angebot Als Leser des Behörden Spiegel können sich interessierte Personalräte unter www.personal rat-aktuell.de/behoerden-spie gel zwei kostenlose Ausgaben des Fachinformationsdienstes “Personalrat aktuell” bestellen. Dazu erhalten Sie gratis “Die 99 notwendigen Arbeitshilfen für Ihre erfolgreiche Personalratstätigkeit”.
destagswahl wirft ihre Schatten voraus. Aber: Auch wenn die Verlockung groß ist, Parteipolitik hat in der Personalratsarbeit nichts verloren (vierter Fehler). Der Personalrat ist für die Beschäftigten da – nicht für irgendwelche Parteien. 5. Der fünfte “Kardinalfehler” schließlich: Auch wenn es oft gute Gründe dafür geben mag: Verweigert der Personalrat die Zusammenarbeit mit dem Dienstherrn beharrlich, kann ihn das sein Amt kosten! Doch wie sieht die Lösung in so einem Fall aus? Wissen gibt Sicherheit! Personalräte, die auch nach einer Schulung nicht sagen: “Okay, das reicht”, sondern sich stattdessen auf dem Laufenden halten, sind für die Beschäftigten in der Dienststelle, in der sie tätig sind, ein echter Gewinn. *Maria Markatou ist Chefredakteurin von Personalrat aktuell und Rechtsanwältin bei THEMIS Hartung und Partner.
Neue Herausforderungen, Agilität und Veränderungsbereitschaft sind nicht nur von Einzelnen sondern der gesamten Verwaltung gefordert. Streng hierarchische Organisationsstrukturen wandeln sich zu Prozess- und Projektteams. Digitalisierung erfordert Umdenken, Mitarbeitende fordern neue Arbeitsmodelle… Natürlich gab es schon immer Veränderungen, doch die Zyklen und damit verbundenen Dynamiken haben an Geschwindigkeit gewonnen und legen weiter zu. Kaum ist eine Veränderung richtig angelaufen – geschweige denn abgeschlossen -, steht die nächste ins Haus. Selten sind dabei die einzelnen Punkte aufeinander bezogen, geschweige denn abgestimmt. Vieles überschneidet und behindert sich gegenseitig. Auftretende Irritationen sind da unvermeidbar.
Transformatorische Führung Personalverantwortliche sind zunehmend gefordert, um die Mitarbeitenden entsprechend im anhaltenden Wandel zu begleiten und “die Sache” irgendwie rund zu kriegen. Wer nicht aufpasst, findet sich schnell im gefährlichen Spagat zwischen Führsorgepflicht für die Mitarbeitenden und der Anforderung, die Veränderungen voranzutreiben, ohne dabei sich selbst aus den Augen zu verlieren. Generationen sind unter einen Hut zu bringen, es gilt zu fördern und zu fordern, die Work-LifeBalance zu halten und das Team als auch die Einzelnen im Blick zu behalten. Integres Verhalten bei zunehmender Ambiguität ist gefordert. Personalverantwortliche wer-
forderungen als auch für die Mitarbeitenden. Unter Berücksichtigung der Cornelia Reithmeier ist WechselwirkunProzessmanagerin, Organisationsberaterin, Dipl.gen zwischen Verwaltungswirtin und Sysallen Beteiligten temischer Coach. wird im Rahmen von Coaching Foto: BS/privat Raum geboten, um neue Perspektiven und den zu Persönlichkeits-Entwick- Handlungsalternativen zu entlungshelferinnen und –helfern. wickeln. Team-EntwicklungsTransformatorische Führung phasen werden aktiv gestaltet, erfordert aktives Aufdecken und Konflikte können gelöst werden. Entwickeln von Potenzialen, um Einzelpersonen können konaus Raupen Schmetterlinge er- textbezogen in Resilienzfähigstrahlen zu lassen und Mitar- keit, Integrität, Ambiguitätstolebeitende an Herausforderungen ranz, Entscheidungsfähigkeit wachsen zu sehen. Coaching ist und persönlicher wie beruflicher hier ein wirksames Instrument, Entwicklung gefördert werden. um im jeweiligen beruflichen Ein Coach begegnet auf Augenund organisationsbezogenen höhe, gibt ehrliches Feedback Kontext individuell zu unter- und bietet Raum für Selbstrestützen. flexion, um persönliche Ziele zu erreichen. All dies sind weHerausforderungen als sentliche Voraussetzungen für Wachstums-Chance lebenslanges Lernen und erfolgDies gilt sowohl für die Füh- reiche Entwicklung. Wer anstehende Herausforderungskräfte und ihre Herausrungen als Wachstums-Chance versteht und Rückschläge als Feedback annimmt, erhält sich Gesundheit und ArbeitsmotiWie Personalverantwortliche vation. Wer motiviert ist, wird mit immer komplexer werdenleichter Lösungen finden und den Rollenanforderungen umlässt sich nur schwer aus der gehen können und auch ihre Bahn werfen. Wer Fehler toleMitarbeiter dabei unterstützen riert – sowohl bei sich selbst können, thematisiert die Autoals auch bei anderen –, arbeitet rin am 21./22. November 2017 stressfreier und schafft Raum in Bonn. für neue Möglichkeiten. Schaffen Sie einen motivierenden Weitere Informationen und Rahmen durch Vertrauen und Anmeldung unter: www. Zutrauen, fördern Sie Lernbefuehrungskraefte-forum.de/ , reitschaft und gestalten Sie kulSuchwort “Coaching-Kompeturelle Faktoren aktiv mit Blick tenz” auf die Zukunft.
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Aktuelles Öffentlicher Dienst / Bund
Behörden Spiegel / September 2017
Entscheidungsfreiheit
M
it dem “Gesetz über die Einführung einer pauschalen Beihilfe zur Flexibilisierung der Krankheitsvorsorge” sollen auch die freiwillig gesetzlich krankenversicherten Beamten durch den Dienstherren einen anteiligen Ausgleich an den Versicherungskosten erhalten. “Es ist eine Frage der Gerechtigkeit”, sagte Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks. Zudem könne für Beamte mit Kindern, Versorgungsempfänger oder Menschen mit Behinderung die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) die bessere Alternative sein. Aber: Die Wahl einer Pauschale statt individueller Beihilfe sei einmalig und endgültig. Einen Wechsel zurück gebe es bei der Freien und Hansestadt nicht, unterstreicht die Gesundheitssenatorin. Damit will die Stadt “Optimierungsstrategien” einen Riegel vorschieben. In der Solidargemeinschaft der GKV unterstützen die Gesunden die Kranken, im Versicherungssystem der PKV werden in “gesunden Zeiten” Rücklagen für Zeiten der Erkrankung im Alter gebildet. Beides funktioniere nur bei einer langfristigen Mitgliedschaft, heißt es seitens der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz. Der Vorschlag werde zu Mehrkosten führen (siehe Seite 1). Für einen verheirateten Beamten mit zwei Kindern und zehn Jahren Dienstzeit belaufe sich die Beitragspauschale bei der GKV-Vollversicherung auf einen Betrag zwischen etwa 213 Euro (Besoldungsgruppe A 5) und rund 329 Euro (A 13) unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze, teilt Bettina
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Hamburgs Wahlrecht bei der Krankenversicherung (BS/Jörn Fieseler) Hamburgs Beamte sollen sich künftig einmalig aussuchen können, in welche Krankenversicherung sie gehen möchten. Ab dem 1. August 2018 können sie anstelle einer individuellen Beihilfe den hälftigen Beitrag zur Krankenversicherung erhalten. Der Vorschlag bringt unterschiedliche Echos hervor. Lentz, Leiterin der Personalbehörde in Hamburg, auf Anfrage des Behörden Spiegel mit. Demgegenüber betrage die pauschale Beihilfe bei einer PKV-Krankenvollversicherung für den gleichen Beamten knapp 1.366 Euro. Unabhängig von der Besoldungsgruppe. Für einen alleinstehenden Beamten mit zehn Dienstjahren ohne Kinder würde der GKV-Pauschalbeitrag zwischen rund 187 Euro (A 5) und 329 (A 13) betragen. Der PKV-Pauschalsatz beliefe sich auf knapp 342 Euro.
Frage der Schuldenbremse “Der Weg, den Hamburg hier einschlägt, ist großartig und führt in Richtung Bürgerversicherung”, freute sich der SPDAbgeordnete Prof. Dr. Karl Lauterbach. Die Beamten bekämen eine echte Wahlfreiheit. Ein Weg, dem andere Bundesländer folgen sollten, meint Lauterbach. Er sieht große Probleme bei der Einhaltung der Schuldenbremse auf die Länder zukommen, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Pension gingen und die Beihilfeverpflichtungen entsprechend stiegen. Dem gegenüber ist Rudolf Klüver, Landesvorsitzender des Hamburger Beamtenbundes (DBB Hamburg) skeptisch, ob der Gesetzesentwurf gut durchdacht ist. Jeder Beamte
weiter. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass selbst durch die Zahlung eines Arbeitgeberanteils zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung der Dienstherr sich nicht seiner Fürsorgepflicht entziehen könne. Die Beamten hätten gleichwohl einen ergänzenden Fürsorge und Beihilfeanspruch. Zudem sei es eine Kostenfrage: Anders als in Hamburg rechne die Landesregierung mit rund 90 Mio. Euro für die aktiven Beamten, wenn alle in der GKV versichert würden. Dem stünden Ausgaben für die Beihilfe von rund 35 Mio. Euro entgegen. Für die Versorgungsempfänger seien 67 Mio. Euro aufgewendet worden. Der Landeshaushalt würde für die aktiven Beamten mit 55 Mio. Euro pro Jahr mehr belastet. Dementsprechend sieht die Landesregierung keinen Handlungsbedarf für eine Wahlfreiheit.
“Lose-lose-Situation”
Hamburg will seinen Beamten künftig die Wahl bei der Krankenversicherung lassen.
müsse zunächst eine langfristige Lebensplanung vornehmen, ob sich das neue Gesetz tatsächlich lohne. Allerdings räumte auch Klüver ein, dass die Beamten-Bestandsfälle, die freiwillig in der GKV versichert seien, bislang keinen Zuschuss erhalten hätten.
Fürsorgepflicht des Dienstherrn Allerdings scheint die Umsetzung nicht so einfach zu sein wie gedacht. Dies zeigt zumindest ein Blick nach SachsenAnhalt. Dort heißt es in einer
Antwort der Landesregierung auf eine kleine Anfrage (Drucksache 7/1702): “Der Dienstherr muss aufgrund seiner Fürsorgepflicht Vorkehrungen dafür treffen, dass der amtsangemessene Unterhalt der Beamtinnen und Beamten einschließlich ihrer Angehörigen bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Geburts- und Pflegefälle nicht gefährdet wird.” Dieser Fürsorgepflicht komme er mit der ergänzenden Beihilfe zu einer zumutbaren Eigenvorsorge der Beamten nach. Deshalb müsse
Foto: BS/©Marco2811, Fotolia.com
amtsangemessene Alimentation lediglich den Teil der Kosten einer Krankenversicherung abdecken, die die nicht durch die Beihilfe ausgeglichenen Leistungen abdeckten. Damit leiste der Dienstherr schon einen Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen. Eine weitere Beteiligung an den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung wäre eine Ungleichbehandlung gegenüber den Beamten, die eine beihilfekonforme private Krankenversicherung abgeschlossen hätten, heißt es
Noch deutlicher wird Stefan Reker, Sprecher des PKV-Verbandes: “ Beamte haben in der Kombination von Beihilfe plus PKV einen umfassenden Anspruch auf die beste ärztliche und zahnärztliche Versorgung inklusive medizinischer Innovationen – ohne die Einschränkung durch Budgetgrenzen wie in der GKV. Der Leistungsumfang der Beihilfe ist in den Ländern unterschiedlich, doch falls sie stellenweise Leistungen kürzt, finden die Beamten in der PKV passende Ergänzungstarife.” Das und die Kosten in den Landeshaushalten lassen Reker zu dem Ergebnis kommen: “Eine Lose-lose-Situation für alle Beteiligten.”
Neues Bundesministerium für Migration gefordert
THEMA
PARTEI
Der Öffentliche Dienst oder die Verwaltung spielt in den Wahlprogrammen unabhängig von der Digitalisierung in der Polizei kaum eine Rolle. Ein eigenes Kapitel widmet ihm keine der sieben Parteien, die nach den Wahlumfragen die größten Chancen haben, in den neuen Bundestag einzuziehen.
Personal
Frauen
Entgelt, Besoldung, Arbeits- und Dienstrecht
• Mehr Personal in der Justiz • Effizienteres Verwaltungsrecht
• Steuerverwaltung personell aufstocken • Anteil der Menschen mit Mi grationshintergrund im Öffentlichen Dienst auf 20 Prozent erhöhen
• Abkehr vom Präsenzwett• Spätes• Kopftuchbewerb, Öffentlicher Dienst tens 2025 verbot im soll Vorreiter bei familigleichwertige Öffentlichen engerechten Arbeits- und Teilhabe von Dienst und Besprechungszeiten sowie Frauen und in der Justiz Home-Office- und DienstreiseMännern in regelungen werden allen Lei• Anteil Frauen in Führungspositungsfunktiotionen im Öffentlichen Dienst, nen auf allen Unternehmen und AufsichtsräEbenen ten auf 50 Prozent erhöhen
• Bekenntnis zum Berufs- beamtentum
• Höheren Dienst für BachelorAbsolventen vollständig öffnen • Lebensarbeitszeitkonten in der Polizei • Eigene Besoldungsordnung, Weiterentwicklung des Status- und Laufbahnrechts für Soldaten • Führung in Teilzeit ausbauen • Whistleblower-Schutz (Code of Conduct) einführen • Für eine funktionierende Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sorgen • Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte der Personalräte weiter ausbauen
• Mehr Personal bei Anerkennung von Bildungsabschlüssen von Geflüchteten
• Aufstockung des Personals an gesellschaftlichen Bedürfnissen orientieren, 300.000 Arbeitsplätze im öffentlichen Bereich für Langzeitarbeitslose schaffen • Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund im Öffentlichen Dienst erhöhen
• Verkleinerung des Bundestages und der Bundestagsverwaltung auf unter 500 Abgeordnete
• Maßnahmen für Führungspositionen auf allen betrieblichen Ebenen, wo Frauen unterrepräsentiert sind
• Mehr Frauen in Führungsverantwortung im Öffentlichen Dienst, aber keine gesetzliche Quote • Stattdessen Anreize für verbindliche Berichtspflichten und transparente Selbstverpflichtungen
• 50 Prozent Frauenanteil auf allen Karrierestufen • Professorinnenprogramm weiterentwickeln
• Allgemeines Verbot der Vollverschleierung und Kopftuchverbot im Öffentlichen Dienst
• Eigenständiger Tarifvertrag für Soziale Dienste • Anonymisierte Bewerbungen ausweiten • Polizei von Verwaltungsaufgaben entlasten • Führung in Teilzeit fördern • Whistleblower-Schutzgesetz für den Öffentlichen Dienst • Bürgerfonds in der öffentlichen Verwaltung einrichten und für private und betriebliche Vorsorge öffnen
• Betriebsunabhängiges Langzeitarbeitskonto im Öffentlichen Dienst • Recht auf Home-Office – sofern keine dringenden betrieblichen Belange dagegen stehen • Arbeitsschutz für HomeOffice-Arbeitsplätze entbürokratisieren • Englisch als ergänzende Verkehrs- und Arbeitssprache in der öffentlichen Verwaltung erproben
• Aufwertung der Sozial- und Erziehungsdienste • Sachgrundlose Befristungen stoppen • Löhne unterer und mittlerer Einkommensgruppen steigern • Dienstreisen vollständig als Arbeitszeiten anrechnen • Eigenes Bundesministerium für Migration und Integration schaffen • Gleiche Mitbestimmungsrechte für alle in einer Dienststelle Tätigen wie in der Privatwirtschaft • Justizräte einführen • Verwaltung soll alle abgeschlossenen Verträge offenlegen
• Politische Beamte abschaffen • Richter- und Beamtenstellen nur nach Qualifikation und fachlicher Leistung besetzen • Ämterpatronage unter Strafe stellen • Bundeseinheitliche Besoldung mit Zusatzvergütung bei Lebens- und Gesundheitsgefährdungen für Polizei, Soldaten und Rettungsdienste • Neue Straftatbestände: Verschwendung von Steuergeldern und Haushaltsuntreue • Versorgungsanwartschaften von öffentlich Bediensteten kaufmännisch betrachten
- Keine Angaben -
Bund
Behörden Spiegel / September 2017
Der Weltexpertenservice
E
ine der Initiativen in diesem Bereich ist seit mehr als 30 Jahren der Senior Experten Service (SES) – der Weltexpertenservice: Jedes Jahr entsendet der SES knapp 2.000 ehrenamtliche Expertinnen und Experten in rund 90 Länder und leistet so weltweit seinen Beitrag zu Entwicklung. Die in Bonn ansässige Organisation wird von den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft getragen und seit ihren Anfängen vom BMZ gefördert. Nutznießer der Facheinsätze in den Partnerländern sind kleine und mittlere Unternehmen,
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Berufserfahrung als Exportschlager (BS/ Hans-Joachim Fuchtel) Wir stehen in der heutigen Welt vor großen Herausforderungen: Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, Klimawandel und bewaffnete Konflikte bestimmen die aktuelle Politik. Immer mehr Menschen sehen sich daher gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Wir können diesen Herausforderungen unter anderem dadurch begegnen, dass wir unser Wissen teilen und gemeinsam Entwicklung voranbringen. In vielen Ländern wird die deutsche Expertise in so verschiedenen Bereichen wie der beruflichen Bildung, der Verwaltung oder auch dem Umweltschutz hoch geschätzt. Deutsche Praktiker aus diesen Bereichen sind als Wissensvermittler sehr begehrt. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bietet deshalb zahlreiche ehrenamtliche Engagementmöglichkeiten für alle Altersgruppen vom Schüler bis zur Seniorin an. Kammern und Wirtschaftsverbände, soziale und medizinische Einrichtungen, Institutionen der Grund- und Berufsbildung,
aber zunehmend auch öffentliche Verwaltungen – stets nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe.
Fachkräfte gefragt
Der Senior Experten Service (SES) (BS) Der Senior Experten Service (SES) ist die Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit. Er wird bundesweit von 16 Büros und international von 180 Repräsentanten vertreten. Seit 1983 hat der SES im Ausland über 30.000 Einsatze durchgeführt. Träger des SES sind der Bundesverband der Deutschen Industrie (BOI), die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Finanzielle Unterstützung für die Auslandseinsätze erhält der SES vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Weitere Informationen und Registrierungsunterlagen: www.sesbonn.de
Bislang hat sich der SES vor allem an erfahrene Fachkräfte gewandt, die ihren Ruhestand dafür nutzen wollen, Wissen weiterzugeben Mit dem neuen Weltdienst 30+ können jetzt auch jüngere Menschen ihr Wissen teilen, die aktiv im Berufsleben stehen. Gefragt sind hier vor allem auch Fachkräfte aus der öffentlichen Verwaltung. Es gibt viele gute Gründe, öffentliche Verwaltungen mit Rat und Tat zu unterstützen. Je verlässlicher Behörden arbeiten, desto größer ist die entwicklungsfördernde Wirkung, die von ihnen ausgeht. Die Expertinnen
Hans-Joachim Fuchtel ist Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Foto: BS/Einhaus
und Experten des SES treten für eine Verwaltungskultur ein,
die Kriterien wie Verantwortlichkeit. Transparent und Effizienz großschreibt. Sie bildet die Basis für ein freundliches Investitionsklima, schafft viele weitere ökonomische, ökologische und soziale Grundlagen und trägt zu einem gut funktionierenden Staatsgefüge entscheidend bei. Mit mehr als 1.300 registrierten Expertinnen und Experten, die berufliche Erfahrung aus dem Öffentlichen Dienst mitbringen, ist der SES bereits gut gerüstet, um Anfragen der öffentlichen Hand aus aller Welt zu beantworten.
Vier Wochen bis sechs Monate Einer dieser Experten ist Herbert Hruschka. Der Diplom-Ingenieur für Verfahrenstechnik, der sich in seinem Berufsleben so-
wohl mit der Wasserwirtschaftsverwaltung in Bayern als auch auf Bundesebene beschäftigt hat, berät die Mitarbeiter einer Kläranlage in Marokko. Auftraggeber hierfür ist die Stadtverwaltung von Chefchaouen im Norden des Landes. Nach eingehender Betriebsanalyse riet der Experte zu einer umweltgerechten und separaten biologischen Klärschlammstabilisierung in Faulbehältern, um die Abwässer der knapp 43.000 Einwohner besser aufzubereiten. Ein Einsatz im Ausland dauert im Schnitt vier bis sechs Wochen, maximal aber ein halbes Jahr. Der SES sorgt für eine detaillierte Vorbereitung auf den Einsatz, Versicherungsschutz und kümmert sich um die gesamte Reiseorganisation. Selbstverständlich entstehen seinen Expertinnen und Experten keine Kosten, auch gehen sie mit ihrer Registrierung keinerlei Verpflichtung zur Durchführung von Einsätzen ein. Und der SES sucht ständig neue Expertinnen und Experten aus allen Berufsfeldern. Solche Einsätze prägen die Menschen – die erlebte Erfahrung bleibt und bildet häufig die Grundlage für langjährige Beziehungen und weiteres Engagement weit über den konkreten Einsatz hinaus.
Bilaterale Vereinbarung geschlossen
Sind Sie fit für Europa?
Deutschland und Niederlande regeln Besteuerung von Öltransporten
BBK erläutert EU-Katastrophenschutzstrukturen
(BS/mfe) Bei der grenzüberschreitenden Beförderung von Mineralöl und dessen Produkten durch die Rotterdam-Rhein-Pipeline gilt ab sofort ein vereinfachtes steuerliches Verfahren. Das sieht eine von der deutschen Generalzolldirektion in Bonn sowie der niederländischen Zollverwaltung geschlossene bilaterale Vereinbarung vor.
(BS/Elzbieta Behm*) Die Europäische Integration ist ein Projekt zwischen Chance und Notwendigkeit. Auch der Bevölkerungsschutz in Europa muss Grenzen überwinden, um effektiv Gefahren abwehren und Leben retten zu können. Doch was passiert eigentlich im grenzüberschreitenden Katastrophenfall? Wer ist verantwortlich und wo gibt es Unterstützung?
Über die Pipeline, die beiderseits der Grenzen von privaten Gesellschaften betrieben wird, erhalten deutsche Empfänger jährlich etwa 15 Millionen Kubikmeter steuerpflichtige Mineralölprodukte. Ihre Beförderung erfolgt künftig in einem sogenannten innergemeinschaftlichen Steueraussetzungsverfahren, für dessen Überwachung sowohl der deutsche als auch der niederländische Zoll verantwortlich sind. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass die Mineralölprodukte erst nach der Lieferung beim jeweiligen Empfänger und nicht schon bei den einspeisenden Firmen oder den Betreibern des Pipelinenetzes versteuert werden müssen. Das eigentlich von der Europäischen Union vorgesehen Verfah-
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) veranstaltet jährlich zu diesen Fragen ein EuropaSeminar an der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Unter dem Titel “Fit für Europa” werden die Europäische Union Die Besteuerung von Öltransporten durch die Rotterdam-Rhein-Pipeline wird und ihre Katastrophenschutzleichter. Foto: BS/©Juulijs, Fotolia.com Strukturen unter die Lupe genommen. ren, das auf einzelne Transporte port von Mineralölerzeugnissen Experten unterschiedlicher ausgelegt ist, lässt sich bei Pipe- durch die Pipeline anbieten.” Bereiche und Ebenen des Kalines nicht realisieren, da sich Und die Generaldirektorin des tastrophenschutzes teilen ihr einzelne Beförderungsvorgänge niederländischen Zolls, Aly van Wissen und ihre Erfahrungen nicht abgrenzen lassen. Dazu Berckel, lobte: “Dieses Agree- mit den Teilnehmenden. Das der Präsident der deutschen Ge- ment ist sowohl ein Ergebnis der Seminar beginnt mit einer EinZusammenarbeit führung über die Institutionen neralzolldirektion, Uwe Schrö- exzellenten der: “Wir wollen den Betreibern des deutschen und des nieder- der EU und die Geschichte der ein rechtssicheres und prakti- ländischen Zolls sowie des Zolls Europäischen Integration. Ein kables Verfahren für den Trans- mit den Unternehmen.” Vertreter des Gemeinsamen
Melde- und Lagezentrums der Länder (GMLZ) erläutert, wie im Katastrophenschutzverfahren der Union innereuropäisch Unterstützung angefordert werden kann. Die Teilnehmenden erfahren außerdem, welche Chancen, Einstiegsmöglichkeiten, Fortbildungen und Expertentrainings die EU bietet. Abgerundet wird das Seminar durch eine Einordnung des europäischen Engagements in das globale Hilfeleistungssystem unter Führung der Vereinten Nationen infolge von schweren Naturkatastrophen, wie zuletzt 2015 das Erdbeben von Nepal und der Taifun auf den Philippinen. Das Seminar richtet sich an alle, die ihr Vorwissen in diesem Bereich auffrischen oder erweitern möchten. Eingeladen sind
im Bevölkerungsschutz Tätige aus Kommunal-, Landes- oder Bundesbehörden sowie interessierte Experten und Studierende mit Bezug zum Katastrophenschutz. Das nächste Seminar findet vom 15. bis 17. November 2017 an der AKNZ in Bad NeuenahrAhrweiler statt. Die Anmeldefrist für diesen Termin endet am 20. September. Weitere Informationen unter: http://www.bbk.bund.de/ DE/AufgabenundAusstattung/ AKNZ/aknz_node.html *Elzbieta Behm ist im Referat für Internationale Angelegenheiten im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in Bonn tätig.
Sicherstellung der behördlichen Handlungsfähigkeit 11. – 12. Oktober 2017, Bonn REFERENTEN DER VERANSTALTUNG, u.a.:
Dr. Björn Weiße
Dr. Laura Künzer
Thomas Grieger
Fachberater für kommunales Risikomanagement bei Weisse & Kollegen, sowie fachlicher Leiter und Moderator der Konferenz
Diplom-Psychologin und gibt Tipps und Tricks für die erfolgreiche Implementierung eines Risikomanagements
Leiter Kämmerei der Stadt Remscheid und trägt zur Identifikation, Bewertung und Dokumentation von Risiken in der Praxis vor
www.behoerdliches-risikomanagement.de
Eine Veranstaltung des:
Fachliche Leitung:
Fotos: © Greg Epperson, Fotolia.com; Privat
Risikomanagement
Zahlen, Daten, Fakten
Seite 8
Behörden Spiegel / September 2017
Personalfluktuation (BS/Jörn Fieseler) Verwaltungsmitarbeiter, Soldaten, Polizisten, kommunale Ordnungshüter, Richter, Justizvollzugsbeamte, Finanzbeamte, Lehrer und Professoren, Mitarbeiter in den Jobcentern und Erzieher, Pflegepersonal und Ärzte, Beschäftigte der Grünflächenämter, Förster, Angehörige der Stadtwerke, Busfahrer oder die Angestellten der Bundesbank: Ein Viertel von ihnen scheidet in den nächsten zehn Jahren aus dem Öffentlichen Dienst aus. Eine Situation, die sich wiederholen wird.
2016
Personal im Öffentlichen Dienst insgesamt
Abgänge in zehn Jahren Politische Führung und zentrale Verwaltung
478.240
235.875
2.090 28.030
Verteidigung
313.280
66.770
Polizei
34.360
übrige öff. Sicherheit und Ordnung
148.625 178.420
41.445
Rechtsschutz
188.000
55.560
Finanzverwaltung
420.025
Bildung, Wissenschaft, Forschung, Kultur
1.613.585
Gesundheit, Umwelt, Sport, Erholung
250.835
210.440
Personen in Ausbildung im Öffentlichen Dienst
330.000
15.830
Energie- und Wasserwirtschaft, Gewerbe und Dienstleistungen
152.650
660.000
43.500
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
45.255
990.000
66.720
Wohnungswesen, Städtebau, Raumordnung
129.065
1.320.000
187.425
Soziale Sicherung, Familie und Jugend, Arbeitsmarktpolitik
798.900
1.650.000
14.3860
Auswärtige Angelegenheiten
9.240
138.320
Verkehrs- und Nachrichtenwesen
8.730
Finanzwirtschaft
0
2026
43.310 51.950 2.865
0
Stetiger Nachwuchs Auf der einen Seite befinden sich über 210.000 junge Menschen in Ausbildung bei Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherungen. Auf der anderen Seite stehen über 13 Mio. Schüler und Studierende. Quantitativ dürfte es kein Problem geben, für die 1,2 Mio. ausscheidenden Beschäftigten Ersatz zu finden.
330.000
660.000
2,8 Mio.
Zahl der Studierenden im Wintersemester 2016/17
11,02 Mio.
Zahl der Schüler im Schuljahr 2016/17 an allen Schulen
Beschäftigte am 30.06.2016 nach Alter und Beschäftigungsbereichen Beschäftigte
150.000 135.000 120.000
In zwölf Jahren ist die höchste Zahl der Altersabgänge erreicht, die Welle wird sich jetzt noch über weitere rund zehn Jahre fortsetzen. Werden in gleicher Zahl neue Mitarbeiter eingestellt wie ausscheiden, wiederholt sich die Entwicklung in 30 bis 35 Jahren. Vor allem im Landes- und Kommunalbereich.
105.000 90.000
insgesamt
75.000 60.000 Landesbereich
45.000 30.000
kommunaler Bereich
15.000 0
Bundesbereich Sozialversicherung 1993 1992 1991 1990 1989 1988 1987 1986 1985 1984 1983 1982 1981 1980 1979 1978 1977 1976 1975 1974 1973 1972 1971 1970 1969 1968 1967 1966 1965 1964 1963 1962 1961 1960 1959 1958 1957 1956 1955 1954 1953 und und älter jünger
Illustration: BS/Dach; unter Verwendung von Grafiken von © artinspiring, imaagio, irynaalex, yustus/Fotolia.com und designed by freepik.com; Quellen: Statistisches Bundesamt, Fachserie Öffentlicher Dienst vom 22. Juni 2017 und DBB Beamtenbund und Tarifunion, Zahlen, Daten, Fakten 2017 Statista.com, Schüler und Studierendenzahlen 2016/17 Alle Grafiken und bildlichen Darstellungen unterliegen dem Copyright. Nachdruck oder andere Vervielfältigungen nur mit Genehmigung des Behörden Spiegel.
Länder
Behörden Spiegel / September 2017
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Dr. Martin Worms übernimmt Amt
Ausstieg aus der Arbeitszeitanalyse
Neuer Finanzstaatssekretär in Hessen
Niedersachsen: Beamtenbund verlässt Untersuchungsgremium
(BS/jse) Wie angekündigt, räumte Dr. Bernadette Weyland ihren Platz, um sich voll auf den bevorstehenden (BS/Jörn Fieseler) Mangels klarer politischer Positionen hat der Niedersächsische Beamtenbund und TarifWahlkampf vorzubereiten. Ihr Nachfolger Dr. Martin Worms, der 63-jährige Hobbykoch, steht für eine solide, union (NBB) ein von Kultusministerin Frauke Heiligenstadt eingesetztes Expertengremium verlassen. Die nachhaltige Finanzpolitik. im Dezember 2016 eingesetzte zwölfköpfige Runde sollte die Arbeitszeit von Lehrkräften untersuchen und Handlungsempfehlungen erarbeiten. Wie es mit dem Gremium nun weitergeht, ist vorerst unklar. Trotzdem bleibt das Land nicht untätig. Am Donnerstag legte Dr. Bernadette Weyland (CDU) ihr Amt als Staatssekretärin im Finanzministerium nach drei Jahren vorzeitig nieder. Grund dafür ist ihre Kandidatur zur Oberbürgermeisterin in Frankfurt. Im Februar 2018 tritt sie dort gegen Amtsinhaber Peter Feldmann (SPD) an. Bis dahin möchte sie sich vollkommen auf ihre Kandidatur konzentrieren, denn halbe Dinge seien nicht ihre Sache, so Weyland. Zum Abschied erhielt sie von ihren Kollegen, überreicht durch Finanzminister Dr. Thomas Schäfer, einen Hubschrauberflug über Frankfurt. Sie solle sich bei ihrem “Abflug” aus dem Amt gleich einen guten Überblick verschaffen über das, was nun vor ihr liege.
Nicht überall betritt er Neuland Ihr Nachfolger, der parteilose Dr. Martin Worms, hatte keine weite Anreise. Er ist bereits seit 2003 im hessischen Finanzministerium als Haushaltsabtei-
Herzliche Umarmung: Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer (Mitte) mit der scheidenden Staatssekretärin Dr. Bernadette Weyland (rechts) und Amtsnachfolger Dr. Martin Worms (links). Foto: BS/Frank Widmann
lungsleiter und Vertreter des Staatssekretärs tätig. Zu seinem Amtsantritt erhielt er einen Füller mit roter Tinte, das traditionelle Geschenk zum Einstand. Der promovierte Jurist freue sich auf seine neue Rolle als Amtschef und möchte sich für eine nachhaltige, generationengerechte Finanzpolitik einsetzen. Nicht überall betrete er
Neuland, so Worms, aber er wolle sich nun schnell in neue Bereiche einarbeiten. In seiner Freizeit ist er Hobbykoch – Leibspeise: Tafelspitz mit grüner Soße. Worms ist verheiratet und hat einen Sohn. Sein Studium der Rechtwissenschaft absolvierte er an der Johann-Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main.
Mit Schwung in die nächste Runde Corporate Health Challenge startet in den Herbst (BS/jf) 12.847 Schritte legte im Durchschnitt jeder Teilnehmer der bundesweiten Schritte-Challenge im Frühjahr zurück. Ist dieses Ziel im Herbst zu überbieten? Tag für Tag dominieren Stress, Zeit- und Erfolgsdruck den Berufsalltag, was vielen Mitarbeitern gesundheitlich zu schaffen macht. Logischerweise stellt sich die Frage: Was hält Beschäftigte gesund und wie kann ihr Gesundheitsbewusstsein gestärkt werden? Personalverantwortliche kennen das Problem: Betriebliche Fitness- und Bewegungsangebote erreichen häufig nur jene Mitarbeiter, die ohnehin schon sportlich aktiv sind.
Teamgedanken realisieren Spielerische Wettbewerbe, bei denen der Gemeinschaftsgedanke und das Teamgefühl im Vordergrund stehen, sorgen aber auch bei Bewegungsmuffel für den nötigen Motivationsschub.
Ab dem 18.09.2017 ist es wieder soweit: Vier Wochen lang sammeln Unternehmen und Behörden bei der Corporate Health Challenge – einer Initiative von vitaliberty und EuPD Research – im Team so viele Schritte wie möglich. Gewonnen hat die Einrichtung, welche am Ende die höchste durchschnittliche Zahl an Schritten pro Mitarbeiter pro Tag erreicht. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Mitarbeiter regelmäßig joggen gehen, ab und zu einen Spaziergang einlegen oder einfach öfter mal die Treppe statt des Aufzugs nehmen – die Challenge bietet gleichzeitig einen niedrigschwelligen Einstieg in ein Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM). Integriert in eine ganzheitliche BGM-Lösung
wird damit ganz spielerisch für mehr Gesundheitsbewusstsein bei den Beschäftigten gesorgt.
Guter Zweck Mit dem Projekt werden gleichzeitig die Kleinsten in Deutschland gefördert. Neben Sponsorengeldern geht ein Euro pro teilnehmendem Mitarbeiter als Spende direkt an die Stiftung KinderHerz, die gemeinsam mit Kliniken für herzkranke Kinder in ganz Deutschland Förderideen und nachhaltige Projekte zum Wohle von Kindern mit Herzfehlern entwickelt. Darüber hinaus winken den Teilnehmern attraktive Sachpreise. Weitere Informationen unter: www.corporate-health-challen ge.de
MELDUNG
Konstruktive Fortsetzung (BS/jf) Um den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur verzögerten Ost-West-Anpassung in Sachsen umzusetzen (siehe Behörden Spiegel, August 2017, Seite 3), hat Finanzminister Prof. Dr. Georg Unland, wie
angekündigt, den Dialog mit den Vertretern vom Deutschen Gewerkschaftsbund Bezirk Sachsen, SBB Beamtenbund und Tarifunion Sachsen, Sächsischem Richterbund und der Gewerkschaft der Polizei im Freistaat
gesucht. Die Gespräche seien in konstruktiver Atmosphäre verlaufen, teilte ein Sprecher aus dem Finanzministerium gegenüber dem Behörden Spiegel mit. Am 19. September sollen letzte Details geklärt werden.
“Wir haben bis jetzt mitgearbeitet aus Verantwortung den betroffenen Kolleginnen und Kollegen gegenüber, obwohl das Ziel sehr schnell erkennbar wurde, dass die Thematik bis zum eigentlichen Landtagswahltermin am 14. Januar 2018 weitestgehend aus den politischen Diskussionen geholt werden sollte”, erläutert der NBB-Landesvorsitzende Friedhelm Schäfer. Doch jetzt seien Entscheidungen der politisch Verantwortlichen notwendig, die das Gremium nicht erzwingen könne. Etwa in der Frage, ob Unterrichtsverpflichtungen schulformbezogen festgelegt werden sollen, wie Schulleitungen von Verwaltungsaufgaben entlastet werden können oder wie Personalmehrbedarfe durch die Entlastung von Teilzeitkräften gedeckt werden sollen.
Auftrag und Umsetzung Das Gremium hat die Aufgabe, die arbeitszeitrelevanten Tätigkeiten von Lehrkräften und Schulleitungen zu ermitteln und nach objektiven Kriterien zu bewerten. Ziel ist es, eine transparente Grundlage für die Bemessung der Arbeitszeit zu bekommen, um Diskussionen zu versachlichen. Dazu wertet die Runde der Fachleute unter Vorsitz von Richard Höptner, ehemaliger Präsident des Niedersächsischen Landesrechnungshofes, und Helga Akker-
Der Rohrstock gehört schon längst nicht mehr ins Klassenzimmer – die Zeiten sind vorbei. Dafür stehen in Niedersachsen die Lehrerarbeitszeiten im Fokus. Foto: BS/C. Nöhren, pixelio.de
mann, langjährige Vorsitzende des Schulleitungsverbands Niedersachsen (SLVN), vorhandene wissenschaftliche Studien aus. Laut Auskunft aus dem Kultusministerium in Hannover haben bereits zehn Sitzungen stattgefunden, in denen unterschiedlichste Themen und Lehrerarbeitszeitstudien angesprochen wurden, darunter die Göttinger Arbeitszeit- und Belastungsstudie, eine Lüneburger Onlineumfrage oder das sogenannte “Hamburger Modell”. Am Ende soll ein transparentes Standardverfahren entwickelt werden, mit dem in regelmäßi-
gen Abständen die arbeitszeitlichen Regelungen für Lehrkräfte in den verschiedenen Schulformen des Landes und ihre Wirkungen überprüft werden. Das Gremium setzt sich neben den beiden Vorsitzenden aus vier Wissenschaftlern sowie vier Vertretern der schulischen Praxis zusammen. Je einen weiteren Sitz haben Eberhardt Brand, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften (GEW), und Friedhelm Schäfer für den NBB inne. Der Austritt der Beamtenorganisation ist mit Bedauern zur Kenntnis genommen worden, wie ein Sprecher des Ministeriums mitteilte.
17-Punkte-Plan Angesichts der vorgezogenen Landtagswahl am 15. Oktober 2017 hält es das Kultusministerium für wahrscheinlich, dass zum Ende der Legislatur keine Ergebnisse präsentiert werden. Derweil setzt das Land einen 17-Punkte-Aktionsplan um, um mehr Lehrkräfte zu gewinnen. Dieser sieht unter anderem vor, Quereinsteiger an Grundschulen und im Vorbereitungsdienst zuzulassen. Außerdem erhalten Ganztagsschulen die Möglichkeit, Angebote mit außerschulischen Kooperationspartnern zu finanzieren. Auch fachspezifische Bedarfsregelungen für die Einstellung in den Schuldienst werden flexibilisiert.
Niedrigere Zahlen in Berlin In der Hauptstadt verunglücken weniger Arbeitnehmer als im Bundesdurchschnitt (BS/mfe) Berlins Arbeitnehmer scheinen bei ihren Tätigkeiten sicherer zu sein als ihre Kollegen in zahlreichen anderen Bundesländern. Während in der Bundeshauptstadt 2015 nur 18,9 von 1.000 Vollzeitarbeitenden verunglückten, waren es bundesweit 24,5 von 1.000 Vollzeitkräften. Insgesamt gab es in Berlin 2015 30.535 Arbeitsunfälle, wie der Jahresbericht der Berliner Arbeitsschutzbehörden zeigt. Diese Zahl ist seit mehreren Jahren relativ konstant. Einen Anstieg gab es dem Dokument, das Daten aus den Jahren 2015 und 2016 enthält, zufolge jedoch bei der Anzahl tödlich verlaufender Arbeitsunfälle in der Metropole. Während 2015 nur drei derartige Vorfälle verzeichnet werden mussten, waren es 2016 acht. Im laufenden Jahr gab es in Berlin bereits fünf tödliche Arbeitsunfälle. Berlins Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Die Linke) erklärte zu den Zahlen: “Gute Arbeit bedeutet für mich auch immer sichere und gesunde Ar-
In Berlin sind – verglichen mit dem bundesweiten Durchschnitt – 2015 deutlich weniger Arbeitnehmer bei Unfällen verletzt worden. Gleichzeitig gab es aber mehr tödlich verlaufende derartige Unfälle. Foto: BS/Felix5413, CC BY 2.0, flickr.com
beit. Daher sind die Einhaltung der Schutzbestimmungen durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer und deren Kontrollen durch die Arbeitsschutzbehörden ein sehr wichtiger Bestandteil im Prozess der Arbeit:” Es freue sie sehr, dass in der wachsenden
Stadt Berlin ein leicht sinkender Trend bei den Unfallzahlen zu verzeichnen sei, so die Ressortchefin weiter. Gleichwohl könne man noch nicht zufrieden sein. “Denn jeder Unfall ist einer zu viel und muss möglichst verhindert werden.
Finanzen
Behörden Spiegel / September 2017
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Die Parteien zu Haushaltspolitik und Finanzmärkten
THEMA
PARTEI
(BS/lkm) Während CDU/CSU die “schwarze Null” in den Fokus rücken, betonen die Sozialdemokraten “Vorfahrt für Investitionen”. Andere Parteien sehen den größten Handlungsbedarf dagegen im Schuldenabbau. Auch bei vielen anderen Themen werden die sehr unterschiedlichen Meinungen und Prioritätensetzungen der Parteien bei den Themen Haushalt, Steuern und Finanzmarktregulierung mehr als deutlich.
Schuldenabbau und Investitionen
Finanzmärkte
• Einhaltung der Schuldenbremse • Keine Aufnahme weiterer Schulden • Mittel- und langfristige Tilgung vorhandener Schulden • Finanzielle Spielräume für neue Investitionen nutzen
• Start einer neuen Investitionsoffensive • Verbesserung der öffentlichen Investitionsquote
• Anhebung der öffentlichen Investitionen um mindestens 12 Milliarden Euro pro Jahr • Investitionsregel in Ergänzung zur Schuldenbremse • Abbau umweltschädlicher Subventionen
• Altschuldenabbau statt Ausruhen auf der “schwarzen Null” • Jede staatliche Ebene soll für ihre eigenen Schulden haften, • Insolvenzordnung für Gebietskörperschaften nach dem Vorbild der Schweiz • Einführung von Klagemöglichkeiten bei Verstößen gegen die Schuldenbremse
• Jährliche Investitionen in Höhe • Gesetzliche Regelung zur Tilgung bestehender Schulden von 120 Milliarden Euro in • Verpflichtung zur Einführung öffentliche Daseinsvorsorge der Doppik für alle Staatsund Infrastruktur haushalte • Abbau von Privatisierungen • Einführung eines neuen und Re-Kommunalisierung Straftatbestands der Haus• Rücknahme der Schuldenhaltsuntreue bremse • Stopp aller Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen ebenso wie aller Public-Private-Partnership-Projekte.
• Einführung einer Finanztransaktionssteuer
• Unterschiedliche Regulierung für Sparkassen, Genossenschaftsbanken, Förderbanken und systemrelevante Großbanken • Einführung einer Verschuldungsquote für Banken • Regulierung von Rating-Agenturen • Einführung einer Finanztransaktionssteuer
• Einfachere, aber härtere Regeln für die Finanzmärkte • Reduzierung des bürokratischen Aufwands für kleine und regionale Kreditinstitute • Schuldenbremse für Banken • stärkere Fusionskontrolle für Banken • Strengere Regeln für Schattenbanken • Staatliches Verbot von schädlichen oder intransparenten Anlageprodukten • Einführung einer Finanztransaktionssteuer
• Stärkung der Nichtbeistandsklausel • Geordnete Staatsinsolvenzen in der Eurozone • Geregeltes Austrittsverfahren aus dem Euro-Währungsgebiet • Keine Privilegierung von Staatsanleihen in der Bankenregulierung • Automatische Sanktionen für den Stabilitäts- und Wachstumspakt • Niedrigzinspolitik soll zurückgeführt werden
• Einführung einer Finanztrans- • Ausstieg aus dem Euro • Wiedereinführung einer neuen aktionssteuer nationalen Währung (“Deut• Auflösung von Schattensche Mark”) banken, außerbilanziellen • Dauerhafter Erhalt des BargelZweckgesellschaften, Derivades ten, Hedgefonds und PrivateEquity-Gesellschaften • Einführung eines Finanz-TÜVs, • Entmachtung von Großbanken, Banken in öffentliches Eigentum überführen • Private Großbanken und Landesbanken sollen verkleinert und effektiver öffentlicher Kontrolle unterstellt werden.
• Entlastung der Arbeitnehmer mit mittleren und kleinen Einkommen • Abschaffung der Abgeltungssteuer • Einführung der Vermögenssteuer • Reform der Erbschaftssteuer
• Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen • Erhöhung des Spitzensteuersatzes für Single-Einkommen • Entlastungen und Vereinfachungen für Mittelstand, Selbstständige und Arbeitnehmer • Beseitigung der ungleichen Besteuerung von Kapitalerträgen zu anderen Einkünften • Vermögenssteuer für Reiche • Vereinfachung der Erbschaftssteuer
• Umdenken in der Steuerpolitik • Leistungsgerechterer Tarif bei der Einkommenssteuer • Anpassung des Steuertarifs an die Inflation • Festschreibung einer Belastungsgrenze für Steuern und Sozialabgaben • Keine Wiedereinführung der Vermögenssteuer • Keine Verschärfung der Erbschaftsteuer • Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer
• Erhöhung der Erbschaftssteuer auf hohe Erbschaften • Entlastung der unteren und mittleren Einkommen • Wiedereinführung der Vermögenssteuer • Einführung einer zweistufigen Reichensteuer • Abschaffung der Abgeltungssteuer
• Reduzierung der Steuer- und Abgabenquote • Abschaffung der Bezahlung von Kirchenrepräsentanten aus allgemeinen Steuermitteln • Abschaffung der Erbschaftssteuer • Keine Wiedereinführung der Vermögenssteuer • Einführung einer allgemeinen Abgabenbremse (für Steuern, Beiträge und Gebühren) zugunsten der Bürger
• Abschaffung innerhalb der nächsten Legislaturperiode
• Einführung eines Solidarpakts III für strukturschwache Regionen in Ost und West
- Keine Angabe -
• Abkehr von der NullZins-Politik der EZB
Steuern
• Keine Steuererhöhungen • Senkung der Einkommenssteuer • Ersetzen der pauschalen Abgeltungssteuer durch individuelle Besteuerung • Keine Vermögenssteuer • Keine Veränderungen bei der Erbschaftssteuer • Regionalisierung der Erbschaftsteuer
Solidaritätszuschlag
• Ab 2020 schrittweise schnellstmögliche Abschaffung
• Abschaffung für untere und mittlere Einkommen ab 2020
- Keine Angabe -
Abseits der Kernhaushalte
Staat verringert Schuldenlast
Vervollständigtes Bild zu öffentlichen Investitionen
Stärkste Rückgänge in Sachsen
(BS/lkm) Der Schuldenberg von Bund, Ländern und Gemeinden hat sich im Vergleich zum Vorjahr leicht reduziert, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach seinen endgültigen Berechnungen mitteilte. Ende 2016 betrug der Schuldenstand des öffentlichen Gesamthaushaltes, einschließlich aller Extrahaushalte, 2,006 Billionen Euro Die Betrachtung der Studie (3,9 Mrd. Euro, 14,9 Prozent) Stadtstaaten (984 Euro/Einw.) und damit 0,7 Prozent oder 15,1 Milliarden Euro weniger als im Jahr Die Finanzstatistik differenziert staatliche Unternehmen nach zeigt, dass zwar in öffentliche ausgelagert. Auf der Länder- und den westdeutschen Flä- 2015. (BS/jse/lkm) Die öffentlichen Investitionen in Deutschland sind zu niedrig. Unter Einbezug der Investitionen in ausgelagerte Unternehmen würde sich die Sachlage jedoch weniger dramatisch darstellen, so eine oft in diesem Zusammenhang vorgebrachte These, die beschwichtigen will. Ob das tatsächlich so ist, untersuchten in einer aktuellen Studie Wissenschaftler des Kompetenzzentrums Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e.V. an der Universität Leipzig und schauten über den Tellerrand der sogenannten Kernhaushalte hinaus.
einem sogenannten Schalenkonzept des Europäischen Systems der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. Dabei werden Fonds, Einrichtungen und Unternehmen des privatwirtschaftlichen Sektors wie zum Beispiel kommunale Verkehrsbetriebe von solchen des Staatssektors unterschieden und als Marktproduzenten bezeichnet. Daraus folgt die Unterscheidung in drei Schalen: die innerste heißt Kernhaushalte und umfasst Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung. Die zweite Schale namens Extrahaushalte beinhaltet den öffentlichen Gesamthaushalt, wie zum Beispiel öffentliche Hochschulen oder Landesbetriebe für Straßenbau. Die äußerste Schale wird Öffentlicher Bereich genannt und umfasst die bereits erwähnten ausgelagerten FEU wie zum Beispiel Krankenhäuser, Entsorgungsoder Verkehrsunternehmen. Diese Systematik hat zur Folge, dass Investitionen in den Öffentlichen Bereich nicht als öffentlich gelten. Laut der Studie verzerre genau das die Darstellung staatlicher Investitionen.
Fonds, Einrichtungen und Unternehmen (FEU) ein nicht zu vernachlässigender Anteil investiert wird, diese Investitionen aber nicht die Schwäche der Investitionen in den Kernhaushalten kompensieren können. Nichtsdestotrotz investiere der Staat in Relation zum Bruttoinlandsprodukt also entschieden zu wenig. „Die Entwicklung der öffentlichen Investitionen muss demnach auch nach der erweiterten Perspektive als besorgniserregend bezeichnet werden“, warnen die Autoren.
Die größten Auslagerungen auf kommunaler Ebene Die Autoren der Studie stellten in ihren Berechnungen zudem fest, dass auf der Bundesebene – im Vergleich zur Länder- und Kommunalebene – nur geringfügige Auslagerungen von öffentlichen Investitionen aus dem Kernhaushalt stattfanden. So erfolgten mit 17,7 Mrd. Euro die mit Abstand meisten Investitionen im Kernhaushalt (67,6 Prozent). Etwa ein Drittel wurde an Extrahaushalte (4,6 Mrd. Euro, 17,5 Prozent) und sonstige FEU
und Kommunalebene erfolgten dagegen erhebliche Auslagerungen: Im Jahr 2013 wurden auf beiden Gebietskörperschaftsebenen in den Kernhaushalten insgesamt 40 Mrd. Euro (brutto) investiert. Die investiven Ausgaben der Extrahaushalte fallen zwar nur etwas mehr als ein Zehntel so hoch aus (4,6 Mrd. Euro). Eine sehr große Rolle spielen dafür die sonstigen FEU, die ein Investitionsvolumen von 31,8 Mrd. Euro aufweisen und zum Großteil auf der kommunalen Ebene anfallen. In den Ländern entfiel das größte Bruttoinvestitionsvolumen auf Hessen, welches je Einwohner 1.527 Euro investierte, davon etwa 68 Prozent für den Öffentlichen Bereich. Währenddessen wurden in NordrheinWestfalen lediglich 674 Euro je Einwohner investiert. Werden in der Gesamtbetrachtung die Mittelwerte aller Flächenländer sowie der Stadtstaaten miteinander verglichen, ergibt sich dagegen ein recht homogenes Bild. Dabei führen die ostdeutschen Flächenländer (1.027 Euro/Einw.) vor den
chenländern (939 Euro/Einw.). Das im Vergleich höchste Investitionsvolumen in den ostdeutschen Flächenländern beruhe vorrangig auf den abschmelzenden Mitteln aus dem Solidarpakt II. Die Pro-KopfInvestitionen in den ostdeutschen Bundesländern verzeichnen daher auch deinen deutlich negativen Trend, während die Pro-Kopf-Investitionen in den westdeutschen Bundesländern tendenziell angestiegen sind.
Fazit der Studie Die Analyse der kombinierten Bruttoinvestitionen auf Länder- und Kommunalebene zeigt, dass eine geringere Spreizung zwischen der Investitionstätigkeit vorliegt als bei alleiniger Betrachtung der Kernhaushalte. Zwischen den Ländern ist eine konvergente Entwicklung festzustellen, da die vormals überdurchschnittlichen öffentlichen Investitionen der ostdeutschen Flächenländer analog zu den abschmelzenden Solidarpaktmitteln absinken und sich dem bundesweiten Durchschnitt annähern.
“Das entspricht einer Pro-KopfVerschuldung in Deutschland von 24.407 Euro”, erklären die Analysten. Am deutlichsten konnte die Sozialversicherung ihre Schuldenlast reduzieren. Sie war mit 434 Millionen Euro verschuldet, das waren 11,1 Prozent beziehungsweise 54 Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Von Bund, Ländern und Gemeinden reduzierten die Länder ihre Schulden am stärksten. Ihr Schuldenstand nahm um 1,3 Prozent beziehungsweise acht Milliarden Euro auf 605,3 Milliarden Euro ab. Prozentual besonders hoch waren dabei die Rückgänge in Sachsen (minus 19,3 Prozent) und MecklenburgVorpommern (minus 10,3 Prozent). Entgegen der allgemeinen Tendenz gab es in vier Ländern eine Zunahme der Schulden. Darunter wiesen Hamburg (plus 7,8 Prozent) und SchleswigHolstein (plus 6,1 Prozent) die prozentual höchsten Zuwächse aus. Grund hierfür war im Wesentlichen die Übertragung von notleidenden Altkrediten der HSH Nordbank an die im drit-
ten Quartal 2016 neu gegründete “hsh portfoliomanagement AöR”. Auch im Saarland (plus 0,3 Prozent) und Hessen (plus 0,2 Prozent) erhöhten sich die Schulden, jedoch deutlich geringer. Die Kommunen konnten ihren Schuldenstand um knapp ein Prozent oder 1,4 Milliarden Euro auf 142,9 Milliarden Euro reduzieren. Auch auf der kommunalen Ebene wurden die prozentual höchsten Rückgänge in Sachsen (minus 18,6 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (minus 6,8 Prozent) ausgewiesen. Bei Sachsen zählte allerdings 2016 ein bedeutender Extrahaushalt nicht mehr zum Sektor Staat, sodass dessen Schulden nicht mehr einbezogen wurden. Die prozentual stärksten Zuwächse hatten Baden-Württemberg (plus 4,3 Prozent) und Schleswig-Holstein (plus 2,3 Prozent). Der Bund war zum Ende des Jahres 2016 mit 1.257,1 Milliarden Euro verschuldet, was einem Rückgang um 0,5 Prozent beziehungsweise 5,7 Milliarden Euro gegenüber dem Jahresende 2015 entspricht.
Beschaffung / Vergaberecht
Behörden Spiegel / September 2017
In der Ruhe liegt die Kraft!
► Entscheidungen zum Vergaberecht ► FORMEL
Von Preisen und Punkten Die Umrechnung muss bekannt sein Um das wirtschaftlichste Angebot für Beatmungsgeräte zu ermitteln, hatte der Auftraggeber die technischen Daten und das Ergebnis einer Teststellung mit je 30 Prozent, den Preis mit 40 Prozent bewerten wollen. Über die Wertung der Teststellung kommt es zum Streit vor den Nachprüfungsinstanzen, den der Bieter letztlich verliert. Das OLG Brandenburg versetzt die Ausschreibung dennoch zurück. Denn den Richtern ist aufgefallen, dass der Auftraggeber in den Vergabe unterlagen nicht mitgeteilt hatte, wie er denn den Preis in Punkte umrechnen wolle, um ihn mit den Leistungspunkten vergleichbar zu machen. Dieser Fehler sei so gravierend, dass er von Amts wegen aufgegriffen werden müsse. Nur durch die vorherige Benennung der Formel werde der Bieter davor geschützt, dass der Auftraggeber im Angesicht der Angebote willkürlich und diskriminierend eine bestimmte Formel auswählt. Deswegen kann der Auftraggeber den Fehler nachträglich nicht mehr heilen. Das OLG belehrt den Auftraggeber auch, dass die verschiedenen denkbaren Umrechnungsformeln zu sehr unterschiedlichen Umrechnungsergebnissen führen könnten. Dies müsse der Bieter vorab wissen, denn nur so könne er abschätzen, ob es sich für ihn lohnt, den Preis oder die Leistung in seinem Angebot zu optimieren, selbst wenn der exakte Punktwert nicht vorausberechnet werden kann, weil er auch von den Angeboten der anderen Bieter abhängt. OLG Brandenburg (Beschl. v. 28.03.2017, Az.: 6 Verg 5/16))
► BINDEFRIST
Stand-by-Kosten Verlängerung schützt nicht immer 14,8 Kilometer ist die Autobahnbaustelle lang. Für diese Länge wird während der Bauarbeiten eine Stahlgleitwand benötigt. Doch die Bauarbeiten verzögern sich. Deswegen hat der Auftraggeber den Zuschlagsbieter für die Gleitwand mehrfach erfolgreich um Bindefristverlängerung gebeten, insgesamt hat sich die Auftragserteilung um eineinhalb Jahre verzögert. Wie von einem Sachverständigen errechnet, kostet es gerade einmal 7,5 Cent, einen Meter Gleitwand einen Tag lang bereitzuhalten. Doch bei 14,8 Kilometern und hunderten Tagen Verzögerung addieren sich diese CentBeträge am Ende auf über 400.000 Euro. Diesen Betrag will der Auftragnehmer nun zusätzlich erhalten. Der Auftraggeber lehnt dies mit Hinweis auf die Bindefristverlängerung ab. Das OLG Rostock aber gibt dem Auftragnehmer Recht. Es handele sich nämlich mitnichten um verzögerungsbedingte Preisanpassungen. Vielmehr gehe es um Material, das der Bieter laufend auf unbestimmte Zeit vorhalten musste, um den Auftrag abwickeln zu können. Das OLG sieht hier eine Analogie zum Annahmeverzug. Der Bestbieter müsse auf eine zügige Auftragserteilung vertrauen
können. Das Verzögerungsrisiko dem Auftragnehmer aufzuerlegen, erscheine sachwidrig, zumal der Auftraggeber bei derart erheblicher Verzögerung auch die Möglichkeit gehabt hätte, die Ausschreibung “aus anderem schwerwiegenden Grund” aufzuheben und sich so die StandbyKosten zu ersparen. OLG Rostock (Beschl. v. 14.03.2017, Az.: 4 U 69/12)
►GEHEIMWETTBEWERB
Falscher Versand Bieter bekommt Konkurrenzangebot Dass die Vergabekammer die Kripo zur Sachaufklärung einschaltet, dürfte eher ungewöhnlich sein. Aber in diesem Verfahren ist schon viel Ungewöhnliches passiert. Zunächst hatte einer der Bieter eines Verhandlungsverfahrens einen ersten Nachprüfungsantrag gestellt. Diese Nachprüfung endete mit einem Beschluss, der die Fortsetzung des Verhandlungsverfahrens ermöglichte. Durch ein Büroversehen wurden die beigezogenen Vergabeakten danach aber an diesen Bieter statt an den Auftraggeber übersendet. Die Akten bestanden aus Aktenordnern und darin einem USBStick, der auch die Angebote des Konkurrenten enthielt. Der Auftraggeber erhielt diese Akten unaufgefordert sofort zurück und sah keine Beeinträchtigung des Geheimwettbewerbs, weil die Akten ja nur ganz kurze Zeit beim Bieter lagen. Dagegen wendet sich der Konkurrent vor der Vergabekammer. Die Vergabekammer hatte daran Zweifel, als sie von der Existenz des USBSticks erfuhr. Sie ließ von der Polizei überprüfen, ob der Stick in der fraglichen Zeit in einen Rechner gesteckt wurde. Und siehe da: Er war ausgelesen worden. Nun verfügt die Vergabekammer den Ausschluss des Bieters. Welche Daten vom Stick ausgelesen worden waren, war dabei gar nicht relevant. Der Zugriff auf den Stick belege, dass der Bieter den Aktenordner geöffnet hatte, sonst hätte er ihn ja gar nicht gefunden. Schon das hätte er nicht tun dürfen, denn er ist ebenso wie der Auftraggeber verpflichtet, den Geheimwettbewerb zu wahren. VK Niedersachsen (Beschl. v. 20.04.2017, Az: VgK04/2017)
► ZWECKVERBAND
Grenzprobleme Kein gemeinsames Gebiet Um in einem Zweckverband eine kommunale Aufgabe wie die Abwasserbeseitigung vergabefrei auf ein Verbandsmitglied übertragen zu können, ist es erforderlich, dass ein gemeinsames Ziel bei der Aufgabenerfüllung besteht. Das heißt: Das Abwasser aller Kommunen des Verbandsgebietes müsste von einem Verbandsmitglied für alle entsorgt werden. Nun haben aber die diversen Gebietsreformen dazu geführt, dass Kommunen, die einem Zweckverband angehörten, in größeren Einheiten aufgegangen sind. So gehen die Grenzen von Zweckverbänden teils quer durch die Gebiete größerer Städte. Die Stadt W. in SachsenAnhalt ist so ein
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Beispiel: Mit ihren Ortsteilen S. und P. gehört sie einem Abwasserzweckverband an. Die eigentliche Kernstadt entsorgt ihr Abwasser weiterhin selbst. Der Zweckverband wollte nun die Betriebsführung seiner Abwasseranlagen vergabefrei an die Stadt W. übertragen, die ja Mitglied des Zweckverbandes sei. Das OLG macht diesem Ansinnen einen Strich durch die Rechnung. Es mangele an der Zielidentität der beiden Körperschaften bei der Abwasserentsorgung. Denn die Stadt W. sei ja nur in Bezug auf S. und P. Mitglied des Zweckverbandes. In Bezug auf ihre eigene Abwasserentsorgung, der die Betriebsführung übertragen werden solle, sei sie kein Mitglied. Deren Tätigkeit betreffe ein anderes Entsorgungsgebiet als das des Zweckverbandes. Unter anderem schon deswegen liege hier keine interkommunale Kooperation vor. OLG Naumburg (Urt. v. 17.03.2017, Az: 7 Verg 8/16)
► EIGNUNG
Lang laufende Projekte Wie alt ist also die Referenz? Der Auftraggeber wollte eine Rahmenvereinbarung für Softwareentwicklungsprojekte schließen. Von den Bietern erwartete er die Vorlage einer Vielzahl von Referenzen, die alle möglichen Aspekte dieser Dienstleistung abbilden sollten. Dazu machte er in der Aufforderung zur Angebotsabgabe Konkretisierungen, aus denen hervorging, was er konkret für eine Erfahrung bei früheren Softwareprojekten daraus erkennen wollte. Die Referenzen sollten aus den vergangenen drei Jahren stammen. Einen Bieter schloss er aus, weil er dessen Referenzen für ungenügend hielt. Das führte schließlich zu einem Nachprüfungsverfahren. Im Verfahren wurde deutlich, dass der Auftraggeber vom Bieter erwartet hatte, dass er sich nicht nur mit einer (namentlich der angebotenen) Softwarevariante auskennt, sondern umfassende Kenntnisse besitzt. Zudem bemängelte er, dass sich einige Referenzen auf laufende Projekte bezogen, deren Start schon mehr als acht Jahre zurückliegt. Beides genügt aber der Vergabekammer nicht, um einen Ausschluss zu rechtfertigen. Sie bestätigte zwar, dass es dem Auftraggeber erlaubt sei, die Referenzforderung in den Vergabeunterlagen zu präzisieren. Doch diese Präzisierung war nicht ausreichend, um daraus erkennen zu können, dass umfassende Kenntnisse hätten nachgewiesen werden sollen. Gleiches gilt für die langlaufenden Projekte: Die Einlassung, die wesentlichen Arbeiten würden doch immer beim Projektstart anfal len, genügt nicht, um solche Referenzen auszuschließen. Auch dies hätte in den Unterlagen deutlich gemacht werden müssen. Andernfalls sind auch derartige Referenzen zu werten. VK Bund (Beschl. v. 30.05.2017, Az: VK 246/17)
Zusammenfassung der Entscheidungen: RA und FA für Vergaberecht Dr. Rainer Noch, München und Unkel/Rh. (Oppler Büchner PartGmbB)
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Vergaberecht bis 2021: vereinheitlichen, vereinfachen und Versäumtes nachholen (BS/Anja Theurer) Gefragt, welche Aufgaben die nächste Bundesregierung im Bereich “Vergaberecht” anpacken sollte, zeigt der Vergabepraktiker des Jahres 2017 zunächst einmal Abwehrreaktionen! Was hatte man seit Frühjahr letzten Jahres nicht alles zu verarbeiten: EU-Vergaberechtsreform, diverse Änderungen im VOB-Unterschwellenrecht, die – kurz vor Inkrafttreten stehende – Ersetzung der VOL/A durch die UVgO und nicht zu vergessen: Anpassungen oder Neufassungen von Ländervergaberegelungen. Man hat – mit anderen Worten – gut damit zu tun, all dieser Neuerungen Herr oder Herrin zu werden. Vor diesem Hintergrund erscheint es wenig zielführend, gleich wieder Gesetze zu schaffen, wo Handhabbarkeit und Effekte der jüngsten Änderungen noch kaum Chancen hatten, sich zu zeigen. Ein Blick in die Wahlprogramme mancher Parteien lässt erahnen, dass dieser Standpunkt nicht allerorten geteilt wird. So wird u. a. gefordert, dass Tariftreueregelungen verstärkt zum Einsatz kommen sollen, die Einhaltung ökologischer, sozialer und menschenrechtlicher Kriterien gewährleistet wird, öffentliche Aufträge bevorzugt an Betriebe mit hohem Schwerbehindertenanteil vergeben werden etc. pp. Abgesehen davon, dass die genannten Punkte in weiten Teilen bereits heute gesetzlich verankert sind, wäre es in Zeiten, in denen die Beteiligung von Unternehmen an öffentlichen Vergabeverfahren ins nahezu Bodenlose gefallen ist, mit Blick auf die trotz aller “strategischen” Ziele noch immer zu gewährleistende wirtschaftliche Beschaffung ein schweres Eigentor, die Bieterkreise durch immer neue verbindliche Anforderungen weiter einzuschrumpfen!
Begeisterung entfachen Soviel dazu, was nicht getan werden sollte. Wendet man sich dann den “Todos” zu, fällt der erste Blick auf Maßnahmen, die Ländersache sind und daher für einen Wunschzettel an den neuen Bundesgesetzgeber bei Licht betrachtet nicht taugen. Gleichwohl soll die Gelegenheit genutzt werden, die relevanten Punkte anzusprechen: Um die mangelnde Begeisterung der Unternehmen für öffentliche Aufträge wieder anzufachen, müssten die zwischenzeitlich weit divergierenden Länderregelungen zur verpflichtenden Vorgabe ökologischer und sozialer Nachhaltigkeitsaspekte abgeschafft werden. Insbesondere für überregional tätige Unternehmen ist es in der Mehrzahl
Bundesgesetzgeber, der hier den meisten, insoweit noch “unbeleckten”, Ländern Anja Theurer ist Sprecherin der Ständigen Konferenz mit gutem Beider Auftragsberatungsstellen spiel vorangehen (ABSt) und Geschäftsführerin könnte. Daneben der ABSt Brandenburg. besteht Handlungsbedarf bei Foto: BS/ABSt Brandenburg der praktischen Umsetzung mancher “Restanten” der Fälle schlicht unmöglich aus dem letztjährigen Reformoder unwirtschaftlich, sich in- paket: Ein möglichst einfach nerbetrieblich auf die jeweils zu handhabendes, idealiter spezifischen Landesanforde- mit automatisierter Datenerrungen einzustellen. Zur Um- fassung arbeitendes Tool zur setzung strategischer Ziele Umsetzung der Vergabestatisreichen für die Vergabestellen tikverordnung steht aus. Der die fakultativen Regelungen im Auftrag befindet sich bereits in novellierten EUVergaberecht der Bearbeitung – das Ergebnis bzw. in den überarbeiteten Un- wird den Test auf Praxistaugterschwellenregelwerken aus. lichkeit bestehen müssen. Als zumindest partiell notEs kann dann vom öffentlichen Auftraggeber fallweise entschie- leidend stellt sich zudem das den werden, welche Beschaf- ECertisWebangebot dar. Imfungsprojekte der Umsetzung merhin hat der Inhalt dieses strategischer Ziele dienen, ohne Webangebots nach den Vorgadass jede Standardvergabe – mit ben der EURichtlinien normadem unerwünschten Effekt ei- tiven Charakter. Vollständigkeit nes minimalen Bewerberkrei der dort geführten Liste möglicher Eignungsnachweise sollte ses – überfrachtet wird. Ebenfalls Ländersache wä- daher das Ziel sein. Leider hat re es, nach Inkrafttreten des das federführende Wirtschaftsbundesweiten Wettbewerbsre- ministerium hier in der Vergangistergesetzes Länderregister genheit von anderen Ressorts mit gleichlaufenden Regelungs- oder Ämtern, in deren Bereich inhalten – wie es sie u. a. in bestimmte Nachweise fallen, SchleswigHolstein oder Ber- nicht die gebotene Unterstütlin gibt – abzuschaffen. Noch zung erhalten. Ebenfalls zum scheint sich der Enthusiasmus Bereich “Eignungsanforderunmancher Länder insoweit aller- gen” gehört das Thema “amtdings in Grenzen zu halten. Es liches Verzeichnis”. Das neue steht zu befürchten, dass jeder W ett b ewerb sreg ist erg esetz “Mehrinhalt” eines Länderre- ist insoweit wegweisend, als gisters gegenüber dem Bundes- es einen eigenständigen Ausregister dafür hergenommen kunftsanspruch für die Stellen werden wird, die Notwendigkeit normiert, die ein amtliches Vereiner Beibehaltung zu begrün- zeichnis führen – u. a. die IHKs. Entsprechende Möglichkeiten den. sollten auch für die AbfordeBund soll vorangehen rung weiterer im Rahmen von Nun doch noch zum Bund Präqualifizierungsverfahren selbst: Noch immer wartet die notwendiger amtlicher NachUnternehmerschaft auf ei- weise geschaffen werden – am nen tauglichen Unterschwel- besten in automatisierten Ablenrechtschutz. Dies wäre ein rufverfahren. Das wäre dann schönes Tätigkeitsfeld für den echter Bürokratieabbau.
Berlins stille Örtchen Rahmenvertrag wird neu ausgeschrieben (BS/jf) Am 31. Dezember 2018 läuft der Rahmenvertrag für das Betreiben der öffentlichen Toiletten in Berlin aus. Anfang 2018 soll ein neuer Betreiber gefunden werden. Im Vorfeld hatte die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz eigens ein 100seitiges Gutachten erstellt, um die Situation zu analysieren. Hinsichtlich der Betriebs und Eigentumsverhältnisse wurden ein kommunales, ein privates und ein gemischtes Modell geprüft. Das Fazit: “Angesichts der Komplexitäten in der Umsetzung und des straffen Zeitplans sollte für die Ausschreibung der
öffentlichen Toiletten in Berlin zunächst das private Modell gewählt werden. Um unnötige Schnittstellen zwischen Herstellung und Betrieb der Anlagen zu vermeiden und eine Verteilung der Investitionskosten auf die Dauer der Vertragslaufzeit zu ermöglichen, ist zu empfehlen, dass Beschaffung und Betrieb an einen Betreiber gehen sollten.” Eine Vertragsverlängerung
mit dem bisherigen Betreiber scheidet nach 25 Jahren Laufzeit aus. Dieser Vertrag erlaubte der Firma Wall das Betreiben von Werbeanlagen in der Stadt, im Gegenzug bewirtschaftete sie die meisten der 252 öffentlichen Toiletten. Künftig sollen die Häuschen jedoch nicht nach den Werbeanlagen, sondern nach dem tatsächlichen Bedarf ausgerichtet werden. Drei Varianten stehen zur Auswahl.
Beschaffung / Vergaberecht
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Behörden Spiegel / September 2017
Finanzielle Risiken in Versicherungsverträgen
Datenschutz in neuem Gewand
Der Unterschied scheinbar gleicher Klauseln in Versicherungsverträgen
Herausforderungen und Umsetzung in der öffentlichen Auftragsvergabe
(BS/Rüdiger Falken*) Wenn eine Kommune ihre Versicherungen europaweit ausschreibt, kann sie den Vertragsinhalt – die Versicherungsbedingungen – selbst bestimmen. Dies hat erhebliche Vorteile, weil der Versicherungsschutz in vielerlei Hinsicht verbessert werden kann. Ohne hinreichendes Wissen besteht aber auch die Gefahr, durch scheinbar vorteilhafte Klauseln im Schadensfall erhebliche finanzielle Einbußen zu erleben. Und zwar auch dann, wenn die Klauseln von externen Beratern vorgeschlagen werden. Hier soll der Unterschied einmal an einem Beispiel dargestellt werden.
(BS/Dr. Jyn Schultze-Melling) Am 25. Mai 2018 tritt die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft und regelt als EU-Verordnung unmittelbar den Datenschutz in Europa – für Unternehmen wie für Behörden. In Deutschland wird die DSGVO durch ein neues Bundesdatenschutzgesetz unterstützt, das speziell in Deutschland noch zusätzliche Regelungen aufstellt. Die neuen Datenschutzregeln bringen erhebliche Änderungen im Hinblick darauf, wie die öffentliche Hand personenbezogene Daten verarbeiten und speichern darf. Die rechtliche, technische und organisatorische Komplexität dieser Änderungen stellt derzeit selbst große multinationale Unternehmen vor ernsthafte Umsetzungsprobleme.
bäude befindet, die Entschädigungsgrenze beträgt 350.000 Euro und reicht nicht aus, um den Schaden vollumfänglich auszugleichen. Die für die Kommune günstigste Lösung ist eine Regelung, nach der zwar eine maximale Entschädigung vereinbart wird, die aber eben nicht auf das Objekt oder die vereinbarte Versicherungssumme begrenzt ist. In solchen Verträgen heißt es: “Für die Wiederherstellung von Archivmaterialien ist eine erhöhte Entschädigungsgrenze in Höhe von einer Mio. Euro vereinbart.” Oder auch: “Die Entschädigungsgrenze Auf die Entschädigungsbeträgt zehn Mio. Euro.” So grenze kommt es an gibt es gar keine Diskussion, ob nun gemietetes oder eigeNeben dem Wiederaufbau nes Gebäude und wie hoch hat sich die Kommune aber die Versicherungssumme mit weiteren Kosten nach dem Schadensfall zu be- Vorsicht bei der Unterschrift: Manche Ver- ist. Wichtig ist eine ausreifassen, die in der Versiche- tragsklauseln können sich später nachteilig chende Entschädigung der rungssumme nicht enthal- auswirken. Foto: BS/GG-Berlin, pixelio.de nur sehr schwer kalkulierbaren Kosten nach einem ten sind. Dies sind Kosten für das Aufräumen der Brand- Inhalt mit 350.000 Euro bezif- Schadensfall. stelle, die (teure) Beseitigung fert, dann reicht die vereinbarte des Brandschutts, eintretende Entschädigungsgrenze, die hier Seminar zum Thema Preissteigerungen nach dem 1.175.0000 Euro beträgt, aus. Die dargestellten Unterschiede Brandschaden, aber auch Kos- Befindet sich diese Verwaltung in vorgefunden Versicherungsten z. B. für das Anmieten ge- jedoch in einem gemieteten Ge- verträgen beruhen nicht auf eigneter anderer Räume. Und bäude, beträgt die Entschädi- die Erfindung von Kommunalwenn ein Archiv vernichtet wur- gungsgrenze nur 175.000 Euro bediensteten, die mit der Ausde, muss auch dieses wieder- und ist für die Wiederherstellung schreibung befasst sind. Es beschafft werden. Alle diese zu- der Akten also viel zu niedrig. sind unterschiedliche Klauseln, Andere Bedingungen unter- die professionelle Berater versätzlichen Kosten sind in guten Verträgen – in der Regel bis zur scheiden von vornherein die wenden. In dem Seminar des sogenannten Entschädigungs- Leistungen für die Gebäude- Behörden Spiegel “Europaweiund Inhaltsversicherung und te Ausschreibung von Versigrenze – versichert. Bei der Definition der Entschä- sagen zur Inhaltsversicherung: cherungsdienstleistungen” am digungsgrenze gibt es nun viele “Die gesamte Entschädigung … 28.09.2017 in Berlin wird darUnterschiede. Anhand eines re- ist je Versicherungsfall und Ver- gestellt, wie eine rechtssichere alen Beispiels für die Beschä- sicherungsort begrenzt auf 100 Ausschreibung erfolgt und es digung eines Archivs, das sich Prozent der Versicherungssum- werden die Unterschiede bei im Keller befand und von Über- me, minimal 2.000,00 Euro, wichtigen Klauseln erläutert. schwemmungsschäden betrof- maximal drei Mio. Euro, sofern fen war, sollen die Unterschiede keine geringeren EntschädiWeitere Informationen und Aneinmal dargestellt werden. Die gungsgrenzen genannt sind.“In meldung unter: www.fuehrungs Kosten für die Wiederherstel- diesem Fall ist es unerheblich, kraefte-forum.de, Suchwort lung der Akten betragen 500.000 ob sich das Archiv in einem kom- “Versicherung” Euro. Einige Verträge sehen eine munalen oder angemieteten Ge*Dipl.-Vw. Rüdiger Falken ist Versicherungsberater und Geschäftsführer der Falken Sammer Deppner GmbH & Co. KG. Unter den Kostenpositionen versteht die Versicherungswirtschaft solche Kosten, die üblicherweise nach einem Schadensfall anfallen, mit dem versicherte Schäden z. B. eines Gebäudes zuerst einmal gar nichts zu tun haben. Für das Gebäude ist eine Versicherungssumme festgelegt. Brennt das Gebäude gänzlich nieder, erhält der Versicherungsnehmer bis zur Höhe der Versicherungssumme die finanziellen Mittel, um das Gebäude in gleicher Art und Zweckbestimmung wiederaufzubauen.
Leistung von zehn Mio. Euro, maximal 50 Prozent der Gesamtversicherungssumme des vom Schaden betroffenen Objektes, vor. Wenn die versicherte Kommune das Verwaltungsgebäude mit drei Mio. Euro und den
qanuun-aktuell
Wie hältst Du’s mit dem Glauben? von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune Wahlkämpfe sind nicht nur für die konkurrierenden Parteien und ihre Unterstützer spannend, sondern vor allem für die Wähler/-innen, denn nie kochen Emotionen höher und sind die Versprechen vollmundiger als kurz vor Wahlen. Für den Bereich der Korruptionsprävention im weiteren Sinne sind die Erkenntnisse, die eine Lektüre der Bundestagswahlprogramme verschaffen, nicht wirklich überraschend und – leider – auch nicht innovativ. Während die CDU/CSU und die FDP keinen aktuellen Handlungsbedarf zu sehen scheinen, streben Bündnis 90/Die Grünen und die AfD eine stärkere Kontrolle und Kennzeichnung bzw. Eindämmung des Lobbyismus an. Dabei ist die Befassung mit dem, was Lobbyismus ist, bei der AfD noch ausbaufähig. Lobbyisten nehmen auf Entscheidungsträger Einfluss, sind aber selbst keine Entscheidungsträger. Im Übrigen hat Bündnis 90/Die Grünen sich den Parteispenden, des Parteisponsorings und den Nebeneinkünften der Abgeordneten angenommen. Die Linke macht sich für ein Transparenzregister stark, das der Bundestag mit einem Gesetz
Laut einer Studie zu den neuen Datenschutzregelungen und deren Umsetzung in Unternehmen sind bis heute lediglich zwei Prozent der befragten Unternehmen tatsächlich auf die neuen Datenschutzregeln vorbereitet. Zwar erklärte fast ein Drittel der Befragten, man würde die wichtigsten Regelungen der Verordnung bereits erfüllen. Wurden aber anschließend spezifische Regelungen aus der DSGVO abgefragt, sahen praktisch alle teilnehmenden Unternehmensvertreter noch zum Teil massiven Nachholbedarf. Diese extreme Kluft zwischen Selbsteinschätzung und Realität vermag selbst erfahrene Datenschutzexperten zu überraschen. Dass die Privatwirtschaft nach immerhin einem Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung immer noch damit kämpft, ihre Datenverarbeitung in den Griff zu bekommen, mag erschreckend wirken. Es kann aber nicht unbedingt davon ausgegangen werden, dass die Situation in deutschen Behörden, Kommunen und Gemeinden viel besser ist. Aber: viele Anforderungen der DSGVO gelten hier in gleicher Weise und der praktische Umsetzungsaufwand dürfte nicht geringer sein.
Bieter müssen Bestimmungen einhalten Ein anschauliches Beispiel dafür sind die strengeren neuen Rechenschaftsregeln der DSGVO. Sämtliche Datenverarbeitungen samt der dazugehörenden Daten müssen identifiziert und analysiert werden sowie in das Verarbeitungsverzeichnis der verantwortlichen Stelle übernommen werden. Darüber hinaus müssen dort, wo das erforderlich ist, Datenschutzfolgeabschätzungen durchgeführt und dokumentiert werden. Dieser Aufwand alleine dürfte viele öffentliche Stellen vor ähnliche praktische Probleme stellen, wie sie die Privatwirtschaft seit über
öffentlichen Vergabe sehr darauf achten müssen, dass ihre privatwirtschaftlichen Dr. Jyn Schultze-Melling Partner ihrerseits ist Partner bei der Ernst & die datenschutzYoung Law GmbH und Sperechtlichen Spielzialist für Datenschutz- und regeln einhalten. Informationssicherheitsrecht. Eine andere groFoto: BS/privat ße Baustelle werden die zukünftig strengeren Aufeinem Jahr erlebt. Oftmals sind lagen hinsichtlich der sprachlidie Datenströme intransparent, chen und inhaltlichen Qualität und die Zuordnung von aufge- der Informationen für die betroffundenen Daten zu den iden- fenen Bürger sein. Hier werden tifizierten Verarbeitungen kann viele Behörden und öffentliche selbst gestandene Datenschüt- Einrichtungen nachziehen müszer an den Rand der Verzweif- sen. Eine gute Nachricht ist wahrscheinlich, dass die DSGVO lung bringen. Die korrekte Dokumentation es nun auch für Behörden mögder Datenverarbeitung selbst lich macht, externe Berater als ist aber nur der Anfang. Die behördliche Datenschutzbeaufvielfältigen Anforderungen der tragte zu engagieren, um von ihDSGVO lassen sich erfahrungs- ren Erfahrungen zu profitieren. gemäß nur effektiv und effizient umsetzen, wenn der Daten- Mangelnde Rechtssicherheit schutz professionell organisiert Prof. Dr. Mario Martini von der wird. Dazu gehören zunächst die Universität für VerwaltungsBeziehungen mit privaten Leis- wissenschaften Speyer betonte, tungserbringern. An dieser Stelle dass die DSGVO im Grunde in sei lediglich darauf hingewiesen, weiten Teilen eine Richtlinie im dass Behörden im Rahmen der Verordnungsgewand sei. Vor allem für das Recht der öffentlichen Stellen hält sie sehr umfängliche Öffnungsklauseln vor und es wird eine Weile dauern, bis hier die Aufsichtsbehörden Welche Auswirkungen der und letztlich die Gerichte für neue gesetzliche Rahmen für Rechtssicherheit gesorgt haben. IT-Sicherheit und Datenschutz auch auf die Vergabe hat, ist Die Vielzahl der deutschen GeGegenstand des Behörden setze und VerwaltungsanordSpiegel-Seminars “IT-Sichernungen mit Datenschutzbezug heit und Datenschutz in der wird dies nicht gerade erleichöffentlichen Auftragsvergabe”. tern, und die Richtlinie für die Darin gibt der Autor mit seiner Datenverarbeitung bei Polizei Kollegin Susanne Müller-Kaund Justiz wird dies sogar eher bisch am 7. November 2017 in noch zusätzlich erschweren. Berlin neben einer rechtlichen Letztlich fällt hier den deutschen Einführung praktische Tipps für und europäischen Datenschutzdie Umsetzung. aufsichtsbehörden die Verantwortung zu, die Zielsetzung eines Programm und Anmeldung gleichmäßigen europäischen unter: www.fuehrungskraefteDatenschutzstandards für die forum.de, Suchwort “DatenPrivatwirtschaft und die öffentschutz” liche Hand verfahrensrechtlich abzusichern.
Sicherheit und höchste Funktionalität
Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e. V. In jeder Ausgabe des Behörden Spiegel kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention. Foto: BS/www.qanuun.org
im Mai 2017 bereits verabschiedet hat und fordert – in Anlehnung an die Rechtslage in den USA, die sie für vorbildlich hält – ein Unternehmensstrafrecht. Den Gedanken des Unternehmensstrafrechts greift auch die SPD auf, ohne ihn zu präzisieren. Sie erstrebt zudem eine Reform der § 266 StGB, § 30 OWiG und einen (gesetzlichen) Schutz von Whistleblowern an. Neu sind diese Überlegungen alle nicht und vor dem Hintergrund rechtlich wenig verantwortlich handelnder Konzerne sind sie auch unzureichend. Gesetzliche Mindeststandards für Compliance-ManagementSysteme wären ein Beispiel für eine wirkliche Innovation.
Umfassende Unterstützung bei Beschaffung persönlicher Schutzausrüstung (PSA) (BS/Annika Balbach*) Partner in allen Phasen, von der Ausschreibung bis zur Qualitätssicherung: Wenn es um die Beschaffung von funktionaler Berufsbekleidung und PSA geht, hilft Hohenstein mit breit angelegter Fachkompetenz aus einer Hand. Die Devise: “Together we make textiles safe”. Einzigartiges Know-how in Forschung und Entwicklung, Textilien im Härtetest von Funktionsprüfung und Qualitätskontrolle: Damit lassen sich die Anforderungen für jede spezifische Berufsgruppe und jeden Einsatz gezielt umsetzen. Ausgehend von Normen wie ISO, EN, DIN oder von den weltweit renommierten eigenen Qualitätsstandards sichert Hohenstein als akkreditierte Prüf- und Zertifizierungsstelle die funktionelle Performance und das Schutzverhalten von Textilien. Dazu zählen unter anderem Wasserdichtigkeit, Brennverhalten und Warnwirkung ebenso wie hygienische Aspekte. So werden zum Beispiel Wärmeisolation und Atmungsaktivität unter definierten Bedingungen geprüft. Dazu lassen sich in der Hightech-Klimakammer verschiedene Klimata wie beispielsweise die Umgebungstemperatur und Wettereinflüsse simulieren.
Belastbar und praktikabel Für Personen, die im Freien arbeiten, bedeutet das Tragen von Kleidung mit UV-Schutz – oft in einer Kombination von Textilmaterialien – Prävention gegen Hautkrebs. Mit dem “UV-Stan-
dard 801” hat die Hohenstein Group ein realitätsnahes Verfahren mitentwickelt, bei dem Textilien unter Berücksichtigung von Dehnung, Feuchtigkeit und Alterung des Materials getestet werden. Berufskleidung soll belastbar, jedoch auch praktikabel sein. Ob Feuerwehr, Polizei, Abfallbeseitigung oder Streckenkontrolle: Jedem Berufsbild sind typische Körperhaltungen und Bewegungssituationen eigen. Diese Faktoren fließen in die Entwicklung von Schnitt- und Passform mit ein und sorgen so für optimalen Tragekomfort. Für die Beschaffungsprozesse stellen wir unser in jahrzehntelanger Erfahrung gebündeltes Know-how zur Verfügung, entlang der gesamten textilen Produktionskette. Auftraggeber finden Unterstützung durch die neutrale Bewertung von infrage kommenden Materialien oder bei der Auswahl ihrer Lieferanten: Ohne Namenskennung werden objektive Leistungsbe-
wertungen durchgeführt, deren Ergebnisse als Entscheidungsgrundlage dienen.
Leistungsbeschreibung und Qualitätssicherung Um mit klarer Richtschnur die reibungslose Umsetzung zu gewährleisten, unterstützt Hohenstein bei technischen Leistungsbeschreibungen. Darin werden alle Parameter definiert: die Anforderungen an zu verarbeitende Materialien und an die Gebrauchstauglichkeit des Textils sowie Fertigmaße und detaillierte Ausführung in der Produktion. Ist die technische Leistungsbeschreibung einmal richtig eingestellt, bedeutet dies für künftige Projekte Arbeitserleichterung und mehr Effizienz. Von der Faser- und Gewebeherstellung über Veredlung und Konfektion bis zur Wiederaufbereitung in der gewerblichen Wäscherei: Die Abläufe entlang der textilen Kette sind komplex und finden im globalen Kontext statt.
Entsprechend hohe Ansprüche stellen sich an die Qualitätssicherung. Die Hohenstein Group ist in allen für die Textilproduktion relevanten Ländern rund um den Globus vertreten und bieten einen weltweiten Vor-Ort-Inspektionsservice an. Die Inspektionsteams – ausgewiesene Experten – arbeiten neutral und unabhängig. Sei es die Qualität der Materialien und ihre Verarbeitung, die Passform der Kleidung oder sonstige Produkteigenschaften: Dank Hohenstein lassen sich Probleme bereits im Vorfeld oder während der Serienproduktion erkennen, kurzfristig beheben – und damit Reklamationen effektiv vermeiden. Weitere Informationen unter http://www.hohenstein.de/ schutzausruestung-pbs *Annika Balbach arbeitet im Bereich Marketing und Business Development der Hohenstein Laboratories GmbH & Co. KG.
