Fakten, Hintergründe und Analysen für den Öffentlichen Dienst
ISSN 1437-8337
Nr. II / 33. Jg / 7. Woche
Berlin und Bonn / Februar 2018
G 1805
www.behoerdenspiegel.de
Der Kampf gegen die Ungleichheit
Kinder brauchen unsere Hilfe
Ein bisschen wie Scheinriesen
Dr. Uwe Brandl über gleichwertige Lebens- und Ar-
Marlene Mortler zu einer engeren Zusammenarbeit
Prof. Dr. Johannes Caspar über neue Instrumente
beitsbedingungen in den Kommunen ....... Seite 16
von Jugend- und Suchthilfe .. .................... Seite 24
für seine Amtskollegen und ihn ..............Seite 36
Frontex nach Albanien?
(BS/mfe) Die Europäische Grenz- und Küstenwache Frontex soll bei der Absicherung der EU-Außengrenze enger mit Albanien zusammenarbeiten und gegebenenfalls auch rasch Teams auf das Hoheitsgebiet des Westbalkanstaates entsenden können. Das sieht ein Abkommensentwurf vor, den der EU-Kommissar für Migration, Dimitris Avramopoulos, und der albanische Innenminister, Fatmir Xhafaj, parafierten. Davon versprechen sich die Verantwortlichen eine bessere Steuerung irregulärer Migration sowie eine höhere Reaktionsfähigkeit. Über ähnliche Abkommen verhandelt die EU-Kommission zurzeit auch mit Serbien und Mazedonien. Der Vertrag mit Albanien muss nun noch durch die Mitgliedsstaaten gebilligt werden.
Upgrade statt Kupfer? (BS/ab) Die designierte Regierung sieht eine Überprüfung von geplanten oder in der Ausschreibung befindlichen Projekten im Rahmen des Breitbandförderprogrammes des Bundes vor. Ziel ist es demnach, Ausbauprojekte, die noch auf die Kupferinternetanschlüsse (VDSL / VDSL Vectoring, Koax-Kabel) setzen, zu reinen Glasfaser-Ausbauprojekten, mit Anschlüssen bis in die Gebäude oder in die Wohnung hinein, auszustatten und somit aufzuwerten. “Wir geben nicht die Haushalte auf, aber die 50-Megabit-Kupferkabel. Wir wollen, dass diese Haushalte nun prioritär beim Glasfaserausbau berücksichtigt werden”, sagt der Staatsminister im Bundeskanzleramt Helge Braun (CDU). Der Grund hierfür sei der langsame Ausbau, durch den zwar viele Projekte auf den Weg gebracht wurden, aber nur ein kleiner Teil tatsächlich abgeschlossen worden sei.
Wachstum, aber nicht ins Blaue Koalitionsvertrag nimmt Bundesverwaltung in den Blick / Dienstrecht wird weiterentwickelt (BS/Jörn Fieseler) Die designierte Bundesregierung hat sich viel vorgenommen für den Öffentlichen Dienst. Neben der Digitalisierung der Verwaltung (Seiten 6 und 25) beinhaltet der 179-seitige Vertragsentwurf zahlreiche Personalaufstockungen und Veränderungen im Beamtenrecht. Während erstere sich über das ganze Vertragswerk verteilen, sind die beamtenrechtlichen Regelungen überwiegend im Kapitel für einen modernen Staat (Kapitel zehn, Punkt zwei) aufgelistet. Manches versteckt sich jedoch auch an anderer Stelle. Gebremste Euphorie kommt trotzdem auf. Allein 15.000 Stellen bei der Polizei, davon die Hälfte durch den Bund, und weitere 2.000 in der Justiz und ihrem nachgeordneten Bereich wollen CDU/ CSU und SPD schaffen. Darüber hinaus sind weitere Personalverstärkungen geplant: beim Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD), im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, bei den Kontrollbehörden des Bundes im Rahmen der Verkehrskontrolle, bei den bei der Pflanzenschutzmittel-Zulassung beteiligten Behörden bis hin zu den hauptamtlichen Kräften des THW und den für Schienenverkehr zuständigen Fachabteilungen im Verkehrsministerium. Außerdem soll eine Digitalagentur als nachgeordnete Behörde eingerichtet werden. “Eine adäquate Antwort, nachdem die gravierenden Folgen der Magerkur des Staates offenkundig zutage getreten sind”, freut man sich im DBB Beamtenbund und Tarifunion. Allerdings sei der akute Mangel auch innerhalb der Bundesverwaltung damit nicht behoben. Oder, wie es der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Technik und Naturwissenschaft (BTB), Jan Seidel, für seinen Bereich formuliert: “Wir hätten uns mehr Mut zu konkreten Maßnahmen für eine Strategie zur Gewinnung von Nachwuchskräften in den
teilungswesen angepackt wird, auch um das Ziel der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern in Leitungsfunktionen des Öffentlichen Dienstes bis 2025 umzusetzen, steht noch nicht fest. Das Vorhaben jedenfalls wird von Helene Wildfeuer, Bundesvorsitzende der DBB Bundesfrauenvertretung, ausdrücklich begrüßt, es dürfe aber nicht bei bloßen Lippenbekenntnissen bleiben. Des Weiteren beabsichtigen die Parteien, die Verhandlungsergebnisse aus den Tarifrunden eins zu eins auf die Bundesbeamten zu übertragen. Zudem sollen im ÖGD die Ausbildungsund Prüfungsverordnung sowie die Finanzierungsverordnung des Pflegeberufegesetzes zeitnah vorgelegt werden. Damit spielt der Koalitionsvertrag den Gewerkschaften für die Tarifrunde in die