Fakten, Hintergründe und Analysen für den Öffentlichen Dienst
ISSN 1437-8337
Nr. VIII / 34. Jg / 32. Woche
Berlin und Bonn / August 2018
G 1805
www.behoerdenspiegel.de
Klare Priorität Nummer eins
Verstetigen und vernetzen
Machen, dass es schön klingt
Dr. Matthias Kollatz zu Ausbildung, Personalentwicklung und Besoldung........ Seite 7
Norbert Barthle über die Deutsch-Griechische Versammlung ������������ Seite 14
Sonja Rebel zur Schnittstelle zwischen Kunst und Technik...................... Seite 44
Leichter Anstieg bei OK-Verfahren (BS/mfe) Die Anzahl der Ermittlungsverfahren gegen Gruppierungen der Organisierten Kriminalität (OK) hat sich zuletzt etwas erhöht. Waren es 2016 noch 563, verzeichnete das Bundeskriminalamt (BKA) im letzten Jahr bereits 572 entsprechende Verfahren, von denen rund 80 Prozent internationale Bezüge aufweisen. Hauptbetätigungsfeld der Straftäter ist die Rauschgiftkriminalität. Auf sie entfielen zuletzt 36,2 Prozent der Verfahren. Es folgen Eigentumsdelikte (16,4 Prozent) und Wirtschaftskriminalität (elf Prozent). Der polizeilich erfasste Schaden durch Organisierte Kriminalität lag 2017 bei etwa 210 Millionen Euro, wie das einschlägige BKA-Lagebild zeigt. Im Jahr zuvor war es noch rund eine Milliarde Euro gewesen. Experten gehen jedoch von einem großen Dunkelfeld aus.
Vier auf einen Streich (BS/kh) Viel Verkehr und schlechte Luft: Zahlreiche Städte stehen vor demselben Problem. Um die Umwelt, die Fahrgäste sowie das Verkehrsaufkommen zu entlasten und gleichzeitig einen Schritt in Richtung Mobilität der Zukunft zu gehen, startet Hamburg einen individuellen OnDemand-Shuttle-Service. Das neue öffentliche Verkehrsmittel namens “ioki”-Shuttle ohne festen Fahrplan und Linien ist per App bestell- und mit dem normalen HVV-Ticket nutzbar. Senator Frank Horch lobt: “Es hält die Menschen umweltfreundlich mobil, nutzt die Chancen der Digitalisierung und stärkt den öffentlichen Nahverkehr.” Ziel sei zudem, möglichst viele Fahrtanfragen zu bündeln, um Strecken und Fahrzeuge optimal auszulasten, heißt es seitens der Verkehrsbetriebe.
Für 14.000 freie Lehrerstunden (BS/ab) Niedersachsen investiert in frühkindliche Bildung. So soll die vorschulische Sprachförderung in den Kindertageseinrichtungen neu ausgerichtet werden. Hierfür werden 32,5 Millionen Euro jährlich zur Verfügung gestellt, damit die Träger zusätzliche Pädagogen unbefristet einstellen und bereits vorhandene ihre Verfügungs- und Leistungszeiten aufstocken können. Durch diese Sprachförderungen sollen circa 14.000 Lehrerstunden frei werden, die wieder für die Arbeit an den Grundschulen eingesetzt werden können. Darüber hinaus entlastet das Land die Eltern und verzichtet auf Kindergartengebühren. Die Betreuung von Kindern ab drei Jahren bis zur Einschulung ist für Eltern an fünf Tagen pro Woche für jeweils acht Stunden kostenlos.
Die Lücke wird bleiben Infrastrukturinvestitionen zwischen Planungsbeschleunigung und Mittelverteilung (BS/Jörn Fieseler) Das vom Bundeskabinett verabschiedete Planungsbeschleunigungsgesetz trifft auf breite Zustimmung. Zu Recht, ist es doch ein konkreter Schritt, um Infrastrukturprojekte schneller realisieren zu können. Es kann aber nicht mehr als ein Anfang sein. Der Investitionsstau von rund 160 Mrd. Euro lässt sich nicht allein durch die Beschleunigung von Planungsprozessen beheben. Dafür müssen auf anderen Feldern notwendige Voraussetzungen geschaffen werden. “Das Planungsbeschleunigungsgesetz stellt einen wichtigen Schritt dar, um Verkehrsprojekte auf Bundesebene schneller und unbürokratischer planen und zur Baureife führen zu können”, sagt Dieter Babiel, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, stellvertretend für die gesamte Baubranche. Ein wichtiges Instrument zur Verkürzung der Genehmigungsverfahren sei dabei die Plangenehmigung, die insbesondere beim Ersatzbau von Brücken aber noch stärker genutzt werden könne. Ähnlich äußerte sich Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte-und Gemeindebunds (DStGB). Es müsse Vorhaben von übergeordnetem gesamtgesellschaftlichem Interesse geben, die gegenüber Anforderungen bei Bau, Planung, Ausschreibung oder Umwelt- und Naturschutzstandards vorrangig zu gewichten seien. Doch das Gesetz bezieht sich ausschließlich auf die Planung von Verkehrswegen des Bundes. Damit hat sich das Bundesverkehrsministerium auf den Bereich fokussiert, für den es originär zuständig ist. Das mag zu schnelleren Beratungen in der parlamentarischen Debatte führen, greift aber zu kurz. “Wir sehen die Notwendigkeit, Beschleunigungspotenziale auch für die kommunale Ebene zu heben, um den von der KfW