Beschaffung / Vergaberecht
Behörden Spiegel / September 2017
Seite 13
Ohne Los – Mittel los Unterlassene Losbildung rechtfertigt Rückforderung von Zuwendungen (BS/Dr. Lars Hettich) In der Vergabepraxis öffentlicher Auftraggeber zählt das Gebot zur Losvergabe häufig zu den weniger beachteten Vergabegrundsätzen. Welche drastischen Folgen ein Verstoß gegen das Losbildungsgebot im Fall der Einbeziehung von Fördermitteln haben kann, zeigte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH Bayern) in seinem Beschluss vom 22. Mai 2017 (Az. 4 ZB 16.577) auf. Grundsätzlich sind nach dem gleichermaßen für europaweite wie nationale Ausschreibungen geltenden Gebot Leistungen in der Menge aufgeteilt (Teillose) und/oder getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Nur ausnahmsweise ist aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen eine zusammengefasste Vergabe der Leistungen zulässig (vgl. für den Oberschwellenbereich § 97 Abs. 4 GWB, § 5 EU Abs. 2 VOB/A und für den Unterschwellenbereich § 2 Abs. 2 VOL/A bzw. künftig § 22 UVgO sowie § 5 Abs. 2 VOB/A). Die Missachtung des Losbildungsgebots stellt einen schweren Vergaberechtsverstoß dar, der Zuwendungsgeber zur Rückforderung einer gewährten Zuwendung berechtigt.
25 Prozent Rückforderung Ursprünglich hatte eine bayerische Gemeinde für die Beschaffung eines neuen Feuerwehrfahrzeugs durch den Regierungsbezirk Schwaben als untere Landesbehörde Zuwendungen erhalten. Die Gemeinde vergab den Gesamtauftrag einheitlich, ohne die für Feuerwehrfahrzeuge marktübliche und vom Deutschen Feuerwehrverband e. V. empfohlene Losaufteilung. Der Bewilligungsbescheid für die gewährte Zuwendung verwies jedoch auf die Anwendung der allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (ANBest-K), die den Zuwendungsempfänger zur Einhaltung der geltenden Vergabevorschriften und damit des Gebots zur losweisen Vergabe verpflichteten. Der Zuwendungsgeber sah in der unterlassenen Losaufteilung einen schweren Vergaberechtsverstoß im Sinne der Richtlinie des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen zur Rückforderung von Zuwendungen bei schweren Vergaberechtsverstößen vom 23.11.2006. Die sieht als Rechtsfolge die teilweise Rückforderung zwischen 20 und 25 Prozent des Zuwendungsbetrags zuzüglich Zinsen vor. Entsprechend wurde der Zuwendungsbescheid teilweise widerrufen und – ohne Darlegung zusätzlicher Ermessenswägungen – 25 Prozent der gewährten
kann (vgl. VGH Bayern, Urt. v. 9. Februar 2015, Az. 4 B 12.2325). Insbesondere Dr. iur. Lars Hettich ist ist die Behörde Fachanwalt für Vergabenicht verpflichrecht bei der Beiten Burktet, mit zusätzhardt Rechtsanwaltsgeselllichen Ermesschaft mbH. Foto: BS/privat senserwägungen darzulegen, weshalb sie gerade den gewählten Zuwendungen samt Zinsen zu- Rückforderungsbetrag und keirückgefordert. Dieses Vorgehen nen geringeren oder höheren für sei ermessensgerecht gewesen, angemessen halte. Einzige Einurteilten die bayerischen Ver- schränkung: Die Rückforderung muss sich noch innerhalb des waltungsrichter. von der Richtlinie vorgegebenen Einschränkung Rahmens halten. Dies war in des Wettbewerbs dem vorliegenden Fall gegeben. Maßgeblich für die Annahme eines schweren Vergaberechts- Für die Praxis verstoßes ist nach Ansicht der Die Entscheidung des VGH Richter allein der Wortlaut und Bayern ist von hoher praktischer die tatsächliche Handhabung Relevanz. Das Urteil erging zwar der einschlägigen Rückforde- noch zur alten Rechtslage (§ 2 rungsrichtlinie. Danach genüge EG Abs. 2 VOL/A a. F.), die jebereits eine ungerechtfertigte doch hinsichtlich des Gebots zur Einschränkung des Wettbe- Losvergabe infolge der Vergabewerbs, die nach Auffassung des rechtsreform keine wesentliche VGH Bayern durch den bloßen Änderung erfahren hat. Verstoß gegen das Gebot der losDie Entscheidung, ob ein Aufweisen Vergabe bewirkt werde. trag in Teil- und/oder Fachlose Denn hierdurch werde kleineren aufzuteilen ist oder ausnahmsund stärker spezialisierten Un- weise einheitlich vergeben werternehmen die Möglichkeit einer den darf, kann nur anhand des Beteiligung am Wettbewerb der konkreten Einzelfalls getroffen Bieter genommen. Auf ein vor- werden und verlangt von dem sätzliches oder grob fahrlässi- öffentlichen Auftraggeber häuges Handeln komme es nicht an. fig versierte Kenntnisse der Auch ist es nach Auffassung des einschlägigen MarktverhältnisVGH Bayern unbeachtlich, ob es se. Bei der in Rede stehenden im konkreten Einzelfall tatsäch- Beschaffung von Einsatzfahrlich zu einer Einschränkung zeugen für die Feuerwehr erdes Wettbewerbs kommt. Denn Sinn und Zweck vergaberechtlicher Verfahrensverpflichtungen in den Zuwendungsbescheiden sei es gerade, der für die nachDer Autor thematisiert die Top trägliche Prüfung zuständigen Ten des neuen Vergaberechts Behörde entsprechende Nachin einem Seminar des Beforschungen und Nachweishörden Spiegel und erläutert pflichten zu ersparen. Die EinLösungen zu den zehn praxishaltung der Vergabegrundsätze relevantesten Problemkreisen, liege insoweit allein in der Risidarunter auch das Gebot zur losweisen Vergabe und die kosphäre des Zuwendungsempbestehenden Handlungsspielfängers (so bereits VGH Bayern, räume. Urt. v. 9. Februar 2015, Az. 4 B Das nächste Seminar findet 12.2325). am 1./2. Februar 2018 in DüsAußerdem stellt der VGH Bayseldorf statt. ern klar, dass ein schwerer Vergaberechtsverstoß als förderrechtAnmeldung und Programm liche Konsequenz durchaus unter www.fuehrungskraefteauch den völligen Ausschluss forum.de , Suchwort “Top”. des Zuwendungsempfängers von der Förderung rechtfertigen
Langfristig, unabhängig und transparent Rahmenvereinbarung für “Serielles und Modulares Bauen” fordert Partnerschaft (BS/jf) Bauunternehmen und Architekten oder bauvorlageberechtigte Ingenieure sollen zusammenarbeiten – so der Wunsch des Bundesverbandes Deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). Ein Ansinnen, das auf Zustimmung stößt. Ziel des GdW ist es, mit der Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung “Serielles und Modulares Bauen” die Entwicklung und Realisierung von Wohnungskonzepten in entsprechender Bauweise zu vergeben. Diese Konzepte sollen sich bei hoher architektonischer Qualität flexibel an unterschiedliche Standortbedingungen anpassen lassen. Potenzielle Bieter und künftige Auftragnehmer werden verpflichtet, vertrauensvoll und partnerschaftlich auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten und dafür geeignete Regelungen untereinander zu vereinbaren. Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, und Marcus Becker, Vizepräsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, empfehlen ihren Mitgliedern, wenn sie sich nicht
von vornherein in einer Bietergemeinschaft beteiligen wollen, drei Grundsätze zu beachten. Erstens sollen Architekt und Bauunternehmen langfristig die aus einer gemeinsam gewonnenen Rahmenvereinbarung resultierenden Einzelaufträge auch gemeinsam umsetzen. Sämtliche Planungsleistungen werden durch den Architekten erbracht. Trotzdem trägt jeder Teil die Aufwendungen, die in seinem Verantwortungsbereich liegen unabhängig für sich. Dies trifft auch auf eventuelle Bieter-
entschädigungen zu. Während der Architekt seine Leistungen nach der HOAI berechnet, verpflichtet sich das Bauunternehmen, immer dann, wenn der Systementwurf an einem Standort umgesetzt wird, dem Architekten ein Nutzungsentgelt zu zahlen. Und drittens sollen alle planungsrelevanten Entscheidungen gemeinsam mit dem Bieter getroffen werden, um ein Höchstmaß an Transparenz zwischen Planer und Bauunternehmen sicherzustellen.
E-Vergabe Verschiedene Artikel zum Thema E-Vergabe finden Sie im Sonderteil ab Seite 31 in dieser Ausgabe des Behörden Spiegel.
achtet die Rechtsprechung die Beschaffung in Fachlosen zwar als “absoluten Regelfall”, jedoch ist auch hier die Entscheidung für jeden Fahrzeugtyp gesondert zu treffen (vgl. VK Südbayern, Beschl. v. 13. März 2017, Az. Z3-3-3194-1-03-02/17). Eine Ausnahme von dem Gebot zur Losvergabe ist jedenfalls nicht bereits deshalb gerechtfertigt, weil eine Losbildung einen erhöhten Koordinierungsaufwand begründet oder die spätere Durchsetzung von Mängelansprüchen erschwert. Derartige Mehraufwendungen sind jeder Losbildung immanent und von der Vergabestelle grundsätzlich hinzunehmen.
Auf die Dokumentation kommt es an Den Schwierigkeiten bei der sachgerechten Begründung einer Ausnahme von der losweisen Vergabe stehen die dargelegten gravierenden Folgen einer Fehlentscheidung gegenüber, insbesondere im Falle der Einbeziehung von Fördermitteln. Hegt der Zuwendungsempfänger daher Zweifel an seiner Entscheidung, den Auftrag einheitlich zu vergeben, sollte er deshalb zunächst den Zuwendungsgeber kontaktieren und diesen in die Entscheidung einbeziehen, um so die Gefahr späterer Rückforderungen zu vermeiden. Kann hierdurch keine Rechtssicherheit hergestellt werden, ist letztlich die Hinzuziehung externen Sachverstands zu empfehlen. Schließlich muss die Vergabestelle die Gründe für eine bestimmte Losaufteilung in der Vergabeakte ordnungsgemäß dokumentieren (vgl. z. B. § 8 Abs. 2 Nr. 11 VgV). Die Entscheidung ist ein wichtiger Verfahrensschritt, da hierdurch der infrage kommende Bieterkreis und der Umfang des Wettbewerbs beeinflusst werden. Das OLG Düsseldorf hat deshalb in einem Fall, in dem die Vergabestelle versäumt hatte, ihre Erwägungen zur Losaufteilung in einem Vergabevermerk festzuhalten, angenommen, dass das Vergabeverfahren von Anfang an fehlerhaft war und die streitbefangene Ausschreibung vollständig aufgehoben (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. März 2004, Az. VII-Verg 1/04).
Beratung für Bewerter und Bieter Ausschreibungen · Submissionen
Diplomaten Spiegel
Seite 14
I
n Berlin findet er ein diplomatisch gut “bestelltes Haus” vor. “Die bilateralen politischen und ökonomischen Beziehungen zwischen Südafrika und Deutschland sind auf höchstem Niveau, was sich u. a. durch hochrangige Besuche von Politikern, einschließlich des Staatsbesuchs unseres Präsident Jacob Zuma im November 2015 in Berlin, sowie der Teilnahme Südafrikas, als einzigem afrikanischen Mitglied, am G20-Gipfel in Hamburg im Juli 2017 zeigt.”
Behörden Spiegel / September 2017
Bekämpfung der Armut hat Vorrang Ein Gespräch mit Südafrikas Botschafter Phumelele Stone Sizani in Berlin
(BS/ps) Als Phumele Stone Sizani im Oktober letzten Jahres in Berlin ankommt, ist es dort herbstlich. Die Blätter der Bäume im Tiergarten, gegenüber seiner neuen Dienststelle, färben sich schon. Es ist mit 13 Grad ein milder Tag an der Spree, doch Sizani fröstelt leicht. Der 63-Jährige kommt direkt aus dem warmen, sommerlichen Kapstadt und ist Südafrikas neuer Botschafter in Deutschland. Ganz fremd sind ihm die hiesigen Temperaturen nicht. 1994, als er seinen Magister Artium in Entwicklungspolitik an der nördlich von London gelegenen Universität East Anglia in Norwich macht, waren sie ähnlich “bescheiden”. Zudem nieselte es meist noch. Die Jahre danach ist der Südafrikaner wieder zu Hause in führenden Positionen bei verschiedenen Entwicklungshilfe-Fonds tätig, berät 1998 den Premier der Provinz Ostkap, arbeitet dann im Bildungsministerium und ist, bis Hervorragende Kooperation zu seinem Dienstantritt im Oktober 2016 in Deutschland, Abgeordneter und Fraktionsvorsitzender im südafrikanischen Parlament in Kapstadt.
“Großbritannien ist, ebenso wie die EU, ein wichtiger Partner für uns. Natürlich respektieren wir die Entscheidung der Briten, ihre Zukunft selbst zu bestimmen und werden daher die hervorragende Zusammenarbeit mit Großbritannien – und der EU – fortsetzen. Wobei es wünschenswert ist, dass die Austrittsverhandlungen fair und so schnell wie möglich für beide Seiten vonstattengehen.” Wie auch immer, die “Chemie” zwischen Berlin und Pretoria stimmt nach wie vor. Man mag, schätzt und besucht sich. Im letzten Jahr waren es, mit 311.832 Touristen, so viele wie noch nie. “Manche witzeln bereits, dass Deutsch schon die offizielle Zweitsprache in Kapstadt ist”, freut sich Botschafter Sizani augenzwinkernd.
Practice makes perfect “Nach meiner Akkreditierung war es mir daher wichtig, mich überall schon mal vorzustellen, z. B. bei den Bundesministern, einzelnen Abgeordneten, den Spitzen der Verwaltung, Repräsentanten der deutschen und südafrikanischen Unternehmen in Berlin sowie dem diplomatischen Korps. Ich dachte auch, dass es nicht schlecht wäre, auch gleich zu versuchen Deutsch zu lernen. Daran arbeite ich allerdings noch”, meint Siziani lächelnd. Weil all die Vorgenannten, einschließlich seine Mitarbeiter, jedoch “nur” englisch mit ihm kommunizieren, dürfte das eine Herausforderung für ihn bleiben. Practice makes perfect – aber wer ist das schon...
Gebirge, Wälder, Wüsten
Drittgrößte Volkswirtschaft des afrikanischen Kontinents Doch das sind Peanuts, angesichts der Aufgaben, die es in seinem Land, das nach Nigeria und Ägypten die drittgrößte Volkswirtschaft des afrikanischen Kontinents ist, noch zu lösen gilt. Wichtige Standortvorteile sind seine gute Infrastruktur, ein Finanzsektor auf Weltniveau, erhebliche Rohstoffreserven, exzellente Wissenschaftsbereiche und ein unabhängiges Rechtssystem. Andererseits ist ein Großteil der schwarzen Bevölkerung weiterhin arm. Vielen bleibt der Zugang zu Elektrizität, Wasser oder Krankenversorgung verwehrt. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 27 Prozent und der Abstand zwischen arm und reich ist ist nach dem Gini-Index einer der höchsten weltweit.
Präsident übersteht acht Misstrauenvoten Aus diesem Grunde hatte die Regierung in Pretoria, deren Präsident Zuma just das achte Misstrauensvotum der Opposition übersteht, “den Nationalen Entwicklungsplan (NDP) als “All-Inclusive-Roadmap” zur Erreichung unserer Entwicklungsagenda verabschiedet, um so den Menschen nicht nur politische Freiheiten und eine der liberalsten Verfassungen der Welt zu garantieren, sondern ihnen auch wirtschaftlichen Fortschritt, Wohlstand, soziale Sicherheiten und den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen wie moderner Gesundheitsversorgung und Bildung zu gewährleisten. Zu diesem Zweck fördern wir weiterhin das Wirtschaftswachstum, wobei deut-
zent einen großen Anteil am südafrikanischen Außenhandel und ist damit vor China (12,8 Prozent) und den USA (6,8 Prozent), der mit Abstand größte Handelspartner Südafrikas. Da mag es am Kap, gelinde gesagt, durchaus Verwunderung auslösen, was sich die EU an Querelen bis hin zum Brexit zur Zeit so alles “leistet”.
“Die bilateralen politischen und ökonomischen Beziehungen zwischen Südafrika und Deutschland sind auf höchstem Niveau”, sagt Südafrikas Botschafter Phumelele Stone Sizani. Fotos: BS/Dombrowsky
sche Partner und ihre Produktionsstätten und Investitionen dabei eine sehr wichtige Rolle spielen. Wir arbeiten mit Berlin zusammen, um mehr von dem dualen deutschen Berufs- und Ausbildungssystem zu erfahren, damit dies auch unseren Auszubildenden zugutekommt.”
600 deutsche Unternehmen In einem Land, das mit einer Gesamtfläche von 1.220.000 Quadratkilometern dreieinhalb mal so groß wie die Bundesrepublik ist, alles in allem keine leichte Aufgabe. Vieles hängt von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung ab. Verläuft diese weiter gut, wird die Regierung weiter Schulen bauen, Arbeitsplätze schaffen und die Armut bekämpfen. Die etwa 600 deutschen Unternehmen haben mehr als sechs Milliarden Euro investiert und beschäftigen fast 100.000 Personen. Viele von ihnen unterstützen ihre Mitarbeiter und deren Familien in Bereichen wie Bildung, Ausbildung und Gesundheit.
So viele deutsche Touristen wie noch nie Schwerpunktbranchen sind Automobil- und Maschinenbau, Chemie, Elektrotechnik, Erneu-
Südafrika ist der siebtgrößte Weinhersteller der Welt. Das Land ist mit einer Gesamtfläche von 1.220.000 Quadratkilometern dreieinhalb mal so groß wie die Bundesrepublik. Im vergangenen Jahr reisten mehr als 300.000 deutsche Touristen ans Kap der Guten Hoffnung.
Botschafters Rezept Cape Malay Curry (Südafrikanisches Curry) Zutaten: 80 g getrocknete Aprikosen, 700 g Rinderragout, 2 Zwiebeln, 2 Knoblauchzehen, 15 g frischen Ingwer, 1 Paprika, 1 Peperoncino, 1 Aubergine, 3 EL Öl, 3 EL Curry, 1/2 TL Zimt, 4 Gewürznelken, 2 Lorbeerblätter, 400 g gehackte Tomaten (Büchse), 1 TL Rotweinessig, 500 ml Rinderbrühe, 5 EL Aprikosenmarmelade, 180 g Naturjogurt, Salz, Pfeffer. Zubereitung: Aprikosen 2 Stunden in warmes Wasser einlegen. Fleisch in mundgerechte Stücke schneiden. Zwiebeln und Knoblauch hacken, Ingwer fein reiben. Paprika und Peperoncino in Würfel schneiden bzw. fein hacken. Aprikosen in Streifen, Aubergine in Würfel schneiden.
erbare Energien und Infrastruktur. Damit ist Deutschland ein sehr bedeutender ausländischer Investor im produzierenden Bereich. Südafrika ist wiederum einer der wichtigsten Partner Deutschlands in Afrika südlich der Sahara und wird besonders als Tor zu anderen afrikanischen Märkten in der Region geschätzt. Auch die EU hat mit 24,4 Pro-
Das offizielle Wappen spiegelt die Ideale des neuen Südafrikas: “Unterschiedliche Völker vereint” bzw. “Einheit in der Vielfalt”.
Die Hälfte des Öls in einer Pfanne erhitzen, Zwiebel, Knoblauch und Ingwer unter Rühren dünsten. Gewürze dazugeben und braten, bis es duftet. Mischung aus der Pfanne nehmen und beiseite stellen. Restliches Öl erhitzen, Fleisch rundherum kräftig anbraten. Zwiebelmischung und die übrigen Zutaten (außer Marmelade und Joghurt) dazugeben. Mit einem Deckel abdecken und auf kleiner Hitze etwa 40 Minuten köcheln, bis das Fleisch zart ist. Das Lorbeerblatt rausfischen und – wenn man sie findet – auch die Nelken. Vor dem Servieren die Aprikosenmarmelade und den Joghurt unterrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Dazu reicht man Basmati-Reis und Bananenscheiben. Dazu passt Rotwein, zum Beispiel ein südafrikanischer Pinotage, eine Kreuzung von Pinot Noir (Spätburgunder) mit Cinsault-Trauben.
“Südafrika ist wie eine Welt in einem Land, wo Sie den perfekten Urlaub finden: Auf dem Land, in der Stadt, zum Shopping in Johannesburg, Kapstadt, Durban, wandern in den Drakensbergen, dem höchsten Gebirge im südlichen Afrika, oder auf der östlichen Cape Garden Route. Sehr sehenswert sind unsere Wälder, Wüsten und Parks, wie der Krüger Nationalpark, der die Größe von Belgien hat. Wir haben unberührte Strände am Indischen Ozean und am Atlantik, Sie können Hai-Käfig-tauchen, an der Westküste Wale und Delfine an der Ostküste beobachten. Überall gibt es unsere hervorragenden Weine und ausgezeichnetes Essen. Besuchen Sie uns – Sie sind willkommen.”
Farmer werden am östlichen Kap Letzte Fragen. Mit wem möchte Botschafter Siziani einmal für einen Tag tauschen? “Mit einem Busfahrer, der sich mit all den unterschiedlichen Menschen, die er mitnimmt, unterhalten kann.” Und was will er nach seinem diplomatischen Dienst tun? “Farmer werden am östlichen Kap.”
Neuer israelischer Botschafter in Berlin Issacharoff folgt auf Hadas-Handelsman (BS/mfe) Israels Interessen in Deutschland werden seit Kurzem von einem neuen Botschafter vertreten. Jeremy Issacharoff tritt die Nachfolge von Yakov Hadas-Handelsman an, der die Berliner Botschaft mehr als fünf Jahre lang leitete. Issacharoff war ab 1980 in der Rechtsabteilung des israelischen Außenministeriums mit den Verhandlungen mit Ägypten über den Abschluss eines Normalisierungsabkommens der bilateralen Beziehungen befasst. 1982 trat er offiziell in den Auswärtigen Dienst Jerusalems ein. Ab 1986 fungierte der Vater dreier Kinder als politischer Berater an der Ständigen Vertretung Israels bei den Vereinten Nationen in New York. 1989 wurde er persönlicher Berater des israelischen Außenministers. Diesen Posten hatte Issacharoff bis 1993 inne. Anschließend war er bis 1998 als Gesandter für politische und strategische Angelegenheiten an der israelischen Botschaft in Washington, D.C. tätig. Danach wurde er Mitglied der gemeinsamen Planungsgruppe für strategische Politik und Angehöriger
Jeremy Issacharoff (l.) ist Israels neuer Botschafter in Berlin. Er folgt auf Yakov Hadas-Handelsman und wurde bereits von Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier (r.) empfangen. Foto: BS/Boaz Arad, Botschaft des Staates Israel, Berlin
des gemeinsamen strategischen Planungskomitees der Vereinigten Staaten von Amerika und Israel. Von 2001 bis 2003 war
der Familienvater wiederum im Jerusalemer Außenministerium tätig. Dort arbeitete er als stellvertretender Generaldirektor für strategische Angelegenheiten. In dieser Funktion befasste sich Issacharoff unter anderem mit den Themenbereichen Waffenund Exportkontrolle sowie Terrorismusabwehr. Anschließend wurde er bis 2008 Mitglied des Beraterausschusses für Abrüstung bei den Vereinten Nationen. 2005 folgte dann die Ernennung zum Botschafter sowie zum stellvertretenden Leiter der Botschaft in den USA. Bevor Issacharoff schließlich Botschafter in Berlin wurde, war er noch in verschiedenen Funktionen im israelischen Außenministerium tätig. Dort arbeitete er unter anderem als Leiter des Direktorats für multilaterale Beziehungen und als stellvertretender Generaldirektor.
Silke Schmidt Frank Sulimma
-2710
-2701 -2801 -4020
-3108
Eileen Sievers Maik Petersen
-2703 -2803 -2733
Leitungsassistenz Vertretung
Staatssekretärin Kristina Herbst
-2753
LFS Landesfeuerwehrschule Jan-Rasmus Hansen
Nadine Tamm N.N.
-2785
LVerm Geo SH Landesamt für Vermessung und Geoinformationen Schleswig-Holstein Cornelia Weber -2010 Quer: 91125-2010 Amt: 383-2010
Landesoberbehörden / Leitung
Referat 54 Bauaufsicht, Landesbauordnung, Vermessung und Geoinformation Robert Reußow -2783
Referat 53 Bautechnik, Bauwirtschaft, Vergabewesen Martin Rücker
Referat 52 Städtebau und Ortsplanung, Städtebaurecht Klaus Goede -2788
Referat 51 Städtebauförderung, Besonderes Städtebaurecht, Baukultur Sabine Kling -3231
-3217
-2040 -2041
-3008
1734
-1734
Referat LEP Projekt “Landesentwicklungsplan” Frank Liebrenz Referat 60 Grundlagen der Landesentwicklung und Rauminformation Frank Liebrenz
Referat 64 Ländliche Entwicklung Jürgen Blucha
-4980
Referat 63 Koordinierung von Raumansprüchen und sektoralen Fachpolitiken, Rechtsangelegenheiten der Raumordnung Norbert Schlick -1731
Referat 62 Regionalentwicklung und Regionalplanung Klaus Einig -1845
Referat 61 Europäische Raumordnung, grenzüberschreitende sowie regionsbezogene Landesentwicklung Anja-Verena Schmid -1738
-1845
-1731
-1767
Referat RPL Projekt “Regionalpläne” Klaus Einig
Referat LPW Projekt “Landesplanung Wind” Norbert Schlick
Referat LNI Projekt “Leitungsnetzinfrastruktur” Dietrich Oltmanns
Abteilung IV 6 Landesplanung und ländliche Räume Ernst Hansen -1703 Leitungsassistenz: N.N. -1803 Vertretung: N.N. Dietrich Oltmanns (LNI) -1767
Koordinierungsstelle und Bundesrat KSt Leitung Dr. Anika Luch
Referat 50 Wohnraumförderung, Recht des Wohnungswesens, Wohngeld Dr. Maik Krüger
Abteilung IV 5 Bauen und Wohnen Norbert Scharbach Leitungsassistenz: Vertretung:
Petra Stützer -2800 Torsten Geerdts -3400
Foto: BS/Innenministerium Schleswig-Holstein.
Leitungsassistenz Claudia Springer 3001
Minister Hans-Joachim Grote
Sicherheitsbeauftragte nach § 22 SGB VII:..........Sven Kirschstein................. -5022 Rudolf Kläschen.................. -2822 Betriebliche Suchthilfe: .......................................Elke Stieler.......................... -3017 Arne Seidel......................... -2944 Janina Drews....................... -2716 Betrieblicher Ansprechpartner bei psychischen Störungen:.................. Arne Seidel......................... -2944 Beschwerdestelle nach dem AGG:....................... Hans-Hermann Witt ........... -2701 Bettina Dreher.................... -2751 Auskunft zum Organisationsplan:........................ Alexandra Kunkel................-3355
-112 Quer: 91227-112 Amt: 0461/7744-112
nicht rechtsfähige Anstalt / Leitung
Referat 36 Glücksspielwesen, Gemeindewirtschaftsrecht Ronald Benter -2732
Referat 35 Ordnungsrecht und Datenschutz Guido Schlütz
Referat 34 Stiftungswesen, Sport, Kommunale Förderung Gunda Spennemann-Gräbert -2736
Referat 33 Feuerwehrwesen und Katastrophenschutz N. N.
Referat 32 Kommunales Abgaben-, Beihilfe- und Vergaberecht, Enteignungsrecht Horst Bliese -2737
Referat 31 Kommunales Verfassungsrecht, Wahlen und Abstimmungen Maik Petersen -2733
Referat 30 Kommunale Finanzen, Kommunaler Finanzausgleich, Sparkassenwesen Mathias Nowotny -2731
Abteilung IV 3 Kommunalabteilung Tilo von Riegen Vorzimmer: Vertretung:
-3190 -3546
Personalrat des Ministeriums:.........Vorsitzende: Stefanie Lafrenz................. -3030 Hauptpersonalrat:............................Vorsitzender: Ulf Jungjohann.................. -3062 Hauptpersonalrat der Polizei:......... Vorsitzender: Andreas Kropius................ -3039 Schwerbehindertenvertretung:........Gunter Behlig.......................................... -2793 Hauptschwerbehindertenvertretung:.....................Torsten Marx......0431/383-2034 Hauptschwerbehindertenvertretung der Polizei:...Jens Steffen.......0431/160-60008 Inklusionsbeauftragte:.......................................... Jutta Rath........................... -2910 Ansprechstelle Korruptionsprävention..................Jutta Rath........................... -2910 Geheimschutzbeauftragter des Ministeriums:.......Martin Wilschke................. -3509 Datenschutzbeauftragter.......................................Klaus Moseleit................... -3108 Arbeitsmedizin/Betriebsarzt:.................................Hauke Jürgens...0431/160-63340 Fachkraft für Arbeitssicherheit:............................. Holger Kagel...................... -3260
Referat 16 Verfassungsrecht, Normenprüfung, Verwaltungsverfahren, Statistik und Verkündungsblätter Falk Stadelmann -3067
Referat 15 Justiziariat, Disziplinarrecht, Zentrale Disziplinarbehörde, EU-Grundsatzangelegenheiten des Ministeriums, Korruptionsprävention und Innenrevision Jürgen Neemann -2715
Referat 14 Organisation und Digitales Arbeiten Klaus Moseleit
Referat 13 Personal Ministerium und nachgeordneter Bereich (ohne Polizei), Personalhaushalt Norina Ciemnyjewski -2713
Referat 11 Haushalt, Servicebüro, Zentrale Zuwendungsstelle Eun-Joung Bettina Krüger -2711
Referat 10 Innerer Dienst Uwe Johanning
Abteilung IV 1 Allgemeine Abteilung Hans-Hermann Witt Vorzimmer: Vertretung:
Gleichstellungsbeauftragte GB Ute Blöcker GB B Anke Göttsch
Düsternbrooker Weg 104, 24105 Kiel (Landesplanung) Mercatorstraße 3, 24106 Kiel (ländl. Räume)
Telefon: 0431/988-0 Fax: 0431/988-2833 E-Mail: Poststelle@im.landsh.de
Düsternbrooker Weg 92, 24105 Kiel Postfach 71 25, 24171 Kiel
Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration des Landes Schleswig-Holstein
-2766
-2761
-2041
-2040
-2766
-3277
-3152
-2741
LKA Landeskriminalamt Thorsten Kramer
LPA Landespolizeiamt Ralf Höhs
Zugeordnete Ämter / Leitung
Referat 44 Personal Jürgen Anhalt
-4000 Quer 91007-4000 Amt 160-4000
-60000 Quer 91007-60000 Amt 160-60000
-2744
Referat 43 Kriminalitätsbekämpfung und Kriminalprävention Olaf Schulz -3197
Referat 42 Polizeilicher Aufgabenvollzug Thomas Thiede
Referat 41 Recht der Polizei Dr. Silke Detering
-3182
-2704 -2804 -2741
-3401 -2700
N. N. Dr. Silke Detering
Heike Schäfer Kristina Herbst
Referat 40 Zentrale Dienste – Büroleitung Carola Böttger
Abteilung IV 4 Polizeiabteilung Jörg Muhlack Vorzimmer: Vertretung:
Leitungsassistenz Vertretung
Staatssekretär Integration und Polizei Torsten Geerdts
-3007
-3010
-3013
-3004
Heike Meggers Joachim Albrecht
-2707 -3507 -3572 -3500
-3562
-3500
-3527
-3500 Referat 76 Digitales Arbeiten, IT, G10 und Geheimschutz Sven Kahle -3539
Referat 75 Observation und nD-Technik
Referat 74 Auswertung Linksextremismus und Extremismus mit Auslandsbezug, Spionageabwehr und Wirtschaftsschutz Anke Kabel -3574
Referat 73 Auswertung Islamismus und Islamistischer Terrorismus Joachim Albrecht -3572
Referat 72 Auswertung Rechtsextremismus Thomas Giebeler
Referat 71 Nachrichtenbeschaffung
Referat 70 Grundsatz, Recht und Zentrale Dienste Michael Fischer
Referat DMS Projekt “Einführung der elektronischen Aktenführung in der Verfassungsschutzbehörde SchleswigHolstein” (DOMEA SH) Thorsten Bertow -3544
Abteilung IV 7 Verfassungsschutz Dieter Büddefeld Vorzimmer: Vertretung: Zentrale (ZIS)
Grafik: Behörden Spiegel-Gruppe Quelle: Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration des Landes Schleswig-Holstein, Stand: September 2017
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LfA Landesamt für Ausländerangelegenheiten Ulf Döhring -100 Amt: 04321/974-100
Landesoberbehörden / Leitung
Referat GHK Geschäftsstelle Härtefallkommission Hanna Kuhrt
Referat 22 Erstaufnahme von Flüchtlingen, integriertes Rückkehrmanagement Katja Ralfs -3268
Referat 21 Aufnahme und Integration von Migranten, Staatsangehörigkeitsrecht Evelyn Jäger
Referat 20 Aufenthalts-, Asyl- und Freizügigkeitsrecht Dirk Gärtner -2761
Referat PSI Projekt “Sonderaufgaben Integration” Veronika Dicke
Referat AsA Projekt “Aufenthaltsrechtliche Behandlung straffälliger Ausländer/-innen” Dr. Hauke Wiese -2160
Abteilung IV 2 Integration und Zuwanderung Norbert Scharbach Bevollmächtigter für Integration Leitungsassistenz: Nadine Tamm Vertretung: Dirk Gärtner (Abteilungsleitung) Evelyn Jäger (Bevollmächtigte)
Ministerbüro LMB Leitung Christoph Münch PR Persönliche Referentin Jana Behrens PR 2 Persönlicher Referent Jürgen Herdes PS Pressesprecher Dirk Hundertmark
Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration des Landes Schleswig-Holstein
Behörden Spiegel / September 2017
Personelles Seite 15
Gesundheit / Versorgung
Seite 16
Behörden Spiegel / September 2017
Personal, Versorgung, Versicherung und Finanzierung
THEMA
PARTEI
(BS/Jörn Fieseler) Ob mehr Personal in der Pflege, eine bessere Versorgung der ländlichen Regionen, die Bürgerversicherung oder die Finanzierung von Krankenhäusern: Sämtliche Parteien nehmen die Gesundheitspolitik ins Visier.
Personal
Versorgung
Versicherung
• Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte weiter verbessern • Schulgeld für Ausbildung in Gesundheitsberufen abschaffen
• Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes • Allgemein verbindlicher Tarifvertrag Soziales • Mehr und besser bezahltes Pflegepersonal • Sofortprogramm für mehr Personal in der Altenpflege
• Gesundheits- und Pflegeberufe besser bezahlen • Bundesweit einheitliche Personalbemessungsgrenze in (Alten-)Pflege, für Hebammen und Entbindungshelfer • Kostenlose Ausbildung aller Gesundheitsberufe und mehr Ausbildungsplätze • Mehr Mitspracherechte von Pflegeberufen in der Selbstverwaltung
• Heil und Pflegeberufe von Bürokratie entlasten • Bessere Vergütung bei Pflegeberufen und integrative Ausbildung (erstes gemeinsames Ausbildungsjahr, danach spezialisierte Folgejahre)
• Beschäftigten der privaten Krankenkassen Übergang zu gesetzlichen Kassen ermöglichen • Gesetzliche Personalbemessung in der Pflege mit verbindlichen Vorgaben: 100.000 Pflegekräfte mehr • Gebührenfreie Ausbildung in Pflege- und Heilberufen
• Mindestpersonalschlüssel bei KrankenhausPflegepersonal
• Bessere Vernetzung aller an der Versorgung Beteiligten • Ärtzliche Versorgung und Apotheken im ländlichen Raum garantieren • Krankenhausversorgung in der Fläche sichern und bessere Verzahnung mit niedergelassenen Ärzten, spezialisierten Kliniken und Unikliniken ermöglichen • Nationales Gesundheitsportal für verständlichere Informationen • Digitalisierung im Gesundheitswesen verbessern
• Integrierte Bedarfsplanung der gesamten medizinischen Versorgung in ländlichen Räumen, darin Apotheken einbinden und Notfallversorgung sicherstellen • Digitalisierung voranbringen
• Mehr Einfluss des Bundes bei der Versorgung (z. B. Gründung von lokalen Gesundheitszentren) • Gemeinsame Planung und Vernetzung von stationärer und ambulanter Versorgung • Elektronische Patientenakte für jeden
• Notdienste angemessen vergüten • E-Health weiter ausbauen
• Flächendeckende Versorgung durch Gesundheitszentren der öffentlichen Hand • Kommunen bei Betrieb eigener Gesundheitseinrichtungen unterstützen • Gleichzeitig sollen Kommunen durch fachlich geschultes Personal kostenlose Beratung für Patienten anbieten, bei voller Entschädigung
• Stationäre Versorgung durch Investitionen sicherstellen • Bundesweite PortalPraxen einführen • Statt elektronischer Patientenakte alle relevanten Daten auf freiwilliger Basis auf der Gesundheitskarte speichern
• Keine Bürgerversicherung • Faire Wettbewerbsbedingungen bei Krankenkassen und –versicherungen schaffen
• Paritätische Bürgerversicherung, GKV-beihilfefähigen Tarif für Beamte • Wahlfreiheit für öffentliche Arbeitgeber: GKVArbeitgeberbeiträge oder Beihilfe • Privatversicherte sollen zwischen PKV und GKV wählen und wechseln können, nicht nur bei Krankenversicherung, sondern auch bei Pflege
• Bürgerversicherung mit Beiträgen auf Aktien- und Kapitalgewinne • Paritätische Finanzierung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern • Abschaffung der Zusatzbeiträge
• Wahlfreiheit der Versicherten, inkl. Rückweg • Verbesserte Mitnahme von Altersrückstellungen • Mehr Wettbewerb zwischen den Kassen • Mehr Spielräume bei Verträgen zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen • Bei Krankenhausleistungen Qualitätsverträge für höherwertige Anforderungen einführen
• Solidarische Gesundheitsversicherung für alle • Paritätische Finanzierung wiederherstellen • Beitragsbemessungsgrenzen abschaffen • Private Vollversicherung abschaffen, private Krankenversicherung auf Zusatzleistungen beschränken • Solidarische Pflegeversicherung analog zur Gesundheitsversicherung
• Paritätische Kranken- und Pflegversicherung mit gleichen Anteilen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern • Deutsch-türkisches Sozialversicherungsabkommen kündigen (es gilt der türkische Familienbegriff, der die Eltern zur Familie zählt) und auf Basis europäischer Sozialversicherungsabkommen neu verhandeln
• Mit Bürgerversicherung eine Honorarordnung für Ärzte schaffen • Mehr Investitionen in Krankenhäuser
• Keine Honorarunterschiede bei Ärzten • Patientenstiftung und Härtefallfonds für Behandlungsfehler • Gesetzliche Haftpflichtversicherung für Hebammen • Unikliniken solidere Vergütung ermöglichen • Investitionsfinanzierung auf Länder und Krankenkassen neu verteilen
• Effizienz und Verteilungsmechanismus des Gesundheitsfonds überprüfen und anpassen, Morbiditätsorientierten risikostrukturausgleich (Morbi RSA) manipulationssicherer gestalten • Budgetierung im Gesundheitssystem abschaffen
• Fallpauschalen bei Krankenhausfinanzierung abschaffen • Finanzmittel erhöhen: Bund und Ländern jährlich je 2,5 Mrd. Euro bereitstellen • Öffentlicher Haftungsfonds für Hebammen und Entbindungshelfer • Arzneimittelpreise per Gesetz begrenzen • Rabattverträge, KassenAusschreibungen und Selektiv-Verträge bei Arzneimitteln abschaffen
• Mindestpersonalschlüssel bei Krankenhausentgelten berücksichtigen
• Keine Kopfpauschale
Finanzierung
• Berücksichtigung der Preisentwicklung bei der Krankenhausfinanzierung (voller Ausgleich von Tariferhöhungen) • Medizinische Forschung verbessern • Unterhalt Pflegebedürftiger erst ab 100.000 Euro
“Örtliche Betreuungsbehörden ”
MELDUNG
Keine Pension wegen Gründungszuschuss (BS/jf) Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden (BVerwG 2 C 46.16): Ein nach Gesetz bewilligter Gründungszuschuss ist bei der Pensionsberechnung in denjenigen Monaten, für die er bewilligt worden ist, in voller Höhe zu berücksichtigen. Geklagt hatte ein ehemaliger Bürgermeister einer Gemeinde in Schleswig-Holstein, der 13 Jahre nach seiner amtlichen Tätigkeit eine selbstständige Tätigkeit aufnahm und dafür über einen Zeitraum von neun Monaten einen monatlichen Gründungszuschuss erhielt. Den Zuschuss rechnete die Versorgungsausgleichskasse auf die Pensionsbezüge an und brachte diese für die letzten drei Monate des Zeitraums vollständig zum Ruhen. Grund: Die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit hatten die erlaubte Höchstgrenze überschritten. Dagegen prozessierte der frühere kommunale Wahlbeamte. er machte geltend, dass Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit einheitlich über einen
vollen Zeitraum von zwölf Kalendermonaten betrachtet werden müssten. Auch wenn Teile nur monatsbezogen ausbezahlt würden. Ohne Erfolg: Zwar werden die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in einem Jahr auf das volle Kalenderjahr umgerechnet, nicht jedoch der Gründungszuschuss. Der werde nur für die Monate berücksichtigt, in denen er gezahlt wurde, weil es sich um eine Anschubfinanzierung handle. “Die Ruhensberechnung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden”, urteilten die Richter vom zweiten Senat des Bundesverwaltungsgerichts unter Vorsitz von Ulf Domgörgen. Auch die Durchsetzung des Anspruchs seitens der Versorgungskasse ist rechtens gewesen. Diese hatte die überbezahlten Versorgungsbezüge auf zukünftige Versorgungsansprüche aufgerechnet und diese entsprechend um 635 Euro gekürzt. Diese dreimonatige Kürzung sei in diesem Fall nicht unzumutbar, so die Richter.
Behörden müssen Daten erheben und abgleichen von Dr. Ulrich Keilmann
Wenn erwachsene Menschen aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Einschränkung wichtige Entscheidungen oder Geschäfte nicht mehr alleine tätigen können, sind Betreuungsbehörden da, um zumindest die rechtliche Fürsorge zu gewährleisten. Die Betreuungsbehörden können ihrer Aufgabe aber nur dann gut nachkommen, wenn auch die Datenlage über die Betreuungen in ihrer Zuständigkeit selbst gut ist. Leider waren in unserer Prüfung die Daten regelmäßig unvollständig oder fehlerhaft, weil • Auswertungen oft älter als sieben Jahre sind und nicht aktiv geführt und gepflegt werden, • Betreuungsbehörden nicht automatisch über ein Versterben betreuter Menschen informiert werden, • keine einheitlichen Definitionen bestehen, ob zum Beispiel neue Betreuungen auch vorläufige Betreuun-
gen beinhalten, • Zuständigkeitswechsel zu Dr. Ulrich Keilanderen Betreuungsbehörmann leitet die den nicht hinterlegt werden, Abteilung Über• widersprüchliche Daten kreörtliche Prüfung iert werden. kommunaler Körperschaften Förderlich wäre es, • zumindest einmal jährlich beim Hessischen Rechnungshof in Darmstadt. einen Datenabgleich mit dem Betreuungsgericht durchzuFoto: BS/Hessischer Rechnungshof führen, um den Aufwand für die Pflege der Datenbanken • auf dieser Basis den Betreuzu minimieren, er nur dann vorzuschlagen, • einheitliche Arbeitshilfen wenn die Zahl der von ihm wie Checklisten, Musterschon geführten Betreuunschreiben, Berichtsvorlagen gen es erwarten lässt, dass zu erarbeiten und sie landeseine persönliche Betreuung weit mit den Betreuungsgeauch gewährleistet werden richten abzustimmen, kann, • die Höchstzahl der persönlich führbaren Betreuungen • detaillierte Daten zur Arbeitsbelastung der Betreuabhängig von den ungsbehörden zu erheben, o individuellen Anforderunum die Personalausstattung gen der Fälle, bemessen und ggf. anpassen o der Qualifikation der Bezu können, treuer und o eventuellen Unterstüt- • ein (zwischen Ministerium, Betreuungsbehörden und zungsleistungen Betreuungsgerichten) abin den Arbeitsanweisungen gestimmtes Kennzahlenzu definieren und
system zu definieren, um Kennzahlenvergleiche zu erlauben, • Beratungsleistungen von der Betreuungsbehörde zu dokumentieren, um einen unmittelbaren Vergleich mit der Querschnittsarbeit der Betreuungsvereine zu erlauben, • Zuwendungen an Betreuungsvereine leistungsorientiert zu vergeben, • in die Förderung von Betreuungsvereinen die kommunale Sozialplanung mit einzubeziehen, um eine Abstimmung zu erleichtern, • von den Berufs- und Vereinsbetreuern Mitteilungen über die Zuwendungen konsequent und vollständig einzufordern. Lesen Sie mehr zum Thema “Örtliche Betreuungsbehörden” im Kommunalbericht 2016, Hessischer Landtag, Drucksache 19/3908 vom 2. Dezember 2016, S.334 ff.
Kommune Behörden Spiegel
www.behoerdenspiegel.de
Berlin und Bonn / September 2017
Aufgeschoben, nicht aufgehoben
KNAPP Straßenmusik-App
Thüringen “entschleunigt” Gebietsreform um drei Jahre / Neuer Minister und “Reform-Staatssekretär” (BS/Julian Einhaus) Wer interessiert sich schon für bürokratische Strukturen? Offensichtlich viele. Das zeigt zumindest die Debatte um die Thüringer Gebiets- und Verwaltungsreform, die nun schon Jahre andauert und landesweit zum öffentlichen Thema Nr. 1 avancierte. Nach dem Rücktritt des Kommunal- und Innenministers Holger Poppenhäger (SPD) hängt die Fortdauer der rot-rot-grünen Koalition in Erfurt auch vom Verhalten in den Kommunen ab. Die Landesregierung hat ihr Projekt nun zwar um drei Jahre verschoben – eine alternative Umsetzungsstrategie ist aber nicht zu erkennen. Dafür neue Akteure. förderer tätig. Gemeinsam mit dem künftigen Staatssekretär Uwe Höhn (beide SPD) gilt es nun vor allem, um Vertrauen unter den Kommunen zu werben. Weiterhin fühlen sich viele von ihnen unzureichend betreut und von oben herab behandelt. Das zeigt sich etwa im “Verein für Selbstverwaltung in Thüringen”.
Der Gegenwind ist heftig: Mehr als ein Dutzend Verfassungsbeschwerden, ein kommunal getragenes Volksbegehren und Dauerkritik aus Städten, Gemeinden und Landkreisen. Zwischen Werra und Saale herrschte so viel Unsicherheit, dass auch die erste Freiwilligkeitsphase misslang und bislang nur wenige Kommunen fusionieren wollen. Dann scheiterte auch noch das Vorschaltgesetz vor dem Landesverfassungsgericht.
Volksentscheid?
Unpopuläres Projekt Zöge die Landesregierung in Erfurt an einem Strang, wäre auch das noch zu verkraften gewesen – immerhin sind Gebietsreformen die wohl absehbar unpopulärsten Projekte, die sich Regierungen vornehmen können. Rot-Rot-Grün ist aber selbst uneins über die Umsetzung. Das Dauerfeuer der CDU im Landtag sowie von Dutzenden Landräten, Bürgermeistern und Oberbürgermeistern macht die Sache nicht leichter. Mitte August hatten sich die drei Koalitionäre deshalb auf einen neuen Fahrplan geeinigt. Die eigentliche Agenda, noch vor der Sommerpause ein Gesetzesentwurf in den Landtag zu geben, war ohnehin gecancelt. Nicht schon kommendes Jahr, sondern erst 2021 soll die Reform nun endgültig abgeschlossen sein. Das bedeutet: Im Juni 2018 endet die Amtszeit der Thüringer Landräte ganz normal mit der Kommunalwahl. Die danach beginnenden Amtszeiten werden auf drei Jahre (sonst sechs) beschränkt. Im Jahr 2021 tritt die Reform dann gänzlich in Kraft. Die Landratswahlen sollen dann schon im Rahmen der neuen Gebietsstrukturen stattfinden. Damit das Parlament ausreichend
Ganz im Südosten Thüringens staut sich die Saale ein wenig auf dem Weg durch die “Landstadt” Ziegenrück. Die mit unter 700 Einwohnern fünftkleinste Stadt steht stellvertretend für die kleinteiligen Gemeindestrukturen im Land. Foto: BS/Ryan, Pixelio.de
Beratungszeit hat, will das Kabinett bis Ende dieses Jahres einen überarbeiteten Entwurf für eine neue Kreisstruktur beschließen. Parallel zur Kreisebene läuft aktuell noch bis März 2018 die zweite Freiwilligkeitsphase für Gemeindefusionen. Danach entscheidet das Innenministerium über Zusammenschlüsse. Bei all diesen Plänen muss aber bis 2019 noch die gesetzliche Grundlage verabschiedet werden. Dann sind erst einmal Landtagswahlen. Auch wenn nun mehr Ausnahmen zugelassen werden sollen, bleibt die Koalition bei ihrem bisherigen Leitbild: Landesweit sind demnach 600 Gemeinden zusammenzuschließen. Ziel ist es, “demografiefeste” Gebietskörperschaften mit mindestens 6.000 Einwohnern aufzubauen. Zudem stehen vier der sechs kreisfreien Städte vor dem Verlust ihres Status. Die Zahl der Landkreise soll auf Größen von mindestens 130.000 Einwohnern verringert werden. Ganz
nebenbei steht die Umsetzung einer Aufgaben- und Funktionalreform an. Vor allem der Respekt der Linken vor dem Vorhaben hat zugenommen. Denn mit dem Koalitionstreffen im August setzte Ministerpräsident Bodo Ramelow durch, dass dem Innen-
minister ein “Reform-Staatssekretär” zur Seite gestellt wird. Ein klares Zeichen für gescheiterte Reformbemühungen. Zwei Wochen später nahm RessortChef Poppenhäger seinen Hut. Der neue Innenminister Georg Maier war zuvor mehr als 20 Jahre als Banker und Wirtschafts-
Die Initiative hat mit 40.000 Unterschriften ein Volksbegehren auf den Weg gebracht. Das liegt zwar derzeit auf Eis, weil die Landesregierung dagegen klagt. Der Verein sammelt nun mit dem Ziel, 200.000 Signaturen zu erreichen, um einen Volksentscheid zu erzwingen. Als bisheriger Landtagsvizepräsident und Kommunalexperte seiner Fraktion ist Staatssekretär Uwe Höhn fachlich mit der Gebietsreform befasst. Ob er vor Ort künftig auch mit Überzeugungskraft punkten kann, wird sich bald zeigen.
Bundestagswahl? In mehreren Dutzend Orten finden zusätzlich Kommunalwahlen statt
(BS/ein) Die Landeshauptstadt Dresden regelt und vergibt die Erlaubnis zur Ausübung von Straßenkunst von nun an auch über eine “Straßenkunst-App”. Die neue Satzung Straßenkunst, die im Juli vom Stadtrat beschlossen wurde und Mitte Juli in Kraft trat, soll zudem einen Ausgleich schaffen zwischen den Interessen der Straßenkünstler und denjenigen von Anwohnern und Gewerbetreibenden. Die Vorschriften sind nun so formuliert, dass sie vom Ordnungsamt kontrolliert und Zuwiderhandlungen sanktioniert werden können, teilte die Stadt mit.
Interkulturell? (BS/ein) Wo liegt der Unterschied zwischen international und interkulturell? In welcher Religion dürfen Frauen ausschließlich Röcke tragen und wie war das noch mit den weltweiten Begrüßungsgesten? Die ganze Welt spricht über “interkulturelle Kompetenzen”, aber was bedeutet das eigentlich in der Praxis und wie groß ist mein interkulturelles Wissen? Ein Online-Selbsttest kann nun eine erste Einschätzung liefern und beantwortet Fragen rund um “Interkulturalität”. Das Quiz ist zu finden unter: www.fluecht lingskongress.de/interkultu relles-know-how .
A (BS/ein) Am 24. September ist Bundestagswahl. Parallel dazu finden deutschlandweit mehr als 120 Kom- Wilde Müllkippen munalwahlen statt, die meisten in Hessen (37), Brandenburg (34) und Rheinland-Pfalz (19). Auch in 15 bayerischen und zehn sächsischen Städten werden Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister gewählt. (BS/ein) Essens OberbürgerViele der örtlichen Urnengänge versprechen nicht nur weitaus spannender zu werden, sondern adressieren die Bürger stärker in ihren alltäglichen Fragen. Rund um die Bundstagswahl sind Kandidaten und Bürger aber mehr denn je auch mit der Bundespolitik befasst. Der größte KommunalwahlWahlkampf dreht sich am 24.
September um den Stuhl des Duisburger Oberbürgermeisters. Amtsinhaber Sören Link (SPD) sieht sich gleich zwölf weiteren Kandidaten gegenüber. Im Südwesten wird u. a. in Koblenz, Ludwigshafenn und im saarländischen Völklingen gewählt. In der Eifel gehen die Bürger etwa in Prüm und Bitburg an die Urnen, ebenso in den nord-
hessischen Städten Diemelstadt und Frankenberg. Das niedersächsische Helmstedt sucht noch dringend Wahlhelfer. Nach kleiner Gebietsreform werden dort nicht nur Stadt- und Ortsratswahlen abgehalten, auch das Stadtoberhaupt steht zur Wahl. Und Mitte Oktober steht dann die vorgezogene Landtagswahl an.
meister Thomas Kufen hat im Rahmen eines Aktionsplans zur Verbesserung der Sauberkeit zentrale Punkte vorgestellt, um die Müllbeseitigung zu verbessern, die Bürger als Melder einzubinden und härtere Sanktionen umzusetzen. Ab Oktober ist auch eine “mobile Einsatzgruppe” vorgesehen, um schnell gegen “wilde Müllkippen” vorgehen zu können.
www.oeffentliche-infrastruktur.de
Themen auf dem Kongress u.a.
12. Bundeskongress
» Zukunftsfeste Verwaltungs- und Bildungsinfrastruktur
Öffentliche Infrastruktur
» Modelle für ein flächendeckendes Glasfasernetz bis 2025
Infrastruktur-Agenda 2020 30. November 2017 30 2017, Vienna House Andel’s Berlin
HAUPTREDNER u.a.
Ashok Sridharan ist Oberbürgermeister der Bundesstadt Bonn
» Warenkontor Innenstadt – mit Hubs, Pedelecs und Drohnen? » Wie dem Investitionsstau wirklich zu begegnen ist! » Flexiblere und emissionsarme Mobilität » Großprojekte – was nach der Bundestagswahl anders wird
Kathrin Schneider ist Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung in Brandenburg.
Thomas Webel ist Minister für Verkehr und Landesentwicklung in Sachsen-Anhalt
Eine Veranstaltung des
Kommunalpolitik
Seite 18
B
ehörden Spiegel: Die Kommunen in SchleswigHol-stein spielen beim Breitbandausbau ganz vorne mit. Im Vergleich zu manch anderem Land sind die Kreise aber kaum beteiligt – sind die Kreise hier überflüssig?
Behörden Spiegel / September 2017
“E” muss zum Normalfall werden Schulz: “Bereit, mit dem Land das große Rad zu drehen!”
(BS) Weniger Schriftform, mehr Kooperation – unter den Kommunen und mit dem Land: Im Gespräch mit dem Behörden Spiegel spricht sich der Geschäftsführer des Landkreistags Schleswig-Holstein, Dr. Sönke E. Schulz, dafür aus, mehr Fördermittel für übergreifende Zusammenarbeit zur Verfügung zu stellen und die Verwaltungsverfahrensgesetze ins digitale Zeitalter zu transkribieren. Die Kreise sieht der Verwaltungsexperte bei Schulz: Die Kreise üben grund- übergeordneten kommunalen Aufgaben als effektive Koordinierungsebene. Die Fragen stellte Julian Einhaus.
sätzlich eine ausgleichende und unterstützende Rolle für die Gemeinden aus. Das ist in vielen Bereichen unerlässlich. Als der Glasfaserausbau vor acht, neun Jahren hierzulande erstmals in Fahrt kam, haben die Kreise nicht schnell genug reagiert. So haben sich viele Gemeinden untereinander zusammengetan und Zweckverbände gegründet. Auch wenn das nach Doppelstrukturen klingen mag, handelt es sich um ein Erfolgsmodell: Nirgends ist der Glasfaserausbau so weit gediehen wie hier im Norden. Behörden Spiegel: Sie halten sich also weiterhin raus?
Schulz: Wir werden sehen, ob wir ins Spiel kommen, wenn im Kontext der Netzinfrastrukturen weitere Aufgaben anstehen, z. B. die Netze künftig an Dritte vermietet werden sollen. Wenn Gemeinden, Zweckverbände und Stadtwerke das großflächig tun wollen, bietet es sich an, einheitliche Ansprechpartner zu haben. Als Koordinatoren sind die Kreise hier prädestiniert. Dies gilt im Übrigen auch bei anderen Diensten, die auf der Informationstechnik aufbauen, wie z. B. umfassende Mobilitätsplattformen.
800 weniger als 500 Einwohner. Deshalb existieren neben den Gemeinden zusätzlich 84 Ämter, die die Aufgaben vieler Gemeinden bündeln. Aber auch die Ämter haben oft nur wenige Mitarbeiter und eine geringe Verwaltungskraft. Gerade in Bereichen wie der IT-Infrastruktur sind wir heute schon nicht gut aufgestellt – das wird sich im Rahmen der Digitalisierung künftig noch zuspitzen. Es gilt definitiv, stärker zusammenzuarbeiten! Die kleinteilige Struktur wird sich nur durch Kooperation bei verwaltungsunterstützenden Leistungen aufrechterhalten lassen. Behörden Spiegel: Sind denn die Kreisverwaltungen gut aufgestellt? Schulz: Die Kreise stehen mit ihren durchschnittlich 800 Mitarbeitern personell weitaus besser da. Die Digitalisierung stellt uns aber auch hier vor Grenzen. Wir müssen vor dem Hintergrund von Fachkräftemangel und IT-Sicherheit in größeren Strukturen denken. Behörden Spiegel: schwebt Ihnen vor?
Was
Schulz: Die Stadt Quickborn und der Landkreis Pinneberg betreiben beispielweise seit 2008 gemeinsam den IT-Zweckverband “Kommunit”. Mittlerweile sind weitere Ämter, Gemein“Leider gibt es den Trend, alles über den und Kreise das E-Government-Gesetz regeln zu beigetreten und wollen. Besser wäre es, sich wirklich der Zweckverband betreut mal die Verwaltungsverfahrensgeheute mehr als setze vorzunehmen und das Schrift- 100 Standorte. Hard- und Softformerfordernis zu streichen.” ware wurden nicht langsam men vor, will sich aber für frei- und schrittweise ausgetauscht, willige Fusionen und vor allem sondern man hat die InfrastrukKooperationen einsetzen. Eine turen schnell migriert. So ist es gelungen, eine einheitliche IT zu gute Übung für mehr? schaffen und Skaleneffekte bei Schulz: Wir müssen zumindest Beschaffung und Betrieb zu ervon dem Gedanken loskommen, zielen. Ein gutes Beispiel, dem dass jeder vor Ort alles allein ma- weitere Kommunen beitreten chen kann. Schleswig-Holstein wollen. Wir müssen von kommunaler hat eine sehr kleinteilige Gemeindestruktur: Von den rund Ebene bestimmter auftreten und 1.100 Gemeinden haben über z. B. stärker mit dem Land und Behörden Spiegel: Die neue Jamaika-Koalition in Kiel sieht in ihrem Koalitionsvertrag keine verpflichtenden Gebietsrefor-
“Wir müssen in noch größeren Strukturen denken.”
Dr. Sönke E. Schulz ist seit Oktober 2016 Geschäftsführer des Landkreistags SchleswigHolstein. Foto: BS/LKT SH
dem vom Land und den schleswig-holsteinischen Kommunen getragenen Informations- und Kommunikations-Dienstleister Dataport zusammenarbeiten. Dazu ist es aber erforderlich, dass wir kommunale Anforderungen definieren und möglichst auf Basis einer kommunalen Strategie mit einheitlicher Stimme sprechen. Behörden Spiegel: Wie alle Länder hat sich Schleswig-Holstein verpflichtet, mit dem Bund einen Portalverbund zu bilden. Öffentliche Leistungen sollen digital miteinander verknüpft und dem Bürger besser zugänglich gemacht werden. Auch die Kommunen sollen integriert werden – viele sind skeptisch. Zu recht? Schulz: In erster Linie geht es darum, Verwaltungsverfahren und Leistungen zu vereinheitlichen, ihre Abwicklung zu standardisieren und Möglichkeiten zur Adaption zu schaffen. Gerade beim kommunalen Antrags- und Fallmanagement lassen sich so viel Aufwand und Kosten sparen. Ich glaube, dass sich trotz einiger Skepsis alle in diesem Verbund wiederfinden werden: Jede staatliche Ebene und Kommune kann ihren Auftritt auch weiterhin mit eigenen Farben, Wappen usw. individuell gestalten. Aktuell sind es im Übrigen die kommunalen Spitzenverbände, die das Land treiben, der Zusage gegenüber dem Bund nachzukommen und dabei auch die Kommunen zu unterstützen. Behörden Spiegel: Nach dem Bund schicken sich auch immer
mehr Länder an, E-GovernmentGesetze auf den Weg zu bringen. Eine positive Entwicklung? Schulz: Leider gibt es den Trend, alles über das E-Government-Gesetz regeln zu wollen. Besser wäre es, sich wirklich mal die Verwaltungsverfahrensgesetze vorzunehmen und das Schriftformerfordernis zu streichen. So würde der Rechtfertigungsdruck umgedreht und das elektronische Verfahren zum Normalfall. An dieser Stelle sehe ich keinen Fortschritt – das ist unbefriedigend! Behörden Spiegel: In Schleswig-Holstein muss der kommunale Finanzausgleich überprüft werden, das verlangt ein Urteil des Landesverfassungsgerichts. Im Zuge dessen will die neue Koalition nun auch Aufgabenkritik üben, um die Verantwortlichkeiten von Kommunen und Land besser zu verteilen. Was halten Sie davon? Schulz: Es gibt einige Doppelzuständigkeiten: Sonderbehörden wie das Landesamt für Ausländerangelegenheiten (LfA) und das Landesamt für soziale Dienste (LAsD) übernehmen Aufgaben, die gut auch kommunal wahrgenommen werden könnten. Es geht z. B. um Themen wie Gesundheit und Krankheitsprävention. Das LAsD besitzt landesweit vier Außenstellen. Und dies, obwohl mit den Kreisen und kreisfreien Städten quasi 15 “Außenstellen” bereitstünden. Es muss zumindest diskutiert werden, weitere Aufgaben – wieder oder
erstmals – zu kommunalisieren. Die verwaltungswissenschaflich anerkannte Trennung von Rahmensetzung beim Land und kommunalem Vollzug sollte möglichst weitgehend verwirklicht werden. Hier bin ich bereit, mit dem Land das große Rad zu drehen! Behörden Spiegel: Sind denn die Kreise nicht ausgelastet? Schulz: Wir müssten in diesem Rahmen einmal grundsätzlich über Personal und Finanzierung sprechen. Denn das Land bezahlt besser als die Kreise. So wird ein ministerialer Abteilungsleiter oft mit B6 besoldet, während Fachbereichsleiter in den Kreisverwaltungen A15 erhalten, obwohl diese oft für mehr Mitarbeiter verantwortlich zeichnen. Ähnlich ist es im Ausländerwesen: Wird hier im Ministerium oder in den nachgeordeneten Stellen mit A11 besoldet, liegen gleichwertige Aufgaben auf Kreisebene bei A9. Durch diese Situation stehen Land und Kommunen verstärkt in einem unfairen Wettbewerb um qualifiziertes Personal. Wir sollten aufpassen, dass uns hier nicht die Gleichwertigkeit zwischen den Ebenen abhandenkommt. So hat das Landesverfassungsgericht die Gleichwertigkeit von kommunalen und Landesaufgaben betont; dies wird bei der erforderlichen Ermittlung des jeweiligen Finanzbedarfs zu berücksichtigen sein. Behörden Spiegel: Um den tatsächlichen Finanzbedarf von Kommunen und Landesverwal-
tung zu bewerten, soll eine externe Studie weiterhelfen. Was könnte dabei herauskommen? Schulz: Für die Landesregierung besteht die Schwierigkeit erst einmal darin, dass das Parlament für sich in Anspruch nimmt, die Aufgaben des Landes zu definieren. Als Kreise fordern wir schon lange, dass nicht mehr nur die Städte aufgrund ihrer Strukturen einen Soziallastenausgleich erhalten, sondern dass auch die Kosten der Fläche im Finanzausgleich stärker bedacht werden. Der Erhalt des großen Kreisstraßennetzes und auch die abgelegene Lage der Nordfriesischen Inseln sind nur zwei Beispiele, die dabei eine Rolle spielen. Im neuen Koalitionsvertrag wird der kommunale “Investitionsstau” explizit aufgegriffen – damit erkennt die Landesregierung an, dass in den vergangenen Jahren die Zuweisungen nicht dem tatsächlichen Finanzbedarf entsprochen haben. Deshalb fordern wir, den kommunalen Finanzausgleich aufzustocken und zusätzliche Infrastrukturprogramme für Schulen, Straßen und Radwege auszurollen. Behörden Spiegel: Der neue Landesminister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Hans-Joachim Grote, war bislang Oberbürgermeister von Norderstedt. Gibt es jetzt stärkere kommunale Unterstützung von der Landesebene? Schulz: Der neue Innenminister hat angekündigt, im Hinblick auf den Finanzausgleich eine einvernehmliche Lösung mit den Kommunen finden und dahingehend das Gespräch innerhalb der Koalition suchen zu wollen. Diese Ansage stimmt erst einmal optimistisch, deshalb freue ich mich auf das erste Gespräch mit Herrn Grote. Behörden Spiegel: Auf dem Verwaltungskongress “Digitaler Staat” im Juni in Berlin konnte Ihr Nachbarland Dänemark auf beindruckende Weise zeigen, wie weit man bei der Digitalisierung von Staat, Kommunen und Gesellschaft schon ist. Ein Vorbild? Schulz: Gerade aus Kiel sollten wir noch viel mehr Richtung Norden schauen. Vor allem beim E-Government sind die Dänen Vorreiter – und uns in Schleswig-Holstein oft auch in der Mentalität näher als manche Region innerhalb Deutschlands.
Engagierte kommunale Mandatsträger
Zwischen Bismarck und Zuckerberg
“Wie Halbtagsstellen” / Unter einem Drittel weiblich
Kein Bürgerservice ohne bürgernahe Sprache
(BS/ein) Der typische kommunale Mandatsträger ist männlich, über 55 Jahre und hoch gebildet. Das geht aus (BS/Dr. Johannes Latsch*) Er wurde zwar verrückt, aber er hatte recht ... Der Philosoph Friedrich Nietzsche fand, dem Gutachten “Das kommunale Ehrenamt in NRW” der Ruhruniversität Bochum hervor. Frauen sind mit 26,7 den Stil zu verbessern heiße: den Gedanken zu verbessern. Und tatsächlich spielt der Stil des Schreibens für Prozent in den Städten und 29,4 Prozent in den Kreisen weiterhin unterrepräsentiert. die öffentliche Verwaltung eine wichtige Rolle. Nur wer verständlich schreibt, kann auch verstanden werden. Bürgerservice ohne bürgerfreundliche Sprache geht nicht. Beides Binsenweisheiten. Doch der Geist ist willig, Das kommunale Ehrenamt und ging es auch um die Rahmenbe- Freistellungsregelungen. Aller- aber das Fleisch ist schwach. die Handlungsnotwendigkeiten für mehr politisches Engagement standen im Vordergrund: In einer der größten Befragungen von Rats- und Kreistagsmitgliedern in der Bundesrepublik wurden 2.283 kommunale Mandatsträger aus 44 Städten und Gemeinden und sechs Landkreisen in NRW befragt. Mit 61 Prozent nahmen überdurchschnittlich viele die Möglichkeit zur Rückantwort wahr. Ausgangspunkt für die wissenschaftliche Untersuchung war eine Empfehlung der Ehrenamtskommission des Landtags Nordrhein-Westfalen aus der letzten Wahlperiode. Das Gremium hatte sich zuvor umfassend mit den Voraussetzungen auseinandergesetzt, unter denen Bürger kommunalpolitische Ehrenämter wahrnehmen. Dabei
dingungen, die die Übernahme eines kommunalen Mandats attraktiver machen, wie z.B. günstigere Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt. Die Bochumer Wissenschaftler rund um Professor Dr. Jörg Bogumil untersuchten nun, ob eine Ausweitung der bestehenden Regelungen für flexible Arbeitszeitmodelle erforderlich sei und inwieweit der bisher auf Gleitzeitmodelle beschränkte Nachteilsausgleich auf weitere Berufsgruppen oder Arbeitszeitmodelle ausgeweitet werden kann. Ein Ergebnis: Mittlerweile befindet sich ein großer Anteil der kommunalen Mandatsträger (45 Prozent) in flexiblen Arbeitszeitverhältnissen. Dennoch kommt es nur in geringem Ausmaß zu Problemen mit den aktuellen
dings sind in der Praxis vorhandene Regularien nicht durchweg bekannt oder werden nicht immer angewendet.
Gehöriger Zeitaufwand Der Zeitaufwand für die ehrenamtliche Tätigkeit ist demnach nicht unbeträchtlich und in den größeren Städten erscheint der Terminkalender zumindest bei den Personen mit mehreren Funktionen wie eine Halbtagsstelle. Die Ergebnisse bestätigen laut Professor Bogumil zudem, dass die Kommunalpolitik in Nordrhein-Westfalen vor allem in den größeren Städten von Parteien geprägt ist. Trotzdem wird das Verhältnis zwischen der Kommunalvertretung und den direkt gewählten Oberbürgermeistern, Bürgermeistern und Landräten als gut angesehen.
Bescheide, Merkblätter, Broschüren, Newsletter, Pressemitteilungen, Anwohnerbriefe, E-Mails: Die öffentliche Verwaltung tritt auf vielfältigste Weise mit dem Bürger in Kontakt. Doch oft versteht der Angeschriebene nicht, “was die von mir wollen” – oder er wirft ein Schreiben gleich in den Papierkorb, denn er hat keine Ahnung, dass der Inhalt überhaupt Folgen für ihn hat. “OWiG”? … “Ersatzvornahme”? … “Teilhabebeeinträchtigung als Entscheidungskriterium für eine Leistung nach § 35a SGB VIII”? – Sagt mal, geht’s noch? Viele Verwaltungen digitalisieren auf Teufel-komm-raus, posten in Social Media oder bieten gar Chats mit dem Behördenchef an – doch ihr Schreiben, das dem Bürger ins Haus flattert,
stäubt noch ganz vom alten Obrigkeitsstaat. Sie wollen, überspitzt gesagt, die Fans von Mark Zuckerberg mit der Sprache des Freiherrn vom und zum Stein erreichen. Arbeit an der Sprache macht erst einmal Mühe, aber diese Mühe erspart Verwaltungen und Behörden auf lange Sicht viel Missverständnisse, viel Bürgerärger und viel Nacharbeit. Es gibt Wege, klar zu schreiben und zugleich rechtssicher, verständlich und zugleich verbindlich, lebendig und zugleich seriös. Aber wie gelingt dieser Spagat? Wie Verwaltungen und Behörden sprachlich dichter dran sein können am Bürger ist Thema eines Seminars des Behörden Spiegel am 20. und 21. September 2017 in Bonn. Der
Autor, selbst Pressesprecher eines Landkreises, vermittelt in einem kompakten theoretischen Teil das nötigste Wissen zum Verständnis, wie Sprache funktioniert. Er zieht daraus Konsequenzen für die Verwaltungssprache und gibt vor allem konkrete Tipps für verständliche Texte. In praktischen Übungen mit sperrigen Behördentexten wenden die Teilnehmer diese Erkenntnisse an und schreiben sich für die bürgernahe Praxis warm. Weitere Information und Anmeldung unter www.fuehrungs kraefte-forum.de/detail.jsp?v_ id=1423 *Dr. Johannes Latsch ist seit 2002 Pressereferent des MainTaunus-Kreises.
Kommunalpolitik
Behörden Spiegel / September 2017
Seite 19
Köln beschließt Klimapartnerschaft
Alexa – nicht mehr nur in Bochum
Bündnis mit Gemeinden indigener Völker im peruanischen Amazonasgebiet
Sprachsteuerung im Stadtmarketing und bei Smart-Home-Anwendungen
(BS/ein) Der Kölner Stadtrat hat einstimmig beschlossen, eine Klimapartnerschaft mit indigenen Völkern im (BS/ein) Zu Hause automatisch mit Bochum sprechen – Bochum Marketing hat im Juni für Amazons Lautspreperuanischen Amazonasgebiet einzugehen. In Kooperation mit dem Städtenetzwerk Klima-Bündnis wird die cher “Echo” einen digitalen Sprachassistenten entwickelt. Nach eigenen Angaben ist die Ruhrstadt damit Stadt den Verband der indigenen Gemeinden des Ucayali und seiner Zuflüsse (FECONAU) unterstützen. Vorreiter in Europa beim Angebot audiogenerierter Inhalte und im sprachgesteuerten Dialog mit Kunden. Ein norddeutsches Kommunalunternehmen will nun nachziehen. Die Partnerschaft soll Gemeinden der Shipibo-Conibo stärken und in ihrem Kampf gegen die Ausweitung von Palmöl-Plantagen auf ihrem Territorium unterstützen. Trotz der rechtlichen Anerkennung ihrer Gebiete behält sich der Staat ein Verfügungsrecht vor und vergibt Lizenzen für den Anbau von Monokulturen, teilte das KlimaBündnis mit. “Die indigene Bevölkerung sieht sich durch diese Maßnahmen nicht nur in ihren Rechten, sondern auch in ihrer Existenz gefährdet”, sagte der Kölner Bürgermeister Andreas Wolter. Im Rahmen der Klima-BündnisMitgliedschaft hat Wolter die Situation in Peru auf einer Delegationsreise im Frühjahr persönlich erlebt. Seine Erfahrungen dienten als Anregung für den Beschluss der Stadt.
Beispiel soll weitere Kommunen ermutigen “Das Beispiel der Stadt Köln sollte weitere Kommunen ermutigen, eine Partnerschaft mit indigenen Völkern der Regenwälder einzugehen”, erklärte Thomas Brose, Geschäftsführer des Klima-Bündnisses. “Nur über den direkten Kontakt mit unseren indigenen Partnern er-
Die Verschmutzung von Böden und Wasser mit Pflanzenschutzmitteln, ein erschwerter Zugang zu traditionellen Nahrungsquellen für indigene Völker und der Verlust von Waldflächen und Artenvielfalt: Der Palmanbau zur Gewinnung von Öl zieht nicht nur in Südamerika viele negative Folgen nach sich. Foto: BS/domilo122, pixelio.de
fahren wir in Europa mehr über die Folgen der Ressourcenübernutzung sowie die Auswirkungen des Klimawandels in Amazonien.” Große Monokulturen, wie Palmölplantagen, bedrohen laut Klima-Bündnis die Le-
Raus aus der Steinkohle? Bürgerentscheid in München (BS/ein) In München stimmen die Einwohner am 5. November 2017 über die vorzeitige Stilllegung des Blocks 2 im Heizkraftwerk München Nord ab. Das entschied der Stadtrat Anfang August. Das dafür notwendige Quorum von rund 34.000 Unterschriften oder drei Prozent der stimmberechtigten Einwohnerzahl wurde zum 1. August erreicht. Nach den Initiatoren des Bürgerentscheids “Raus aus der Steinkohle!” soll die Anlage Ende 2022 abgeschaltet werden. Das Steinkohlekraftwerk verursache mehr CO2-Emissionen als alle Autos und Lkws in München zusammen und sei damit der “Klimakiller Nr. 1” in der Landeshauptstadt, heißt es. Das Kraftwerk sei zudem ein großes finanzielles Risiko für München, weil den Stadtwerken erhebliche Belastungen in Millionenhöhe drohten, sobald die CO2-Emmissionspreise stiegen oder ein Kohleausstiegsgesetz beschlossen werde. Um die Fernwärmeversorgung weiterhin zu gewährleisten, sollte die Geothermie ausgebaut werden. Die Stadtwerke weisen die Argumentation jedoch als nicht zutreffend zurück. Der Stadtrat schloss sich mehrheitlich
der Haltung der Stadtwerke an, lehnt eine kurzfristige Stilllegung von Block 2 ab und will nun vor dem Bürgerentscheid seine Gründe denjenigen der Initiatoren gegenüberstellen. Dazu zählt etwa, dass das Heizkraftwerk als eines der modernsten und emissionsärmsten Kohlekraftwerke Deutschlands gilt. Eine kurzfristige Stilllegung sei für die Stadt nicht nur sehr teuer, sondern bringe auch fast keine CO2-Einsparung, weil der wegfallende Strom durch Strom aus anderen Kraftwerken ersetzt werden müsste. Zudem könne die Stadt München gar nicht allein darüber befinden. Erkläre die Bundesnetzagentur in Bonn die Anlage für systemrelevant, müsse deren Betrieb wegen der vielerorts stillzulegenden Kernkraftwerke aufrechterhalten werden.
“Hannoccino-Becher” Pfandsystem für Coffee-to-go startet in Hannover (BS/ein) Die Stadt Hannover will gemeinsam mit der Abfallwirtschaft Region Hannover (aha) durch den “Hannoccino-Becher” die Menge der stadtweit über 18 Mio. Einwegbecher pro Jahr eindämmen. Der Pfandbecher besteht nach Angaben der aha “weitestgehend aus Biobestandteilen” und wird mit einer ersten Auflage von 24.000 Stück produziert. Der weitestgehend aus Biobestandteilen hergestellte Mehrwegbecher ist rot eingefärbt und mit der Stadtsilhouette bedruckt. “Ich freue mich, starke Partner wie Hannover 96, das Hannover Congress Centrum (HCC) und die Bäckerinnung für den Hannoccino-Becher gewonnen zu haben”, erklärte Sabine Tegtmeyer-Dette, Wirtschafts- und Umweltdezernentin der Landeshauptstadt Hannover. Die Abfallwirtschaft
verspricht sich von dem Becher, dass die Stadtsauberkeit künftig besser zu gewährleisten ist und die Reinigungskosten sinken. “Denn Einwegbecher sind längst zu einem Problemfall für die Papierkörbe in der hannoverschen City geworden”, sagte Mathias Quast, Abteilungsleiter Stadtreinigung bei aha. Mehrmals täglich müssten weggeworfene Becher entfernt und überquellende Mülleimer wieder in Ordnung gebracht werden. Aha organisiert nun das Pfandsystem, damit für die Nutzer möglichst wenig Aufwand entsteht.
bensgrundlage vieler indigener Völker wie der Shipibo-Conibo. Die EU gehört zu den weltweit größten Importeuren von Palmöl, das etwa als Biotreibstoff und Nahrungsmittel verwendet wird. Die Anbaufläche wurde in den letzten Jahren verstärkt ausgeweitet und führt auf Primärwaldflächen zum Ausstoß großer Mengen von Treibhausgasen. Die Klimapartnerschaft habe somit nicht nur eine politische und soziale Funktion, sondern ist auch Teil der Klimaschutzaktivitäten der Stadt Köln. Über 1.700 Städte, Kreise und Gemeinden sowie Bundesländer und Provinzen, NGOs und andere Organisationen in ganz Europa bilden das Netzwerk. Mit Blick auf die Mitgliederzahl ist die 1990 gegründete Vereinigung das weltweit größte Städtenetzwerk, das lokale Maßnahmen für den globalen Klimaschutz ergreift.
Seit Juni gibt es den sogenannten Skill “Bochum”. Skills sind Zusatzprogramme verschiedener Anbieter, die wie Apps auf Amazons Echo freigeschaltet werden. So können Nutzer etwa Tourismus-Informationen über Bochum von Alexa erhalten.
“Alexa, frage Stadt Bochum nach ….” “Besonders viel Wert haben wir bei der Konzeption auf einen inhaltlichen Mehrwert und einen praktischen Service für den Nutzer gelegt”, erklärte Christian Gerlig, Leiter Kommunikation bei der Bochum Marketing GmbH. Nutzer können mit der Software neben Informationen über die Stadt auch Auskünfte zu Sehenswürdigkeiten, Stadtführungen, Hotels und Veranstaltungsterminen abfragen. “Besonderer Nutzen sind die aktuellen Terminansagen aus
dem Online-Veranstaltungskalender. Anwender können Alexa gezielt nach Terminen heute Abend, am Wochenende oder nach Veranstaltungen in bestimmten Räumlichkeiten fragen.” Bei der Konzeption wurde sowohl an den lokalen Zusatznutzen für die Bochumer gedacht als auch an Touristen, die den Skill vor der Reise nutzen. Der Sprachassistent wurde in deutscher Sprache umgesetzt. Bedient wird der Bochum-Skill über den Sprachaufruf “Alexa, frage Stadt Bochum nach ….”
Licht und Wärme auf Zuruf Ab Herbst können nun Kunden der Oldenburger EWE AG über Alexa auch ihr Licht zu Hause auf Zuruf einschalten. Das kommunale Telekommunikations- und Energieunternehmen arbeitet derzeit an der Integration einer entsprechenden Verknüpfung
mit Alexa. “Einfach und komfortabel, ohne große Hürden das Zuhause ein wenig smarter gestalten – so ist das EWE “smartliving”-System aufgebaut”, sagte Arne Sextro aus dem EWE-Produktmanagement. Künftig soll auch die Heizungstemperatur sprachlich zu steuern sein.
Unbedingtes Zukunftsthema Um diese Funktionen zu nutzen, benötigen Kunden zusätzlich zum “smart -living-system einen Amazon-Account sowie einen Amazon Echo oder Echo Dot. Über den in der Alexa-App integrierten “smart-living-skill” werden dann einzelne Komponenten wie Zwischenstecker oder Heizungsthermostate steuerbar. “Die Einführung von Sprachsteuerungssystemen ist ganz klar das größte Zukunftsthema in der Smart-Home-Branche”, so Sextro.
Kommunalpolitik
Seite 20
Behörden Spiegel / September 2017
Nachfüllen statt nachkaufen
Bessere Bildungschancen in der Metropole
Immer mehr kostenloses Wasser zapfen
Gemeinsam wirken mit RuhrFutur
(BS/Julian Einhaus) Bislang war es die Flut an Kaffeebechern, die reduziert werden sollte. Jetzt rücken auch Wasserflaschen in den Fokus: Die Initiative “Refill Berlin” hat sich zum Ziel gesetzt, Plastikmüll zu vermeiden und den umweltfreundlichen Konsum von Leitungswasser in der Hauptstadt zu fördern. Nicht nur dort.
(BS/Ulrike Sommer*) Für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung von Kommunen ist Bildung ein Schlüsselfaktor: Bildung entscheidet nicht nur maßgeblich über Teilhabe- und Entwicklungschancen jedes Einzelnen, sondern auch über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Zukunftsperspektiven des Gemeinwesens. Gelingende Bildungsprozesse gewinnen vor diesem Hintergrund immer mehr an Bedeutung. Viele Kommunen haben daher seit den 1990er-Jahren begonnen, gemeinsam mit anderen Akteuren vor Ort an der Entwicklung lokaler Bildungslandschaften zu arbeiten, um vor allem für junge Menschen bestmögliche Bildungs- und Entwicklungschancen sichern zu können.
Beteiligen können sich Cafés, sowie für mehrere Gebäude des Restaurants und Geschäfte mit Jugendamtes Berlin-Adlershof einem frei zugänglichen Wasser- und dem Umweltbundesamt. Weiterhin spenden auch 40 öfanschluss, Trinkwasserspender oder Trinkbrunnen. Die Inhaber fentliche Trinkbrunnen zuminkönnen sich durch einen Aufkle- dest zu frostfreien Zeiten ebenber erkennbar machen, im Netz falls kostenloses kühles Nass, auf einer Karte eintragen lassen erklärte eine Sprecherin der und es so Bürgern, Passanten Berliner Wasserbetriebe (BWB). und Touristen ermöglichen, Lei- Im Rahmen des sogenannten “Brunnen Runs” seien tungswasser abzufüllen. in den letzten drei Die Umsetzung soll Jahren jährlich kostenlos und so vier neue Trinkeinfach wie mögbrunnen hinlich gestaltet zugekommen. sein. Die beteiIn der Kamligten Läden pagne bauen können dadie BWB eimit werben, nen Brunnen Nachhaltigpro 10.000 keit zu fördern. Kilometer, die Im März hatte von registrierten der Verein “Refill Joggern bei BerHamburg” in der liner LaufverHansestadt die erste Initiative Der blaue Aufkleber von “Refill a n s t a l t u n g e n ins Leben geru- Berlin” macht Orte kenntlich, an z u r ü c k g e l e g t fen. Seither sind denen Wasserflaschen gratis wie- werden. Ganssmann dort mehr als 70 deraufgefüllt werden können. Refill-Orte entFoto: BS/ CC BY-NC-ND 2.0, flickr.com hofft, dass Berlin versucht, eistanden. Auch ne sogenannte in Dresden, Greifswald, Bonn und Köln gibt “Blue Community” zu werden es Zapfstationen, deutschland- – das sind Städte, die sich auf weit sollen es mittlerweile mehr kanadische Initiative hin grundsätzlich für den freien Zugang als 500 sein. Berlin zählt seit Mitte Juni zu Leitungswasser entschieden knapp 200 freie “Wasserstel- haben. In einem solchen Fall len”. Die Initiative versuche der- müssten sich alle Behörden und zeit, auch Behörden anzuspre- öffentlichen Einrichtungen der chen, erklärte die Sprecherin Stadt beteiligen. Neben vielen von Refill-Berlin, Lena Ganss- kanadischen Städten haben mann. Anfragen liefen etwa bei sich in Europa auch Paris und Bezirksrathäusern in Berlin- das Schweizer St. Gallen dafür Köpenick und Berlin-Treptow entschieden.
Aber wie ist das in Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet? Braucht es da nicht – angesichts vieler kommunenübergreifender Herausforderungen und angesichts einer hohen Bildungsmobilität – über die kommunalen Bildungslandschaften hinaus auch eine Strategie für die Region?
Das Ruhrgebiet: Herausforderungen und Potenziale Das Ruhrgebiet ist einer der größten Ballungsräume Europas. Hier leben mehr als fünf Millionen Menschen in 53 Kommunen (elf kreisfreie Städte und vier Kreise), darunter mehr als 800.000 Kinder und Jugendliche. Die Region ist mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert, wie sie charakteristisch für urbane Ballungsräume sind – wie etwa einer zunehmenden sozialen Polarisierung, die sich auch in der räumlichen Trennung zwischen wohlhabenden und armen Quartieren zeigt, oder einer anhaltenden Zuwanderung. Was das Thema Bildung betrifft, ist in der Metropole Ruhr viel erreicht worden: Das ehemals montanindustriell geprägte, eher bildungsferne Revier hat sich zu einer Bildungs- und Wissenschaftsregion mit einem breiten und vielfältigen Bildungs- und Weiterbildungsangebot und einer der dichtesten Hochschullandschaften Europas entwickelt. Dennoch gibt es, wie der 2012 vom Regionalverband Ruhr (RVR) herausgegebene Bil-
dungsbericht Ruhr belegt, noch viele ungehobene Potenziale. Armut und soziale Segregation wirken sich hemmend auf die Bildungschancen und den Bildungserfolg von vielen jungen Menschen in der Region aus. Das Bildungsniveau im Ruhrgebiet nähert sich erst langsam dem in den übrigen Teilen des Landes an. Ausdrücklich plädiert der Bildungsbericht Ruhr für die Entwicklung wirkungsvollerer Kooperationsstrukturen, damit gute Strategien und gute Praxis nicht nur lokal, sondern auch regional Wirkung entfalten. Daher hat die Stiftung Mercator Anfang 2013 gemeinsam mit fünfStädten (Dortmund, Essen, Gelsenkirchen,Herten,Mülheim an der Ruhr), fünf Hochschulen (Ruhr-Universität Bochum, FH Dortmund, TU Dortmund, Universität Duisburg-Essen, Westfälische Hochschule) und der NRW-Landesregierung die Bildungsinitiative RuhrFutur ins Leben gerufen. Mittlerweile hat sich der Kreis der Partner um den RVR und die Hochschule Ruhr West erweitert. Im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung haben sich die Partner darauf verständigt, zu kooperieren und gemeinsam an einer Weiterentwicklung des Bildungssystems in der Metropole Ruhr – im Sinne von mehr Leistungsfähigkeit und mehr Chancengerechtigkeit – zu arbeiten. Deutschlandweit ist die Initiative einmalig, denn mit Landesregierung, Kommunen und Hochschulen sowie der Stiftung
Bildungschancen weitereben. Foto: BS/RuhrFutur gGmbH, Harry Zdera
Mercator bringt RuhrFutur erstmalig auf regionaler Ebene zentrale Akteure zusammen, die für das Bildungssystem Verantwortung übernehmen. Die Stiftung Mercator hat die Bildungsinitiative seit 2013 für fünf Jahre mit rd. 15 Mio. Euro gefördert und wird nach positiver Evaluierung ab 2018 für weitere fünf Jahre nochmals rd. 15 Mio. Euro in das Vorhaben investieren.