Hände (siehe Seite 3). Außerdem ist im Kapitel BilNach jahrzehntelangem pauschaliertem Stellenabbau bis 2013 steigt der Stellenhaushalt der Bundesverwaltung nicht dung beabsichtigt, den Zugang nur im Sicherheitsbereich. Konkrete Zahlen fehlen vielerorts, doch das Pflänzchen wächst und gedeiht. Foto: BS/Gina Sanders, Fotolia.com zum höheren Dienst für Bachelor-Absolventen mit Promotion technischen und naturwissen- reihen. Dazu heißt es im Ver- (CDU) bereits vor einem halben oder mehrjähriger Berufserfahschaftlichen Fachverwaltun- tragsentwurf, Kapitel zehn: “Der Jahr gemacht hat. Sondern auch rung zu erweitern. Bislang ist gen gewünscht. Allerdings ist Öffentliche Dienst muss unter neue Arbeitszeitkontenmodel- dies nur für vier der acht Laufder Anfang gemacht.” Aber: Die Beibehaltung seiner Qualifikati- le eingeführt werden. Und bei bahnen möglich. Die Willensbekundungen zum Menschen für die neuen Stellen onsanforderungen attraktiv blei- Anforderungsprofilen und damit müssten erst gewonnen werden. ben.” Konkret soll nicht nur das bei der Einstellung und Auswahl Personal lassen erwarten, dass Dafür seien zügig attraktive Personalvertretungsrecht novel- von Führungskräften sollen IT- es mit dem Öffentlichen Dienst Einkommens- und Arbeitsbe- liert werden – eine Ankündigung, Kompetenzen künftig stärker wieder aufwärts geht. Ihnen dingungen zu schaffen, so die die der geschäftsführende In- gewichtet werden. Ob in diesem müssen Taten folgen, vor allem Kritik aus den Gewerkschafts- nenminister Thomas de Maizière Zusammenhang auch das Beur- im Bundeshaushalt.
Kommentar
Neue Räte und Agenturen – quo vadis BSI?
(BS) Neben einem “Nationalen Pakt Cybersicherheit” sollen eine E-Government-Agentur, eine “Agentur für Disruptive Innovationen in der Cybersicherheit und Schlüsseltechnologien” (ADIC) und ein IT-SicherheitsKostenloser ÖPNV fonds kommen. Also neue Einrichtungen neben bereits initiierte treten. Daher ist der Blick auf die Verstetigung bald Wirklichkeit? des Bestehenden wichtig. Im Koalitionsvertrag erhält das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BS/ab) In einem Brief an den (BSI) eine zentrale Rolle. Kaum eine andere Bundesbehörde findet so viel Erwähnung. EU-Umweltkommissar Karmenu Vella äußert die Bundesregierung Vorschläge zur Verbesserung der Luftqualität. In den Städten Bonn, Essen, Herrenberg, Reutlingen sowie Mannheim könne ein kostenloser ÖPNV ausgetestet werden. Aber es obliege eben diesen, inwieweit sie es umsetzen. Mit diesen Vorschlägen möchte die Regierung eine Klage der EU-Kommission abwenden. Der Verband der Deutschen Verkehrsunternehmen ist skeptisch. Die Verkehrsvertriebe würden sich zur Hälfte aus dem Ticketverkauf finanzieren. Zusätzlich könnten die kostenlosen Transportmittel für ein erhöhtes Fahrgastaufkommen sorgen. Doch genau das ist das Ziel der Politik.
Das BSI soll gestärkt werden als unabhängige und neutrale Beratungsstelle, dies werde in einer Novellierung des BSIGesetzes konkretisiert. Auffällig dabei: Das Amt soll für digitalen Verbraucherschutz zuständig werden! Dies war bisher eine Aufgabe des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz. Das bedeutet eine Aufgabenerweiterung des bisher dem BMI nachgeordneten BSI, die nicht ursächlich im Innenministerium ressortiert ist. Damit stellt sich die Frage, welchen Status das in enormem personellem Aufwuchs befindliche IT-Sicherheitsamt in Zukunft erhalten wird. Sollte das BSI weiterhin eine dem BMI nachgeordnete Behörde bleiben
oder könnte es nach dem Modell des Statistischen Bundesamtes geführt werden? Das BMI würde dann die Rechtsaufsicht über das Bundesamt haben, kontrollierte also Haushalt und Personal auf seine korrekte Verwendung hin. Fachaufsichten über Teile des BSI könnten – folgt man dem Koalitionsvertrag sinngemäß – dann aber auch von anderen Bundesressorts ausgeführt werden. Dies ist beim Destatis (Statistisches Bundesamt) bereits langjährige Praxis. Dazu heißt es im Koalitionsvertrag folgerichtig: “Wir wollen das BSI als nationale Cybersicherheitsbehörde ausbauen.” Wird das BSI nun in dieser Weise als “zentrale Cybersicherheitsbehörde” gestärkt, wäre
der Sprung des BSI in den Rang einer “Behörde besonderer Bedeutung” konsequent. Alles in allem finden sich an zahlreichen Stellen des Koalitionsvertrages Einzelaspekte zur IT-Sicherheit und CyberAbwehr. Unklar bleibt im Koalitionsvertrag jedoch, wie sich die neu angestoßenen Räte und Agenturen zu einem Ganzen verhalten und wer sie steuert. In der letzten Legislaturperiode war das “Digitale” auf sechs Ressorts verteilt. Ressourcenbündelung und Durchschlagskraft bedürfen einer “konzertierten Aktion”. Einer muss den Dirigentenstab führen. R. Uwe Proll
Ressortverteilung
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