Kommunen im Jahr 2016 den Investitionsstau von 136 Mrd. Euro um zehn Mrd. Euro reduzieren, ist er im Folgejahr um über 30 Mrd. Euro angestiegen – entgegen allen Anstrengungen. Den Kommunen fehlt es trotz sprudelnder Steuereinnahmen an Geld. Wo sie dieses am Ende herbekommen, ist zweitrangig, solange sie überhaupt etwas bekommen. Die Forderung von Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistags, scheint die einfachste Lösung zu sein: Die Kommunen partizipieren stärker am Steueraufkommen als bisher (siehe Behörden Spiegel, Juli 2018, Seite 22). Allerdings stellt sich die Frage, wie sich dies auf die kommunalen Finanzausgleichssysteme in den Ländern auswirkt. Sinnvoller wären dauerhafte Regelungen, wie sie im Rahmen Die Lücke zwischen notwendigen Investitionen und tatsächlich verausgabten Geldern von Bund, Ländern und Kommunen der Konjunkturpakete in Kraft lässt sich auf absehbare Zeit nicht schließen. Nicht nur beim Brückenbau. Foto: BS/© hayoshka, stock.adobe.com waren. Im besten Fall wird sogar das Kooperationsverbot für den Bund aufgehoben. Und schlussermittelten, gewaltigen Investiti- für Urbanistik (Difu), wonach len und Erwachsenenbildung. endlich braucht es neben den onsstau von rund 160 Milliarden allein für den Ersatzneubau bei Weitere 17,8 Mrd. Euro fehlen finanziellen Ressourcen auch Euro abzubauen”, unterstreicht Brücken rund elf Mrd. Euro bis für öffentliche Verwaltungsge- die personellen Kapazitäten in Babiel. Das KfW-Kommunalpa- 2030 beziehungsweise 630 Mio. bäude und 8,3 Mrd. Euro für den Bauverwaltungen. An dieser nel 2018 weist bei der Straßen- Euro jährlich investiert werden Sportstätten und Bäder. Diese Stelle kann auch ein modernes Bereiche werden vom Planungs- Baumanagement helfen: “Es und Verkehrsinfrastruktur einen müssen. Aber: Der Investitionsstau um- beschleunigungsgesetz nicht müssen traditionelle Leitbilder Investitionsrückstand von 38,6 wie die “strikte Trennung von Mrd. Euro aus. Knapp ein Viertel fasst nicht nur die Verkehrsin abgedeckt. Unabhängig von der Planung Planen und Bauen” überdacht der ermittelten Gesamtsumme. frastruktur, sondern auch HochDer Hauptgeschäftsführer der bauten. Die meisten Mittel, fast zeigt die Entwicklung beim KfW- und bei Großprojekten mehr Bauindustrie verweist auf eine ein Drittel (47,7 Mrd. Euro / 30 Kommunalpanel das eigentli- zusammengefasste Vergaben zuStudie des Deutschen Instituts Prozent), fehlen im Bereich Schu- che Kernproblem: Konnten die gelassen werden”, fordert Babiel.
Kommentar
Zukunft Personal (BS) Der Chor der öffentlichen Auftraggeber betont auffällig häufig die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes: sicherer Arbeitsplatz, familienfreundliche Dienstzeiten, keine Einschränkung der Lebensqualität durch “Turbokarrieren”. Der Beamtenbund setzt dagegen interessanterweise in seiner Imagekampagne auf den Begriff “Die Unverzichtbaren” und trifft damit exakt das Kernproblem. Einen “Job” im Öffentlichen Dienst – besonders verbeamtet – sollte der Bewerber als Berufung verstehen, nicht als Beruf, der ihm an anderer Stelle doch deutlich mehr Einkommen verspricht. Familienfreundliche Dienstzeiten: Das Gegenteil erfährt jeder Polizeianwärter spätestens nach einigen Wochen. Mehrere Millionen Überstunden schiebt die deutsche Polizei vor sich her. Ohne Aussicht auf Besserung. In Leitungsgremien, Stabs- und Pressestellen oder Schulen geht es Großteils schlimmer her als in der Wirtschaft. Unter Berufung auf das öffentliche Amt wird alles restlos abverlangt. Es gibt auch Gegenbeispiele und dies nicht wenige. Das Arbeitsleben im Öffentlichen Dienst kann nach wie vorurteilsgerecht “entspannt” sein. In den nächsten zehn Jahren werden 1,2 Millionen Be-
schäftigte aus dem Öffentlichen Dienst ausscheiden. Nun sei ja die Bewerberlage gut, heißt es seitens der öffentlichen Arbeitgeber immer wieder. Doch die Realität ist eine ganz andere. Es mag ja sein, dass sich zahlreiche Juristen für den Öffentlichen Dienst interessieren, doch bei MINT ist derzeit Ebbe. Das trifft zahlreiche Fachbereiche des Bundes und der Länder. Bei der Polizei zeigt sich das Dilemma in anderer Weise. Die Innenminister sprechen hier von 1:11 oder 1:8 (offene Stelle/Bewerber). Doch das Land Berlin konnte vor zwei Jahren trotz mehrerer Runden die offenen Stellen für Polizei-
anwärter nicht besetzen. Viel schlimmer: Tatsache ist, dass in den Ländern die Einstellungsvoraussetzungen systematisch, wenn nicht sogar dramatisch, gesenkt wurden, das gilt auch für den Bund. Die Fehlertoleranz bei Diktaten wurde erhöht, die Körpergröße gesenkt, die Sprachqualifikation niedriger angesetzt, die sportlichen Anforderungen verringert. Lösung in Sicht? Flexibilisierung des Dienstrechts: vor allem Portabilität von unten nach oben und von innen nach außen und umgekehrt. Bisher gilt: einmal Polizist – immer Polizist. R. Uwe Proll
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