Wie funktioniert die Initiative konkret? Begleitet und moderiert durch die RuhrFutur gGmbH identifizieren die Partner Themen und Handlungsbedarfe, entwickeln Konzepte und Maßnahmen, qualifizieren Schlüsselpersonen und verstetigen tragfähige
Ansätze und Strukturen. Hier nur einige Beispiele: Im Handlungsfeld Frühkindliche Bildung haben vier Kommunen einen gemeinsamen Qualitätsrahmen für die Kooperation von Großtagespflegestellen und Kindertagesstätten entwickelt und erproben diesen nun in sechs Modellverbünden vor Ort. Nahezu 80 Schulen aus den fünf Partnerkommunen nehmen an Maßnahmen zur Schul- und Unterrichtsentwicklung teil. Die sechs RuhrFutur-Hochschulen führen gemeinsame Studierendenbefragungen durch, um Aufschluss über den sozialen und den Bildungshintergrund ihrer Studierenden zu erhalten, mehr über ihre Studienverläufe zu erfahren und gezielt Maßnahmen zur Unterstützung planen zu können. Mehr als ein Dutzend Maßnahmen haben die Partner so seit 2014 gemeinsam initiiert. Für die kommunalen Partner zieht Ulrich Ernst, Beigeordneter in Mülheim an der Ruhr, wie folgt Bilanz: “RuhrFutur ist ein Paradebeispiel dafür, wie Städte zusammenarbeiten können. In der Theorie ist es einfach, große, abstrakte Ziele zu verabreden. Schwierig wird es, sich angesichts der unterschiedlichen Haltungen konkret zu einigen. Genau das aber gelingt RuhrFutur.” *Ulrike Sommer ist seit 2013 Geschäftsführerin der RuhrFutur gGmbH. Diese ist Geschäftsstelle der gleichnamigen Bildungsinitiative.
Plädoyer für eine Haltung Unsere Demokratie braucht offene Kommunen in einer offenen Gesellschaft! (BS/Claudia Walther*) Deutschland hat in den letzten beiden Jahren gezeigt, was in ihm steckt. Weit über eine Million Geflüchtete wurden seit 2015 aufgenommen, versorgt, betreut. Fakt ist allerdings auch, dass ein Teil der Bevölkerung das eigene Wohl durch Zuwanderung prinzipiell gefährdet sieht und daher Positionen und Aktionen gegen Geflüchtete und Migranten toleriert, befürwortet oder unterstützt. Diese Aktionen sind schriller, lauter und pressewirksamer als das mehrfach stärkere amtliche und ehrenamtliche Engagement. Migration und auch die Flucht werden in einem Zug mit Terror und terroristischer Gewalt als Bedrohung für die westliche Wertegemeinschaft dargestellt, obwohl Menschen vor eben diesem Terror zu uns fliehen. Die neuen nationalistisch-egoistisch geprägten Trends zeigen uns jedoch, wie wertvoll, wie wichtig die Rechte und Freiheiten sind, die unseren Staat ausmachen. Demokratie, Asyl und Integration sind nicht selbstverständlich, aber unverzichtbar. Die Integration in Deutschland hatte ihr eigenes Auf und Ab, ihre Misserfolge und ihre Höhepunkte. Diese Erfahrungen gilt es zu nutzen, um Fehler zu vermeiden und positive Entwicklungen zu unterstützen. Vor allem die Kommunen können Integration! Sie gelingt vor Ort – oder gar nicht.
Wir riefen Arbeitskräfte, und es kommen Menschen. (Max Frisch) Nur ein Teil der zu uns Geflüchteten wird langfristig in Deutschland bleiben. Die Entscheidung darüber, ob sie eine Bleibeperspektive haben oder nicht, wird sowohl von uns als Aufnahmegesellschaft als auch von den Geflüchteten und der Situation in ihren Heimatländern bestimmt. Die Integration wird als Wechselwirkung von Eingewanderten und Aufnehmenden dann gelingen, wenn sich alle Beteiligten diesem Prozess offen stellen. Fehlt diese Offenheit, dann können sich Ablehnung,
Diskriminierung und mangelnde Wertschätzung leicht ausbreiten – und zwar sowohl bei den Geflüchteten wie bei der Aufnahmegesellschaft. Folgende Faktoren sind entscheidend, damit Integration gelingt: • Die Haltung und Berichterstattung gegen Manipulation setzt auf Fakten statt Fakes, auf respektvolle Wortwahl statt simple Vereinfachung, auf Recherche statt Behauptung. • Die Wohnsitzauflage kann nur dann einen Beitrag zur Integration der Geflüchteten leisten, wenn sie beispielsweise durch Förderung des dezentralen sozialen Wohnungsbaus ergänzt wird. • Mit denen, die sich von der Demokratie abgehängt fühlen, ist der Dialog zu führen, politisch, öffentlich und privat. • Bildungschancen – ob in Kindergarten, Schule, Hochschule oder Volkshochschule – dürfen nicht nach Aufenthaltsstatus verteilt werden. • Die Integration der Geflüchteten in Erwerbsarbeit ist für alle von Vorteil und schnellstmöglich umzusetzen. • Notwendig ist eine konzertierte Aktion von Bund und Ländern zur Förderung der Integration vor Ort mit dem Ziel der offenen Gesellschaft. Längst ist Deutschland ein Einwanderungsland. Dies ist keine Zukunftsvision, sondern Gegenwart und Zukunft. Ein Einwan-
derungsgesetz, das mit Anreizen und Pflichten den Rahmen klar steckt, ist überfällig. Das Einwanderungsgesetz wird das Grundrecht auf Asyl, Regelungen zum Aufenthaltsrecht und auch ein Integrationsgesetz nicht verzichtbar machen. Es wäre aber eine gute Voraussetzung für die integrationspolitische Arbeit vor Ort. Und es ist die noch ausstehende politische Konsequenz für ein Land, das sich der Zukunft stellt. Offene Kommunen in einer offenen Gesellschaft bieten den Menschen die größtmögliche individuelle Freiheit bei größtmöglicher Lebenssicherheit. Sie sind daher auch weltoffene Kommunen. Die offene Gesellschaft ist eine Haltung, die unsere demokratische Kultur im Positiven prägt und die unsere Demokratie gegen Angriffe stark macht – von innen und von außen. Diese (hier gekürzte) Erklärung wurde auf Grundlage der Diskussion im Beirat des Projektes “Ankommen in Deutschland” der Bertelsmann Stiftung erarbeitet. Wir unterstützen zudem die Initiative “Die offene Gesellschaft”. Auch Sie oder Ihre Kommune können sich der offenen Gesellschaft mit einem deutlichen Statement anschließen: https:// www.die-offene-gesellschaft. de/. *Claudia Walther ist Senior Project Manager im Programm LebensWerte Kommune bei der Bertelsmann Stiftung.
Kommunalpolitik
Behörden Spiegel / September 2017
Seite 21
Parteipositionen zu kommunalen Themen
THEMA
PARTEI
(BS/ein) Gemeindefinanzen, Soziales und örtliche Infrastruktur: Die sechs aussichtsreichsten Parteien gehen in ihren Wahlprogrammen unterschiedlich stark auf kommunale Belange ein. Die Tabelle zeigt eine kleine Auswahl dessen, was die rund 11.500 deutschen Kommunen je nach Regierungskonstellation künftig vom Bund erwarten können.
- Keine Angaben -
Kommunale Finanzierung und Steuern
Kinderbetreuung
Integration von Flüchtlingen
Stadt-LandVerhältnis und Gleichwertigkeit
• “Wir werden die Grundsteuer verfassungsfest reformieren und die Gewerbesteuer stabilisieren.”
• Rechtsanspruch auf Kita-Platz • Kita-Gebühren abschaffen • Rechtsanspruch auf Ganzfür jedes Kind tagsbetreuung von Kita- und • Qualitätsausbau von Bildung Grundschulkindern und Betreuung • Anzahl der Kitas mit Unterstützung des Bundes steigern • Fachkräfteoffensive für Erzieher-Beruf
• Altschuldenfonds für hoch • Gewerbesteuer langfristig verschuldeten Städte und durch einen kommunalen Gemeinden Zuschlag mit eigenem He• Prüfen, ob Gewerbesteuerfreibesatzrecht auf die Körperbetrag bei Kleinunternehmern schaftsteuer und auf die zuvor anzuheben ist abgesenkte Einkommensteu• Kommunen “spürbar” von den er und einen höheren Anteil an Sozialausgaben entlasten der Umsatzsteuer ersetzen • Bund soll Kosten der Unter• Jeder haftet für eigene Schulkunft und Heizung schrittweise den: Insolvenzordnung für übernehmen Gebietskörperschaften
• Einführung eines neuen • Gemeindewirtschaftssteuer Straftatbestands der Hausstatt Gewerbesteuer; Einbezug haltsuntreue von Pachten etc. • Altschuldenfonds unter Beteiligung von Bund und Ländern • Wirtschaftliche Betätigung von Kommunen fördern • “Zwangsverwaltung” kommunaler Haushalte abschaffen • Re-Kommunalisierungsfonds und -Agentur
• Grundsätzlicher Anspruch auf • Bildungsgutscheine Kita-Platz • Bessere Bezahlung und Aus• Kita-Ausbau bildung von Kita-Personal • Höchstens drei Kinder unter bzw. zehn ältere Kinder pro Erzieherin
• “Der Staat muss dafür die • Abschaffen der Kita-Gebühelterliche Betreuung genauso ren, Ausbau von Ganztagsbefinanziell unterstützen wie treuung, kostenfreie MahlzeiKitas und Tagesmütter.” ten • Kitaqualitätsgesetz • Mehr Erzieher und Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe
• Frühkindliche Sprachförderung durch Sprach- und Integrationskurse • Förderung von Frauen mit MH • Abschluss verbindlicher Integrationsvereinbarungen • Regelmäßiges IntegrationsMonitoring • Förderung von Sprache und Bildung derjenigen, die mit Bleibeperspektive nach Deutschland kommen
• “Wir werden unsere Städte und Gemeinden bei der Finanzierung der Integrationsarbeit weiterhin unterstützen.” • Vermittlung unserer Werte • Spezielle Hilfseinrichtungen für traumatisierte Flüchtlinge und ihre Kinder • Ausbau verpflichtender, berufsqualifizierender Sprachkurs-, Bildungs-, Ausbildungs- und Arbeitsangebote
• Unterstützung beim Erlernen • Förderung der Sportvereine der deutschen Sprache sowie • Sofortiges Teilnahmerecht der Wohnungs- und Arbeitsfür Flüchtlinge am Unterricht findung (unabhängig vom (unabhängig vom AufenthaltsAufenthaltsstatus) status) • Beschleunigter und entbüro• Einwanderungsrecht und klare kratisierter Familiennachzug Anforderungen für Integration • Schneller Wechsel von Massenunterkünften in Wohnungen • Gesundheitskarte für alle Geflüchteten
• Integrations- und Sprachkurse • “Integration heißt, dass die Muslime sich Deutschland (unabhängig vom Aufenthaltsanpassen.” status) • Schulpflicht für alle Kinder, unabhängig vom Aufenthaltsstatus • Psychotherapeutische Versorgung traumatisierter Flüchtlinge • Einrichtung von Ombudsstellen • Einführung des Sozialtickets • Unterstützung der Sportvereine zwecks Integration
• “Offensive Ländlicher Raum” • Mehr ärztliche Versorgungszentren •“Dezentralisierungsstrategie”: Verlagerung von öfftl. Einrichtungen in die Fläche • Einrichtung einer “Ehrenamtsstiftung” • Weiterentwicklung der Städtebauförderung für den ländlichen Raum • Mehr Mittel für Kommunen im Strukturwandel • Kommission “Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse”
• Reguläre Wirtschaftsförderprogramme für strukturschwache Regionen öffnen • Stadt-Land-Partnerschaften” • Bundesprogramm “Soziale Stadt” • Mehr Natur in der Stadt • Erwerb von Bestandsbauten: Programm “Jung kauft Alt”
• Neustart in der Förderpolitik: • Attraktivität ambulanter neuen Gemeinschaftsaufgabe ärztlicher Versorgung und “Regionale Daseinsvorsorge” die Niederlassung in eigener • Altschuldentilgungsfonds des Praxis mit Übernahme einer Bundes für hoch verschuldete langfristigen, wohnortnahen Städte Verantwortung verbessern • “Niedergelassene Haus- und Fachärzte sind die Basis der flächendeckenden und hochwertigen ambulanten ärztlichen Versorgung in unserem Land.”
• Bundesweites “Konjunktur• Kommunen unterstützen, programm Infrastruktur” eigene Gesundheitseinrichauflegen. Dadurch Sanierung tungen zu betreiben und Ausbau von Schienen, • Kompetenzen, VersorgungsStraßen, öfftl. Gebäuden etc. zentren zu planen ermöglichen • Strukturschwache Räume • Sicherstellen, dass ländliche durch ein StadtumbauproRegionen medizinisch gut gramm des Bundes unterstütversorgt sind zen, in dem die Programme aus Ost und West zusammengeführt werden • Rückbau von Wohnungen und die Aufwertung von Wohnraum zusammendenken
Bürger sammeln Geld
Scheitern leicht gemacht
Kommunales Kino in Dietzenbach wiedereröffnet
Drei einfache Regeln, wie Bürgerbeteiligung schiefgeht
(BS/ein) Mit Crowdfunding und Fördergeldern des Landes ist es gelungen: Ein kommunales Kino in der Stadt Dietzenbach im Landkreis Offenbach kann ab Herbst seinen Betrieb im Bürgerhaus wieder aufnehmen. Nach vier Jahren Pause soll es dann 2018 auch wieder Open-AirAufführungen geben.
(BS/Monika B. Arzberger*) Bürgerbeteiligung wird irgendwann für jede öffentliche Organisation zu einem Thema. Die Anlässe und Formate sind so vielfältig wie die Literatur, die von gelingenden Verfahren berichtet. Weniger beliebt ist es, über Fehltritte bei partizipativen Vorhaben zu sprechen und zu thematisieren, was das Gelingen eines Beteiligungsprozess’ garantiert erschwert. Im Wesentlichen sind es drei Aspekte, die zum Scheitern beitragen.
Die jahrzehntelange Tradition eines Kinos in der Kreisstadt soll nach dreijähriger Pause samt neuer digitaler Technik wiederbelebt werden. Aus der Aktion “Wir retten unser Kino” wurde nun “Wir haben unser Kino gerettet”. Dafür gab es vor allem die Fördergelder des Landes Hessen aus dem Kommunalen Investitionsprogramm (KIP 47.000 Euro )gaben den Ausschlag.
Spenden, Crowdfunduing und Fördergeld Das KIP-Volumen beträgt insgesamt eine Milliarde Euro, wird vom Land, vom Bund und zum Teil von den Kommunen bereitgestellt, günstig finanziert und steht hessischen Landkreisen, Städten und Gemeinden zur Verfügung. An einer Crowdfunding-Aktion beteiligten sich zudem rund 130 Spender, das brachte weitere 7.000 Euro. Darüber hinaus gingen zusätzliche Gelder ein, sodass insgesamt fast 11.000 Euro aus der Stadt selbst zusammen kamen. Um den Erhalt des Kinobetriebs künftig zu sichern, will die Schutzschirm-
Kommune die notwendigen Mittel aus dem Haushalt nicht zur Verfügung stellen. Eine Komplettfinanzierung der Neuanschaffung wäre aber nicht möglich gewesen, da es sich um eine freiwillige Ausgabe handelt, teilte die Stadt mit.
Alte Technik nicht mehr zu nutzen Der eigentliche Grund für die Schließung des Kinos lag darin, dass kaum mehr geeignete Filmkopien im klassischen 35mmFormat zu bekommen sind. Mit den eingeworbenen Mitteln wurde nun ein neuer Projektor angeschafft. Damit können nicht nur Filmvorführungen im Bürgerhaus abgespielt werden. Die Technik ermöglicht ebenso Open-Air-Vorführungen. Während es im Bürgerhaus bereits in wenigen Wochen wieder losgeht, startet die nächste Outdoor-Kino-Saison erst ab 2018. Zuvor muss das Kinogelände im Waldschwimmbad der 34.000 Einwohner zählenden Kreisstadt weiterhin saniert werden. Bei Wiedereröffnung ist es das einzige klassisch kommunale Kino im Landkreis Offenbach.
Sie wollen ein wichtiges Projekt durchführen und alles tun, damit das Projekt reibungslos umgesetzt wird. Also laden Sie die Bürgerinnen und Bürger zu Beteiligungsveranstaltungen ein. Aber irgendetwas geht schief: Teilnehmende sprechen von “Alibi-Beteiligung” oder “Verkaufsveranstaltung”.
“Beteiligung ist schick” Die Enttäuschung ist groß, weil die Menschen eingeladen wurden, um mitzureden und mitzugestalten, am Ende jedoch kaum Einfluss auf die Entscheidung nehmen konnten. Wenn Vorträge und Expertenrunden im Vordergrund stehen, kein echter Dialog stattfindet und Bürger lediglich die Möglichkeit besitzen, auf vorformulierte Fragestellungen zu reagieren, dann entsteht bei den Beteiligten das Gefühl, dass das Ergebnis bereits feststand. Wer zu einem partizipativen Verfahren eingeladen wird, will nicht nur Zuhörer sein, sondern seine Anliegen, Sorgen und Haltungen gegenüber Entscheidern äußern. Gleicht die Bürgerbeteiligung aber einer Werbeveranstaltung, dann fehlt der Dialog auf Augenhöhe und
© Ruth Rindlisbacher – www.aufzeichnen.at
die notwendige Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Positionen. Im besten Fall wird Beteiligung noch als Legitimationswerkzeug wahrgenommen, um politische Vorgaben einzuhalten.
“Da haben wir schon jemanden, der das kann” Stellen Sie sich vor, der Motor Ihres Fahrzeugs ist kaputt. Ihre Nachbarin arbeitet in einem Autohaus – im Verkauf. Man könnte sagen, sie versteht etwas von Autos. Aber würden Sie sich von ihr Ihren Pkw reparieren lassen? Vermutlich nicht. Vielmehr würden Sie großen Wert darauf legen, dass eine Fachkraft sich um den Motor kümmert. Beteiligungsverfahren sind komplexe soziale Prozesse; wie in einem Motor passiert vieles im Ver-
borgen. Um Störungen zu vermeiden, braucht es Wissen und Erfahrung und vor allem “Allparteilichkeit”, d. h. die Unabhängigkeit der moderierenden Personen, die dafür sorgt, dass Experten ihre Facheinschätzung darlegen können. Damit Planer ihre Konzeptionen vertreten können oder Juristen die Rechtslage erläutern können, dürfen sie nicht gleichzeitig eine Moderationsrolle innehaben. Sollen Argumente ausgesprochen und gemeinsam abgewogen werden, muss ein unabhängiger Profi für den Dialog sorgen.
“Wir müssen unser Projekt retten!” In der Kommune steigt der Widerstand der Bevölkerung gegen ein Vorhaben. Es ist meist schon viel Geld in die Planung
geflossen, bindende Entscheidungen wurden getroffen, vielleicht steht beim Scheitern politisches Ansehen auf dem Spiel. Die zuvor nicht für notwendig erachtete Bürgerbeteiligung soll jetzt das Verfahren retten und für Akzeptanz sorgen. Leider ist dann meist eine Projektphase erreicht, in der der Raum für Alternativen nur noch gering ist und Veränderungen schwierig und teuer werden. Die Bürger erwarten aber, dass noch Wesentliches verändert werden kann. Werden in diesem Stadium die Spielräume eines Beteiligungsverfahrens nicht sorgsam kommuniziert, so ist der Frust und der Vertrauensverlust in der Bevölkerung enorm. Unsere Arbeit zeigt, dass immer die gleichen drei Aspekte für Frust bei Beteiligungsverfahren sorgen. Das kann verhindert werden, wenn Partizipation zu einem festen Teil von öffentlichen Projekten wird – von Anfang an! *Monika B. Arzberger ist Geschäftsführerin der koiné GmbH, Agentur für Bürgerdialog und Konfliktklärung. koiné GmbH – www.koine.de
Personelles
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Behörden Spiegel / September 2017
Städte, Gemeinden und Landkreise
Stellenmarkt MELDUNGEN
Neuer OB in Giengen an der Brenz (BS/ein) Es bedurfte zweier Wahlgänge, bis sich Dieter Henle als Oberbürgermeisterkandidat in Giengen an der Brenz (Landkreis Heidenheim) durchsetzen konnte. Im ersten Wahlgang Mitte Juli hatte der 42-jährige Sozialdemokrat unter neun Kandidaten immerhin fast 49 Prozent der Stimmen erhalten. Mit nur knapp 20 Prozent kam der Verwaltungswissenschaftler Rouven Klook auf den abgeschlagenen zweiten Platz. Trotzdem gab es eine Neuwahl
(in Baden-Württemberg gibt es keine Stichwahl, sondern eine “Neuwahl”, zu der alle Kandidaten erneut antreten können), dort kam der Sozialdezernent beim Landratsamt Heidenheim dann auf 59,2 Prozent bei einer Wahlbeteiligung von 43,4 Prozent. Auch hier musste er sich noch gegen drei andere Bewerber durchsetzen. Henle versteht sich als Teamplayer, der 13 Jahre Erfahrung aus der Kommunalpolitik mitbringt, bislang ein Ausgabevolumen von rund 107 Mio. Euro verantwortete und einen effektiven Umgang mit Finan-
Oktober sein neues Amt antreten. Das bisherige parteilose Stadtoberhaupt Gerrit Elser war nach acht Jahren Amtszeit in der 20.000 Einwohner zählenden Stadt an der Grenze zu Bayern nicht erneut angetreten.
Neues Stadtoberhaupt in Giengen an der Brenz: Dieter Henle Foto: BS/Landkreis Heidenheim
zen herausstellt. Der DiplomBetriebswirt und Diplom-Verwaltungswirt (FH) wird Mitte
Rosenberger bleibt Stadtoberhaupt in Horb am Neckar (BS/ein) Mit 71 Prozent konnte sich der bisherige CDU-Politiker und Amtsinhaber Peter Rosen-
berger bei den OB-Wahlen in Horb am Neckar durchsetzen. Die weiteren Kandidaten in der 24.500 Einwohner zählenden Stadt waren Thomas Bauer und Hermann Walz, die 22 bzw. 6,7 Prozent der Stimmen erlangten. Die Wahlbeteiligung lag bei 37,9 Prozent. Bei seiner ersten Wahl 2009 gewann der 45-Jährige Diplomverwaltungswirt als einziger Bewerber noch mit 98,4 Prozent. Im Jahr 2015 kandidierte Rosenberger dann auch bei der Oberbürgermeisterwahl in seiner Heimatstadt Mannheim, unterlag aber dem rot-grün gestützten Amtsinhaber Peter Kurz
Peter Rosenberger bleibt OB in Horb am Neckar. Foto: BS/Stadt Horb am Neckar
mit 33,8 Prozent der Stimmen im ersten bzw. 44,9 Prozent im zweiten Wahlgang.
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Personelles
Behรถrden Spiegel / September 2017
Kommunaler Haushalt / Personelles
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Kommunalfinanzen regional unterschiedlich
Nachzahlungszinsen bleiben hoch
Schwachen Kommunen gelingt keine Trendwende
Finanzgericht weist Klage ab
(BS/Friederike-Sophie Niemann*) Alle zwei Jahre analysiert der Kommunale Finanzreport der Bertelsmann Stiftung die jeweils aktuellsten amtlichen Finanzstatistiken und untersucht die Finanzentwicklung aller 398 kreisfreien Städte und statistischen Gesamtkreise. Am 9. August 2017 wurde die jüngste Ausgabe veröffentlicht. Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
(BS/lkm) Das Finanzgericht Münster hat Mitte August eine Musterklage gegen die sechs-Prozent-Zinsregelung bei Steuerforderungen abgewiesen, aber Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Der hohe Zinssatz für verspätete Steuerzahlungen ist damit auch in einer Niedrigzinsphase rechtens. Der Städte- und Gemeindebund begrüßt die Entscheidung; allerdings führe sie für die kommunalen Haushalte mitunter zu großen Belastungen.
Bundesweit konnten die Städte, Gemeinden und Kreise 2016 einen Haushaltsüberschuss von 4,5 Milliarden Euro erwirtschaften. Das waren der beste Abschluss seit 2008 und das fünfte positive Jahr in Folge. Ursache dessen war vor allem die gute Konjunktur. Hinter dem positiven Bundesaggregat verbirgt sich allerdings ein wachsendes regionales Gefälle. Denn selbst im konjunkturell so guten Jahr 2016 schlossen die Kommunen in drei Ländern (Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und dem Saarland) mit einem Defizit ab. Die kommunalen Steuereinnahmen stiegen im ZehnJahres-Vergleich (2005 versus 2015) insgesamt um 56 Prozent. Alle Kommunen profitierten davon, jedoch unterschiedlich stark. In der Folge wuchsen die Differenzen der Steuerkraft zwischen den Kommunen. Bis auf wenige Ausnahmen – meist vergleichsweise steuerstarke Landkreise im Umkreis von Berlin – ist der Osten Deutschlands nach wie vor flächendeckend steuerschwach. Demgegenüber liegen die Steuereinnahmen in Süddeutschland teils immer deutlicher über dem Bundesdurchschnitt: Die Differenz zwischen der durchschnittlichen Steuereinnahmekraft bayerischer Kommunen und dem Flächenländerdurchschnitt wuchs von 16 Prozent 2005 auf 24 Prozent im Jahr 2015. Ein Vergleich der Extreme macht das Ausmaß der Unterschiede besonders sichtbar: Der steuerstärkste
Landkreis München (3.712 Euro je Einwohner) erzielte 2015 pro Einwohner sieben Mal mehr Steuereinnahmen als der Kreis Mansfeld-Südharz in SachsenAnhalt (510 Euro je Einwohner). Zwischen 2005 und 2015 verdoppelte sich diese Spanne fast.
Kaum Abbau aus eigener Kraft Doch nicht nur die kommunalen Steuereinnahmen, auch die Kassenkredite sind in den vergangenen zehn Jahren merklich gestiegen. Sie gelten als Krisenindikator der Kommunalfinanzen und sollten eigentlich nur zur kurzfristigen Überbrückung von Zahlungsengpässen dienen. In einigen Kommunen wachsen die Bestände jedoch seit Jahren kontinuierlich an. Zwischen 2005 und 2015 hat sich ihr Volumen insgesamt mehr als verdoppelt – von knapp 24 Milliarden Euro auf fast 50 Milliarden Euro. Kassenkredite sind allerdings nicht bundesweit verbreitet. Rund die Hälfte der Kommunen hat (so gut wie) gar keine Kassenkredite. Dagegen liegen die 17 höchstverschuldeten Kommunen in nur zwei Bundesländern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Während der Bundesdurchschnitt 2015 bei etwa 660 Euro je Einwohner lag, wurden an der Spitze in Pirmasens (Rheinland-Pfalz) sogar Kassenkredite in Höhe von fast 8.000 Euro pro Einwohner erreicht. Selbst im Zehn-Jahres-Vergleich bleiben schwache Kom-
munen überwiegend schwach und entkoppeln sich immer mehr vom bundesweiten Durchschnitt. Mit hohen Kassenkrediten gehen auch hohe Zinsrisiken einher. In einigen Bundesländern, insbesondere Hessen und Niedersachsen, konnten Kommunen ihre Bestände zwar jüngst aufgrund von Landeshilfen deutlich zurückführen. Kaum eine hochverschuldete Kommune schaffte jedoch einen Abbau aus eigener Kraft. Schwachen Kommunen gelingt also selbst im aktuell positiven wirtschaftlichen Umfeld keine tiefgreifende Trendwende. Dabei zeigt sich: Wer wenig Geld hat, investiert auch wenig. In der Folge nehmen Unterschiede in der Infrastruktur und Standortqualität zu. Gleichzeitig wächst der Ausgabeposten der sozialen Leistungen weiterhin stark. Bereits kleine Eintrübungen der Konjunktur werden folglich viele Kommunen hart treffen. Länder und Kommunen müssen daher ihre gemeinsamen Anstrengungen hochhalten: konsequente Umsetzung von Entschuldungsbzw. Stabilisierungsprogrammen, effektive Kommunalaufsicht, vollständige Weiterleitung der Bundesmittel und Zurückhaltung bei der Übertragung neuer Aufgaben. *Friederike-Sophie Niemann arbeitet als Projektmanagerin im Kommunalprogramm der Bertelsmann Stiftung und ist Mitautorin des Kommunalen Finanzreports 2017.
In dem Musterverfahren, das ein Ehepaar aus dem nordrhein-westfälischen Witten mit Unterstützung des Bundes der Steuerzahler (BdSt) geführt hat, sollte geprüft werden, ob der seit mehr als 50 Jahren geltende Zinssatz von sechs Prozent pro Jahr für Steuererstattungen und Steuernachzahlungen noch gerechtfertigt ist. Anlass für das Klageverfahren waren die deutlich gesunkenen – zum Teil negativen – Marktzinsen. Das Finanzgericht wies in seiner Begründung darauf hin, dass der Zinssatz aufgrund der Vereinfachung für die Steuerverwaltung auch in Hochzinsphasen nie verändert worden sei. Die Kläger forderten, dass der Zinssatz zwischen den Sollund Habenzinsen liegen solle und sich “um die drei Prozent, keinesfalls aber über vier Prozent pro Jahr bewegen” dürfte. In der lange anhaltenden Niedrigzinsphase wird die sechsProzent-Zinsregelung immer häufiger kritisiert. Der Deutsche Städte-und Gemeindebund (DStGB) befürwortet aber das Festhalten an der Zinsregelung: “Die sechs-Prozent-Zinsregelung hat sich über Jahrzehnte in der Steuerverwaltung praktisch bewährt und zudem einen Beitrag geleistet, dass Steuern zügig abgeführt werden”, sagte Dr. Gerd Landsberg, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des DStGB. Hessens Finanzminister Thomas Schäfer schlug vergangenes Jahr in einem Brief an Bundes-
Wertvoller Baustein für das kommunale Finanzcontrolling Chancen- und Risikomanagement (BS/Florian Rechtien*) Ein plötzlicher Anstieg der Fallzahlen in der Jugend- oder Sozialhilfe? Das unerwartete Einbrechen einer wesentlichen Einnahmequelle? Erhöhte Winterdienst- und Straßensanierungsaufwendungen infolge eines strengen Winters? Der Eintritt eines solchen Ereignisses stellt eine erhebliche Gefahr für die Haushaltslage einer jeden Kommune dar. Denn der nach den Regeln des kommunalen Haushaltsrechts aufgestellte Haushalt enthält lediglich die Aufwendungen und Erträge, die – nach vorsichtiger Einschätzung – für das Jahr auch zu erwarten sind. Ein unterjähriges Controlling und Berichtswesen dazu agiert in der kommunalen Praxis ähnlich – unerwartete Ereignisse spielen hier keine Rolle. Treten sie dennoch ein, gestaltet sich ein Gegensteuern schwierig – falls es nicht bereits zu spät ist. Genau an dieser Stelle setzte der Landkreis Osnabrück im Jahr 2015 an – mit der Erweiterung seines Finanzcontrollings um ein ganzheitliches Chancen- und Risikomanagement. In der Privatwirtschaft und im Bankensektor ist dies durchaus verbreitet – in der kommunalen Welt betrat der Landkreis damit weitestgehend Neuland. Seither identifiziert und bewertet er regelmäßig seine finanziellen Chancen und Risiken. Bei einem Haushaltsvolumen von rund 560 Mio. Euro geschieht dies durch das dezentrale Controlling in den einzelnen Organisationseinheiten. Bewertungsgrößen sind hier das mögliche finanzielle Volumen sowie die Eintrittswahrscheinlichkeit. Um einheitliche und vergleichbare Maßstäbe und Bewertungskriterien zu gewährleisten, wurden die entsprechenden Regelungen dazu in einem verwaltungsweiten Projekt erarbeitet und im RisikomanagementHandbuch zusammengefasst. Dabei wurde insbesondere auch auf die Kenntnisse und Erfahrungen der Controller aufgebaut, die bisher eigene Herangehensweisen für den Umgang mit Chancen und Risiken in ihren Organisationseinheiten hatten. Die Zusammenfassung und
Auswertung der in den Organisationseinheiten erfassten rund 120 Chancen und Risiken geschieht softwareunterstützt durch das zentrale Controlling, ebenso werden hier Handlungsempfehlungen abgeleitet. Auf Basis der nun vorliegenden Informationen ist eine effektive Steuerung auf zwei Ebenen möglich: Zum einen werden die einzelnen Chancen und Risiken in den jeweiligen Organisationseinheiten in den Blick genommen, notwendige Gegensteuerungsmaßnahmen sowie Maßnahmen zur Realisierung von Chancen werden hier initiiert. Zum anderen ist für die Gesamtperspektive ein Transparenz- und Erkenntnisgewinn eingetreten: Nun ist eine Aussage dazu möglich, ob das in Haushaltsplan und Prognosen erwartete Ergebnis eher durch weitere Risiken bedroht ist – oder eine Verbesserung infolge möglicher Chancen in Betracht kommt. Politik und Verwaltung werden so in die Lage versetzt, Entscheidungen auf noch fundierterer Basis zu treffen. DasChancen-undRisikomanagement ist mittlerweile vollständig in den Controlling-Kreislauf integriert. Die Auswertung für Verwaltungsführung und Politik erfolgt zu den Zeitpunkten, an denen die Steuerungsmöglichkeiten am größten sind: Zur politischen Beratung des Haushaltsplans sowie zu den Controlling-Quartalsberichten Der Landkreis hat die Vorteile und den Nutzen eines ganzheitlichen Chancen- und Risiko-
managementsystems schätzen gelernt: Durch frühzeitigere Erkenntnisse kann eher auf mögliche Veränderungen reagiert werden und Entscheidungen können auf dieser erweiterten Kenntnislage getroffen werden.
Die Widerstandsfähigkeit des Haushalts gegen negative Einflüsse wurde somit erhöht. *Florian Rechtien ist Zentraler Controller beim Landkreis Osnabrück.
finanzminister Wolfgang Schäuble und die Finanzminister der Länder u. a. vor, zukünftig unterschiedliche Zinssätze für Nachzahlungen und Erstattungen zu erheben und diese künftig an den Marktzins zu koppeln. Er begründete diesen Schritt damit, dass man den Fiskus mit einer Bank vergleichen könne: Bekommt der Bürger Geld vom Staat erstattet, legt er sein Geld also fiktiv beim Staat an, sollte sich der Zinssatz am Niveau von Einlagezinsen orientieren. Derzeit tendieren diese gegen Null. Schuldet der Bürger dem Finanzamt aber Geld, das er zurückzahlen muss, dann sollten sich seine Nachzahlungszinsen an Zinsen für Kredite orientieren. Bei Bund und Ländern sah man jedoch keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit, den Zins zu ändern. Schäfers Vorschlag verlief sich damit im Sand.
Hohe Belastungen durch Gewerbesteuerrückzahlungen Unterm Strich ist die öffentliche Hand scheinbar auch Gewinner dieser Zinsregelung. So hat eine Anfrage der Grünen beim Bundesfinanzministerium im April dieses Jahres ergeben, dass der Saldo aus Nachzahlungs- und Erstattungszinsen in den vergangenen Jahren stets positiv war. 2013 nahmen Bund, Länder und Gemeinden knapp 1,3 Milliarden Euro ein. 2016 waren es mit 670 Millionen Euro deutlich weniger Einnahmen, aber dennoch eine hohe positive Summe. Doch der erste Blick trügt. In den Daten des Bundesfinanzministeriums sind nicht die Zinsen für die Gewerbesteuer enthalten. Und die kommen viele Gemeinden teuer zu stehen. “Kommunen können von der sechs-Prozent-Zinsregelung fi-
nanziell hart getroffen werden”, warnt daher auch der Städteund Gemeindebund. Wenn vor allem Gewerbesteuerzahlungen beklagt werden und dies zu einer Rückzahlungspflicht der Gemeinden an das Unternehmen führt, könne es rasch zu millionenschweren Verlusten im kommunalen Haushalt kommen. “Wir haben immer wieder den Eindruck, dass Unternehmen geradezu versuchen, hohe Steuerzahlungen an die Gemeinden vorzunehmen, um diese nach Einspruchs- und Klageverfahren mit sechs Prozent Zinsen wieder erstattet zu bekommen”, so Landsberg. Vor allem die Vollverzinsung über den gesamten Zeitraum eines Rechtsverfahrens, das sich über viele Jahre hinziehen kann, führe zu immensen Belastungen für die kommunalen Haushalte. Die gerade in dieser Niedrigzinsphase die Steuermittel auch nicht ertragreich anlegen könnten. “Im Gegenteil, bei kommunalen Anlagen droht sogar ein negativer Strafzins”, so der DStGB. Auch der Bund musste jüngst mit dem Gerichtsurteil zur Brennelementesteuer eine hohe Zinszahlung an die Energieversorger leisten. Für den Zeitraum von 2011 bis 2016 müssen rund 6,3 Milliarden Euro zurückgezahlt werden, zusätzlich der üppigen Erstattungszinsen. Sollte der Gesetzgeber das Thema angehen, müsste dieses Problem dringend gelöst werden, fordert der Kommunalverband. Zudem sollten die Landesfinanzverwaltungen verpflichtet werden, die Gemeinden über steuerliche Einspruchsverfahren mit einer größeren Summe unter Wahrung des Steuergeheimnisses zu informieren, damit sich die betroffenen Gemeinden auf etwaige Rückzahlungspflichten einstellen können.
“Entlastung vom Unbequemen”
Die vier Säulen der Entlastung von Rechtsanwalt Bernd Krziscik
Auch ein Inkassounternehmen als Berater einzusetzen, erscheint angesichts der kontinuierlich steigenden Arbeitsbelastung der öffentlichen Verwaltung als ein probates Mittel zur Entlastung. Dabei kann man sich von verschiedenen Arten der Last befreien. Von was kann sich die öffentliche Verwaltung entlasten? Entlastung von Ungeliebtem: Wenig Pflichtbewusst, kein Verantwortungsbewusstsein und überhaupt nicht zuverlässig – so in etwa könnten die Vorurteile hinsichtlich der möglichen Eigenschaften eines typischen Schuldners lauten. Auch wenn natürlich nicht alle Schuldner diese Vorurteile bestätigen, so stehen die genannten Eigenschaften eindeutig
Bernd Krziscik (49) ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer der KOHL GmbH & Co. KG, www. kohlkg.de . Foto: BS/KOHL GmbH & Co. KG
im Gegensatz zum Charakter eines guten Verwaltungsmitarbeiters. Daher überrascht es nicht, dass ein allein ergebnisorientiertes empathisches Eingehen auf die “Bedürfnisse” des Schuldners eine überdurchschnittliche Herausforderung darstellt. In der Kommunikation mit solchen Adressaten kann ein Inkassounternehmen die öffentliche Verwaltung unterstützen.
Auf weitere Handlungsprämissen weisen wir in den Folgeausgaben des Behörden Spiegel hin.
Stadtwerke / Kommunalwirtschaft
Seite 26
Behörden Spiegel / September 2017
Kaum vorhanden, aber notwendig
“Wärme to go”
Risikomanagement im Öffentlichen Dienst
Nitrit-Pökelsalz als Zwischenspeicher
(BS/Dr. Björn Weiße) In einer aktuellen Umfrage der Beratung Weisse & Kollegen zum Entwicklungsstand des Risikomanagements im öffentlichen Sektor in Deutschland antworteten 98 Prozent aller befragten Kommunen und Landratsämter, dass sie ein Risikomanagement wenigstens im Bereich der Finanzen als unerlässlich ansehen. Gleichzeitig gaben aber fast zwei Drittel der Befragten an, derzeit noch kein Risikomanagement eingeführt zu haben.
(BS/ein) “Methangas entsteht bei der biologischen Behandlung des Restabfalls und wird schon jetzt klimafreundlich in einem Blockheizkraftwerk zu Strom umgewandelt”, erläuterte Thomas Schwarz, Verbandsgeschäftsführer des Zweckverbands Abfallwirtschaft Region Hannover (aha). “Nun verpufft auch die Wärme nicht länger. Sie wird im Rahmen des Modellprojekts in Container eingebracht, die mit dem Wärmespeichermedium Natriumacetat gefüllt sind.”
Dies offenbart zweierlei: Das Risikobewusstsein und die Bereitschaft, Risiken im Rahmen der kommunalen Entscheidungsfindung mitzuberücksichtigen, wachsen. Noch vor wenigen Jahren wurde der Sinn eines Risikomanagements im öffentlichen Sektor oftmals noch grundsätzlich infrage gestellt. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass sich viele Kommunen mit der Einführung eines Risikomanagements überfordert fühlen. Es fehlt an personellen und finanziellen Ressourcen, an Fachwissen und nicht selten an einer Unterstützung durch die Verwaltungsspitze. Wie wichtig aber ein systematisches Erfassen und Bewerten der Risiken im öffentlichen Sektor ist, führen immer wieder Beispiele der Berichterstattung durch die Medien deutlich vor Augen. In Pforzheim müssen sich die ehemalige Oberbürgermeisterin und die Kämmerin für riskante Finanzgeschäfte verantworten, der Verlust von Dokumenten im Bürgerbüro der Stadt Dortmund forderte personelle Konsequenzen bis in die höchsten Führungsebenen und Osnabrück kämpft mit einem besonders drastischen Fall von Unterschlagung, der zu einer filmreifen Festnahme eines Beamten am Arbeitsplatz führte. Dies sind keine Einzelfälle: 68 Prozent der Kommunen in Deutschland kennen Fälle strafbaren Handelns aus dem eigenen Arbeitsumfeld bzw. der eigenen Kommune und über 75
gen” im Bereich der Urkundenkriminalität, insbesondere der Identitätsfälschungen, und vor HackeranDr. Björn Weiße ist Inhaber griffen auf Zulasdes Beratungsunternehsungsbehörden. mens Weisse & Kollegen Aufgrund der GmbH. Foto: BS/Archiv fundamentalen Verantwortung der Kommunen Prozent der Infrastrukturpro- für Menschen, Umwelt und jekte werden deutlich teurer Wirtschaft müssen diese in die als ursprünglich geplant oder Lage versetzt werden, alle beschlagen komplett fehl. Letzte- deutenden Risiken rechtzeitig res ist das Ergebnis einer wis- erkennen und zutreffend bewersenschaftlichen Studie der Uni- ten zu können. Nur so können versitäten Oxford und Harvard Entscheidungsträger aus Politik aus dem Jahr 2015, in der über und Verwaltung risikorelevante 2.000 Großprojekte aus 104 Entscheidungen richtig treffen und Lücken in der SicherheitsLändern untersucht wurden. Hinzu kommen neue Gefahren: architektur rechtzeitig erkenso warnt die Abteilung schwere nen und schließen. Dies erfordert eine rechtliche und organisierte Kriminalität der Bundespolizei vor den “be- Verpflichtung für die Einfühsorgniserregenden Entwicklun- rung eines Risikomanagements in allen wesentlichen Bereichen des öffentlichen Sektors. Zwar gibt es eine solche Verpflichtung mittlerweile für kritische Ob Haftungsrisiken bei GroßInfrastrukturen wie Energieveranstaltungen, Investitionsversorger und Krankenhäuser. stau oder die demografische Im sonstigen kommunalen BeEntwicklung – ein effizientes reich existiert sie aber nicht. Risikomanagement im öffentDort sind Risiken zwar in den lichen Sektor ist das Thema Rechenschaftsberichten auseines zweitägigen Kongresses zuweisen – eine Verpflichtung des Behörden Spiegel am 11. zur Einführung eines systematiund 12. Oktober 2017 in Bonn. schen Risikomanagements fehlt dagegen noch immer. Wie die Anmeldung und Programm Ausweisung der Risiken ohne unter: www.behoerdliches dieses Risikomanagement gelinrisikomanagement.de gen soll, bleibt dabei unklar.
Save the Date
Diese Wärme, die auf einer Deponie in Hannover-Lahe entsteht, soll nun das sechs Kilometer entfernte Schulzentrum Isernhagen mit Energie versorgen. Dort wird sie in die Heizung der Schule eingespeist. Der Wärme-Container ist mit einem sogenannten Latentwärmespeicher gefüllt, der sich aus dem umweltverträglichen Phasenwechselmedium Natriumacetat (bekannt als Nitrit-Pökelsalz) zusammensetzt. Dessen Funktion ist auch aus Taschenwärmern bekannt ist. Für die modellhafte Anwendung dieses mobilen Wärmetransports stellt das Bundesumweltministerium für die Projektlaufzeit bis Anfang 2020 insgesamt 1,4 Millionen Euro zur Verfügung. Der Gesamtauf-
wand beläuft sich auf rund 1,7 Mio. Euro. Mit den vorgesehenen zehn Wärmecontainern und der Elektro-Zugmaschine könn-
“Wärme to go”: per Lkw von der Deponie zur Heizung einer Schule Foto: BS/Zweckverband Abfallwirtschaft Region Hannover
ten bis 2020 Treibhausgasemissionen von bis zu 8.000 Tonnen vermieden werden. “Dank der ergänzenden Förderung der Heizungsoptimierung über die Leuchtturmrichtlinie der Region konnten die ersten beiden kommunalen Brennstoffzellen im Schulzentrum installiert werden”, erklärt Arpad Bogya, Bürgermeister der Gemeinde Isernhagen und unterstreicht die langjährigen Erfahrungen seiner Kommune beim Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung. Dreizehn Blockheizkraftwerke (BHKW) versorgen schon das Rathaus, fünf Schulen, vier Sporthallen und das Hallenbad. Hinzu kämen zwei Baugebiete, die durch die Gemeindewerke Isernhagen mit BHKW-Wärme versorgt werden.
MELDUNG
Aus fünf mach eins: WestfalenTarif ersetzt Nahverkehrstarife (BS/ein) Im westfälischen Nahverkehr gelten seit 1. August nicht mehr der MünsterlandTarif, Ruhr-Lippe-Tarif, Hochstift- und VGWS-Tarif sowie “Der Sechser”, sondern es gilt schlicht der WestfalenTarif. Der neue Gemeinschaftstarif für Westfalen-Lippe vereinheitlicht die Tarifbestimmungen in Westfalen-Lippe und soll die Nahverkehrsangebote in der Region weiter zusammenwachsen lassen. Der WestfalenTarif gelte für über sieben Millionen
Menschen, ein Verkehrsgebiet von rund 19.400 Quadratkilometern Fläche und sei damit der zweitgrößte Gemeinschaftstarif in Deutschland, teilte der Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) mit. Der Tarif schafft ein gemeinsames Angebot in 16 Kreisen und drei kreisfreien Städten. An der Umsetzung sind mehr als 60 Verkehrsunternehmen, 27 Aufgabenträger des öffentlichen Straßenpersonenverkehrs und der NWL als Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs
beteiligt. Nun ist es möglich, mit einem Ticket durch die gesamte Region zu fahren. Die Neuerungen sollen sich auch positiv auf die Kundenfreundlichkeit auswirken, heißt es. Einheitliche Tickets und Tarifbestimmungen, eine größere Anzahl an Vertriebswegen sowie transparente Preise, die abhängig von der Entfernung zwischen Start und Ziel sind, verbesserten die Attraktivität des Systems und vergünstigten im Zweifel längere Fahrten.
Kommunalwirtschaft / Abfallwirtschaft
Behörden Spiegel / September 2017
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Acht-MW-Batteriespeicher
Getrennt zusammen
Kommunale Versorgung bei Stromausfällen und Engpässen
Stadt Bern testet “Farbsack-Abfallsystem”
(BS/ein) Für den Bau eines Batteriespeichers zur kommunalen Stromversorgung aus Erneuerbaren Energien (BS/ein) Papier, Kunststoffe und Glas – künftig sollen die Bürger der Stadt Bern ihren Abfall in verschiedenhaben die Versorgungsbetriebe Bordesholm (VBB) in Schleswig-Holstein einen Förderbescheid von 1,68 farbigen Säcken sammeln und diese in einem einzigen Container entsorgen können. Bislang basierte das Millionen Euro erhalten. Die Anlage soll bei Schwankungen und beim Ausfall des übergeordneten Netzes Recycling maßgeblich auf einem Mülltüten- und einem Bring-System. einspringen.
Teil wird als Regelenergie vermarktet “Diesen Teil des Speichers finanzieren wir komplett selbst und rechnen dadurch ab 2018 mit einer Umsatzsteigerung von knapp zehn Prozent auf etwa 17 Millionen Euro”, sagte VBBGeschäftsführer Frank Günther. Die Versorgungsbetriebe rechnen durch das Entwicklungsprojekt bis zum Jahr 2023 mit drei neuen Arbeitsplätzen. Der förderrelevante Teil des Batteriespeichers soll Teil eines lokalen Inselnetzes werden. Bei Störungen bei der Regelung der Stromversorgung über das Hauptnetz oder kompletten Ausfällen kann dieser Speicherteil mit 3,5 MW und vier MWh ein regional begrenztes Gebiet weiter mit Energie versorgen – ohne Spannungsunterbrechung. Zur Echtzeit-Kommunikation zwischen sämtlichen technischen
sei eine flächendeckende Containerpflicht aber aus denkmalpflegerischen und ästhetischen Gründen nicht möglich. Parallel zum Pilotversuch würden deshalb andere Lösungen evaluiert.
Die bisherigen zwölf städtischen Quartierentsorgungsstellen seien überlastet. Neben Klagen von Anwohner erfordere das bisherige System zudem hohen Reinigungs- und Betriebsaufwand für das kommunale Stadtentsorgungsunternehmen “Entsorgung + Recycling”.
Die hundertprozentige Tochtergesellschaft der Gemeinde Bordesholm plant den Bau eines Batteriespeichers mit einer Leistung von acht Megawatt (MW) und einer Speicherkapazität von zwölf Megawattstunden (MWh). Davon sollen 4,5 MW und acht MWh als Regelenergie wirtschaftlich vermarktet werden, um Schwankungen in den Stromnetzen auszugleichen.
Blick nach Oslo und Nantes
Neue gesellschaftliche Anforderungen
Die Versorgungsbetriebe der schleswig-holsteinischen Gemeinde Bordesholm bauen mit finanzieller Unterstützung des Landes einen Acht-MW-Batteriespeicher zur kommunalen Stromversorgung aus hundert Prozent Erneuerbaren Energien. Im Bild: der Geschäftsführer der Versorgungsbetriebe Bordesholm, Frank Günther (links) und Energiewendeminister Robert Habeck. Foto: BS/ MELUND
Komponenten und den Kunden wird ein leistungsfähiges Glasfasernetz benötigt, das in Bordesholm schon gänzlich vorhanden ist.
Habeck: “Vorbild für andere Kommunen” “Dieses Pilotprojekt ist nicht nur ein Vorbild für andere Kommunen, sondern auch eine wichtige Forschungsplattform für die wissenschaftliche Arbeit an weiteren Lösungen auf der Basis Erneuerbarer Energien”, sagte der schleswig-holsteinische Minister für Energiewende und Digitalisierung, Robert Habeck. Es zeige sehr gut, welche Bedeutung die Digitalisierung
auch für die Energiewende habe. Der Minister rechnet damit, dass durch den Speicher zudem 12.000 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr eingespart werden können. Die Förderung läuft über das Landesprogramm Wirtschaft, das im Zeitraum 2014 bis 2020 drei Fördermittel der Europäischen Union bündelt – die Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), der BundLänder-Gemeinschaftsaufgabe “Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur” (GRW) und die Landesmittel für die wirtschafts- und regionalpolitische Förderung in SchleswigHolstein.
Für die Mitarbeiter bergen die mobilen Sammlungen für Hauskehricht und Papier/Karton, bei denen sie die Abfallsäcke manuell in die Kehrichtwagen versorgen müssen, darüber hinaus hohe Gesundheitsrisiken. “Diese Situation ist für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Länge nicht mehr tolerierbar”, erklärte Gemeinderätin Ursula Wyss, Direktorin für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün. Auch die Bedürfnisse der Bürger hätten sich im Zeitalter der 24-Stunden-Gesellschaft verändert.
Ohne Auto, an jedem Wochentag Die Wertstofftrennung ist laut Wyss stark in der Gesellschaft verankert. Abfall müsse aber gerade in kleineren Haushaltungen ohne Auto an jedem Wochentag und zu jeder Uhrzeit entsorgt werden können. Ziel ist es, das System kundenfreund-
Grüne Dächer, Flächen und Fassaden Hamburg soll umfassende Strategie entwickeln
Mehr Komfort für den Bürger, zusätzlicher Umwelt- und Gesundheitsschutz für die städtischen Mitarbeiter sind das Ziel: Bern pilotiert ein neues Sammelsystem. Foto: BS/Stadt Bern
licher und gleichzeitig ökologischer aufzustellen. Wertstoffe sollen künftig zuhause in unterschiedlichen Säcken getrennt, dann aber zusammen in einem Container gesammelt und abgeholt werden. Der Restmüll könnte entweder weiterhin in einem separaten Gebührensack gesammelt oder ebenfalls zusammen mit im Container entsorgt werden. In der Altstadt
Die Gemeinderätin will bessere Voraussetzungen geschaffen, um auch die Recyclingquote in der eidgenössischen Hauptstadt zu steigern. Schrittweise soll auf die überlasteten Quartierentsorgungsstellen verzichtet werden. “Die Stadt Bern leistet mit der Einführung des Farbsack-Trennsystems schweizweit Pionierarbeit.” Das System sei aber in bereits 16 europäischen Städten, unter anderem in Oslo oder im französischen Nantes, im Einsatz.
Pilotierung mit Freiwilligen Nach dem Willen des Gemeinderats startet der einjährige Pilotversuch ab Mitte 2018. Auf freiwilliger Basis sollen Praxistauglichkeit, Akzeptanz und Wirtschaftlichkeit getestet werden. Weiter soll der Versuch zeigen, wie viele Container bei einer stadtweiten Einführung und wie viele Standplätze auf privatem oder öffentlichem Grund benötigt würden. Erst danach könnte ein entsprechendes Umsetzungskonzept erarbeitet werden.
MELDUNG
Stadtwerke kaufen Handwerksbetrieb
(BS/ein) Die Hamburger Umweltbehörde erarbeitet derzeit im Rahmen ihres “Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus” eine Strategie zur (BS/ein) Die Schleswiger Stadt- schäftsführer der HandwerksWandbegrünung von Gebäuden. werke haben schon zu Jahres- kammer Flensburg, Dirk Belau, “Eines unser kostbarsten städtischen Güter ist das Grün”, sagte Umweltsenator Jens Kerstan. “Es ist ein prägendes Element unserer schönen Stadt und übernimmt gesundheitliche, ästhetische und klimatische Funktionen.” Neben ebenerdigen Grünflächen und begrünten Dachflächen sollen auch bauliche Lösungen für mehr grüne Hauswände untersucht werden. Zusammen mit der 2014 gestarteten Hamburger Gründachstrategie entwickle die Freie und Hansestadt nun
eine umfassende Strategie für Bauwerksbegrünung. Für das Projekt “Bau nie ohne! Urbanes Grün in allen Dimensionen” erhielt die Umweltbehörde vom Bundesumweltministerium 158.000 Euro Fördergeld. Anfang Mai hatte Ministerin Barbara Hendricks das Weißbuch “Stadtgrün” vorgestellt, das in zehn Handlungsfeldern Maßnahmen und Handlungsempfehlungen des Bundes für die Sicherung und Qualifizierung von Grün- und Freiflächen zeigt. Darin enthalten ist auch
das Forschungsprojekt “Green Urban Labs” im Forschungsprogramm “Experimenteller Wohnungs- und Städtebau”, bei dem zwölf Modellkommunen neue Formen für mehr Grün in den Städten erproben.
Selbst in Gebäuden können Grünfassaden für besseres Raumklima sorgen, sind aber aufwendig zu installieren und kostspielig. Foto: BS/Einhaus
beginn von der Öffentlichkeit unbemerkt einen Handwerksbetrieb aus dem Sanitärbereich erworben. Der Kauf des traditionsreichen Handwerksunternehmens Richter sei schon der zweite seiner Art in der Kreisstadt, berichten die Schleswiger Nachrichten. Zuvor habe sich der kommunale Versorger an der Firma Solar Technik Nord (stn), mit der er bei der Energieversorgung im Baugebiet am Berender Redder eng zusammenarbeitet beteiligt. Der stellvertretende Hauptge-
äußerte gegenüber der Zeitung, dass Schleswig zu einem “gefährlichen Präzedenzfall” für das Handwerk in SchleswigHolstein werden könne. Auch die Kreishandwerkerschaft Schleswig sorgt sich demnach darum, dass solche Übernahmen durch kommunale Regiebetriebe Schule machen und damit den Wettbewerb gefährden könnten. Gerade die Stadtwerke seien als Versorger in den Bereichen Strom und Gas ein wichtiger Auftraggeber und zugleich Vertragspartner für die Endkunden-Belieferung.
Zukunft Abfallwirtschaft Effizient.Kooperativ.Nachhaltig 10. Oktober 2017, Maritim Hotel, Bonn www.zukunft-abfallwirtschaft.de
Entsorgungswirtschaft zwischen Energie- und Ressourcenwende Zukunft des Dualen Systems Behördliche und wettbewerbliche Strukturen Abfallwirtschaft 4.0 Neue Geschäftsmodelle Eine Veranstaltung des:
Kommunalwirtschaft / Breitband
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Mit Teamarbeit zum Erfolg
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rojekte werden immer komplexer, Zeitspannen immer kleiner. Wie können mittelständische Unternehmen im professionellen Mobilfunk dieser Herausforderung entgegentreten? Das Erfolgsrezept: sich vernetzen, Partner finden, Kollaborationen gründen. “Einer profitiert vom Wissen des anderen. Wir ergänzen uns da mittlerweile sehr gut mit unseren Partnern. Besonders im Bereich Transportation sehen wir hier großes Potenzial für uns, aber natürlich vor allem in der Gesamtleistung für den Kunden”, so Michael Fertig, Sales Director D-A-C-H bei Hytera Mobilfunk.
Hytera setzt auf vernetzten Ansatz (BS/Susanne Arasin*) Mit einem guten Partner an seiner Seite kann man jede Hürde überwinden. So wird das auch bei den professionellen Mobilfunkexperten aus Bad Münder praktiziert. Hier stehen die Zeichen ganz klar auf Teamgeist. stelle des TETRA-Funksystems integriert. Das ICTS-System ist für die komplette Kommunikation zwischen Leitstelle, Bahnen und Bussen zuständig und damit die Lebensader jedes modernen Verkehrsunternehmens.
Gemeinsam sind wir stark
Ein rundes Projekt In Würzburg wurde ein solches Projekt im Bereich Transportation gerade erfolgreich abgeschlossen. Mit dem Applikationspartner Trapeze aus der Schweiz und der Würzburger Straßenbahn GmbH wurde die vorhandene Funkinfrastruktur der öffentlichen Verkehrsmittel in Würzburg “sattelfest” für die Zukunft gemacht. Das neue Funksystem wird neben der Sprechkommunikation auch
Bei der Würzburger Straßenbahn (Foto) hat Hytera - zusammen mit Partnern – ein neues Funksystem installiert. Dieses ist sowohl für die Sprach- als auch die Datenkommunikation von Bahnen und Bussen zuständig. Foto: BS/iStock
für von sen war
die Datenkommunikation Straßenbahnen und Busverantwortlich sein. Dabei Hytera Mobilfunk als Sys-
Langfristige Einnahmequellen Domscheit-Berg: Schweden als Beispiel! (BS/ein) “Das Grundgesetz muss geändert werden, damit die Telekommunikationsinfrastruktur vor Ort von Kommunen betrieben werden kann.” Die Position von Anke Domscheit-Berg ist klar: “Breitbandausbau ist Daseinsvorsorge!” Die aktuelle Situation sei deshalb sehr unbefriedigend, erklärt die Netz-Aktivistin und Linken-Politikerin. Bislang sind Fördergelder für kommunale Betreibermodelle daran geknüpft, dass die Netze nach zehn Jahren wieder verkauft werden. “Genau dann, wenn die eigentliche Melkphase beginnt und Städte und Gemeinden erstmals Geld verdienen könnten, sollen sie ihre Glasfaser-Infrastruktur an private Betreiber veräußern.” Dieser fehlende Investitionsschutz sei ein Grund, warum 80 Prozent der Fördergelder des Bundes nicht in den eigenen Netzausbau von Kommunen fließen, sondern für eine geförderte Finanzierung der Wirtschaftlichkeitslücke und damit für private Betreiber ausgegeben werden. In den Augen Domscheit-Bergs bleiben dadurch zahlreiche Chancen ungenutzt, nicht nur langfristige Einnahmequellen.
“White List” für digitale Sozialleistungen “Am Beispiel Schwedens wird deutlich, dass Gemeinden durch den eigenen Netzbetrieb viele digitale und gemeinwohlorientierte Dienste anbieten können.” Mit Glasfaser-Anschlüssen in jedem Haushalt
sei es möglich, Bürgern auch dann Leistungen anzubieten, wenn sie keinen Vertrag mit einem Internet-Anbieter abschließen wollen oder z. B. aus finanziellen Gründen nicht können. Dazu zähle die digitale Abwicklung von Verwaltungsgängen und Online-Bürgerbeteiligung ebenso wie wichtige Aufgaben aus dem Gesundheitsbereich. “Immer mehr ältere Menschen tragen einen Alarm-Knopf oder Sensor bei sich, der im Notfall die Ambulanz verständigt”, so die NetzPolitikerin. “Die Kommunikation kann hier beispielsweise kostenlos oder für wenige Euro im Monat über das kommunale Netz geschaltet werden, ohne teuren Provider.” Domscheit-Berg stellt sich eine Art “White List” für bestimmte Leistungen vor, nach schwedischem Vorbild. Auf diese Weise ließe sich vieles effizient und kostengünstig umsetzen. Im Rahmen des demografischen Wandels, steigenden Kosten im Gesundheitssystem und auch mit Blick auf den ländlichen Raum genauso wie auf künftige Smart Cities sei das von großer Bedeutung.
MELDUNG
Ostbayerische Kreise: Verbindlicher 5G-Ausbau auf dem Land! (BS/ein) Die niederbayerischen und oberpfälzischen Landkreise fordern von Bundesminister Dobrindt, im Rahmen der Frequenzvergabe für den Ausbau von Mobilfunknetzen der nächsten Generation (5G) verbindliche Auflagen zur flächendeckenden Versorgung gerade auch des ländlichen Raums durchzusetzen. “Funklöcher und Verbindungsabbrüche sind noch immer an der Tagesordnung im ländlichen Raum”, erklärten die Landräte Franz Meyer (Passau) und Landrat Richard Reisinger (Amberg-Sulzbach). Meyer ist Vorsitzender des Bezirksverbands Niederbayern, Reisinger Vorsitzender des Bezirksver-
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bands Oberpfalz. Die jüngst vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur veröffentlichte “5G-Strategie für Deutschland” widme gerade den Versorgungslücken im ländlichen Raum zu wenig Aufmerksamkeit. Derzeit wird auf Bundesebene der Ausbau der neuen Mobilfunkstandards vorbereitet. Die Landräte befürchten, dass die bestehenden Versorgungslücken im dünn besiedelteren Raum auch künftig nicht geschlossen werden, wenn es keine Auflagen bei der Vergabe von Lizenzen gibt. Das heißt, wenn die Betreiber nur diejenigen Gebiete erschließen dürften, die aus ihrer Sicht attraktiv sind.
temlieferant für die fünf neuen Basisstationen vom Typ DIB-R5 compact zuständig. Applikationspartner Trapeze hingegen
übernahm die Einrichtung des Intermodal Transport Control Systems (ICTS). Dieses wurde über die Applikationsschnitt-
Dem Würzburger Beispiel werden weitere folgen. Die Bremer Straßenbahn AG hat Hytera Mobilfunk gerade im März dieses Jahres beauftragt. Für das stadtweite Bus- und Straßenbahnnetz in Bremen wird in den kommenden zwei Jahren ein komplett neues TETRA-Funksystem entstehen. “Hier kam wirklich alles zusammen, was zusammen gehört. Ein Auftraggeber, der wusste, was er wollte, und ein Unternehmen, das weiß, wo seine Stärken liegen. Wir haben in Bremen, mit unseren Partnern Trapeze, Mere-
tec und Comtechnik Funk, ein starkes Team zusammengestellt und freuen uns auf den Roll-out und die zukünftige weitere Zusammenarbeit”, erklärt Frank Pauer, Deputy CSO bei Hytera Mobilfunk. *Susanne Arasin ist Marketing Managerin bei der Hytera Mobilfunk GmbH.
Über Hytera Mobilfunk Die Hytera Mobilfunk GmbH ist Teil des Hytera-Konzerns und gehört weltweit zu den führenden Herstellern von hochwertigen TETRA-, DMR-, LTE-, Analog-Funksystemen und Endgeräten. Der Hytera-Konzern verfügt über ein weltweites Netz von 60 Niederlassungen und Filialen auf allen Kontinenten, mit insgesamt über 7.000 Mitarbeitern. Der Standort in Deutschland entwickelt seit über 35 Jahren die Zukunft des professionellen Mobilfunks und realisiert maßgeschneiderte Lösungen.
Breitband / Mobilität
Behörden Spiegel / September 2017
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Tun, was man in der Mobilität tun kann
832 Mio. Euro Förderung
Strom oder Gas? / Rimkus: “Wichtig ist der sektorenübergreifende Blick!”
Bund bewilligt alle Breitband-Projektgebiete in Mecklenburg-Vorpommern
(BS/ein) Es sind Beispiele aus vielen Kommunen, die der SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Rimkus aus Düsseldorf aufzählt. Neue E-Buslinien in Berlin, induktives Bus-Aufladen in Braunschweig oder wasserstoffbetriebene Fahrzeuge in Münster und Hamburg. In seiner Heimatstadt liefern kleine Roboterfahrzeuge schon probeweise Pakete aus. “Viele Kommunen haben verstanden, dass ihre Attraktivität ganz stark davon abhängt, welche Mobilitätsangebote sie anbieten”, erklärt der 54-Jährige, der selbst früh Erfahrungen mit neuen Antriebsformen sammeln konnte.
(BS/ein) Der Bund hat im vierten Förderdurchlauf seines Breitbandförderprogramms ein weiteres Projektgebiet in Mecklenburg-Vorpommern positiv beschieden. Mit dem Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen (ZWAR) wurde das letzte Projektgebiet im Land bestätigt. Die Landesregierung spricht von einem “Paukenschlag”. Kritik kommt dagegen vom CDU-Wirtschaftsrat des Landes.
Schon 1998, als er im Januar vor der Kanzlerwahl Gerhard Schröders in die SPD eintrat, fuhr er als Führungskraft bei den Stadtwerken als Dienstauto einen bivalenten Erdgas-Smart – und das sogar im SharingModell. “Ich hatte meist nur eine Tasche dabei. Und wenn ich den Wagen nicht brauchte, hab ich ihn meinen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt.” Das Auto hielt bis 2014 und hat seinen Beitrag nicht nur zur Mobilitätswende, sondern auch zur Energiewende geleistet. Denn Rimkus ist Spezialist für Stromnetze und baut seit 1979 Leitungen und Trassen entlang des Rheins, von der Niederspannungs- bis zur Höchstspannungsebene. Das Stromnetz – es ist bislang der einschränkende Faktor, für die Energie- wie für die Verkehrswende. Vielerorts ein unbeliebtes Thema.
Land und Verkehr mit Strom versorgen Um den Verlauf des Südlinks im eigenen Land zu verhindern, hat die Thüringer Landesregierung im Mai einen Vorschlag eingereicht, der weiter westlich gen Süden führen soll. Bayern würde seinen Strom am liebsten gänzlich selbst produzieren und ebenfalls keine Leitungen bauen. Ein Großteil der Trasse wird aufgrund der beschlossenen unterirdischen Verkabelung ohnehin noch eine ganze Weile brauchen. Und wie bis dahin die Klimaziele erreichen und die Republik mit Strom versorgen? Wenn es vorerst nicht gelingt, große grüne Strommengen durch Deutschland zu leiten, dann schaffen wir es vielleicht mit Gas. Schrittweise, mit im-
MELDUNG
Charité testet E-Busse (BS/ein) Ab kommendem Jahr sollen die ersten elektrisch angetriebenen Kleinbusse testweise am Berliner Universitätsklinikum Charité fahren. Ende Juli stellten die Partner BVG, Charité und das Land Berlin das Pilotvorhaben „Stimulate“ auf dem Krankenhausgelände vor. Nach einem Techniktest um den Jahreswechsel 2017/18 sollen die ersten Fahrgäste voraussichtlich im Frühjahr 2018 die fahrerlosen Minibusse auf drei definierten Routen testen.
Emissionen reduzieren, gerade im urbanen Raum: Das geht nicht nur im vierund zweirädrigen Individualverkehr (wie im Bild MdB Andreas Rimkus) mit verschiedenen alternativen Antriebstechniken. Auch immer mehr Kommunen und Logistik-Dienstleister rüsten ihre Flotten um. Foto: BS/Boris Schmidt
mer größerem Bioanteil. Als Kenner der Fahrzeuge hat sich Rimkus maßgeblich dafür eingesetzt, dass die Förderung für Erdgas und Autogas dieses Jahr noch einmal verlängert wurde. Gas hat den Vorteil, dass es nicht nur durch Leitungsinfrastruktur passt, sondern auch verschifft und per Lkw als flüssiges sogenannten Liquified Natural Gas (LNG) transportiert werden kann. Eine neue Initiative einiger Autohersteller, Gas- und Tankstellenbetreiber arbeitet ein ganzes Gas-Szenario aus. Vor allem VW setzt offenbar einiges daran, dass neben den 25 Prozent E-Mobilität, die man sich für 2025 bei neu verkauften Fahrzeugen auf die Fahne geschrieben hat, ein zunehmender Anteil der Flotte mit Erdgas fährt. Als ein fossiler Brennstoff könnte man dem Gemisch immer mehr Bio- und Windgas (Power-to-Gas) zumischen und die Energiewende so vorantreiben. Theoretisch.
Gesucht: kluge ÖPNVGesamtstrategie Rimkus sitzt außerdem im Parlamentarischen Beirat des Bundesverbandes eMobilität (BEM). “Wir bleiben technologieoffen – wichtig ist der sektorenübergreifende Blick!” Mit Blick auf die Diesel-Problematik rät er von überzogenen Sofortmaßnahmen ab – Fahrverbote seien das letzte Mittel. “Die Energiewende werden wir nicht dadurch erfolgreich umsetzen, dass die Menschen den Wertverlust der Fahrzeuge tragen
müssen. Stattdessen brauchen wir attraktive Technologien, die man sich leisten kann und die eine hohe Akzeptanz haben. In Städten wie Düsseldorf lässt sich darüber hinaus mit der Umrüstung von wenigen Bussen, die täglich Dutzende Fahrten absolvieren, bereits eine zweistellige Prozentzahl an Stickoxiden reduzieren.” Wichtig seien kluge ÖPNV-Gesamtstrategien, um die Marktdurchdringung emissionsarmer Fahrzeuge zu steigern. Darin müssten auch Taxi-Flotten einbezogen werden, die täglich hunderte Fahrten bestreiten.
Neue Beschaffungsinitiative Als positiv erachtet Rimkus auch die Ankündigung der Hamburger Hochbahn, ab 2020 nur noch elektrische Busse zu beschaffen. Die Hansestadt hatte mit Berlin eine Beschaffungsinitiative gegründet, um gegenüber Herstellern von Bussen stärker auftreten zu können und die kostengünstige Entwicklung von besseren E-Bussen auch über Skaleneffekte zu forcieren. Später traten Düsseldorf, Stuttgart, Köln, München und Darmstadt der Gruppe bei. Mit Blick auf den Individualverkehr brauche es nun vor allem günstigere kleine Fahrzeuge, damit sich Elektro-Mobilität in der Breite der Gesellschaft etablieren könne. Dann könnten auch mehr Menschen dem Motto nachkommen, das sich Andreas Rimkus für sein eigenes Mobilitätsverhalten auf die Fahnen geschrieben hat: “Tue das, was du selbst tun kannst!”
Glasfasernetz für Glonn Bürgermeister unterschreiben Kooperationsverträge (BS/Martin Herkommer*) Ob aktuelle Hollywood-Produktionen in höchster Auflösung, Musik-Streaming oder ein Videotelefonat mit der Tochter in Australien. Was jetzt in Markt Glonn, Egmating, Moosach, Bruck und Oberpframmern noch wie Zukunftsmusik klingen mag, kann schon bald im Alltag angekommen sein, denn Surfgeschwindigkeiten bis zu einem Gbit/s sind mit Deutsche Glasfaser möglich. Die Verwaltungsgemeinschaft Glonn hatte bereits 2015 ein Förderverfahren für die Außenbereiche der Mitgliedsgemeinden ausgeschrieben, auf das sich Deutsche Glasfaser in Glonn, Egmating, Moosach, Bruck und Oberpframmern erfolgreich beworben hat. Die Unternehmensgruppe Deutsche Glasfaser hat sich auf den Ausbau von Glasfaser-Infrastrukturen im ländlichen Raum spezialisiert und bietet attraktive Leistungen für Privat- und Gewerbekunden hauptsächlich im privatwirtschaftlichen (eigenfinanzierten) Ausbau an. In dem Modell, das jetzt in
der VG Glonn von den Bürgermeistern und Deutscher Glasfaser unterschrieben wurde, kombiniert das Unternehmen den geförderten Ausbau im Außenbereich mit einem privatwirtschaftlichen Ausbau der Kerngemeinden. Dass dies erfolgreich umgesetzt werden kann, hat die kürzlich abgeschlossene Vorvermarktung in Oberpframmern gezeigt, wo mehr als 40 Prozent der Haushalte der gesamten Gemeinde sich für einen Glasfaseranschluss bis ins Haus entschieden haben. Ab September ist nun die Mithilfe der Bürger der anderen
Gemeinden gefragt, damit das Netz auch im nicht geförderten Gebiet vollständig ausgebaut wird. 40 Prozent der anschließbaren Haushalte müssen sich während des Aktionszeitraums für einen Vertrag mit Deutsche Glasfaser entscheiden. Im Gegenzug bekommt der Kunde einen Glasfaseranschluss kostenlos bis in die Wohnung oder das Haus gelegt und kann somit schon sehr bald im Giga-Netz surfen. *Martin Herkommer ist Regionalleiter Bayern beim Unternehmen Deutsche Glasfaser.
“Diese Nachricht ist ein Riesenerfolg”, sagte der Landesminister für Digitalisierung, Christian Pegel. “Damit haben wir die vollständige Finanzierung aller im Land gebildeten 93 Projektgebiete aus Mitteln des Bundesförderprogramms, ergänzt durch unsere Landesmittel, erreicht. Das hat bisher kein anderes Bundesland geschafft.” Für das Projekt des ZWAR werden rund 5,6 Mio. Euro Bundesförderung bewilligt. Alle 93 Projektgebiete haben insgesamt mehr als 832 Millionen Euro Bundesmittel nach Mecklenburg-Vorpommern fließen lassen. Das Land wird aus der Haushaltsrücklage eine knappe halbe Milliarde Euro als Kofinanzierung des Landes und kommunalen Eigenanteil beitragen.
Kritik von der Wirtschaft “Durch das von Gemeinden, Kreisen und Land gemeinsam verabredete Vorgehen bei der Planung und die strukturierte Beantragung aller gebildeten Projektgebiete ist uns ein Paukenschlag gelungen“, erklärte Pegel. Anders sieht das der Wirtschaftsrat Mecklenburg-Vorpommern der CDU. Das Ziel der Bundesregierung, eine Übertragungsgeschwindigkeit von maximalen Datenraten von 50 MBit/s zu erreichen sei “deutlich zu wenig”, sagte Landesgeschäftsführer Frank Roller gegenüber der Schweriner Volkszeitung. Für viele Unternehmen reichten heute schon keine 50 Mbit/s. In einem offenen Brief hat sich zu-
letzt auch der Mittelstandsbeirat des Bundeswirtschaftministeriums an den Bundesminister für digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, gewandt. Darin heißt es wörtlich: “In der Realität unserer Unternehmen und unserer Mitarbeiter erfahren wir täglich, dass der bisherige Netzausbau bei Weitem nicht ausreichend ist. Die Ausgangslage ist deprimierend: Sogar in den Ballungsräumen ist es mitunter nicht möglich, für den heutigen Bedarf adäquate Anbindungen zu erhalten.” Abseits der Ballungsräume sei die Bandbreite oft so gering, dass nicht einmal einfachste Anwendungen über das Internet sinn machten. Gleiches gelte weiterhin für die Züge der Deutschen Bahn. Man sei sich einig darüber, dass bereits heute flächendeckend Anbindungen mit einem Durchsatz von mindestens 100 Mbit/s und noch vor 2025 Übertragungsraten von einem Gbit/s benötigt würden. “Nur der konsequente Ausbau eines glasfaserbasierten Netzes kann die Durchsatzraten für zukünftige Anforderungen sichern!”
“Wer billig baut, baut zweimal” Auch der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) kritisiert das Vorgehen. “Wer billig baut, baut zweimal: Wer heute antike Kupferleitungen kurzfristig für höhere Bandbreiten ertüchtigt, muss Straßen und Bürgersteige in wenigen Jahren erneut aufgraben und erneut
Geld in die Hand nehmen”, sagte BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers. “Das macht volkswirtschaftlich keinen Sinn – wir müssen schon heute die anerkannt beste und zukunftssicherste Technologie, die reine Glasfaser, bis zu allen Betrieben und Bürgern bringen.” Das gelte vor allem mit Blick auf den kommenden Mobilfunkstandard 5G, dessen Netze nichts anderes darstellten als mobile Glasfasernetze mit Luftschnittstelle. Deshalb würden auch hierfür leistungsfähige und zukunftssichere Glasfaseranschlüsse bis in jedes Gebäude benötigt.
Eigenanteil zehn Prozent Der Bund stellt rund vier Milliarden Euro Fördermittel bereit, um bis zum Jahr 2018 deutschlandweit eine flächendeckende Breitbandabdeckung zu erreichen. Die Förderung des Bundes beträgt bis zu 70 Prozent der förderfähigen Kosten eines Ausbauprojektes. Wie auch andere Länder kofinanziert Mecklenburg-Vorpommern Ausbauprojekte. So soll der kommunale Eigenanteil verringert werden. So beträgt der Eigenanteil der Landkreise etwa zehn Prozent. Dieser wird aus dem Kommunalen Aufbaufonds finanziert und belastet dadurch keine einzelne Kommune unmittelbar in ihrem Haushalt. Das Land vorfinanziert diese Ausgaben wiederum aus einer Haushaltsrücklage, da der Aufbaufonds selbst zurzeit keine frei verfügbaren Mittel bereitstellen kann.
“Wichtigste Daseinsvorsorge unserer Zeit” Kommunen setzen zunehmend auf Glasfaser (BS) Weiße Flecken und ländliche Gebiete – was assoziiert man damit? Kleinteiligkeit? Der Begriff ländliche Region sollte ab und an auf den Prüfstand gestellt werden, denn er erreicht durchaus Dimensionen, die bei der effizienten Planung des Glasfaserausbaus relevant sind. So entspricht allein die Altmark in SachsenAnhalt in der Größe dem Saarland und Luxemburg zusammen. Fläche erfordert Weitsicht und ein konzentriertes Miteinander. Die ländlichen Regionen in Sachsen-Anhalt machen deshalb mobil beim Glasfaserausbau. So wurde gerade ein weiterer wichtiger Schritt im Kampf gegen die weißen Flecken durch die Fördermittelbescheide des Bundes in der Altmark umgesetzt. Hier setzt der Zweckverband Breitband Altmark als Zusammenschluss der beiden altmärkischen Landkreise und 20 Städten und Gemeinden seinen Ausbau in Form eines Betreibermodells um (www.breitband-altmark. de).
2.300 Glasfaserkilometer neu zu verlegen 40 Mio. Euro Bundesfördergelder für den Breitbandausbau des Zweckverbandes Breitband (ZBA) stehen bereit. Das bedeutet, dass damit Gesamtinvestitionen von über 70 Mio. Euro angestoßen werden. In den drei Projektgebieten werden über 30.000 Haushalte und ca. 800 Unternehmen und Institutionen ans superschnelle Breitband angeschlossen. Dafür werden mehr als 2.300 Glasfaserkilometer neu verlegt. Das Netz liegt in kommunaler Hand. Modelle wie die des Zweckverbandes machen Schule und motivieren. Auch der Bördekreis ist beim Glasfaserausbau aktiv, denn hier planen und bauen die Gemeinden der
ARGE Breitband das Giga-Netz der Zukunft. “Glasfaser bis ins Haus” und beste Startbedingungen für digitale Kommunen, das hat sich die ARGE-Breitband, die Arbeitsgemeinschaft Breitband im Landkreis Börde, auf die Fahnen geschrieben. “Wir müssen planerisch schon jetzt dem enormen Bedarf an Datenmengen und Übertragungsgeschwindigkeiten entsprechen”, bekräftigt der Landrat des Landkreises Börde, Hans Walker. “Das gelingt nur durch den Einsatz moderner Technologien und leistungsfähiger Materialien. Und das ist im Augenblick und in Zukunft nun einmal “Glasfaser”.” Petra Naumann, Fachdienstleiterin Kreisplanung: “In den Vorveranstaltungen zur Bedarfserfassung haben sich schon zahlreiche Gemeinden für das sog. Glasfasermodell, also FTTH – Glasfaser bis ins Haus – ausgesprochen.”
Viele Bauherren und Unternehmen fragen nach Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Der Landkreis Börde zählt laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit zu den Jobmotoren des Landes Sachsen-Anhalt. Viele Bauherren und Unternehmen fragen, wenn sie sich niederlassen wollen, wie gut unter anderem die Internetversorgung in den Bauflächen aussieht. Aus der Sicht der Kreisplanung Börde ist daher dieser Standortfaktor
auch in der Vermarktung der entsprechenden Bauflächen besonders relevant. Auch die öffentliche Verwaltung muss sich insgesamt auf die zunehmenden Anforderungen, die sich künftig durch E-Government, E-Learning, E-Health und Industrie 4.0 ergeben, mit hochbitratiger Versorgung einstellen. Dabei ist ein sogenanntes Zweiklassennetz unbedingt zu vermeiden, denn die meisten mittelständischen Betriebe, aber auch Schulstandorte, agieren im ländlichen Raum und verfügen bislang noch nicht über einen zukunftsfähigen Internetanschluss. Somit ist zu befürchten, dass nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die nächste Firmengeneration den sogenannten “weißen Flecken” des ländlichen Raumes den Rücken kehrt. Für diese wichtigste Daseinsvorsorge unserer Zeit unterstützt der Landkreis die Kommunen daher fachlich, denn auch der Landkreis hat in der Fläche Verantwortung im eigenen Wirkungskreis u. a. durch Verwaltungs-, Schulstandorte und Feuerwehr-/Rettungsleitstellen. Die Gemeinden haben die Chancen der Förderung genutzt und sich mit Unterstützung der Arbeitsgemeinschaft Breitband auf den Weg zur schnellen Datenautobahn gemacht. Infos: www.giganetz-boerde.de
Mobilität
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Behörden Spiegel / September 2017
Weniger Flicken, mehr Teppich
Lösung für LKW-Parkplatzproblem
Aspekte, die Kommunen bei Ladeinfrastrukturen beachten sollten
Rheinland-Pfalz: Zahl der Stellplätze in Montabaur verdoppelt
(BS/Gerhard Künne*) Vor Kurzem noch weniger im Fokus, gerät zunehmend die Ladeinfrastruktur in den (BS/ein) Deutschlandweit fehlen an den Rastanlagen rund 26.000 Stellplätze für Lastwagen. Der rheinlandBlickpunkt der Marktakteure, die sich für den Ausbau der Elektromobilität stark machen. Sie ist einer der pfälzische Verkehrsminister Dr. Volker Wissing hat nun darauf aufmerksam gemacht, dass seit zehn Jahren Schlüsselfaktoren für die Verbreitung und Praxistauglichkeit der elektrifizierten Antriebe. ein Kolonnenpark-System existiert, das Parkplätze weitaus besser auslastet. Es kommt aus Montabaur. Das war einer der Gründe, weshalb wir als Volkswagen Financial Services die Charge&Fuel Card ins Leben gerufen haben. Sie dient als Ladesäulenbetreiber-übergreifendes Authentifizierungs- und Abrechnungsmedium. Und auch die Politik hat sich der Thematik angenommen. 300 Millionen Euro stellt der Bund für die Förderung neuer Ladesäulen zur Verfügung. Und mit der Ladesäulenverordnung II hat die Bundesregierung erst jüngst die Voraussetzungen für die nötige Barrierefreiheit beim Aufbau eines zukunftsfähigen Ladesäulennetzes geschaffen. Eine gute Maßnahme. Denn es muss endlich Schluss sein mit dem Flickenteppich unterschiedlicher technischer Lösungen. Gut ist auch, dass die Förderfähigkeit neuer Ladesäulen davon abhängt, ob die in der Ladesäulenverordnung II definierten Kriterien berücksichtigt wurden. Folgerichtig gibt es zahlreiche Aspekte, die Kommunen und Städte beim Ausbau der Ladeinfrastruktur berücksichtigen sollten.
Welche Ladesäulentechnik? An erster Stelle steht für Kommunalentscheider die Frage: Auf welche Ladesäulentechnik sollte ich setzen? Während in Wohngebieten meistens über Nacht geladen wird und dort die langsameren AC-Säulen zurzeit noch ausreichen, sieht es auf Parkplätzen in der Innenstadt, in Tiefgaragen oder vor Einkaufszentren ganz anders aus. Dort erwarten die Bürger ein schnelles Aufladen ihres Elektroautos, um schleunigst wieder
B
eim Reisenden stehen flexibles und individuelles Zurücklegen des Weges und Nutzung verschiedener Mobilitätsoptionen im Fokus. Um die Strecke von A nach B zu bewältigen, legt er Wert auf eine gute Anbindung sowie die Möglichkeit, jederzeit aktuelle Verbindungen einsehen und buchen zu können. Auch flexible Modelle mit unterschiedlichen Transportmitteln (ÖPNV, Taxi, Pkw / Strom, Fahrrad) werden von ihm durchaus in Erwägung gezogen, was oftmals eine interoperable und multimodale Lösung innerhalb einer Region bedingt.
Bezahlung in digitale ÖPNV-Prozesse einbeziehen Die Vernetzung verschiedener Mobilitätsanbieter auf einer Plattform ist eine weitere Neuerung, die durch die Digitalisierung Gestalt annimmt und in einigen ÖPNV-Unternehmen, oftmals auch durch staatliche Förderung, in der Umsetzung weiterverfolgt wird. Diese Konnektivität führt einen weiteren Schritt in Richtung ganzheitliches Angebot für den Reisenden, der individuell auswählen kann, welche Fortbewegung er präferiert. Der Wunsch nach einer Buchungskette – von der Echtzeit-Fahrplanauskunft bis zur Buchung und Zahlung – gewinnt stetig an Bedeutung. Die Nachfrage nach einer Gesamtlösung und einem hohen Grad der Usability bei der Streckenbuchung und E-Tarifen (elektronische Fahrpreisermittlung) gibt der ÖPNV-Branche neue Denkanstöße. Die Kundenbedürfnisse und Marktentwicklungen zeigen die Diversität an Herausforderungen auf, mit denen die ÖPNVBranche sich auseinandersetzt und wächst. Auch wenn ein
mobil zu sein. Hier bietet sich der Aufbau von Schnellladesäulen an. Wichtig ist, die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen zu kennen, zu analysieren und diese in die weiteren Planungen einfließen zu lassen. Ferner sollten sich Kommunen darauf konzentrieren, “intelligente” Ladesäulen aufzubauen. Denn angesichts der Tatsache, dass viele Kommunen und Städte vor großen haushaltspolitischen Herausforderungen stehen, sollte das vorhandene Budget in zukunftsfähige Technologie investiert werden, die nicht in drei bis vier Jahren wieder umgerüstet werden muss. Hier zählt Qualität statt Quantität. Wichtig ist, dass die Ladesäulen nicht nur internetfähig sind, um den Nutzern auf
Durch die Zusammenarbeit mit weiteren Verbundpartnern oder Roaming-Plattformen muss nicht zwingend eine eigene ITPlattform aufgebaut werden.
Exklusiver Parkplatz pro Ladepunkt
Aber nicht nur die technischen Voraussetzungen sind relevant. Auch die vermeintlich weichen Faktoren spielen eine zentrale Rolle. Stichwort: Auffindbarkeit der Ladesäulen. Während herkömmliche Tankstellen im Regelfall gut sichtbar sind, sieht die Situation bei Ladesäulen ganz anders aus. Die Beschilderung der kleinen Stromlieferanten muss dringend verbessert werden. Darüber hinaus sollte im öffentlichen Parkraum immer genau ein exklusiver Parkplatz pro Ladepunkt für ein E-Fahrzeug zur Verfügung stehen, um die Nachfrage zu decken. Na klar – der Parkraum Gerhard Künne ist Leiter ist in vielen deutder Mobility Unit der Volksschen Städten wagen Financial Services AG. ein Problem und begrenzt. Wer es Foto: BS/VW Financial Services aber mit der EMobilität ernst ihren Apps den Belegungsstatus meint, muss auch entsprechenund den Funktionszustand der de Voraussetzungen schaffen. Ladesäule mitzuteilen. Vielmehr Und das heißt auch, Falschparsollten die Ladesäulen auch eine ker konsequent zur Kasse zu offene Schnittstelle zur Daten- bitten. verarbeitung mit Ladekartenbetreibern und weiteren Partnern Markthochlauf unterstützen besitzen. Ist dies nicht der Fall, Kommunen und Städte, die fehlt der nötige automatisier- diese Punkte konsequent bete Datenaustausch. An dieser rücksichtigen, leisten ihren Stelle gilt es auch, keine Scheu größtmöglichen Beitrag für den vor Kooperationen zu haben. Markthochlauf von E-Mobilität.
Beim intelligenten, telematisch gesteuerten Kolonnenparken muss der Lkw-Fahrer seine gewünschte Abfahrtszeit angeben. Demnach wird ein Parkplatz zugewiesen, sodass dieser hinter dem Fahrzeug steht, das vorher losfahren wird. So lässt sich etwa Platz auf Autobahnrasthöfen sparen. Foto: BS/mwvlw
Dank moderner Technik lasse sich die Zahl der Stellplätze auf vielen Parkplätzen verdoppeln, ohne den Parkraum auszubauen. In Rheinland-Pfalz kommt das System laut Wissing neben einer Rastanlage in Montabaur demnächst auch im Hunsrück zum Einsatz.
Kostengünstiges und intelligentes Kolonnenparken “Kolonnenparken ist im Vergleich zum Parkplatz-Ausbau eine kostengünstige, intelligente und schnell installierte Lösung. Wir haben in RheinlandPfalz damit gute Erfahrungen gesammelt”, so Wissing. Einem flächendeckenden Einsatz stehe nichts entgegen – im Gegenteil: das Problem vermeintlich fehlenden Parkraumes verstärke sich durch den steigenden Lastverkehr. Nach Berechnungen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) fehlen bundesweit bis 2030 über 26.000 Lkw-Parkstände. Überlange Lenkzeiten und nicht eingehaltene Ruhezeiten gefährden die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer. Wegen
riskant parkenden Lastwagen an den Rastanlagen ist es in der Vergangenheit in den Nachtstunden wiederholt zu teils schweren Unfällen gekommen
Bis zu 100 Prozent mehr Kapazität … Ein intelligenter, telematisch gesteuerter Parkplatz ermögliche Lastwagen, in langen Reihen dicht hintereinander zu parken und damit den vorhandenen Parkraum effizient zu nutzen. In Montabaur wurden die vorhandenen Parkplätze und Fahrgassen in einzelne Reihen umgewandelt, in denen jeweils drei bis fünf Lastwagen hintereinander geparkt werden können. Im Einfahrtsbereich wurden ein Terminal und eine Schranke installiert. Bei seiner Ankunft auf dem Parkplatz gibt der Fahrer am Terminal seine gewünschte Abfahrtszeit an. Entsprechend seiner Eingabe wird dem LkwFahrer ein Parkplatz zugewiesen, sodass dieser hinter dem Fahrzeug steht, das vorher losfahren wird. Die Menüführung am Termi-
Ganzheitliche digitale ÖPNV-Vertriebskanäle Haben Sie an die Zahlungsabwicklung gedacht? (BS/Anna Theine*) Gerade der ÖPNV ist sich über die Einwirkungen der Digitalisierung sehr bewusst. Ein Blick auf die Deutschlandkarte verrät, dass für einen Teil der ÖPNV-Unternehmen bereits digitale Lösungen existieren, die auf Endkundenverhalten und Marktentwicklungen abgestimmt sind. Dennoch gibt es einige weiße Flecken, die sich noch in der Findungsphase befinden, um den Außenwirkungen Kunde und Markt in digitaler Hinsicht gerecht zu werden. Zudem stellen ÖPNV-Unternehmen den Anspruch an sich selbst, fortwährend auf die Bedürfnisse der Reisenden und auf technische Neuerungen einzugehen. ÖPNV-Unternehmen nicht im direkten Wettbewerb mit anderen ÖPNV-Anbietern steht, gibt es bereits neue Mobilitätsanbieter, die den Wettbewerb in einer Region erhöhen. Da gilt es, mit effizienten Produkten und Kunden begeisterndem Auftritt weiterhin seine Marktposition zu stärken und selbst zum integrierten Anbieter zu werden. Es lohnt sich, auf Kompetenzen eines darauf spezialisierten Unternehmens zurückzugreifen und damit von den Erfahrungen und bereits existierenden Lösungen zu profitieren. Neben Spezialisten für die Gestaltung und Prozesse des Frontends eines digitalen Vertriebskanals sind auch die dahinterliegenden Strukturen (Einbindung Hintergrundsystem und Anknüpfung Zahlungsabwicklung) nicht zu vernachlässigen. Um eine gesamte Buchungsstrecke beim Kauf eines ÖPNV-Produktes über eine App oder einen Webshop zu realisieren, sind z. B. auch die Prozesse rund um die Bezahlung eines ÖPNV-Produktes mit einzubeziehen.
Sichere Zahlungen, Zertifizierung bei der BaFin Ein Experte für die Zahlungsabwicklung auf dem ÖPNVMarkt ist die LogPay Financial Services GmbH mit LogPay Mobility Services, die sich seit einigen Jahren auf dem deutschen Verkehrsmarkt mit ihren Lösungen etabliert hat.
Zahlungsabwicklungen sind nicht nur vom technischen Wandel geprägt, sondern ferner von rechtlichen Neuerungen, die u.a. vom Verbraucherwunsch nach sicheren Internet-Zahlungen herrühren. Um ÖPNV-Unternehmen für ihre E-Commerce Vertriebskanäle eine den rechtlichen und technischen Anforderungen sichere und effiziente Zahlungsabwicklungsleistung anzubieten, erfüllt LogPay Mobility Services sowohl essentielle Zertifizierungen (z. B. PCI DSS) als auch die notwendige Zulassung durch die BaFin als Zahlungsinstitut. ÖPNV-Unternehmen ist oftmals nicht bewusst, welche Anforderungen bei der Zahlungsabwicklung erfüllt werden müssen. Daher ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass die Verarbeitung von sensibelsten Zahlungsdaten des Reisenden, die Wahl des Zahlungsabwicklers nicht leichtfertig abzutun ist. Jedoch ist es nicht immer einfach, bei dem unübersichtlichen Markt an Payment-Anbietern die Spreu vom Weizen zu trennen. LogPay Mobility Services steht ÖPNVGesellschaften bereits in der Entscheidungsphase beratend zur Seite und stellt die brisanten Themen bei der Auswahl eines Zahlungsabwicklers heraus. LogPay Mobility Services selbst bietet neben der Zahlungsabwicklung weitere Leistungen (eigenes Customer Care & Services Team) an, die zur Steigerung der
Kundezufriedenheit beitragen und zum anderen ÖPNV-Unternehmen bei Angelegenheiten rund um das Thema Zahlung einen Mehrwert bieten. Weitere Kernkompetenzen der LogPay Mobility Services erstrecken sich damit auf das Risiko- und das Forderungsmanagement sowie Anbindung verschiedener Vertriebskanäle, z. B. Automaten. Das Risikomanagement der LogPay Mobility Services wirkt sich Zahlungsausfallmindernd auf die digitalen Vertriebskanalumsätze des ÖPNV-Unternehmens aus. LogPay Mobility Services setzt dabei bereits bei der Registrierung des Reisenden im ÖPNV-Unternehmensportal mit spezialisierten Prüfmechanismen und -regeln an.
Zahlarten für den Reisenden individuell zur Auswahl Je nach Prüfergebnis werden danach ausgerichtete Zahlarten für den Reisenden individuell zur Auswahl gestellt. Die Zahlarten, die ÖPNV-Unternehmen über LogPay Mobility Services anbinden, erstrecken sich von klassischen Zahlarten wie SEPA-Lastschrift oder Kreditkarte bis hin zu Online-Zahlarten wie Sofortüberweisung oder PayPal. ÖPNV-Unternehmen können sich aus dem Zahlartenbaukastensystem ihr individuelles Zahlartenportfolio je digitalem Vertriebskanal zusammenstellen. Über neue Zahlarten im
Baukastensystem hält LogPay Mobility Services ihre Partner stetig auf dem neusten Stand. ÖPNV-Unternehmen können sich somit voll und ganz auf die Expertise und Erfahrungen der LogPay Mobility Services im Payment-Markt verlassen und von aktuellen Neuerungen in der Branche profitieren.
Für Plattformen mit vielen Anbietern geeignet Nach der Durchführung der Zahlungsabwicklung kommt das Forderungsmanagement der LogPay Mobility Services zum Einsatz. Ziel ist es, Zahlungsausfällen vorzubeugen; doch nicht immer kann jeder Ausfall verhindert werden. In diesem Fall grenzt LogPay Mobility Services entstandene Ausfälle durch weitere Bearbeitung im
nal erfolge über 16 Sprachen, teilte das Landesverkehrsministerium mit. Das System arbeite vollautomatisch und passe sich selbständig auch an solche Lkws an, die sich nicht in den zugewiesenen Parkstand einreihen.
… ohne Parkraumausbau “In Montabaur konnte dank der modernen Technik die Zahl der Parkplätze verdoppelt werden”, sagt Wissing. Der Minister geht davon aus, dass mit dem System zum Kolonnenparken die Zahl der Stellplätze je nach Rastanlage zwischen 40 und 100 Prozent erhöht werden kann, ohne dass der Parkraum dafür ausgebaut werden muss.
Neue Sensorik im Einsatz Als nächstes werde das System auf der Tank- und Rastanlage Hunsrück-West an der A 61 zum Einsatz kommen. Zudem soll eine speziell entwickelte Sensorik an Rastanlagen und unbewirtschafteten Parkräumen erprobt werden, um Lkw-Fahrern Informationen über Parkmöglichkeiten digital auszugeben.
Mahnwesen bis möglicherweise hin zum Inkasso ein. Um den ÖPNV-Unternehmen dennoch ihre Liquidität zur Verfügung zu stellen, schüttet LogPay Mobility Services die digitalen Vertriebskanalumsätze zu 100 Prozent an das jeweilige ÖPNV-Unternehmen aus. Das Zahlsystem der LogPay Mobility Services ist dabei auch auf komplexe Strukturen ausgelegt und wickelt für Plattformen, an denen diverse Mobilitätsanbieter angeschlossen sind, Zahlungen ab. Diese Clearing-Funktionalität zwischen verschiedenen Anbietern gewinnt vor dem Hintergrund der Inter- und Multimodalität weiter an Bedeutung. LogPay Mobility Services bietet damit eine ganzheitliche Lösung für die Zahlungsabwicklung im ÖPNV, bei der sowohl das ÖPNVUnternehmen mit seinen individuellen Wünschen als auch der Reisende und seine Bedürfnisse im Fokus stehen, um eine maßgeschneiderte Leistung zu erbringen. *Anna Theine, Partnermanagement LogPay Mobility Services GmbH
LogPay Financial Services Die LogPay Financial Services GmbH ist eine 100-prozentige Tochter der DVB Bank SE, die ihrerseits der DZ BANK AG zugehörig ist. LogPay Financial Services kauft als Factoring-Unternehmen Forderungen im Transport- und Verkehrsmarkt an. Mit einem jährlichen Umsatz von mehr als drei Mrd. Euro zählt sie zu den führenden Unternehmen im Forderungsmanagement. Die LogPay Mobility Services GmbH als Tochter der LogPay Financial Services GmbH erbringt in Deutschland auf dem deutschen Mobilitätsmarkt vor allem im ÖPNV, Leistungen in der Zahlungsabwicklung von Handy-, Online-, Park-, Firmen- und Automatentickets. Weitere Informationen unter: http://www.logpay-mobilityservices.de.
Kommunale Ordnung / Moblität
Behörden Spiegel / September 2017
Seite 31
Die Situation spitzte sich zu
Dauerhafte Beobachtung geplant
Soltauer Stadtverwaltung hat Mitarbeiter in Selbstverteidigung geschult
In Pforzheim sollen Kameras künftig Tag und Nacht laufen
(BS/Marco Feldmann) “Das Thema Gewalt nimmt zu.” Da ist sich Helge Röbbert, Bürgermeister im niedersächsischen Soltau, ganz sicher. Und deshalb wollte der Rathauschef nicht untätig bleiben. Er ließ all seine 260 Beschäftigten ein Deeskalations- und Selbstverteidigungstraining durchlaufen. Sogar Auszubildende und Praktikanten wurden geschult.
(BS) Er steht erst seit wenigen Wochen an der Spitze der Pforzheimer Verwaltung: Oberbürgermeister Peter Boch. Dennoch hat der Christdemokrat hochtrabende Pläne für die Zukunft der baden-württembergischen Stadt mit rund 125.000 Einwohnern. Er will dort an mehreren Stellen Kameras installieren, die den öffentlichen Raum überwachen sollen. Auch mit zahlreichen anderen Maßnahmen will der Rathauschef die kommunale Ordnung in Pforzheim verbessern, wie er im Gespräch mit dem Behörden Spiegel erläutert. Die Fragen stellte Marco Feldmann.
Röbbert zeigt sich vom Erfolg der Maßnahme überzeugt: “Das Training ist betriebliche Prävention im besten Sinne.” Und er appelliert an seine Amtskollegen, wenn er sagt: “Ich empfehle das Training – unabhängig von jeglicher Parteipolitik – allen anderen Gemeinden in Deutschland.” Schließlich kumulierten die Probleme der Bürger insbesondere in der Kommunalverwaltung. Aus diesem Grunde müssten die Angstsituationen für die dort Beschäftigten deutlich verringert werden, meint der seit November 2014 amtierende Bürgermeister. Da sei insbesondere der Dienstherr gefordert. “Es müssen immer Konsequenzen gezogen werden, das ist wie in der Erziehung”, meint Röbbert. Zwar müssten die städtischen Mitarbeiter eine gewisse Toleranz gegenüber verbalen Ausfällen von Bürgern zeigen. Bei Gewaltandrohungen oder tatsächlichen physischen Übergriffen sei jedoch die Grenze für ihn sofort überschritten. Hier fährt der parteilose Bürgermeister eine konsequente Linie: “In solchen Fällen erteile ich sofort für alle Liegenschaften der Stadtverwaltung ein Hausverbot. Und das nehme ich auch nicht so schnell zurück.” Zudem erstattet er Strafanzeige, erzählt der Bürgermeister der 22.000 Einwohner zählenden Stadt.
Training diente auch der Teambildung Eine Verschärfung der Zugangskontrolle zu den Verwaltungsgebäuden sei – trotz einiger Schwierigkeiten mit einer gewissen, zum Teil aggressiven Klientel, zu denen unter anderem die Reichsbürger zählten – für ihn nie infrage gekommen, stellt Röbbert klar. Schließlich dürfe jeder zu den Ämtern, die auf drei Liegenschaften verteilt sind, kommen. Für den besseren Ansatz, um der Gewaltproblematik Herr zu werden, beauftragte er die Schulung seiner Mitarbeiter. “Diese war eintägig und setzte sich sowohl aus einem Theorieals auch aus einem Praxisteil zusammen”, erläutert die Leiterin des Stabsbereichs Personalwesen in der Soltauer Verwaltung, Annekathrin Schwabe. Dabei seien alle Mitarbeiter einer
Behörden Spiegel: Sie planen die Einrichtung einer Stabsstelle “Sicherheitsbündnis” im Rathaus. Welche Aufgaben soll der Mitarbeiter haben?
Auch die Leiterin des Stabsbereichs Personalwesen in der Soltauer Stadtverwaltung, Annekathrin Schwabe (r.), hat an dem Selbstverteidigungs- und Deeskalationstraining teilgenommen. Durchgeführt wurde die Maßnahme, die einem ganzheitlichen Konzept folgt, von Ako Hintzen, Gründer der Deutschen Personen Schutz Ltd. (l.). Foto: BS/Feldmann
jeden Fachgruppe gemeinsam fortgebildet worden. “Das war auch eine teambildende Maßnahme”, sind sich Schwabe und der Gründer des Unternehmens Deutscher Personen Schutz Ltd., Ako Hintzen, der die Trainings durchführte, einig. “Dabei ist meinen Kollegen und mir klar geworden, dass wir auf Bedrohungen nicht mit Gewalt, sondern vor allem mit Deeskalation und passender Körpersprache antworten müssen.” Nur, wenn es gar keinen anderen Ausweg mehr gebe, sei Gewalt in Form von Selbstverteidigungsaktionen eine Option, meint die Stabsbereichsleiterin. Und Hintzen ergänzt: “Mit dem Training haben wir einen Bewusstseinsprozess initialisiert und dafür gesorgt, dass die Teilnehmer zu einer Gruppe zusammengewachsen sind.” Die Trainerin des Programms mit dem Titel “Fight-YOUR-Way”, Dr. Carmen Michel, wiederum sagt: “Wir verfolgen ein ganzheitliches Konzept. Wir wollen damit zeigen, dass jeder Teilnehmer einzigartig ist und das den Mitarbeitern auch vermitteln.” Wenn das gelinge, steige das Selbstbewusstsein der Beschäftigten, sie bekämen eine ganz andere Ausstrahlung und müssten die erlernten Selbstverteidigungstechniken dann oftmals gar nicht mehr anwenden, so Michel. Zudem meint sie: “Wir führen ein ganzheitliches betriebliches Stressmanagementtraining durch, das auch
individuell und teambildend nutzbar ist, und zudem ein Element der Gesundheitsprävention darstellt.”
Vom Erfolg überzeugt Röbbert und Schwabe loben darüber hinaus noch einen Bestandteil der Schulung, die auch Rollenspiel- und Selbstverteidigungselemente sowie Entspannungstechniken und psychologische Bestandteile enthielt: Die Begehung und Prüfung aller Arbeitsplätze im Hinblick auf die Optimierung von Fluchtmöglichkeiten im Vorfeld. Nicht nur deshalb, sondern auch weil die Mitglieder der einzelnen Teams merkten, dass sie gegenseitig aufeinander aufpassen könnten, ist der Soltauer Bürgermeister von der Sinnhaftigkeit der Schulung überzeugt. Röbbert meint: “Das funktioniert definitiv.” Das hätten auch die Ergebnisse der Evaluation gezeigt, ergänzt Schwabe. An ihr hätten rund 60 Prozent aller Mitarbeiter teilgenommen. Insgesamt sei die Maßnahme, die auf ein ganzheitliches Konzept sowie eine kontinuierliche Abfolge von Stress und Entspannung setze, mit einer Gesamtnote von 1,6 äußerst positiv bewertet worden. Gleichwohl betont Schwabe: “In der Wiederholung liegt das Geheimnis.” Deshalb kündigt Rathauschef Röbbert auch an: “Wir werden das Training in regelmäßigen Abständen wiederholen.
Gegen Falschparker, Staus und Verspätungen Düsseldorfer Kommunalunternehmen wollen mehr anzeigen (BS/ein) Um intensiver gegen Halter falsch parkender Autos vorzugehen, macht der Verkehrsdienst der Rheinbahn seit Juni verstärkt von seiner Möglichkeit zur Drittanzeige Gebrauch. Denn regelmäßig versperren Fahrzeuge Bussen und Bahnen die Fahrbahn. Bislang hatte der Verkehrsdienst der Rheinbahn oft das Problem, dass die Halter zurück am Auto waren, bevor der Abschleppdienst informiert wurde oder vor Ort war. So kamen viele Park-Sünder ungestraft davon, obwohl sie den ÖPNV behinderten und den Fahrgästen Verspätungen entstanden. Nun zeigt die Rheinbahn auch Fahrzeughalter beim Ordnungsamt an, bei denen es wegen der kurzen Dauer zwar nicht zu Abschleppungen gekommen ist, die aber dennoch Ordnungswidrigkeiten begangen haben. In schwereren Fällen falsch parkender Fahrzeuge, die Fahrgäste in hohem Maße behindern oder Busse und Bahnen nicht mehr weiterfahren lassen, leitet der Verkehrsdienst der Rheinbahn weiterhin Abschleppungen ein.
Zu eng: Auch wer “nur mal eben schnell beim Bäcker rein” will, muss in Düsseldorf künftig stärker mit Bußgeldern und mehr rechnen, wenn durch sein Fahrzeug Verspätungen bei Bussen und Bahnen entstehen. Foto: BS/Rheinbahn
Laut Verkehrsdienst der Rheinbahn mussten im vergangenen Jahr in 360 Einsätzen nahezu jeden Tag Fahrzeuge abgeschleppt werden. Und dabei handelte es sich nur um eben solche Fälle, in denen Pkws lang genug falsch geparkt hatten. Auch die Düsseldorfer AWISTA Gesellschaft für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung hat oft mit Fahrzeugen in der zweiten Reihe zu tun. Das Unternehmen kündigte nun an, Ordnungswidrigkeiten ebenfalls stärker zur Anzeige zu bringen. Dafür erhielten die Fahrer der Müllfahrzeuge Smartphones mit Kameras, um ordnungswidrig stehende Fahrzeuge zu fotografieren und die Bilder an das AWISTA-Betriebsbüro zu senden. Von da aus würde das Ordnungsamt verständigt, das entsprechende Strafzettel versende, hieß es.
Boch: Dieser Mitarbeiter bei mir im Rathaus soll sich vor allem um die kommunale Kriminalprävention kümmern. Außerdem soll er als Schnittstelle zwischen Bürgern, Polizei und Rathaus fungieren. In meinem Zuständigkeitsbereich soll er insbesondere den Kontakt zum Amt für öffentliche Ordnung halten. Von der Arbeit dieses Polizeibeamten verspreche ich mir einen deutlichen Mehrwert für das subjektive Sicherheitsgefühl der Pforzheimer. Außerdem geht es mir um einen Ansatz der vernetzten Sicherheit bei der Arbeit der einzelnen Ämter. Behörden Spiegel: In Pforzheim soll es künftig Videobeobachtung geben. Wo wollen Sie Kameras anbringen? Boch: Bisher haben wir in Pforzheim noch keine Videobeobachtung des öffentlichen Raumes. Es gibt jetzt aber eine Beschlusslage, dass die Technik eingeführt werden soll. Dabei setzen wir auf eine Rund-umdie-Uhr-Beobachtung an sieben Tagen in der Woche. Es sind jetzt zwei Bereiche ausgemacht worden, in denen Pilotprojekte stattfinden sollen. Dabei handelt es sich um Unterführungen am
zichten wir auf Funklösungen. So verhindern wir, dass Daten abgefangen werden können. Außerdem werden die Aufnahmen nach sieben Tagen automatisch gelöscht, sofern sie bis dahin nicht zu Zwecken der Strafverfolgung angefordert wurden. Behörden Spiegel: Was hält das Innenministerium von Ihrer Idee?
Peter Boch ist seit Anfang August Oberbürgermeister von Pforzheim in Baden-Württemberg. Dort will er eine Videobeobachtung einführen. Zuvor war der ausgebildete Polizeibeamte Bürgermeister von Epfendorf. Foto: BS/Stadt Pforzheim
Pforzheimer Bahnhof. Begonnen werden soll mit den Versuchen im letzten Quartal dieses Jahres. Dabei sollen die Kameras dauerhaft angebracht und genutzt werden. Behörden Spiegel: Wie wollen Sie den Datenschutz sicherstellen? Boch: Wir orientieren uns bei den Pilotversuchen am badenwürttembergischen Landesdatenschutzgesetz. Außerdem arbeiten wir sehr eng sowohl mit unserem hausinternen als auch mit dem Datenschutzbeauftragten auf Landesebene zusammen. Um den Datenschutz sicherstellen zu können, ver-
Boch: Eine offizielle Reaktion aus Stuttgart haben wir noch nicht. Ich gehe jedoch davon aus, dass auch das Innenministerium das Vorhaben in dieser Form begrüßen wird. Behörden Spiegel: Wollen Sie auch Ihren Gemeindevollzugsdienst ausbauen? Boch: Derzeit hat unser Gemeindevollzugsdienst, dessen Mitarbeiter für die Überwachung der Polizeiverordnung zuständig sind und damit einen großen Aufgabenbereich haben, zwölf Mitarbeiter. Jetzt soll dort eine weitere Stelle geschaffen werden. Hinzu kommen Kräfte eines privaten Sicherheitsdienstes. Dessen Beschäftigte werden im Rahmen einer sogenannten CityStreife parallel zu den Kräften des Gemeindevollzugsdienstes im Stadtgebiet unterwegs sein. Das komplette Interview finden Sie unter www.behoerdenspiegel.den ; Stichwort “Boch”.
Anti-Terror-Barriere Terrablock XL Zuverlässiger Schutz vor Fahrzeugangriffen (BS/Kaber Kolioutsi*) Nizza, Breitscheidplatz in Berlin, Barcelona: Terroristische Angriffe mit schweren Fahrzeugen sind eine wachsende Bedrohung. Verantwortliche stehen vor der Aufgabe, öffentliche Räume wirksam zu schützen. Dabei geht es nicht alleine um Sicherheit. Die Vorkehrungen müssen zugleich praktikabel und unaufdringlich sein. Herkömmliche Lösungen wie stationäre Poller, “Nizza-Steine” oder Wassercontainer sind entweder sehr aufwendig zu installieren, bieten keinen zertifizierten Schutz, sind unflexibel zu handhaben oder haben eine geringe Akzeptanz bei der Bevölkerung. Eine interessante Alternative zu bisher eingesetzter Technik ist die mobile Anti-Terror-Barriere Terrablock XL des Zaunund Sicherheitsspezialisten Betafence. Die Lösung besteht aus 120x120x212 Zentimeter großen Modulen, die sich kompakt lagern und leicht aufbauen lassen. Die Wände sind aus einem speziellen Hochsicherheitsgitter gefertigt, in das ein Ballastsack eingelassen wird. Das patentierte System kommt ursprünglich aus dem militärischen Bereich und ist dafür ausgelegt, beim Anprall eines schweren Fahrzeuges sehr hohe Energien zu absorbieren. Die Barriere ist nach dem internationalen Standard für Fahrzeugbarrieren zertifiziert (IWA 14-1:2013) und hält dem Aufprall eines 7,5 Tonnen schweren Lastkraftwagens mit einer Geschwindigkeit von 48 Stundenkilometern ausreichend stand.
Flexible Handhabung gewährleistet Anders als herkömmliche Lösungen ist das Terrablock-XLSystem optisch unaufdringlich und flexibel zu handhaben. Gitter und Ballastsäcke lassen sich flach lagern und transportieren. Am Einsatzort werden
Bei Events im öffentlichen Raum bietet die mobile Anti-Terror-Barriere Terrablock XL von Betafence zuverlässigen, zertifizierten Schutz vor Fahrzeugangriffen. Foto: BS/Betafence, Hesco
die vormontierten Gitterwände aufgestellt und der Ballastsack gefüllt, zum Beispiel mit Sand. Die einzelnen Module können ohne Fundamente und Erdarbeiten zu beliebig großen Fahrzeugsperren kombiniert werden. Die Barriere lässt sich mit bedruckbaren Planen individuell gestalten oder als Informations- und Werbeträger nutzen. Nach der Veranstaltung können die Module demontiert und für späteren Bedarf eingelagert werden. Auf- und Abbau sind zeitsparend und erfordern weder spezielles Personal noch Schwertransporte. Bei Bedarf bietet der Hersteller Unterstützung bei der Erstellung eines individuellen Sicherheitskonzeptes. Das kann sinnvoll sein, wenn im Vorfeld Fahrzeuggeschwindigkeiten gedrosselt, Zufahrtmöglichkeiten für Rettungsfahrzeuge geschaffen oder Sicherheitsvorrichtun-
gen wie Poller in das Konzept einbezogen werden sollen.
Für Stadtfeste, Weihnachtsmärkte & Co. Terrablock XL ist eine zeitgemäße mobile Anti-Terror-Lösung für Stadtfeste, Sport- und Musikevents, Weihnachtsmärkte und andere Veranstaltungen im öffentlichen Raum. Sie bietet zuverlässigen, zertifizierten Schutz vor Fahrzeugangriffen und ist dabei – anders als die bisher bekannten Lösungen – optisch gefällig sowie einfach und flexibel zu handhaben. Sie lässt sich in die Gestaltung des Events mit einbeziehen und als Werbefläche vermarkten. Weitere Informationen finden Sie unter: www.betafence.de . *Kaber Kolioutsi ist im Bereich Marketing DACH der Betafence Deutschland GmbH tätig.
Kommunale Ordnung
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Behörden Spiegel / September 2017
Mit Sicherheit ein Genuss
Görlitz setzt auf Videoüberwachung
Dallmeier-Sicherheitslösung in der Elbphilharmonie
Projekt startet im kommenden Jahr an vier Standorten
(BS/Sebastian Alt*) Zum Jahresanfang wurde die Elbphilharmonie in Hamburg in Anwesenheit zahlreicher Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Kultur mit einem Konzert des NDR Elbphilharmonie Orchesters feierlich eröffnet. Zur Sicherheit im und um das neue Wahrzeichen Hamburgs und zum Schutz der Eröffnungsgäste, darunter der damalige Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel, trug ein Videosicherheitssystem von Dallmeier bei. Die Projektierung und Installation des Full-IP-Systems erfolgte durch die in Hamburg ansässige DEKOM Video Security & Network GmbH, welche zur Dallmeier Unternehmensgruppe gehört.
(BS/Marco Feldmann/Julia Seeliger) Görlitz nimmt in einem sächsischen Ranking einen unrühmlichen Platz ein. Die östlichste Stadt Deutschlands war im vergangenen Jahr die am zweitstärksten mit Kriminalität belastete Ortschaft im Freistaat. Schlimmer war die Situation nur noch in Leipzig. Nun wollen die Verantwortlichen gegensteuern.
Historische Kulisse und zugleich architektonischer Sockel für das bis zu gut 70 Meter über ihn in den Hamburger Himmel hinausragende Bauwerk ist der zwischen 1963 und 1966 errichtete Kaispeicher A. Der hatte den an derselben Stelle stehenden Kaiserspeicher aus dem Jahr 1875 abgelöst, der im Zweiten Weltkrieg beschädigt worden, aber erst durch die Sturmflut 1962 unbrauchbar geworden war. Sein Nachfolger wurde noch bis in die späten 1990er-Jahre hinein als Lagerhaus genutzt. Hinter seinen imposanten Backsteinmauern bietet der vollständig entkernte Speicher nun Platz unter anderem für ein Restaurant
schiedlichen Anforderungen definiert, die sich dennoch in einem Gesamtsystem vereinen lassen sollten. Für die Plaza als öffentlich zugänglichen Bereich galt es, spezifische Optionen der Videoanalyse zur Verfügung zu stellen. Auf die im achten Obergeschoss gelegene Plaza gelangt man vom Eingangsbereich des Gebäudes über die sogenannte Tube, eine 82 Meter lange Rolltreppe. Für diesen stark frequentierten Bereich sah man die Notwendigkeit, die visuelle Absicherung durch Kameras um eine intelligente Videoanalyse der Bildinformationen zu ergänzen. Daher erfolgt hier eine automatische Detektion
Bei der Elbphilharmonie ist das gebäudeweite Videosystem von Dallmeier unaufdringlich und an die verschiedenen Bereiche angepasst. Foto: BS/©Pure-life-pictures, Fotolia.com
sowie das Parkhaus. Schon bei der Einfahrt in dieses können sich die Besucher auf die unaufdringliche Sicherungsarbeit des gebäudeweiten Videosystems verlassen, das hier für einen ordnungsgemäßen Verkehrsfluss und diebstahlsichere Stellplätze sorgt. Über die Zufahrten und Parkebenen verteilt arbeiten hier rund ein Dutzend wettergeschützte Dallmeier-Infrarotkameras. Die Kameras vom Typ DF4920HD-DN/IR liefern auch bei Dunkelheit hochauflösendes Videomaterial. Dem besonderen Charakter des Gesamtgebäudes werden die hochmodernen Aufnahmegeräte durch ihre eigens entworfene Sonderlackierung gerecht. Neben dem Nutzungsbereich Parkhaus wurden in der Planungsphase für das netzwerkbasierte Videosystem fünf weitere Bereiche mit unter-
von Objekten, insbesondere herrenloser Gepäckstücke. Die über dedizierte Server laufende Videoanalyse beinhaltet auch eine Personenzählung: Über die Definition von virtuellen Linien im Bild, die als Zählschwellen dienen, wird die Anzahl der Besucher beim Betreten oder Verlassen eines Detektionsbereiches erfasst. Neben der dadurch gewonnenen Gesamtbesucherzahl können auch Bewegungstrends und Spitzenzeiten ausgemacht werden. Diese Daten erlauben es einerseits, fundierte Entscheidungen zur Gestaltung von Einkaufsflächen zu treffen. Andererseits lassen sich so gegebenenfalls Anhaltspunkte zur kontinuierlichen Verbesserung von feuerpolizeilich vorgeschriebenen Notfall- und Evakuierungsplänen gewinnen. Unabhängig von ihrem Nutzen
für andere Bereiche dient die Kombination aus Aufzeichnung und Analyse in erster Linie der Gebäudesicherheit und dem Schutz von Philharmoniebesuchern, Hotelgästen und Touristen.
Diskretes Gesamtsystem Insgesamt unterstützen mehr als 300 Kamerasysteme das Sicherheitsmanagement in der Elbphilharmonie, darunter auch das patentierte Multifocal-Sensorsystem Panomera® aus dem Hause Dallmeier. Das speziell für die Erfassung von sehr weitläufigen Flächen und großen Distanzen entwickelte Panomera®-System ist an mehreren Standorten auf dem Gelände im Einsatz. Unter anderem sichert die MFS-Technologie das Gebäude flussseitig ab. Auch die Panomera®-Modelle integrieren sich dank Sonderlackierung in die Architektur. Das reibungslose Zusammenspiel aller Systemkomponenten wird über das hochperformante und benutzerfreundliche SeMSy®-IIIVideomanagementsystem dirigiert. An sechs Workstations haben die Operator alles im Blick und können etwa durch die Aufschaltung relevanter Kameras schnell auf etwaige Gefahrensituationen reagieren. Das zukunftsweisende Dallmeier-Videosystem soll zum Wohlbefinden aller Besucher beitragen. DEKOM-Geschäftsführer Wolfgang Haack: “Das war ein wirklich schönes Projekt und ein großer Erfolg für die Dallmeier Unternehmensgruppe. Wir freuen uns auf die zukünftige Zusammenarbeit mit der Elbphilharmonie und natürlich auch auf den ein oder anderen musikalischen Hochgenuss – ich werde mir die brillante Akustik nicht entgehen lassen.” Weitere Informationen unter www.dallmeier.com und www. panomera.com *Sebastian Alt ist im Marketingbereich der Dallmeier electronic GmbH & Co. KG tätig.
Künftig soll es in der Görlitzer Altstadt eine präventive Videobeobachtung an vier Standorten geben. Davon verspricht sich die Polizei eine wirksamere Bekämpfung der grenzüberschreitenden Eigentumskriminalität. Diese hatte in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen und lag – etwa im Vergleich zu Bautzen – um 93 Prozent höher. 2014 und 2015 wurden in Görlitz jeweils rund 3.700 Diebstähle verzeichnet, auch im letzten Jahr waren es noch etwa 3.000. Eine unmittelbare Kooperation mit den polnischen Nachbarn findet – trotz regelmäßigen Austauschs – allerdings nicht statt.
Ulbig zuversichtlich Dazu sagte Sachsens Innenminister Markus Ulbig, der derzeit auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz (IMK) ist: “Nachdem die Eigentumskriminalität in den vergangenen drei Jahren einen traurigen Höhepunkt erreicht hat, habe ich die Polizeidirektion Görlitz gebeten, neben einer Intensivierung der bestehenden polizeilichen Maßnahmen ein Konzept zur effektiveren Kriminalitätsbekämpfung zu entwickeln.” Auch wenn noch einige vorbereitende Arbeiten bis zur Umsetzung der Videobeobachtung erforderlich seien, zeigte sich der Ressortchef von der Wirksamkeit dieser präventiven Maßnahme an Kriminali-
In Zukunft soll der öffentliche Straßenraum im sächsischen Görlitz an mehreren Punkten per Videokamera überwacht werden. Dabei ist eine ganztägige Kontrolle des Personen- und Fahrzeugverkehrs vorgesehen. Eine dauerhafte Auswertung des Bildmaterials in Echtzeit durch Polizeibeamte ist jedoch nicht geplant. Foto: BS/Stephan Mosel, CC BY 2.0, flickr.com
tätsschwerpunkten überzeugt. Der CDU-Politiker verspricht sich von der Technik eine Verhinderung von Straftaten durch das Abschrecken potenzieller Täter. Außerdem könnten Delikte damit schneller aufgeklärt werden, weil die Delinquenten leichter zu identifizieren seien.
Keine durchgängige Live-Überwachung Die Chancen dafür dürften jedenfalls nicht schlecht stehen. Denn: Sowohl der Personenals auch der Fahrzeugverkehr sollen ganztägig kontrolliert werden. Gleichwohl sagte der Präsident der örtlichen Polizeidirektion Torsten Schultze auch: “Eine durchgehende Live-Überwachung der Kameraaufnah-
men durch Polizeibeamte ist grundsätzlich nicht vorgesehen.” Bei speziellen Anlässen oder bei Gefahrenlagen könnten die Signale jedoch im Führungs- und Lagezentrum der Polizei zugeschaltet werden. Die aufgezeichneten Daten würden nach 96 Stunden automatisch unwiderruflich gelöscht. Diese Speicherfrist gelte jedoch nicht, sofern die Aufnahmen für die Strafverfolgung erforderlich seien, so der Beamte weiter. Noch in diesem Monat soll die europaweite Ausschreibung der Kameratechnik starten. Für ihre Anschaffung steht rund eine halbe Million Euro zur Verfügung. Hinzu kommen die Betriebs- und Unterhaltungskosten. Projektbeginn ist 2018.
MELDUNG
Videoüberwachung wird ausgebaut (BS/mfe) Der Freistaat Bayern plant eine deutliche Intensivierung der kameragestützten Beobachtung des öffentlichen Raumes. Entsprechende Pläne, die fünf Ausbauschwerpunkte vorsehen, präsentierte kürzlich Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Demnach soll es sowohl mehr festinstallierte Videoüberwachungsanlagen der Polizei an Kriminalitätsschwerpunkten als auch eine verstärkte mobile Beobachtung der Sicherheitsbehörden geben. Des Weiteren ist ein Ausbau der kommunalen Videoüberwachung vorgesehen,
vor allem im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), wo es noch deutlichen Handlungsbedarf gebe. Gleiches gilt für öffentlich zugängliche Gebäude, wie zum Beispiel Einkaufspassagen oder Veranstaltungshallen. Schließlich soll auch die eingesetzte Technik optimiert werden, um noch schärfere und damit besser auszuwertende Bilder zu erhalten. Davon verspricht sich der Ressortchef außerdem eine noch schnellere Identifizierung von Straftätern und eine effizientere Aufklärung von Delikten.
Herrmann erklärte allerdings auch: “Wir werden die Videoüberwachung nur dort ausbauen, wo es für mehr Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger zwingend erforderlich ist.” Und er zeigte sich überzeugt: “Das hilft unserer Polizei ganz entscheidend bei der Fahndung nach Kriminellen oder auch bei möglichen terroristischen Anschlägen.” Zusätzlich stärke die Videoüberwachung das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen und wirke darüber hinaus abschreckend auf potenzielle Täter.
Bundeskongress
Kommunale Ordnung
27. – 28. September 2017 in Wolfsburg
Referenten auf dem Kongress u.a.:
Jörg H. Trauboth Der Terrorismusexperte widmet sich den Chancen und Grenzen einer neuen Sicherheitsarchitektur – auch unter Einbezug Kommunaler Ordnungsdienste – in Deutschland.
Michael Sothmann Der Wolfsburger Geschäftsbereichsleiter für Bürgerdienste erläutert das Projekt “Streetlife” in der VW-Stadt. Dabei handelt es sich um eine Kooperation zwischen Ordnungsamt, Polizei und Jugendamt. Ziel von “Streetlife” ist es, zwischen Jugendlichen und anderen Einwohnern zu vermitteln.
Informationen und Anmeldung unter: www.kommunale-ordnung.de
Dorothea Koller Die Leiterin des Amtes für öffentliche Ordnung der Landeshauptstadt Stuttgart geht auf den Umgang mit Armutsflüchtlingen aus anderen Staaten der Europäischen Union ein. Dabei legt sie ihren Fokus besonders auf Handlungsmöglichkeiten der Kommunen. Eine Veranstaltung des
Digitaler Staat Behörden Spiegel
www.behoerdenspiegel.de
Berlin und Bonn / September 2017
Durchstarten bei der Digitalisierung In der 19. Legislaturperiode muss die Modernisierung der Verwaltung gelingen
KNAPP IT-Sicherheit boomt (BS/gg) Die weltweiten Ausga-
(R. Uwe Proll/Benjamin Stiebel) Damit der Digitale Staat Wirklichkeit wird und Deutschland den Anschluss nicht verliert, müssen nach der Bundestagswahl eine Agenda für die digi- ben für Produkte und Diensttale Verwaltung mit klaren Zielen formuliert, Gremien mit konkreten Kompetenzen ausgestattet und Beschaffungs- und Umsetzungsprozesse beschleunigt werden. Schlüssel für eine leistungen der Informationssierfolgreiche Transformation ist die transparente und vertrauensvolle Partnerschaft von Politik, Verwaltung und Wirtschaft. cherheit werden 2017 auf 86,4
B
undesregierung, Bundestag und Bundesverwaltung haben sich in der 18. Legislaturperiode stärker als zuvor mit der Digitalisierung beschäftigt. Mit der “Digitalen Agenda der Bundesregierung”, der IT-Konsolidierung des Bundes, der Fortschreibung der “Cyber-Sicherheitsstrategie für Deutschland” und dem ITSicherheitsgesetz wurden in den letzten Jahren wichtige Grundlagen geschaffen. Um die fortschreitende Digitalisierung aller Lebensbereiche erfolgreich zu gestalten und die Bundesrepublik zu einem weltweiten Vorreiter zu machen, muss in den nächsten Jahren vor allem die öffentliche Verwaltung modern und effizient aufgestellt werden. Die Leistungserbringung muss serviceorientiert sowie unternehmens- und bürgerfreundlich umgesetzt werden. Im Mittelpunkt sollte dabei die Lebenslage stehen, nicht die Zuständigkeit. Die Konsequenz ist eine Ausgestaltung der öffentlichen Verwaltung als One-Stop-Shop. Der Portalverbund sollte als Integrationsplattform schnell vorangebracht werden – die zuverlässige Einbindung der digitalen Fachverfahren der Kommunen ist dabei von besonderer Bedeutung. Digitale Verwaltungsangebote dürfen nicht hinter den alltäglich genutzten kommerziellen digitalen Diensten zurückbleiben. Authentifizierung und Benutzerführung müssen daher auf allen Endgeräten medienbruchfrei funktionieren und intuitiv zu bedienen sein.
Ziele definieren Die IT-Infrastrukturen der Bundesverwaltung müssen stärker und schneller als bisher konsolidiert und modernisiert werden, um Kosten und Bürokratie abzubauen und Effizienzpotenziale digitaler Pro-
Durchstarten: Statt zu landen und aus dem gebremsten Zustand heraus erneut zu starten, gibt man noch vor Bodenkontakt Gas und geht wieder in den Steigflug über. So schnell und effizient muss auch der Übergang zur Digitalisierungspolitik der nächsten vier Jahre gelingen. Illustration: BS, Dach; verwendete Fotos: Matt Hecht, flickr.com/ © foxaon, Fotolia.com
zesse nutzen zu können. Dazu muss eine “Agenda für die digitale Verwaltung” formuliert werden, die im Sinne einer Roadmap konkrete Ziele in einem konkreten Zeitplan festhält. Die (Zwischen-)Ergebnisse müssen anhand klar definierter Kriterien regelmäßig evaluiert werden können. Für die Erreichung der in der Agenda festgelegten Ziele ist eine eindeutige Verteilung der entsprechenden Kompetenzen und damit Verantwortlichkeiten zwingend notwendig. Die Zuständigkeit für die Bundes-IT sollte deutlich verschlankt werden, zum Beispiel in der Person eines IT-Staatssekretärs im Bundeskanzleramt. Dieser sollte durch Weisungskompetenz in seinen Befugnissen gestärkt werden. IT-Rat, IT-Planungsrat und FITKO sollten als Umsetzungsgremien definiert werden und anhand regelmäßiger konkreter Arbeitsprogramme Innovationen vorantreiben. Auch hier ist eine regelmäßige und transparente Evaluation anhand klarer Vorgaben unverzichtbar, um die
Beschaffung moderner und effizienter Lösungen zu fördern. Ein externer Beirat aus Vertretern der IKT-Branche könnte die Umsetzungsgremien beraten, um auf direkte und transparente Weise Expertise aus der freien Wirtschaft berücksichtigen zu können.
IT-Sicherheit gewährleisten Die Digitalisierung des Staates kann nur erfolgreich gelingen, wenn Angebote der öffentlichen Verwaltung von Bürgern und Unternehmen angenommen und selbstverständlich genutzt werden. Dies setzt ein hohes Maß an Vertrauen in die Sicherheit der öffentlichen ITInfrastruktur und in den rechtskonformen Umgang mit sensiblen oder personenbezogenen Daten voraus. Angesichts der angespannten Bedrohungslage im Cyber-Raum ist eine weitere Erhöhung des Sicherheitsniveaus in technischer, organisatorischer und personeller Hinsicht unverzichtbar. Aufgrund der zunehmenden Dynamik bei Technologien und Angriffsmus-
Save the date: 20.–21. März 2018
tern ist besonders im Bereich ITSicherheit Anpassungsfähigkeit gefragt. Da erfolgreiche Angriffe auf ITSysteme niemals ausgeschlossen werden können, muss ein nachhaltiges Risiko- und Notfallmanagement auf allen Ebenen eingesetzt werden. Insbesondere müssen Fähigkeiten ausgebaut werden, Angriffe schnell und zuverlässig zu erkennen und zu analysieren. Dazu gehört auch ein genaues Schadens-Assessment. So muss beispielsweise ermittelbar sein, ob und welche Daten bei einem Angriff abgeflossen sind, um zielgerichtet und informiert Konsequenzen ziehen zu können. Ein vollständiges Bild über die jeweils aktuelle Bedrohungslage sowie über notwendige Schutzmaßnahmen lässt sich nur gewinnen, wenn Erfahrungen aus allen Sektoren und Branchen geteilt werden. Kooperative Plattformen für einen regelmäßigen vertrauensvollen Austausch zwischen öffentlichen und privaten Experten sollten daher weiter ausgebaut und intensiv genutzt werden.
Expertise aufbauen Eines der größten Hemmnisse für die Verwaltungsmodernisierung ergibt sich aus dem IT-Fachkräftemangel. Im Wettbewerb um gut ausgebildete Mitarbeiter hat der Öffentliche Dienst oft das Nachsehen, weil Unternehmen mit deutlich höheren Verdienstmöglichkeiten locken können. Die für Innovation und nachhaltigen Wandel nötige Expertise muss daher zumindest in Teilen innerhalb der Verwaltung aufgebaut werden. Die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern ist zu fördern – auch mit den entsprechenden Haushaltsmitteln. In den Verwaltungsakademien müssen
Lehrmethoden und Inhalte fortlaufend auf den neuesten Stand gebracht werden. Auch über eine Öffnung für private Bildungsanbieter ist nachzudenken. Partnerschaftliche Modelle mit Unternehmen versprechen auch hier Erfolge. Wechselseitige Hospitationen oder Volontariate für Fachleute der Wirtschafts- und der Verwaltungsseite ermöglichen einen Austausch von Kompetenzen und können helfen, Verständnis und Transparenz auf beiden Seiten zu schaffen.
Innovation fördern Beschaffungsprozesse im Bereich IT müssen deutlich agiler und innovationsfreundlicher gestaltet werden, wenn die öffentliche Verwaltung den Anschluss nicht verlieren will. Ausschreibungen sollten ergebnisbezogen formuliert werden. Statt zu nutzende Technologien vorwegzunehmen, sollte klar definiert werden, welche Ziele durch Anschaffungen zu erreichen sind. Auf diesem Weg wird der Wettbewerb für innovative und effiziente Lösungen geöffnet, die möglicherweise zuvor unbekannt waren. Des Weiteren empfiehlt sich die Einrichtung von Innovationszentren, in denen staatliche Stellen mit Unternehmen fallbezogen kooperieren, um die besten Optionen für konkrete Vorhaben zu ermitteln. Für das Durchstarten bei der Digitalisierung bedarf es also einer Vielzahl an Instrumenten, die es zudem zu orchestrieren und zu dirigieren (steuern) gilt. Die nächste Bundesregierung sollte somit bereits im Koalitionsvertrag möglichst viele konkrete und ehrgeizige Pflöcke für den digitalen Staat einhauen und diese Ziele anschließend in enger Kooperation mit den Ländern und Kommunen ambitioniert umsetzen.
KOSMOS, Berlin
THEMENKANÄLE
Bereits zum 21. Mal wird der Verwaltungsmodernisierungskongress in Berlin stattfinden, zum zweiten Mal unter dem Namen „Digitaler Staat“. In diesem Jahr zog der Kongress rund um die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung über 700 Teilnehmer in die Hauptstadt. Erstmals findet der Kongress nun im ehemaligen Premierenkino KOSMOS in Berlin statt. Hierdurch wird auch die Präsentation und Diskussion der Inhalte in einem neuen Licht erscheinen. Vorhang auf! // E-Government
// Digitaler Datenschutz
// Arbeit und Personal 4.0
Ob FITKO, das Digitalisierungsprogramm, die neue Digitale Agenda oder der Portalverbund – die nächsten Jahre werden von Projekten geprägt sein, die eine standardisierte und verbindliche Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen ermöglichen sollen.
Im Mai 2018 wird die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft treten. Mit diesem Themenkanal wird der Kongress auf das Spannungsfeld der digitalen Plattformen zwischen Effizienz und Datenschutz eingehen und die neuen Anforderungen an Behörden aufzeigen.
Chancen und Grenzen der fortschreitenden Digitalisierung der Verwaltungsarbeit bis hin zu Bots und dem vollautomatisierten Verwaltungsakt. Personalrecruiting, Qualifizierung und Weiterentwicklung, mobiles Arbeiten, Homeoffice, Wahlarbeitszeit – wichtige Fragen der Zukunft.
WEITERE INFORMATIONEN IN KÜRZE UNTER WWW.DIGITALER-STAAT.ORG
Mrd. US-Dollar (rund 73 Mrd. Euro) ansteigen, so die neueste Prognose des IT-Research- und Beratungsunternehmens Gartner. Dies entspricht einer Zunahme von sieben Prozent im Vergleich zu 2016. Für 2018 erwartet Gartner Ausgaben für ITSicherheit in Höhe von 93 Mrd. US-Dollar (rund 79 Mrd. Euro).
Kfz-Online-Abmeldung in Sachsen (BS/gg) In Sachsen ist ein neues Online-Portal zur Online-KfzAbmeldung gestartet. Die Stadt Leipzig wird als erste Zulassungsbehörde das neue Portal in ihren Webauftritt einbinden und zur Verfügung stellen. Die übrigen Zulassungsbehörden sollen schrittweise folgen. Das neue Online-Portal ist unter https://lsnq.de/ikfz abrufbar. Es basiert auf einer Kooperation des Sächsischen Staatsministeriums des Innern mit der kommunalen Ebene und führt das zentrale Internetportal des Kraftfahrtbundesamtes fort.
Mehr IKT-Fachkräfte in Europa (BS/gg) Eurostat, das statistische Amt der Europäischen Union, hat Zahlen zu den IKT-Fachkräften in der EU veröffentlicht. Im Jahr 2016 waren insgesamt über acht Millionen IKT-Spezialisten beschäftigt, was einem Gesamtbeschäftigungsanteil von 3,7 Prozent entspricht. Jedes fünfte Unternehmen beschäftigte eine Fachkraft, aber die Nachfrage der Unternehmen wächst. Jedes zehnte hätte 2016 gerne einen Spezialisten eingestellt, allerdings scheiterte dies bei 41 Prozent aller Unternehmen an Schwierigkeiten, die Stelle qualifiziert zu besetzen. In Deutschland waren 2016 über 1,5 Millionen IKT-Fachkräfte beschäftigt.
Organisation & Management
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edes beliebige Smartphone verfügt heutzutage nicht nur über mehr Rechenkapazitäten als die “Apollo”-Misson der NASA, sondern ganz selbstverständlich auch über georeferenzierte “smart devices”, also digitale Karten und raumbezogene Applikationen. Entscheidendes Merkmal dieser Services ist, dass jeder Nutzer zu deren Weiterentwicklung beiträgt oder zumindest beitragen kann, indem er über Sensoren Koordinaten erzeugt, die hoch performant und geometrisch fast beliebig mit denen anderer Marktteilnehmer vernetzt werden. Während die dadurch gewonnenen Erkenntnisse heute nahezu ausschließlich durch privatwirtschaftliche Anbieter verwertet werden, bedient sich der Staat bisher noch zu selten der Möglichkeiten des “Crowdsourcings”, also der aktiven Einbindung der Zivilgesellschaft zur Erhebung und Fortschreibung öffentlicher Daten.
Mehr “Crowdsourcing” Künftig wird absehbar auch die Vermessungs- und Katasterverwaltung nicht nur auf selbst erhobene, sondern ebenso auf Daten aus “Crowdsourcing” zurückgreifen. Diese Daten sind, etwa im Bereich der Wertermittlung, zu integrieren, um die eigenen Angebote aktuell zu halten bzw. zu verbessern. Kombinierte Geobasis- und Fachdaten sind, auch als Big-Data-Analysen, den verschiedenen Fachverwaltungen anwendungsbezogen
Die digitale Neuvermessung der Welt Ausblick auf die Vermessungs- und Katasterverwaltung 2025 (BS/Michel Golibrzuch) Die Digitalisierung erfordert den raschen Umbau der analogen zur elektronischen Verwaltung. Mithilfe des Onlinezugangsgesetzes soll ein zentraler Portalverbund entstehen, der Bürgerinnen und Bürgern sowie Wirtschaft den raschen Zugriff auf öffentliche Informationen ebenso ermöglicht wie digitale Antragstellungen. Neben der virtuellen Kundentheke bedarf es aber auch und vor allem der Digitalisierung der Fachverwaltungen und deren Vernetzung untereinander. Ein Prozess, der auch Technische Verwaltungen vor enorme Herausforderungen stellt. Die Ausrichtung der Vermessungs- und Katasterverwaltung etwa wird sich in den kommenden Jahren absehbar grundlegend wandeln. zur Verfügung zu stellen. Adressat sind dabei andere Landesbehörden, aber auch Kommunen. Die Daten dienen als Instrument der Planung und Daseinsvorsorge, entsprechend wird auch der Anspruch an das Liegenschaftskataster steigen. Die Vermessungs- und Katasterverwaltung entwickelt sich damit zunehmend zum zentralen Geodaten-Dienstleister der Landesverwaltung.
Datenmanagement für Planung der Zukunft Schon heute bieten die Katasterämter in Niedersachsen als Standardprodukt ein sogenanntes Baulücken- und Leerstandskataster an, das demografische Angaben mit Eigentümerdaten verschneidet und frühzeitig auf drohende Leerstände hinweist. Allen Kommunen im Land steht damit ein Steuerungsinstrument zur Verfügung, das für die Planung notwendiger sozialer Infrastruktur entscheidende Hinweise liefert, aber auch bei der Ausgestaltung des ÖPNVAngebots oder der Schulent-
planungs- bzw. einsatzrelevante Umgebung digital erfasst. Terrestrische und Michel Golibrzuch ist Präluftgestützte sident des Landesamtes Laserscanplattfür Geoinformation und Landesvermessung Niederformen können sachsen (LGLN). hunderttausende von MesswerFoto: BS/Fieseler ten pro Sekunde modellieren, die aktuellen Speiwicklungsplanung mehr als chermedien und Computerprozessoren ermöglichen die Verhilfreich ist. Das Geodatenmanagement der arbeitung dieser Datenmengen Vermessungsverwaltung fertigt in Echtzeit. darüber hinaus visualisierte Darstellungen für Hochwasser- Neue Erhebungsmethoden sind zwingend notwendig oder Katastrophenschutz und stellt sie auf konkrete AnfordeDie Integration verschiedener rungen dem Lagezentrum des Sensoren in ein einziges System Niedersächsischen Innenminis- bewirkt nicht nur Anwendungen teriums zur Verfügung. wie das autonome Fahren. In Wachsende Bedeutung ge- der Landesvermessung werden winnt auch die Gebäudeda- durch die Miniaturisierung der tenmodellierung, nicht nur bei Planung und Bau, sondern perspektivisch auch für Einsätze von Sicherheitsbehörden. Auf Basis von 3D-Laserscandaten werden Gebäude und deren
Im Umbruch Agiles Veränderungsmanagement im BVA (BS/Silvia Bechtold) Mit rund 5.500 Beschäftigten an 20 Standorten übernimmt das Bundesverwaltungsamt (BVA) heute mehr als 150 Fachaufgaben für alle Bundesressorts. Immer wieder neue Aufgabenstellungen haben uns lernen lassen, dass Schritthalten mit gesellschaftlichen Anforderungen und der Anspruch an eine fortschrittliche Verwaltung ein geschärftes Bewusstsein für Veränderung voraussetzt. Tiefgreifende Veränderungen müssen prozessual gedacht werden und brauchen situationsbezogene und beteiligende Führung.
Erfolg durch unsere Beschäftigten Auch gute Strategien, Strukturen und Prozesse führen nur dann zum Erfolg, wenn die Beschäftigten eng eingebunden werden. Transparenz ist ein wesentlicher Bestandteil, unverzichtbar ist offene Kommunikation. Maßnahmen wie
änderungsthemen vernetzen und gegenseitig unterstützen können. VeränSilvia Bechtold ist seit 25 derungsmanageJahren im Bundesverwalment soll gelebter tungsamt tätig, seit Oktober 2014 als VizepräsidenAlltag werden. tin der Bundesoberbehörde Das ursprüngmit Hauptsitz in Köln. liche Vorgehensmodell des Foto: BS/BVA Veränderungsmanagements z. B. sehr frühzeitige Informa- “Auftauen, Bewegen und Eintionsveranstaltungen, die Auf- frieren” passt auf gut planbanahme und Beantwortung von re Projekte. Die Parallelität von Mitarbeiterfragen (FAQs) sowie sich gegenseitig stark beeinflusBegrüßungsreisen des Präsi- senden Vorhaben schafft heudenten persönlich waren in te allerdings eine Komplexität unseren großen Projekten mit und Dynamik gerade im Bereich viel Aufwand verbunden, haben von Digitalisierungsthemen, die aber wesentlich zur Akzeptanz agile Vorgehensmodelle wie z. B. Scrum erfordern. Wer plant beigetragen. Unseren Beschäftigten gilt heute in Ruhe und friert anDank für ihre Bereitschaft, sich schließend seine Veränderunin das Neue einzubringen. Das gen ein? Als zentraler Verwalist ein guter Nährboden für tungsdienstleister müssen wir unsere gemeinsame Weiterent- uns vor dem Hintergrund einer wicklung. Das macht mich zu- sich dynamisch verändernden Gesellschaft ebenfalls dynaversichtlich. misch und stetig verändern. UnFührungsverantwortung im ser Veränderungsmanagement Veränderungsmanagement muss dabei vor allem die große Veränderungsmanagement ist Verunsicherung, die das für die originär Führungsaufgabe und Beschäftigten bedeuten kann, explizit in unseren Führungs- im Blick haben. Wir müssen uns leitlinien verankert. Unsere immer wieder die Frage stellen, Projektgruppe “Zentrales Ver- was muss an Bewährtem bleiänderungsmanagement” unter- ben und von was muss ich mich stützt beratend. Hier haben wir verabschieden, um Antworten ein Handbuch mit Arbeitshilfen zu finden, die stabilisierend und und u. a. einem auf das BVA bewegend zugleich wirken. Dass Veränderungsmanageabgestimmten, flexiblen “Werkzeugkasten” entwickelt. Eine ment ureigene FührungsaufgaBlaupause für Veränderungs- be ist und nicht an das zentrale management gibt es nicht. Jede Veränderungsmanagement deVeränderung bedarf einer eigen- legiert werden kann, betone ich ständigen Betrachtungs- und hier noch einmal. Unser Zentrales Veränderungsmanagement Vorgehensweise. Das Zentrale Veränderungs- wird aber darüber hinaus seine management wird künftig flan- Hilfestellungen diesen geänderkierend Workshops und kolle- ten Rahmenbedingungen angiale Beratung initiieren, damit passen, um weiterhin zeitgemäß sich unsere Führungskräfte zu unterstützen. Das ist agiles untereinander zu ihren Ver- Veränderungsmanagement.
Komponenten auch luftgestützte Erhebungsmethoden durch Drohnen mit montierter Kamera oder eben Laserscanner durchaus sinnvoll. Zwar ersetzt eine Drohne keinen Messtrupp, solange die Markierung noch per Grenzpunkt erfolgt. Gleichwohl benötigt eine Technische Verwaltung zwingend die Kompetenz, mit neuen Erhebungmethoden und daraus resultierenden Anwendungsfeldern vertraut zu sein. Dies gilt umso mehr, als schon heute kein Abmarkungszwang mehr besteht und der digitale Trend zu reinen Koordinatenkatastern geht. Noch funktioniert die MixedReality vor allem als Indoor-Präsentation in Messehallen und nicht flächendeckend in der freien Natur. Da die gleichen Daten aber auch für das autonome Fahren benötigt werden, wird
sich die Technologie absehbar rasant entwickeln. Der dahinter stehende Algorithmus jedenfalls findet korrespondierende Punkte in verblüffender Geschwindigkeit und berechnet daraus auch jedes beliebige Landschaftsmodell. Die wenigen Beispiele machen deutlich: Die Digitalisierung dynamisiert nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung. Die massenhafte Erzeugung von Daten, die dadurch möglichen Auswertungen und Anwendungsfelder sind nicht nur eine regulatorische Herausforderung für die Politik; sie revolutionieren auch die öffentliche Verwaltung. Neben den eingeführten Berufsbildern benötigt die Verwaltung daher vor allem Datenspezialisten und ein Beamten- und Tarifrecht, das deren Rekrutierung ermöglicht. Die größte Herausforderung indes besteht darin, die heutigen Beschäftigten der Verwaltung in die digitale Welt mitzunehmen und deren Erfahrungswissen mit den neuen technologischen Möglichkeiten zu verschränken. Prognosen sind bekanntlich unsicher, insbesondere, wenn sie die Zukunft betreffen. Eines aber muss als sicher gelten: Die Digitalisierung geht nicht mehr weg.
Leicht aus der Feder Komplexes einfach vermitteln
(BS/Gerda Schneider*) Aus einer Mücke einen Elefanten zu machen, ist nicht schwer. Schwierig wird es umgekehrt. Der Anspruch ist, Komplexes federleicht zu machen. Wir leben in einer komplexen und dynamischen Welt, die teilweise von großer Unsicherheit geprägt ist. Je komplexer die Dinge, umso mehr sehnen wir uns nach einfachen Lösungen und Leichtigkeit. Unser Mittel, Komplexes einfach zu erklären, ist die Sprache, auch die Schriftsprache. Es wird immer mehr zur Schlüsselqualifikation, Themen klar zu strukturieren, einfach zu erklären, auf den Punkt zu bringen. Einfach, klar und überzeugend zu schreiben, ist keine Kunst. Es ist ein Handwerk, das ständig verfeinert werden sollte. So wie sich die Persönlichkeit entwickelt, sollte auch die Fertigkeit im Schreiben entwickelt werden. Wie jemand schreibt, sagt viel über seine Persönlichkeit aus und ist seine Visitenkarte. Der Empfänger macht sich ein Bild und dieser erste Eindruck prägt. Diese Chance sollten wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Mit dem Brief oder der E-Mail werden nicht nur Bescheide und Informationen übermittelt. Die Korrespondenz zeigt, was wir von dem anderen halten, ob wir ihn wertschätzen und respektieren. Für einen federleichten Schreibstil, sollten Sie sich drei Fragen stellen:
Wem schreibe ich? Verständlich zu schreiben bedeutet in erster Linie, so zu schreiben, dass es der Empfänger versteht. Wie viele Missverständnisse entfalten sich zu voller Blüte durch wortreiche Erklärungen des Schreibers? Empfängerorientiert zu schreiben, bedeutet jedoch, vom Empfänger her zu denken. Welche Sprache versteht sie oder er? Was ist ihr oder sein Nutzen? Komplexes kann vereinfacht werden, indem sprachliche Bilder, Vergleiche oder Geschichten benutzt werden sowie einfache und klare Worte.
Ist der rote Faden erkennbar? Je komplexer der Text, desto wichtiger ist es, einen roten Faden durchzuziehen. Briefe, E-Mails oder Berichte sind zu strukturieren. Eine schlüssige Argumentationskette ist aufzu-
bauen, um mit wenigen, aber triftigen Argumenten zu überzeugen. Weniger ist meist mehr. Der Beginn soll positiv ohne Floskeln formuliert sein, am Ende eine klare Aufforderung oder Bitte stehen. Der Anfang prägt, das Ende bleibt.
Ist meine Botschaft klar und verständlich? Gotthold Ephraim Lessing empfahl 1743 in einem Brief an seine Schwester: “Schreibe wie du redest, so schreibst du schön.” Das gilt heute mehr denn je. Immer noch finden sich in Briefen und E-Mails etliche Formulierungen, die leicht angestaubt sind. Klartext heißt, überflüssige Floskeln, Wortungetüme, Passivkonstruktionen und Substantivierungen zu eliminieren. Was klingt besser: “Für Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit zur
Verfügung?“ Oder eher: “Haben Sie noch Fragen?” Besser ist, zu sagen, was Sache ist – höflich, klar und für den Empfänger verständlich. Gefragt ist heute ein moderner, persönlicher und frischer Stil, der Sympathien weckt und überzeugt. Ein Stil, der positive Emotionen und Bilder im Kopf erzeugt. Wenn man das Handwerk des leichten Schreibens beherrscht, macht es Spaß, Briefe und E-Mails zu verfassen, die gerne gelesen werden, die überzeugen und die aus einem Elefanten eine federleichte Mücke machen. Denn: “Schreiben ist leicht. Man muss nur die falschen Wörter weglassen”, sagte Marc Twain. *Gerda Schneider ist seit 2008 als Trainerin für öffentliche Verwaltungen tätig (www.gerdaschneider.de).
Aus der Praxis für die Praxis Bildnachweis: Redpixel, www.fotolia.com
In den letzten Jahren hat das BVA sehr große strukturelle Veränderungen im Rahmen von Konsolidierungsmaßnahmen erfahren. 2013 übertrug das Bundesministerium der Verteidigung dem Bundesverwaltungsamt große Teile der Personalabrechnung für die Bundeswehr. Rund 1.400 Beschäftigte der Bundeswehr kamen zum BVA hinzu. 2015 wechselte die “Bundesstelle für Informationstechnik” (BIT) des BVA. Wir verloren mit ihr rund 400 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zum Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund). Zum 1. Juni 2017 gingen die Dienstleistungsaufgaben des Bundesamts für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) auf das BVA über. Im Zuge der Fusion wechselten rund 1.500 BADV-Beschäftigte ins BVA. Natürlich sind diese großen personellen, fachlichen und organisatorischen Veränderungen nicht spurlos an uns vorbeigegangen. Verschiedene Arbeitswelten, nicht nur Arbeitsweisen, andere Prägungen und Kulturen, mussten und müssen nach wie vor zusammengebracht und weiterentwickelt werden. Dazu bedarf es eines besonderen Managements, das vor allem die menschliche Ebene einbezieht. Unsere Veränderungsprojekte wurden vor diesem Hintergrund intensiv durch ein in der Projektorganisation verankertes Veränderungsmanagement begleitet.
Behörden Spiegel / September 2017
Kompetenz für Fach- und Führungskräfte
Professionelle Assistenz in der Verwaltung 10.10.2017 - 11.10.2017 in Bonn Zeitgemäße Korrespondenz: klar und überzeugend 07.11.2017 - 08.11.2017 in Berlin Gelungene Kommunikation für die Assistenz 28.11.2017 - 29.11.2017 in Berlin www.fuehrungskraefte-forum.de
MELDUNG
BaWü startet Vergabeverfahren für E-Akte (BS/gg) Das Vergabeverfahren für die Einführung der elektronischen Akte in Baden-Württemberg ist in der zweiten Augusthälfte gestartet. Im Zuge der Digitalisierung sollen Akten der Landesverwaltung in Papierform durch die “E-Akte BW” ersetzt werden. Der Ministerrat hatte im März auf Vorschlag des Digitalisierungsministeriums die Einführung einer landesweiten E-Akte
BW beschlossen. Die Einführung der E-Akte BW wird in einem ressortübergreifenden Projekt unter Federführung des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration vorbereitet und umgesetzt. Ab Mitte 2019 sollen erste Pilotbehörden mit der E-Akte BW ausgestattet werden; bis 2022 soll die Landesverwaltung flächendeckend mit der E-Akte ausgestattet sein.
E-Vergabe
Behörden Spiegel / September 2017
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Öffentliche Beschaffungen
E-Vergabe B
ehörden Spiegel: Herr Schmitz, was ist die XVergabe? Schmitz: Kurz gesagt, bildet die XVergabe die Kommunikationsschnittstelle zwischen dem Bieter und unterschiedlichen Vergabeplattformen. Damit ermöglicht sie eine standardisierte oder einheitliche Nutzung verschiedener Vergabeplattformen über eine Schnittstelle. So werden Hürden für den Bieter abgebaut und die elektronische Kommunikation – die künftig zum Standard sowohl ober- wie auch unterschwellig wird – erleichtert. Der Bieter nutzt die Vergabeplattform, die er kennt und hat trotzdem die Flexibilität, auch bei anderen Plattformen Angebote abzugeben. Behörden Spiegel: Wie ist der aktuelle Stand der Umsetzung?
Mehr Druck vom Auftraggeber Frank Schmitz erläutert XVergabe-Standard und dessen Umsetzung (BS) Noch in diesem Jahr dürften die ersten Vergabeplattformen XVergabe-konform sein. Im Gespräch mit dem Behörden Spiegel erläutert Frank Schmitz, Referatsleiter für IT-gestütztes Beschaffungswesen und Projektleiter E-Beschaffung im Beschaffungsamt (BeschA) des Bundesministeriums des Innern, welche Auswirkungen der XVergabe-Standard auf die Kommunikation hat, wie die XVergabe in europäische Vorhaben eingebettet ist, welche Umsetzungsschritte – auch im IT-Planungsrat – noch erfolgen müssen und warum sich Bieter auf Plattformen registrieren lassen sollten. Die Fragen stellte Jörn Fieseler. das Siegel “XVergabekonform” erteilen können. Natürlich ist das mit Aufwand für die einzelnen Plattformbetreiber verbunden, die parallel Anforderungen der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) implementieren mussten. Wir erkennen bei den Anbietern, mit denen wir in den XVergabe-Gremien zusammenarbeiten, deutlich das Bemühen, die Konformitätsprüfung jetzt anzustreben.
Behörden Spiegel: Das heißt, Schmitz: Die Spezifikation dieser Kommunikations- es gibt auch Betreiber, die noch schnittstelle wurde ja bereits nicht soweit sind? verabschiedet und durch den Schmitz: Es gibt durchaus IT-Planungsrat als Standard gesetzt. Wir haben in Kontakt neue Anbieter, die schon mit der mit allen Beteiligten in den Implementierung begonnen haben. Die namXVergabehaften AnbieGremien – vor “Wir hätten uns eine ter haben sich, allen mit den schnellere Umsetzung in der ZusamBetreibern der menarbeit in unterschiedgewünscht.” den Gremien, lichen Vergaüber Jahre inbeplattformen – eine Spezifikation erarbeitet, tensiv mit dem Thema auseindie wir weiterentwickeln. Die- andergesetzt. Die, die jetzt neu se ist in von uns aufgestellten auf dem Markt hinzukommen, Testumgebungen umzusetzen, haben natürlich ein Interesse in denen die Konformität zu den zu erfahren, was die XVergabe Standards nachzuweisen ist. ausmacht und wie sie XVergaEinige Plattformbetreiber sind be-konform auftreten können. schon dabei, diesen Standard in Daran merkt man, dass es mittihre Testumgebungen zu imple- lerweile eine bekanntere Marke mentieren. Die ersten Anträge ist. auf eine Konformitätsprüfung Behörden Spiegel: Also eistehen kurz bevor. Wir gehen davon aus, dass wir die ersten gentlich ist alles positiv? Prüfungen noch in diesem Jahr Schmitz: Eigentlich ja. Ein durchführen werden und dann
“Es gibt die Bestrebung, über den IT Planungsrat eine gemeinsame Finanzierung von Bund und Ländern sicherzustellen”, sagt Frank Schmitz, Referatsleiter E-Beschaffung und Vergabeportal im Beschaffungsamt (BeschA) des Bundesministeriums des Innern. Foto: BS/BeschA
größerer Druck der öffentlichen Auftraggeber auf ihre Dienstleister könnte aber dazu beitragen, dass es schneller geht. Wenn dieser Druck nicht vorhanden ist, erfolgt die Umsetzung aus eigenem Antrieb der jeweiligen Plattformbetreiber. Deren Prioritäten sind manchmal etwas unterschiedlich. Hier wäre es schon hilfreich, wenn öffentliche Auftraggeber den Betreibern klar das Ziel vorgeben, XVergabe-konform zu sein. Behörden Spiegel: Gibt es im ganzen Prozess noch Probleme technischer oder struktureller Art oder ist man da auf der Zielgeraden? Schmitz: Wir sprechen über die Kommunikationsschnittstelle, da hätten wir uns eine schnellere Umsetzung gewünscht. Das muss man sagen. Darüber hinaus sind zwei weitere Bereiche zu betrachten. Das eine ist eine gemeinsame Regis-
Behörden Spiegel: Thema Registrierung: Im ober- wie im unterschwelligen Bereich ist das Abrufen von Vergabeunterlagen ohne Registrierung zu ermöglichen. Gibt es sozusagen die Registrierung durch die Hintertür?
ten Punkt, wenn der Bieter am Vergabeverfahren teilnehmen möchte, muss die Vergabestelle zumindest wissen, mit wem sie es letztendlich zu tun hat. Allein, um auch die entstehende Kommunikation an den entsprechenden Bieter zurückspielen zu können. Der reine Download der Vergabeunterlagen geht ohne Registrierung. Aber spätestens bei der Angebotsabgabe braucht die Vergabestelle die Kenntnis, mit wem sie sich auseinandersetzt. Und natürlich kann im Vorfeld eine freiwillige Registrierung angeboten werden, weil so Interessierte direkt über Aktualisierung von Unterlagen informiert werden. Ohne die freiwillige Registrierung liegt der Aufwand beim Bieter, sich über Neuerungen zu informieren.
Schmitz: Klares Nein aus meiner Sicht. Es ist für jeden Bieter möglich, – Unterlagen ohne Registrierung herunterzuladen. Nur an einem bestimm-
Behörden Spiegel: Die XVergabe ist eine nationale Lösung. Wie ist die XVergabe in europäische Vorgaben und Vorhaben eingebettet?
trierung der Bieter, die bisher nicht Bestandteil ist. Da kann man vielleicht auf die Lebenslage öffentlicher Einkauf schielen und auch auf das Unternehmenskonto, das zukünftig im Bereich des Verwaltungsportals geschaffen werden soll. Das andere ist die Problematik der übergreifenden Suche nach Bekanntmachungen, die auf Bieterseite deutliche Erleichterungen bringen würde. Allerdings fehlen hier noch die entsprechenden Vorgaben und Vereinheitlichungen.
Schmitz: Unser Ansatz war es, immer mit der XVergabe möglichst auch den Weg nach Europa zu ebnen und uns von Anfang an an den Normungsaktivitäten zu beteiligen. Zwei Themenbereiche sind erwähnenswert: Zum einen die Normungsaktivitäten im Europäischen Komitee für Normung (CEN), wo das BeschA in dem technischen Gremium vertreten ist. Dort versuchen wir, an einer europäischen Lösung mitzuarbeiten, in die die Bestandteile der XVergabe mit einfließen. Das ist uns sicherlich gelungen. Zum anderen haben wir sehr intensiv am europäischen Projekt e-SENS mitgewirkt und dort einen Adapter zur Verfügung gestellt. Damit kann die XVergabe vollständig mit der EU-Infrastruktur kommunizieren. Behörden Spiegel: Also in erster Linie mit dem TED? Schmitz: Nein, es geht hier um den Austausch mit anderen Vergabeplattfortomen. Das E-SENS Projekt hatte zum Ziel, übergreifend auch mit anderen europäischen Plattformen Unterlagen austauschen zu können. Das wurde erfolgreich nachgewiesen. Und da war Deutschland letztendlich mit der XVergabe der Partner, der mit anderen europäischen Staaten den Austausch durchgeführt hat. Behörden Spiegel: Also hat Deutschland hier eine Vorreiterrolle inne? Schmitz: Ja! Behörden Spiegel: Wann ist die XVergabe vollständig implementiert? Schmitz: Die ist vollständig imFortsetzung auf Seite 36
E-Vergabe
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Behörden Spiegel / September 2017
Digitales Vergabemanagement organisieren E-Vergabe in leistungsstarken Strukturen (BS/Dr. Martin Ott/Dr. Alexander Dörr*) Die technische Umsetzung der vergaberechtlichen Vorgaben zur E-Vergabe ist dank mehrerer Anbieter entsprechender Softwarelösungen recht gut zu bewältigen. Doch gleichzeitig bringt die sukzessive Umstellung auf ein vollständig elektronisches Vergabeverfahren für die Verwaltung auch organisatorische Herausforderungen mit sich. Diese Herausforderungen sollten als Chance verstanden werden, um ein leistungsstarkes Vergabemanagement mit digitalen Strukturen zu implementieren. Teilweise hatte die öffentliche Verwaltung auch schon vor Einführung der E-Vergabe zentrale Beschaffungsstellen eingerichtet. Recht häufig hat sich in der Praxis eine Trennung in “Ausschreibungen im Baubereich” und “Sonstige Ausschreibungen” bewährt. Bei großen Verwaltungen kommt aber auch eine weitere Unterteilung in Betracht. Die Erstellung der Leistungsbeschreibung bleibt dabei stets Aufgabe der Fachämter, die organisatorische Verfahrenssteuerung liegt in der Hand der zentralen Vergabestelle.
Vorteil Vereinheitlichung und Kompetenzaufbau Die Vorteile zentraler Vergabestellen sind bekannt: Durch die Vielzahl der Vergabeverfahren können deren Mitarbeiter rasch Erfahrungen sammeln und hohe vergaberechtliche Kompetenz aufbauen. Dies ist nicht zuletzt durch die immer komplexer werdende Materie des Vergaberechts mit Blick auf rechtssichere und zügige Verfahren sicherlich einer der
Fortsetzung von Seite 35 plementiert, wenn die entsprechenden Umsetzungsschritte bei allen Plattformbetreibern abgeschlossen sind, die Plattformen kompatibel sind und natürlich genutzt werden. Ich gehe davon aus, dass in diesem Jahr noch deutliche Fortschritte erzielen werden und dadurch ein Sogeffekt entsteht, sodass im Laufe des nächsten Jahres sicherlich von einer weitgehenden Nutzung gesprochen werden kann. Aber die Weiterentwicklung des Standards muss anschließend kontinuierlich fortgesetzt werden. Behörden Spiegel: Das heißt, wenn nach den Vergaberegularien des Bundes die E-Vergabe verpflichtend anzuwenden ist, ist die Technik auf jeden Fall vorhanden? Schmitz: Ja! Behörden Spiegel: Was sind die nächsten Schritte, die jetzt folgen müssen?
entscheidenden Vorteile. Durch eine Zentralisierung lassen sich Beschaffungen innerhalb der Behörde zudem vereinheitlichen (Stichwort “Aktuelle und einheitliche Muster/Vorlagen”) und möglicherweise auch bündeln (bspw. durch Rahmenverträge). Darüber hinaus können sich die Fachämter auf die inhaltlichen Schwerpunkte der Beschaffung konzentrieren, da sie von organisatorischen Themen entlastet werden. Durch die Umstellung auf die E-Vergabe werden die genannten Vorteile einer zentralisierten Beschaffungsorganisation noch verstärkt: Das VergabeTool erfordert in der Bedienung technisches Know-how, was zu zusätzlichem Schulungsaufwand führt. Mitarbeiter, die das Tool nur selten einsetzen, werden sich bei jeder Verwendung “von Null” einarbeiten müssen. Dies macht die Durchführung von Verfahren nicht nur zeitaufwendiger, sondern auch fehleranfälliger. Durch eine zentrale Vergabestelle kommt hingegen das gebündelte technische und
Schmitz: Aus unserer Sicht ist es wichtig, weitere Themen im Fokus zu haben. Auf der einen Seite sind das ganz klar die genannten Konformitätsprüfungen. Wir haben auch noch an der einen oder anderen Stelle weitergehende Bestrebungen, z. B. die derzeit im Einsatz befindliche Bekanntmachungsschnittstelle zu bund.de nochmal zu überarbeiten. In diesem Zusammenhang ist auch zu betrachten, wie diese Bekanntmachungsschnittstelle für die Vergabe-Statistikverordnung genutzt werden kann. Hier sind wir im intensiven Aufbau und in Gesprächen, um da auch einen weiteren Mehrwert zu schaffen. Behörden Spiegel: Wenn ich jetzt noch einmal ein bisschen in die Zukunft blicke, parallel zur XVergabe gibt es im IT-Planungsrat das Projekt XRechnung für die elektronische Rechnungsstellung. Ist hier noch eine Schnittstelle zwischen diesen beiden Standards zu programmieren? Schmitz: Wir betrachten die Entwicklung gerade bei der X-
rechtliche Fachwissen bei jedem Vergabeverfahren zum Einsatz. Nicht zuletzt sind durch eine zentrale Vergabestelle weit weniger Lizenzen für die Vergabesoftware erforderlich.
Erst organisieren, dann digitalisieren Die Software zur Abwicklung von Ausschreibungen sollte auf die Strukturen der Beschaffungsprozesse zugeschnitten sein, nicht umgekehrt. Zunächst ist also die gewünschte Beschaffungsorganisation mit den dazugehörigen Prozessen innerhalb der Verwaltung festzulegen. Hieraus ergeben sich die Anforderungen an eine entsprechende Softwarelösung. Soll der gesamte Prozess von der Definition des Beschaffungsbedarfs bis zum geschlossenen Vertrag inklusive aller Dokumentationen über eine einheitliche Software elektronisch abgebildet werden? Dann ist in der Regel ein umfangreiches Vergabemanagement-System erforderlich. Soll die E-Vergabe-Lösung hingegen lediglich dazu dienen, Vergabe-
Rechnung als Beschaffungsamt sehr intensiv. Wir werden eine Pilotbehörde im Geschäftsbereich des BMI sein, die die ERechnung in Form der X-Rechnung umsetzen wird. Damit wollen wir Erkenntnisse sammeln, welche Beeinflussungen sich für die XVergabe ergeben und wie weit beides zusammengeführt werden kann. Auf Bundesebene soll eine zentrale E-Rechnungsplattform eingerichtet werden. Inwieweit dann XVergabe und X-Rechnung eine Schnittmenge haben oder ob beide nebeneinander existieren und keine engere Verknüpfung haben, ist noch offen. Fakt ist, nach der Rechnungsstellung ist die Bezahlung für uns der Abschluss eines jeden Beschaffungsprozesses. Behörden Spiegel: Das heißt, man müsste dann auch noch eine Schnittstelle zum Haushaltssystem haben? Schmitz: Das ist sicherlich für die X-Rechnung wichtig, damit
unterlagen elektronisch zur Verfügung zu stellen, mit Interessenten zu kommunizieren und Angebote entgegenzunehmen? Dann genügt eine “schlankere” E-Vergabe-Plattform. Die Strukturen der Verwaltung müssen erfahrungsgemäß nicht vollständig auf die veränderten Abläufe “umgebaut” werden, bevor das neue E-Vergabe-System implementiert wird. Oftmals wird sich ein Pilotprojekt mit anschließender stufenweiser Umsetzung anbieten. Es sollte allerdings klar sein, wo die Reise hingehen soll. Egal ob “großes” Vergabemanagementsystem oder “schlanke” E-Vergabe-Plattform: Die erforderliche Umsetzung der Regelungen zur E-Vergabe bietet in jedem Fall die passende Gelegenheit, leistungsstarke Strukturen für rechtssichere und zügige Vergabeverfahren zu schaffen. *Dr. Martin Ott ist Partner, Dr. Alexander Dörr ist Rechtsanwalt bei der Menold Belzer Rechtsanwälte Partnerschaft mbB.
eine eingehende Rechnung automatisiert über das jeweilige Haushaltssystem verarbeitet werden kann. Behörden Spiegel: Im Oktober tagt der IT-Planungsrat. Was steht auf der Agenda, was für die XVergabe von Relevanz ist? Schmitz: Die dauerhafte Finanzierung des Standards soll beschlossen werden, um sicherzustellen, dass zukünftig Anpassung vorgenommen werden können und so die dauerhafte Weiterentwicklung verankert wird. Behörden Spiegel: Wie soll die aussehen? Schmitz: Es gibt die Bestrebung, über den IT Planungsrat eine gemeinsame Finanzierung von Bund und Ländern sicherzustellen. Das wird im Moment in der Vorlage konkretisiert, in der Hoffnung, dass einstimmig ein entsprechender Entschluss gefasst werden kann.
Kooperieren vs. investieren E-Vergabe ist in Kommunen angekommen (BS/jf) Im Oktober 2018 müssen bei europaweiten Ausschreibungen Angebote elektronisch abgegeben werden. Dann enden die Umsetzungsfristen für die Einführung der E-Vergabe. Doch nicht jeder kommunale Auftraggeber muss sich eine eigene Softwarelösung anschaffen. Zwar sieht auch die Unterschwellenvergabeordnung die Einführung der E-Vergabe vor, allerdings lässt sie längere Fristen. Bis zum 1. Januar 2020 muss der Auftraggeber Teilnahmeanträge und Angebote in Papierform akzeptieren, auch wenn er einen elektronischen Kommunikationsweg vorgesehen hat. Ab dem Zeitpunkt gilt ausschließlich die elektronische Form. Vorausgesetzt das Auftragsvolumen überschreitet einen Wert von 25.000 Euro (ohne Umsatzsteuer). Unterhalb dieser Wertgrenze kann auch weiterhin eine Vergabe auf konventionellem Wege durchgeführt werden. “Die E-Vergabe ist in den Kommunen angekommen”, sagt Bernd Düsterdiek vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Je größer die Kommune,
desto eher ist auch eine E-Vergabelösung im Einsatz, wie eine Abfrage des Behörden Spiegel bei den kommunalen Spitzenverbänden ergab. “Zuletzt hatten wir 2012 in einer Umfrage bei den Landkreisen das Thema E-Vergabe mit abgefragt”, berichtet Dr. Markus Mempel vom Deutschen Landkreistag. Seinerzeit befanden sich mit einer zweijährigen Perspektive rund zwei Drittel der Landkreise mindestens in der Umsetzung. Inzwischen dürften sämtliche Mitglieder bereits Aktivitäten unternommen haben. Vor allem in kleineren Kommunen stellt sich aktuell die Frage der Umsetzung. Dabei müsse es nicht immer eine eigene Softwarelösung sein, so Düsterdiek. Stattdessen rät er den Betroffenen, interkommunale Kooperationen einzugehen.
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E-Vergabe
Seite 38
Behörden Spiegel / September 2017
Standards im E-Government
Mehr als nur E-Vergabe
E-Rechnung als Wegweiser europäischer Standardisierung
Integrierte elektronische Beschaffung der öffentlichen Hand
(BS/Hans-Henning Lühr) Einheitliche Standards für den Datenaustausch von und mit Behörden sind eine Grundlage durchgängiger, elektronisch unterstützter und medienbruchfreier Verwaltungsprozesse. Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie 2014/55/EU zur elektronischen Rechnung ist nun der Austausch von Rechnungen zwischen der öffentlichen Verwaltung und ihren Auftragnehmern europaweit standardisiert. Dabei wirken europäische Vorgaben und nationale Standardisierungen zusammen.
(BS/Christian Baltes*) Beschaffungsprozesse öffentlicher Auftraggeber starten nicht erst mit dem Vergabeverfahren oder dem operativen Einkauf. Wichtige und entscheidende Prozesse zur Bedarfsidentifikation, -erhebung und -konsolidierung finden bereits im Vorfeld statt. Diese Prozesse haben erhebliche Einflüsse auf die Wirtschaftlichkeit der Beschaffungsvorhaben und deren Abwicklung. Nur mit Kenntnis darüber, welches Gut bzw. welche Dienstleistung in welcher Menge zu welchem Zeitpunkt an welchem Ort vom Bedarfsträger benötigt wird, kann ökonomisch und sinnvoll beschafft werden.
Die Digitalisierung in der Verwaltung hat in den letzten Jahren erheblich an Fahrt gewonnen: Arbeitsschritte und Prozesse werden nach und nach digitalisiert. Allerdings dient diese Form der Digitalisierung bis heute oft eher der Binnenrationalisierung als der übergreifenden Vernetzung von IT-Verfahren. Letztere ist die Grundlage zum elektronischen Datenaustausch. Durch die heterogene IT-Landschaft in der öffentlichen Verwaltung und bei ihren Kommunikationspartnern ist hierfür oft die Implementierung einer Vielzahl von Schnittstellen erforderlich. Dies ist für alle Seiten aufwendig, teuer, fehleranfällig und pflegeintensiv. Hier können gemeinsame Standards – neben einer zuverlässigen und sicheren Kommunikationsinfrastruktur – zu Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen beitragen.
Für den elektronischen Datenaustausch ist die übergreifende Vernetzung von IT-Verfahren von A bis Z die Grundvoraussetzung. Foto: BS/©Tim, Fotolia.com
schaftsteilnehmer sind die Folge. Die Europäische Norm schafft Abhilfe: sie gibt ein semantisches Datenmodell und zwei Syntaxen für elektronische Rechnungen verbindlich vor. Die Norm wurde – so ist es von der Europäischen Kommission vorgesehen – als AnwendungsStandards für automatisierten richtlinie (Core Invoice Usage Datenaustausch Specification) im Rahmen eines Durch den Einsatz eines Steuerungsprojektes von Bund Standards, der alle fachlichen, und Ländern in den nationalen rechtlichen, organisatorischen Standard X-Rechnung überund technischen Anforderun- führt. Der IT-Planungsrat hat gen abbildet, wird der auto- diesen Standard im Juni 2017 matisierte Austausch von Da- als maßgeblich für die Umsetzung der Richtlinie 2014/55/ EU zur elektroSieht die E-Rechnung als nischen RechTeil des gesamten PEPPOLnungsstellung Beschaffungsprozesses: beschlossen. ZuHans-Henning Lühr, Staatsgleich wurden die rat bei der Senatorin für Federführer des Finanzen der Freien Hansestadt Bremen Steuerungsprojekts – das BunFoto: BS/Senatorin für Finanzen, Freie Hansestadt Bremen desministerium des Innern und die Freie Hanseten spezifiziert. Mit dem durch stadt Bremen – zusätzlich mit die KoSIT (Koordinierungsstelle der Prüfung geeigneter Webserfür IT-Standards in Bremen) im vices zur Übertragung elektroniAuftrag des IT-Planungsrats scher Rechnungen beauftragt. betriebenen XÖV(XML in der öffentlichen Verwaltung)-Stan- Multikanalstrategie für Lieferanten dardisierungsrahmen existiert ein Rahmenwerk für die StanOhne einen bundesweit eindardisierung in und mit der öf- heitlichen Webservice wären fentlichen Verwaltung. Rechnungssteller darauf angeFür den Anwendungsfall der wiesen, mit einzelnen Behörden elektronischen Rechnung stellt jeweils bilateral einen automatiman mit Blick auf Europa fest, sierten Übertragungsweg zu verdass eine Vielzahl von unter- einbaren. Eine solche Regelung schiedlichen, nicht interopera- würde den Erfolg der elektroniblen Rechnungsformaten exis- schen Rechnung in Deutschland tiert. Übermäßige Komplexität, gefährden und ginge insbesonRechtsunsicherheit und hohe dere zulasten überregional tätiBetriebskosten für alle Wirt- ger Firmen, bei denen das größte
Potenzial für einen Umstieg auf elektronische Rechnungen liegt. Im Rahmen einer Kooperation des Bundes und der Freien Hansestadt Bremen zur Digitalisierung des Rechnungseingangs und der Rechnungsbearbeitung wurde ein Architekturkonzept entworfen, das ausgehend vom Standard XRechnung eine technische Umsetzung in den öffentlichen Verwaltungen beschreibt. Kern ist eine Multikanalstrategie für die Einlieferung von elektronischen Rechnungen, die den Bedürfnissen der Lieferanten gerecht wird. So sind neben dem künftigen – möglichst bundesweit einheitlichen – Webservice als Übertragungskanal eine Weberfassung, ein Web-Upload, De-Mail sowie übergangsweise E-Mail vorgesehen. Der Webservice soll sowohl den Anforderungen von Massenrechnungsstellern sowie Serviceprovidern gerecht werden. Hierbei ist es von besonderer Bedeutung, im Sinne der Interoperabilität eine bundeseinheitliche, wenn nicht sogar europakonforme, Lösung zu finden.
PEPPOL-Infrastruktur im Einsatz Die Freie Hansestadt Bremen und der Bund prüfen daher die seit Jahren erfolgreich im Einsatz befindliche europäische PEPPOL(Pan European Public Procurement OnLine)Infrastruktur. Diese basiert auf einem offenen Transportnetzwerk. Schließt sich ein Kommunikationspartner dem Netzwerk an, stehen ihm alle bereits im Netzwerk befindlichen Teilnehmer für den Datenaustausch zur Verfügung. Mit vielen Millionen Transaktionen hat das PEPPOLNetzwerk seine Praxistauglichkeit in anderen EU-Mitgliedsstaaten bereits unter Beweis gestellt. Des Weiteren bildet PEPPOL den gesamten öffentlichen Beschaffungsprozess ab und eröffnet damit die Perspektive für Auftraggeber und Auftragnehmer, die E-Rechnung nicht als losgelösten Prozess, sondern als Teil eines durchgängig standardisierten, digitalisierten und medienbruchfreien Prozesses zwischen Wirtschaft und Verwaltung zu etablieren.
Aus diesem Grund hat zum Beispiel das Beschaffungsamt (BeschA) des Bundesministeriums des Innern (BMI) zusammen mit der Administration Intelligence AG eine durchgängige Softwarelösung zur Unterstützung dieser Prozesse geschaffen. Mit dem Bedarfserhebungstool (BET) werden die vorgelagerten Bedarfserhebungsprozesse digital abgewickelt und die Bedarfsanalyse unterstützt. Die Integration in die nachgelagerten elektronischen Beschaffungsinstrumente E-Vergabe und elektronische Rahmenvertragsabwicklung (Katalogsystem) erfolgt dabei medienbruchfrei (siehe Abbildung). Das Bedarfserhebungstool (BET) schafft für zentrale Beschaffungsstellen die Möglichkeit, organisationsübergreifend Bedarfe an Produkten und Dienstleistungen festzustellen. Bündelungspotenziale der Behörden und Einrichtungen können hierdurch – auch unter Berücksichtigung zeitlich divergierender Parameter – identifiziert werden. Die Bündelungen basieren auf den Ergebnissen der elektronischen Bedarfserhebungen und Bedarfsmeldungen. Im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) werden für die Analysen und Bündelungen im Fall des Beschaffungsamtes noch weitere Informationsquelle, genutzt. Haben Behörden oder Einrichtungen des Bundes einen konkreten oder akuten Einzelbedarf an Leistungen im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik (IKT), können diese, falls erforderlich, auch dezentral über Einzelvergaben beschafft werden, sofern nicht abweichende Regelungen getroffen worden sind. Diese Einzelvergaben werden über sog. Ex-ante-Meldungen dokumentiert und von der Zentralstelle IT-Beschaffung (ZIB) analysiert, um ggf. Potenziale für Rahmenverträge oder Bedarfsbündelungen erkennen zu können. Die Auswertungen dieser Analysen und Bündelungen werden von der Zentralstelle IT-Beschaffung (ZIB) integriert im Bedarfserhebungstool (BET) durchgeführt. Mit der Lösung werden Einkaufsvolumina im Rahmen einer strategischen Beschaffung fachlich und wirtschaftlich sinnvoll gebündelt. Es ergeben sich Synergieeffekte für die teilnehmenden Behörden und die
Durch den vollständigen elektronischen Prozess von der Bedarfserhebung bis zum Abruf aus dem Rahmenvertrag sinkt die Fehleranfälligkeit. Grafik: BS/AI AG
öffentlichen Haushalte werden geschont. Rahmenverträge lassen sich mit Hilfe des Bedarfserhebungstools (BET) gezielter planen und steuern. Das Tool ist damit Grundlage für die Rahmenvertrags-Roadmap der Zentralstelle für IT-Beschaffung. Diese bildet alle geplanten Rahmenverträge ab, die in den nächsten 18 Monaten ausgeschrieben werden. Die Wirtschaftsteilnehmer können sich so frühzeitig auf Vergaben mit hohen Volumina einstellen, Ressourcen planen und Bietergemeinschaften sondieren. Hiervon profitieren vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Start-ups. Das Bedarfserhebungstool (BET) wird im Rahmen der ITKonsolidierung des Bundes als Querschnittsdienst durch das ITZBund bereitgestellt und betrieben. Das Bedarfserhebungstool (BET) bietet neben der reinen Bedarfserhebung Funktionalitäten zur Konsolidierung und unterstützt bei der Auswertung der gesammelten Bedarfs(rück)-meldungen der einzelnen Bedarfsträger. Durch die kontinuierliche Verbesserung der Prozesse, von der Bedarfsmitteilung bis zur Bedarfserhebung, werden personelle Handlungsmöglichkeiten geschaffen, um die Aufgaben in der Beschaffung effizienter zu gestalten. Insbesondere die Entlastung der für die Bedarfserhebung
zuständigen Mitarbeiter/Innen und die damit verbundene Verringerung des manuellen Aufwands sind bei der Etablierung des IT-gestützten Bedarfserhebungsprozesses von sehr großer Bedeutung. Ein weiterer Vorteil des softwaregestützten Bedarfserhebungsprozesses ist der Rückgang der Fehleranfälligkeit, welche vor allem durch Medienbrüche verursacht worden ist. Die automatisierte Bedarfsunterstützung in den einzelnen Teilprozessen zur Erstellung, Rückmeldung und Konsolidierung erhöht zudem deutlich die Akzeptanz bei den Bedarfsträgern. Mittelfristiges Ziel ist die Bereitstellung und Nutzung des Bedarfserhebungstools (BET) für alle zentralen Beschaffungsstellen und die dezentralen Vergabestellen in den Ressorts und Behörden der Bundesverwaltung. Hiermit wird dem expliziten Wunsch nach einer standardisierten und medienbruchfreien Lösung für die Bedarfsmitteilung und Bedarfserhebung durch die Ressorts entsprochen. Eine übergreifende Nutzung einer IT-gestützten Lösung erhöht die Transparenz in der Beschaffung und generiert so einen deutlichen Mehrwert im digitalisierten Beschaffungsprozess. *Christian Baltes leitet die Niederlassung Berlin der Administration Intelligence AG.
E-Vergabe / KOINNO
Behörden Spiegel / September 2017
Seite 39
Themenseite in Kooperation mit:
KOMPETENZZENTRUM INNOVATIVE BESCHAFFUNG
An E-Vergabe geht kein Weg vorbei Der Europäische Gesetzgeber hat ein Paket zur Modernisierung des europäischen Vergaberechts geschnürt, das zum 18. April 2016 in den EUMitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden sollte. Darin wird unter anderem festgelegt, dass das Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge künftig lückenlos digital abgewickelt werden muss. Die Praxis zeigt, dass die Spanne zwischen Anspruch und Wirklichkeit derzeit noch sehr groß ist. Ziel der Modernisierung des Vergaberechts ist es, die Vergabeverfahren effizienter, einheitlicher, einfacher und flexibler zu gestalten. Dadurch soll die Teilnahme kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) an Vergabeverfahren der öffentlichen Hand erleichtert werden. Gleichzeitig soll der neue Rechtsrahmen den Vergabestellen ermöglichen, die öffentliche Auftragsvergabe stärker zur Unterstützung strategischer Ziele zu nutzen – vor allem bezüglich sozialer, ökologischer und innovativer Aspekte. Für die Vergabestellen bedeutet die Umstellung auf digitale Prozesse oft eine große strategische und operative Herausforderung. Es gilt, die dafür notwendigen Prozesse zu definieren, eine Infrastruktur zu schaffen, Mitarbeiter entsprechend zu schulen etc. Zudem unterliegen nicht nur die Prozesse, sondern auch die zu beschaffenden Produkte und Lösungen einem digitalen Wandel. Die Entwicklung ist allerdings auch eine
Auch wenn manche Hindernisse noch umgangen werden müssen: Bei der E-Vergabe führt nur ein Weg zum Ziel. Foto: BS/S.Hofschlaeger, pixelio.de
Chance, da der Einkauf der öffentlichen Hand sich intern und extern profilieren kann, wenn er aktiv und frühzeitig die Umstellung steuert. Denn durch optimierte elektronische Prozesse lassen sich zum Teil erhebliche Kosteneinsparungen erzielen und Prozessabläufe verschlanken. So kann der Einkauf letztlich zum positiven Ergebnis der Institution bzw. Behörde beitragen und wird von den Fachabteilungen als Ansprechpartner und Treiber auf Augenhöhe wahrgenommen. Vernetzung ist der entscheidende Faktor Der Austausch mit Kollegen aus anderen Institutionen sowie mit Lieferanten ist für den Erfolg der Prozessumstellung auf EVergabe unerlässlich. Die Einkäufer profitieren so von Erfahrungen anderer und erhalten Tipps, wie spezielle Probleme, die bei der Digitalisierung auftreten können, behoben werden. Ziel des Kompetenzzentrums innovative Beschaffung (KOINNO) ist es deshalb, öffentliche Beschaffer und Lieferanten im Rahmen von Veranstaltungen zusammenzubringen und einen offenen Austausch zu fördern.
Im Rahmen der KOINNO-Veranstaltung “Innovationsschauplatz E-Vergabe und Digitalisierung der Beschaffung“ (Termin: 27. September 2017, Berlin) werden unter anderem die folgenden Fragen diskutiert: • Was heißt Digitalisierung in der Beschaffung genau? • Wie können Medienbrüche vermieden werden? • Wer definiert die Prozesse und setzt sie strukturell um? • Wie ist die Kommunikation strukturiert und wer moderiert den Austausch? Die Teilnehmer erhalten in Vorträgen wertvolle Tipps zur Umsetzung der E-Vergabe im eigenen Haus und in interaktiven Workshops die Möglichkeit zum direkten Austausch mit Kollegen, die sich mit dem Thema E-Vergabe bereits erfolgreich auseinandergesetzt haben. Die Veranstaltung ist kostenfrei. Termin: 27. September 2017, Berlin Weitere Infos: E-Mail: susanne.kurz@bme.de Anmeldung zur Veranstaltung: www.koinno-bmwi.de
Aktuelle Veranstaltungen Seminar “Die E-Vergabe – rechtliche Vorgaben und Tipps zur Umsetzung“ Spätestens ab 2018 muss die gesamte Kommunikation während eines laufenden Vergabeverfahrens über elektronische Mittel erfolgen. Davor aber müssen Computer, Software und nicht zuletzt die Mitarbeiter auf die neuen Verfahren umgestellt werden. In diesem Seminar erhalten die Teilnehmer einen umfassenden Einstieg und Überblick zum Thema E-Vergabe inkl. des rechtlichen Hintergrundwissens sowie Praxistipps zur Einführung bzw. Anwendung. Sie erfahren, welche Fristen und Vorgaben erfüllt werden müssen. Außerdem erhalten die Teilnehmer einen Überblick über die technischen Umsetzungsmöglichkeiten. Zielgruppe der Veranstaltung sind Einkaufsverantwortliche und -mitarbeiter öffentlicher Auftraggeber, Sektorenauftraggeber und Mitarbeiter anderer zur Ausschreibung verpflichteten Einrichtungen. Das Seminar richtet sich vor allem an Einkäufer, die ein E-Vergabe-System einführen bzw. schon eingeführt haben. Die Veranstaltung ist für öffentliche Auftraggeber kostenfrei. Termin: 28. September 2017, Koblenz Weitere Infos: E-Mail: simon.wortmann@bme.de Tag der öffentlichen Auftraggeber 2018 KOINNO-Experten und Praktiker informieren über die neuesten Handlungshilfen, Instrumente und Checklisten zur innovationsorientierten öffentlichen Beschaffung. Die Veranstaltung bietet den Beteiligten eine Plattform, um sich über die Herausforderungen und Chancen moderner, digitalisierter Beschaffungsprozesse auszutauschen und ihre Erfahrungen zu teilen. Zielgruppe der Veranstaltung sind Fachund Führungskräfte der öffentlichen Beschaffung. Termin: 7. Februar 2018, Berlin Weitere Infos: E-Mail: susanne.kurz@bme.de KOINNO-Regionalkonferenz “Die Zukunft des öffentlichen Einkaufs“ Diskutiert wird das Thema, wie die öffentliche Hand strategische Beschaffung als Innovationstreiber einsetzen kann. Dabei geht es u. a. um die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten und sozialen Kriterien bei der Auftragsvergabe.
Zielgruppe der Veranstaltung sind Einkaufsmitarbeiter und -verantwortliche der öffentlichen Hand. Die Veranstaltung ist für öffentliche Auftraggeber kostenfrei. Termin: 20. November 2017, Münster Weitere Infos: E-Mail: simon.wortmann@bme.de KOINNO-Regionalkonferenz “Private Public Partnership“ Bei der Realisierung von kommunalen Projekten kann eine Kooperation zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft eine Alternative zur klassischen Eigenrealisierung des öffentlichen Trägers sein. Thema der Veranstaltung ist ein erfolgreich durchgeführtes Kooperationsprojekt vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und der NBank. Die Veranstaltung ist für öffentliche Auftraggeber kostenfrei. Termin: 22. November 2017, Hannover Weitere Infos: E-Mail: simon.wortmann@bme.de Effiziente und rechtssichere Beschaffung: bedarfsorientierter und wirtschaftlicher Einkauf unter Beachtung des Vergaberechts Das Seminar führt Schritt für Schritt durch den Beschaffungsprozess. Die Teilnehmer erfahren, welche vergaberechtlichen Vorgaben existieren, über welche praktischen Gestaltungsmöglichkeiten sie innerhalb des rechtlichen Rahmens verfügen, welche Herangehensweisen sich bewährt haben und welche nicht. Das Seminar soll bei der Optimierung der operativen Beschaffungsaktivitäten unterstützen. Zielgruppe der Veranstaltung sind Mitarbeiter öffentlicher Auftraggeber, die konkret mit Aufgaben des Einkaufs bzw. der Vergabe betraut sind. Auf die Sektorenverordnung wird nicht näher eingegangen. Die Veranstaltung ist für öffentliche Auftraggeber kostenfrei. Termin: 12. Dezember 2017, München Weitere Infos: E-Mail: simon.wortmann@bme.de
Anmeldung zu den Veranstaltungen: www.koinno-bmwi.de
Dresden: Effizient und modern beschaffen Wie E-Vergabe in der Praxis erfolgreich umgesetzt werden kann, zeigt das Beispiel der Landeshauptstadt Dresden. Das Projekt wurde mit dem BME-Award “Innovation schafft Vorsprung“ ausgezeichnet, der unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) steht. E-Vergabe ist derzeit in öffentlichen Verwaltungen ein großes Thema – die Zukunft ist digital. Die Zeichen der Zeit wurden in der sächsischen Landeshauptstadt schon recht früh erkannt. Bereits seit 2012 wird dort die elektronische Vergabe flächendeckend durchgeführt. Dafür wurde die Stadt mit dem Preis “Innovation schafft Vorsprung 2016“ ausgezeichnet.
Beschaffung im elektronischen Prozess Gestartet wurde der Prozess zur Einführung der E-Vergabe 2006. Von Anfang an wurde hinsichtlich der Digitalisierung eine Zweiteilung im Beschaffungsprozess vermieden. Denn die elektronische Vergabe erfolgt nicht nur oberhalb der EU-Schwellenwerte, wie in der entsprechenden EU-Richtlinie vorgegeben. In Dresden wird die E-Vergabe auch schon ab 10.000 Euro (Vergabe nach VOB) beziehungsweise ab 13.000 Euro (Vergabe nach VOL) durchgeführt. Dabei wird der
gesamte Beschaffungsprozess in allen Schritten elektronisch abgewickelt – einschließlich der Kommunikation mit den Bietern sowie Berichts- und Statistikpflichten. Damit sind die Verfahren für Auftraggeber und Auftragnehmer effizienter und transparenter. Gleichzeitig ist mit der E-Vergabe die Voraussetzung für mehr Wettbewerb geschaffen. Außerdem bietet sie mehr Rechtssicherheit für die Landeshauptstadt bei der Erbringung beziehungsweise Beschaffung von Leistungen. Entscheidend ist aber vor allem die Workflow-Orientierung des gesamten Prozesses.
Rechtssicherheit und Dokumentation Unterstützt wird die E-Vergabe durch den AI-Vergabemanager, ein ganzheitliches System für alle Schritte der Beschaffung. Die maßgeschneiderte Clientanwendung bildet auch die Schnittstelle zu weiteren Vergabeplattformen wie www. eVergabe.de. Unternehmen können so beispielsweise nach Ausschreibungen suchen, Unterlagen herunterladen, mit der Vergabestelle kommunizieren und ihr Angebot eingeben. Gleichzeitig bietet die Anwendung eine umfassende Plausibilitätsprüfung. Sie garantiert eine lückenlose, automatische Dokumentation und damit eine wirksame Kontrolle. Die
Nachweisführung, dass eine Vergabe ordnungsgemäß abgelaufen ist, wird dadurch erleichtert – etwa bei Nachprüfverfahren. Die Berichts- und Statistikpflichten, die sich aus den neuen Vergaberichtlinien ergeben, können mithilfe der Reportingdatenbank zuverlässig aufbereitet werden. Das elektronische Vergabesystem der Landeshauptstadt Dresden hebt sich
somit von den elektronischen Vergabesystemen ab, die nur als Transportmittel der Daten auf die Vergabeplattformen dienen. In den nächsten Schritten sollen auch die Kleinstvergaben über den AI-Vergabemanager erfolgen, das Berichtswesen ausgebaut und die Verfahrensabläufe weiter konzentriert und verschlankt werden.
BME-Award “Innovation schafft Vorsprung“ Mit dem Preis “Innovation schafft Vorsprung“ zeichnet der BME beispielhafte Leistungen öffentlicher Auftraggeber bei der Beschaffung von Innovationen und der Gestaltung innovativer Beschaffungsprozesse aus. Der Award, um den sich Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen sowie öffentliche Unternehmen und Institutionen bewerben können, steht unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Konzepte zu innovativen Beschaffungsprozessen: Das eingereichte Konzept muss in der Praxis umgesetzt sein und dauerhaft zur Optimierung und Effizienzsteigerung der Beschaffungsprozesse beitragen. Es muss auf andere vergleichbare Institutionen der öffentlichen Hand übertragbar sein. Konzepte zur Beschaffung von Innovationen: Durch den praktischen Einsatz der beschafften innovativen und nachhaltigen Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen konnte die Produktivität und Effizienz, zum Beispiel unter finanziellen, prozessualen und/oder umwelttechnischen Aspekten, deutlich erhöht werden. Eingeführt wurde eine Neuerung, die auf andere Institutionen übertragbar ist. Einsendeschluss für den Award “Innovation schafft Vorsprung 2018“ ist der 6. Oktober 2017. Weitere Infos: bianka.blankenberg@bme.de Eine Zusammenfassung der bisherigen Siegerkonzepte finden Sie unter: www.koinno-bmwi.de .
KOINNO-Beratungsservice wird ausgeweitet Das KOINNO-Team baut den kostenfreien Beratungsservice für öffentliche Auftraggeber weiter aus. Neben Beratungen rund um die Einführung von E-Vergabe sind die aktuellen Schwerpunkte derzeit: • Beratung bei konkreten Neubeschaffungen (Produkte oder Dienstleistungen) zum Zeitpunkt der Erstellung des Leistungsverzeichnisses, • Beratung bei Zentralisierung der Beschaffungsprozesse, • Beratung bei Prozessoptimierungen, • Beratung bei Strategieentwicklung. Zielgruppe sind in erster Linie Kommunen und öffentliche Beschaffer auf Landesebene. Grundsätzlich sind Beratungen zu allen Fragen rund um den innovativen Einkauf möglich. Weitere Infos: judith.richard@bme.de
Mehr Informationen unter www.koinno-bmwi.de
E-Vergabe
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B
ehörden Spiegel: Wie ist der Status quo bei der E-Vergabe aus Ihrer Sicht? Leinemann: In der Theorie ist alles gut. In der Praxis gibt es noch einige öffentliche Auftraggeber, die mit der E-Vergabe fremdeln, weil sie mit der Technik noch nicht vertraut sind und sich derzeit Gedanken machen, welche Softwarelösung sie anschaffen wollen. Das erinnert an die Einführung des elektronischen Anwaltspostfachs. Gegen dessen verbindliche Nutzung regte sich zu Beginn einiger Widerstand in der Anwaltschaft, weshalb das Projekt tatsächlich um ein Jahr verschoben wurde. Ursprünglich sollte es in diesem Jahr verbindlich von jedem Rechtsanwalt in Deutschland inklusive Signaturmöglichkeit vorgehalten werden. Jetzt startet es erst zum 01.01.2018. Bei der E-Vergabe sind die Voraussetzungen da, jetzt muss es zur Gewohnheit werden. Die Vergabestellen, die die EVergabe bereits nutzen, haben positive Erfahrungen gemacht. Meistens sind dort aber auch jüngere, IT-affine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wenn in einer Dienststelle jedoch alle skeptisch sind und lieber mit Papier arbeiten, kommt schon noch die Frage, ob die Digitalisierung der Vergabe wirklich sein muss. Aber ja, es muss sein. Behörden Spiegel: Wie positioniert sich ihre Kanzlei bei der E-Vergabe? Leinemann: Wir haben für uns den Marktvorteil identifiziert, gerade kleinen Vergabestellen die komplette Durchführung einer E-Vergabe durch unsere Kanzlei anzubieten. Dazu arbeiten wir unter anderem mit einem eigenen virtuellen Datenraum, über den wir die Vergaben je-
Behörden Spiegel / September 2017
Alternative zur Softwarelösung Zwischen virtuellem Datenraum, Registrierungspflicht und Nachprüfungsverfahren (BS) E-Vergabe ist ein Tool für effizientere Vergabeverfahren. Die rechtlichen Probleme jedoch bleiben die gleichen, da die Regularien unabhängig vom Kommunikationsweg gelten, erläutert Prof. Dr. Ralf Leinemann, Seniorpartner der Kanzlei Leinemann Partner Rechtsanwälte, im Gespräch mit dem Behörden Spiegel. Die Fragen stellte Jörn Fieseler. weils mit einer eigenen ProjektMail-Adresse abwickeln. Das ist eine selbstentwickelte Lösung, die auch deshalb von Interesse ist, weil wir nicht an eine der bestehenden Softwarelösungen gebunden sind. Das kommt sehr gut an. Die Vergabestelle kann sozusagen aus der Ferne mit-testen und unsere Anwälte nutzen es für die rechtssichere Verfahrensdurchführung. Aktuell prüfen wir, welche Lösungen eine vollständige E-Vergabe optimal umsetzen und ob wir mit ein oder zwei Anbietern kooperieren und deren Angebote bevorzugt nutzen wollen. Bis dahin sammeln wir Erfahrungen mit den verschiedenen Systemen. Behörden Spiegel: Wo sehen Sie Schwierigkeiten? Leinemann: Generell wird die Einführung der E-Vergabe erfolgreich sein. Ein Problem ist noch die Registrierungspflicht. Eigentlich soll alles barrierefrei, komplett frei zugänglich und kostenlos sein. Das hat noch nicht jeder verinnerlicht. Da gibt es schon noch die Argumentation, die Erstellung der Vergabeunterlagen sei so aufwendig, dafür wolle man wissen, wer die Unterlagen abruft. Deshalb fordern einige Vergabestellen die Registrierung. Rechtlich ist das nicht zulässig, Fakt ist aber: Wer eine Registrierung verlangt, bekommt trotzdem genügend Angebote. Aber eigentlich gibt es keinen Grund, abgesehen von Verfah-
Die E-Vergabe wird kommen und sie wird auch Auswirkungen auf die Nachprüfungsverfahren haben, ist sich Prof. Dr. Ralf Leinemann, Seniorpartner der Kanzlei Leinemann Partner Rechtsanwälte, sicher. Foto: BS/Fieseler
ren nach der VSVgV oder bei Ausschreibungen, die vertrauliche Dinge zum Gegenstand haben, Vergabeunterlagen nicht zu veröffentlichen. Sie sind nur in den seltensten Fällen objektiv schutzwürdig, da neigen einige zu übertriebener Vorsicht. Behörden Spiegel: Und rechtlich? Leinemann: Das ist noch schwierig zu beantworten. In Nachprüfungsverfahren ist dazu noch nicht viel angekommen. Ein Hauptproblem ist, dass der elektronische Weg oft nicht zu 100 Prozent durchgehalten wird. Die komplette Kommunikation soll elektronisch erfolgen, und dann ruft doch noch jemand an – der Klassiker, auch bei konventionellen Vergaben. Dieser Bie-
ter erhält dann Informationen, die den anderen nicht zugänglich gemacht werden. Und dann gibt es natürlich die technischen Probleme, wie E-Mails, die nicht ankommen, Dateien, die nicht geöffnet werden können, oder Anhänge, die vergessen werden. Wenn der Bieter dies bemerkt, sollte er auf jeden Fall dafür sorgen, dass die Unterlagen doch noch zur Vergabestelle kommen oder nachgefordert werden. Im VgV-Bereich steht die Nachforderung bedauerlicherweise in einer “Kann”-Regelung, im Baubereich ist es eine “Muss”Regelung, was ich für deutlich besser halte. Behörden Spiegel: Also wird mit der elektronischen Kommunikation nicht alles besser? Leinemann: Nein, die Probleme bleiben vergleichbar. Statt des Kuriers, der den Submissionsraum nicht findet oder eine Reifenpanne hat, kann nun ein technisches Problem die Ursache sein, warum ein Angebot nicht fristgerecht eingeht. Was besser wird, ist der Zugangsnachweis, weil Softwarelösungen verwendet werden, die die Kommunikation dokumentieren. Dies erleichtert auch die Anlage der Vergabeakte und die Erstellung des Vergabevermerks. Behörden Spiegel: Wo geht die Reise hin, kann die E-Vergabe in Zukunft vollautomatisiert ablaufen? Leinemann: Das geht nur in
den Fällen, wo standardisierte Gebrauchsgüter mit 100 Prozent Preiswertung beschafft werden. Entscheidend ist die Wertung der Angebote. Sobald Nebenangebote zugelassen sind, auch bei Werbeagenturleistungen oder Planungsleistungen, wo Funktionalität, Ästhetik und Nachhaltigkeit eine Rolle spielen, kann nur schwer elektronisch gewertet werden. Da gibt es kein brauchbares Tool. Hier ist eine abwägende Wertung nicht ersetzbar. Eine kompetente Vergabestelle und eine Fachdienststelle und im Zweifelsfall die Rechtsberatung ist nach wie vor unabdingbar. Ähnliches gilt auch bei Architektenwettbewerben. Da ist die E-Vergabe nur der Kommunikationsweg. Vielleicht werden wir in Zukunft mehr von den Vergabearten sehen, die bislang keine Rolle gespielt haben, wie elektronische Auktionen. Behörden Spiegel: Und wie
wirkt sich E-Vergabe im Nachprüfungsverfahren aus? Leinemann: Die Nachprüfungsverfahren werden länger dauern, weil die Akteneinsicht komplizierter wird. Früher wurden die ausgesuchten Teile dem Bieter zugesendet, jetzt besteht die Möglichkeit, einen Link in die Datenbank zu übermitteln und damit alle Informationen offenzulegen. Hier ist noch unklar, wie im Nachprüfungsverfahren damit umgegangen wird. Der Link kann kaum zur Akteneinsicht dienen. Ich glaube nicht, dass die Nachprüfungsverfahren ganz auf die E-Vergabe synchronisiert werden, sondern hier wird man auch weiterhin Unterlagen in Papierform versenden. Schon allein deshalb, weil schützenswerte Informationen der anderen Bieter nicht weitergegeben werden dürfen. Aber: Die Vergabekammern müssen die relevanten Dateien oder Seiten identifizieren und dem rügenden Bieter zur Verfügung stellen. Doch bei der Vielzahl der Dateien und den teilweise kryptischen Namen kann auch leicht Verstecken gespielt werden, sodass relevante Informationen mühsam gesucht werden. Deshalb wird die Phase der Akteneinsicht länger.
MELDUNG
Eignungsprüfung elektronisch (BS/jf) Einerseits können Bieter die Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE) auch in elektronischer Form nutzen, andererseits hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ein neues amtliches Verzeichnis im Sinne einer Positivliste angekündigt, das demnächst an den Start gehen soll (siehe Behörden Spiegel,
Juli 2017, Seite 8). Nun gibt es eine dritte Möglichkeit, die Eignungsprüfung elektronisch abzuwickeln. Dazu hat der Verein für die Präqualifikation von Bauunternehmern e. V. (PQ-Verein) seine Datenbank mittels des Moduls PQ-VOB-Schnittstelle direkt an eine E-Vergabeplattform angebunden.
Vergaberecht 2.0
Positive Resonanz
Öffentliche Beschaffungsprozesse einfach digital
E-Vergabe: ein Erfahrungsbericht der Ruhrbahn GmbH
(BS/Claudia Koll-Sarfeld) Schon vor der Vergaberechtsreform im Jahr 2016 war die E-Vergabe in aller Munde. (BS/Stefan Jendrusch*) Viele Auftraggeber haben bereits ihre Prozesse auf die E-Vergabe umgestellt, so auch Jetzt besteht die gesetzliche Notwendigkeit, sie einzuführen. Doch dieser Zwang steht nur für die eine Seite die Essener Ruhrbahn GmbH (ehemals Via Verkehrsgesellschaft mbH). der Medaille: Für die Praxis ergeben sich aus der Nutzung von E-Vergabe-Systemen erhebliche Prozesskostenersparnisse und Transparenzpotenziale. Die E-Vergabe macht längst nicht bei der elektronischen Veröffentlichung von Angeboten halt. Sie bezieht selbstverständlich die Bieterkommunikation, den elektronischen Angebotseingang und die Angebotsbewertung mit ein. Mit ihrer Hilfe lassen sich Vergabeverfahren übersichtlich und dokumentiert rechtssicher steuern. Darüber hinaus ergeben sich auch zu den nachgelagerten Vorgängen Schnittstellen, die positiv zu nutzen sind. Hierzu gehören beispielsweise der Abruf einzelner Produkte aus Rahmenverträgen und das Vertragsmanagement. So werden bei einer konsequenten Umsetzung der E-Vergabe zusätzlich der Zeitaufwand verringert, Verwaltungsprozesse vereinfacht und die Rechtssicherheit erhöht!
Für Ausschreibungen aller Art Die Kommunal Agentur NRW – das Dienstleistungsunternehmen der Kommunal-Stiftung NRW des Städte- und Gemeindebundes NRW – in ihrer beratenden Funktion zu allen Fragestellungen aus dem kommunalen Bereich nutzt im Bereich der öffentlichen Beschaffung bereits seit vielen Jahren die E-Vergabe. Sie führt damit eine Vielzahl von kommunalen Beschaffungsvorhaben durch. Über digitale Beschaffungsplattformen wird so eine medienbruchfreie und dokumentierte Bearbeitung von Anfang bis Ende aus einer Hand durchgeführt. Hierzu gehört
unterstützen: Wie sollen die verwaltungsinternen Prozesse – insbesondere die zentrale oder Claudia Koll-Sarfeld, Sachdezentrale Vergabereichsleiterin kommunale Beschaffung bei der Kombe – zukünftig abmunal Agentur NRW GmbH laufen? Welches System passt am Foto: BS/Kommunal Agentur NRW besten zu den eigenen Aufgaben und Vorstellunbspw. die Unterstützung bei der gen? Wir liefern einen MarkenBeschaffung von Dienst-, Lie- vergleich! Oftmals ist Überzeugungsarfer-, Bau- und freiberuflichen Leistungen wie Gebäudereini- beit innerhalb der Verwaltung gung und Abfallentsorgung, für eine Umstellung notwendig, Grünpflege, Kommunal- und die einen erheblichen Einsatz Feuerwehrfahrzeuge, Büro- und fordert. Auch hierbei ist die Schulmöbel sowie Architekten- Erfahrung eines fachkundigen und Ingenieurleistungen bis hin Dienstleisters wie derKommunal Agentur NRW sinnvoll. Die enorzu Generalplanerleistungen. Allerdings ist die Einführung men Vorteile, die in einem solder digitalen Beschaffung kein chen Vorgehen stecken, haben “Selbstläufer”. Sie erfordert eine bereits zahlreiche Kommunen erkannt – größere und kleinere. sorgfältige Planung. Ein Blick über den Tellerrand Beratung und zeigt auch: Die Republik PortuMarkenvergleich gal ist schon seit vielen Jahren Lassen Sie sich von uns bei online – es gibt Beispiele, die der Beantwortung Ihrer Fragen auch den übrigen Verwaltungen zur E-Vergabe und bei der rei- Mut machen sollten! bungslosen Umsetzung der DiWeitere Informationen unter: gitalisierung von Beschaffungsprozessen mittels E-Vergabe www.KommunalAgenturNRW.de
Die Via Verkehrsgesellschaft mbH hat sich im 1. Halbjahr 2015 dazu entschieden, eine Plattform zur E-Vergabe einzuführen, auch um als Sektorenauftraggeber den gesetzlichen Forderungen zu entsprechen. Im Rahmen einer intensiven Marktsondierung wurden die einzelnen Vergabeplattformen verglichen: Wie komplex ist das System? Welche Unterstützung bietet der Anbieter? Kann die Lösung schnell in den Arbeitsalltag integriert werden? Wie hoch sind die Kosten? Durch die Analyse kristallisierten sich die Auswahlkriterien deutlich heraus: Für Olaf Vogelgesang, Leiter Einkauf der Ruhrbahn, waren vor allem eine selbsterklärende, einfache Bedienbarkeit und eine intuitive Menüführung ausschlaggebend. Da neben EU-weiten und nationalen Ausschreibungen auch Preisanfragen über die Plattform platziert werden sollten, ist es zudem wichtig, dass die Nutzung für die potenziellen Lieferanten kostenfrei und ohne zusätzliche Softwareinstallationen funktioniert. Hohe Priorität hat bei dem Sektorenauftraggeber auch ein kompetenter, kostenfreier Support für Auftraggeber und Bieter. Nach Prüfung der Angebote fiel die Wahl auf subreport ELViS. Das ist die Vergabeplattform, mit der im Jahr 2001 die erste elektronische Vergabe in Deutschland erfolgreich durchgeführt wurde. Seit September 2016 schreibt die Ruhrbahn
mit ELViS aus. Heute bilanziert Vogelgesang: “Nach nun weit über 200 Ausschreibungen/ Anfragen, die über ELViS gelaufen sind, kristallisiert sich eine wesentliche Verschlankung der Abläufe im Einkauf und eine erhebliche Reduktion des “Papierberges” als erkennbarer Vorteil heraus. Eine revisionssichere Ausschreibung und Dokumentation ist dabei stets gewährleistet. Die Mitarbeiter von subreport sind überaus fachkundig und engagiert. Auch die kostenlose telefonische Beratung in der laufenden Umsetzung überzeugt.” Subreport-Geschäftsführerin Christiane Schäffer freut sich über die positive Resonanz. “Die
“Nach nun weit über 200 Ausschreibungen/Anfragen, die über ELViS gelaufen sind, kristallisiert sich eine wesentliche Verschlankung der Abläufe im Einkauf heraus”, sagt Olaf Vogelgesang, Leiter Einkauf der Essener Ruhrbahn GmbH. Foto: BS/privat
Zufriedenheit unserer Kunden liegt uns sehr am Herzen. Deshalb hören wir ihnen zu und finden eine Lösung – ob Sie fünf oder 500 Ausschreibungen im Jahr realisieren.” Für die Einführung der Software empfiehlt Olaf Vogelgesang: “Die IT und die im Hause betroffenen Fachbereiche sollten von Anfang an mitgenommen werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Alle Projekte sind jetzt für jeden Mitarbeiter digital verfügbar, es gibt keine internen Postlaufwege mehr und keine unnötigen Zeitverzögerungen. Die digitale Ablage und Recherche werden deutlich erleichtert, der Suchaufwand verringert sich enorm und das Verfahren ist für alle Beteiligten jederzeit nachvollziehbar. Die Unternehmen werden durch gemeinsame Veranstaltungen und Schulungsangebote eingebunden. Auch dort gilt: Wer einmal digital abgegeben hat, macht es immer wieder.” Weiter Informationen www.subreport.de
unter
* Stefan Jendrusch ist Vertriebsmanager der subreport Verlag Schawe GmbH, Köln.
E-Vergabe
Behörden Spiegel / September 2017
Seite 41
Soziale und ökologische Standards ausweiten
THEMA
PARTEI
(BS/jf) Zur E-Vergabe finden sich in den Wahlprogrammen der Parteien keinerlei Hinweise. Überhaupt setzen sich nur drei der sieben Parteien, die wahrscheinlich in den Bundestag einziehen werden, mit der öffentlichen Beschaffung auseinander.
--- Keine Angaben ---
Vergaberecht
• Ausrichtung auf ressourcenschonende Produkte • Stärkere Verankerung in Ausbildung • Gesetzliche Grundlage schaffen, die Einhaltung ökologischer, sozialer und menschenrechtlicher Kriterien gewährleistet • Ausweitung von Tarif treueRegelungen • Verbindliche Prüfkriterien für Nachhaltigkeitssiegel einführen • Sozialdumping bei Unteraufträgen verhindern • Arbeitsrechtsverstöße wie Verstöße gegen Wettbewerbsrecht mit der Auftragsvergabe ahnden
• Vorangehen bei klimaneutraler Beschaffung, jeweils ressourcenschonendste Produkte und Dienstleistungen einkaufen • Frei quelloffene und freie Formate bei ITAusschreibungen bevorzugen (Abhängigkeit von Herstellern reduzieren) • Kommunen bei fairer Beschaffung durch mehr Beratungsangebote unterstützen • Verbot der Beschaffung waffenfähiger Drohnen
--- Keine Angaben ---
• Öffentliche Aufträge nur bei Tariftreue vergeben • Bei Aufträgen im Bildungsbereich: Qualität und gute Bezahlung der Lehrkräfte in den Mittelpunkt stellen • Auftragsvergabe an Kleinstunternehmen (< zehn Beschäftigte) verändern • Unternehmen bevorzugen, die ganz oder zum Teil im Eigentum der Belegschaft stehen
Digital trifft zu oft auf analog
Zwei plus eins plus eins
Düsseldorfer Erklärung der Planungs- und Baubranche
Neue Einkaufsgemeinschaft NRW
--- Keine Angaben ---
(BS/jf) Die elektronische Abwicklung eines Vergabeverfahrens ist das eine, die Digitalisierung der Planungs- (BS/jf) Um bessere Preiskonditionen zu erzielen und um die eigenen Prozesskosten zu reduzieren, haben und Baubranche das andere. An der Schnittstelle von öffentlichen Bauausschreibungen zeigen sich die Vorteile. sich zwei Landschaftsverbände und zwei Großstädte in Nordrhein-Westfalen zu einer Einkaufsgemeinschaft zusammengeschlossen. Vergaben werden gebündelt. Der Wissenstransfer zwischen den Partnern erhöht. Das Building Information Modelling (BIM) als neues Planungsinstrument für Planer, Bauer und Betreiber ist in aller Munde. In Nordrhein-Westfalen aber noch nicht weit verbreitet. Vor allem in Städten und Gemeinden wird häufig noch analog gearbeitet. Deshalb will die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, Ina Scharrenbach, Kommunen beim Weg in die Digitalisierung unterstützen, insbesondere beim Auf- und Ausbau zeitgemäßer Systeme. Ausgangspunkt ist die sogenannte Düsseldorfer Erklärung, die von der Bauindustrie, dem Westdeutschen Handwerkskammertag, der Architek-
Will sich für die heimische Bau- und Planungsbranche stark machen: NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach. Foto: BS/MHKBG, F. Berger
ten- und der Ingenieurkammer vorgelegt wurde. Ein starkes Signal, heißt es dazu aus Schar-
renbachs Ministerium, mit dem die Prozesse beschleunigt würden, was auch dringend notwendig sei. Denn es müsse schneller gebaut werden: “Wir brauchen die Beschleunigung vom Start bis zum Ziel.” Außerdem sollen die behördlichen Genehmigungsprozesse schneller gemacht werden. Dazu will Scharrenbach mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Akteuren der Bauwirtschaft in Gespräche eintreten. Dabei sei es ihr ein besonders Anliegen, auf der Reise in das digitale Bauzeitalter die kleinen und mittelständisch strukturierten Bau-, Planungs- und Handwerksbetriebe mitzunehmen.
Schnell, flexibel, wirtschaftlich Ausschreibung von Elektrofahrzeugen (BS/Dr. Ute Jasper/Dr. Laurence M. Westen) “Diesel ist schmutziger als gedacht.” “Kritik an Autoherstellern reißt nicht ab.” “Feinstaubbelastung nimmt täglich zu.” “Erste Fahrverbote in deutschen Innenstädten.” Diese und ähnliche Meldungen sehen wir täglich. Dass es auch anders geht, wird oft übersehen. Zahlreiche deutsche Großstädte testen Busse mit elektrischem Antrieb. Die ESWE Verkehrsgesellschaft mbH plant sogar, sämtliche Dieselbusse aus der Landeshauptstadt Wiesbaden zu verbannen und als erste deutsche Großstadt auf emissionsfreien ÖPNV umzustellen. Zwar tragen Dieselbusse nur zu einem Bruchteil zu der Feinstaubbelastung in deutschen Städten bei. Die öffentliche Hand tut jedoch gut daran, mit gutem Beispiel voranzugehen. Dass hierbei rechtliche und tatsächliche Herausforderungen warten, liegt auf der Hand. Regelmäßig stellen sich im Vorfeld einer komplexen Vergabe zahlreiche Fragen: • Reicht die Reichweite der Elektrobusse für die Umläufe – auch bei Minustemperaturen oder anspruchsvoller Topografie? • Muss der Bus auf der Strecke laden? • Wie viele und welche Ladesäulen / Pantografen werden benötigt? • Wer liefert diese? • Wie lässt sich vermeiden, dass der neue Bus in wenigen Jahren mit einer veralteten Batterie fährt? Nicht alle diese Fragen lassen
Dr. Ute Jasper ist Partnerin und Dr. Laurence M. Westen Salaried Partner bei der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek. Fotos: BS/ Heuking Kühn Lüer Wojtek
sich eindeutig beantworten. Die Erfahrung zeigt: Der Markt ist ohnehin meist schlauer. Entscheidend ist, sich im Vorfeld die richtigen Fragen zu stellen. Als Anwälte unterstützen wir gern dabei: • Wo gibt es Schnittstellenrisiken? • Wer kann diese am besten tragen? • Kommt ein Lebenszyklusansatz in Betracht? • Wer garantiert die Systemverfügbarkeit? Ziel muss es sein, das Knowhow des Marktes möglichst weitgehend in das Vergabeverfahren zu integrieren. Wir empfehlen hierzu ein zweistufiges Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb: In der ersten Stufe, dem Teilnahmewettbewerb, geht es
um die Eignung der Bewerber. Geeignet ist danach derjenige, der nachvollziehbar und plausibel begründet, bis zur Betriebsaufnahme Busse (und Ladeinfrastruktur) in der benötigten Anzahl liefern zu können. InderzweitenStufe,demeigentlichen Verhandlungsverfahren, geht es dann um Lösungen. Bieter erhalten die Möglichkeit, das Verfahren durch Optimierungsvorschläge mitzugestalten. Der Auftraggeber verhandelt, entscheidet und/oder definiert das gewünschte Ergebnis. Am Ende sollten die Restrisiken so verteilt sein, dass sie bei demjenigen verbleiben, der sie am besten tragen kann. Im Idealfall hat der Auftraggeber nicht nur schnell und rechtssicher, sondern auch (nachhaltig) wirtschaftlich beschafft.
Bereits seit 2010 kooperieren die Städte Köln und Leverkusen mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR). Dieser öffentlich-rechtlichen Vereinbarung ist nun mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ein weiterer Zweckverband oberhalb der Landkreise beigetreten. Künftig sollen Vergaben der Einkaufskooperation im Wechsel von jeweils einem der Partner durchgeführt werden. “Durch die neu gebildete Ausschreibungsgemeinschaft leisten wir einen enormen Beitrag zur Verbesserung der sparsamen Haushaltsführung. Dieser Benefit kommt allen Kommunen in Nordrhein-Westfalen zugute, denn sie finanzieren über die Landschaftsumlage die Arbeit der beiden Landschaftsverbände und sparen durch preiswertere Einkaufskonditionen mit”, sind sich Reiner Limbach, Erster Landesrat und LVR-Dezernent Personal und Organisation, und Dr. Georg Lunemann, Erster Landesrat und Kämmerer des LWL, einig. Damit soll es nicht genug sein: “Wir sind immer offen, mit
Wollen künftig im Einkauf eng kooperieren (v. l.): Dr. Georg Lunemann, Erster Landesrat und Kämmerer des LWL, Kölns Stadtdirektor Dr. Stephan Keller, Dezernent Marc Adomat (Stadt Leverkusen) und Reiner Limbach, Erster Landesrat und LVR-Dezernent Personal und Organisation. Foto: BS/Geza Aschoff, LVR
weiteren Kommunen, Gemeindeverbänden oder öffentlichen Auftraggebern im Einkauf zu kooperieren”, betonen die Vertreter der Landschaftsverbände. Und weiter: “Gemeinsam können wir positive Effekte erzielen, die allen Bürgerinnen und Bürgern in NRW nutzen.” 2016 beliefen sich die Ausgaben der beiden regionalen Zweckverbände auf weit über 400 Millionen Euro pro Jahr. Das Spektrum der Beschaffungen für die Dienststellen und
der wie Eigenbetriebe geführten Einrichtungen reicht von Büromöbeln, Werkzeugen, Energie, Krankenhausbetten, medizinischen Produkten bis hin zu Berufskleidung, IT-Hard- und Software sowie Personenbeförderung. Hinzu kommen die Einkaufsvolumina der beiden Großstädte links und rechts des Rheins. Köln verausgabte für Liefer- und Dienstleistungen über 35 Mio. Euro, Leverkusen mehr als 46,5 Mio. Euro.
Auf Nummer sicher gehen Worauf bei der elektronischen Angebotsabgabe zu achten ist (BS/Dr. Rut Herten-Koch) Bisher war die elektronische Abgabe von Angeboten zwar zulässig, praktisch jedoch eher die Ausnahme. Durch die Vorgaben der Vergabenovelle wird sie nun in vielen Bereichen zur Pflicht und stellt die Praxis vor neue Herausforderungen. Auch im elektronischen Angebotsabgabeprozess ist – genauso wie bei der Abgabe eines Angebots im verschlossenen Umschlag – darauf zu achten, dass die Angebotsinhalte konkurrierender Bieter nicht vor Fristablauf und Angebotsöffnung bekannt werden. Dementsprechend macht das Vergaberecht Vorgaben zu den vom Auftraggeber zu verwendenden elektronischen Mitteln. Diese müssen insbesondere die Unversehrtheit, die Vertraulichkeit und die Echtheit der Daten gewährleisten sowie sicherstellen, dass kein vorfristiger Zugriff auf die empfangenen Daten möglich ist. Unverschlüsselte Angebote, die per E-Mail an eine nicht weiter gesicherte Mail-Adresse des Auftraggebers gesandt werden, sind dementsprechend auszu-
berechtlich die Einreichung in Textform über Dr. Rut Herten-Koch, M.A., die vorgegebenen ist Fachanwältin für Verelektronischen waltungsrecht und FachWege. Lediglich anwältin für Vergaberecht bei erhöhten Sisowie Partnerin der Luther cherheitsanforRechtsanwaltsgesellschaft derungen kann mbH. der Auftraggeber Foto: BS/ Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH auch eine elektronische Signatur verlangen, schließen. Nach einer aktuellen um so die Authentizität des AnEntscheidung des OLG Karls- gebots prüfen zu können. Liegt eine Formvorgabe zur Siruhe gilt dies auch, wenn der Auftraggeber eine Übersendung gnaturverwendung vor, so führt per E-Mail ausdrücklich aus- die Einreichung unsignierter nahmsweise erlaubt hat, weil es Angebote zum Ausschluss vom am Tag der Angebotsabgabe zu Verfahren. Auch ein Nachfortechnischen Problemen bei der dern der Signatur ist nach einer Angebotseinreichung über die Entscheidung des OLG Düsseldorf aus dem vergangenen Jahr Plattform kam. Grundsätzlich genügt verga- unzulässig.
Informationstechnologie
Seite 42
Behörden Spiegel / September 2017
Digitales im Bundestagswahlkampf
THEMA
PARTEI
(BS/wim/jse) Flächendeckendes Breitband, papierlose Verwaltung und Patientenakte – die digitale Zukunft in Deutschland ist bei allen Parteien ein großes Thema.
Breitband
E-Government
E-Health
Arbeit 4.0
Open Government
• Flächendeckender GlasfaserAusbau bis 2025
• Bis 2018 flächendeckende Mindestgeschwindigkeit von 50 Mbit/s • Bis 2025 90 Prozent aller Gebäude im Gigabitnetz
• Weitgehende Abschaffung von • Einrichtung einer zentralen digitalen Anlaufstelle für die Behördengängen und Formumeisten Behördengänge laren in Papierform • Unkomplizierte Zugangsbe• Einrichtung eines digitalen rechtigung für alle DienstleisBürgerportals mit eigenem tungen mit Once-only-Prinzip Bürgerkonto für jeden • In diesem Portal möglichst alle • Transparente Informationen über den Bearbeitungsstand Verwaltungsangebote verfügvon Anträgen bar • Einführung einer sicheren digitalen Signatur
• Bis 2021 75 Prozent aller • Verkauf aller Aktien von TeleHaushalte am Glasfasernetz kom und Deutscher Post • Die restlichen 25 Prozent sollen • Investition dieser Einnahmen über eine Minimum-Bandbreite in flächendeckendes Glasfavon 50 Mbit/s verfügen sernetz • Verkauf der Telekom-Aktien und Investition in den Breitbandausbau
• Verbesserung der Glasfaserinfrastruktur und bezahlbares Breitbandinternet für alle • Übergang der Telekommunikationsnetze in die öffentliche Hand
• Bei Verwaltungsangelegen• Nur noch ein zentraler Anlauf- • E-Government-Angebote sollen ausgebaut werden heiten Vorrang für digitale punkt für alle behördlichen • Freie Informations- und Bearbeitung (Einrichtung Fragestellungen Beteiligungsmöglichkeiten im eines entsprechenden Inter• Weiterentwicklung der DigitaliInternet für alle netportals) sierung innerhalb von Behör• Daten sollen unter Einhaltung den sowie zwischen Behörden, • Der Staat trägt Sorge für geeigneten Datenschutz des Datenschutzes unter Bürgern und Unternehmen den Behörden ausgetauscht • Transparenter Datenabgleich werden können unter den Behörden, um • Verwaltung soll transparenter Mehrfach-Ausfüllen von Forund barrierefreier werden mularen abzuschaffen • Die zentrale Speicherung oder Weitergabe von digitalen Daten wird abgelehnt • Dezentrale Datenspeicher werden akzeptiert • Nutzung der Daten jedoch nur mit Zustimmung des Patienten
• Für alle Haushalte in Stadt und Land binnen zwei Jahren Zugang zum Breitbandnetz • Vor allem schnelle Technik auf “letzter Meile”
- Keine Angaben -
• Digitale Patientenakte mit zentraler Datenbank wird abgelehnt • Stattdessen Notfalldatensatz direkt auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) • Weitere Gesundheitsdaten sollen auf freiwilliger Basis in Praxisverbünden geteilt werden (Speicherung der Daten in einem sog. elektronischen Gesundheitspass)
• Umsetzung der Ziele aus dem E-Health-Gesetz: Einführung einer elektronischen Patientenakte bis Ende 2018 und Speicherung von Medikationsplan und Notfalldaten auf der Gesundheitskarte • Aufbau des “Nationalen Gesundheitsportals” im Internet • Einsatz von Telemedizin, um überall eine ärztliche Meinung einholen zu können
• Einführung einer digitalen Patientenakte • Telemedizin für dünn besiedelte Gebiete • Datenschutz steht an erster Stelle • Patienten behalten Hoheit über ihre Daten
• Digitale Angebote vor allem in ländlichen Regionen • Einführung einer Digitalen Patientenakte • Transparenz für Patienten bei Gesundheits-Apps und anderen digitalen Angeboten • Schutz und Selbstbestimmung bei den digitalen Gesundheitsdaten
• Ausbau digitaler Gesundheitsdienstleistungen • Dezentrale Speicherung von relevanten Gesundheitsdaten • Datenhoheit muss beim Patienten bleiben • Freiwilliger, direkter und sicherer Datenaustausch innerhalb der Gesundheitsinstitutionen • Schaffung des höchstmöglichen Datenschutzes
• Neue Arbeitszeitmodelle zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf
• Schutz durch das Arbeitsrecht auch in der digitalen Welt beibehalten • Selbstbestimmte Arbeitszeitgestaltung und, wenn möglich, örtliche Wahlmöglichkeiten • Rechtlicher Rahmen für mobile Arbeit • Recht auf Nicht-Erreichbarkeit • Schaffung eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes
• Recht auf Home-Office, wenn betrieblich möglich
• Schaffung eines EU-Rahmens • Arbeitszeitgesetz flexibilisiezum Thema Crowdworking, um ren Arbeitsrechte zu schützen • Abbau von gesetzlichen Regelungen und faktischen Hürden • Recht auf digitale Weiterbildung, die durch den Arbeitgebeim mobilen Arbeiten ber finanziert wird • Arbeitsschutz für Home-Office • Recht auf mobiles Arbeiten entbürokratisieren und Home-Office mit verbindli• Forderung nach Vorreiterrolle chem Schutz vor Überlastung des Öffentlichen Dienstes beim Home-Office
- Keine Angaben -
• Schaffung eines Datengesetzes auf Grundlage der Europäischen Datenschutzgrundverordnung
• Einführung eines Transparenzgesetzes • Kostenfreie Bereitstellung von Open Data • Förderung offener Bildungsinhalte (Open Access und Open Education)
• Transparenz des Regierungs- und Verwaltungshandelns • Proaktive, kostenfreie sowie frei lizenzierte Bereitstellung der Daten • Unterstützung von OpenContent-Lizenzen • Freier Zugang zu Lehr- und Lernmaterial
• Open Government-Strategie für Deutschland • Erhöhte Transparenz des Regierungs- und Verwaltungshandelns • Online-Plattformen im Bildungssektor
• Forderung nach Transparenz, Offenheit und Mitbestimmung im Sinne von Open Data • Proaktive, kostenfreie sowie frei lizenzierte Bereitstellung der Daten • Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes zu einem Transparenzgesetz
- Keine Angaben -
2017: Digitale und mentale Transformation in NRW
Zukünftige IT-Strategien in Nordrhein-Westfalen
Die Verwaltung 4.0 als neuer Servicekern im digitalen Zeitalter 9. November 2017 in Düsseldorf / Neuss Hartmut Beuß
Elisabeth Slapio
Wolfgang Scherer
Der Beauftragte der Landesregierung Nordrhein-Westfalen für Informationstechnik (CIO) eröffnet den Kongress und reflektiert „Ein Jahr E-GovG NRW“.
Die Geschäftsführerin der IHK zu Köln beschreibt die Chance der Kollaboration von digitaler Unternehmensexpertise und Verwaltung 4.0.
Der stellv. Geschäftsführer des Kommunalen Rechenzentrums Minden-Ravensberg/ Lippe prognostiziert die Zukunft der diversifizierten kommunalen IT-Landschaft in NRW.
Ausführliche Informationen zum Programm und Anmeldung unter:
www.e-nrw.info Eine Veranstaltung des
ÖFIT
Behörden Spiegel / September 2017
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Monatliche Themenseite in Kooperation mit:
KOMPETENZZENTRUM ÖFFENTLICHE IT (ÖFIT)
September 2017 beim Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme
Plattform- und Treiberfunktion ausbauen (BS) Prof. Peter Parycek übernahm am 1. Juli die Leitung des Kompetenzzentrums Öffentliche IT (ÖFIT) am Fraunhofer-Institut FOKUS in Berlin. Im Interview mit dem Behörden Spiegel spricht er u. a. über die zukünftige Rolle des ÖFIT im Zuge der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Die Fragen stellt Guido Gehrt.
B
ehörden Spiegel: Herr Prof. Parycek, was reizt Sie besonders an Ihrer neuen Aufgabe und welche bisherigen Erfahrungen können Sie in die Arbeit des ÖFIT einbringen? Parycek: Ich habe in Österreich schon aus unterschiedlichen Perspektiven an der Digitalisierung des öffentlichen Bereichs mitgewirkt. Das ist ein unheimlich spannender und herausfordernder Prozess, in dem sich Möglichkeiten und Ziele ja auch ständig weiterentwickeln. In Deutschland ist das aufgrund seiner Größe und Wirtschaftskraft noch einmal eine Drehung komplexer als in Österreich. Und ein Think Tank wie ÖFIT nimmt in diesem Prozess eine ganz wichtige Rolle ein, weil er einerseits neue Themen für Politik und Verwaltung aufbereitet und somit ein Werkzeug im Strategieprozess ist. Andererseits können wir als ÖFIT die Debatten auch anstoßen und treiben.
Verwaltungsbereiche und staatsnahen Organisationen werden durch die digitale Transformation in den nächsten Jahren betroffen sein, daher gilt es vor allem, die nicht technologieaffinen Personen und Organisationen zu erreichen. Behörden Spiegel: Die Digitalisierung ist eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Legislaturperiode. Was sollte die Politik tun, um diese erfolgreich zu meistern?
Prof. Peter Parycek ist seit rund zwei Monaten Leiter des Kompetenzzentrums Öffentliche IT (ÖFIT). Zudem hat der Österreicher auch weiterhin eine Professur an der Donau-Universität Krems. Foto: BS/Donau-Universität Krems
Behörden Spiegel: Was wollen Sie zukünftig beim ÖFIT anders machen? Parycek: Ich möchte das weiterführen und ausbauen, was von außen sichtbar ist und sich in den internen Diskussionen bestätigt hat – die hohe Expertise in der Gruppe, die hervorragenden Publikationen und das Standing, dass sich ÖFIT in den letzten Jahren in der Fachöffentlichkeit erarbeitet und verdient hat. Potenzial für unsere Weiterentwicklung als ÖFIT sehe ich darin, unser Know-how noch stärker in die Breite zu bringen und noch mehr als Plattform für die verschiedenen Akteure zu fungieren. Der Diskurs muss aus der Nische der IT herausgeführt werden. Alle
Parycek: Es angehen, und zwar möglichst sofort und eigentlich auch überall. Aber das ist leicht gesagt, die Digitalisierung findet ja eben überall statt. Oder fällt Ihnen ein Ministerium ein, das die Digitalisierung guten Gewissens als Nebensache betrachten könnte? Das heißt, hier sind also auch viele technologieferne Akteure betroffen, die im ersten Schritt ein Bewusstsein für die Auswirkungen auf ihren Bereich entwickeln müssen. Ohne starke politische Willensbildung wird dies aber nicht möglich sein. Im aktuellen Wahlkampf wird das Thema der Digitalisierung von den Parteien nur zaghaft angefasst. Das sollte bzw. muss sich ändern, denn am Ende hängt der Erfolg von vier Faktoren ab: Aufbau von Bewusstsein in allen Bereichen und föderalen Ebenen, Kompetenzaufbau und Neudefinition von Aufgaben, Abwägung der Akteurs-Interessen und schließlich der Verankerung im europäischen und internationalen Rahmen. Dazu müssen die Digitalisierung und die digitale Transformation zentrale Elemente im Regierungsprogramm werden, die sich in allen Politikfeldern wiederfinden.
Behörden Spiegel: Welche Rolle können wissenschaftliche Akteure wie das ÖFIT in diesem Zusammenhang spielen? Parycek: Eine ganz entscheidende! Wir werden ja genau dafür bezahlt, Trends zu erkennen, Chancen und Risiken einzuschätzen, unterschiedliche Entwicklungspfade aufzuzeichnen und die Debatten anzuregen. Diese Vorarbeit ist die Grundlage für die Meinungsbildung und damit letztlich für die Entscheidung. Wissenschaft ist Wegbereiter von Entscheidungen. Nehmen Sie das Beispiel Open Data. Dass wir heute in Deutschland und Europa Gesetze und Infrastrukturen dazu haben, ist nicht zuletzt auf die Forschung und das Engagement von Wissenschaftseinrichtungen zurückzuführen. In Österreich war ein zentraler Treiber die Donau-Uni Krems und in Deutschland ist es auch Fraunhofer FOKUS, wo das Kompetenzzentrum ÖFIT angesiedelt ist. Und gerade ÖFIT sehe ich als prädestiniert, um das Technologie-Knowhow im öffentlichen Sektor zu stärken und Digitalthemen in die politische Debatte zu tragen. Behörden Spiegel: In Österreich finden Mitte Oktober ebenfalls Parlamentswahlen statt. Auch hier spielt das Thema Digitalisierung angesichts vergleichbarer Herausforderungen eine große Rolle. Ließen sich hier nicht zwischen beiden Staaten Synergien schaffen? Parycek: Digitalisierung ist ein Thema, bei dem sehr vieles zwischen entwickelten Ländern übertragbar ist. Österreich und Deutschland sind zudem beide föderal
aufgebaut und haben schon aufgrund der Nachbarschaft, der gemeinsamen Sprache und der institutionellen Verflechtung schon heute viel Austausch und Zusammenarbeit. Wenn Sie nach konkreten Synergien fragen, haben wir aktuell ähnlich gelagerte Diskussionen zur Organisationsund Umsetzungsstrategie. Behörden Spiegel: Inwieweit könnte die Digitalisierung das Verhältnis von zentralem und dezentralem Verwaltungshandeln verändern? Parycek: Das derzeitige Verhältnis von Zentralität und Dezentralität ist aus einer rein analogen, papierbasierten Verwaltungshistorie entstanden. Dieses analoge Erbe an Prozessen kann und darf nicht als Gussform für die digitale Verwaltung dienen, sonst gießen wir 300 Jahre alte tradierte, papierbasierte Verwaltungsgeschichte in Code. Wir müssen daher dringend eine Debatte über lokal und zentral führen; welche Elemente werden gemeinsam betrieben, welche müssen ganz bewusst auf lokaler Ebene gehalten werden, wo können wir Schnittstellen und Plattformen zur Kooperation mit Zivilgesellschaft und Wirtschaft schaffen? Gerade in diesen Bereichen können wir vielleicht auch im DACH-Raum eine wirtschaftspolitische Vorbildregion und ein Modell für Europa werden. Die Herausforderungen sind weniger technischer Natur, sondern eher rechtlicher, organisatorischer und kultureller Art. So komisch das klingt. Digitalisierung erfordert von allen in Politik und Verwaltung ein Umdenken und Neudenken von Zusammenarbeit.
Informationstechnologie
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Gemeinsam stark
B
ehörden Spiegel: Herr Dr. Meyer, Sie sind Staatssekretär im Finanzministerium und gleichzeitig als CIO in der Staatskanzlei angesiedelt. Warum diese zwei Hüte? Meyer: Die Landesregierung verfolgt hierdurch das Ziel, die strategische IT-Planung, die aufgrund ihrer Bedeutung im Saarland schon seit Langem in der Staatskanzlei verortet ist, mit dem operativen Bereich zu verzahnen. Denn das für die Konsolidierung und zukünftig auch den Betrieb aller IT-Aufgaben des Landes verantwortliche IT-Dienstleistungszentrum (ITDLZ) liegt im Geschäftsbereich des Finanzministeriums. Behörden Spiegel: Sie sprachen die IT-Konsolidierung an. Wie ist hier der Stand der Dinge? Meyer: Die Phase der IT-Konsolidierung ist im Jahr 2016 mit dem IT-DLZ-Gesetz eingeleitet worden. Dies war ein wichtiger Meilenstein hin zu einer zukunftsfähigen und wirtschaftlichen IT-Struktur der Landesverwaltung. Bis zum Jahr 2020 werden wir die bislang 90 Standorte von Rechenzentren bzw. Serverräumen sowie die IT-Verantwortung im IT-DLZ gebündelt haben. Hierzu wurde in das IT-DLZGesetz ein entsprechender Automatismus eingebaut, demzufolge spätestens 2020 die komplette IT-Verantwortung aus den Ressorts an das IT-DLZ fällt, sofern diese nicht sogar frühere Übergangszeiträume vereinbaren. Wir merken jetzt bereits, dass es in den Ressorts eine Tendenz gibt, diesen Pro-
Behörden Spiegel / September 2017
Saarland setzt bei der Zusammenarbeit bundesweit Maßstäbe (BS) Konsolidierung, Kooperation und Kommunikation – so ließe sich verkürzt der Weg der Digitalisierung der Verwaltung im Saarland auf drei “K” zuspitzen. Konsolidierung insbesondere auf der Grundlage des im vergangenen Jahr in Kraft getretenen IT-DLZ-Gesetzes. Kooperation mit den Kommunen und anderen Ländern auf dem Weg zur Verwaltung 4.0, unterstützt durch ein eigenes E-Government-Gesetz, welches aktuell im Landtag behandelt wird. Kommunikation durch Einbindung und regelmäßigen Austausch der verschiedenen Akteure in Land und Kommunen. Dass diese drei “K” nicht isoliert betrachtet werden können, sondern eng miteinander verknüpft sind, wurde im Interview mit Dr. Ulli Meyer deutlich, Staatssekretär im Ministerium für Finanzen und Europa und Chief Information Officer (CIO) der saarländischen Landesregierung. Das Gespräch führte Guido Gehrt. trauensvollen Zusammenarbeit den Verwaltungsrat davon in Kenntnis. Auch dies kommt der verbesserten Leistungserbringung für die Bediensteten der Landesverwaltung zugute.
zess zu beschleunigen. Dies hätten wir anfangs nicht unbedingt erwartet. Hier zeigt sich jedoch der besondere praktische Nutzen des Automatismus. Da die Konsolidierung ohnehin kommen wird, setzen sich viele lieber an die Spitze der Bewegung. Behörden Spiegel: Das klingt nach einem reibungslosen Prozess. Gab es keinerlei Skepsis gegenüber einer kompletten Zentralisierung? Meyer: Natürlich gab es an der einen oder anderen Stelle Vorbehalte, insbesondere am Anfang des Konsolidierungsprozesses. Dieser ist ja nicht erst mit dem IT-DLZ-Gesetz gestartet. Bis zur Verabschiedung des Gesetzes waren schon einige dicke Bretter zu bohren. Wir haben rund vier Jahre an dem Gesetz gearbeitet, um einen von allen Ressorts getragenen Konsens herzustellen. Ganz wichtig ist dabei, dass wir die Ressorts auch weiterhin über den Verwaltungsrat des IT-DLZ eng in den Gesamtprozess einbinden. Denn Zentralisierung allein schafft ja noch keinen Mehrwert und birgt durchaus die Gefahr, dass der “Monopolist”
Finanzstaatssekretär Dr. Ulli Meyer ist seit Mai CIO der saarländischen Landesregierung und Vertreter des Landes im IT-Planungsrat. Foto: BS/Ministerium für Finanzen und Europa, Saarland
Standards setzt und Lösungen schafft, die an den Bedürfnissen der Ressorts vorbeigehen. So ist der Verwaltungsrat, in dem die Abteilungsleiter Z der Ressorts vertreten sind, sowohl an der Haushaltsaufstellung wie auch an der Priorisierung der Projekte des IT-DLZ beteiligt. Darüber hinaus werden natürlich auch Service-Level-Agreements geschlossen. Doch auch hier gilt: Falls etwas einmal nicht so umsetzbar ist wie geplant, setzt das IT-DLZ im Sinne einer ver-
Behörden Spiegel: Die IT-Konsolidierung und -Modernisierung ist ein großes Projekt, welches insbesondere die verwaltungsinternen Prozesse verändern wird. Wie wollen Sie mit Blick auf Bürger und Unternehmen das EGovernment vorantreiben? Meyer: Natürlich steht auch bei der Modernisierung der verwaltungsinternen Prozesse unter dem Strich immer der Nutzen für die Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen im Fokus. Darüber hinaus werden wir auf Grundlage des Koalitionsvertrages eine Digitalisierungsoffensive für die Verwaltungen im Saarland, bei Land und Kommunen, starten. Die Schaffung eines neuen gemeinsamen Bürgerportals, die Einrichtung eines Servicekontos für Bürger und Unternehmen sowie die Implementierung eines IT-Kooperationsrates, der vom Land und den Kommunen paritätisch besetzt wird, sind hier nur ei-
nige Beispiele. Den rechtlichen Rahmen hierfür und für weitere neue elektronische Verwaltungsservices werden wir mit dem E-Government-Gesetz des Saarlandes schaffen, welches sich im Sinne der Vereinheitlichung in weiten Teilen am EGovernment-Gesetz des Bundes orientiert. Das Gesetz haben wir Ende August in den Landtag eingebracht. Behörden Spiegel: Es soll also eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Kommunen geben? Meyer: Uneingeschränkt ja. Der im Koalitionsvertrag verankerte Digitalisierungsschub hin zur “Verwaltung 4.0” kann aus meiner Sicht nur gelingen, wenn wir die Kooperation mit den Kommunen weiter ausbauen. Bürger und Unternehmen erwarten einen einfachen, schnellen und sicheren Zugang zu den elektronischen Verwaltungsleistungen, und zwar unabhängig von Zuständigkeit, Zeit und Ort. Mit dem neuen IT-Kooperationsrat wollen wir hier die Plattform für gemeinsame Standards und Lösungen schaffen. Da wir die Herausforderungen der Digitalisierung nur gemeinsam bewältigen können, werden wir die geplante Digitalisierungsstrategie eng mit der kommunalen Seite und unserem Partner im E-GovernmentPakt, dem Zweckverband für saarländische Kommunen – eGo-Saar – abstimmen. Mit dem eGo-Saar besteht bereits seit 2004 eine enge und erfolgreiche Zusammenarbeit. Dies zeigt sich zum Beispiel in gemeinsamen Projekten wie dem Saarland-Netz von Land und Kommunen sowie der Lösung für eine zukunftsfähige Rechenzentrumsstruktur. Wir werden auch zukünftig den Austausch mit der kommunalen Seite durch gemeinsame Workshops begleiten und die Informationsveranstaltungen mit den Kommunen in einer eigenen Reihe “Digitale Verwaltung Saar” fortführen. Diese umfangreichen Erfahrungswerte aus der langjährigen Kooperation mit den saarländischen Kommunen wollen wir zukünftig auch noch stärker in den IT-Planungsrat einbringen. Behörden Spiegel: Das Saarland zeichnet auch eine enge Zusammenarbeit mit RheinlandPfalz aus.
Meyer: Richtig. Wir haben im Verhältnis mit Rheinland-Pfalz eine gewachsene Kooperationskultur und -struktur in verschiedensten Bereichen. Mit Blick auf die IT gilt dies insbesondere für den Bereich der steuerlichen Verfahren. Im Februar 2014 haben die Finanzministerien der beiden Länder hierzu eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen. Somit laufen die Verfahren der Steuerverwaltung des Saarlandes heute nicht mehr bei uns, sondern in Koblenz. Eine enge Zusammenarbeit gibt es auch im Bereich der ITSicherheit, wo es seit Anfang 2016 auf der Grundlage eines Staatsvertrages ein gemeinsames CERT (Computer Emergency Response Team) gibt. Auch im Bereich der Polizei gibt es bereits seit Jahren eine enge Partnerschaft mit dem Landesbetrieb Daten und Information (LDI) in Mainz im Bereich der Vorgangs-, Fallbearbeitungs-, Informations- und Fahndungssysteme. In Anlehnung an die Vereinbarungen der Innenministerkonferenz von Ende November 2016, der “Saarbrücker Agenda”, wird diese Zusammenarbeit weiter fortgeschrieben. Behörden Spiegel: IT, insbesondere die öffentliche IT, wurde in der Vergangenheit oftmals als Einsparprogramm “verkauft”. Ist dies angesichts der Herausforderungen der Digitalisierung noch aufrechtzuerhalten? Welche Investitionsmittel sollen in den kommenden Jahren in die digitale Transformation der Verwaltung fließen? Meyer: Natürlich müssen wir, aufgrund der finanziellen Situation des Saarlandes, bei allen ITProjekten die Wirtschaftlichkeit besonders im Blick haben und uns vornehmlich auf Verfahren konzentrieren, bei denen wir uns die größten positiven Effekte versprechen. Doch in der Tat wäre es falsch, die öffentliche IT als ein reines Einsparprogramm zu betrachten, denn sie bildet die Lebenswirklichkeit der Bürger ab, bietet Teilhabemöglichkeiten und stärkt letztlich auch die Akzeptanz staatlichen Handelns bei Bürgern und Unternehmen. Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen haben wir uns darauf verständigt, dass die Investitionsmittel in den nächsten fünf Jahren jährlich um bis zu 50 Prozent steigen sollen, um Projekte wie das neue Bürgerportal auf eine solide Finanzierung zu stellen. Die Finanzeckdaten werden derzeit im Rahmen der geplanten Digitalisierungsstrategie erarbeitet. Wie hoch die Mittel dann konkret sein werden, wird sich nächstes Jahr im Zuge der Ausstellung des Doppelhaushalts 2019/20 zeigen. Auf jeden Fall haben wir aber einen deutlichen Mittelzuwachs zu erwarten.
Der EGovG-SL-Entwur (BS/gg) Der Entwurf des E-Government-Gesetzes für das Saarland (EGovG SL) lehnt sich größtenteils an das E-Government-Gesetz des Bundes an. Jedoch soll das EGovG SL für die kommunale Ebene in gleichem Umfang wie für die Landesebene verpflichtend sein, allerdings erst mit zweijähriger Verzögerung hinsichtlich elektronischer Aktenführung und Optimierung der Verwaltungsabläufe. Wesentliche Regelungen des Gesetzentwurfes sind die Schaffung eines elektronischen Zugangs zur Verwaltung mit der Verpflichtung, auch ein Verschlüsselungsverfahren sowie einen Zugang über DeMail und die Nutzung des elektronischen Identitätsnachweises anzubieten. Zudem soll das EGovG SL Landes- und Kommunalbehörden – unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit – zur elektronischen Aktenführung und elektronischen Abwicklung interner Verwaltungsabläufe verpflichten. Um die Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen zu intensivieren, soll ein paritätisch besetzter IT-Kooperationsrat gebildet werden, zu dem ggf. auch noch Vertreter der Nachbarstaaten eingeladen werden können. Ebenfalls mit Blick auf die Grenzlage soll im EGovG SL auch die Möglichkeit geschaffen werden, Verfahren der Nachbarstaaten zur Identitätsfeststellung zuzulassen.
Informationstechnologie
Behörden Spiegel / September 2017
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Neue Besen kehren …
E-Akte für NRW
Digitalisierungsoffensive und Fragen für NRW
Einführung der elektronischen Akte bis 2022
(BS/Wilfried Kruse*) Die Sommerpause ist zu Ende, nach der Landtagswahl im Mai und der Amtsübernahme der neuen Landesregierung sollten sich die neuen Ressorts und ihre Zuschnitte im ersten Anlauf funktionsfähig gebildet und nach innen wie nach außen erkennbar mit der Arbeit begonnen haben. Die “neuen Besen” die sprichwörtlich gut kehren sollen (und müssen), haben einiges mit Blick auf die angekündigte “Digitalisierungsoffensive” für NRW vor sich.
(BS) Das E-Government-Gesetz (EGovG) des Landes NRW schreibt den Einsatz elektronischer Akten in der Landesverwaltung bis spätestens zum Jahr 2022 vor. Die E-Akte gilt als einer der wichtigsten Bausteine innerhalb der Verwaltungsdigitalisierung und der Umsetzung des E-Government-Gesetzes. Mit der Einführung einer landesweit einheitlichen elektronischen Aktenführung würde NRW auf dem Pfad zur Digitalisierung der Verwaltung ein gutes Stück vorankommen.
Wie gelingt es, die mit dem EGovernment-Gesetz NRW bestärkte Position des CIOs weiter auszubauen und im Sinne der angekündigten Digitalisierungsoffensive kraftvoll und ergebnisorientiert zu unterstützen? Wann und wie wird das im Koalitionsvertrag avisierte Förderprogramm konkret auf den Weg gebracht? Braucht NRW zum Start der Digitalisierungsoffensive vielleicht einen neuartigen Digitalgipfel von Land, Kommunen und IT-Dienstleistern, um die angekündigte neue Ära hochrangig anzuschieben? Vielleicht auch im Sinne einer Zäsur, um Probleme und Defizite der Vergangenheit hinter sich zu lassen, die erreichten positiven Leistungen und Erfolge gemeinsam neu zu definieren, um in Zukunft nicht vieles zum “x-ten Mal” an vielen Stellen neu zu erfinden? Wege und Strukturen zukünftig sogar in gemeinsamer Strategie und Aktion gehen? Wie organisiert sich IT.NRW als Competence Center für die Zukunft, wie offen und transparent gehen die neu gebildeten Ressorts im Rahmen der Digitalisierungsoffensive miteinander um – “traditionell” und unter Berufung auf das “gepflegte”
Ressortprinzip oder mit dem Mut, auf bekannter Basiskonstruktion zusammen neue Denke und neue Wege zu finden? Ein Ministerium komplett zu digitalisieren, ist bereits ein hehres Unterfangen; würde es
zu unterstützen und nachfolgend auch wirkungsorientiert ernst zu nehmen? Wie geht es weiter mit d-NRW als neu gegründeter Anstalt öffentlichen Rechts? Bekanntlich haben sich in den letzten Monaten viele Kommunen bereit erklärt, mit Blick auf gemeinsame, kostengünstige und arbeitsteilige Digitalisierung in die Anstaltsträgerschaft einzutreten. Wer sorgt nun dafür, dass der neuen AöR nach der Konstituierung in der neuen Konstruktion die Arbeit im digitalen Zeitalter zufließt und im erhofften Sinne gemeinsame Früchte trägt? Zu fegen gibt es also genug für die neuen Besen, kräftige Stiele und strapazierfähige Borsten sind dazu hilfreich – und: Gemeinsames Fegen ermöglicht größeren und schnelleren Erfolg. Mehr dazu am 9. November auf e-nrw in Neuss.
Zukünftige IT-Strategien in Nordrhein-Westfalen 9. November 2017 Düsseldorf / Neuss nicht richtig Sinn machen, wenn gleich alle bestmöglich mitziehen am Strang – in die gleiche Richtung? Wie werden sich Arbeit und Funktion des Kooperationsrates nach dem EGovG NRW gestalten, nachdem er sich gerade erst konstituiert hat? Wo und wie wird er am sinnvollsten zu gemeinsamem Nutzen von Land, Kommunen und IT-Dienstleistern zukünftig angebunden? Wie wird es gelingen, seine Arbeit, die ja “nur” Empfehlungscharakter hat, wirklich substanziell, politisch und administrativ
*Wilfried Kruse, Geschäftsführender Gesellschafter IVM², ist fachlicher Leiter und Moderator des Verwaltungskongresses “enrw”, den der Behörden Spiegel am 9. November in Neuss veranstaltet. Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.enrw.info
Im Juli hat das Land einen Rahmenvertrag für die Einführung eines E-Akten-Systems an das IT-Beratungsunternehmen Materna GmbH vergeben. Die Umsetzung erfolgt durch Materna gemeinsam mit seinen Partnern: dem Technologielieferanten Ceyoniq Technology sowie den Beratungsunternehmen DXC Technology (ehemals CSC Deutschland GmbH) und Infora GmbH.
Mindestens 60.000 Nutzer Das neue E-Akten-System wird künftig die Arbeitsgrundlage für mindestens 60.000 Nutzer aus über 500 Behördenorganisationen in der Landesverwaltung NRW sein. Die neue Lösung wird die Schriftgutverwaltung in NRW digitalisieren und soll die bürgernahe und effiziente Verwaltung in NRW weiter vorantreiben. “Die Einführung des E-AktenSystems ist ein bedeutender Schritt, um die Digitalisierung in NRW umfassend zu vollziehen”, erläutert Helmut Binder, Geschäftsführer und CEO von Materna. “Wir stehen der öffentlichen Verwaltung bereits seit vielen Jahren als kompetenter IT-Partner zur Seite und freuen uns darauf, die zukünftige digitale Verwaltungsarbeit im Land NRW aktiv mitgestalten zu dürfen.” Die Behörden in NordrheinWestfalen werden das neue E-Akten-System der Landesverwaltung zukünftig über den Rahmenvertrag beim Landesbetrieb Information und Technik
Helmut Binder ist seit Februar 2015 Chief Executive Officer (CEO) bei Materna. Foto: BS/Materna
Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) nutzen können, dem zentralen IT-Dienstleister für die Landesverwaltung Nordrhein-Westfalens. Angesiedelt ist das Projekt in der CIO-Stabsstelle beim Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen.
Die Rahmenvertragsleistungen
tieren sowie den Dokumentenbasisdienst aufbauen und weiterentwickeln. Ebenfalls Bestandteil des Rahmenvertrages sind Lizenzen und zugehörige Dienstleistungen. Dazu zählen die technische Unterstützung (Altdaten-Migration, Anbindung von Fachverfahren unter anderem über den Standard CMIS, DMS-Support) und fachliche produktspezifische Unterstützungsleistungen (Support im Betrieb, Schulungen für Fachadministratoren und Endanwender). Auf Beraterseite wird Materna von den Unternehmen DXC Technology und Infora begleitet. DXC und Infora sind spezialisiert auf ITVeränderungsprozesse in der Verwaltung. DXC war bereits an der Realisierung eines vergleichbaren Projektes in Hessen beteiligt.
Das DokumentenManagement-System IT-Beratungsunterneh-
Das men Materna erhielt im Rahmen eines Vergabeverfahrens den Auftrag, das Digitalisierungsvorhaben “E-Akte” gemeinsam mit seinen Partnern umzusetzen. Materna hat viel Erfahrung bei der Realisierung komplexer Projekte mit längerer Laufzeit sowie bei großen und vielschichtigen Organisationen. Basierend auf dem bereits erfolgreich bei öffentlichen Auftraggebern eingesetzten Produkt “nscale eGov” für Dokumenten-Management und Vorgangsbearbeitung des Herstellers Ceyoniq Technology wird Materna die zugrunde liegende Technologie implemen-
Das Software-Produkt “nscale eGov” von Ceyoniq ist ein Dokumenten-Management- und Vorgangsbearbeitungssystem, das die elektronische Verwaltungsarbeit optimal unterstützt. Die gesamte Prozesskette vom Posteingang, dem Ad-hoc-Workflow, der Schriftgut- und Sachbearbeitung bis zum Postausgang und zur TR-ESOR-konformen Archivierung ist in “nscale eGov” vorkonfiguriert. Die hochskalierbare Informationsplattform “nscale eGov” dient als Basistechnologie für die Einführung des standardisierten E-AktenSystems in NRW.
Informationstechnologie
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Open Data ist mehr
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aten können echte Multitools sein. Denn wenngleich viele Daten in engen Sachkontexten entstehen, lassen sie sich doch weit über diese ursprüngliche Funktion hinaus nutzen. Sie können bspw. helfen, Dokumentations- und Berichtspflichten gegenüber der Politik oder Kooperationspartnern zu vereinfachen. Sie können dazu dienen, die Aufwände häufiger externer Anfragen zu reduzieren oder den Informationsfluss zwischen Abteilungen oder mit anderen Behörden zu verbessern und so schneller voranzukommen. Daten helfen aber auch, Überblick zu bekommen. Gerade dann, wenn die Aufgabe schwer überschaubar erscheint und doch hohe Priorität besitzt, können die richtigen Daten Gold wert sein. Es lohnt sich also, den Überblick über die Daten zu haben und diese strukturiert zu managen.
Berlin kann Schule machen Ein Beispiel der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie zeigt, wie das in der Praxis aussieht. Eine strategische Aufgabe ist hier seit Jahren die Schulsanierung. Da alle Informationen über die Aufwände über die Bezirke verteilt erhoben wurden, war von Anfang an schwer einzuschätzen, welche Mittel hier wann und wofür in den Haushalt eingestellt werden müssen, um die Sache planvoll in Angriff zu nehmen. Noch 2012 schätzten die Bezirke nötige Investitionen in marode Schulen auf insgesamt 1,4 Milliarden Euro. Durch eine, neue bezirksübergreifend standardisierte Erfassung der Daten zeichnete sich dann Anfang 2017 nicht nur ein deutlich detaillierteres Bild der konkreten Sanierungsaufgaben und -kosten in den einzelnen Stadt-
Strategie-Instrument statt Zusatzaufgabe (BS/Dr. Jens Klessmann) Wo anfangen mit dem Open-Data-Projekt? Viele gute Vorsätze geraten bereits bei dieser frühen Frage ins Stocken. Der Fehler liegt in der Frage selbst einprogrammiert. Mit Open Data fängt man nicht an – es ist vielmehr ein Ergebnis. Anfangen sollte eine Organisation dagegen, indem sie sich ganz generell mit ihren Daten beschäftigt. Sie ist gut beraten, zu Beginn systematisch zu kartografieren, wo in der Behörde Daten entstehen, lagern und fließen. Und zwar gleich unter einer ganz konkreten Fragestellung: Wie können meine Daten dabei helfen, eines meiner strategischen Ziele zu erreichen? bezirken ab, sondern auch ein realistischeres mit kalkulierten Kosten von 4,2 Milliarden Euro. Die neue Erfassung schlüsselt dabei genaue Bedarfe etwa bei der Dachsanierung, den Turnhallen oder der Barrierefreiheit auf und macht diese stadtbezirksübergreifend vergleichbar. Für den Stadtbezirk Lichtenberg wurden die zugrundeliegenden Daten sogar als Open Data verfügbar gemacht und von engagierten Eltern visualisiert: h t t p : / / s c h u l s a n i e rung.tursics.de . Senat und Bezirke waren also mit neuen Daten in die Lage versetzt, besser zu priorisieren, drängende Probleme mit Hilfsprogrammen sofort anzugehen und andere Aufgaben langfristig in die Haushalte einzuplanen. Im aktuellen Doppelhaushalt bekommt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie mit 3,83 Milliarden Euro (2018) und 4,03 Milliarden Euro (2019) von allen Senatsverwaltungen das größte Budget zugestanden. Die vollständige Offenlegung und Bereitstellung von Daten als Open Data ist dabei nur ein Instrument neben anderen. Die grundlegendste Form der Auseinandersetzung mit den, organisationseigenen Daten und Metadaten ist es, zunächst überhaupt herauszufinden, welche Daten wo existieren und wie sie aufbereitet sind. Dieses Wissen ist nicht nur für Entscheidungsträger grundlegend.
nen Daten zentral auflaufen; hier sind etwa IT-Dienstleister aussichtsreiche Kandidaten. An Dr. Jens Klessmann ist diesen Gateways stellvertretender Leiter des lassen sich Daten Geschäftsbereichs Digital und ihre Quellen Public Services (DPS) beim Fraunhofer-Institut FOKUS. einfacher identifizieren und Foto: BS/privat Prozessverbesserungen leichter Es erleichtert vielfach auch die implementieren. Arbeit der Mitarbeiterinnen und Ergänzend zu diesen MaßnahMitarbeiter und ist ein wichtiger men, bringen Interviews mit MitBaustein des Wissensmanage- arbeiterinnen und Mitarbeitern ments. Auch können Mehrfach- unterschiedlicher Einheiten viel Aufwendungen für Erhebung Aufschluss über Orte, Quellen und Pflege einfacher vermieden und Prozesse mit Daten. Und und Formate leichter harmoni- auch ein externes Datenmonitosiert werden, um eine gemein- ring sollte nicht vergessen wersame Nutzung verschiedener den, um herauszufinden, welche Datenquellen zu erleichtern. Daten und Dokumente bereits frei verfügbar sind. So lassen Systematisch sich unbekannte Datenquellen nach Daten suchen herausfiltern. Diese Suche ist Daten und ihre Quellen aus- auch teilautomatisiert möglich. findig zu machen, bedarf eines methodischen Vorgehens. Einen Interne Zugriffe ermöglichen guten Anfang bietet die Analyse Sind die Daten einmal identider Geschäftsverteilungspläne. fiziert und bewertet, erfolgt die Zudem ist es sinnvoll, zu unter- zweite Stufe der Offenlegung, suchen, welche Organisations- nämlich die Öffnung der Zueinheiten häufiger Anfragen auf griffsrechte innerhalb einer OrGrundlage der Informations- ganisation. Wenn keine ernstfreiheitsgesetze zu beantworten haften Bedenken vorliegen, haben und welche Daten hier sollten Daten intern potenziellen häufig angefragt werden. Einen Zweit- oder Drittverwerter-/inWeg zu schnellen Erkenntnis- nen zur Verfügung gestellt wersen bietet die Suche nach “Da- den. Bei der Priorisierung lohnt tengateways”, das heißt nach es sich, parallel den Blick darauf Organisationseinheiten, bei de- zu lenken, welche Daten bereits
Freistaat Bayern die Nutzungsrechte an den Basisdiensten, wie der zentralen Authentifizierung und der rechtssicheren elektronischen Erreichbarkeit und den dazugehörigen Schnittstellen der Bayern-ID. Diese umfasst ein Servicekonto mit Postfach sowie die Authentifizierung. Im Gegenzug bringt das Land Hessen seine mehrjährigen Erfahrungen aus dem Bereich des Fall- bzw. Antragsmanagements mit Unternehmen, Kammern,
Verbänden und Vereinen sowie die aktive Bereitschaft zur Weiterentwicklung der digitalen Verwaltungsleistungen in die Zusammenarbeit mit ein. So soll dem Ausbau von E-Government in beiden Ländern zusätzliche Dynamik verliehen werden. Gemeinsam wollen die Länder Bayern und Hessen auf Bundesebene im Sinn der Kooperation agieren und besonders die Ansätze der Ausgestaltung der Servicekonten vorantreiben.
Neues Rechenzentrum in Bonn eröffnet Stromversorgungsprobleme von außen sowie vollständig redundant arbeitende Systeme mit A-/B-Versorgung für jede Hallenhälfte gegen Stromversorgungsprobleme von innen. Dazu gibt es im Endausbau zehn Kühleinheiten mit einer Leistung von je 1,2 mW und ein Feuerlöschsystem mit Stickstoff, um den Datenverlust gering zu halten. Die erste, nun eingeweihte Halle bietet eine Leistung von sieben Megawatt und kostet rund 50 Millionen Euro.
Das vorhandene Grundstück erlaubt es e-shelter, in Zukunft noch eine weitere Halle zu bauen, die Leistung und Investitionsvolumen verdoppeln würde. Erster Mieter des neuen Rechenzentrums ist das Informationstechnikzentrum Bund (ITZ-Bund), welches die Hälfte der ersten Halle gemietet hat. Da auch die IT-Anforderungen der Bundesbehörden immer mehr zunehmen, beabsichtigt das ITZBund, auch die zweite Hälfte der Halle zu mieten, sofern dies genehmigt wird.
Vitako stellt digital-politische Forderungen zur Wahl (BS/wim) Die Bundes-Arbeitsgemeinschaft der kommunalen IT-Dienstleister Vitako fordert zur Bundestagswahl in einem Thesenpapier von den Parteien eine enorme Verbesserung in der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Zentraler Baustein des Papiers ist das Motto “Digital First”, nach welchem in der Verwaltung “die elektronische Verarbeitung zum Regelfall” gemacht werden soll. Zu dieser Maßnahme gehören
Open Data bereitstellen Die für viele Organisationen neuen Aspekte des Open-Ansatzes zur Bereitstellung haben dazu geführt, dass Open Data häufig als zusätzliche Aufgabe betrachtet wird. Die Eignung als Baustein zur Erreichung der eigenen Geschäftsziele wurde vielfach nicht gesehen. Die Mehrwerte zu heben, ist zwar nicht trivial, aber es lohnt. Auf dem Weg dorthin gilt es, die Grundvoraussetzungen für offene Daten zu berücksichtigen (freie Lizensierung und ein gewisser Mindestgrad an Maschinenlesbarkeit). Darüber hinaus sind z. B. die Verbesserung der Datenqualität, die Pflege der internen und externen Nachfrager und eine nachhaltige Datenbe-
Neue Spielräume im Generationenwechsel Das Beispiel Berlin hat gezeigt, dass schon kleine Schritte der Systematisierung im Datenmanagement zielführend sein können. Dass diese Schritte auch notwendig werden können, erschließt sich vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und des Generationswechsels innerhalb der öffentlichen Verwaltung. Als Teil des Wissensmanagements bereichern gutes Daten-Management und Offene Daten nicht nur die Steuerungsmöglichkeiten, sondern tragen auch dazu bei, Routineaufgaben einfacher umsetzen zu können. Insofern kann eine systematische Befassung mit den eigenen Daten direkt und indirekt dabei helfen, die eigenen Geschäftsziele zu erreichen. Die Empfehlungen basieren auf Erfahrungen aus diversen FOKUS-Projekten, wie u. a. der Begleitung des Projektes Open NRW. Zudem werden von Fraunhofer FOKUS IT-Werkzeuge entwickelt, die das strategische Datenmanagement unterstützen. Einen Überblick über Instrumente/Konzepte zur strategischen Betrachtung von Daten und den Weg zu Open Data bietet ein Seminar von Fraunhofer FOKUS am 28. September in Berlin. Weitere Informationen und Anmeldung unter http://s.fhg.de/K4d
Parteien setzen auf Themenportale und Verständlichkeit
Hessen und Bayern kooperieren
(BS/wim) Der Rechenzentrumsbetreiber e-shelter hat in Bonn die erste Ausbaustufe seines neuen Datenzentrums eröffnet. Auf 8.000 m² Gesamtfläche bietet das Data Center RheinRuhr 1 hochverfügbare und topmoderne Serverflächen auf zwei Etagen. Die Bonner Einrichtung verfügt über zwei integrierte Umspannwerke und Absicherungen gegen so gut wie jede Art von Störung. So gibt es diverse Back-up-Lösungen gegen
heute häufig intern nachgefragt werden und hier auch über automatisierte Bereitstellungsprozesse nachzudenken, um personelle Ressourcen für andere Aufgaben freizumachen. Dies gilt auch für den effizienteren Datenaustausch mit anderen Behörden, der Politik oder die Einbindung der breiten Öffentlichkeit. Spätestens hier ist es angeraten, die Datenqualität zu prüfen. Das bedeutet beispielsweise, Fehler in den Datensätzen zu beheben, einen gewissen Grad an Maschinenlesbarkeit zu erreichen und existierende Standards für die Daten selbst wie auch für die beschreibenden Metadaten zu beachten.
reitstellung wichtige Schritte. Ist die Auswahl der veröffentlichten Daten eher durch Vorsicht als durch strategische Planung geprägt, so bleibt Open Data eher ein Kostenfaktor. Sieht man den Aufwand einer durchdachten Bereitstellung von strategisch relevanten Daten aber als Investition, so stehen die Chancen gut, dass Open Data mittel- und langfristig lohnenswert ist für die jeweilige Organisation.
Der Wahlkampf 2017 im Internet
MELDUNGEN
(BS/gg) Der Freistaat Bayern und das Land Hessen vereinbaren eine engere Zusammenarbeit im Bereich des E-Governments. Eine entsprechende Kooperationsvereinbarung haben Bayerns Finanzstaatssekretär Albert Füracker und der hessische Minister des Innern und für Sport, Peter Beuth, im August unterzeichnet. Dies ist die erste Kooperation unter Ländern nach Art. 91 c GG. Das Land Hessen erhält vom
Behörden Spiegel / September 2017
laut Vitako neben einem “vollautomatisierten Verwaltungsakt” auch die Weiterleitung von Daten zwischen Behörden statt wiederholter Abfrage dieser Daten, sofern der Bürger vorab dieser Weitergabe zugestimmt hat. In diesem Sinne verlangt der Verband auch eine bessere digitale Infrastruktur für Behörden und öffentliche Verwaltungsorgane, welche über alle staatlichen Ebenen abgestimmt und koordiniert sein soll.
Für Mitarbeiter der Verwaltung, aber auch generell für alle Bürger, sollen mehr Lernangebote zur digitalen Bildung angeboten werden, damit Menschen aller Altersstufen und Bildungsgrade in der Lage sind, die Kompetenzen zu erlangen, die die Nutzung und Gestaltung digitaler Medien heute voraussetzen. Zudem fordert Vitako in Deutschland die Errichtung eines flächendeckenden Gigabitnetzes bis zum Jahre 2025.
(BS/Wim Orth) Neben der traditionellen Präsentation auf Plakaten und im Fernsehen ist die Ansprache des Wählers im Internet inzwischen ein integraler Bestandteil für den Wahlkampf aller großen Parteien in Deutschland. Nachdem auf den Internetplattformen bei Wahlen in der Vergangenheit oft noch eine recht verkrampft wirkende Lockerheit zu spüren war, sind die Auftritte im Jahr 2017 alle professionell aufgestellt. Dass die vollständigen Wahlprogramme für eine Bundestagswahl meist recht trocken sind, ist keine neue Erkenntnis. Schließlich fungieren diese Texte als politische Basis für alle Aspekte des Lebens in Deutschland, und diese Aspekte sind eben zu großen Teilen geprägt von Themen der Verwaltung und des Rechts. Und dennoch schaffen es einige Parteien, die Präsentation ihres Programms im Internet etwas aufzulockern. Die CSU beispielsweise, die als Landespartei naturgemäß mit dem kürzesten Programm daherkommt, bietet ein ansprechendes, in den bayerischen Landesfarben gestaltetes Dokument in einem eigenen EReader-Format mit Suchfunktion. Weil so ein bundesweites Wahlprogramm dagegen aber im Normalfall ziemlich lang ist, stellen alle anderen Parteien neben dem ausführlichen Text auch noch Kurzfassungen für die Wähler zur Verfügung, in denen sie ihre wichtigsten Standpunkte noch einmal zusammenfassen. Die Art und Weise, wie die Parteien ihre Inhalte abseits der ausformulierten Textdokumente präsentieren, weicht naturgemäß durchaus stark voneinander ab. So nutzen alle Parteien mehr oder weniger wirksam die eigenen Parteifarben zur farblichen Ausgestaltung und als Identifikationsleitlinie. So bietet die FDP zum Beispiel ein ansprechendes und gut geordnetes Portal in den Parteifar-
ben Gelb, Magenta und Blau, welches eine Suchfunktion bietet und auf Schlagworte ausgelegt ist – und natürlich auf das Gesicht der Partei, Christian Lindner. Bei den Grünen findet man online einen ausführlichen “Zehn-Punkte-Plan für grünes Regieren” sowie 24 Ziele aus dem Wahlprogramm mit kurzen Erklärungen in wenigen Sätzen. Die SPD dagegen bietet Themenportale zu den sechs Kernthemen der Partei mit kurzen, prägnanten Texten zu den wichtigsten Schlagworten der Angelegenheit und abschließend klar formulierten Zielen und Forderungen, wie man das Thema angehen will. Zusätzlich bietet der aktuelle Juniorpartner der Großen Koalition eine Gegenüberstellung, was die SPD als hauptverantwortliche Regierungspartei besser machen würde als CDU und CSU. Und auch die AfD setzt auf ein
Themenportal mit insgesamt 15 Hauptthemen, die der Partei wichtig sind und unter denen man jeweils einige Schlagworte mit Schilderung der parteieigenen Position und anschließenden Forderungen findet. Den meisten Parteien ist es außerdem wichtig, Menschen anzusprechen, die auf irgendeine Weise beeinträchtigt sind. So sind bei fast allen Parteien Zusammenfassungen der wichtigsten Punkte in Gebärdensprache und leichter Sprache zu finden. Die Wahlprogramme in leichter Sprache nutzen dazu häufig Illustrationen, um das Verständnis weiter zu erleichtern. Besonders hervor sticht in diesem Aspekt Die Linke, denn auf deren Seite gibt es außerdem noch ein Programm in Brailleschrift und Übersetzungen in 13 Fremdsprachen wie englisch, arabisch, hebräisch oder türkisch.
Informationstechnologie
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ehörden Spiegel: Wie betrifft die Digitalisierung den öffentlichen Sektor? Breiholz: Die digitale Transformation stellt eine riesige Umwälzung für Wirtschaft und Gesellschaft und natürlich auch für die IT dar. Der öffentliche Sektor kann und will sich davon natürlich nicht ausschließen, denn die Digitalisierung ist auch für Ämter und Behörden eine große Chance, etwa um die Kosten für die Vorgangsbearbeitung zu verringern. Die Automatisierung manueller Abläufe, beispielsweise durch den Einsatz einer E-Akte, kann die Kosten für die Bearbeitung von Schriftstücken um mehr als 40 Prozent reduzieren. Bei einer mittelgroßen Kommune kann das schon einige Millionen Euro ausmachen. Behörden Spiegel: Wo sehen Sie die wichtigsten Herausforderungen?
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Digitalisierung als Zukunftsprojekt Für ein digitales Gesamtkonzept des öffentlichen Sektors (BS) “Im öffentlichen Sektor fehlt oft ein konsistentes, ganzheitliches digitales IT-Konzept”, so Bernd Breiholz, Vice President Consulting Services des Unternehmens CGI. Häufig gebe es keine strategische Zielarchitektur und entsprechende Standards. Vielfach würden nur einzelne Prozesse herausgelöst und digitalisiert. Automatisierte Prozesse seien sehr selten. Wie man diesen Herausforderungen begegnen kann, erklärt Breiholz im Interview mit dem Behörden Spiegel. verfügbaren, neuen Technologien bieten. Digitale Transformation erfordert aber einen gänzlich neuen Denkansatz, der das bisherige Zusammenwirken von Menschen und Technik, von IT und Kommunikation, neu organisiert. Behörden Spiegel: Worin sehen Sie die Treiber für die digitale Transformation? Breiholz: Maßgebliche Treiber sind der Einsatz von effizienteren Technologien, das Denken in neuen Geschäftsprozessen und im Umgang mit IT-Systemen und Endgeräten. Es ist dabei wichtig, dass alle Fachabteilungen und Stakeholder ins Boot geholt und die Anforderungen frühzeitig und klar definiert werden.
Breiholz: Im öffentlichen Sektor fehlt oft ein konsistentes, ganzheitliches digitales IT-Konzept. Häufig gibt es keine strategische Zielarchitektur und die damit verbundenen auditierten Standards. Vielfach werden nur Behörden Spiegel: Worin beeinzelne Prozesse herausgelöst, analysiert und auf die eine oder stehen bezüglich der Digitaliandere Weise digitalisiert. In sierung die wesentlichen Unterden Behörden sind die Prozes- schiede zwischen öffentlichem Sektor und Prise selten auvatwirtschaft? tomatisiert. “Es geht darum, eine Dabei könnten zukunftssichere InfraBreiholz: BeAufwände sehr leicht, zum struktur aufzusetzen, auf hörden können grundBeispiel durch deren Grundlage eine sätzlich nicht Selfservicedigitalisierte öffentliche so verfahren Portale, den UnterEinsatz von Verwaltung auch in den wie nehmen. Sie S o f t w a re -a s nächsten zehn oder müssen sich a-Service und fünfzehn Jahren noch an VergabeAuslagerung von Diensten, effiziente Arbeit leisten o r d n u n g e n , Vorschriften minimiert werkann.” und Weisunden. Behörden orientieren sich in gen halten, ihre Aufgaben sind Bezug auf Technologie immer gesetzlich geregelt, sie können noch am Bestehenden und nicht sich also nicht so ohne Weiteres an Innovationen, die die heute ein neues Geschäftsmodell aus-
“Der öffentliche Sektor muss grundsätzlich langfristiger denken, worin wir einen teilweisen Widerspruch zur zügigen Digitalisierung sehen, obwohl gerade diese Zukunftsorientierung ermöglicht.” Zu den interessanten neuen Technologien mit großem Einsparungspotenzial zählt das Cloud Computing; das trifft auch für den für den öffentlichen Sektor zu. Cloud-Modelle ermöglichen es, Infrastrukturen Bernd Breiholz ist Vice President Consulting und Dienste zu automaServices des IT-Beratungsunternehmens CGI. tisieren oder auszulaFoto: BS/CGI gern. Die Bereitstellung von Fachanwendungen suchen und beispielsweise das als Software-as-a-Service minEinwohnermeldeamt schließen. dert die Wartungskosten der IT Es ist recht einfach, vom öffentli- ganz erheblich, weil hier der Prochen Sektor mehr Flexibilität zu vider Bereitstellung und Warfordern, aber das verkennt sein tung übernimmt. Cloud Computing verschafft Wesen. Der öffentliche Sektor muss grundsätzlich langfristiger Anwendern vor allem aber eine denken, worin wir einen teilwei- bisher ungekannte Flexibilität, sen Widerspruch zur zügigen Di- etwa durch Servicemodelle, mit gitalisierung sehen, obwohl ge- denen kurzfristige Spitzenberade diese Zukunftsorientierung anspruchungen, wie in einem Krisenfall, abgefangen werden ermöglicht. können. Dadurch können zuBehörden Spiegel: Wie könn- sätzliche Ressourcen einfach te für Behörden der erste Schritt nach Bedarf abgerufen werden. Auch E-Government-Lösungen aussehen? können in der Cloud betrieben Breiholz: Ein erster wichtiger werden, zum Beispiel das einSchritt in die Digitalisierung ist satzfertige und OKeVA-konforfür Behörden sicher die Einfüh- me E-Government-Framework rung einer E-Akte. Das ist auch von CGI, das bereits von 20.000 ein guter Ansatzpunkt für weite- Anwendern in Deutschland gere technologische Innovationen. nutzt wird.
Behörden Spiegel: Welche Rolle können hier Partner spielen? Breiholz: Durch die Unterstützung erfahrener Partner fällt es Behörden leichter, alte Zöpfe abzuschneiden und neue technologische Wege einzuschlagen. Mit einer strukturierten Bedarfsanalyse kann ein Partner beispielsweise zügig ermitteln, wo konkrete Ansatzpunkte für eine IT- und Prozessoptimierung bestehen, welche bedarfsgerechten Ressourcen bereitgestellt werden sollten und wo Aufwände eingespart werden können; selbstverständlich müssen alle diese Schritte innerhalb der gesetzlichen Vorgaben erfolgen. Behörden Spiegel: Gibt es dabei auch Risiken? Breiholz: Es besteht bei der digitalen Transformation grundsätzlich die Gefahr, dass die Sache rein technisch betrachtet wird. Anwender dürfen sich aber nicht damit zufriedengeben, nur einzelne Prozesse zu automatisieren. Sie müssen insgesamt ihre gesamten Verfahren so strukturieren, dass sie automatisierbar sind. Das gilt auch in Hinblick auf die
Anforderungen des E-Governments. Die immer weiter gehende Verlagerung von internen Verfahren nach außen zum Bürger, zum Beispiel zu BürgerSelf-Service-Portalen, ist nur umsetzbar, wenn wir auf allen Ebenen entsprechend geeignete Strukturen schaffen. Behörden Spiegel: Was erwarten die Bürger von den Behörden? Breiholz: Die Bürger sind in der digitalen Welt bereits weitgehend zuhause. Sie erwarten, dass sich auch ihre Behörde in diese Welt einpasst. Das gilt nicht zuletzt auch für den Nachwuchs im öffentlichen Sektor, der mit Internet, Notebook und Smartphone aufgewachsen ist. Die Mitarbeiter von heute erwarten einen modernen Arbeitsplatz. Viele Leiter von Behörden haben die Herausforderung erkannt, Mitarbeiter mit entsprechendem digitalem Know-how zu finden und dann auch langfristig zu binden. Wenn die Behörden den Kontakt zu den besten Köpfen der Digitalisierung nicht verlieren wollen, müssen sie die Arbeitsplätze und die damit verbundenen Prozesse an den Anforderungen der digitalen Welt ausrichten. Hier zeigt sich auch sehr gut, warum Digitalisierung und Modernisierung als langfristige Projekte zu betrachten sind. Es geht darum, eine zukunftssichere Infrastruktur aufzusetzen, auf deren Grundlage eine digitalisierte öffentliche Verwaltung auch in den nächsten zehn oder fünfzehn Jahren noch effiziente Arbeit leisten kann. Dabei muss die IT als Treiber für Agilität und für neue Verfahren fungieren. Auch Altsysteme und Agilität sind kein Widerspruch, wenn man Schritt für Schritt vorangeht, beispielsweise Altanwendungen durch Standardsoftware ablöst und teilweise die Neuentwicklung zusätzlicher Funktionalitäten vorantreibt.
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-Government-Komponenten wie das Portal ELSTER mit der elektronischen Steuererklärung und der elektronische Austausch mit Behörden und Unternehmen sind etablierte Leistungen der Finanzverwaltung. Heute erhalten die Finanzverwaltungen der Länder über das Mitteilungsverfahren aus Nordrhein-Westfalen einen großen Teil der Informationen über besteuerungsrelevante Sachverhalte. Fortlaufende Modernisierung und Erweiterung der digitalen Leistungen sind unser Credo in Nordrhein-Westfalen. Das RZF baut das digitale Finanzamt. “Digital seit 60 Jahren.” Dieser Satz bringt unser Selbstverständnis vielleicht am besten zum Ausdruck. Wir, das RZF, sind eine Landesoberhörde im Geschäftsbereich des Ministeriums der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen und in diesem Jahr feiern wir unser 60. Jubiläum. Die meisten der rund 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickeln und programmieren spezialisierte Anwendungssoftware für die Finanzverwaltung auf höchstem Niveau. Orientiert am technischen Fortschritt konzipieren und entwickeln wir innovative IT-Lösungen, die alle Länder einheitlich einsetzen. Big Data und E-Government gehören zu unserem Tagesgeschäft. Wir verantworten die zentrale und dezentrale Produktion, die Beschaffung von Hard- und Software für über 25.000 Arbeitsplätze und die Entwicklung und Betreuung moderner Kommunikationssysteme. 1957 – das digitale Zeitalter der Finanzverwaltung NordrheinWestfalens beginnt. Aus der Lochkartenzentrale NRW wird das RZF. Entdeckerdrang, Innovationsfreude und die hohe Anpassungsfähigkeit der engagierten Mitarbeiterinnen und
Informationstechnologie
Behörden Spiegel / September 2017
Digital seit 60 Jahren Das Rechenzentrum der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (BS/Andrea Kampmann) Digital seit 60 Jahren. Welche Verwaltung kann das schon für sich in Anspruch nehmen? Verwaltung? Oder sprechen wir nicht eher von einem IT-Unternehmen, einem Software-Developer und einem Systemhaus? Gemeint ist das Rechenzentrum der Finanzverwaltung (RZF), das Steuerrechenzentrum Nordrhein-Westfalens, das seit vielen Jahren die vollständige digitale Arbeit der Finanzverwaltung intern sicherstellt. Mitarbeiter begründen die Leistungsfähigkeit damals wie heute. Immer schon haben wir die jeweils modernste Informationstechnologie für das Kerngeschäft der Finanzverwaltung, die Festsetzung und Erhebung von Steuern, zuletzt hilft uns diese genutzt. Herangehensweise Digitalisierung war viele bei der Besetzung ofJahrzehnte lang allein etfener Stellen im hart was für uns Spezialisten. umkämpften WettbeZu Recht ist sie in den letzwerb um die besten ten Jahren zu einem gesellIT-Fachkräfte unseres schaftlichen Megathema Landes. geworden. Das verändert RZF empfiehlt auch die ErwartungshalKONSENS tung an die Arbeit eines Rechenzentrums. Die Politik, Das RZF ist einer aber auch die Bürgerinnen Das RZF berichtet in einer neuen Broschüre ausführ- von fünf Entwicklungs und Bürger, bringen kon- lich über die Aufgaben des IT-Dienstleisters. Diese standorten im Vorkrete Vorstellungen ein, steht über den QR-Code und die Webseite www. haben KONSENS in wie die Bearbeitung einer rzf.de zum Download zur Verfügung oder kann per Deutschland. Gerade Steuererklärung im 21. E-Mail an Oeffentlichkeitsarbeit-5011@fv.nrw.de be- die Entwicklung von Jahrhundert auszusehen stellt werden. Software im Kontext der Grafik: BS/RZF hat. Diesen Anforderungen Koordinierten Neuen begegnen wir mit unserer Software-Entwicklung Erfahrung und dem festen Ziel, Gut, wenn dieses Know-how aus für die Steuerverwaltung (KONauch in den nächsten 60 Jah- einer Hand kommt. Deshalb bil- SENS) ist unser Schwerpunkt ren im Verbund mit anderen den wir jedes Jahr diplomierte und wir setzen uns für einen Dienststellen des Landes pro- Steuerfachkräfte in einer ein- zügigen Fortgang der Projekte fessioneller IT-Dienstleister für jährigen Inhouse-Maßnahme dieses großen Vorhabens ein. die Finanzverwaltung zu sein. zu Programmiererinnen und Wir analysieren, programmieProgrammierern fort. Diese im ren und testen Software für alle IT- und SteuerrechtsLaufe der Jahrzehnte gewach- Bundesländer und kümmern kompetenz aus einer Hand sene Verknüpfung von Fachwis- uns um den Einsatz der KONEine zentrale Aufgabe unseres sen dieser beiden unterschiedli- SENS-Software, egal ob diese Hauses ist die Programmierung chen Themengebiete begründet aus NRW oder aus einem andesteuerfachlicher Anwendun- die Leistungsfähigkeit des RZF. ren Land stammt. Federführend gen. Dazu ist sowohl IT- als Wir haben festgestellt, dass es sind wir in der Entwicklung von auch Steuerrechtskompetenz erfolgsversprechender ist, Steu- Anwendungen für die Bereiche gefragt, um die Änderungen errechtsexperten in Program- Steuerfestsetzung, RisikomaPrüfungsdienste steuerlicher Gesetzgebung in ei- miersprachen zu schulen, als nagement, ne Computersprache umzuset- umgekehrt IT-Fachleuten das und Vollstreckung. Warum zen und ausführen zu können. Steuerrecht beizubringen. Nicht lohnt sich diese Fokussierung?
Weil die Zusammenarbeit der Länder für die Digitalisierung der Finanzverwaltung effektiv ist: einer für alle.
Internationale Standards sind die Vorgabe Gerade im Hinblick auf die koordinierte Softwareentwicklung für die gesamte Steuerverwaltung sind die IT-Umgebungen aller 16 Länder und des Bundes zu integrieren. Das berührt das bedeutende Thema der Standardisierung. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde eine Zielarchitektur definiert und verbindliche Standards für alle Länder festgelegt. So ist gewährleistet, Software an wenigen Standorten für die Finanzverwaltung zu entwickeln und deutschlandweit zu betreiben. Neben den Vorteilen eines stabileren Betriebs sind es natürlich vor allem wirtschaftliche Gründe, die für dieses Vorgehen sprechen. Die Architektursteuerung im RZF ist die “Hüterin” der KONSENSArchitektur und achtet bei der Umsetzung auf anerkannte internationale Standards.
RZF als Arbeitgeber Ungeachtet der oben bereits geschilderten eigenen Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung können wir darüber hinaus
genügend attraktive Arbeitsstellen für IT-Professionals von außen anbieten. Wir sind davon überzeugt, dass gerade die Digitalisierung der Verwaltung einen hohen gesellschaftlichen Wert darstellt, für den es sich lohnt zu arbeiten. Da geht es um Jobangebote mit einem weiten Aufgabenspektrum, die gleichsam spannend wie sinnstiftend sind. Um allen Beschäftigten des Hauses berufliche Karriereperspektiven zu geben, haben wir in den letzten Jahren ein eigenes Personalentwicklungskonzept erarbeitet und etabliert. Das und die vielen anderen Vorteile des Öffentlichen Dienstes, wie beispielsweise die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, machen das RZF zu einem attraktiven Arbeitgeber.
Was bringt die Zukunft? Die vollständige Digitalisierung aller Arbeitsabläufe ist für uns selbstverständlich. Das RZF nimmt dabei eine Schlüsselstellung ein. In den nächsten
Andrea Kampmann ist Leiterin des Rechenzentrums der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (RZF). Foto: BS/RZF
Jahren werden wir den heutigen Standort, der an seiner Kapazitätsgrenze angelangt ist, verlassen und in eine neue, moderne Liegenschaft umziehen. So hält auch das Äußere mit dem modernen Inneren Schritt. Auch diese Investition in die Zukunft zeigt die Bedeutung und die Unumkehrbarkeit der Digitalisierung der Finanzverwaltung.
Informationstechnologie
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Wachsende Anforderungen
Mehr Geschwindigkeit
Umgang mit digitalen Identitäten
Politischer Forderungskatalog für ein digitales Deutschland
(BS/Petra Waldmüller-Schantz*) Der Umgang mit elektronischen Identitäten ist eine komplexe Herausforderung. Die Heterogenität der IT-Systeme, in denen Identitäten und Berechtigungen in den unterschiedlichsten Facetten gespeichert und verwendet werden, macht das Management von Identitäten mit der Fülle von Anforderungen an Wirtschaftlichkeit, Einfachheit und Risikominimierung schier unmöglich.
(BS/Carsten Große Starmann) Im Jahr 2017 hat die Bertelsmann Stiftung den Reinhard Mohn Preis zum Thema “Smart Country – Vernetzt. Intelligent. Digital.” an Toomas Hendrik Ilves verliehen. Der ehemalige estnische Staatspräsident wurde gewürdigt als Vordenker, Treiber und aktiver Mitgestalter der digitalen Transformation in seinem Land. Heute gilt Estland weltweit als digitale Vorzeigenation.
Zudem nehmen der Bedarf und auch der Anspruch an den Schutz personenbezogener Daten stark zu. Identitäts- und Datendiebstahl sind große Sicherheitsrisiken, die es zu verhindern gilt. Daraus ergibt sich die Forderung nach einer expliziten Berechtigungsstruktur für den Zugriff auf Daten, die wiederum auf gespeicherten Identitäten beruht. Betrachtet man darüber hinaus den Trend hin zu immer mehr Vereinfachungen der Anwendung aufseiten der Nutzer, ist die Herausforderung an die IT-Architektur immens. Gleichzeitig steigt bei weiterer Globalisierung und Stärkung des europäischen Binnenmarktes die Erwartungshaltung an gegenseitiger Anerkennung der unterschiedlichen nationalen Identitätstoken bzw. -systeme. Mehr denn je bedarf es von daher einer intelligenten Vernetzung und somit Föderation von Systemen und verteilten Identitäten.
ropäischer eIDs vor, wenn Sie die Nutzung der Online-Ausweisfunktion in Ihr Diensteangebot integriert haben. Governikus Autent wird im Rahmen des von der EU geförderten Projekts TREATS (TRans-European AuThentication Services) so erweitert, dass künftig sämtliche notifizierten europäischen Identifikationsmittel unterstützt werden. Alle Erweiterungen werden direkt im Identitätsmanagementsystem umgesetzt und stehen sofort allen angeschlossenen Systemen zur Verfügung. Das Projekt öffnet der Verwaltung in Deutschland erstmals die eID-Infrastruktur des Personalausweises für den EU-weiten Zugang mit Identifizierungsmitteln anderer Mitgliedsstaaten. Das Projekt wird als CEF-Vorhaben (Connecting Europe Facility der EU-Strategie Europa 2020) gefördert und soll unter der Konsortialführung von Governikus Ende Oktober 2017 abgeschlossen sein.
Multiauthentisierungsstrategie
Unterstützung von interoperablen Servicekonten
Neben dem sicheren Transport von vertraulichen Daten ist eine der Hauptanforderungen im E-Government die Authentisierung der Kommunikationsteilnehmer. Für den Umgang mit elektronischen Identitäten, also dem sicheren Identifizieren sowie dem Zulassen berechtigter und der Verhinderung unberechtigter Zugriffe auf Inhalte und Dienstleistungen, wurde Governikus Autent als eine umfassende Identitätsmanagementlösung konzipiert und realisiert. Auch unter den Gesichtspunkten Single Signon und Interoperabilität lassen sich sichere und föderierte Kommunikationsinfrastrukturen mit Governikus Autent umsetzen. Darüber hinaus wird im Kontext der eIDAS-Verordnung der Umgang mit europäischen Identitäten ermöglicht.
Bereits im Herbst 2013 hat der IT-Planungsrat die “Strategie für eID und andere Vertrauensdienste im E-Government” verabschiedet, Beschlüsse zur Umsetzung getroffen und entsprechende Maßnahmen auf den Weg gebracht. Ein Schwerpunkt der eID-Strategie liegt im Bereich der Servicekonten. Immer mehr Behörden, Kommunen und Länder nutzen Servicekonten zur digitalen Bereitstellung ihrer Dienstleistungen. Mit dem sog. “interoperablen Servicekonto” soll Nutzern künftig die Möglichkeit geboten werden, sich über ein einmal eingerichtetes Konto für die Nutzung unterschiedlicher Verwaltungsdienstleistungen zu identifizieren. Mehrwert und Nutzen liegen auf der Hand: Nutzer können sich mit ihrem vertrauten Servicekonto bei allen Verwaltungsdienstleistungen in Deutschland und perspektivisch in der Europäischen Union identifizieren. Hierbei handelt es sich um
Anerkennung notifizierter europäischer Identitäten Ab 18.09.2018 schreibt die eIDAS-Verordnung die verbindliche Akzeptanz notifizierter eu-
1. Februar 2018,
einen wesentlichen Aspekt im Sinne von Single Sign-on (SSO). Im Zuge der Konzeption sowie Umsetzung eines beispielhaften Prototyps wurde Governikus Autent von NordrheinWestfalen zum Aufbau eines interoperablen Serviceskontos als Basiskomponente genutzt. In der ersten Ausbaustufe werden Servicekonten für natürliche Personen umgesetzt. Danach folgt die Möglichkeit zur Registrierung juristischer Personen (Unternehmenskonto). Die Erweiterung zum Unternehmenskonto wird eng mit den Bedarfsträgern aus Bund und Ländern abgestimmt und realisiert. Die Pilotierung erfolgt zwischen Nordrhein-Westfalen und Bayern. Die aus den Erkenntnissen resultierenden Anpassungen an Governikus Autent stehen Bund, Ländern und Kommunen über die Anwendung Governikus des ITPlanungsrates zum Aufbau eigener Servicekonten zur Verfügung. Innerhalb eines Landes sind die Identitäten lokal im jeweiligen Servicekonto abgelegt. Für das Login zum Fachverfahren eines anderen Landes melden sich die Benutzer einfach wie gewohnt an ihrem lokalen Servicekonto an. Die Übermittlung der Daten zum gewünschten Fachverfahren übernehmen gemäß der Spezifikation zum interoperablen Servicekonto die zwei jeweils involvierten Servicekonten, nämlich des eigenen Landes und des Landes, in dem das gewünschte Fachverfahren betrieben wird. Die Interoperabilität des Prototyps zwischen den Servicekonten von NRW und Bayern wird über die IdP-Proxy-Funktionalität von Governikus Autent hergestellt. Bei der angewandten SAML-Proxy-Authentisierung ist der IdP-Proxy ein Vermittler, der seinen Dienst bei der Authentisierung zwischen Clients, Diensteanbietern und IdPs verrichtet. *Petra Waldmüller-Schantz ist bei der Governikus GmbH & Co. KG aus Bremen tätig.
Davon ist Deutschland derzeit noch weit entfernt. Deutschland hat großen Nachholbedarf bei der vorausschauenden Gestaltung der digitalen Transformation und im Vergleich mit andern europäischen Ländern eher den Status eines digitalen Entwicklungslands. Internationale Recherchen und Studien im Rahmen des Reinhard Mohn Preises 2017 haben vielfältig gezeigt, dass andere Länder wie zum Beispiel Estland, Österreich, Schweden oder Israel hier bereits sehr viel weiter sind. Sie haben es verstanden, frühzeitig und vorausschauend die richtigen Weichen zu stellen. Diese Weichenstellungen zeigen sich im internationalen Vergleich als zentrale Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Gestaltung der digitalen Veränderungen: Es braucht starke Innovationstreiber in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, konsistente und Rahmen setzende Strategien, Stärke in der Umsetzung sowie positive Bilder und positiv erfahrbare digitale Anwendungen, die bei Bürgerinnen und Bürgern Vertrauen schaffen. Nur so kann eine erfolgreiche digitale Transformation auch im Sinne von mehr gesellschaftlicher Teilhabe der Bevölkerung ermöglicht werden. Die genannten Erfolgsfaktoren sind umso wichtiger, als dass Digitalisierung alle Bereiche
chendeckenden Breitbandversorgung bis zum Jahr 2025 sowie der Förderung Carsten Große Starmann ist des MobilfunkSenior Project Manager des standards 5G. Programms LebensWerte Dabei sollte ganz Kommune bei der Bertelsüberwiegend in mann Stiftung. zukunftssicheFoto: BS/ Bertelsmann Stiftung re Technologien (Glasfaserkabel) des Lebens sehr grundlegend, investiert werden. schnell und unumkehrbar verDeutschland braucht für die ändert. Sie betrifft Wirtschaft, Gestaltung der digitalen TransPolitik und Gesellschaft ebenso formation aber auch deutlich wie die Lebenswelt jedes einzel- mehr Tempo bei der Schaffung nen Menschen. Digitalisierung adäquater Rahmenbedingunist dabei ausdrücklich mehr als gen. Hier hat die Bertelsmann nur Technik. Der Umgang mit Stiftung gemeinsam mit Diihr ist immer auch eine Frage gitalexperten aus Politik, Verder Haltung. Deshalb wird es waltung, Wissenschaft und bei aller auch berechtigten und Wirtschaft einen politischen Forangebrachten Skepsis immer derungskatalog erarbeitet. Für wichtiger, die Chancen und das die vier Handlungsfelder “Digigroße Gestaltungspotenzial der taler Rechts- und OrdnungsDigitalisierung in den Vorder- rahmen”, “Digitale Infrastrukturen”, “Sichere Informations- und grund zu stellen. Vor allem braucht es in Kommunikationstechnik” sowie Deutschland mehr Geschwin- “Digitale Kompetenzen” zeigt digkeit angesichts der hohen der Forderungskatalog konkret Dynamik in diesem wichtigen auf, welche Prioritäten zu setHandlungsfeld. Das bedeutet zen sind, damit Deutschland in der Digitalisierung nicht den Anzweierlei: Zunächst erfordert die Digita- schluss verliert. Der Forderungskatalog steht lisierung spürbar mehr Internetgeschwindigkeit – auch um zum Download bereit: www. international konkurrenzfähig bertelsmann-stiftung.de/de/ zu sein. Dafür ist ein eindeu- publikationen/publikation/did/ tiger Perspektivwechsel erfor- smart-country-intelligent-ver derlich mit dem Ziel einer flä- netzt-digital
BMI stellt Aktionsplan vor Beitritt zu internationaler Partnerschaft (BS/wim) Das Bundesinnenministerium (BMI) hat im August den ersten Nationalen Aktionsplan für eine moderne Regierung und Verwaltung in Deutschland veröffentlicht. Die Bundesregierung hatte sich selbst dazu verpflichtet, einen solchen Plan im Zuge des Beitritts zum internationalen Kooperationsbündnis “Open Government Partnership” (OGP) zu erarbeiten und hat diesen nun beschlossen. Der Aktionsplan umfasst 15 Selbstverpflichtungen der jeweils zuständigen Bundesressorts zu den Themengebieten einer stärkeren Transparenz der Regierung, einer verbesserten Bürgerbeteiligung sowie einer generellen Verwaltungsmodernisierung. Die Verpflichtungen beinhalten konkret Punkte wie die Umsetzung von Open Data in der Verwaltung und das Vo-
rantreiben der Digitalisierung familienbezogener Leistungen, wie beispielsweise die Beantragung von Elterngeld. Die OGP wurde 2011 von Brasilien und den USA begründet. Seitdem haben sich der Initiative 73 weitere Länder angeschlossen, die sich mit ihrer Teilnahme zur Ausarbeitung von Aktionsplänen für eine Modernisierung der Verwaltung in ihren jeweili-
Haus der Bayerischen Wirtschaft, München
4. Zukunftskongress Bayern Fotos: © alphaspirit, fotolia.com; Dombrowsky
Die digitale Verwaltung in Staat und Kommunen – heute und morgen – für Bürger und Wirtschaft Der Zukunftskongress Bayern wird auch im kommenden Jahr wieder die aktuelle Entwicklung der Digitalisierung von Staat und Kommunen diskutieren. Der traditionelle Blick in andere Bundesländer, aber auch nach Österreich und in die Schweiz wird die Diskussionen öffnen und um zusätzliche Impulse bereichern. Ziel der Veranstaltung ist es, einerseits eine Standortbestimmung vorzunehmen und über das bislang Erreichte zu informieren. Ebenso wichtig ist es jedoch, angesichts der Dynamik der digitalen Transformation, Konzepte, Strategien und Lösungen für die Weiterentwicklung des Digitalen Staates und der Digitalen Verwaltung zu entwerfen. Daher wird es ein zentrales Element des Kongresses sein, intensiv, visionär und kontrovers über die richtigen Weichenstellungen für das digitale Bayern der Zukunft zu diskutieren. Melden Sie sich unter www.zukunftskongress.bayern an und diskutieren Sie mit!
www.zukunftskongress.bayern [#zkonbayern]
Eine Veranstaltung des
gen Ländern verpflichtet haben. Die Statuten sehen dabei vor, dass die Pläne regelmäßig evaluiert werden und alle zwei Jahre ein komplett neuer Aktionsplan ausgearbeitet wird. Die Bundesregierung hatte nach anfänglichem Zögern im Frühjahr 2016 ihr Interesse am Beitritt bekundet. Mit dem ersten Nationalen Aktionsplan wurde dieser nun endgültig vollzogen.
Wirtschaftsspionage
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ass Massendatenanalyse nicht nur großen OnlineUnternehmen nützt, lässt sich leicht im Bereich Verkehr illustrieren: Eine gut funktionierende digitale Infrastruktur vorausgesetzt, könnte die Auswertung von Daten beim vernetzten und automatisierten Fahren zu einer Verbesserung der Verkehrssicherheit, einer Reduzierung von Staus und einem Ende langwieriger Parkplatzsuchen führen, die in Innenstädten einen erheblichen Teil des Gesamtverkehrsaufkommens ausmachen. Gleichzeitig könnte so auch die Schadstoffbelastung deutlich reduziert werden. Auch im Versicherungswesen, in Dienstleistung und Industrie, im Gesundheitswesen und der Pflege oder in der öffentlichen Verwaltung wird Massendatenanalyse viel Potenzial für Effizienzgewinne zugetraut, die der Gesellschaft als Ganze zugute kommen könnten. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) favorisiert deshalb für den Bereich Mobilität das Konzept Dateneigentum, mit dem Rechtssicherheit und Transparenz geschaffen werden sollen. Die Idee wurde schon im Mai in dem Strategiepapier Datensouveränität des BMVI beschrieben. Darin heißt es: “Daten sind im Rechtssinn keine Sachen und dadurch nicht eigentumsfähig. Wir wollen deshalb Daten im Ergebnis mit Sachen gleichstellen und damit die Voraussetzung schaffen, dass diese eindeutig natürlichen oder juristischen Personen als “Eigentum” zugewiesen werden können.” Im Bereich der Mobilität ließe sich über eine Zuordnung an den wirtschaftlich Berechtigten der Fahrer bzw. Halter des Fahrzeugs zum Eigentümer der Daten machen. Einer Weitergabe der im Auto generierten Daten müsste dieser dann expli-
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Wege zur Datenökonomie Deutschland und Europa diskutieren über sichere und effiziente Lösungen (BS/Benjamin Stiebel) Wie lassen sich die Anforderungen einer zunehmend datengetriebenen Wirtschaft mit den Anforderungen an den Schutz personenbezogener Daten vereinbaren? Während hierzulande das Konzept eines Eigentumsrechts an Daten im Bereich Mobilität diskutiert wird, denkt man auf europäischer Ebene bereits über internationale und branchenübergreifende Lösungsansätze nach. Neben rechtlichen dürfen auch technische und organisatorische Aspekte nicht aus den Augen verloren werden. Erhoffte Potenziale aus intelligenter Datenauswertung werden sich nur zum Wohl aller entfalten können, wenn der Schutz vor Datenmissbrauch und Wirtschaftsspionage sicher und praktikabel gewährleistet wird. zit zustimmen. “Der Nutzer soll selbstbestimmt und informiert über seine Daten entscheiden können”, sagte Norbert Barthle, Parlamentarischer Staatssekretär im BMVI, im August anlässlich der Vorstellung der Studie “Eigentumsordnung für Mobilitätsdaten?”, die das Konzept auf technische, ökonomische und rechtliche Fragestellungen hin untersucht hat.
BMVI-Studie gibt Handlungsempfehlungen Dr. Ilja Radusch vom Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS) erläutert als Mitautor dieser Studie Herausforderungen bei der Zuordnung von Dateneigentum bei komplexeren Datenströmen in aktuellen und zukünftigen Geschäftsmodellen im Individualverkehr. “Außer dem Hersteller und dem Nutzer sind auch weitere Akteure bei der Datenerstellung zu beachten, wie Carsharing-Dienstleister, Anbieter von Mobilitätsdiensten sowie der Infrastrukturbetreiber”, sagt Radusch. Die Studie schließt mit der Empfehlung, bestehende Regelungen schrittweise hin zu einem dezidierten Datenrecht anzupassen. Ein wichtiger Vorschlag für die Schaffung von mehr Transparenz ist die Einführung eines Datenausweises, der verbindlich über Art, Umfang und Ausgestaltung der Datenerhebung informiert. Auf dieser Grundlage könnten Nutzer sich
Welcher ist der Königsweg zu einer fairen, transparenten und sicheren Gestaltung der Datenökonomie in Deutschland und Europa? Foto: BS/Tim Green, cc by 2.0, flickr.com
informiert für oder gegen die Erhebung von Daten entscheiden. Wie der Mitautor der Studie Dr. Sönke E. Schulz, damals noch Mitarbeiter der Partnerschaft Deutschland, erklärt, ließe sich mit einer handlungsbezogenen Eigentumszuordnung an den wirtschaftlich Berechtigten “Rechtssicherheit für die Mehrzahl der Fälle” herstellen. “Es fehlt bisher insbesondere eine rechtliche Ordnung für die Zuordnung von Daten, die nicht personenbezogen sind”, sagt Schulz, der jetzt Geschäftsführer des schleswig-holsteinischen Landkreistages ist. Es gebe aber durchaus auch Alternativen zum Dateneigentum, wie er betont.
Die Studie sei daher vor allem als Auftakt einer breiten Diskussion gedacht. Zu diesem Zweck hat das BMVI auch einen Konsultationsprozess angesetzt. Noch bis Anfang November können sich Interessenträger aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft mit Stellungnahmen einbringen.
Debatte auf EU-Ebene schon im Gang Auch die EU-Kommission sucht nach Lösungen zur Versöhnung von wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und privaten Interessen bei der Datenweitergabe und -nutzung. Bereits im Januar wurde eine öffentliche Konsultation zum Thema europäische Datenökonomie im Rahmen der Digital Market Strategie der EU anberaumt. Diskussionsimpuls war eine Mitteilung der Kommission, in der unter anderem verschiedene Ansätze zur Gewährleistung des Zugangs zu anonymen, von Maschinen generierten Daten vorgeschlagen wurden. Dem zusammenfassenden Bericht zur Konsultation vom Mai zufolge sprach sich der Großteil der Teilnehmer hier gegen regulatorische Eingriffe wie durch die Einführung eines Eigentumsrechts für Daten aus. Zweifel am Nutzen eines gesetzgeberischen Eingriffs bestehen vor allem aus wettbewerbspolitischer Perspektive. Aufgrund der de facto bestehenden Marktmacht der Anbieter gegenüber dem Nutzer – das heißt dem Datenhersteller – könnte eine
obligatorische, ausschließliche Nutzungslizenz zum Regelfall werden, warnt Prof. Dr. Josef Drexl. Er ist Direktor des MaxPlanck-Instituts für Innovation und Wettbewerb, das sich auch mit einem Statement an der Konsultation der EU-Kommission beteiligt hatte. Ein Dienst oder Produkt könnte dann nur mit dem Einverständnis genutzt werden, dem Anbieter kostenlos exklusive Nutzungsrechte an den anfallenden Daten zu gewähren. Statt digitale Souveränität zu fördern, würde so nur die Konzentration auf wenige Datensilos verstärkt. “Denn in den Fällen, in denen der am Zugang interessierte Kunde dem Hersteller gegenüber vertraglich unterlegen ist, bietet ein Eigentumsrecht gerade kein geeignetes Mittel, diese Störung der Vertragsparität auszugleichen”, erklärt Drexl. Alternativen zu einem Eigentumsrecht nennt u. a. der Lisbon Council for Economic Competetiveness and Social Renewal. Neben wettbewerbspolitischen Maßnahmen zur Schaffung eines gemeinsamen Rahmens mit sektorspezifischen Vereinbarungen zur Sammlung und Teilung von Daten werden auch technische Optionen angesprochen. So könnten beispielsweise vertrauensvolle Drittanbieter als Datenhoster auftreten und den fairen und gesetzeskonformen Zugriff auf gemeinsame Datenbestände regeln. Mit fortschrittlicher Verschlüsselung und Rechtemanagement ließe sich auf diesem Wege Transpa-
renz, Sicherheit und Kontrolle gewährleisten.
Schutz vor Missbrauch und Spionage Bei der Debatte um die Datenökonomie spielen eben nicht nur Fragen des fairen Wettbewerbs eine tragende Rolle. Überlegungen zu Lösungen für die Geschäftsmodelle der Zukunft müssen von Anfang an die Datensicherheit berücksichtigen. Während für den Schutz personenbezogener Daten bisher mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) klare Rechtsgrundlagen vorliegen, hapert es oft noch an der praktischen Umsetzung, wie die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Andrea Voßhoff, urteilt: “Nutzer haben bei vielen Diensten bislang keine Möglichkeit, nachzuvollziehen, was nach einer Einwilligung mit ihren Daten geschieht, welche Folgen das hat und an wen die Daten weitergegeben werden.” Statt einer rechtlichen Neuordnung und eines Eigentumsrechts, sei es vonnöten, sich Gedanken über Ziele von Datennutzung zu machen. Grundsätzlich sei nichts gegen die sinnvolle Nutzung von anonymisierten Daten einzuwenden, stellt Voßhoff klar. “Es darf nur nicht der Versuchung nachgegeben werden, Geschäftsmodelle zu entwickeln, bei denen die Erhebung und Weitergabe personenbezogener Daten der eigentliche Zweck ist.”
Modelle wecken Begehrlichkeiten Ein weiterer Sicherheitsaspekt wird bei den Diskussionen um eine funktionierende Datenökonomie bisher noch kaum berücksichtigt. Wenn Geschäftsmodelle von Unternehmen sich zunehmend um Daten drehen, wachsen vermutlich auch Begehrlichkeiten. Wirtschaftsspionage richtet sich auf sensible und vertrauliche Geschäftsdaten aller Art: Kundendaten, Informationen über Prozesse und Geschäftsabläufe, technische Dokumentationen. Werden Daten in Zukunft zum Beispiel in der Automobilbranche zur entscheidenden Ressource, steht zu befürchten, dass Cyber-Spione bald gezielt die digitalen Infrastrukturen angreifen, in denen von Fahrzeugen generierte Daten übertragen, gespeichert und ausgewertet werden. Ungeachtet der Frage, ob ein neues Datengesetz oder branchenspezifische Selbstregulierung der Königsweg zur Gestaltung der Datenökonomie ist – der Schutz der zugrundeliegenden technischen Systeme vor unberechtigten Zugriffen muss im Interesse aller Stakeholder hohe Priorität haben.
Gefahr durch Phishing Betrügerische E-Mails sind Einfallstor für Hacker und Spione (BS/stb) Angriffe auf Unternehmen durch Cyber-Kriminelle richten sich häufig zielgerichtet gegen einzelne Mitarbeiter. Als größte Gefahr wird von Unternehmen Phishing eingestuft, gefolgt von Spyware, Ransomware und Trojanern. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie, für die über 250 Sicherheitsexperten aus der Privatwirtschaft weltweit befragt wurden. Der Threat Landscape Survey 2017 des SANS Institute kommt zu dem Schluss, das PhishingAngriffe insgesamt den größten Schaden verursachen. Dabei dienen teils hoch professionell gestaltete betrügerische E-Mails als Köder, um nach Passwörtern, Bankdaten oder sensiblen Unternehmensdaten zu angeln. Betroffen waren allein im letzten Jahr 40 Prozent der befragten Unternehmen. Links oder Anhänge in E-Mails sind das häufigste Einfallstor für Schadsoftware wie Verschlüsselungstrojaner. Aber auch für Betrugsmaschen wird häufig dieser Weg gewählt. So beim CEO-
Fraud, bei dem im Namen eines Vorgesetzten eine Geldüberweisung angeordnet wird. Schließlich können sich auch Hacker und Cyber-Spione Zugang zu Unternehmensnetzen verschaffen, indem sie Mitarbeiter unter einem Vorwand zur Herausgabe ihrer Login-Daten bringen.
Sensible Unternehmensdaten als Ziel Wie konkret die Gefahr der Spionage für die Privatwirtschaft ist, zeigen im Juli veröffentlichte Ergebnisse einer vom Bitkom beauftragten repräsentativen Umfrage. Diese zeigt, dass über ein Drittel der deutschen Unterneh-
men davon ausgeht, dass ihnen innerhalb der letzten zwei Jahre sensible Daten gestohlen worden sind. 28 Prozent glauben, dass ihre digitale Kommunikation ausgespäht wurde und wiederum mehr als ein Drittel meint, von digitalem Social Engineering betroffen gewesen zu sein. Technische Maßnahmen können gegen professionelle Phishing-Angriffe wenig ausrichten. Daher sind vor allem Awareness-Maßnahmen gefragt. Wie Organisationen ihre Mitarbeiter mithilfe von Simulationen sensibilisieren können, thematisiert der Artikel auf Seite 51.
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IT-Sicherheit
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Schneller zu höherer IT-Sicherheit
Phishen gehen
Die Bundespolizei automatisiert den IT-Grundschutz
Mit Simulationen Awareness verbessern
(BS/Michael Jokisch/Torsten Hauswald*) Die Bundespolizei (BPOL) betreibt im In- und Ausland eine komplexe IT-Landschaft mit zahlreichen Ver- (BS/stb) Phishing ist nach wie vor eine der erfolgreichsten Maschen von fahren, Systemen und Anwendungen, deren Betrieb ein hohes und zuverlässiges Informationssicherheitsniveau erfordert. Wie jede Bundesbehörde Cyber-Kriminellen. Simulierte Phishing-Versuche verbessern die Achtsteht sie dabei vor der Herausforderung des IT-Grundschutzes nach BSI Standard 100-2. samkeit des Personals in Unternehmen und Behörden, entsprechende Dienstleistungen sind aber teuer und aufwendig. Mit der Software Lucy Informationsverbund betref- können Awareness-Trainings leicht selbstständig durchgeführt werden. Insbesondere die manuellen Prozesse im Informationssicherheitsmanagementsystem zur Erstellung von IT-Sicherheitskonzepten (SiKo) und deren laufende Aktualisierung erschienen der BPOL ineffizient. Vor diesem Hintergrund wurde das zweijährige Projekt “Automatisierter IT-Grundschutz” (aGS) initiiert und eine in der Behördenlandschaft neue Methodik etabliert. Durch sicherheitstechnische Compliance-Prüfungen wurde die Qualität der Informati- Prozess-automatisierter IT-Grundschutz onssicherheit in kurzer Zeit deutlich verbessert. Wesentlich Schichten des IT-Grundschutzwar die Ablösung der zeitauf- Modells wird jeweils ein Sicherwendigen und unsicheren In- heitsmodul (SiM) erstellt. Basis terviewtechnik im Basis-Sicher- sind die Anforderungen aus IT-Grundschutzheitscheck (BSC), die durch passenden zuverlässige, technische Kon- Bausteinen. Da diese häufig figurationsprüfungen an den keine detaillierten UmsetzungsLive-Systemen ersetzt wurde. maßnahmen enthalten, erfolgt Diese schränken im Gegensatz die notwendige Präzisierung zu Schwachstellenanalysen die auf die jeweilige Technologie Verfügbarkeit der IT-Systeme (z. B. Windows 10 oder RedHat nicht ein. Die mittels über- 7.0). Ausgerichtet am jeweiligen wiegend automatisierten BSC Schutzbedarf werden Härtungsgewonnenen Informationen maßnahmen des Herstellers, werden anschließend teilauto- Best-Practice-Empfehlungen matisiert bei der Erstellung von unabhängiger Dritter und eigeSiKo weiterverwendet, angerei- ne Erfahrungswerte zur sichechert und zentral dokumentiert. ren Konfiguration abgeleitet, Die Methodik des Projektes aGS erprobt und als verbindlich dewurde in internen Revisionen, finiert. Wird nun ein Zielobjekt sowie einem ISO-27001-Audit für eine Sicherheitsbetrachtung erfolgreich erprobt und wird ab ausgewählt, sind durch eine September 2017 in den Wirkbe- zentral vorgenommene Modellierung und Zuordnung der SiM trieb gehen. Die Vorgehensweise basiert die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen direkt ersichtlich auf folgenden Kernpunkten: Modellierung durch Sicher- und können automatisiert für heitsmodule: Für jede Klasse einen BSC abgerufen werden. von Systemen, Anwendungen Ergänzend enthält jedes SiM eiund den prozessorientierten ne generische Risikoanalyse, so-
fenden Informationen (u. a. Beschreibung, Abgrenzung, IT-Strukturanalyse, Schutzbedarfsfeststellung) werden in der Sicherheitsmanagementdatenbank (SMDB) zentral erfasst, gepflegt und für die Erstellung der SiKo genutzt. Automatisierte Erstellung der IT-Sicherheitskonzepte: Die SiKo werden in der SMDB auf Basis der zugrundeliegenden SiM, der Ergebnisse der UmsetzungsGrafik: BS/Bundespolizei prüfung an den Live-Systemen und der hinterlegten dass die verfahrensspezifische ergänzenden Informationen auRisikoanalyse in einem SiKo sich tomatisiert erstellt. Insgesamt modular aus diesen zusammen- wird die BPOL damit über eisetzt. Die BPOL verfügt aktuell ne modular zusammengesetzte über 65 dieser SiM, darunter und einfach zu pflegende Landauch zu aktuellen Technologien karte an SiKo verfügen. Dieses wie Windows 10 mit ca. 700 si- neuartige Vorgehen mit den hohen automatisierten Prüfancherheitsrelevanten Vorgaben. Tool-gestützter Basis-Sicher- teilen ist konform zum moderheitscheck: Zur Umsetzungs- nisierten IT-Grundschutz. In prüfung der Sicherheitsvorga- diesem werden in den Bausteiben wurden für jede Maßnahme nen kaum noch Umsetzungsaus den SiM detaillierte Prüfas- hinweise zu den beschriebenen pekte festgelegt. Diese werden Anforderungen enthalten sein. durch eine Compliance Software Vor diesem Hintergrund ist aus mittels Web-Assessment oder Sicht der BPOL eine detaillierte vorzugsweise mittels techni- Betrachtung von Konfiguratischer Konfigurationsprüfungen onsvorgaben unumgänglich und behördenübergreifend an den Live-Systemen abgefragt. sollte Im SiM “Windows 10” sind z. B. diskutiert und wiederverwendet 465 von 700 Aspekten technisch werden. Das Projektergebnis prüfbar. Darüber hinaus sind wird die BPOL im Rahmen des die nahezu täglich zu bewerten- 4. IT-Grundschutztages auf der den Sicherheitswarnmeldungen it-sa in Nürnberg vorstellen. ebenso effizient zu bearbeiten, *Michael Jokisch ist Referent da diese neuartige Technologie entsprechende Ad-hoc-Abfra- für IKT-Strategie und Sicherheitsmanagement und Torsten gen der Systeme ermöglicht. Zentrale Verwaltung der Ver- Hauswald Projektleiter aGS im bundinformationen: Alle einen Bundespolizeipräsidium.
“Sehr geehrte Mitarbeiter, unsere Sicherheitspolicy erfordert die Verwendung von sicheren Passwörtern. Diese müssen auch regelmäßig verifiziert werden. Daher bitten wir alle Mitarbeiter auf dem folgenden Link ihre Passwörter zu validieren.” Diese Mail hatten Mitarbeiter des Behörden Spiegel Anfang August in ihren Posteingängen. Was vielleicht nach einem plausiblen Anliegen aus der IT-Abteilung klingen mag, ist tatsächlich ein dreister Phishing-Versuch. Wer dem Link folgt und sein Passwort eintippt, gibt es in diesem Moment einem Hacker preis, der sich damit Zugang zum Unternehmensnetz verschaffen kann. Der vermeintliche Hacker kam tatsächlich aus der eigenen IT-Abteilung. Die Mail war ein Test, um herauszufinden, wie die Mitarbeiter des Behörden Spiegel mit betrügerischen Mails umgehen. In diesem Fall sehr souverän: Einige meldeten die verdächtige Mail beim ITAdministrator, die übrigen ignorierten oder löschten sie sofort. Auf den Link klickte niemand.
Awareness-Training selbst gemacht Die Phishing-Simulation wurde mit der Software Lucy durchgeführt. Damit lassen sich in kurzer Zeit E-Learning-Module erstellen oder Testkampagnen durchführen. Für den eigenen Phishing-Versuch kann aus anpassbaren Szenarien gewählt werden, die verschiedene Phishing-Strategien simulieren. Die Reaktionen der Mitarbeiter
werden von Lucy selbstständig überwacht und detailliert analysiert. Da technische Maßnahmen die Risiken durch Phishing und die Verteilung von Schadsoftware per Mail nur bedingt mindern können, steigt in Organisationen der Druck, Awareness-Trainings durchzuführen. “Gerade in Behörden können Angebote von Dienstleistern schnell den Beschaffungsrahmen sprengen”, sagt Palo Stacho vom Schweizer Unternehmen Lucy Phishing GmbH. “Mit Lucy befähigen wir Behörden, aber auch kleine und mittelständische Unternehmen, ihre Mitarbeiter mit einer einfachen und kostengünstigen Lösung selbst zu trainieren, die auch den deutschen Datenschutzregeln entspricht.” Auch die Berliner Stadtreinigung hat Lucy bereits genutzt. Im Vorfeld einer unternehmensweiten Datenschutz-und IT-Sicherheitskampagne sollten die Führungskräfte mittels einer Phishing-Mail für die Bedeutung des Themas sensibilisiert werden. “Das ging mit Lucy ganz problemlos und einfach und genau so, wie wir es für unsere Zwecke benötigten”, so Margit Stefaniack, IT Leiterin des kommunalen Unternehmens. “Das war für uns sozusagen eine Nullmessung.” Im Rahmen der internen Kampagne, die im September 2017 startet, werde auch Lucy eine Rolle spielen, um die Beschäftigten der BSR für die IT-Sicherheit im Unternehmen, aber auch zuhause zu sensibilisieren, erklärt Stefaniack.
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ielen ist besonders die Förderung von starken und leicht zu bedienenden Lösungen für die Verschlüsselung ein wichtiges Thema. So fordert Dr. Norbert Pohlmann, Vorstand ITSicherheit bei eco – Verband der Internetwirtschaft: “Um das Vertrauen in digitale Technologien zu stärken, ist die Stärkung digitaler Verschlüsselungsverfahren elementar. Dazu gehört auch der explizite Verzicht auf jegliche Form der Schwächung von Verschlüsselungsverfahren.” Diese Haltung teilen auch der Teletrust – Bundesverband ITSicherheit sowie Grüne und Linke. So sagt die netzpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, Halina Wawzyniak: “IT-Sicherheit und vertrauliche Kommunikation können nicht gewährleistet werden, wenn deutsche Behörden und Geheimdienste IT-Sicherheitslücken sammeln, Softwareschwachstellen ausnutzen und gezielt Verschlüsselungsstandards unterwandern.” Auch die FDP fordert in ihrem Wahlprogramm schrankenlose Kryptografie ohne Hintertüren. Ausdrücklich stellt sich nur die CSU dagegen. Im Bayernplan fordert sie Zugriffsmöglichkei-
Politische Agenda für die IT-Sicherheit Verschlüsselung, Herstellerhaftung und wirtschaftliche Anreize als Optionen (BS/stb) Die Cyber-Angriffe der letzten Monate und Jahre auf öffentliche Verwaltung, Kritische Infrastrukturen und Privatunternehmen haben die IT-Sicherheit als Voraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung in den Fokus der Politik gerückt. Gegenüber dem Behörden Spiegel haben Sprecher der großen Parteien und Interessenvereinigungen erklärt, welche Maßnahmen in der nächsten Legislaturperiode aus ihrer Sicht dringend umgesetzt werden sollten. ten auf verschlüsselte Kommunikation für Sicherheitsbehörden.
Hersteller verpflichten Der Koalitionspartner SPD hält sich zur Frage des staatlichen Hackings zurück, will aber Hersteller und Anbieter von digitalen Produkten stärker in die Pflicht nehmen. Sie “müssen Sicherheitslücken bekanntgeben und diese schnellstmöglich beheben”, meint der netzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Lars Klingbeil. “Wir werden eine eindeutige und faire Haftungskette auch für digitale Produkte und Dienstleistungen sowie ein Gütesiegel für IT-Sicherheit schaffen.” “Es braucht endlich klare Sicherheitsstandards, Haftungsregeln und Verbraucherrechte”, meint auch Dr. Konstantin von
Notz, Sprecher für Netzpolitik der Grünen-Fraktion. “Nur so entwickelt die Wirtschaft sichere Software und einen guten Update-Service.” Dies wird in den kommenden Jahren vor allem für das Internet of Things von Bedeutung sein. TeletrustGeschäftsführer Dr. Holger Mühlbauer fordert hier eine Herstellerverpflichtung durch “entsprechende Normen und Rechtsvorschriften einschließlich der Möglichkeit von Verbotsverfügungen”. Auch Thomas Jarzombek, Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Digitale Agenda, sieht dringenden Bedarf für einen Rechtsrahmen für IT-Sicherheit im Internet of Things: “Konkret stellen wir uns vor, dass Anbieter bei ihren Produkten Mindeststandards einhalten müssen und dem Kunden
Lasst sie doch laufen IT-Systeme durch Micro-Virtualisierung schützen (BS/Jochen Koehler*) Zum Schutz der IT-Systeme vor Cyber-Attacken muss die öffentliche Verwaltung riskante Prozesse isolieren. Micro-Virtualisierung bietet dazu ein anwenderfreundliches und zuverlässiges Verfahren. Die Cyber-Angriffe auf den öffentlichen Sektor nehmen zu. Bereits 2016 machten die Cyber-Attacken auf staatliche Behörden und Verwaltungseinrichtungen 14 Prozent aller Vorfälle aus, gegenüber dem Vorjahr haben sie sich damit verdoppelt. Davon betroffen sind Behörden aller Größenordnungen. So gelangte bei der Stadtverwaltung Dettelbach, ein Ort mit 7.000 Einwohnern in der Nähe von Würzburg, auf nur einem Rathausrechner ein
blockieren sowie einen Zugriff auf Systemressourcen zu verhindern.
Von der Detektion zur Isolation Allerdings kann man so nur bekämpfen, was bereits bekannt ist. Zu den Lösungen, die nicht auf die Detektion setzen, sondern auf die Isolation von riskanten oder möglicherweise gefährlichen Prozessen, zählen beispielsweise gekapselte Web-Browser. Sie werden als
Die Bromium-Lösung kapselt alle Anwenderaktivitäten in eigene Micro-VMs. Foto: BS/Bromium
Erpressungstrojaner, weil jemand aus Unachtsamkeit den Anhang einer E-Mail geöffnet hatte. Ein fataler Fehler, aber im hektischen Büroalltag lassen sich derartige Unachtsamkeiten nie ausschließen und niemand kann garantieren, dass die in seiner Behörde implementierte Sicherheitslösung wirklich jede Malware erkennt. Herkömmliche Sicherheitstool vom Virenscanner über Firewall bis zu Next-Generation-Antiviren-Software und WebfilterProgrammen oder Sandboxing, bieten keinen ausreichenden Schutz mehr gegen die modernen, polymorphen Bedrohungen wie Zero-Day-Attacken, Advanced Persistent Threats, Drive-by-Downloads, WateringHole-Attacken oder Ransomware-Trojaner. Das Grundproblem dieser Sicherheitslösungen ist bauartbedingt und lässt sich daher nicht durch Updates beheben: Sie beruhen auf der Detektion von Angriffen. Sie verwenden dabei beispielsweise Code-Analysen oder heuristische Verfahren, um die Signaturen von Malware zu erkennen und deren Ausführung innerhalb des Betriebssystems zu
Behörden Spiegel / September 2017
Ergänzung klassischer Sicherheitslösungen eingesetzt, um den zentralen Angriffsvektor Browser zu schützen. Ein Beispiel dafür sind sogenannte Remote-Controlled-BrowserSysteme (ReCoBS), die auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) empfiehlt. Sie basieren auf einem Client-Server-Modell und erlauben einen Webzugang ausschließlich über einen Browser auf abgeschirmten Terminalservern, wodurch die Clients vor Malware geschützt bleiben.
Micro-Virtualisierung schafft Sicherheit Dieses Konzept hat jedoch auch offensichtliche Nachteile. Es deckt naturgemäß nur das Thema Browsing ab, andere Client-typische Gefahren wie E-Mail-Anhänge, Downloads oder USB-Speichermedien bleiben unberücksichtigt. ReCoBSLösungen sind außerdem mit hohen Kosten verbunden und sie beeinträchtigen die Performance durch einen erhöhten Bandbreitenbedarf für die Kommunikation zwischen Servern und Clients. Grundsätzlich sind Secure-
Browsing-Lösungen jedoch auf dem richtigen Weg, weil sie auf Isolation der Malware abzielen. Den logisch nächsten Schritt geht Bromium mit seiner Lösung Secure Platform. Auch diese Lösung isoliert riskante AnwenderAktionen und führt deren Tasks nicht im eigentlichen Betriebssystem aus. Schadcode muss hier nicht notwendigerweise als solcher erkannt werden, denn auch wenn er ausgeführt wird, kann er keine Ressourcen infizieren. Durch die Isolierung gefährlicher Prozesse erreicht Schadcode das Betriebssystem nicht und kann im Netzwerk keinen Schaden anrichten oder Daten abzweigen. Die Bromium-Lösung verwendet dafür die Micro-Virtualisierung: Dabei wird für jeden möglicherweise gefährlichen Prozess eine auf HardwareEbene isolierte Micro-VM (Virtual Machine) bereitgestellt. Jeder Task läuft in einer eigenen Micro-VM strikt getrennt von anderen Tasks, vom eigentlichen Betriebssystem und vom verbundenen Netzwerk. Alle Aktivitäten, bei denen der Anwender das Behörden-Netz verlässt, werden isoliert ausgeführt, zum Beispiel Webseitenaufrufe in einem Browser oder das Öffnen von Dokumenten mit Word, Excel oder anderen Anwendungen, wenn diese Dokumente aus EMails oder von einem USB-Stick stammen. Darüber hinaus macht die Bromium-Lösung kein zeitaufwendiges und kostenintensives Neuaufsetzen von kompromittierten Rechnern erforderlich, da eine mögliche Schädigung auf die jeweilige Micro-VM beschränkt ist und diese automatisch nach Beendigung einer Aktivität, beispielsweise dem Schließen eines Files oder Browser-Tabs, gelöscht wird. Für den einzelnen Anwender läuft die Lösung im Hintergrund ohne Einschränkungen hinsichtlich Benutzerkomfort oder Systemperformance. Zum nicht zu gewinnenden Wettlauf mit der Malware tritt Micro-Virtualisierung also erst gar nicht an. *Jochen Koehler ist Regional Director DACH bei Bromium in Heilbronn.
Mittelstand). Bestrebungen, ein IT-Sicherheitsgütesiegel als Entscheidungshilfe für Verbraucher einzuführen, begrüßt der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), vorausgesetzt es kann eine freiwillige und europaweit einheitliche Lösung gefunden werden.
gegenüber eine Verpflichtung abzugeben haben, wie lange sie ihr Produkt mit Patches versorgen.” Die Industrieverbände stehen gesetzlichen Pflichten oder gar Sanktionsmechanismen eher skeptisch gegenüber. “Die Politik sollte weitere Anreize schaffen und nicht nur auf Gesetze abstellen. Maßnahmen von Unternehmen zur Gewährleistung von hohen Sicherheitsstandards sowie datenschutzkonformes Handel sollten zukünftig stärker honoriert werden”, meint Sebastian Feik, Sprecher der Fachgruppe IT-Sicherheit des BITMi (Bundesverband IT-
Aufklärung und Investitionen Jenseits von regulativen Ansätzen fordern eco und BITMi vor allem mehr sachgerechte Informationen und Hilfsmittel für die Wirtschaft. Mehr Aufklärungsarbeit mit Blick auf private Anwender, aber auch Unternehmen fordert DSiN (Deutschland
sicher im Netz). “Dafür brauchen wir Angebote, die Wissen und Kenntnisse verständlich vermitteln und auf die Menschen zugehen”, sagt DSiN-Geschäftsführer Dr. Michael Littger. “Der Staat kann diesen Prozess vielfach beschleunigen. Das beginnt in der Frühbildung und reicht bis zum Entscheider im mittelständischen Unternehmen.” Ähnlich wie CDU/CSU und SPD setzt die FDP auf höheren Personal- und Mitteleinsatz. Nicola Beer, Generalsekretärin der FDP und Abgeordnete im hessischen Landtag, sieht die Notwendigkeit, auch bereits vorhandenes Personal besser fortzubilden und technisch auszustatten. “Der Bedarf an Aus- und Weiterbildung in den Bereichen IT-Sicherheit und Cyber Crime darf dabei nicht nur auf die Exekutive beschränkt werden, sondern muss auch Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte einschließen”, erklärt Beer.
Big Data kann 100 Prozent der IT-Bedrohungen erkennen von Jan Lindner, Geschäftsführer Panda Security
Endpoints sind nach wie vor die Achillesferse in Bezug auf die Sicherheit von IT-Netzwerken. Sie zu schützen, ist unerlässlich für jede Sicherheitsstrategie. Leider halten viele Institutionen und Firmen nach wie vor an “altbewährten” Methoden der Cyber-Sicherheit fest. Damit IT-Schutz jedoch auch gegen moderne Angriffe wirkt, müssen wir ihn als ein aktives System verstehen und nicht nur als eine reaktive Maßnahme. Das bedeutet, dass eine gute Endpoint Protection Platform in der Lage sein muss, jederzeit Veränderungen in den Datenmustern zu erkennen, was alle Arten von Datenquel-
len einschließt: Backlogs, Netzwerkereignisse, Anwenderaktivitäten usw. Moderner IT-Schutz sollte nicht nur ausführbare Dateien klassifizieren, sondern muss auch ihr Verhalten permanent überwachen und analysieren. Um die riesigen Datenströme abzurufen, zu verwalten und zu analysieren, werden jedoch spezielle Techniken benötigt. Mithilfe von Data-Mining und der Analyse mittels sogenannter Big-Data-Analytik, die fortschrittliche Algorithmen und künstliche Intelligenz nutzt, können wir in Echtzeit die Aktionen von möglicher Schadsoftware erkennen und
auswerten sowie maßgeschneiderte Gegenmaßnahmen einleiten. Möglicher Schaden, der von der Malware verursacht wurde, kann im Detail gesehen werden. Die Leistungsfähigkeit von modernen Sicherheitslösungen wie Panda Adaptive Defense 360 besteht also darin, dass sie Cyber-Attacken jeglichen Ursprungs vorhersehen und automatische Arbeitsprozesse generieren können. Nur auf diese Weise kann einhundertprozentiger IT-Schutz gewährleistet werden. Ihr Jan Lindner
Mobile Security-Lösungen So lassen sich Sicherheit und Datenschutz bei Smartphones und Apps regeln (BS/Ildikó Bruhns*) Seit Smartphones & Co. den Arbeitsalltag erobert haben, steigt umso mehr die Gefahr, in den Betriebsmodus “Komfort über Security” zu verfallen. Besonders bei jungen Fachkräften zählen die kleinen Alleskönner quer durch alle Branchen mittlerweile zur normalen Ausstattung. Doch wer als Unternehmen private Mobilgeräte erlaubt, manövriert sich tief in datenschutzrechtliche und Sicherheitsrisiken. Nicht nur, dass Organisationen haftungsrechtlich für die ordnungsgemäße Datenverarbeitung und den Schutz persönlicher wie geschäftlicher Daten verantwortlich sind – sie müssen dabei die Privatsphäre ihrer Mitarbeiter im Sinne des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung oder das Fernmeldegeheimnis wahren. Hinzu kommt, dass durch den Siegeszug mobiler Anwendungen Sicherheit wie Datenschutz zusätzlich gefährdet wird, weil sich Spiele- und Spaß-Apps einen Zugangsweg zu vertraulichen Geschäftsinformationen bahnen können. Wer Anwendungen verwenden will, für den gilt in der Regel “Alles oder Nichts”. Geraten Nutzer in die Fangarme unersättlicher Apps, sind Schlupflöcher nahezu vorprogrammiert. Gerade mit Blick auf die kommende EU-DatenschutzGrundverordnung (DSGVO) gilt es, IT-Sicherheits- und Datenschutzrichtlinien auf Smartphone & Co. konsequent durchzusetzen. Aus dem Grund ist ein ausgereiftes ComplianceRegelwerk vonnöten – eine Absicherung ausschließlich auf Netzwerk- und Endpoint-Ebene greift standardmäßig zu kurz. Im Idealfall stellen Organisationen betriebseigene Smartphones oder ein firmeninternes App-Portal zur Verfügung und vermeiden so einen Geräte-Wildwuchs oder App-Dschungel. Mit
bereitgestellten Diensthandys haben sie darüber hinaus weitaus mehr Umsetzungsmöglichkeiten von technischen und organisatorischen Maßnahmen in puncto Datenverarbeitung, -zugriff und -monitoring. Wem es als kleines oder mittelständisches Unternehmen an Ressourcen fehlt, kann beispielsweise über Trennung von E-Mail-Konten, vereinbarte Richtlinien zum Einsatz einer Mobile-DeviceLösung inklusive App-Kontrolle auf privaten Smartphones im Doppeleinsatz Security und Datenschutz sicher steuern. ESET gibt sieben Tipps, wie Organisationen Sicherheit und Compliance verbessern: • Mobile-Security-Lösung einsetzen: Eine gute mobile Endpoint-Lösung vereint verschiedene Sicherheitskomponenten, die über MalwareSchutz hinausgehen und zum Beispiel App-Rechte überblicken. Im Falle von BYOD ist die Zustimmung des Mitarbeiters notwendig. • Betriebssysteme prüfen: Bei einigen Herstellern sind von Haus aus Datenschutzeinstellungen integriert, z. B. beschränkte Zugriffsmöglichkeiten auf Daten und Apps. • Verschlüsselung nutzen: Mit Chiffrierung werden Daten selbst bei erfolgreichem Angriff nutzlos für Kriminelle. Gleichzeitig verhält sich das Unternehmen mit Einsatz von Verschlüsselung DSGVO-
konform. • Eigenes App-Portal einrichten: E-Mail-Clients oder Software lassen sich über ein betriebseigenes App-Portal sicher bereitstellen. Durch ein Sandbox-Verfahren werden sie in einen Datencontainer gepackt (Wrapping), der sich nur unter bestimmten Voraussetzungen öffnen lässt. • Mobile-Device-ManagementLösung (MDM) einsetzen: Mit einer MDM-Lösung haben Admins vom Einkauf bis zur “Entsorgung” die volle Kontrolle über Geräte- und AppNutzung. • Regelmäßige Updates und Tests machen: Es empfiehlt sich eine Richtlinie für Updates. Durch Hinzufügen neuer Funktionen sollten Software und Apps angesichts möglicher Implementierungsfehler oder geänderter Einstellungen regelmäßig geprüft werden. • Handling vereinfachen: Ohne die Unterstützung des Mitarbeiters lassen sich Security und Datenschutz nicht vollends umsetzen. Deshalb sollte der Arbeitgeber das Handling für seine Mitarbeiter so einfach wie möglich gestalten und auch beliebte Apps wie News- oder Sport-Ticker nach eingehender Prüfung ins Repertoire aufnehmen. *Ildikó Bruhns ist für die ESET Deutschland GmbH tätig.
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Sichere Systeme, sichere Daten
THEMA
PARTEI
(BS) IT-Sicherheit und Datenschutz werden in den Wahlprogrammen aller großen Parteien berücksichtigt, die wahrscheinlich in den Bundestag einziehen werden. Während die große Koalition in vielen Punkten für eine Fortsetzung der Politik der letzten vier Jahre steht, wollen Grüne, Linke und FDP Kurswechsel, z. B. bei Befugnissen von Sicherheitsbehörden zur Nutzung von Daten, durchsetzen.
IT-Sicherheit
• Ausbildung, Forschung und Entwicklung fördern • Einführung von Meldepflicht für Sicherheitslücken und Produkthaftung • Elektronische Identifizierung und Verschlüsselung für jeden verfügbar machen
• Grundrecht auf Verschlüsselung; Ablehnung von Beschränkungen oder Hintertüren in Verschlüsselungstechnik • Regelungen zur Anbieterhaftung • BSI einem neu zu schaffendem Digitalministerium unterstellen
• Meldepflicht für Sicherheitslücken • Durchgehende Ende-zuEnde-Verschlüsselung zum Standard machen • Mindestfristen für Versorgung mit Sicherheitsupdates
• Sicherstellung der Möglichkeit, verschlüsselt mit Behörden zu kommunizieren • Recht auf Ende-zu-EndeVerschlüsselung ohne Hintertüren
• Erhöhung der Sicherheit der IT-Systeme und Datennetze zum Schutz vor Industriespionage
• Sicherheitsbehörden personell und technisch besser ausstatten • Spionageabwehr technisch und rechtlich verstärken gegen CyberAngriffe und Spionage fremder Nachrichtendienste
• Ausrüstung auf neuestem Stand der Technik sowie fortlaufende Weiterbildung für Polizei und Justiz
• Ablehnung offensiver Operationen in anderen Systemen • Forderung eines inter- nationalen Verhaltenskodex mit Selbstverpflichtung, zivile Infrastruktur nicht zum Ziel von Angriffen zu machen
• Ablehnung der Offensivstrategie der Bundeswehr im Cyber-Raum, Abwehr von Gefahren ist Sache der Strafverfolgungsbehörden des Inneren
• Nationale Sicherheitsstrategie und neue dezentralisierte Strukturen mit zentraler Koordination sowie allzeit verfügbare Reaktionskräfte schaffen
• Mindestspeicherfrist für intelligente Videotechnik; Zugang der Sicherheitsbehörden zu vorhanden Daten erleichtern • Zugangsrechte auf verschlüsselte Kommunikation für Sicherheitsbehörden • Hoheit des Einzelnen über Gesundheitsdaten
• Hoheit von Patienten über Gesundheitsdaten gewährleisten
• Ablehnung jeder anlasslosen Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten • Speicherung von Daten nur bei dringendem Tatverdacht • Datenhoheit des Einzelnen über Gesundheitsdaten gewährleisten
• Keine anlasslose Datensammlung; gegen Vorratsdatenspeicherung, flächendeckende Videoüberwachung oder Gesichtserkennung • Selbstbestimmten Zugang zu Gesundheitsdaten durchsetzen
• Gegen verdachtsunabhängige Datenspeicherung, OnlineDurchsuchung oder allgegenwärtige Videoüberwachung • Verbot zentraler Speicherung von Gesundheitsdaten
• Ablehnung einer zentralen Speicherung sensibler Gesundheitsdaten • Speicherung von Notfalldaten und ggf. weiterer Gesundheitsdaten nur auf freiwilliger Basis
• Einführung eines Datengesetzes zur Regelung des generellen Datenzugangs für wirtschaftliche Zwecke
• Klare Vorgaben für Verarbeitung von personenbezogenen Daten • Beschäftigtendatenschutzgesetz zum Schutz vor Missbrauch persönlicher Daten und Verhaltenskontrolle • Daten-Ethikkommission einrichten
• Verfügungsgewalt über personenbezogene Daten beim Bürger • Eigentumsähnliches Recht für nicht-personenbezogene Daten • Rechtlich und technisch wirksamen Datenschutz in Freihandelsabkommen aufnehmen
• Gegen ein Dateneigentumsrecht • Datenschutz durch Freihandelsabkommen sichern • Personelle und rechtliche Stärkung von Aufsichtsstrukturen • Beschäftigtendatenschutz zum Schutz vor Leistungskontrolle
• Stärkung der Datenschutzbeauftragten • Konsequente Sanktionierung bei Verstößen gegen Datenschutzauflagen • Schutz von Beschäftigten vor Überwachung durch Arbeitgeber
• keine Angaben
• Umfassende IT-Sicherheit als Grundlage für erfolgreiches digitales Deutschland umsetzen • verpflichtende Sicherheitsupdates • Verbesserung der ITSicherheit mit Mitteln des Krankenhausstrukturfonds
Cyber-Abwehr / Cyber-Verteidigung
• Schutz vor Cyber-Angriffen durch Investition in Technik und Personal • Aufbau offensiver Cyber-Fähigkeiten der Bundeswehr • Zusätzliche Internetpolizisten zur Bekämpfung von Cyber Crime
Datenschutz und Datennutzung im öffentlichen Bereich
Datenschutz und Datennutzung in der Wirtschaft
• Deutschland zum Vorreiter bei Daten-Sicherheit machen
IT-Sicherheit
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Darknet – die dunkle Seite des Internets
Bundestagswahlen
Garant sicherer Kommunikation und Tummelplatz für Kriminelle
Cyber-Angriffe und Manipulationsversuche befürchtet
(BS/Volker Kozok) Russland verbietet im Juli 2017 die Nutzung des TOR-Browsers! Was sich als vermeintlicher Schlag gegen die Cyber-Kriminalität im sogenannten Darknet anhört, ist tatsächlich der Versuch der russischen Regierung, die eigene Bevölkerung an der Nutzung einer geschützten und anonymisierten Kommunikation zu hindern. Doch was hat das mit dem Darknet zu tun, von dem wir immer wieder in den Medien lesen, diesem dunklen Bereich des Internets, in dem sich Cyber-Kriminelle, Perverse und Spinner tummeln und in dem angeblich rechtsfreien Raum ihren illegalen Interessen nachgehen?
(BS/stb) Seit die US-Präsidentschaftswahl Ende letzten Jahres mit Manipulationsversuchen in Verbindung gebracht wurde, gilt der technischen Sicherheit der Wahlabläufe große Aufmerksamkeit. Auch für die Wahl zum 19. Deutschen Bundestag wird vor möglichen Cyber-Angriffen und Versuchen der Einflussnahme gewarnt.
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die Elysium zum liefern, aber es ist trotzdem mögatsächlich liegt dem DarkAustausch von lich, an Waffen zu kommen. Der net eine grundlegend andere Bildern und Fil- Amokschütze von München hatIdee zugrunde: die Möglichkeit men und zur te sich im Darknet eine halbauzur sicheren und anonymen Verabredung zu tomatische Pistole bestellt, mit Kommunikation, bei der ich als Oberstleutnant sexuellem Miss- der er am 22. Juli 2016 neun Volker Kozok ist Cyber-SiNutzer nicht identifiziert werden brauch von Kin- Menschen und anschließend cherheitsexperte und arbeikann und die durch das Ausnutdern nutzten. sich selbst erschossen hatte. tet als technischer Referent zen von VerschlüsselungstechNach mehrwö- Ein 31-jähriger Waffenhändler im Bundeministerium in der nologie auch nicht mitgelesen chigen Ermitt- hatte ihm die Waffe mit Munition Verteidigung. Foto: BS/privat werden kann. lungen gelang es für 4.350,00 Euro verkauft. Das TOR-Netzwerk ist eines Wie schwierig die Ermittlungen dem Bundeskrider bekanntesten Netzwerke minalamt und der im Darknet sind, musste schon im Darknet. Es ist über den sogenannten TOR-Browser er- bination, die eine automatisierte zur Generalstaatsanwaltschaft das FBI feststellen, als es 2014 reichbar, der wie die bekann- Durchsuchbarkeit verhindert, Frankfurt gehörenden Zentral- den größten Drogenumschlagten Browser Internet Explorer wie zum Beispiel die Adresse stelle zur Bekämpfung der In- platz im Darknet – die Plattform oder Firefox den Zugang zum des inzwischen geschlosse- ternetkriminalität (ZIT) in Gie- Silkroad – Seidenstraße, schloss. nen illegalen ßen im Sommer dieses Jahres, Nur durch Fehler des Täters kaInternet erdie Plattform zu schließen. Die men die Beamten dem Betreiber möglicht. TOR “Die TOR-Technologie Marktplatzes Alphabay: ht- erfolgreiche Aktion der Ermitt- der Plattform überhaupt auf die steht für “The wurde entwickelt, tp://pwoah- lungsbeamten führte zur Fest- Spur. Geschützt durch die AnoOnion Router”, 7foa 6au2pul. nahme von vierzehn Verdäch- nymität des Darknets gelang es der Zwiebelum eine sichere oni on. Durch tigen, darunter dem deutschen ihm, über drei Jahre auf seinem Router. Der Kommunikation ohne das Unterdrü- Betreiber der Plattform. Die Po- Marktplatz Drogen und andere Browser rouÜberwachung cken der IP- lizei geht von weiteren Festnah- illegale Waren anzubieten. tet dabei nach Adresse und men aus, wenn die Nutzer des dem Zwiebelsicherzustellen.” die fehlende Netzwerkes identifiziert sind. Verbot als Lösung? schalenprinzip Re gis trierung Ein großer Teil der strafbaren den Zugriff eiUnd warum sollten sich Behörnes Nutzers über drei Server, haben die Ermittlungsbehörden Pornografie hat sich zunehmend den mit dem Darknet beschäftidie über geschlüsselte Leitun- große Schwierigkeiten, den Be- in das Darknet verlagert. Durch gen? Die geschützte Kommunigen miteinander verbunden sitzern der Onion-Services auf die Vorteile des TOR-Browsers kation kann auch von Behörden fühlt sich der Nutzer sicher vor genutzt werden – US-Behörden sind. Dabei wird die IP-Adresse die Spur zu kommen. dem Zugriff der Polizei. Man ist nutzen beispielsweise das Oniunterdrückt, mit der ein Nutnur ein paar Klicks von den Bil- on-Netzwerk für diese Zwecke. zer im Internet eindeutig iden- Umschlagplatz für illegale Dienste und Waren dern und Videos entfernt und Darüber hinaus sollten sich die tifiziert werden kann. TOR wurde als datenstrombasierter Und damit kommen wir zu dem kann sich in geschützten Chats IT-Sicherheitsorganisationen Anonymisierungsdienst in ei- Bereich des Darknets, der in der und Foren mit Gleichgesinnten mit dem Darknet vertraut manem gemeinsamen Projekt des öffentlichen Wahrnehmung als über seine perversen Neigungen chen, um möglichen kriminellen amerikanischen Naval Research Synonym für das kriminelle In- austauschen. Angriffen, Ausspähversuchen In Szene-Boards können sich oder anderen Hackeraktionen Laboratory und dem Free Haven ternet geworden ist – das DarkProject entwickelt. Sie wollten net als kriminelles Schatten- die Nutzer in Foren wie “Kinder- begegnen zu können. Sollte interessierten Nutzern ein ver- reich, in dem für jeden verfügbar garten-Shopman nun anteiltes, anonymes, einfach zu Drogen, Waffen und Pornogra- ping” über die gesichts der “Ganz machtlos sind nutzendes und verschlüsseltes fie angeboten werden. Obwohl E n t f ü h r u n g zahlreichen ildie Ermittlungsbehör- legalen AktiviKindern Netzwerk bieten. dieser Bereich tatsächlich nach von Die Nutzung ist dabei relativ vorliegenden Studien nur von austauschen täten im Darkden nicht. Immer wieeinfach. Nutzer laden die Soft- drei bis sechs Prozent der TOR- oder im Beitrag der gelingt es, illegale net nicht wie in Term ware runter und installieren den Nutzer genutzt wird, hat sich “Long Russland die Strukturen im Darknet Nutzung des Browser auf ihrem PC. Mit dem hier ein lukrativer krimineller Storage” den schalldichten Browser kann ich neben den nor- Markt etabliert. TOR-Browsers aufzuklären.” malen Internetadressen auch verbieten? Das Doch ganz machtlos sind die Ausbau eines Web-Seiten im sogenannten Ermittlungsbehörden nicht. Im- Kellergefängist eine Frage, TOR-Netzwerk anwählen, die an mer wieder gelingt es den Po- nisses diskutieren. Man kann die häufig gestellt wird. der Endung .onion erkennbar lizeikräften, illegale Strukturen in Red Rooms Folter beobachDie TOR-Technologie wurde sind. Diese Seiten sind nur mit im Darknet aufzuklären und ten oder in Cruel Onion über aber nicht entwickelt, um Kridem TOR-Browser erreichbar. die Täter zu ermitteln. “Elysi- Nekrophilie, den Sex mit Toten, minelle vor dem Zugriff der ErDie Onion-Adressen sind kein um”, ein Begriff, der in der grie- diskutieren. In den einschlägi- mittlungsbehörden zu schütBestandteil des Domain Name chischen Mythologie die “Insel gen Foren gibt es auf alle Fragen zen, sondern um eine geschützte Services, des Verzeichnisdiens- der Seeligen” bedeutet -Ende Antworten. und sichere Kommunikation ohAuch der Kauf von Waffen ist ne Überwachung sicherzusteltes für die Verwaltung des Na- 2016 wurde eine Plattform für mensraums im Internet. Als Be- Kinderpornografie mit diesem möglich. Zwar gibt es zahlrei- len. Und diese Freiheit ist ein zeichnung für ihre Seite nutzen Namen im Darknet eingestellt. che Angebote im Netz, die als wesentlicher Bestandteil einer die Betreiber eine willkürliche Sie hatte innerhalb eines hal- Fake- oder Betrugsseiten nach liberalen und demokratischen Zahlen- und Buchstabenkom- ben Jahres 87.000 Mitglieder, einer getätigten Zahlung nicht Gesellschaft.
“Ein effizienter Staat ist keine Beschäftigungsmaschine mehr, sondern der Garant für Daseinsvorsorge und ein Dienstleister zugleich.
So warnt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vor verschiedenen Szenarien einer Störung des Wahlablaufs. Am 24. September müsse damit gerechnet werden, dass versucht wird, direkt die IT-Systeme zu attackieren, die für die Übertragung und Auswertung von Wahlergebnissen verwendet werden. Vor, während und auch noch nach der Wahl bestehe die Gefahr, dass das Vertrauen der Bürger beeinträchtigt werde, indem gezielt Zweifel am ordnungsgemäßen Ablauf und der Richtigkeit des Ergebnisses gesät würden. Hacker könnten außerdem versuchen, an vertrauliche Daten von einzelnen Kandidaten oder Parteien zu gelangen, indem sie sich Zugriff auf E-Mail-Accounts oder Datenspeicher verschaffen.
Wahlen im Fadenkreuz Die Befürchtungen fußen auf den Erfahrungen, die bei den letzten wichtigen Wahlen in den USA und in Frankreich gemacht wurden. In beiden Fällen war die zugrundeliegende Strategie dieselbe: Vertrauliche und möglicherweise kompromittierende Informationen wurden mittels Hacking oder Social-Engineering-Methoden erbeutet und veröffentlicht, um die Meinung über einen Kandidaten und damit das Wahlergebnis zu beeinflussen. Diese Angriffe werden russischen Hackern zugeordnet, als Drahtzieher wird der Kreml verdächtigt. Möglich sind aber noch andere Instrumente. So könnten DDoS-Angriffe zum Beispiel gegen Webseiten von Parteien oder einflussreiche Medien gefahren werden, um sie mundtot zu machen. Dabei werden Massen von Anfragen an Webdienste gerichtet, bis diese in die Knie gehen und für Nutzer nicht mehr zugänglich sind. Einen vergleichsweise harmlosen Angriff nach einem etwas anderen Muster vermeldete jüngst der rheinland-pfälzische CDULandesverband auf die Internetseite der Vorsitzenden Julia Klöckner. In diesem Fall seien in kurzer Zeit rund 3.000 E-Mails eingegangen, mit denen Unbekannte Zugriff auf Administratorenrechte erhalten wollten. Was mit Cyber-kriminellen Methoden noch alles möglich ist, zeigt der Fall Andrés Sepúlve-
da. Der kolumbianische Hacker hatte nach eigenen Angaben über Jahre hinweg für die politische Rechte an Wahlkämpfen in mehreren mittel- und südamerikanischen Ländern teilgenommen. Zu seinen Techniken zählte er Cyber-Spionage, Blockade und Manipulation von Web-Inhalten, das Streuen von Desinformationen sowie Hacking von Social-Media-Accounts politischer Gegner. Derzeit verbüßt Sepúlveda eine zehnjährige Haftstrafe unter anderem wegen Datenmissbrauchs und Spionage.
Hohes Sicherheitsniveau bei der Bundestagswahl Für die kommende Wahl in der Bundesrepublik versichern das BSI und der Bundeswahlleiter Dieter Sarreither, dass die Sicherheit der verwendeten IT-Systeme noch einmal zusätzlich erhöht worden sei. In der Wahlnacht werden drei identische, vollkommen getrennte Rechenzentren für die Berechnung des vorläufigen Endergebnisses verwendet, um Ausfallsicherheit zu gewährleisten. Diese Systeme werden im Vorfeld mit Angriffssimulationen getestet. Gegen Versuche der Einflussnahme durch die Veröffentlichung gestohlener Daten helfen diese Sicherungsmaßnahmen indes nicht. Daher hat das BSI auch die IT-Systeme der Zentralen aller großen Parteien begutachtet und entsprechende Ratschläge erteilt. Ob es dort in den letzten Monaten vielleicht schon unbemerkt zum Diebstahl von Daten durch Hacker gekommen ist, kann niemand sicher sagen, weil professionelle Cyber-Angriffe oft erst nach vielen Wochen festgestellt werden. Ein großer Satz an sensiblen Daten ist schon vor zwei Jahren entwendet worden, beim sogenannten Bundestagshack 2015. “Wir können uns natürlich vorstellen, dass unser Gegenüber sie auch daraufhin auswertet, ob sie verwertbar sind für Desinformationskampagnen”, warnte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) Dr. HansGeorg Maaßen bereits im Sommer. Ob wir das in diesem Jahr in Deutschland erleben, könne er nicht beurteilen. Das sei eine Entscheidung, die Wohl im Kreml getroffen werde.
Professionalität, Managementkenntnisse, Flexibilität und Mobilität bestimmen die Anforderungen ans staatliche Personal, nicht allein die Loyalität. Dazu braucht es eine qualifizierte Ausbildung für Führungskräfte.” R. Uwe Proll, Chefredakteur des Behörden Spiegel
Potenziale erkennen Perspektiven schaffen Profile schärfen Das Behörden Spiegel-Stipendium In Kooperation mit renommierten Universitäten. Für Politikberater, für Verwaltungsexperten, für Nachwuchskräfte, für Modernisierer. Für alle, die mehr wollen an der Schnittstelle von Management, Verwaltung & Politik. www.behoerden-spiegel.de/stipendium
Magdeburger Landtag offline Mitarbeiter öffnete schadhaften E-Mail-Anhang (BS/stb) Nachdem in der letzten Augustwoche ein Verschlüsselungstrojaner den Rechner eines Mitarbeiters des Landtages von Sachsen-Anhalt sowie angeschlossene Netzlaufwerke lahmgelegt hatte, wurden umgehend alle IT-Systeme vom Netz genommen, um eine weitere Verbreitung zu verhindern und Untersuchungen vornehmen zu können. Wie das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen-Anhalt mitteilt, habe man die direkt von der Schadsoftware betroffenen Systeme zur Untersuchung ins Cybercrime Competence Center des LKA überführt. Die Landesverwaltung habe inzwischen eine externe IT-Firma beauftragt, die die Sicherheit der restlichen IT-Infrastruktur prüfe und eine Fortsetzung des Online-Betriebes vorbereitete. Das LKA teilt weiterhin mit, dass es sich bei dem Sicherheitsvorfall nicht um einen gezielten Angriff gehandelt habe. Vielmehr habe ein Mitarbeiter der SPD-Fraktion den schadhaften Anhang einer E-Mail geöffnet, über die der Ver-
schlüsselungstrojaner aktiviert wurde. Nun müsse der Urheber der Mail ermittelt werden.
Arbeit nicht eingestellt Bis Redaktionsschluss waren IT- und Kommunikationssysteme des Magdeburger Landtages weiterhin außer Betrieb. Obwohl die Mitarbeiter derzeit keinen Zugriff auf die IT- und Kommunikationssysteme des Landtags hätten, würde weitergearbeitet, wie eine Sprecherin versichert. Alle geplanten Ausschusssitzungen würden stattfinden können, notwendige Dokumente würden den Abgeordneten in Papierform zur Verfügung gestellt.
IT-Sicherheit
Behörden Spiegel / September 2017
Data Analytics in Sicherheitsbehörden
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Trend Micro Security-Tipp
Schnelles und effizientes Entscheiden durch intelligente Datenauswertung
Cyber Security im Fokus
(BS/stb) Big-Data- und Data-Analytics-Technologien können ein Schlüssel zur Beschleunigung von zentralen Verwaltungs- und Entscheidungsprozessen sein. Das gilt nicht nur für Unternehmen, die Daten als zentrale Ressource für ihre Geschäftsmodelle verstehen. Auch im öffentlichen Sektor werden IT-basiert in großen Mengen Daten erhoben, deren intelligente Auswertung große Effizienz-Potenziale freisetzen könnte.
KOLUMNE Udo Schneider, Security Evangelist bei Trend Micro
Um solche Anwendungen zu planen, entwickeln und umzusetzen, sind die Voraussetzungen in Behörden jedoch nicht immer optimal. Personelle Engpässe gerade im IT-Bereich, langsame Beschaffungsprozesse und hohe Ansprüche an den sicheren und rechtskonformen Umgang mit personenbezogenen Daten stellen große Herausforderungen beim Einsatz neuer Technologien dar. Eine Lösung könnte in der projektbezogenen Zusammenarbeit mit vertrauensvollen Partnern liegen, um Kompetenzen zu bündeln.
Aufgabengebiet Sicherheit Ein Aufgabengebiet, bei dem Data Analytics erfolgsversprechend sein könnte, ist die Sicherheit. So fallen z. B. im internationalen Flugverkehr, bei der Erfassung von Migranten oder bei grenzüberschreitenden Warenflüssen bereits Unmengen
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or genau dieser Herausforderung stand 2014 ein süddeutscher IT-Dienstleister im Umfeld der staatlichen Verwaltung. Die bisherige Netz-/ Sicherheitsarchitektur zur externen Anbindung mobiler Mitarbeiter (Remote Access) sollte durch ein VPN mit einheitlichem Management ersetzt werden. Es musste nicht nur das notwendige Sicherheitsniveau gewährleistet werden, sondern auch ein einfaches und effizientes Management von Gateway- und VPN Clients möglich sein. Zudem sollte das Produkt in der Lage sein, zukünftig auch mit erhöhten Vertraulichkeitsanforderungen im Behördenumfeld umzugehen, also der Sicherheitsstufe “Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch” (VS-NfD).
Auswahlprozess mit klarem Fokus auf Sicherheit und einfaches Management Als Zugangsmedien sollten alle üblichen Szenarien abgedeckt sein: ein privater Internetzugang über LAN/DSL ebenso wie mobiles Internet mittels UMTS/ LTE oder öffentliche HotSpots. Nach einem umfassenden Auswahlprozess fiel die Wahl auf die VPN-Lösung des Anbieters NCP engineering GmbH: NCP Secure Enterprise VPN-Server (VPN-
von digitalen Daten bei den Behörden mit Sicherheitsaufgaben an. Eine umfassende Sichtung, geschweige denn eine Überprüfung von allen möglicherweise relevanten Informationen oder Spuren durch Menschen ist heute schlicht nicht mehr möglich. Oftmals sind deshalb schnelle Entscheidungen nötig, was den Einsatz von Personal angeht: Bei welchen Personen ist eine Sicherheitsüberprüfung angebracht? In welchen Fällen sollte bei der Einfuhr von Waren genauer hingeschaut werden? Fortschrittliche Analysetools könnten hier helfen, bessere Entscheidungen zu treffen. “Große Datenmengen könnten unter Berücksichtigung von Erfahrungen auf relevante Parameter oder Muster hin untersucht werden, die den Behörden schnell und neutral Hinweise auf überprüfenswer-
te Datensets geben”, erläutert Dr. Sebastian Leder: “Auf dieser Grundlage könnte Personal gezielt und deutlich effizienter eingesetzt werden.” Leder ist Senior Manager im Deloitte Analytics Institute. Dort werden datenbasierte Lösungen unter Berücksichtigung neuester Forschung und Technologien entwickelt und implementiert.
Kompetenzen bündeln Hier reibungslose Prozesse zu etablieren, erfordert neben einer durchdachten technischen Infrastruktur mit den entsprechenden Plattformen und Schnittstellen auch personelles und organisatorisches Knowhow. Von herausragender Bedeutung gerade im Sicherheitsbereich ist der rechtskonforme Umgang mit sensiblen oder personenbezogenen Daten. Bei der Planung und Umsetzung müssen ein konsequentes IT-Sicher-
heits- und Rechtemanagement bedacht werden. Erfahrungen aus der Privatwirtschaft können Behörden bei der Umsetzung komplexer Lösungen helfen: Dort würden neue Technologien häufig projektweise in enger Kooperation mit Partnern eingesetzt, wie Sebastian Leder vom Analytics Institute erklärt. “Technologie kann dem Staat helfen, seine ureigenen Aufgaben effizienter auszuüben.” “Die notwendige personelle Expertise dafür können Behörden oftmals jedoch kaum selbst aufbauen, da gutes IT-Personal gegenwärtig schwer zu bekommen ist”, so Leder. “Hier bietet sich ein Wissenstransfer mit vertrauensvollen Partnern an. So können Behörden von Expertise aus Wirtschaft und Forschung profitieren oder gar projektbezogen auf deren Personal zurückgreifen.”
Die Bundestagswahl steht bevor und mit ihr rückt das Thema CyberSicherheit zunehmend ins öffentliche Bewusstsein. Bürger und Medien fragen sich gleichermaßen, wie sicher unsere Gesellschaft in einer zunehmend vernetzten Welt wirklich ist. Einerseits steht dabei die politische Meinungsbildung im Fokus: Immer mehr Menschen beziehen Informationen aus Sozialen Netzwerken. Doch gerade hier können gefälschte Nachrichten besonders einfach verbreitet und damit Meinungen manipuliert werden. Andererseits stellt sich angesichts von Angriffen wie WannaCry die Frage, wie sich Personen, Unternehmen und
Behördenarbeit im Sinne der Bürger Sicherer mobiler Netzwerkzugang für Verwaltungsabläufe in Süddeutschland (BS/Jürgen Hönig*) Eine sichere Vernetzung von Dienststellen ist im Behördenumfeld vielleicht noch wichtiger als im Unternehmensbereich, da es um sensible und schützenswerte Informationen von Bürgern und Verwaltungsvorgängen geht. Für externe Mitarbeiter, die außerhalb der Behörde aktiv sind, lässt sich das nötige Schutzniveau durch technische Lösungen wie eine Virtual Private Network-Software (VPN) erreichen. Die tägliche Arbeit in den Verwaltungen darf dadurch aber nicht behindert und die Administration nicht erschwert werden. Gateway), zentrales NCP Secure Enterprise Management und NCP Secure Enterprise Clients. Für aktuell etwa 6.000 Nutzer konnte NCP eine umfassende Struktur schaffen, die bei hoher Benutzerfreundlichkeit alle Bedürfnisse effizient erfüllt. Aufseiten der Administration wurden die Aufwände erheblich verringert und einfachere Wartungsmöglichkeiten geschaffen – durch Hochverfügbarkeitsoptionen sogar unterbrechungsfrei. Lösungen für die Vertraulichkeitsstufe “VS-NfD” müssen vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zugelassen sein und durchlaufen intensive Prüfungen. Die NCP-Lösung erfüllt auch dieses Kriterium. Sie schützt mobile Endgeräte durch einen unumgehbaren, verschlüsselten Tunnel und stellt aufseiten der Zentrale ein ebenfalls hochsicheres Gateway bereit. Der NCP Secure VPN GovNet Server erzeugt seine hochqualitativen
Das NCP Secure Enterprise Management (SEM) erlaubt die zentrale Verwaltung aller VPN-Geräte. Foto: BS/NCP
Zufallszahlen beispielsweise mit einem vom BSI zugelassenen Zufallszahlengenerator der Klasse DRG.4.
Erfolgreiche Umsetzung aller Anforderungen Durch den Einsatz der NCPLösung kann der IT-Dienstleister den kompletten Netzwerkverkehr zwischen Endgeräten und Gateway im Rechenzentrum sowie zwischen weiteren
behördlichen Netzen nach höchsten Standards verschlüsseln. Über den Client kann sogar zwischen dienstlichen und nichtdienstlichen Endgeräten unterschieden werden, um verschiedene Rechte und Restriktionen über Richtlinien durchzusetzen. Dies gilt auch für die Zuordnung von Nutzergruppen, sodass für leitende Beamte andere Regeln gelten als für mobile Standardnutzer.
Welche Authentifizierungsart ein Nutzer verwendet, kann der Administrator festlegen. Es sind Hardware-Token, Soft-Token, Smartcards oder Soft-Zertifikate einsetzbar. Vorhandene Antrags-Tools für Bestellungen und administrative Aufgaben wie Sicherheitsmaßnahmen für die Nutzer-Authentifizierung ließen sich ebenfalls in die Management-Lösung einbinden. Dreh- und Angelpunkt ist das NCP Secure Enterprise Management (SEM). Als “Single Point of Administration” gestattet es sowohl die zentrale und transparente Konfiguration als auch die Verwaltung aller VPN Clientund VPN Server-Komponenten wie mobiler und stationärer Arbeitsplätze und entfernter VPN-Gateways oder High Availability Server. Die Software ermöglicht strukturierte Massen-Rollouts, Zertifikatsverteilung im Bulk Mode und Anpassungen von Konfigurationsdaten im laufenden Betrieb. Über automatische Up-
Foto: BS/Trend Micro
Institutionen wirkungsvoll schützen können. Diesem Thema werde ich mich auch am 12. September auf der PITS, dem Public-IT-Security-Fachkongress in Berlin widmen. In einem Fachforum werde ich dort über die aktuelle ITSicherheitslage in Deutschland und Schutzmöglichkeiten sprechen. Anschließend stehe ich am Stand von Trend Micro für Fragen zur Verfügung. Ich würde mich freuen, dort mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.
dates wird sichergestellt, dass die VPN-Software sowie alle weiteren relevanten Komponenten für die Remote-Access-Umgebung immer auf dem aktuellen Stand sind. Für vollautomatisierten, hochsicheren RemoteZugang und hohe Verfügbarkeit sorgt das VPN-Gateway.
Zukunftsfähige Lösung mit hohem Nutzwert Die umgesetzte RemoteAccess-Umgebung entspricht durch Personal Firewall, Verschlüsselung und starke Authentifizierung höchsten Sicherheitsstandards und bietet trotzdem hohen Benutzerkomfort. Die Administratoren konnten durch die zentrale Managementlösung ihre Wartungsaufwände reduzieren, was auch geringere Betriebskosten zur Folge hatte. Eine einfache und intuitive Managementoberfläche hielt Schulungs- und Einarbeitungsaufwände niedrig. Zu guter Letzt trägt die Lösung von NCP das Siegel “Sicherheit Made in Germany”, d. h. der Nürnberger Hersteller entwickelt in Deutschland und ist dadurch keinen offiziellen Zugriffen durch ausländische Stellen ausgesetzt. *Jürgen Hönig ist für die NCP engineering GmbH tätig.
Cyber Akademie
Seite 56
Behörden Spiegel / September 2017
Themenseite in Kooperation mit:
Neues aus der Cyber Akademie
September 2017
Aktivitäten der Cyber Akademie im Herbst 2017 (CAk/sl) Ab September 2017 präsentiert die Cyber Akademie ihr erweitertes Angebot an praxisnahen Aus- und Fortbildungsseminaren im Bereich des Datenschutzes und der IT-Sicherheit auf einer Reihe von Konferenzen und Fachveranstaltungen. Alle Aktivitäten orientieren sich an dem Leitmotiv der Cyber Akademie, den Digitalisierungsprozess in Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft zu fördern und sicher zu gestalten.
Zentrum für Informationssicherheit
Informationssicherheit durch Know-how Zertifikatslehrgänge
IT-Grundschutz-Experte 13.–17. November 2017, Berlin
PITS 2017
Fachkonferenz in Hannover LeetCON
Am 12. und 13. September 2017 setzt der Verwaltungskongress PITS (Public IT-Security) als Treffpunkt für die Verantwortlichen für IT- und Cyber-Security der Behörden von Bund, Ländern und Kommunen wichtige Impulse für die IT-Sicherheit. Auch auf der diesjährigen PITS (Public-IT-Security) ist die Cyber Akademie mit einem Stand und einem Fachforum vertreten. U. a. werden Klaus Vitt, Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik und Staatssekretär im Bundesministerium des Innern (BMI), BSI-Präsident Arne Schönbohm, Generalmajor Michael Vetter, stellv. Inspekteur Cyber- und Informationsraum, über die Herausforderungen der Digitalisierung im öffentlichen Sektor auf der Konferenz sprechen.
“Security Transformation” lautet das Motto der LeetCON 2017. Zu der Konferenz kommen am 18. und 19. Oktober 2017 zum zweiten Mal IT-Verantwortliche, Administratoren und Führungskräfte in Hannover zusammen, um sich über aktuelle Entwicklungen im Bereich Datenschutz und Informationssicherheit auszutauschen. Die Cyber Akademie ist Partner der Veranstaltung. Vom 17. bis 18. Oktober 2017 bietet die Cyber Akademie im Rahmen der Konferenz das Seminar “Crashkurs VdS 3473 – Informationssicherheit für kleine und mittlere Organisationen und Unternehmen” ebenfalls in Hannover an.
Europäischer Katastrophenschutzkongress Auf dem Europäischen Katastrophenschutzkongress (19./20. September 2017, Berlin) sowie dem 3. Terminaltag der Studiengesellschaft für kombinierten Verkehr am 9. November 2017 stellt die Cyber Akademie den Schutz Kritischer Infrastrukturen von Cyber-Angriffen ins Zentrum ihres Auftritts. 13. Europäischer Katastrophenschutzkongress
Bluff City Am 14. September 2017 findet in Berlin die Social Engineering-Konferenz “BLUFF CITY” statt. Die Cyber Akademie ist Partner der diesjährigen Konferenz und präsentiert ihre Security-Awareness-Angebote. Die Teilnehmer der Konferenz erwartet ein Mix aus sämtlichen wichtigen SocialEngineering-Bezügen, etwa Methoden der Angreifer, Ermittlung, Forensik, verschiedene Ansätze der Psychologie, Training, Simulation, Awareness und weitere Kommunikationsaspekte. Über die Cyber Akademie können Interessenten unter Nutzung des Codes Cyber-Akademie%bluffcity#2017 einen vergünstigten Eintritt zur Konferenz erhalten.
Webanwendungssicherheit-Workshop 14.–16. November 2017, Hamburg
Best Practice
Social Media rechtssicher und datenschutzkonform nutzen 16. Oktober 2017, Bonn BSI-Grundschutz in der Praxis 17.–18. Oktober 2017, Berlin Arbeitsrecht in der digitalisierten Arbeitswelt 19. Oktober 2017, Bonn IT-Compliance: Rechtssichere IT-Strukturen und -Prozesse 24. Oktober 2017, Berlin IT-Sicherheitsgesetz, NIS-Richtlinie und mehr – komplexes IT-Sicherheitsrecht praxisnah vermittelt 26. Oktober 2017, Berlin
Am 28. und 29. November 2017 findet in Berlin die Berliner Sicherheitskonfe16 Congress on European Security and Defence renz statt. Der internationale Kongress wendet sich vor allem an die europäischen Streitkräfte und an die Organisationen und Behörden mit Sicherheitsaufgaben in Europa. Ein Schwerpunkt der Konferenz wird dieses Jahr u. a. das Thema Cyber Defence sein. Passend dazu wird die Cyber Akademie dieses Jahr wieder mit einem Stand auf der Veranstaltung vertreten sein und ihr spezielles Cyber Defence SimulationTraining vorstellen. Berlin Security Conference
th
Hacking, Forensik, Standards – neue Seminare Auf das bestehende Angebot an Seminaren mit technischem, organisatorischem und rechtlichem Fokus aufbauend, bietet die Cyber Akademie zum Herbst eine Anzahl neuer und stark praxisorientierter Seminare zu den Themen Forensik, Hacking und Standards an. Aufgrund der zunehmenden Relevanz, der IT-Gutachten oder digitalen Beweisen in gerichtlichen Verfahren in nahezu allen Bereichen zukommt, gilt es bspw. für Gutachter oder IT-Forensiker, die rechtlichen und technischen Anforderungen zu kennen und diesen angemessen Rechnung zu tragen. Das Seminar “Belastbare IT-Gutachten erstellen und bewerten – Theorie trifft Praxis: Was Auftraggeber von IT-Forensik und Co. erwarten” legt den Fokus auf Form und Inhaltspräsentation eines Gutachtens. Insbesondere bei der IT-Forensik kommt es deshalb darauf an, dass die gesicherten digitalen Beweismittel den Anforderungen der Prozessordnungen genügen. Fehler bei der Beweismittelgewinnung oder Dokumentation können im schlimmsten Fall zur Nichtverwertbarkeit dieser Beweise führen. Im Ergebnis kann dies nicht unerhebliche Konsequenzen für die Verfahrensbeteiligten, aber auch den Sachverständigen selbst nach sich ziehen. Um die Teilnehmenden für die Risiken zu sensibilisieren, gehen in diesem eintägigen Seminar Theorie und Praxis Hand in Hand.
Webanwendungssicherheit
Sichere Webanwendungen in der öffentlichen Verwaltung – Vergabe, Entwicklung, Abnahme 17.–18. Oktober 2017, Bonn
Weitere Informationen zu diesen und anderen Seminaren unter: www.cyber-akademie.de
BSC 2017
BSC
Datenschutzbeauftragte/r in der öffentlichen Verwaltung 27. November – 1. Dezember 2017, Berlin
NEUES aus IT- und Datenschutzrecht
der Cyber Akademie
Gesichtserkennung am Südkreuz in Berlin Ein Projekt zur biometrischen Gesichtserkennung durch ein computerbasiertes Verfahren mit rund 300 Freiwilligen startete am 01.08.2017 am Berliner Bahnhof Südkreuz. Die Laufzeit beträgt sechs Monate. Die Daten werden nach Aufnahme in eine polizeiliche Datenbank abgeglichen. Der Kamerabereich wurde am Bahnhof kenntlich gemacht, damit unbeteiligte Passanten diesen meiden können. Gewonnene Daten von Unbeteiligten werden sofort gelöscht, erklärte ein Sprecher der Bundespolizei. Anders als bei der Videoüberwachung, werden Personen nicht nur aufgezeichnet, sondern auch identifiziert. Außerdem kann ein Bewegungsprofil erstellt werden. Beides ist
datenschutzrechtlich bedenklich. Damit liegt ein Verstoß gegen das Grundrecht vor, sich unbeobachtet und anonym in der Öffentlichkeit bewegen zu können. Datenschutzorganisationen bemängeln, dass der Transponder (iBeacon) zusätzlich Daten wie Temperatur, Beschleunigung und Neigung des Untergrundes sammelt. Ohne das Wissen und die Zustimmung der Testpersonen. Laut Bundesinnenminister Thomas de Maizière soll das Projekt in Zukunft an allen Bahnhöfen der Deutschen Bahn umgesetzt werden, damit frühzeitig die Erkennung und Verfolgung von entflohenen Strafgefangenen / mutmaßlichen Terroristen eingeleitet werden kann.
Änderungen nach der EU-DSGVO
Auch in der zweiten Jahreshälfte können Teilnehmerinnen und Teilnehmer neue Seminare rund um das Thema IT- und Datenschutz der Cyber Akademie besuchen. Foto: Cak/Lindemann Das Hacking-Seminar “Ethisches Applikations-Hacking” legten einen Fokus auf Applikationsschwachstellen im Allgemeinen sowie explizit bei Android-Applikationen. Die Teilnehmer lernen die typischen Applikations- und Android-App-Schwachstellen kennen, inkl. Lösungsstrategie. Hierzu wird eine eigens entwickelte, verwundbare (Android-)Applikation genutzt, um Sicherheitsprobleme interaktiv zu verdeutlichen und Lösungen zu diskutieren. Der Praxisanteil mit selbst zu lösenden Praxisaufgaben liegt bei ca. 50 Prozent. In der verbleibenden Zeit werden die theoretischen Grundlagen gelegt bzw. Lösungen diskutiert. Das selbstständige Ermitteln von Schwachstellen der Applikationen steht im Mittelpunkt. Am Ende der Schulung sind die Teilnehmer in der Lage, technische IT-Sicherheitsrisiken in Applikationen effektiv und effizient zu
bewerten und zu reduzieren. In Ergänzung zu den Cyber-Akademie-Seminaren zu den Standards BSI-Grundschutz und ISO27001 bietet die Cyber Akademie ab Herbst 2017 die Schulung “Crashkurs VdS 3473 – Informationssicherheit für kleine und mittlere Organisationen und Unternehmen” an. Die VdS-Richtlinie 3473 zur Informationssicherheit in KMU legt Mindestanforderungen an die Informationssicherheit fest und kann als Grundlage für eine Zertifizierung durch den VdS herangezogen werden. Die Hürden für eine Einführung von Grundschutz oder ISO 27001 für kleine und mittlere Unternehmen sind meist zu groß. Mit dem neuen Standard werden diese nun erstmals in die Lage versetzt, mit überschaubarem Aufwand eine aussagekräftige Zertifizierung für Informationssicherheit zu erlangen.
Der Arbeitnehmerdatenschutz wird unter dem Oberbegriff “Datenverarbeitung im Beschäftigungskontext” teilweise im Art. 88 EU-Datenschutzgrundverordnung (EUDSGVO) geregelt. Teilweise, da in Absatz eins eine Öffnungsklausel enthalten ist, welche den Mitgliedsstaaten erlaubt, spezifische Regelungen selbst zu erlassen. Des Weiteren wird von Beschäftigten gesprochen, wozu Arbeitnehmer, Beamte, Soldaten und andere Beschäftigungsverhältnisse zählen. Entsprechend musste das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) angepasst werden. Das neue BDSG gilt ab dem 25.05.2018. Der Arbeitnehmerdatenschutz wird nunmehr in § 26 BDSG normiert sein. Der Grundsatz
der Datenverarbeitung zum Zwecke der Begründung, Durchführung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses hat sich zum alten BDSG (§ 32 BDSG) nicht geändert. Zusätzlich kann sich jedoch der Erlaubnistatbestand zum Zwecke der Datenverarbeitung auch aus einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung ergeben. Außerdem wurde die umstrittene “freiwillige Einwilligung eines Arbeitnehmers” (Abs. 2) sowie die Verarbeitung von sensiblen personenbezogenen Daten (Abs. 3) normiert. Der Abs. 8 des neuen § 26 BDSG definiert, welche Personengruppen als Beschäftigte erfasst werden. Fazit: Neben den Ergänzungen bleibt alles beim Alten.
Cloud made in Germany Aufgrund der Zugriffe von ausländischen Behörden in Drittländern wie den USA ist es weiterhin fraglich, ob personenbezogene Daten in Cloud-Systemen geschützt sind. Zur Lösung dieser datenschutzrechtlichen Problematik wurde das Konzept der sogenannten “deutschen Wolke” entwickelt. Die
Cloud-Anbieter verlegen ihre Standorte nach Deutschland, somit wird eine Bindung an das deutsche Datenschutzrecht, welches die europäische Datenschutzgrundverordnung impliziert, geknüpft und ein sicheres Datenschutzniveau nach deutschem / europäischem Standard garantiert.
Sicherheit & Verteidigung Behörden Spiegel
www.behoerdenspiegel.de
Berlin und Bonn / September 2017
Es geht nur gemeinsam
KNAPP Überall Präventionsstellen
Sicherheitsbehörden müssen effektiver miteinander kooperieren (BS/Marco Feldmann/Dr. Gerd Portugall) Es existiert zwar, funktioniert aber nicht einwandfrei. Die Rede ist vom Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ). Gezeigt hat das zuletzt der Fall des Attentäters vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri. Selbst einzelne Landesinnenminister räumen ein, dass der Sachverhalt dort gemeinschaftlich falsch bewertet und zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Länder hin- und hergeschoben wurde. Und dabei ist ein vernetzter, gemeinschaftlicher Ansatz für die Innere und Äußere Sicherheit heute wichtiger denn je. Das erste regierungsoffizielle Dokument, in dem der Begriff “vernetzte Sicherheit” auftaucht, ist das Weißbuch 2006 zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr. Ungeachtet der Tatsache, dass immer offenkundiger wird, dass nur ein gemeinsames Vorgehen aller Behörden Besserung verspricht, bleibt noch viel zu tun. Das zeigt sich unter anderem bei der fehlenden Struktur des GTAZ. Zwar arbeiten dort mehr als 200 Personen aus den verschiedensten Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) zusammen. Das lässt sich durch ein Gesetz regeln oder eben unterschwellig durch Verwaltungsvereibarungen. Beides mit dem Ziel zu verbindlichen Beschlussvorlagen auf Basis einer Geschäftsordnung zu kommen. Dennoch existieren zwei getrennte Auswertungsund Analysezentren: Einerseits die Nachrichtendienstliche Informations- und Analysestelle, andererseits die Polizeiliche Informations- und Analysestelle. Zudem mangelt es an einer expliziten gesetzlichen Grundlage der Informationsaustauschplattform, die ausdrücklich über keinen behördlichen Charakter verfügt. Hier könnte, zumindest wenn man dem Wahlprogramm der Unionsparteien Glauben schenken darf, nach der Bundestagswahl aber eine Besserung eintreten. CDU und CSU verlangen nämlich, dass im GTAZ künftig verbindliche Entscheidungen über Maßnahmen gegen Gefährder getroffen werden sollen.
Länder oftmals nicht beteiligt Nicht viel besser gestaltet sich die Situation im Bereich der Zuwanderung. Zwar existiert dort
Innere wie Äußere Sicherheit brauchen heute das gemeinsame Handeln verschiedenster Behörden. Ein Agieren in unterschiedliche Richtungen hingegen ist unangebracht. Foto: BS/Henning Hraban Ramm, pixelio.de
seit Mai 2006 das Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM). Auch wenn dort Beamte aus Behörden verschiedener Ressorts vertreten sind – was eigentlich dem erforderlichen vernetzten Ansatz zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung und Begleit- und Folgekriminalität dienlich sein sollte –, gilt jedoch: Die Bundesländer sind im GASIM außen vor. Gleiches gilt für das Nationale Cyber-Abwehrzentrum. Auch dort sitzen keine Ländervertreter mit am Tisch. Und übrigens auch noch keine Vertreter der Bundeswehr. Laut aktueller Cyber-Sicherheitsstrategie für Deutschland ist jedoch ausdrücklich eine engere Einbindung der Streitkräfte vorgesehen. Bisher gehören ausschließlich das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sowie das Bundesamt für Verfassungs-
schutz (BfV) zu den dort vertretenen Behörden. Assoziiert sind darüber hinaus die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt (BKA), der Bundesnachrichtendienst (BND), der Militärische Abschirmdienst (MAD) und das Zollkriminalamt (ZKA). Ein richtiger, wenn auch kleiner Schritt in diesem Zusammenhang: Verstärkt mitwirken wird künftig zudem die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
GETZ schließt niemanden aus Jedenfalls nicht immer repräsentiert sind die Länder auch im Nationalen Lage- und Führungszentrum für Sicherheit im Luftraum. Dort haben vorrangig Kräfte der Bundeswehr, der Bundespolizei, des BBK und der Deutschen Flugsicherung die Aufgabe, rund um die Uhr terroristische Bedrohungen durch zivile Flugzeuge abzuwehren. Nur bei Bedarf werden auch Informationen des BND, des BKA und der Landespolizeien heran-
gezogen. Den effektiveren, weil auch die Bundesländer einbeziehenden Ansatz, verfolgt aber wohl das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ). Dessen Beschäftigte, die aus bis zu 40 unterschiedlichen Behörden stammen, kümmern sich um die Bekämpfung von Rechts-, Links- und Ausländerextremismus sowie Spionage. Auch wenn dies kein allumfassendes Zuständigkeitsgebiet darstellt, hat die Einrichtung dennoch einen entscheidenden Vorteil: Dort sind auch die Landeskriminalämter und die Verfassungsschutzbehörden aller Bundesländer vertreten.
Mehr Europa wagen Um aber einen tatsächlich vernetzten Ansatz zu schaffen, reichen solche Einrichtungen – ebenso wie Gemeinsame Ermittlungsgruppen von Bundes- und Landespolizei sowie Zoll, etwa gegen Wohnungseinbruchsdiebstahl, Schleusungen oder il-
legalen Zigarettenhandel – wohl nicht aus. Dafür braucht es vielmehr eine deutlich intensivere europäische Integration von Polizeien und Streitkräften. Damit einhergehen sollten vermehrte Kompetenzverlagerungen auf die Ebene der EU. Auch hier lohnt ein Blick in die Wahlprogramme der Parteien, die entweder bereits im Deutschen Bundestag vertreten sind oder nach letzten Meinungsumfragen gute Chancen haben, die Sperrklausel zu überwinden. So fordert etwa die CSU die Einrichtung einer europäischen Extremistendatei und die SPD eine europäische Staatsanwaltschaft und ein Anti-Terror-Zentrum auf EU-Ebene. Die Freien Demokraten wiederum verlangen den Ausbau der europäischen Polizeiagentur Europol zu einer EU-Bundespolizei und die Gründung eines EU-Nachrichtendienstes. Bündnis 90/ Die Grünen schließlich wollen gemeinsame Ermittlungsteams bei Europol einrichten (weitere Details siehe Seite 61).
Gesetzliche Möglichkeiten ausschöpfen Nur auf eine stärkere europäische Integration zu setzen, dürfte gleichwohl ebenfalls nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Denn: es ist auch noch vieles auf Bundes- und Landesebene verbesserungswürdig. Zwar kooperieren Polizei und Steuerfahndung bisher in Einzelfällen bereits. Doch das Steuergeheimnis stellt oftmals ein großes Ermittlungshindernis dar. Und das, obwohl die einschlägige Abgabenordnung die Informationsweitergabe durch die Finanzbehörde durchaus erlaubt, etwa wenn dafür ein zwingendes öffentliches Interesse besteht.
(BS/mfe) In allen deutschen Kreispolizeibehörden sollte es künftig Präventionsstellen geben. In diesen Zentren könnten Radikalisierungsbewegungen und -tendenzen gemeldet werden. Das fordert Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB). Dies würde zu häufigeren Warnhinweisen über derartiges Gedankengut führen.
BKA warnt vor Bahn-Anschlägen (BS/mfe) Anhänger von Terrororganisationen diskutieren im Internet verstärkt über Angriffe auf Züge. Davor warnen Experten des Bundeskriminalamtes (BKA). Als Vorbild werde von den Terroristen wiederholt das Unglück im bayerischen Bad Aibling genannt. Bei dem Zusammenstoß zweier Nahverkehrszüge waren im vergangenen Jahr zwölf Menschen getötet worden. Angriffe auf und Attacken in Zügen sowie Geiselnahmen dort sind keineswegs neue Phänomene. Bereits im Dezember 1975 hatten mehrere bewaffnete Molukken im holländischen Beilen einen Zug gekapert und bis zu 60 Geiseln festgehalten.
Mit Leben füllen (BS/por) Das Konzept der Inneren Führung solle von der Bundeswehr behutsam weiterentwickelt werden, eine vollständige Neufassung sei aber nicht nötig. So lautete das gemeinsame Fazit am Ende der Impulsveranstaltung "Innere Führung heute": Ende August trafen sich die Verteidigungsministerin, der Generalinspekteur sowie die Inspekteure der Teilstreitkräfte in Koblenz, um nach den jüngsten Vorkommnissen zusammen ein zielführendes Lagebild zu erarbeiten.
Save the Date
21. Europäischer Polizeikongress
6.-7. Februar 2018 | Berlin Congress Center Sicherheit besser vernetzen | Information – Prävention – Repression www.europaeischer-polizeikongress.de
Innere Sicherheit
Seite 58
B
ehörden Spiegel: Im Gegensatz zur rechtsextremistischen Szene wird derzeit viel davon gesprochen, gegenüber dem Linksextremismus sei man zu nachlässig gewesen. Wie stehen Sie zu dieser These?
Behörden Spiegel / September 2017
Cyber-Kriminalität gemeinsam bekämpfen Berliner Innensenator fordert Bundeszuständigkeit bei Delikten im digitalen Raum
(BS) Er hat als oberster Dienstherr eigene Beamte im Landeskriminalamt angezeigt. Dafür wurde Berlins Innensenator Andreas Geisel zum Teil massiv kritisiert. Im Gespräch mit dem Behörden Spiegel verteidigt er sein Vorgehen und widmet sich unter anderem einer möglichen KompetenzGeisel: Extremismus ist Ex- bündelung in bestimmten Kriminalitätsbereichen. Die Fragen stellten R. Uwe Proll und Marco Feldmann.
tremismus, egal aus welcher politischen Richtung. Aus diesem Grunde war die Extremismusbekämpfung auch bei der Berliner Polizei schon immer hoch angesiedelt. Wir gehen konsequent gegen linke und gegen rechte Gewalttäter vor. Dort, wo beweissichere Festnahmen möglich sind, wurden diese vorgenommen. Die Regeln des friedlichen Zusammenlebens in unserem Rechtsstaat werden zweifellos durchgesetzt.
Behörden Spiegel: Im vor einiger Zeit abgeschlossenen Hauptstadtvertrag sind finanzielle Unterstützungen des Bundes für hauptstadtbedingte Aufgaben Berlins vereinbart worden. Reichen die Zuwendungen aus?
Geisel: Berlin ist Hauptstadt der Demonstrationen. Rund 5.000 gibt es jährlich. Deshalb fallen jedes Jahr sehr hohe hauptstadtbedingte Aufwendungen an. Wir sprechen da allein für das Jahr 2016 von Behörden Spiegel: Stellt sich einem Betrag von etwa 150 Milfür Sie nach den Ausschreitun- lionen Euro. Erstattet bekomgen beim G20-Gipfel die Lage men wir vom Bund bisher nicht der Inneren Sicherheit neu dar? mal die Hälfte. Der neue Hauptstadtvertrag sieht da VerbesseGeisel: Nein, die Bilder aus rungen vor. Der Bund erhöht Hamburg, die um die Welt gin- demnach seine Zahlungen für Sichergen, waren schockierend. Ich hauptstadtbedingte heitsmaßnahglaube aber nicht, dass “Berlin ist Hauptstadt men ab 2018 von jetzt 60 wir nach dem der Demonstrationen.” Millionen EuG20-Gipfel in ro auf 100 MilHamburg die lionen Euro. Sicherheitslage komplett neu bewerten müs- Im Jahr 2022 wird der Betrag sen. Die dortigen Ausschreitun- auf 110 Millionen Euro erhöht; gen haben gezeigt, dass kon- in den Jahren 2023 bis 2027 auf sequentes Handeln erforderlich 120 Millionen Euro. Das zeigt: Der Hauptstadtverist und dass jede Situation eine individuelle Antwort braucht. trag ist zwar ein guter Vertrag In Berlin stellen wir gleichzeitig für das Land Berlin, reicht aber fest, dass die Zahl der Gewalt- zur Deckung aller hauptstadtbedingten Ausgaben nicht aus. vorfälle rückläufig ist.
Behörden Spiegel: Muss man sich in Zukunft daran gewöhnen, dass Spezialeinsatzkräfte vermehrt bei Demonstrationen zum Einsatz kommen? Geisel: Nein, das Spezialeinsatzkommando wird nur in Ausnahmesituationen angefordert. Auch da kommt es wieder auf den Einzelfall an. Natürlich gibt es in Berlin Einsätze, bei denen auf das Spezialeinsatzkommando zurückgegriffen wird. Das war zum Beispiel bei Räumungen der Fall, wo Hausbesetzer damit drohten, von Dächern zu springen. Aber auch bei Geiselnahmen und schweren Gewaltandrohungen kann ein Einsatz notwendig sein. Solche Lagen können Sie mit normalen Kräften nicht bewältigen. Da ist es sinnvoll, unter anderem auch wegen der vorgehaltenen Technik der Eliteeinheit, das Spezialeinsatzkommando vor Ort zu haben. Behörden Spiegel: Rückzugsräume für Linksextremisten sind unter anderem die Rote Flora in Hamburg oder die Rigaer Straße 94 hier in Berlin. Sind sie zukünftig auszuschließen? Geisel: In der Rigaer Straße geht es darum, den Status quo zu verändern. Rechtssicherheit muss dabei die Grundlage unseres Handelns sein. Da für einen Großteil der dortigen Wohnungen gültige und ungekündigte Mietverträge bestehen, stellt sich gegenwärtig die Frage einer Räumung nicht. In diesem Bereich verfolgen wir eine Strategie mit mehreren Ansätzen: Wir sind jede Nacht mit 20 Bereitschaftspolizisten vor Ort, um gegen Kriminelle und Gewalttäter vorzugehen. Der Bezirk wird außerdem einen runden Tisch mit den friedlichen Anwohnern initiieren, an dem ich teilnehmen werde. Darüber hinaus versuchen wir, die Verfügungsgewalt über das Gebäude in der Rigaer Straße 94 zu erlangen. Der bisherige Eigentümer verbirgt seine Identität und trägt nicht zur Lösung der Konflikte bei.
Behörden Spiegel: In Berlin ist auch das Thema Organisierte Kriminalität eine besondere Herausforderung. An welchen Maßnahmen fehlte es bisher zu ihrer Bekämpfung?
ist für Bundesländer sinnvoll, die über eine Außengrenze zu anderen Staaten verfügen. In Berlin ist das nicht der Fall. Außerdem gab es dieses Instrument hier in der Vergangenheit schon einmal. Es hat aber bei uns nicht die Erfolge gebracht. Die Berliner Antwort besteht in den rechtlich abgesicherten Sonderbefugnissen der Polizei an den kriminalitätsbelasteten Orten in der Stadt. Dort sind anlasslose Kontrollen sinnvoll und erfolgreich. Andreas Geisel ist seit Dezember 2016 Innensenator Berlins. Zuvor stand er an der Spitze der Stadtentwicklungsverwaltung. In seinem neuen Amt plädiert der Sozialdemokrat unter anderem für eine Kompetenzbündelung in einzelnen Kriminalitätsbereichen. Foto: BS/Dombrowsky
Behörden Spiegel: Wie wollen Sie weiterhin für gut qualifizierten und ausreichenden polizeilichen Nachwuchs sorgen?
Innenministerkonferenz (IMK) gab den Impuls, wieder ein Musterpolizeigesetz auf den Weg zu bringen. Was halten Sie davon?
Geisel: Wir haben weiterhin eine gute Bewerberlage mit einem Verhältnis von zwölf Bewerbern auf eine ausgeschriebene Polizeianwärterstelle. Dennoch müssen wir attraktiver werden. Deshalb muss es Veränderungen bei der Besoldung geben. Da müssen wir gegenüber den anderen Bundesländern und dem Bund dringend aufholen. Dafür habe ich mich eingesetzt. Zugleich dürfen wir aber nicht dazu übergehen, die qualitativen Einstellungsvoraussetzungen bei der Berliner Polizei zu senken. Vielmehr geht es darum, den Praxisanteil in der Ausbildung zu erhöhen. Mit der Ausbildung von nunmehr jährlich 1.200 Anwärtern sind wir auf einem guten Weg. Solch hohe Einstellungszahlen gab es in den vergangenen Jahren nicht.
te ein Staatsvertrag regeln. Im Bereich der Telekommunikationsüberwachung haben Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen das ja schon hinbekommen. Behörden Spiegel:. Sie halten einen Angriff auf Kritische Infrastrukturen (KRITIS) für die größere Herausforderung. Wie verletzlich ist Berlin hier? Geisel: Wir brauchen dringend eine engere Zusammenarbeit der einzelnen Betreiber Kritischer Infrastrukturen. Es gilt: Vorbereitung ist alles. Deshalb werden wir am Ende dieser Legislaturperiode auch eine Praxisübung durchführen, in der der Ausfall der Stromversorgung über mehrere Tage hinweg simuliert werden soll.
Behörden Spiegel: Nach der Geisel: Das Berliner Landeskriminalamt ist auch bei der Silvesternacht in Köln ist dort Bekämpfung der Organisier- die Videobeobachtung dramaten Kriminalität sehr aktiv. tisch ausgedehnt worden. Was Dort wurde die täterorientierte spricht in Berlin dagegen? Sachbearbeitung in den MittelGeisel: Zunächst einmal will punkt gestellt. Wir stehen den Delikten also keineswegs hilf- ich festhalten, dass es in Berlin bereits rund los gegenüber. Und noch et“Ich halte ein Muster- 15.000 Kameras im öffentwas möchte ich klarstellen: Auf polizeigesetz für absolut lichen Raum gibt. Ich will Platz eins der sinnvoll.” keine anlassTatverdächtiunabhängige gen bei Fällen von Organisierter Kriminali- und flächendeckende Videobetät sind immer noch deutsche obachtung. Deren kriminalistiStaatsbürger, auch wenn das sche Nutzen ist gering und es in der Öffentlichkeit manchmal entstehen riesige Datenmengen. Für deren Auswertung anders dargestellt wird. braucht es dann auch entspreBehörden Spiegel: Welche chend hohe AnalysekapazitäMaßnahmen hielten sie im ten. Videobeobachtung ist kein Kampf gegen die Organisierte Allheilmittel. Ungeachtet dessen bin ich daKriminalität denn für sinnvoll? für, die Technik anlassbezogen Geisel: Ich verspreche mir dort einzusetzen, wo es aus krieinen Quantensprung von der minalistischen Gesichtspunkkürzlich beschlossenen Beweis- ten sinnvoll ist. Das bringt dann lastumkehr bei der Vermögens- auch einen Mehrwert, zum Beieinziehung. Künftig muss nicht spiel an kriminalitätsbelasteten mehr die Behörde nachweisen, Orten. dass das Geld aus kriminellen Behörden Spiegel: Ihre VerHandlungen stammt, sondern der Beschuldigte nachweisen, waltung plant eine Reform des Allgemeinen Sicherheits- und dass er eine weiße Weste hat. Ordnungsgesetzes (ASOG). DaBehörden Spiegel: Was halten durch soll die Möglichkeit des Sie von Kompetenzbündelungen finalen Rettungsschusses rechtfür bestimmte Phänomenberei- lich abgesichert werden. Wache bei einzelnen Sicherheitsbe- rum? hörden? Geisel: Es stimmt: Berlin hat Geisel: Im Bereich der Cyber- als eines von wenigen BundesKriminalität brauchen wir ei- ländern noch keine Regelung ne Bundeszuständigkeit. Da zum finalen Rettungsschuss. müssen Kapazitäten zusam- Wir wollen das Allgemeine Simengelegt werden, ohne gleich cherheits- und Ordnungsgesetz die föderale Struktur infrage zu aber nicht nur deshalb ändern, stellen. Auch im Bereich der um hier mehr Rechtssicherheit Gegenspionage und Spiona- zu schaffen. Vielmehr geht es bei geabwehr halte ich eine Kom- der Reform auch um künftige petenzbündelung für sinnvoll. Pilotprojekte wie beispielsweise Da könnte das Bundesamt für den Einsatz von Body-Cams. Verfassungsschutz mehr Befugnisse erhalten. Das könnBehörden Spiegel: Die letzte
Geisel: Ich halte ein Musterpolizeigesetz für absolut sinnvoll. Nicht zuletzt der Fall Amri, der von Bund und Ländern im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum zusammen – wie wir im Nachhinein wissen – leider falsch beurteilt wurde, zeigt, dass es hier Handlungsbedarf gibt. Kritisch sehe ich allerdings den langen Zeitraum bis zur Erstellung eines solchen Mustergesetzes durch den Bund. Hier werden wir auf schnellere Landesregelungen nicht verzichten können, denn bei der öffentlichen Sicherheit drängt die Zeit. Behörden Spiegel: Weshalb halten Sie die Schleierfahndung in Berlin für nicht erforderlich? Geisel: Die Schleierfahndung
Behörden Spiegel: Wann ist mit einer deutlich stärkeren Po-
lizeipräsenz auf der Straße zu rechnen? Geisel: Auch wenn das Personalthema bei unserer Polizei evident ist, werden wir dennoch erst 2021 wieder den Personalbestand erreichen, den wir im Jahr 2000 hatten. Damals gab es 18.000 Polizeivollzugsbeamte. Dass diese Zahl nicht schneller erreicht wird, liegt an den Kürzungen der vergangenen Jahre und an der dreijährigen Polizeiausbildung. Behörden Spiegel: Wann ist mit der Inbetriebnahme der mobilen Wache am Alexanderplatz zu rechnen? Geisel: Das wird Ende dieses Jahres der Fall sein. In dieser Kombi-Wache, die vom Land Berlin finanziert wird, arbeiten Bundes- und Landespolizei sowie das bezirkliche Ordnungsamt zusammen. Behörden Spiegel: Der Fall Anis Amri hat mutmaßlich Aktenmanipulationen nachträglicher Art innerhalb des Landeskriminalamtes zutage gefördert. Halten Sie Ihre damalige Anzeigenerstattung weiterhin für angebracht? Geisel: Ja, das halte ich auch heute noch für angebracht, auch wenn ich weiterhin absolut hinter den Sicherheitsbehörden stehe. Schließlich spricht im Fall des Attentäters vom Breitscheidplatz einiges dafür, dass einzelne Mitarbeiter im Landeskriminalamt mehrere Akten manipuliert haben könnten. Das schmerzt, aber letztlich kann eine Behörde nur dann das Vertrauen der Öffentlichkeit rechtfertigen, wenn sie auch konsequent gegen Fehlverhalten in den eigenen Reihen vorgeht. Das ungekürzte Interview lesen Sie auf unserer Internetseite www.behoerdenspiegel.de , Suchbegriff: Kompetenzbündelung.
Verstärkte Kontrollen angekündigt Bayern will Lkw-Unfallzahlen minimieren (BS/mfe/jse) Fehlender Sicherheitsabstand, hohe Geschwindigkeiten, Übermüdung der Fahrer und technische Mängel: Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sind das die Hauptursachen schwerer LkwUnfälle. Diese sollen nun mithilfe von neun stationären Kontrollstellen für Lastkraftwagen bekämpft werden. Die Kontrollstationen sollen nicht nur dem Schutz der Verkehrsteilnehmer, sondern auch dem der Einsatzkräfte dienen. Unabhängig von Tageszeit oder Witterung wird man die Lkws in Zukunft besser kontrollieren können. Die insgesamt neun Kontrollstellen sollen in jedem Präsidiumsbereich Bayerns errichtet werden, mit Ausnahme von München. Die bayerische Polizei arbeitet im Bereich der Verkehrssicherheit intensiv mit dem Zoll und dem Bundesamt
für Güterverkehr (BAG) zusammen. Dadurch soll eine Umsetzung des Programms “Bayern mobil – sicher ans Ziel” gewährleistet werden.
Modernste Ausrüstung erhalten Um das Vorhaben tatsächlich zu implementieren, werden die Kontrollkräfte mit hochmodernen Geräten ausgestattet, die zum Beispiel Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten besser auswerten können. Dazu gehö-
ren außerdem spezielle Waagen, mit denen überladene Lastkraftwagen aus dem Verkehr gezogen werden, sowie Abstandsmessgeräte und digitale Überwachungsanlagen. Herrmann sagte: “Überladene Lkws sind nicht nur ein rollendes Sicherheitsrisiko, sondern schaden auch unseren Straßen.” Darüber hinaus sollen auch Kriterien wie Fahrtauglichkeit und der technische Zustand des Fahrzeugs überprüft werden.
Landespolizei mit Problemen POLIKS stabiler als VIVA NRW (BS/leh) Vor einigen Monaten hat die nordrhein-westfälische Polizei das neue Vorgangsbearbeitungs- und Auskunftssystem VIVA 2.0 in den Wirkbetrieb genommen. Damit wurde das bisherige Polizeiliche Auskunftssystem (POLAS) abgelöst. Fahndungen und Auskünfte über den INPOL-Landes- und/oder Bundesbestand erfolgen seither über VIVA. Der Wirkbetrieb offenbarte nun aber erhebliche Mängel und Schwächen. Das System erwies sich als sehr störanfällig und kaum gebrauchstauglich. Es ist nur kompliziert zu bedienen und mit fachlichen Mängel behaftet. Die Folgen sind erheblicher Vorgangsstau und entnervte Mitarbeiter. Besonders problematisch sind zudem die Feststellungen des mit einer Begutachtung des Verfahrens beauftragten Landschaftsverbandes Westfalen. Dessen Gutachten kommt zu
dem Schluss, dass bei der Systementwicklung die Vorschriften zur Barrierefreiheit nicht beachtet wurden. Da VIVA im Wesentlichen auf dem von der Berliner Polizei seit 2005 genutzten Verfahren POLIKS basiert, wurde die Polizei der Bundeshauptstadt um Stellungnahme zu der Frage gebeten, ob die in Nordrhein-Westfalen aufgetretenen Mängel auch auf das ITVerfahren POLIKS zutreffen. Die Auskunft liegt nun vor. POLIKS läuft in Berlin mit einer Ver-
fügbarkeit von 99,98 Prozent. Es wird erfolgreich angewendet und ständig fortentwickelt. Die Komplexität des Verfahrens wird eingeräumt und durch einen entsprechenden Personalansatz ausgeglichen. Nennenswerte Vorgangsstaus sind nicht zu verzeichnen. Das Thema der Barrierefreiheit wird bei der Fortentwicklung von POLIKS berücksichtigt. Ob diese allerdings vollständig hergestellt werden kann, ist auch in Berlin offen.
Innere Sicherheit
Behörden Spiegel / September 2017
W
aren das alles geistig verwirrte, psychisch instabile Einzeltäter? Nur Selbst-Radikalisierte, Lone Wolves? Nein, es waren keine Einzeltäter. Die meisten von ihnen kannten sich untereinander und alle diese Attentate wurden von ein und demselben Mann in der DaeshZentrale in Mossul gesteuert: Rachid Kassim. Er wurde bei einem Luftangriff Anfang Februar getötet. Die Untersuchungen seiner Kommunikationsmittel bewiesen, dass er mit den Attentätern schon lange vorher und insbesondere unmittelbar vor ihren Anschlägen in einem End-to-End verschlüsselten “secret Chat-room” des Anbieters Telegram kommunizierte – und nicht nur mit diesen bekannt gewordenen Attentätern, sondern auch mit einer Vielzahl anderer, derzeit noch nicht bekannter Personen.
Überall Fernsteuerer Und er war gewiss nicht der einzige Fernsteuerer: Auch bei deutschen Ermittlungen in Attendorn, Berlin, Hannover, Würzburg, Ansbach, Köln oder Chemnitz und Leipzig wurde immer wieder im Nachhinein verschlüsselte oder konspirative Kommunikation mit DaeshFührungsmännern in Syrien oder dem Irak oder mit Mittätern und Unterstützern festgestellt, in manchen Fällen noch Minuten vor der Tatausführung. Stichprobenartige Recherchen zu belgischen, spanischen, englischen oder schwedischen Ermittlungen nach islamistisch motivierten Terrorattacken zeigen das gleiche Muster: “Global Remote Control” von Einzeltätern oder Kleingruppen mit verschlüsselter Kommunikation bei Instant-Messenger-Diensten. Eine EU-weite Fallanalyse durch Europol (falls noch nicht veranlasst) wäre hier sicher hilfreich zur Vorbereitung internationaler Vereinbarungen, Regelungen oder gar legalistischer Maß-
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“Telegram” als Terroristen-Plattform Verschlüsselungstechnik erleichtert Fernkontrolle der Attentäter (BS/Uwe Kranz) Der russische Gründer des Instant-Messenger-Dienstes Telegram, Pavel Durov, sieht keine Sicherheitsbedenken bei seiner Anwendung. Sogar den Hinweis auf missbräuchliche Nutzung seines Dienstes durch Terroristen schmettert er unter Hinweis auf das hohe Gut der Privatsphäre ab. Und das, obwohl schon mehrere Attentäter ihre Anschläge nachweislich über Telegram vorplanten und die Tatausführung über diese Kanäle koordinierten. So etwa auch die Bataclan-Angreifer von Paris oder die Mörder eines französischen Polizisten und seiner Ehefrau.
Serie TERRORZIELE (TEIL 12) nahmen. Die Terrorgruppen des Daesh einschließlich ihrer “Terror-Provinzen”, der al-Qaida und ihrer “Terror-Filialen”, der Hamas, der Hisbollah oder der Taliban – sie alle haben sich zunehmend in verschlüsselte, abgeschottete Kommunikationsbereiche zurückgezogen oder bevorzugen wieder – wie die Mafia – die antiquierte Methode der Kommunikation mittels Boten und schriftlichen Notizen. Das wurde aber Osama bin Laden zum Verhängnis.
Nicht alle Dienste werden genutzt Als relativ sicher gelten den Terroristen vor allem die Dienste von Telegram – der dortige “secret Chat” kann bis zu 200 Personen umfassen – sowie Surespot, Wickr, ChatSecure oder RedPhone. Gleichzeitig werden jedoch Anbieter, die vom Daesh noch als relativ sicher eingestuft werden – dazu zählen unter anderem iMessage, Facebook Messenger, CoverMe, BBM, hangouts oder FaceTime – zunehmend gemieden. WhatsApp, das erst ab April vergangenen Jahres eine akzeptable End-toEnd-Verschlüsselung garantieren konnte, WeChat, MessageMe und über ein Dutzend anderer Anwendungen sind, ebenso wie Twitter, inzwischen zumindest in Werber- und Führungsebenen eher tabu oder werden nur
noch benutzt, um Interessenten auf sicherere Dienste zu lotsen. Bedeutsame Informationen finden sich auch noch im Darknet oder werden mit handelsüblichen Verschlüsselungsprogrammen verschlüsselt. Der Daesh soll eine inzwischen angeblich selbst entwickelte Verschlüsselungssoftware namens “Alrawi” verwenden, um Informationen auf Twitter oder Facebook zu verschlüsseln. Zudem gibt es die Variante, im Multi-Player-Modus auf der SonyPlaystation 4 zu spielen, um sich im Rahmen des Spielverlaufs gegenseitig zu informieren, ohne staatlich überwacht werden zu können.
Daesh mit eigenem Helpdesk Verschlüsselungstechnik ist heute das Herzstück terroristischer Spionagepraxis, wie der ehemalige Direktor der US-amerikanischen Bundespolizei FBI, James Comey, deutlich machte. Der Daesh richtete daher konsequenterweise schon sehr früh einen eigenen, rund um die Uhr besetzten und mit sechs Spezialisten versehenen Helpdesk ein, um seine Anhänger bei Problemen in der Nutzung von Verschlüsselungstechnik zu unterstützen, sie mittels YouTubeAnleitungen Schritt für Schritt zu trainieren und vor staatlichen Überwachungsmaßnahmen gezielt zu warnen. Die internationalen Allianzen von Strafverfolgungsbehörden, Militär, Geheimdiensten und selbst ernannten, übrigens zum Teil höchst effektiven, privaten IT-Terrorjägern sind den Terro-
wohl wichtigste “Staats”-Medium des Daesh, bis heute Gelegenheit, dort die Taten seiner “Soldaten” als “Erfolge im Kampf gegen die Ungläubigen” zu feiern und sie für ihre AnschläFoto: BS/Dombrowsky ge zu rühmen. Aber auch allen risten in den offenen oder nur relativ sicheren Sozialen Medien anderen Terrororganisationen oder Applikationen inzwischen gibt Telegram ungehinderten Zugang zu seinem Dienst. zu dicht auf den Fersen. Sicherheitssensitive Kontakte zwischen Anwerbern sowie ihren Fusion wäre schrecklich Rekruten oder Terror-KoordinaDie geistig verwirrten Einzeltoren und ihren Lone-Actor- oder täter und angeblich selbstMicro-Cell-Attentätern etwa zu radikalisierten Attentäter, die Reiserouten, Waffenbeschaf- Turbo- und Instant-Terroristen, fung oder Attentatsvorbereitung sie werden also sicherlich nicht und -koordination werden daher weniger. Angesichts der hohen inzwischen fast ausnahmslos Zahl von Schein-Flüchtlingen, über die sicheren und sichersten des anstehenden (physischen) Apps geführt. Untergangs des Kalifates und der damit verbundenen Zahl geTelegram bietet Terroristen walterfahrener und -orientierter eine Plattform Daesh-Heimkehrer, der allzu Die relativ unsicheren oder gar leicht anzuwerbenden Homeoffenen Social Media, Applika- grown-Terroristen sowie des tionen und sonstigen Medien Strategiewechsels beider großer wie zum Beispiel Dabiq, Inspire Terrorlager werden sie sogar eher oder Amaq Agency werden eher mehr. Nicht auszudenken, wenn für erweiterte PR-Maßnahmen Daesh und al-Qaida fusionierten verwendet. Dazu gehören un- und beide ihre fernkontrollierten ter anderem Werbung, Rekru- Einzeltäter aussendeten. Die Terrorzentralen haben tierung, Sponsoring, Nachrufe, Drohnen-Videos, Berichte über dank verschlüsselter Komsiegreiche Schlachten, Selbstbe- munikation über die Instantzichtigungen nach Anschlägen Messenger-Dienste ein leichtes und Exekutionen oder Aufrufe Spiel. Denn wie immer hinken zur Gewalt. die meisten europäischen StrafDank einer gefährlich per- verfolgungsbehörden (natürlich missiven Firmenpolitik von Te- auch die deutschen) bei der legram hat Amaq Agency, das Überwachung derartiger komDer Terrorexperte des Behörden Spiegel, Uwe Kranz, kritisiert die nahezu ungehinderten Kommunikationsmöglichkeiten für Terroristen über InstantMessenger-Dienste. Insbesondere bemängelt er das Geschäftsgebahren des Anbieters Telegram.
munikativer Schlüsselräume hinterher. Auf jeden Fall stehen alle geradezu ohnmächtig vor dem Problem, dass etwa Telegrams Firmenpolitik auch den Mitgliedern internationaler Terrorgruppen, die sich unter seinen rund 100 Millionen Nutzern befinden, ungehindert unkontrollierbare Kommunikation ermöglicht. Zudem speichert der Anbieter ihre Kommunikation nicht und weist sie im Falle eines externen Zugriffs sogar ausdrücklich warnend darauf hin.
Verschlüsselung nicht völlig verbieten Telegram, Signal, Threema, WhatsApp, WeChat oder Tox stehen aber nur stellvertretend für eine Vielzahl anderer Provider von Verschlüsselungstechnik. Sie alle machen unter dem Deckmantel der Privatheit den Weg frei für Terroristen und erschweren so staatliche Bekämpfungsmaßnahmen. Natürlich soll Verschlüsselungstechnik nicht gänzlich verdammt oder verboten werden. Sie erfüllt eine wesentliche Funktion im Zusammenhang mit den Bürgerrechten und gewährleistet auch das Funktionieren der nationalen Wirtschaft. Statt sich auf ein verfassungsrechtlich höchst bedenkliches Netzwerkdurchsetzungsgesetz zur Bekämpfung der Hasskriminalität zu kaprizieren oder geradezu manisch-obstruktiv Widerstand gegen die notwendige gesetzliche Regelung zur Höchstspeichersfrist zu leisten, bräuchten wir eine justizielle Klärung der komplexen Verschlüsselungsproblematik sowie internationale Vereinbarungen im Sinne der französischen Vorschläge, denen selbst die Computer and Communications Industry Association (CCIA) zuzustimmen bereit ist. Ebenso bräuchte es griffige nationalgesetzliche Regelungen, natürlich mit robustem Richtervorbehalt.
Fahrzeuge übergeben
Mehrwert für Spezialeinheiten
Aufgezeichnete Daten kommen Wissenschaft zugute
Mitteldistanzwaffe HK 237 basiert auf G36
(BS/mfe) Braunschweigs Polizeipräsident Michael Pientka hat im Rahmen des Projekts “lautlos&einsatzbereit” die ersten 15 von insgesamt 50 geplanten Streifenwagen an die Vollzugskräfte übergeben. Die Autos sind mit Datenloggern ausgestattet. Diese kompakten Geräte speichern unter anderem Werte zu gefahrenen Geschwindigkeiten, dem Energieverbrauch oder dem Ladezustand der Fahrzeugbatterie.
(BS/Andy Falcone*) Sie ist die Mitteldistanzwaffe für spezialisierte Einsatzkräfte im Kaliber .300 Blackout/.300 Whisper: Die HK 237 von Heckler & Koch. Entwickelt wird sie derzeit auf Basis des G36. Ihre Patronen .300 Blackout und .300 Whisper bilden dabei ein Sonderkaliber für ballistische Nischenanwendungen, insbesondere für Spezialkräfte der Polizei und des Militärs in Verbindung mit Signaturdämpfern.
Auf Grundlage dieser Angaben können Wissenschaftler der Technischen Universität Braunschweig dann Untersuchungen durchführen. Deren Ergebnisse fließen in die Entwicklung eines Leitfadens zur integrierten Planung und Steuerung von Flotten-, Lade- und Energieinfrastruktur für einen ökologischen und wirtschaftlich sinnvollen Betrieb von Fahrzeugflotten ein.
Pilotprojekt läuft zwei Jahre Die Forschungen werden anhand von 50 hybriden und ausschließlich batterieelektrischen Polizeifahrzeugen sowie 30 Ladesäulen durchgeführt. Letztere wurden extra für das Projekt angeschafft. Die Erprobung der
Autos in den Dienststellen der niedersächsischen Polizei dauert zunächst 24 Monate. Polizeipräsident Pientka erklärte zu dem Vorhaben, das mit 1,3 Millionen Euro vom Bundesumweltministerium gefördert wird: “Unser Ziel ist es, dass die Fahrzeugflotten in der Polizei so umweltfreundlich wie möglich sind – allerdings unter der Prämisse, dass die Beamtinnen und Beamten ihren Aufgaben optimal gerecht werden können.” Und die Präsidentin der Technischen Universität Braunschweig, Prof. Anke KaysserPyzalla, ergänzte: “Mit den neuen Polizeiautos fährt künftig das Wissen, die Technik und ein gutes Stück Forschungsgeist durch Niedersachsen.”
Einsatztaktisch findet das Sonderkaliber Verwendung in der geräuscharmen Nahbereichsbekämpfung geschützter und ungeschützer Primärziele. Genutzt wird es vor allem im urban beengten Gelände sowie beim Ausschalten einsatzrelevanter Sekundärziele. Dabei kann es sich zum Beispiel um Überwachungskameras, Lichtquellen oder Wachhunde handeln. Beide Kaliber sind ballistisch der Kategorie der Maschinenpistolenpatronen zuzuordnen und stellen in Verbindung mit Waffenplattformen mit entsprechend kurzen Rohren einen ballistisch kampfwertgesteigerten Ersatz für die schallgedämpften Maschinenpistolen im Kaliber 9 mm x 19 dar. Verbunden mit der physikalisch bedingten Unmöglichkeit der Realisierung einer automatwaffenfähigen Unterschallpatrone im Kaliber 5,56 mm NATO stellten diese die beiden Hauptgründe für den Beginn der militärischen Konzeption und Nutzung der .300 Blackout/Whisper durch US Special Forces ab dem Jahr 2003 dar.
Waffe und Munition als abgestimmtes System
lm Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Braunschweig kommen ab sofort 15 neue Funkstreifenwagen zum Einsatz. Sie sind mit Datenloggern ausgestattet, die von Wissenschaftlern ausgelesen werden. Foto: BS/TU Braunschweig, NFF
Derzeit ist für .300 Blackout/ Whisper keine behördentaugliche technische Standardisierung vorhanden, welche den NATO-STANAGs für 9 mm, 5,56 mm oder 7,62 mm vergleichbar wäre oder auch den in Deutsch-
Die neue Mitteldistanzwaffe HK 237 von Heckler & Koch ist mit dem Kaliber .300 Blackout/Whisper und mit ausziehbarer Schulterstütze erhältlich. Letztere ist in Form und Funktion mit der MP7-Schulterstütze vergleichbar. Foto: BS/Heckler & Koch
land auf höchstem Niveau entwickelten “Technischen Richtlinien” der Polizei entspricht. Der Qualitätshersteller RUAG Ammotec engagiert sich derzeit in beiden Kalibern und bietet bereits seit fast 15 Jahren verschiedene Munitionssorten im Kaliber .300 Whisper an. Vor diesem Hintergrund arbeitet Heckler & Koch bei der Realisierung aller .300 Blackout/ Whisper-Waffenplattformen sehr eng mit RUAG zusammen, um dem behördlichen Nutzer ein behördentaugliches und funktional abgestimmtes Waffen-Munitionssystem anbieten zu können. Besondere Schwerpunkte bilden hierbei Themen wie Wasserdichtigkeit von Zündhütchen
und Hülsenmund, klimastabile Treibladungspulver und Anzündhütchen, automatwaffenfähige Hülsen, kriegsvölkerrechtskonforme Projektiltypen und definierte “Port-Pressure”Gasdruckwerte.
Keine Zusatzausbildung nötig Konzeptionell wird das HK237 im Kaliber .300 Blackout/Whisper auf Basis des G36 im Kaliber 5,56 mm NATO realisiert, sodass für den Nutzer ein absolut identischer Bedien- und Zerlegedrill für beide Kalibergruppen gegeben ist – es ist keinerlei Zusatzausbildung erforderlich. Somit kann unter anderem das Training mit der relativ kostengünstigen Munition im Kaliber
5,56 mm NATO durchgeführt und die Verwendung der vergleichsweise kostenintensiven .300 Blackout/Whisper-Munition auf Einsatz und unmittelbare Einsatzvorbereitung beschränkt werden. Der Kaliberwechsel kann bei allen HK-Modellen je nach Kundenwunsch wahlweise mittels Austausch des vollständig montierten Gehäuseoberteils mit jeweiligem Rohr und Magazin oder durch Austausch des Rohres im Waffengehäuse und Magazin realisiert werden. Auch können alle G36-Varianten problemlos zur HK237 .300 Blackout/Whisper-Mitteldistanzwaffe umgebaut werden. Die HK237 ist in den Rohrlängen 9 und 12,5” erhältlich.
Innere Sicherheit
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ehörden Spiegel: Sie waren unter anderem als Generalstabsoffizier über 40 Jahre im Krisenmanagement unterwegs. Wie hat sich die Bedrohungslandschaft verändert? Trauboth: Als ich 1993 mit 50 Jahren die NATO in Brüssel und damit auch die Bundeswehr freiwillig verließ und die ersten russischen Offiziere das “Allerheiligste” betraten, war mir klar, dass der Kalte Krieg endgültig vorbei war. Ich musste als Waffensystemoffizier in Phantom- und Tornado-Kampfflugzeugen und als Truppenführer nie in den Krieg. Die westlichen Werte hatten über das totalitäre System gesiegt, ohne dass ein Schuss gefallen war. Inzwischen, als Chef einer Krisenmanagementberatung, sah ich nach den Anschlägen vom 11. September 2001 mit großer Sorge den amerikanischen Irak-Krieg, die Brutstätte für den heutigen Terror, parallel die ungehemmte Osterweiterung der NATO und der EU und das wachsende Ungleichgewicht zwischen den traditionellen Mächten USA und Russland. Behörden Spiegel: Wie hat sich denn das Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Kreml verändert? Trauboth: Dieses hat sich mit Wladimir Putin inzwischen völlig verändert. Der Westen hat den KGB-Offizier Putin zu lange nicht ernst genommen. Er wollte Augenhöhe auf strategischer Ebene. Er bekam sie nicht, we-
Behörden Spiegel / September 2017
Terrorlagen zentral bewältigen Föderale Ordnung stößt an Funktionalitätsgrenzen (BS) Jörg. H. Trauboth war Berufssoldat und flog 2.000 Einsätze in Phantom-und Tornado- Kampfflugzeugen. Im Alter von 50 Jahren machte er sich mit einer Sicherheits-Beratungsfirma selbständig und engagierte sich im Krisenmanagement. Im Interview mit dem Behörden Spiegel widmet sich der inzwischen ehrenamtlich tätige Notfallseelsorger dem amerikanisch-russischen Verhältnis, der Bedrohung durch den “Islamischen Staat” und plädiert für eine neue Sicherheitsarchitektur hierzulande. Die Fragen stellte Marco Feldmann. der von Bush noch Obama und – wenn ich an seinen werbenden Auftritt 2001 vor dem Deutschen Bundestag in deutscher Sprache zurückdenke – auch nicht von Deutschland. So holte er sich die Augenhöhe mit seiner expansiven Krim- und Syrien-Politik. Behörden Spiegel: Was hat sich noch gewandelt? Trauboth: Putin demonstriert wie kein anderer Militär als Mittel der Expansionspolitik. Er zeigt uns, was moderner hybrider Kampf mit konventionellen Waffen und inzwischen mit digitalen Mitteln bedeutet. Im Kalten Krieg war der Gegner transparent. Heute operiert er anonym aus dem Nichts von überall und jederzeit. Die Welt ist zusätzlich durch riesige Migrationsströme aus den Fugen geraten. Das Fluchtziel heißt Europa. Doch Europa ist uneins. Unsere Innere und Äußere Sicherheit stehen auf ziemlich wackligen Füßen. Behörden Spiegel: Welche Rolle wird der sogenannte “Islamische Staat” in Zukunft spielen? Trauboth: Anders als al-Quai-
Der frühere Berufssoldat und heutige Sicherheitsberater Jörg H. Trauboth spricht sich für eine Zentralisierung der Kompetenzen zur Terrorabwehr beim Bund aus. Foto: BS/privat
da hat sich der IS zunächst über sein Territorium identifiziert. Auf dem Höhepunkt seines Wirkens veröffentlichte ich einen Plan, wie der IS mit einer Bodenoffensive durch arabische und irakische Truppen, unterstützt von westlichen Eliteeinheiten, geschlagen werden kann. In Deutschland fand sich dafür kein Zuspruch. Deutschland stand traditionell auf der strategischen Zuschauertribüne und verließ sich wieder einmal auf die USA. Doch Präsident Oba-
ma wollte keinen neuen Krieg. nord- und zentralafrikanischen Dafür entwickelte sich in der Ländern sowie in Afghanistan Region ein Stellvertreterkrieg und verstärkt in den Philippinen mit den Hauptbeteiligten USA, eingesickert. Die größte anzunehmende BeRussland, drohung beIran und der “Wir brauchen ein deut- stände darin, Türkei. In der sches FBI, das Terrordass der IS zu Zwischenzeit nutzte der IS, lagen zentral bewältigt.” seiner Mutter zurückkehrt, subversiv unzu al-Quaida. terstützt von Saudi-Arabien und der Türkei, Dann könnte uns bevorstehen, wofür es bisher keine Anzeichen die Gelegenheit. gibt: ein Angriff auf lebenswichtige Kritische Infrastrukturen. Behörden Spiegel: Wie das? Trauboth: Er verbreitete erfolgreich seine Ideen: Tausende strömten zu ihm, Kämpfer wurden ausgebildet, um die “Gottlosen” in ihren eigenen Ländern zu bekämpfen. Der dschihadistische Virus war gesetzt. Das Krebsgeschwür “Tod den Gottlosen” findet sich inzwischen in allen westlichen Staaten. Die erkannten Gefährder dürften nur die Spitze des Eisberges sein. Behörden Spiegel: Welches Ziel verfolgt der IS? Trauboth: Ziel des IS ist es, ein weltweites Kalifat zu schaffen. Mosul und Rakka sind nicht mehr erheblich für sein Überleben. Längst ist der IS in
Behörden Spiegel: Weshalb ist aus Ihrer Sicht eine neue deutsche Sicherheitsarchitektur erforderlich und wie könnte diese aussehen? Trauboth: Nationalsozialistischer Untergrund, Anis Amri und andere Fälle zeigen, dass die Polizeigewalt bei extremistischen und terroristischen Gefahrenlagen beim Staat liegen muss. Der Föderalismus funktioniert heute nicht mehr bei Gefahrenlagen von vitalem nationalem Interesse. Zwölf Menschen hätten auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin nicht sterben müssen, wenn Anis Amri aus einer Hand überwacht und rechtzeitig festgesetzt worden wäre. Über
fünfzig Dienststellen haben in seinem Fall miteinander kommuniziert und am Ende versagt. Wir brauchen ein deutsches FBI, das Terrorlagen zentral bewältigt. Landesbehörden müssen aufgelöst werden oder Kompetenzen abgeben. Hier unterstütze ich Bundesinnenminister de Maizière, der sich allerdings gegen den politischen Widerstand auf Landesebene bisher nicht durchsetzen konnte. Behörden Spiegel: Welche sicherheitspolitischen Herausforderungen müssen die Kommunen bewältigen? Trauboth: Die zunehmenden Ausschreitungen von gewaltbereiten Menschen, wie auf dem G20-Gipfel in Hamburg oder bei örtlichen Veranstaltungen und Demonstrationen, stellen die Kommunen vor ganz neue Herausforderungen, die ohne ein Mehr an finanziellen Mitteln, qualifiziertem Personal, einschließlich qualifizierter Sicherheitsdienste und sorgfältigen Krisenmanagementvorbereitungen in Zukunft nicht mehr zu bewältigen sind. Das Deutschland in zehn Jahren wird nicht mehr das von heute sein. Jörg H. Trauboth referiert auf dem diesjährigen “Bundeskongress Kommunale Ordnung” des Behörden Spiegel am 28. September in Wolfsburg. Weitere Informationen unter: www. kommunale-ordnung.de
Eine Eroberung im zweiten Anlauf
Das Terabyte-Dilemma
Sind Behörden und Einrichtungen endlich bereit für die Cloud?
Automatisierte Geschäftsprozesse bei Beweismittelketten
(BS/Rainer Pannenbäcker) Cloud Computing scheint für viele – auch bei den Sicherheitsbehörden – noch ein nebensächliches Thema zu sein. Und das, obwohl es scheinbar doch so ist, dass es zur Cloud-Technologie keine Alternative gibt. Vielleicht ist es so, dass diejenigen, die in der IT zuhause sind, nicht die sind, die über Personal und Geld zu entscheiden haben. Und vielleicht ist es auch so, dass sich die “Entscheider” einerseits und die IT-Fachleute andererseits nur schwerlich verständigen können.
(BS/Christian Scherf*) Angesichts aktueller Bedrohungslagen wird derzeit sowohl der Ausbau von Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen diskutiert als auch der flächendeckende Einsatz von Body-Cams bei der Polizei. Zu kurz kommt bei dieser Diskussion die Frage nach der Verarbeitung dieser Daten.
Wer nicht IT atmet und für den Bits und Bytes nicht zum morgendlichen Müsli gehören, der tut sich schwer mit Abkürzungen wie IaaS, SaaS oder PaaS und könnte das eher für neue Bauabschnitte der Raumstation ISS halten als etwas, das für ihn und seinen Verantwortungsbereich von zukunftsweisender Bedeutung sein könnte. Als Leiter einer Behörde, die für die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen quasi der zentrale Dienstleister ist, weiß ich, wovon ich rede. Neben aufsichtsunterstützenden Aufgaben für das Ministerium des Innern im Bereich Haushalt, Einsatz, Verkehr, Beschaffungen in fast jeglicher Form, von flammenhemmenden Einsatzanzügen über Bewaffnung bis hin zum Polizeihubschrauber, bin ich mit deutlich über 100 zentral betriebenen IT-Verfahren, einem eigenen Rechenzentrum und unzähligen IT-Projekten auch verantwortlich für die IT der Polizei des Landes. Aber eben nicht nur, sondern auch!
Personen zusammenbringen Wenn es also so ist, dass eine Übersetzung auf dem IT-Sektor notwendig ist, gilt es, die beiden Seiten – IT-Experten und “Entscheider” zueinander zu bringen und einen Ausweg aus dem babylonischen Singsang der IT-Vokabeln zu finden. ITServices, wie die Bereitstellung von Smartphones, Tablets, Nachrichten-Diensten, das Speichern und die Analyse von Massendaten oder gerichtsverwertbare Auswertungen sind ohne Cloud Computing wirtschaftlich nicht mehr denkbar. Cloud-Technologien und Entwicklungen sind kein technologischer Hype mehr, sondern
auch den hohen Anforderungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gerecht werden. Während bereits jetzt mehr als jedes zweite private Unternehmen Foto: BS/LZPD NRW Dienste aus der Cloud bezieht ein notwendiges Fundament in und auch kritische Daten aus einem Gebäude der Informa- dem Wirtschaftsbereich zunehtionsversorgung der Polizeien mend dorthin verlagert werden, und Sicherheitsbehörden. Wer scheint doch schon lange etwas das verkennt, hat vermutlich in in Bewegung geraten zu sein. seinem früheren Leben an Pfer- Denn auch Unternehmen haben den festgehalten, während das etwas zu verlieren und schon von daher ein existenzielles BeAutomobil erfunden wurde. dürfnis nach Datensicherheit. Kultur muss sich wandeln Und wenn es unter anderem Es erfordert allerdings ein neu- auch noch so ist, dass zukünftig es Denken der politischen Ver- ein nicht unbedeutender Anteil antwortungsträger, der “Ent- der größten Software-Hersteller scheider” in den Behörden und seine Produkte nur noch als LöEinrichtungen, eine neue Kultur sungen aus der Cloud anbietet, und ein neues Risikomanage- dann könnte es doch mehr als ment. Die meisten Herausfor- Sinn machen, dass auch der derungen beim Thema Cloud öffentliche Bereich endlich die Computing sind nicht mehr Cloud-Technologie erobert und technisch bedingt, sondern ha- sich zu eigen macht. ben ihre Ursachen in Ängsten und mangelndem Vertrauen Langzeitarchivierung möglich auf eine sichere Integration exIn der nordrhein-westfälischen terner Dienstleister. Natürlich Polizei richten wir unsere ITsind gerade bei der polizeilichen Organisation schrittweise auf IT sehr hohe Sicherheits- und dieses nächste Zeitalter aus Datenschutzanforderungen zu und pilotieren in verschiedenen berücksichtigen. Daher sind Initiativen unterschiedliche besondere Vorkehrungen an Cloud-Services, um erste ErfahVerschlüsselung zu treffen und rungen zu sammeln. Gemeindie Fragen zu beantworten, wo sam mit Universitäten haben Daten gespeichert und vorgehal- wir beispielsweise eine quelloften werden und wie es um die fene Verschlüsselungslösung Netzwerksicherheit bestellt ist. entwickelt, die es uns ermögHier zeigen erste Erfahrungen, licht, mit den entsprechenden dass in der zweiten Dekade des BSI-Vorgaben die LangzeitarCloud-Computing-Zeitalters chivierung großer Datenbeviele Anbieter entsprechende stände vorzunehmen, ohne eine Lösungen anbieten können, die Abhängigkeit zu einem einzelDer Direktor des nordrheinwestfälischen Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD), Rainer Pannenbäcker, verlangt eine deutlich stärkere Nutzung von Cloud-Technologien auch durch die Sicherheitsbehörden.
nen Anbieter eingehen zu müssen. In einem anderen Projekt entwickeln wir aktuell eine hybride Cloud-Plattform, die für verschiedene polizeiliche Anforderungen dynamisch und in Echtzeit Computerressourcen bereitstellt und hierbei neben den eigenen IT-Infrastrukturen und Rechenzentrumsleistungen auch externe Cloud-Dienstleister integrieren kann.
Botschaft noch nicht überall angekommen
Denn faktisch reden wir hier über digitale Beweismittel in Terabyte-Dimensionen, die von ihrer Erhebung bis zur rechtssicheren Archivierung anfallen. Und das für jede einzelne Polizeidienststelle. Die Lösung des Dilemmas liegt in automatisierten Geschäftsprozessen im Innendienst von Polizeidienststellen, Staatsanwaltschaften und Gerichten.
“Met” verhindert Datenkollaps Der richtige Weg in die Zukunft
ist also eingeschlagen. Gleichwohl scheint die damit verbundene Botschaft noch nicht überall gehört worden zu sein. Die Zeiten, in denen wir alles selbst entwickelt und betrieben haben, sind lange vorbei und sie werden nicht wiederkehren, so sehr sich das mancher auch wünschen mag. Und wenn das so ist, wird es dringend Zeit, Geld in die Hand zu nehmen und Investitionen in Personal und Strukturen der IT vorzunehmen, damit wir auch im öffentlichen Bereich den vielseitigen Angeboten eine fachliche Expertise entgegenbringen können. Man nennt das schlichtweg Dienstleistersteuerung. Die Alternative wäre, sich dem weiterhin zu verschließen und sich an Althergebrachtes zu klammern. Das wäre auch eine Möglichkeit für die Zauderer unter den “Entscheidern”, auf Dauer aber sicherlich weitaus teurer. Ganz zu schweigen davon, was das für die Leistungsfähigkeit der Polizei und Sicherheitsbehörden und damit für die Innere Sicherheit bedeuten könnte. Suchen wir also das Fachpersonal, das diesen Prozess unterstützt und uns in die digitale Zukunft begleitet.
Das Dilemma Datenkollaps deutlich vor Augen hatte im Frühjahr dieses Jahres der Metropolitan Police Service London. Während der Einführung von 22.000 Axon-Body-Cams wuchs dort die Überzeugung, mit der geplanten internen Verwaltung der anfallenden Datenmenge überfordert zu sein. Noch während des Projekt-Rollouts entschied sich die “Met” für die Beweismittel-ManagementPlattform evidence.com von Axon. Die IT-Managementplattform evidence.com kann zeitgleich neben den Videos von Überwachungskameras das Material von über 20.000 Body-Cams verwalten. Auch Inhalte aus Social-Media-Quellen und handelsüblichen Smartphones werden einfach und automatisiert erfasst. Diese Daten können medienbruchfrei durchsucht, gefiltert oder verknüpft werden. Softwareschnittstellen für Zukunftstechnologien wie etwa Künstliche Intelligenz (KI) sind bereits integriert. Den Betrieb der IT-Lösung stellt Axon als Software-as a-Service (SaaS) sicher. Das externe Hosting sorgt für ständig aktuelle Software und reduziert den
Administrationsaufwand zusätzlich. Das bedeutet: Schutz vor Cyber-Attacken, reduzierte Kosten und mehr Zeit für PolizeiPräsenz im öffentlichen Raum.
Digitaler Justiz-Zugriff In einem gesicherten Verfahren ermöglicht evidence.com zudem den zuständigen Strafverfolgungsbehörden und der Justiz den direkten Zugriff auf die Daten. Auch dort werden durchgängig digitale Geschäftsprozesse die Zukunft sein, da die digitale Beweismittelflut vor Staatsanwaltschaft und Justiz nicht haltmacht. Diese müssen kategorisiert, editiert oder an Verteidiger weitergeleitet werden. Dauert dies nur eine Stunde, bedeuten jährlich rund 10.000 beweisrelevante Videos allein 1.250 Manntage an zusätzlicher Verwaltungsarbeit. Die bestehenden E-JusticeGesetze zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs können deshalb nur der Anfang sein. Es geht nicht nur darum, ressort-, behörden- und länderübergreifend die Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten zu beschleunigen oder riesige Mengen von Papier und Kosten zu sparen. Automatisierte Systemlösungen sind das einzige Mittel, um im digitalen Zeitalter eine funktionsfähige Beweismittelkette für die Justiz zu gewährleisten. *Christian Scherf ist Country Manager Deutschland, Österreich und Schweiz von Axon Enterprise.
Innere Sicherheit
Behörden Spiegel / September 2017
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Einzigartige Situation beim BAMF
Buy-out schürt Ängste
Asylbehörde nicht mit Bundesagentur für Arbeit zu vergleichen
Zweite strategische Investition von Hytera Ltd. in Europa
(BS) Zuvor kannte sie vor allem die Abläufe bei der Bundesagentur für Arbeit. Nun steht Jutta Cordt an der Spitze des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Wandelungsprozesse innerhalb dieser beiden Verwaltungen hält sie dennoch für nicht unmittelbar miteinander vergleichbar. Schließlich habe bei der Nürnberger Bundesoberbehörde ein deutlich höherer Zeitdruck geherrscht. Das Gespräch mit der Volljuristin führte R. Uwe Proll, Chefredakteur und Herausgeber des Behörden Spiegel.
(BS/leh) Nach der Übernahme der R&S BICK Mobilfunk GmbH, Bad Münder, des letzten rein deutschen Systemlieferanten von Kommunikationslösungen für den professionellen Mobilfunk (PMR), im Jahr 2011 hat die 1993 im chinesischen Shenzhen gegründete Hytera Communications Corporation Limited nunmehr eine zweite strategische Investition in Cordt: Das Bundesamt ist von sen und ab wann wir externe Europa getätigt. Sie hat die britische Sepura Group PLC übernommen.
Behörden Spiegel: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat in den vergangenen beiden Jahren einen Wandel durchlaufen. Inwiefern ist dieser vergleichbar mit dem ChangeProzess der Bundesagentur für Arbeit? Cordt: Diese beiden Prozesse kann man nicht miteinander vergleichen. Schließlich mussten viele Veränderungen im Bundesamt sehr zeitnah vorgenommen werden. Es mussten zum Beispiel neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gewonnen und unverzüglich für den Praxiseinsatz vorbereitet werden, neue Liegenschaften gefunden und ausgestattet werden, die ITLandschaft angepasst werden. Parallel dazu wurden viele Prozesse im Bundesamt verändert. Beim Bundesamt war es also eine ganz andere Ausgangssituation als bei der Bundesagentur.
knapp 2.000 Mitarbeitern auf nahezu 10.000 Mitarbeiter gewachsen. Deswegen arbeiten wir aktuell an einem gemeinsamen Leitbild – es gilt ein gemeinsames Verständnis über die Kultur der Zusammenarbeit zu haben, quasi als Fundament unserer tagtäglichen Arbeit.
Die Präsidentin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Jutta Cordt, sieht ihre Behörde noch vor zahlreichen Herausforderungen stehen. Dazu gehört unter anderem eine Weiterentwicklung der Ankunftszentren. Foto: BS/BAMF, A. Salzmann
Behörden Spiegel: Welchen Herausforderungen sehen Sie sich derzeit ausgesetzt?
terzuentwickeln – und zwar um die Bausteine Integration und Rückkehr. Dies wird aktuell im Ankunftszentrum Gießen pilotiert. Im Personalbereich stehen wir vor der Herausforderung, befristete Mitarbeiter auf Dauer zu übernehmen. Außerdem bilden wir aktuell unsere Mitarbeiter weiter.
Cordt: Eine Herausforderung ist, die Ankunftszentren wei-
Behörden Spiegel: Was muss noch getan werden?
Behörden Spiegel: Wäre Ihre Behörde auf eine neue Flüchtlingswelle vorbereitet? Cordt: Ja, auf jeden Fall. Wir beobachten die Migrationsströme genau und werten täglich unterschiedliche Berichte von Frontex und anderen Organisationen aus. Behörden Spiegel: Was machen Sie mit diesen Analysen? Cordt: Wir haben daraus ein Konzept der “atmenden Behörde” entwickelt. Das sieht beispielsweise vor, wann und wie wir in bestimmten Fällen Mitarbeiter aus anderen Bereichen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wieder ins operative Geschäft holen müs-
Unterstützung – zum Beispiel aus anderen Behörden, aus der Wirtschaft – benötigen würden. Außerdem geht es darum, Wissen bei diesen Mitarbeitern auch in anderen Bereichen aktuell zu halten, damit sie flexibel einsetzbar sind. Behörden Spiegel: Wie lange dauert derzeit ein Asylverfahren?
Cordt: Momentan benötigen wir bei Neuanträgen weniger als drei Monate. Das hatten wir uns auch so vorgenommen. Hier haben wir solide Arbeit geleistet. Behörden Spiegel: Wie sieht es bei Altverfahren aus? Cordt: Wir hatten rund 435.000 Verfahren aus 2016 mit in dieses Jahr genommen. Bis Ende Mai hatten wir uns vorgenommen, einen Großteil abgearbeitet zu haben. Das ist uns gelungen, wir sind auf Kurs. Das komplette Interview finden Sie unter www.behoerdenspiegel.de ; Suchbegriff: Cordt.
Diese produziert Kommunikationslösungen für den professionellen Mobilfunk (PMR), die auch der missionskritischen Information und Kommunikation der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) dienen. Sepura ist in 20 Ländern Marktführer und verfügt über Endkunden in mehr als 100 Ländern. Rund 50 Prozent aller von den deutschen BOS bislang beschafften TETRA-Digitalfunkgeräten kommt aus dem Hause Sepura. Zu deren Kunden gehören unter anderem die Polizeien der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen. Die Übernahme ist nach Informationen des Behörden Spiegel von den zuständigen britischen und deutschen Behörden nach Überprüfung nationaler Sicherheitsbedenken gebilligt worden. Trotz der Rettung der in finanzielle Schieflage geratenen Sepura Group erfüllt das chinesische Buy-out so manchen Innenminister mit
Sorge. Mit Blick auf Chinas Politik und Staat herrscht immer noch Misstrauen. Hytera Communications gilt als der weltweit am schnellsten wachsende Anbieter von PMR-Lösungen und als global führender Anbieter im Bereich DMR Trunking. Die mehr als 7.000 Mitarbeiter von Hytera betreuen Kunden in über 120 Ländern. Dazu zählen Behörden, der öffentliche Sicherheitssektor, Versorgungs- und Transportunternehmen, die Ölund Gasindustrie und eine Reihe weiterer Wirtschaftsbereiche.
Olympia abgesichert Hytera stellte unter anderem Lösungen für das Veranstaltungsmanagement und die öffentliche Sicherheit der Olympischen Spiele 2016 in Brasilien bereit. Auch für die Fußballweltmeisterschaft 2018 in Russland wird Hytera PMR-Kommunikationslösungen für die Sicherheit und das Veranstaltungsmanagement zur Verfügung stellen. In den Niederlanden löst Hytera derzeit das von Motorola errichtete C-2000 BOS-Netz ab.
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THEMA
PARTEI
(BS/Marco Feldmann) Mehrere Parteien wollen das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger mithilfe eines massiven Personalaufwuchses bei den Polizeien von Bund und Ländern stärken. Dissens gibt es aber bei den Kompetenzen der Sicherheitsbehörden. Streitpunkte sind vor allem die Vorratsdatenspeicherung und die Überwachung des öffentlichen Raumes durch Kameras.
Polizei
• 15.000 neue Stellen bei Polizeien • kriminalpräventive Angebote der Polizeien ausbauen • Bundeskriminalamt als Zentralstelle stärken • Überstunden bei Bundespolizei abbauen • Zoll zu Finanzpolizei des Bundes ausbauen • einheitliche Datensysteme der BOS schaffen • schärfere Kontrollen an Schengen-Außengrenzen
• keine Vorratsdatenspeicherung • keine automatisierte Kennzeichenerfassung • Funkzellenabfrage grundsätzlich unter Richtervorbehalt stellen • lückenlose Überwachung von Gefährdern • Verzicht auf Bluttest bei Alkoholfahrten ohne Verkehrsunfall • Begleitung von Schwertransporten, Objektschutz und Aufnahme von Verkehrsunfällen ohne Verletzte durch Private
• Polizeipräsenz auf der Straße verstärken • Polizisten im Umgang mit Opfern von Sexualdelikten schulen • anonyme Spurensicherung bei Vergewaltigungsopfern ermöglichen • keine Vorratsdatenspeicherung • keine anlassunabhängige Videobeobachtung • keine automatisierte Gesichtserkennung • anonymisierte Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte • unabhängige Polizeibeauftragte schaffen
• keine Vorratsdatenspeicherung • keine Online-Durchsuchung • keine Lauschangriffe • keine anlassunabhängige Videobeobachtung • keine Schleierfahndung • kein Einsatz von Verbindungs- und Vertrauenspersonen mehr durch Nachrichtendienste • Kennzeichnungspflicht für uniformierte Polizeivollzugsbeamte • unabhängige Ombudsstelle zur Untersuchung polizeilichen Fehlverhaltens einrichten
• Strafmündigkeit ab zwölf Jahren • Bereitschaftspolizeien in Bundespolizei überführen • bundeseinheitliche Polizistenbesoldung und -ausrüstung • freie Heilfürsorge für Polizisten • Videobeobachtung mit Gesichtserkennung nutzen • DNA-Analyse für äußere Merkmale gestatten • Mindestfreiheitsstrafe von zwölf Monaten bei gefährlicher KV mittels gefährlichem Werkzeug
– keine Angaben –
• Spezialisierung des Verfassungsschutzes auf Länderebene auf bestimmte Phänomene • Parlamentarischen Geheimdienstbeauftragten für Parlamentarisches Kontrollgremium einrichten • G10-Kommission soll gesamte TKÜ kontrollieren
• Verbindungs- und Vertrauenspersonen beim Verfassungsschutz abschaffen • neues Bundesamt zur Gefahrenerkennung und Spionageabwehr schaffen (statt Verfassungsschutz) • unabhängiges Institut zum Schutz der Verfassung schaffen
• unmittelbare Abschaffung des Verfassungsschutzes • perspektivisch Abschaffung aller deutschen Nachrichtendienste • kein Einsatz von Verbindungs- und Vertrauenspersonen mehr durch Nachrichtendienste
– keine Angaben –
• Bundeswehrunterstützung für Polizei bei schwerem Terroranschlag • regelmäßiges Üben gemeinsamer Einsätze von Polizei und Bundeswehr
• kein Bundeswehreinsatz im Innern
– keine Angaben –
• kein Bundeswehreinsatz im Innern
• Zivil-militärische Zusammenarbeit beenden
• Wehrpflichtige im Grenzschutzdienst einsetzen
• Frontex zu EU-Küstenwache ausbauen
• europäische Staatsanwaltschaft aufbauen • europäisches Anti-Terrorzentrum aufbauen
• EU-Nachrichtendienst gründen • Europol zu EU-Bundespolizei ausbauen • Frontex zu operativem europäischem Grenzschutz ausbauen
• gemeinsame Ermittlungsteams bei Europol schaffen
• europäische Anti-Korruptionsbehörde OLAF stärken
– keine Angaben –
• Binnengrenzkontrollen aufrechterhalten • Musterpolizeigesetz erarbeiten • 15.000 zusätzliche Polizisten • GTAZ trifft verbindliche Entscheidungen über Maßnahmen gegen Gefährder • Videobeobachtung ausbauen und Mindestspeicherfrist für Daten einführen • DNA-Analyse für äußere Merkmale gestatten • neues Datengesetz für Sicherheitsbehörden • 2.000 weitere Polizisten für Bayern bis 2020 • elektronische Fußfessel und Präventivgewahrsam für Gefährder • bundesweit einheitliche Strafbarkeit bei Verstoß gegen Vermummungsverbot • bundesweite Schleierfahndung • Musterversammlungsgesetz schaffen
Nachrichtendienste
• Informationsaustausch zwischen Nachrichtendiensten auf EU-Ebene verbessern • Mindestaltersgrenze für Beobachtung durch Verfassungsschutz aufgeben • Nutzung von Verkehrsdaten durch Verfassungsschutz gestatten • Nachrichtendiensten Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation ermöglichen
Bundeswehreinsatz im Innern Kooperation auf EU-Ebene
• europäische Extremistendatei schaffen • europäisches Ein- und Ausreiseregister umsetzen
Katastrophenschutz
Seite 62
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ie weltweite Vernetzung von IT-Strukturen kommt natürlich auch dem Bevölkerungsschutz etwa bei der Lagebewältigung zugute, begründet jedoch neue Risiken: Einem Cyber-Angriff auf ein Krankenhaus, die Trinkwasserversorgung oder ein Kraftwerk ist mit den herkömmlichen “analogen” Mitteln des Bevölkerungsschutzes nicht zu begegnen. Vor dem Hintergrund sich wandelnder demografischer und ökonomischer Verhältnisse, veränderter Arbeitszeiten und vielgestaltigem Freizeitverhalten sieht sich unser im Wesentlichen auf dem Ehrenamt beruhendes System gleichzeitig Erosionserscheinungen ausgesetzt. Angesichts dieser Entwicklungen muss in den kommenden Jahren der Bevölkerungsschutz aus seinem – im Vergleich zu Polizei und Verfassungsschutz – politischen Schattendasein heraustreten. Wenn eingeräumt wird, dass es nicht möglich sein werde, jeden Terroranschlag zu verhindern, muss zumindest gewährleistet sein, den Betroffenen danach schnell und wirksam jedwede Hilfe zuteil werden zu lassen. Bereits in der Koalitionsvereinbarung der jetzt zu Ende gehenden Legislaturperiode hieß es: “Wir stärken das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) als strategischen Knoten des Bundes im Beziehungsgeflecht aller Akteure im Bevölkerungsschutz.” Dieser
Wachsende Herausforderungen Bevölkerungsschutz muss mit der Zeit gehen (BS/Christoph Unger) Die Herausforderungen für das nationale System des Bevölkerungsschutzes in Deutschland wachsen. Als Bestandteil internationaler Kooperationen und aufgrund von Abhängigkeiten müssen wir gleichzeitig internationalen Entwicklungen gerecht werden. Die weltweite Verschärfung der sicherheitspolitischen Lage, das Anwachsen hybrider Bedrohungen, der internationale Terrorismus, die Folgen des Klimawandels oder der mögliche Ausfall Kritischer Infrastrukturen (KRITIS) – etwa ein langanhaltender und großflächiger Stromausfall – erfordern auch beim Bevölkerungsschutz weitergehende Anstrengungen, Anpassungen und gegebenenfalls Optimierungen. Weg muss nicht nur fortgesetzt, sondern beschleunigt werden. Diese Forderung wird allein schon durch die vom Kabinett im August 2016 beschlossene “Konzeption Zivile Verteidigung” (KZV) gerechtfertigt, deren Umsetzung unter maßgeblicher Beteiligung des BBK zwar begonnen hat, die aber nun entsprechend der Fortschritte der nationalen militärischen Planungen (Konzeption Bundeswehr, Gesamtverteidigungsrichtlinien) beziehungsweise der Pläne von NATO oder EU intensiviert werden muss. Dazu gehört etwa die Weiterentwicklung der zivilen Alarmplanung oder die Realisierung der Konzeption zur Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsfunktionen, und zwar nicht nur auf der Bundes-, sondern auf allen Verwaltungsebenen der Republik. Nicht nur, aber auch in diesem Kontext müssen wir gemeinsam mit den Betreibern den physischen KRITIS-Schutz genauso verbessern wie deren Schutz vor Cyber-Angriffen. Gerade in diesem Bereich gilt es, die Schutz-
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ten sind, hat die jüngere Vergangenheit deutlich belegt. Da Krisen und Katastrophen nie Christoph Unger ist Präsigänzlich auszudent des Bundesamtes für schließen sind, Bevölkerungsschutz und bedarf es der Katastrophenhilfe (BBK) in Stärkung der geBonn. Foto: BS/BBK sellschaftlichen Resilienz durch eine selbsthilfefävorkehrungen gegenüber hybri- hige Bevölkerung. Jeder Bürger den Bedrohungen auszubauen. und jede Bürgerin muss (wieDie “Lebensader” unserer hoch- der) ein Stück Eigenverantwortechnisierten Gesellschaft ist die tung übernehmen (können): Die Stromversorgung.Ein“Blackout” Starkregenereignisse der letzten ist zwar unwahrscheinlich, aber Zeit haben deutlich gemacht, nicht ausgeschlossen und hätte dass etwa die Feuerwehren nicht ungeahnte Folgen. Hier gilt es mit gleichzeitig überall helfen könden KRITIS-Betreibern in einem nen. Die betroffenen Menschen kooperativen Ansatz, gegebenen- müssen sich auch selbst und falls auch mittels gesetzlicher Re- ihren Nachbarn helfen, wenn etgelungen, den Schutzstandard wa der Keller oder die Tiefgarage zu verbessern, gleichzeitig aber vollgelaufen sind, damit sich die Vorbereitungen für durch deren Profis in solchen Lagen um die Ausfall hervorgerufene Krisen zu echten Schwerpunkte kümmern treffen. Dass KRITIS im Allgemei- und ihre Kräfte priorisiert und nen und die Stromversorgung im konzentriert einsetzen können. Besonderen strategische Ziele in Das setzt allerdings voraus, dass zwischenstaatlichen Konflik- Bund, Länder und Kommu-
nen die Bevölkerung rechtzeitig warnen und über das richtige Verhalten informieren. Die Fortentwicklung der Warnung in technischer wie auch in organisatorischer Hinsicht bleibt deshalb wichtige Aufgabe gerade des BBK als der Zivilschutzbehörde des Bundes. Die Terroranschläge der letzten Monate haben deutlich gemacht, dass auch der gesundheitliche Bevölkerungsschutz der Anpassung bedarf: Die Nutzung von Kriegswaffen wie Maschinenpistolen durch Terroristen oder der Einsatz von Rettungskräften bei Eigengefährdung erfordern neue einsatztaktische Verfahren und Vorgehensweisen sowie eine andere, ergänzende medizinische Ausstattung und Ausbildung der Einsatzkräfte. Dies ist auch nicht nur ein Thema für Großstädte, sondern, wie Ansbach oder Würzburg gezeigt haben, eines für das ganze Land. Dabei lernen wir etwa aus den französischen Erfahrungen. Internationale Kooperation auch im Bevölkerungsschutz ist ein wichtiger Garant für mehr Si-
Verschiedene Kanäle nutzen
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ußer der Kommunikation der eigenen Tätigkeit der Sicherheitsbehörden geht es im Katastrophenfall vor allem um die gemeinschaftliche Lagebewältigung mit der Bevölkerung. Es muss klargestellt werden, dass die Auswirkungen von Katastrophen zunächst, soweit möglich, von jedem Betroffenen überwiegend selbst bewältigt werden müssen. Erst wenn das an Grenzen stößt, können die Sicherheitsbehörden dazu kommen. Denn diese müssen in solchen Lagen ihre begrenzten Ressourcen zurückhaltend verwenden. Hinzu kommt auch seitens der nicht betroffenen Bevölkerung das Bedürfnis, zu helfen. Diese Hilfsbereitschaft sollte im besten Fall kanalisiert und moderiert werden, zumindest sollten die Sicherheitsbehörden dem aber nicht im Weg stehen. Aus der Bewältigung von Katastrophen der Vergangenheit gibt es genug gute Beispiele, wie das funktioniert. Wenn es beim diesjährigen
Behörden Spiegel / September 2017
Effektive Kommunikation auch im behördlichen Interesse (BS/Jochen Stein*) Die Kommunikation mit der Bevölkerung ist ein äußerst wichtiges Thema, das Aufmerksamkeit verdient. Schließlich hat eine richtige Kommunikationsstrategie ihren Stellenwert unmittelbar nach der guten Erledigung der Aufgaben durch die Sicherheitsbehörden. Es wäre zudem schade, wenn gut gearbeitet wurde und dies dann wegen nicht so guter Kommunikation nicht im Vordergrund stünde. Europäischen Katastrophenschutzkongress um neue Anforderungen an den Zivil- und Bevölkerungsschutz geht, dann auch um ein stetig steigendes Bedürfnis nach sachlicher und schneller Information durch die Sicherheitsbehörden. Auch der Erwartung an die Erreichbarkeit für die Bevölkerung in allen Aspekten, der Haltung, der Organisation und der technischen Möglichkeiten müssen sich die Sicherheitsbehörden stellen. Bei einem Terroranschlag, einem kerntechnischen Unfall oder anderen, sich erst entwickelnden und nicht sofort offensichtlichen Lagen darf man nicht durchweg ein Verständnis in der Bevölkerung für noch unsichere Lagebilder bei den Behörden
annehmen. Nicht nur deswegen tut man gut daran, so schnell wie möglich zu kommunizieren. Dass man als Behörde eine Lage wahrgenommen hat, darauf reagiert, weitere Informationen sammelt und bereitstellt – das kann und muss gesagt werden. Die positive Folge: Die Behörde zieht die Aufmerksamkeit auf ihre offiziellen Kanäle. Die je nach Lage notwendigen ersten Botschaften erhält die Bevölkerung damit unverfälscht und aus erster Hand. Die erste Voraussetzung für eine gute Kommunikation mit der Bevölkerung ist materiell nicht schwierig, aber braucht doch manchmal viel Geduld. Es bedarf einer eigenen Haltung der Sicherheitsbehörden, trotz
Jochen Stein ist Leiter der Berufsfeuerwehr Bonn. Außerdem ist er Vorsitzender AGBF-Bund. Foto: BS/Feuerwehr Bonn
der zum Teil unsachlichen oder völlig fehlgeleiteten Reaktionen aus der Bevölkerung, offen
Jetzt die Weichen stellen!
auf diese zuzugehen und auch Feedback und Hinweise anzunehmen. Die zweite Voraussetzung, die der organisatorischen Vorbereitung, ist schwieriger umzusetzen, denn hier geht es vor allem um Personalressourcen. Organisatorisch werden hier nur einfache, mit Freiheitsgraden ausgestattete Systeme erfolgreich sein. Eine zentrale Steuerung der Bevölkerungskommunikation in Katastrophen funktioniert genauso wenig wie alles andere in diesen Lagen rigoros zentralisierte. Die personellen Möglichkeiten werden sehr unterschiedlich sein. Mit Blick auf die sozialen Medien ist hier der Grundsatz im Katastrophenschutz, dass Un-
b bei Naturkatastrophen, Unfällen, Stromausfällen oder anderen Einsatzlagen – Weg in die Breitbandigkeit erfordert genaue Planung damit Rettungskräfte für die Sicherheit der Bürger sorgen (BS/Klaus-Dieter Drossel*) Die sicherheitskritische Kommunikation wird heute dominiert von Sprachanwendungen. Ob im Einsatz bei der Polizei, der können und Mitarbeiter von Feuerwehr oder den Rettungskräften: Eine sichere, klare und hochverfügbare Sprachkommunikation ist die Basis der Kommunikation im Krisenfall. Flughäfen, Verkehrsbetrieben Motorola Solutions unterstützt bereits heute technologische und Energieversorgern zuver- das deutsche Netz der Behör- sind dabei, neue Kommunikatilässig ihren Dienst tun können, den und Organisationen mit Si- onsstrukturen einzuführen. Sie derzeit weltweit eine Reihe von Plattformen bereitstellen, die Kunden im Bereich der öffent- eine Verbindung von Sprache ist ein spezielles, sicherheitskri- cherheitsaufgaben (BOS) in die bieten Erfahrungswerte. Um die Kommunikationsnet- lichen Sicherheit, aber auch und Daten über unterschiedlitisches Kommunikationsnetz Breitbandigkeit zu führen. Kein unabkömmlich. Nur dadurch leichtes Unterfangen, da im Be- ze für künftige Anforderungen Privatunternehmen, ihre Funk- che Technologien bieten. Grundvoraussetzung für eine lassen sich Einsätze in Echtzeit reich der sicherheitskritischen zu rüsten, gilt es, die aktuel- technologien zu migrieren. Bei koordinieren und Menschenle- Kommunikation die Sicherheit le Systeminfrastruktur so zu zahlreichen Kunden werden in erfolgreiche Migration ist eine ben retten. und hohe Verfügbarkeit der Net- modernisieren, das eine Kon- Zukunft Mischtechnologien im solide Planung. Ein ausbaufähiDie zunehmende Datenflut ze im Vordergrund stehen muss. vergenz in Richtung Breitban- Einsatz sein, die mit Funkttech- ges, stabiles Fundament für die aus verschiedenen Quellen verDie Erfahrung von Motoro- digkeit, also LTE, möglich ist. nologien wie P25, TETRA und Kerntechnologie muss entwickändert auch die Anforderungen la Solutions basiert auf einer Besonders wichtig ist dabei die LTE arbeiten. Die Erfahrungen, lungstechnisch mit den Anforan die Kommunikationsnetze über 25-jährigen Expertise bei Verknüpfung der heutigen In- die Motorola Solutions bei der derungen in Richtung Breitband der Sicherheitsbehörden. Man der Entwicklung und Modern- frastruktur mit der künftigen. Installation sammeln konnte, mithalten können. Das heißt, es denke nur an Beweisbilder und sierung von TETRA-Digitalfunk- Dafür sind Lösungen gefragt, die stellen ein einzigartiges Know- muss IP-basiert, flexibel, skalierbar und in der Lage sein, mit -videos aus dem Einsatz oder lösungen. Motorola Solutions eine Verknüpfung von Sprache how dar. Diese Expertise ermöglicht Subsystemen oder BestandsMultimediadaten aus Sozialen investiert kontinuierlich in den und Datenanwendungen garanNetzwerken. Die Verarbeitung Digitalfunkstandard TETRA tieren, unabhängig vom System. es, mithilfe von intelligenten systemen zurechtzukommen, von Daten ist in der Consumer- und bietet mit seinem TETRA- Funktechnologien müssen so Middleware-Schnittstellen die wie zum Beispiel neuen TETRAund Vermittlungssystemen. Welt heute selbstverständlich. Kompetenzzentrum in Ber- ineinandergreifen, dass eine ho- Sprachkommunikation Am besten kombiniert man beiGefordert sind jetzt auch die Si- lin einigartiges Know-how am mogene Infrastruktur entsteht Datenanwendungen zwischen cherheitsbehörden, mit der In- Standort Deutschland. Die Mo- und Anwender im sicherheits- TETRA und mobiler Breitband- de Systeme (Bestandsnetz und novationsgeschwindigkeit in der dernisierung des landesweiten kritischen Einsatz ihre professi- technologie zu erweitern und IP-Netz) als “integriertes StrukKommunikation mitzuhalten. TETRA-Netzes, die Deutschland onellen Endgeräte unabhängig Anwender mit den Informatio- turnetz” und hat einen WegHier bedarf es einer überlegten noch bevorsteht, haben einige von der Infrastruktur nutzen nen zu versorgen, die sie benö- weiser in puncto Redundanz, tigen. Motorola Solutions kann Verfügbarkeit und WirtschaftMigration, um sichere Netze wie Länder bereits hinter sich oder können.
cherheit. Deshalb engagiert sich das BBK etwa in Jordanien oder der Ukraine bei der Verbesserung des Schutzes vor CBRN-Gefahren: Der Einsatz von chemischen Kampfstoffen in Syrien und im Irak ist auch ein Thema für die Sicherheit Westeuropas! Wir sind in Tunesien tätig, um dort einen unmittelbaren Beitrag zur Verbesserung des Brandschutzwesens, damit aber gleichzeitig einen Beitrag zur Stabilisierung von Staat und Gesellschaft zu leisten. Ebenso trägt unsere langjährige Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Katastrophenrisikomanagements mit China zur bilateralen Verständigung bei. Und natürlich kooperieren wir in vielen Feldern mit der EU und der NATO. Nachbarschaftlich arbeiten wir etwa seit vielen Jahren eng und erfolgreich mit dem diesjährigen Partnerland des Europäischen Katastrophenschutzkongresses, der Schweiz, zusammen. Vom ehemaligen Direktor des Schweizer Bundesamts, Willi Scholl, stammt das “3-K-Prinzip”: “In Krisen Köpfe kennen!” Das ist ein wesentlicher Grundsatz erfolgreicher Krisenbewältigung über Ländergrenzen hinweg. Resilienz-Konzepte sind Thema einer Podiumsdiskussion im Rahmen des Hauptprogrammes des diesjährigen Europäischen Katastrophenschutzkongresses am 19. / 20.09. in Berlin. Weitere Informationen u: www.katastrophenschutzkongress.de
terstützung bei der Öffentlichkeitsarbeit von außen kommen muss, aber einfacher umsetzbar. Denn Unterstützungskräfte anderer Behörden müssen in dieser technischen Landschaft nicht mehr physisch an den Ort des Geschehens kommen. Auch von den Heimatstadtorten aus können sie mit einfachen Mitteln effektive Hilfe leisten. Abschließend lässt sich aber festhalten, dass alle Kommunikationskanäle bereits vor der Katastrophe etabliert und regelmäßig genutzt werden müssen, damit sie im Ereignisfall funktionieren. Das betrifft die klassischen Kanäle Warnmittel ebenso wie die eigene Behördenpräsenz im Internet und in Sozialen Medien. Zum Thema “Kommunikation mit der Bevölkerung” findet auf dem diesjährigen Europäischen Katastrophenschutzkongress auch ein Fachforum statt. Es wird vom Autor dieses Gastbeitrages moderiert.
lichkeit. Ein weiterer Vorteil ist der nahtlose Übergang vom alten auf das neue Fundament. Hier bietet sich eine Lösung mit unterschiedlichen Vertragspartnern an, die einen Parallelaufbau der Modernisierung mit der heutigen Infrastruktur zulässt und damit ein wesentlich geringeres Risiko für den Wirkbetrieb birgt. Der Übergang an die notwendigen Schnittstellen wie Leitstellen und die alten in Betrieb befindlichen Systeme kann über die intelligente Middleware umgesetzt werden. Auch hier gibt es bereits Beispiele aus Deutschland. Dazu zählen die Flughäfen München, Stuttgart und BadenBaden. Die Erfahrungswerte zeigen, dass sich der Weg in die Breitbandigkeit durch eine sorgfältige Planung und das Vertrauen in erfahrene und zuverlässige Anbieter nahtlos und kosteneffizient beschreiten lässt. *Klaus-Dieter Drossel ist Director of Sales, Key Accounts bei der Motorola Solutions Germany GmbH.
13. Europäischer Katastrophenschutzkongress
19. – 20. September 2017,
www.katastrophenschutzkongress.de
Vienna House Andel’s Berlin
Programm-Highlights, u. a.: DEBATTE 1. TAG: Vorgehensweise bei katastrophalen Großschadenslagen [Terror-Lagen: Lage- und Führungsentscheidungen, Reaktion der Bevölkerung] Moderator: Landesbranddirektor Wilfried Gräfling, Leiter der Berliner Feuerwehr Referenten: Albrecht Broemme, Präsident der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) Jean-Paul Monet*, District Chief, BDRFD, Marseille Generalmajor Erwin Stramez MA, Stellvertretender Direktor des Einsatzkommandos Cobra/Direktion für Spezialeinheiten (DSE), Österreich DEBATTE 2. TAG: Resilienz-Konzepte [staatliche vs. individuelle Vorsorge, Medikamente, Lebensmittel, Schutzräume] Moderator: R. Uwe Proll, Chefredakteur und Herausgeber des Behörden Spiegel Initialvortrag: Christoph Flury, Stellvertretender Direktor des Bundesamts für Bevölkerungsschutz BABS, Schweiz Referenten: Ministerialrat Volker Amler, Leiter des Referats Schutz kritischer Infrastrukturen; Schutz/Sicherung kerntechnischer Anlagen, Einrichtungen und Transporte, Bundesministerium des Innern MMag. Robert Stocker, Leiter Krisen- und Katastrophenschutzmanagement, Bundesministerium für Inneres, Bundesrepublik Österreich Klaus Zuch, Abteilungsleiter Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Berlin
Fachforen, u. a.: » Großräumige Evakuierungen » Ehrenamt » Tunnelsicherheit » Kommunikation mit der Bevölkerung (Feuerwehr-Forum)
» Drohnen und Roboter » Helfen bleibt spannend » CBRN – Schutz-Spüren-Dekontamination » Aus- und Weiterbildung im Bevölkerungsschutz – Grundlagen für kompetentes Handeln
Referenten, u. a.:
Torsten Akmann
Staatsrat Norman Gobbi
Staatssekretär für Inneres bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin
Präsident der Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr (RK MZF), Schweiz
Veranstalter
Jochen Stein Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren Deutschland, Leiter der Feuerwehr Bonn
Tom De Groeve Abteilungsleiter Globale Sicherheit und Krisenmanagement, Gemeinsames Forschungszentrum, Institut für Schutz und Sicherheit des Bürgers (JRC-IPSC), Europäische Kommission
Albrecht Broemme Präsident der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)
Fotos: Dombrowsky, Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Privat
“Neue Anforderungen an den Zivil- und Bevölkerungsschutz”
Wehrtechnik
Seite 64
Behörden Spiegel / September 2017
Neues aus der Wehrtechnik DSEI öffnet ihre Tore
Hightech-Lehrgang der Luftwaffe
Spearhead
Bundeswehr
(BS) Am 12. September ist es wieder soweit: Dann öffnet die Messe “Defence & Security Equipment International” (DSEI) wieder ihre Tore in den Londoner Docklands. Die Leistungsschau für Verteidigungssysteme und militärische Ausrüstungen findet alle zwei Jahre in der britischen Hauptstadt statt. Alternierend mit der DSEI läuft in den geraden Jahren die “Eurosatory” in Paris. Veranstalter ist die Firma Spearhead zusammen mit der staatlichen “Defence Export Services Organisation” (DESO), einer Abteilung des britischen Verteidigungsministeriums. Auf der letzten DSEI vor zwei Jahren kamen mehr als 30.000 Besucher zu den Ausstellern aus 121 Staaten in die mehr als 40 internationalen Pavillons. Auch deutsche
Unternehmen werden wieder vor Ort sein – u. a. die Krauss-Maffei Wegmann GmbH & Co. KG, die Rheinmetall AG, die HENSOLDT GmbH, die Kaercher Futuretech GmbH und die Fr. Lürssen Werft. Mehr Informationen unter www. dsei.co.uk
Blick in eine Ausstellungshalle einer früheren DSEI Foto: BS/IanHaskins, CC BY-NC-ND 2.0, flickr.com
(BS) Mehrmals im Jahr veranstaltet die Luftwaffe den “Weapons Instructor Course” (WIC) u. a. in einem Übungsraum über der Ostsee. Dabei trainieren z. B. zwei Eurofighter mit den WaffenlehrerAspiranten den Luftkampf mit dem Lenkflugkörper IRIS-T mit Infrarot-Suchkopf für den Nah- und Nächstbereich. Das Kürzel steht für “Infrared Imaging System Tail/Thrust Vector-Controlled”. Hergestellt wird diese Lenkwaffe von der Diehl BGT Defence GmbH & Co. KG. Die Rakete wird per Code-Eingabe durch den Flugzeugführer freigeschaltet. Während der WIC-Einsätze nutzen die Trainees alles, was das Waffensystem Eurofighter hergibt. In der Regel zählt dazu auch das hochmoderne
HMSS (“Helmetmounted Symbology System”). Drei Sensoren verfolgen die Kopfbewegungen des Piloten, sodass der Kampfjet immer weiß, wohin er gerade blickt. Auf Ein aufmunitionierter Eurofighter diese Weise rich- ist abflugbereit. Foto: BS/Portugall tet der Flugzeugführer Systeme wie Radar und Waffen auf seinen Sichtbereich aus. Mehr Informationen unter bundeswehr.de
Millionenaufträge in der Flugabwehr
Flugzeugelektronik-Anbieter übernommen
Rheinmetall
HENSOLDT
(BS) Der Düsseldorfer Konzern hat zwei Großaufträge im Bereich der Flugabwehr erhalten. Die zwei internationalen Kunden haben für ihre Luftstreitkräfte Flugabwehr-Produkte und dazugehörige Dienstleistungen im Gesamtwert von rund 220 Millionen Euro bestellt. Der Auslieferungszeitraum erstreckt sich bis 2021. Dabei konnte ein Land als Neukunde für zwei Oerlikon “Skyguard-3”-Flugabwehrsysteme gewonnen werden. Es handelt sich dabei um die dritte Generation dieser Produktreihe, die für den Nächstbereichsschutz wichtiger Liegenschaften und Anlagen optimiert und auf aktuelle und künftige Bedrohungssituationen ausgelegt ist. Ein weiteres Land ist bereits Kunde und hat
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wei große Vorhaben kann die Marine dabei für sich verbuchen: Sie will für über zwei Milliarden Euro fünf weitere Korvetten beschaffen, baugleich der “Braunschweig”-Klasse K130. Außerdem sollen mit einem deutschen Anteil von rund 1,8 Milliarden Euro zusammen mit Norwegen sechs U-Boote der Klasse 212 gebaut werden.
jetzt entschieden, seine Bestände um zusätzliche 5mm-”Skyguard1”-Feuereinheiten zu erweitern. Der dazu abgeschlossene Liefervertrag umfasst auch Munition für die Zwill i n g s g e s c h ü t z e , Das Flugabwehrsystem “SkySimulatoren, da- guard” Foto: BS/Rheinmetall zugehöriges TestEquipment und Vor-Ort-Ausbildung. Mehr Informationen unter www.rheinmetall.com
(BS) Die neu gegründete HENSOLDT GmbH in Taufkirchen übernimmt die EuroAvionics GmbH in Pforzheim, einen Anbieter von Avionik-Systemen für Hubschrauber und Drohnen. Nach Vorliegen aller rechtlichen Voraussetzungen ist der im Mai unterschriebene Anteilskaufvertrag Mitte August in Kraft getreten. Von der Übernahme verspricht sich das deutsche Sensorhaus im Rahmen seiner Wachstumsstrategie neuen Schub für sein existierendes Avionik-Geschäft. Die EuroAvionics-Gruppe erwirtschaftet mit rund 100 Mitarbeitern einen Umsatz von ca. 20 Millionen Euro. Zu ihren Produkten gehören Flugmanagement-Systeme sowie Avionik-Computer und Autopilot-Systeme, vor allem für Drohnen.
Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr Ausblick auf die kommende Legislaturperiode – und darüber hinaus (BS/Dr. Gerd Portugall) Die 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages neigt sich ihrem Ende. In den letzten beiden Sitzungswochen vor der parlamentarischen Sommerpause Ende Juni genehmigte der Haushaltausschuss noch Rüstungsprojekte der Bundeswehr im Gesamtwert von rund 13,6 Milliarden Euro. Realisiert werden können diese Vorhaben der deutschen Streitkräfte natürlich erst ab der kommenden Legislaturperiode. Projekt einer bewaffnungsfähigen Drohne vom Typ “Heron TP” von IAI und Airbus Defence & Space hat den Haushaltsausschuss jedoch nicht passiert. Ausschlaggebend war dabei die ablehnende Haltung der SPD. Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) hält trotzdem an der Beschaffungsabsicht für eine sog. “Kampfdrohne” fest. Die BundeswehrFührung fordert schon lange händeringend ein solches System.
Neue Korvetten und Unterseeboote Die Seestreitkräfte verfügen bereits über fünf K130-Korvetten. Hergestellt worden waren diese von der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) K130, einem Konsortium bestehend aus der Blohm + Voss Naval GmbH in Hamburg und der Fr. Lürssen Werft GmbH und Co. KG in Bremen. Die neuen K130 sollen die Marine vor allen Dingen in ihren multinationalen Einsatzverpflichtungen möglichst schnell entlasten. Das Bundeskartellamt in Bonn erklärte Mitte Juli, kein Verfahren gegen die geplante Beteiligung des Unternehmens German Naval Yards Kiel GmbH (GNYK) an der ARGE K130 im Hinblick auf das deutsche und europäische Kartellverbot einzuleiten. Die Arbeitsgemeinschaft K130 besteht zurzeit aus den Unternehmen ThyssenKrupp Marine Systems GmbH (TKMS) in Kiel und der Fr. Lürssen Werft. Es ist geplant, dass bis 2019 zwei und bis 2023 alle fünf Schiffe in Dienst gestellt werden. Um einen schnellen Projektablauf zu erreichen, soll der Auftrag im “Verhandlungsverfahren ohne Aufruf zum Wettbewerb” an die Lieferanten des ersten Bauloses erteilt werden. Um bei allen zehn Korvetten einen einheitlichen Bauzustand zu erreichen, würden bei den älteren fünf Schiffen die zwischenzeitlich aufgetretenen Obsoleszenzen beseitigt. Die Bundesregierung will mit
“Aus der Kombination der Stärken von EuroAvionics im zivilen Markt und unserem bisherigen, vorwiegend militärisch ausgerichteten Portfolio können wir jetzt Firmengebäude der EuroAvionics eine umfassen- mit neuem Logo Foto: BS/HENSOLDT de HENSOLDTProduktlinie “Avionics” entwickeln”, sagte Celia Pelaz, Leiterin Strategic Business Development. Mehr Informationen unter www.hensoldt.net
Vorhaben des Heeres
Die Korvette F 261 “Magdeburg”, gebaut von der Lürssen Werft in Bremen, aus dem ersten Los der “Braunschweig”Klasse K130. Foto: BS/yetdark, CC BY-SA 2.0, flickr.com
Norwegen sechs U-Boote der Klasse 212 beschaffen. Die ursprüngliche ARGE U212 bestand aus der damaligen Howaldtswerke-Deutsche Werft GmbH (HDW) in Kiel und der Nordseewerke GmbH (NSW) in Emden. Davon soll die Deutsche Marine zwei und die norwegischen Seestreitkräfte sollen vier Boote. Die Bundeswehr rechnet mit dem ersten U-Boot im Jahre 2027. Im Rahmen dieser Kooperation soll Norwegen Lenkflugkörper für das geplante Mehrzweckkampfschiff (MKS) 180 und für deutsche Fregatten an die Bundeswehr liefern. Deutschland wird an diesem geplanten Gesamtpaket mit rund 1,8 Milliarden Euro beteiligt sein. Partner auf norwegischer Seite soll die Kongsberg-Gruppe werden, das größte Rüstungsunternehmen des skandinavischen Landes.
Diese Boote werden allerdings Modifikationen gegenüber den anderen Booten der Klasse 212 aufweisen. Die deutsche U-Boote-Waffe verfügt aktuell über sechs Einheiten der Klasse 212 A. Aufgrund ihrer außenluft-unabhängigen Antriebsanlage auf Brennstoffzellen gelten diese Boote – gemeinsam mit jenen der Exportklasse 214 – als die leisesten der Welt.
Vorhaben der Luftwaffe Die Bundeswehr will in Zusammenarbeit mit den Niederlanden, Luxemburg und Norwegen insgesamt sieben Tankflugzeuge vom Typ Airbus A330 MRTT beschaffen. Deutschland beteiligt sich mit rund 1,4 Milliarden Euro, zwei Drittel der Gesamtkosten, an dem Projekt für die Tankflugzeug-Flotte der NATO. Ihre Auslieferung ist im Zeit-
raum 2021 bis 2023 geplant. Nach den derzeitigen Planungen sollen drei Maschinen von Köln/ Wahn und vier vom niederländischen Eindhoven aus operieren. Aktuell verfügt die Luftwaffe über vier “fliegende Tankstellen” vom Typ Airbus A310-304 MRTT (Multi-Role-Transport-Tanker). Die maximale Abflugmasse der A310 beträgt 157 Tonnen und ihre Reichweite bis zu 11.000 Kilometer. Die deutlich größere A330-200 verfügt über ein Startgewicht von 238 Tonnen, das sind 51,6 Prozent mehr. Ihre Reichweite beträgt mit 13.400 Kilometern 21,8 Prozent mehr als die der A310. Zwar wird der Leasingvertrag für die Aufklärungsdrohne “Heron 1” für 68,4 Millionen Euro mit dem Konsortium, bestehend aus Israel Aerospace Industries (IAI) und Rheinmetall, verlängert. Das schon lange geplante
Größtes Projekt des Heeres ist die Digitalisierung des Gefechtsfeldes. Die Verteidigungsministerin sprach in diesem Zusammenhang von “über fünf Milliarden Euro”. Anfang 2015 startete das Planungsamt der Bundeswehr (PlgABw) das Programm “Mobile Taktische Kommunikation” (MoTaKo). Ziel ist die Schaffung
eines durchgängigen, IP-basierten Kommunikationsverbunds auf taktischer Ebene – d. h. vom abgesessenen Soldaten über Fahrzeuge bis zum Gefechtsstand. Im funktionalen Gesamtkontext mit diesem bereits laufenden Programm steht das Programm “Mobile Taktische Informationsverarbeitung Land” (MoTIV Land), das koordiniert mit MoTaKo realisiert und synchronisiert werden soll. Der Haushaltausschuss gab nun “grünes Licht” für die Beschaffung von “Softwaredefined”-Funkgeräten für die Führungsfahrzeuge des neuen Schützenpanzers “Puma” und des Radpanzers “Boxer” im Wert von rund 81 Millionen Euro. Schließlich lässt die Bundeswehr in Zukunft einen erheblich größeren Anteil ihrer Fahrzeuge von dem bundeseigenen Unternehmen HIL Heeresinstandsetzungslogistik GmbH im Inland betreuen. Dafür sind bis zum Jahre 2025 rund 5,4 Milliarden Euro veranschlagt. Demnach sollen statt bisher 4.500 künftig rund 16.000 geschützte und ungeschützte Fahrzeuge durch das Unternehmen instandgehalten werden.
Der Airbus A330 MRTT – hier in der Version der Royal Air Force – auf der Berliner Luftfahrtmesse ILA 2016 Foto: BS/Portugall
Wehrtechnik
Behörden Spiegel / September 2017
J
a, der Einsatz von Kriegswaffen kann Menschen töten, verstümmeln, traumatisieren und vieles Schreckliche mehr. Neben den “handelsüblichen” Kriegswaffen gibt es bekanntlich darüber hinaus auch noch sogenannte “Massenvernichtungswaffen” (atomar, biologisch, chemisch), die den kriegerischen Schrecken im Fall ihres Einsatzes exponentiell steigern würden – wenn sie nicht gerade für einzelne Mordanschläge eingesetzt werden. Man denke hier an den russischen Regimegegner Alexander Litwinenko, der mit radioaktivem Polonium vergiftet wurde, oder aktuell an den Nordkoreaner Kim Jong Nam, der mit dem chemischen Kampfstoff VX getötet wurde. Doch sind Rüstungsgüter per se böse? Gut und Böse sind Kategorien für Menschen, nicht für Sachen – auch nicht für physische Gewaltmittel. Entscheidend ist vielmehr, zu welchem politischen Zweck beziehungsweise militärischen Ziel (frei nach Clausewitz) Gewaltmittel – hier Kriegswaffen – eingesetzt oder zumindest vorgehalten werden. Der aufmerksame Zeitungsleser gewinnt jedoch den Eindruck, dass es beim Thema “Rüstung” überhaupt nicht auf Zweck und Ziel ankommt, weil Wehrtechnik per se suspekter ist als andere Industriegüter – nach dem Motto: Wer so etwas herstellt, ist
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Verteidigungsindustrie in den Medien Ein Kommentar (BS/Dr. Gerd Portugall) “Das lukrative Geschäft mit dem Tod”, “Moral oder Jobs?”, “Waffenschmiede der Welt”, “Kumpanei mit Menschenrechtsverletzern”– so lauten nur einige Überschriften überregionaler Print- und Online-Medien hierzulande zu den Themen “Rüstungsindustrie” und “Rüstungsexport”. Heftig wird dabei publizistisch die “moralische Keule” geschwungen – gegen die Bundesregierung, gegen die Bundeswehr, gegen wehrtechnische Unternehmen. Auch Teile des politischen Establishments, vorzugsweise aus dem linken Spektrum, beteiligen sich gerne an dieser emotionalen “Entrüstung” – auch und gerade im Bundestagswahlkampf.
ihre Ausrüstung zur Landesund Bündnisverteidigung vor beziehungsweise nutzt sie für Auslandseinsätze, so ist daran nichts moralisch Verwerfliches zu entdecken. Dies bedeutet natürlich nicht, Beschaffungsvorhaben von Streitkräften nicht journalistisch-kritisch zu begleiten. Es kommt dabei aber auf den jeweiligen Einzelfall an, es kann nicht um einen Generalverdacht gehen. Kritische journalistische Begleitung ist das Gebot der Stunde, wenn zum Beispiel Rüstungsgüter erst verspätet und teurer beschafft werden können, oder erst recht, wenn sie in falsche Hände geraten. Die Ausrüstung und Bewaffnung von Polizeikräften schlägt in der Regel – auch medial – deutlich niedrigere Wellen, als dies häufig bei der Ausrüstung und Bewaffnung des Militärs der Fall ist. Und das, obwohl doch beide staatlichen Organe in Bezug auf Innere und Äußere Sicherheit – systemtheoretisch betrachtet – funktional äquivalent sind. Wie äußert sich die Staatsführung hierzulande zu dieDr. Gerd Portugall ist Reser Thematik? dakteur für SicherheitsIm Weißbuch politik, Verteidigung und 2016 ist unter Wehrtechnik des Behörden dem Stichwort Spiegel. Foto: BS/privat “Ausrüstung” nachzulesen: “Angesichts der Herausforderungen zwar nicht unbedingt kriminell, vielen er muss aber eine Art von mora- benötigt die Bundeswehr die bestmögliche Ausrüstung, um lischem Defekt haben. Werden Kriegswaffen einge- ihren Auftrag erfolgreich zu ersetzt, um ein international aner- füllen und dabei das Leben ihkanntes Staatsgebiet gewaltsam rer Soldaten zu schützen.” Drei zu annektieren – wie durch die Kapitel zuvor wird als “Auftrag” sog. “grünen Männchen” 2014 der Streitkräfte zunächst defiauf der Krim –, dann ist das niert, “Deutschlands Souveränisicherlich ein völkerrechtswidri- tät und territoriale Integrität zu ger und damit auch für die Me- verteidigen und seine Bürger zu dien ein verurteilungswürdiger schützen”. Weitere Aspekte, wie Akt in Form eines Kommentars zum Beispiel die Sicherheit von wie diesem. Da Russland, wehr- Verbündeten, werden anschlietechnisch betrachtet, größten- ßend aufgezählt. teils Selbstversorger ist, sollte sich die dortige Rüstungsindus- Industriestandort Deutschland trie kritische Fragen gefallen lassen. Verteidigungsindustrien berühren unterschiedlichste DiAufgabe von Medien mensionen, von denen aus UnIn erster Linie sind Medien ternehmenssicht an erster Stelle nicht dazu da, “Urteile” zu fäl- die ökonomischen zu nennen len, sondern über Vorfälle, Zu- ist. Dabei ist jedoch deutlich zwisammenhänge und Hintergrün- schen volkswirtschaftlicher und de zu berichten. Hält hingen betriebswirtschaftlicher Bedeuzum Beispiel die Bundeswehr tung zu differenzieren. Das Na-
Stelldichein der wehrtechnischen Industrie: der Deutsche Pavillon auf der Rüstungsmesse “Eurosatory” vergangenes Jahr in Paris Foto: BS/Portugall
tionaleinkommen betreffend, spielt die Verteidigungsindustrie in Deutschland eine untergeordnete Rolle. Der gesamte Industriesektor hierzulande erwirtschaftet rund 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Der Anteil der Sicherheits- und Verteidigungsbranche am BIP liegt – grob gerechnet – bei einem Prozent, d. h. die Rüstung macht nur ein Dreißigstel der deutschen Industrieproduktion aus. Soviel zum Thema Relation! Während die Sicherheits- und Verteidigungsbranche insgesamt mehr als 300.000 Menschen beschäftigt, hängen an der Rüstungsindustrie im engeren Sinne, d. h. an der Herstellung von Waffensystemen, Munition, Ersatzteilen, Ausbildungshilfen und Ähnlichem, knapp 100.000 Arbeitsplätze. Ihr Arbeitsmarktanteil beträgt damit rund 0,7 Prozent beziehungsweise 0,2 Prozent im engeren Sinne. Betrachtet man sich die mediale Berichterstattung zum Thema “Rüstung”, könnte man den Eindruck gewinnen, dass das deutsche Volkseinkommen zu einem großen Teil von dieser Branche abhängen würde. Deutsche Rüstungsgüter behaupten sich auf dem inländischen, dem europäischen und dem außereuropäischen Markt hauptsächlich mit hochtechnologischen Kernkompetenzen. Die sicherheitspolitische Dimension der Verteidigungsindustrie betrifft u. a. Fragen der Souveränität, d. h. inwiefern begibt man sich bei der Rüstungsbeschaffung in die Abhängigkeit anderer. Nur bei NATO- und EUPartnern wird man ein solches Problem nicht sehen.
Ethisch-moralisch noch aufgeladener als bei der Rüstungsproduktion als solcher ist die öffentliche wie veröffentlichte Diskussion beim Rüstungsexport.
Rüstungsexport Unproblematisch ist hierbei lediglich die Ausfuhr von wehrtechnischen Gütern zu NATOund EU-Partnern – außer offenkundig beim GTK “Boxer” für Litauen! Anders verhält es sich bei sogenannten Drittländern, insbesondere dann, wenn diese autoritäre oder gar totalitäre politische Systeme aufweisen. Betont wird allerdings in der Regel nicht der Typus des politischen Systems, sondern die jeweilige – ungefähre – Menschenrechtslage. Wirft man einen Blick in den letzten Rüstungsexportbericht der Bundesregierung vom vergangenen Oktober für das erste Halbjahr 2016, so ist darin zu sehen, dass Algerien mit einer Genehmigungssumme von 1,04 Milliarden Euro auf Platz eins der “wichtigsten Bestimmungsländer” steht. Der hohe Wert kommt zustande durch die erteilte Ausfuhrgenehmigung für eine Fregatte. In diesem Zusammenhang kommt einem der geradezu legendäre Ausspruch des langjährigen Bundesaußenministers Hans-Dietrich Genscher in den Sinn: “Alles, was schwimmt, geht.” Der Hintergrund ist folgender: Heeres- und Luftwaffen-Gerät ist leichter gegen die eigene Zivilbevölkerung einzusetzen als Seestreitkräfte. Genau deshalb werden immer wieder Geschäfte mit Saudi-Arabien medial angeprangert: Der deutschen Verteidigungsindus-
trie wurden im ersten Halbjahr 2016 Ausfuhrgenehmigungen in das wahabitische Königreich im Wert von rund 484 Millionen Euro erteilt – unter anderem für Hubschrauber und für Kampfflugzeugteile. Nun führen die Saudis seit März 2015 eine multinationale Koalition im jemenitischen Bürgerkrieg an – hauptsächlich mit Operationen aus der Luft. Genau dieser Umstand bewirkt vor dem Hintergrund unvermeidbarer “Kollateralschäden” in der Zivilbevölkerung heftige Kritik hierzulande. Dies hat zur Folge, dass selbst sicherheitsrelevante Software mit einem Bannstrahl belegt wird. Die Bundesregierung sollte sich entscheiden: Will sie eine Außenhandelspolitik nach absoluten ideellen, ethisch-
moralischen Maßstäben, dann dürfte sie strenggenommen mit “Schurkenstaaten” keinerlei Handel treiben, sondern müsste vielmehr für entsprechende internationale Sanktionsregime werben. Oder aber sie wählt einen realpolitischen Ansatz und prüft in jedem Einzelfall, ob die militärische Stärkung des Empfängerlandes im deutschen Interesse liegt oder eben nicht. Anfang dieses Jahrzehnts geisterte in diesem Zusammenhang die sogenannte “Merkel-Doktrin” durch den “Blätterwald”, wonach Rüstungsexporte und Ausbildungskooperation Stabilisierungseinsätze der Bundeswehr in Krisengebieten obsolet machen sollten. Die Wirklichkeit ist – wie so oft – komplexer, wie man am Beispiel Mali sieht. So betreibt die EU dort eine Ausbildungsmission (EUTM Mali) – an der unter anderem auch Deutschland sich beteiligt –, um die malischen Streitkräfte in die Lage zu versetzen, selbst für nationale Sicherheit zu sorgen. Gleichzeitig stellt die Bundeswehr Kräfte zur Verfügung, die gegebenenfalls Kampfeinsätze der UN-Stabilisierungsmission (MINUSMA) in dem westafrikanischen Land unterstützen müssen.
Conclusio Kritische Berichterstattung zu den Themen “Rüstungsindustrie” und “Rüstungsexport” – unbedingt. Ethisch-moralische Maßstäbe anlegen – durchaus. Aber bitte nicht von einem – vermeintlich – “hohen Ross” aus. Und bitte gleiche Maßstäbe an alle anlegen. Letztlich soll der Leser in die Lage versetzt werden, sich ein eigenes Urteil zu bilden – und nicht in bestimmte Richtungen gedrängt werden, die der Motivlage des Berichterstatters entsprechen. Und schließlich: Militär braucht moderne Rüstung, nicht Pfeil und Bogen.
Bi-nationales Projekt “Apollo” “Technical Arrangement” unterzeichnet (BS/por) Vor der Kulisse von Schloss Gemert in den Niederlanden haben der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker, und sein holländischer Amtskollege, General Tom M. Middendorp, gemeinsam die Vereinbarung zum Flugabwehr-Projekt “Apollo” im Nah- und Nächstbereich unterzeichnet – das “Technical Arrangement”. Bereits während des gemeinsamen Einsatzes “Active Fence” in der Türkei stellten Deutschland und die Niederlande fest, dass der Schlüsselfaktor der bodengebundenen Luftverteidigung in der Nachhaltigkeit liegt. “Apollo bedeutet mehr als alles andere, dass wir durch Ausbildung, Übungen und gemeinsame Einsätze näher zusammen kommen”, schlussfolgerte General Wieker als logische Konsequenz
aus den gemeinsamen Erfahrungen. Er sprach von “einem neuen Meilenstein innerhalb der einzigartigen Partnerschaft”. Die bi-nationale Kooperation für eine gemeinsame Task Force in der bodengebundenen Flugabwehr zwischen den Luftwaffen Deutschlands und der Niederlande hat damit eine neue Dimension erreicht. “Apollo” mit seinen sechs Teilprojekten ist final auf den Weg gebracht.
Verteidigung
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Behörden Spiegel / September 2017
Verteidigungspolitik im Vergleich der Wahlprogramme
THEMA
PARTEI
(BS/por) Die Themen “äußere Sicherheit”, “Verteidigung”, “Rüstung” und “Streitkräfte” spielen in diesem Bundestagswahlkampf eine eher untergeordnete Rolle. Dies schlägt sich auch in den Gliederungen der Wahlprogramme nieder, wo die genannten Themen zumeist ganz am Ende der jeweiligen Dokumente behandelt werden.
NATO/ EU/UNO
• Bekenntnis zur NATO • Für eigenständige EU-Sicherheitspolitik • Für EU-Verteidigungsfonds • Gegen EU-Mitgliedschaft der Türkei • Für UNO-Standort Bonn
• Bekenntnis zur NATO • Für EU-Armee • Für mehr zivile EU-Sicherheitspolitik
• Bekenntnis zur NATO • Für EU-Armee
• Bekenntnis zur NATO • Für reformierte EU • Für Stärkung der UNO
• Gegen neue NATO-Mitglieder • Für Europa ohne Armeen • Für Stärkung des UNGewaltverbots
• Für national gewährleistete Landesverteidigung • Gegen EU-Armee • Gegen EU- und NATOMitgliedschaft der Türkei
• Betonung der Abrüstung • Für Eindämmung der Rüstungsexporte • Für Verbot von Kleinwaffenexporten in Drittländer • Gegen Einsatz von Kampfdrohnen
• Für deutsche Führungsrolle bei Abrüstung • Für EU-Rüstungskooperation
• Betonung von Abrüstung • Für Eindämmung der Rüstungsexporte • Rüstungsexportkontrolle vom BMWi zum AA • Gegen Einsatz von Kampfdrohnen
• Jetzt gegen Verbot von Kleinwaffenexporten • Später gegen jede Rüstungsproduktion in Deutschland • Gegen Einsatz von Drohnen
--- keine Angabe ---
• Für Erhöhung des Wehretats • Gegen Zwei-Prozent-BIPAnteil des Wehretats • Soldat erst ab Volljährigkeit
• Für mehr Dienstattraktivität • Für bessere Ausstattung
• Gegen Erhöhung des Wehretats • Mehr Ausrichtung an EU- und UN-Einsätzen • Auslandseinsätze nur mit UN-Mandat
• Gegen Erhöhung des Wehretats • Gegen Auslandseinsätze • Gegen nukleare Teilhabe
• Für Wiedereinsetzung der Wehrpflicht • Gegen Flüchtlingseinsätze im Mittelmeer
• Gegen Russland-Sanktionen
Rüstung
--- keine Angabe ---
Bundeswehr
• Für Zwei-Prozent-BIP-Anteil des Wehretats • Für Einsatz im Innern • Für offensive Cyber-Fähigkeiten
• Für EU-Rüstungskooperation • Für Drohnentechnologie
Zwei-Prozent-BIP-Debatte in Deutschland PRO (BS/Henning Otte MdB) Das sicherheitspolitische Umfeld, in dem unsere Bundeswehr agiert, hat sich grundlegend verändert. Russlands offensive Außenpolitik führt dazu, dass die Landes- und Bündnisverteidigung in unseren Planungen wieder einen neuen Stellenwert bekommen hat. Deutschland nutzt im Verhältnis zu Russland die gesamte Palette an diplomatischen Möglichkeiten. Diese werden flankiert durch die Rückversicherungsmaßnahmen in den östlichen NATO-Staaten, die auf den Gipfeln in Wales 2014 und Warschau 2016 beschlossen wurden. Teile hiervon sind Deutschlands Beitrag zur Luftraumüberwachung in Estland durch die Luftwaffe, aber auch der Beitrag des Heeres zu “Enhanced Forward Presence”, bei der sich die Bundeswehr seit Februar 2017 als Führungsnation für den multinationalen Verband in Litauen engagiert. 2019 wird die Bundeswehr erneut Rahmennation bei der VJTF-Speerspitze der NATO sein, wofür die Vorbereitungen bereits begonnen haben.
D a n e ben ist Deutschland fortgesetzt in internationalen Einsätzen zur Krisenbewältigung Henning Otte, MdB, aktiv. Die ist verteidigungs- K o n f l i k t e Welt politischer Sprecher der der CDU/CSU-Bun- k o m m e n in Europa destagsfraktion. Foto: BS/CDU,CSU an. Wir erleben das nicht zuletzt in Form von terroristischen Anschlägen, auch hier in Deutschland. Immer deutlicher wird, dass wir bereit sein müssen, dorthin zu gehen, wo die Konflikte sind – um sie vor Ort zu entschärfen. Beispielhaft ist hier die Mission der Bundeswehr in Mali. Die Stabilität in diesem Land hat eine Schlüsselfunktion für die gesamte Sahelregion. Der Einsatz der Marine im Mittelmeer zur Aufklärung von Schleppernetzwerken knüpft hieran an. Ein weiterer Baustein ist unsere
Unterstützung im Kampf gegen den Terror des sog. Islamischen Staates in Syrien und im Irak. Die äußerst verschiedenartigen Einsätze verlangen von der Bundeswehr unterschiedlichste Fähigkeitsprofile und müssen alle gleichzeitig bewältigt werden. All diese Herausforderungen fallen in eine Zeit, in der sich abzeichnet, dass die USA ihre alte Rolle als Ordnungsmacht in vielen Teilen der Welt immer weniger wahrnehmen werden. Hierdurch entsteht für Deutschland eine direkte Notwendigkeit, selbst mehr für die eigene Sicherheit zu tun. Das gilt insbesondere, da der Zusammenhalt der EU von einigen Nationen auf die Probe gestellt wird. Vor diesem Hintergrund muss Deutschland sicherheitspolitisch noch mehr Verantwortung als bisher in der Welt übernehmen. In der Mitte unserer Partner müssen wir dabei mit starkem Beispiel vorangehen, als Rahmennation im europäischen Pfeiler der NATO und als Anlehnungspartner in Europa. Diese Aufgaben wird uns künftig niemand abnehmen.
Um unseren gewachsenen Aufgaben zu begegnen, müssen wir künftig bereit sein, für unsere Sicherheit mehr finanzielle Mittel bereitzustellen. Die der NATO zugesagten Fähigkeiten und die mit ihr vereinbarten zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Verteidigungsausgaben sind dabei die Zielmarke der deutschen Politik. Bereits 2002 hatte sich die damalige rot-grüne Bundesregierung erstmals mit der NATO hierauf verständigt. Vor dem Hintergrund der veränderten sicherheitspolitischen Lage hat diese Vereinbarung zuletzt noch einmal deutlich an Relevanz gewonnen. Auf dem NATO-Gipfel von Wales hat sich die gesamte Bundesregierung zum ZweiProzent-Ziel bekannt. Im ressortübergreifenden Weißbuch zur deutschen Sicherheitspolitik wurde diese Absicht bekräftigt. Zu unseren Zusagen zu stehen, ist auch ein Ausdruck von Verlässlichkeit innerhalb des Bündnisses. Klar ist, dass solch ein Aufwuchs des Verteidigungshaushaltes nur in realistischen
Schritten erfolgen kann. Hierbei geht es in erster Linie darum, vorhandene Lücken in Personal und Ausrüstung zu füllen. Die Bundeswehr befindet sich in vielen Bereichen nach wie vor in einer Übergangsphase von einer ehemaligen Wehrpflichtarmee hin zu einer modernen Freiwilligenarmee im vernetzten Einsatz. Neben der notwendigen Modernisierung der Ausrüstung müssen sich unsere Streitkräfte für die Herausforderungen der zunehmenden Digitalisierung aufstellen. Die eingeleiteten Trendwenden bei Material, Personal und Haushalt bilden für diese Veränderungen die richtigen Grundlagen. Es gilt jedoch, die begonnenen Maßnahmen konsequent weiter fortzusetzen. Eine weitere Verstärkung der Verteidigungsausgaben ist dafür die Voraussetzung. Nur wenn wir bereit sind, mehr in unsere Sicherheit zu investieren, werden wir für künftige Herausforderungen gewappnet sein. Nur wer selbst aktiv ist und zu seinen Verpflichtungen steht, kann international auch Mitsprache einfordern und ist
für seine Partner attraktiv, um gemeinsam Sicherheit zu gestalten. Richtig bleibt, dass wir Sicherheitspolitik nur vernetzt betrachten können. Um den außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen von heute gewachsen zu sein, müssen die Instrumente von Diplomatie und Wirtschaft, der Polizei, der Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie der Entwicklungszusammenarbeit innerhalb eines gemeinsamen Ansatzes besser miteinander abgestimmt und koordiniert werden. Deshalb werden wir parallel zur Erhöhung des Verteidigungshaushaltes auch die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit im Maßstab 1:1 erhöhen, bis bei den öffentlichen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit die sog. ODA-Quote von 0,7 Prozent des BIP erreicht ist. Ein zentrales Element gemeinsamer Sicherheitsvorsorge bleiben jedoch leistungsfähige Streitkräfte. Deswegen ist es wichtig, zur Stärkung unserer Truppe weiterhin auf das Zwei-Prozent-Ziel der NATO hinzuarbeiten.
ben. Damit ist niemandem geholfen. Deshalb ist es viel wichtiger zu klären, welche Fähigkeiten Rainer Arnold, MdB, die europäist verteidigungs- ischen NApolitischer Sprecher T O - S t a a der SPD-Bundes- ten in das Bündnis tagsfraktion. Foto: BS/SPD e i n b r i n gen sollten und welches Land in Europa diese Fähigkeiten hat. Daran sollte sich meiner Auffassung nach die Bedeutung für die Atlantische Allianz ausrichten. Deutschland muss Mangelund Hochwertfähigkeiten in das Bündnis einbringen, das schafft mehr Gewicht als das Schielen auf Zahlen und Pro-
zente. Eine Lösung der vielen sicherheitspolitischen Herausforderungen lediglich durch die Anhebung auf zwei-Prozent für Verteidigungsausgaben in den NATO-Mitgliedstaaten ist dagegen kaum zu erwarten.
nichts mit der aktuellen Debatte um die zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt zu tun, sondern ist das Resultat der verfehlten Reform zweier ehemaliger Unionsverteidigungsminister, durch die es der Bundeswehr seit 2008 an fast allem fehlt, an Personal, Ausrüstung und an Ausstattung. Tatsächlich wird es noch Jahre dauern, bis die Depots der Bundeswehr mit Gerät, Ersatzteilen oder Munition wieder so befüllt sind, dass unsere Streitkräfte das haben, was sie eigentlich haben müssten. Deutschland muss aus diesem Grund in den nächsten fünf Jahren seinen Etat um mindestens zwei Milliarden jährlich aufstocken, um bestehende Lücken zu füllen. Dazu in den Jahren, in denen teure Großvorhaben zulaufen, temporär diese Projekte auch zusätzlich im Haushalt abbilden.
Nachfragen
haupt angeschafft werden soll. In Wahrheit sind in der Vergangenheit die 36 Milliarden Euro, die im Bundesetat für Verteidigungsausgaben veranschlagt wurden, vielfach gar nicht ausgegeben worden, weil teure Rüstungsgüter nicht oder viel zu spät kamen. Zur Wahrheit gehört auch, dass die vorliegende mittelfristige Finanzplanung 2016 bis 2020 der Bundesregierung nicht einmal im Ansatz erkennen lässt, dass die Bundeskanzlerin oder die Verteidigungsministerin eine solche Steigerung anstreben. Die dort veranschlagten Steigerungen der Ausgaben für Verteidigung bewegen sich in sehr moderaten Bahnen. Der Atlantischen Allianz aber – und damit auch der Bundeswehr – hilft leeres Gerede nicht, der Atlantischen Allianz helfen Fähigkeiten, die sie dringend braucht.
CONTRA (BS/Rainer Arnold, MdB) Die Debatte, ob wir zwei Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die Verteidigung aufbringen müssen, wie das Nordatlantische Bündnis (NATO) es zuletzt auf seinem Gipfel 2014 als Absichtserklärung formuliert hatte, führt in die Irre: Zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt – damit sind Griechenland und Estland (zusammen mit Frankreich und den USA) an der Spitze der NATO-Beitragszahler, ihre Bedeutung für das Militärbündnis ist aber gering. Die Bundesrepublik Deutschland hingegen mit ihrer starken Wirtschaftskraft müsste über 30 Milliarden Euro zusätzlich aufwenden. Dies zeigt deutlich: das Zwei-Prozent-Ziel hat wenig Aussagekraft. Sollte die Wirtschaft bei uns wieder schlechter laufen, sinkt auch das BIP und damit die zwei Prozent für Militärausga-
NATO und EU Das Nordatlantische Bündnis ist in seiner Bedeutung für unsere Sicherheit unbestritten einzigartig. Die Notwendigkeit, gerade die Verteidigungspolitik in Europa auf eine bessere Grundlage zu stellen, auch finanziell, bestreitet niemand in der Gemeinschaft. Die Bundesrepublik Deutschland leistet einen bedeutenden Beitrag für eine glaubhafte Abschreckung, gerade in diesem Jahr haben wir die Ausgaben für Verteidigung um 7,9 Prozent erhöht. Das sind elf Prozent des Bundeshaushalts. Diese Steigerung des Etats hat allerdings
Aber die Steigerung von Militärausgaben allein ist nicht gleichbedeutend mit der Steigerung von Sicherheit. Wir wissen doch längst, dass Krisenprävention, Wiederaufbau und wirtschaftliche Zusammenarbeit einen größeren Beitrag leisten können als jede Militärausgabe. Wir müssen deshalb aufpassen, dass wir uns nicht auf die Debatte um die zwei Prozent versteifen. Das gilt insbesondere für jene Politiker, die gerne öffentlich das Zwei-Prozent-Ziel postulieren. Sie müssen sich fragen lassen, woher sie die Gelder nehmen wollen und wie sie den Bürgern und Bürgerinnen Ausgaben von rund 70 Milliarden Euro im Jahr alleine für Verteidigungsausgaben erklären wollen. Und sie müssen sich fragen lassen, was für solche Summen über-
BSC
Berlin Security Conference
1 6 th C o n g r e s s o n E u r o p e a n S e c u r i t y a n d D e f e n c e
28. – 29. November 2017 Vienna House Andel’s Berlin
Europa unter Druck – Sicherheit und Verteidigung in unberechenbaren Zeiten Partnerland BSC 2017: Sweden Highlights im Hauptprogramm, u.a. > HIGH-LEVEL DEBATTE: Eine veränderte Weltordnung – Europas Rolle und Verantwortung > HIGH-LEVEL INTERVIEW: Die globale Strategie der EU – Europa muss mehr für seine Sicherheit und Verteidigung leisten > FORUM ZUKÜNFTIGE STREITKRÄFTE: Die Bundeswehr als Alliierter und Partner – verbesserte Fähigkeiten für neue operationelle Forderungen > MILITÄRISCHES HIGH-LEVEL FORUM: Wie kann man die Stabilität der Nordflanke Europas erhalten? – eine militärische Betrachtung
Fachforen, u.a. > Verstärkte Vornepräsenz / Enhanced Forward Presence > Digitalisierung des Gefechtsfeldes – Führung in gemeinsamen Operationen > Europas Resilienz gegen hybride Bedrohungen > Cyber-Sicherheit – Aufbau einer widerstandsfähigen europäischen Domäne
Peter Hultqvist Schwedischer Verteidigungsminister
Helga Maria Schmid Generalsekretärin des Europäischen Auswärtigen Dienstes
Michel Barnier Chefunterhändler bei den Austrittsverhandlungen mit Großbritannien
Vizeadmiral Andreas Krause Inspekteur der Marine
Generalleutnant Ludwig Leinhos Inspekteur des Cyber- und Informationsraums
Generalleutnant Karl Müllner Inspekteur der Luftwaffe
Generalleutnant Martin Schelleis Inspekteur der Streitkräftebasis
Generaloberstabsarzt Dr. Michael Tempel Inspekteur des Sanitätsdienstes
Generalleutnant Jörg Vollmer Inspekteur des Heeres
Weitere Informationen und Anmeldung www.euro-defence.eu Veranstalter
Fotos: Dombrowsky, privat
Mehr als 130 Top Referenten, u. a.
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enn man sich im Büro von Walter Koch so umsieht, wird schnell klar, dass er keinem ganz normalen Beruf im Öffentlichen Dienst nachgeht. Die Ordnerrücken im Regal tragen Beschriftungen wie “Fleisch” oder “Frikadellen” und in der Ecke hinter seinem Schreibtisch steht ein großer blauer Müllsack mit Verpackungsresten. Für Koch gehört beides zum Grundstock seiner Arbeit im Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Rheinland in Hürth-Kalscheuren, einem topmodernen Gebäude, das Mitte 2016 bezogen wurde. Beim studierten Lebensmittelchemiker kommt alles auf den Tisch, was von den Lebensmittelüberwachungsämtern der Kreise und Städte zur Analyse ausgewählt wurde. Für diese sogenannten Planproben suchen die Lebensmittelkontrolleure aus der Gegend – im CVUA Rheinland wird beispielsweise der gesamte Regierungsbezirk Köln abgedeckt – in ihren Bezirken Artikel aus allen Betrieben zusammen, die mit Fleisch zu tun haben. Zusammen mit den gegebenenfalls vom Bürger eingereichten Beschwerdeproben senden die Kommunen so jährlich allein etwa 2.000 Artikel an Kochs Abteilung für Fleisch, Fleischerzeugnisse und Wurstwaren nach Hürth.
Behörden Spiegel / September 2017
Zwischen Aktenberg und Leberwurst Auf der Jagd nach Fettgehalt und Etikettenschwindel (BS/Wim Orth) Als Lebensmittelchemiker ist es die Aufgabe von Walter Koch, die Qualität und Zusammensetzung von Fleisch- und Wurstwaren zu ermitteln. Seine Gutachten bilden im Falle einer Beanstandung die Grundlage für potenzielle Sanktionen gegen Metzger und Fleischfabrikanten, aber auch die Verantwortlichen von Supermärkten oder Kiosken durch die Kommunen.
en von Rhein und Sieg, welche Koch und seine Kollegen auf Schwermetalle untersuchen. Dazu arbeitet er damals im Zuge der nun politisch wachsenden Grünen-Bewegung auch im neu gegründeten Umweltreferat der Stadt und befasst sich dort erst mit ökopolitischen Themen und später mit dem zu der Zeit aktuellen Cadmium-Skandal im Bonner Stadtteil Beuel. Dort sitzt er zeitweise sogar in einem Bauwagen vor Ort und hält Bürgerberatungsstunden ab, um die Panik der Anwohner zu minimieren und ihnen zu erklären, welche Pflanzen sie noch anbauen können. “Das konnte ich mit meiner Einstellung damals nur ganz schwer vereinbaren”, erinnert er sich an diese Zeit. Und so geht es nur kurze Zeit später, im Frühjahr 1985, wieder in seine Aachener Heimat und zur Arbeit mit Lebensmitteln zurück. Im kommunalen Untersuchungsamt wird er Fachgebietsleiter, erst für tierische Lebensmittel im Allgemeinen, später dann speziell für Fleisch- und Wurstwaren.
Keine neuen Beamten mehr
Auf diesem Posten wird er im Jahr 1988 verbeamtet und Vegetarier sollte man in seinem Beruf nicht sein: Walter Koch bei der Sinnenprüfung einer handelsüblichen Leberwurst. Fotos: BS/Orth zum Einstieg mit der Besoldungsstufe A13, später, nach Beginn seiner Untersuchung. probe und dann wird überprüft, Jahr Verstöße gegen die Richt- und am Ende kam dann die Leb- einer Beförderung, dann mit der Diese beginnt mit der sogen- ob die erwähnte Leberwurst linien entdeckt. In diesen Fällen ensmittelchemie dabei raus.” So Stufe 14 bezahlt, die er bis heute annten Sinnenprüfung. Hier öff- auch riecht und schmeckt, wie muss er in seinen Prüfbericht ganz die Welt retten tut er damit innehat. Heute sind in den UnNicht nur Inhaltsstoffe net der Vater von zwei erwachse- eine solche Leberwurst riechen auch eine gutachterliche, re- heute zwar nicht, aber im Dien- tersuchungsämtern zwar noch chtliche Bewertung einfließen ste des Verbrauchers für eine hier und da vereinzelte Beamte Diese werden nicht nur auf nen Töchtern die Verpackung und schmecken sollte. lassen. Dieses Gutachten sen- saubere Lebensmittelproduk- zu finden, neue Mitarbeiter ihre Zusammensetzung, son- des Produkts und, wenn das det er dann zution arbeitet werden mit diesem Status jedern auch auf die Richtigkeit Produkt keine offensichtlichen Laborarbeit nach Plan “Ich wollte die Welt er nichtsdes- doch nur dann eingestellt, ihrer Verpackung und Kenn- Mängel oder Anzeichen von VerNach der Sinnenprüfung geht rück an die totrotz. wenn sie aus einem bestehenzeichnung hin untersucht. “Die dorbenheit aufweist, vermisst die Arbeit für Kochs Mitarbeiter kommunalen retten – wie so viele in Im stark den Beamtenverhältnis in die meisten Probleme haben wir das Produkt erstmal ausgiebig im Labor los. Der 63-Jährige legt L e b e n s m i t dem Alter.” auf Chemie Anstalt des öffentlichen Rechts mit der Kennzeichnung der Pro- und beschreibt dieses ausführ- nach seiner ersten Überprüfung t e l ü b e r w a a u s g e l e g t e n wechseln. Neueinstellungen dukte”, sagt Koch und präsen- lich. Sogar die Farbe einer Kordel den Untersuchungsumfang chungsämter, fest, der an dem Produkt durch- die seine Beurteilung als Grun- Grundstudium sitzt er zu Be- gibt es dagegen nur noch im geführt werden soll. Dieser Um- dlage nehmen, um über eine ginn mit Diplomchemikern und Status eines Angestellten. Nachdem Koch in Aachen fang ist zu großen Teilen aus dem mögliche Sanktionierung des Biologen zusammen und muss Lebensmit- später noch Lebensmittelrecht auch noch selbst für die akmit den Überwachungsämtern verantwortlichen abgestimmten Probenplan zu telunternehmers zu entscheid- pauken – Inhalte, die sich in den tive Laborarbeit zuständig und vergangenen 40 Jahren nicht verantwortlich war, beschränkt entnehmen, bei Abweichungen en. grundlegend geändert haben. sich dieser Teil der Arbeit heute kann Koch allerdings selbst Nach dem ersten Staatsexa- normalerweise auf die Sindarüber entscheiden, weitere Der Traum, die Welt zu retten men geht es für die Studenten nenprüfung. Einerseits ist die Überprüfungen vorzunehmen. Im Labor werden die FleischarZu dem Beruf gekommen ist heutzutage in ein einjähriges Labortechnologie in den letzten tikel dann den Vorgaben ent- Walter Koch auf relativ direktem praktisches Jahr, welches in ei- Jahren immer komplizierter sprechend mit topmodernen Wege.ImZugedererstenÖko-Be- nem der Untersuchungsämter, und spezieller geworden, was Analysegeräten auf ihre Zusam- wegung in den 70er-Jahren, in einem Lebensmittelüberwa- auch dazu führt, dass ein Gerät mensetzung untersucht und vermischt mit einem persön- chungsamt und in einem Pri- im Lebensmittellabor gut und bis ins kleinste Detail ausein- lichen Interesse an Lösungen vatlabor oder einem lebens- gerne mal eine halbe Million Euandergenommen, um sicherzu- für die Hungerskrisen in Afri- mittelproduzierenden Betrieb ro kosten kann. Andererseits ist stellen, dass ka und sons- abgeleistet wird. Während eines der Fachgebietsleiter neben dem “Die meisten Probleme tigen Teilen Praktikums bei der Stadt spielt Sinnenbefund und der Festalles seine Ordnung hat. der Welt, Koch nebenbei in der Aachener legung des Untersuchungsumhaben wir mit e n t s c h l i e ß t Fußgängerzone und in örtlichen fangs mit der Formulierung der Die Flüssigkeit in den Ampullen wurde aus einem Lebensmittel extrahiert und Das kann die Kennzeichnungen.” er sich nach Lokalitäten als Straßenmusiker rechtlichen Gutachten mehr als wird in dieser Apparatur mithilfe einer “Trennsäule”, eines dünnen, gefüllten Bestimmung Metallrohres, auf seine einzelnen Zuckerbestandteile wie Glucose, Fructose des akkuraten e r f o l g r e i c h irische Folklore in einer Band. genug beschäftigt. Diese Position als FachgebietsFettgehaltes in der Wurst sein, abgeschlossenem Abitur 1972, Dabei wird er im Zuge dieses und Lactose hin analysiert. das kann aber auch die Feststel- ordentlich abgeleistetem Wehr- Hobbies eines Tages von den leiter für Fleisch- und Wursttiert eine türkische Wurst in für das Ende einer Leberwurst lung der Konzentration von Ei- dienst und inspiriert von den kommunalen Lebensmittelkon- waren hat Koch, der bald in den Plastikverpackung, auf der die wird notiert, um die Probe im weißen, Zucker, Allergenen oder Ansätzen der Forschung in die- trolleuren, die abends gleichzeit- verdienten Ruhestand geht, Schrift der Inhaltsstoffangaben Zweifelsfall bei Gegenanalysen einer Vielzahl sonstiger Inhalts- ser Zeit, als Lebensmittelfor- ig die Einhaltung der damaligen immer noch inne. Der einzige fast dieselbe Farbe hat wie die durch private Sachverständige oder Zusatzstoffe sein, die in so scher “die Welt zu retten – wie Sperrstunde um 22 Uhr über- Unterschied ist eben, dass er Wurst selber. Solche unleserli- in Gerichtsprozessen einwand- einem Produkt vorkommen. Ist so viele in dem Alter das wollen”. prüfen, vom Hof gejagt – und seinen Dienst nicht mehr in chen Kennzeichnungen haben frei beschreiben und so identi- die Untersuchung abgeschlos- Denn auch damals waren große kann sich am nächsten Morgen Aachen verrichtet, sondern, zwar nichts mit der Zusam- fizieren zu können. Dies passi- sen, kommt Koch selber wieder Teile der Welt von Hunger bet- über deren staunende Gesichter nach der Zusammenlegung der mensetzung der Wurst zu tun, ert nicht allzu häufig, aber von ins Spiel, um das Ergebnis aller roffen, sodass die Wissenschaft freuen, als er sie auf der Arbeit vier kommunalen Untersuchaber trotzdem fallen sie eben- Zeit zu Zeit ist es notwendig, Analysen mit den rechtlichen auf der Suche nach Wegen war, wiedertrifft und ihnen grinsend ungsämter des Regierungsbezfalls in den Bereich des Leb- vor Gericht ein Gutachten zu Vorgaben abzugleichen und aus den lokal vorhandenen Res- eine saubere Arbeit bescheinigt. irks Köln zum Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt ensmittelchemikers. Und auch rechtfertigen. Nach der ersten dann ein Gutachten zu erstel- sourcen Lebensmittel herzusRheinland im Jahr 2011, in solch vermeintliche Lappalien äußeren Beschreibung geht es len. In immerhin acht bis ne- tellen. “Also trug ich mich bei der Kurzer Abstecher in die damalige Hauptstadt Hürth-Kalscheuren. Hier wird wie die falsche Schriftfarbe dann tiefer in die Materie: Zuerst un Prozent der Proben haben er damaligen ZVS für alles ein, was werden konsequent dokumenti- gibt es eine eingehende Sicht- und sein Team im vergangenen mit Lebensmitteln zu tun hatte Das Studium schließt er zum die Arbeit nun zentral erledigt, ert und in das anschließend Ende des Jahres 1981 mit Er- die früher ohne Datenaustausch erstellte Gutachten mit eingefolg ab und steigt Anfang 1982 doppelt und dreifach gemacht bracht. Neben der schlechten im Institut der Freiwilligen wurde. Dazu kooperiert das Lesbarkeit sind es oft auch irSelbstkontrolle des Fleischerin- Haus mit den vier weiteren CVUÄ reführende Kennzeichnungen, nungsverbandes NRW in Aachen im Land NRW. So hat heute die beanstandet werden. So ist als Lebensmittelchemiker ein, jedes Amt seine eigenen, klar und Kreise entnommen und dann an das Untersues zum Beispiel ein erheblicher wobei er sich selber in dieser definierten Zuständigkeiten, so(BS) Das Chemische und Veterinäruntersuchungschungsamt geschickt. Bürger können ebenfalls Artidass Koch und Unterschied, ob eine Wurst als Zeit eher als amt (CVUA) Rheinland mit Sitz in Hürth als “Ich trug mich für alles kel zur Analyse einreichen, wenn sie den Verdacht seine Kollegen “Teewurst” oder “Schmierwurst” Anstalt des öffentlichen Rechts ist eines von fünf “Mädchen für haben, dass mit einem Produkt etwas nicht stimmt. verkauft wird, da für beide Bezderartigen Untersuchungsämtern im Land Nordalles” bezeichein, was mit Lebensmit- beispielsweiAllerdings können Verbraucher die Proben nicht se überhaupt eichnungen unterschiedliche rhein-Westfalen. Die Ämter verteilen sich auf die net: Laborleiteln zu tun hatte.” direkt beim Untersuchungsamt einreichen, sondern keinen direkRegierungsbezirke Münster (CVUA-MEL), Detmold Qualitätsansprüche gelten und ter, Laborant, müssen diese bei der lokal zuständigen Lebensmitten Kontakt (CVUA-OWL), Düsseldorf (CVUA-RRW), Arnsberg der Kunde damit von einer TeePostmann – (CVUA Westfalen) und eben Köln (CVUA Rheinland). telüberwachungsbehörde melden und abgeben. wurst einen höheren Anteil an eben alles, was gerade so an- mit dem Fipronilskandal hatten, Im CVUA Rheinland arbeiten aktuell 88 fest anDazu gibt es noch zwei kommunale Chemische und verarbeitetem, echtem Musfällt damals. Zwischen 1984 sondern die Eierprobleme alle in Lebensmitteluntersuchungsämter in Mettmann und gestellte Mitarbeiter, die sich um die rund 17.000 kelfleisch erwarten darf als von und 1985 folgt ein kurzer Zwis- Münster und Krefeld bearbeitet Proben kümmern, die beispielsweise im Jahr 2016 Düsseldorf. der mit einem deutlich höherchenstopp bei der Stadt Bonn, wurden. Die Ämter prüfen im Auftrag der ihnen jeweils zu- aus den Lebensmittelüberwachungsämtern nach Wir müssen uns um unser Esen Bindegewebsanteil produziwo er im städtischen Untersugeordneten Kommunen Lebensmittelproben, Futter- Hürth geschickt wurden. Nach der Untersuchung erten Schmierwurst. chungsamt für Umweltanalysen sen also keine Sorgen machen mittelproben, aber auch Bedarfsgegenstände sowie werden diese Proben mit einer rechtlichen Bewerzuständig ist. Der Job führt – Walter Koch und seine KolAnalyse mit allen Sinnen tung wieder zurück an die Absender geschickt, Tabak, Alkohol und Kosmetikartikel. Diese Proben ihn weg von den Lebensmit- legen kümmern sich sorgfältig welche dann über potenzielle Maßnahmen und werden im Normalfall als Planproben von den teln und fokussiert die Arbeit und bis ins kleinste Detail um Nach solchen fehlerhaften Sanktionen entscheiden. Lebensmittelüberwachungsbehörden der Städte eher auf Bodenüberprüfungen eine einwandfreie Qualität aller Angaben guckt Walter Koch in den Überschwemmungsau- käuflichen Lebensmittel. dementsprechend auch ganz zu
Die Untersuchungsämter in NRW