Fakten, Hintergründe und Analysen für den Öffentlichen Dienst
ISSN 1437-8337
Nr. I / 33. Jg / 3. Woche
Berlin und Bonn / Januar 2018
G 1805
www.behoerdenspiegel.de
Digitalisierung in Bayerns Schulen
Keine Zentralisierung
Neue Edle für den Staat
Staatssekretär Georg Eisenreich
Hamburgs Verfassungsschutzchef Torsten Voß
Konfuzius zu Ausbildung und Verhalten
über moderne Bildungsformen ............. Seite 26
gegen mehr Einfluss durch den Bund ..... Seite 42
von Beamten ......................................... Seite 48
Etat entlastet (BS/stb) Die fiskalischen Gesamtkosten der Arbeitslosigkeit in Deutschland beliefen sich laut Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Jahr 2016 auf 55,5 Milliarden Euro. Das ist rund eine halbe Milliarde Euro weniger als 2015 – ein Rückgang von 0,9 Prozent. Deutlicher fiel die Verringerung in Relation zum Bruttoinlandsprodukt aus. Der Anteil der Kosten für Arbeitslosigkeit sank von 1,85 auf 1,77 Prozent. 2004 hatte der Wert noch bei 4,2 Prozent gelegen. Berücksichtigt wurden für die Berechnung neben Transferzahlungen auch Mindereinnahmen der öffentlichen Haushalte. Den größten Anteil an den Gesamtkosten trug der Bund mit 32 Prozent, gefolgt von der Bundesagentur für Arbeit (23 Prozent) und der Rentenversicherung (16 Prozent).
Vergütung verbessern (BS/jf) Der Berliner Senat erarbeitet aktuell kurzfristige Lösungen, um die Vergütung von angestellten Ärzten im Öffentlichen Gesundheitsdienst, (ÖGD), zu verbessern. Insbesondere soll die Gehaltslücke zu Ärzten an Kliniken geschlossen werden. Dabei prüft die Senatsverwaltung für Gesundheit auch, inwiefern Lösungen wie im sogenannten “Hamburger Modell” auf Berlin übertragen werden können. Zuvor hatte die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) Verhandlungen über die Gehälter von Ärzten im ÖGD mehrheitlich abgelehnt.
Neues Projekt zur Flüchtlingsteilhabe (BS/ab) Ein neues Modellprojekt “Mitbestimmung und Eigenverantwortung von Geflüchteten” ist in Bonn gestartet. Die Teilhabe sei ein wichtiger Bestandteil für eine gelungene Integration. Deshalb führe die Otto Benecke Stiftung e. V. das Modell im Rahmen des Bundesprogrammes “Demokratie leben!” durch. In dem Projekt sollen in den nächsten zwei Jahren Mitwirkungsmöglichkeiten für Geflüchtete in ihrem sozialen Umfeld geschaffen werden. Dies fange bei dem Erfahrungsaustausch Geflüchteter untereinander an. Geplant ist die Übernahme von Aufgaben und Pflichten in Heimen sowie die Teilnahme an elterlichen Mitbestimmungsgremien in Kitas und Schulen. Auch eine organisierte Interessenvertretung der Geflüchteten in der Kommunalpolitik sei ein zentraler Punkt. So soll die Identifikation mit der heimischen Gesellschaft gestärkt sowie die Wahrnehmung der hiesigen Bevölkerung verändert werden.
Uneins bei der Arbeitsorganisation Dialog zur Wertschätzung im Öffentlichen Dienst (BS/Jörn Fieseler) “Er ist keine Zierde des Staates, sondern das ordnende Prinzip: verlässlich, korrekt und engagiert – der Öffentliche Dienst”, konstatierte der neue Bundesvorsitzende des DBB Beamtenbunds und Tarifunion, Ulrich Silberbach. Dafür gebühre den Beschäftigten hoher Respekt. Und die Unterstützung aus der Politik in Form verlässlicher Rahmenbedingungen. Dieser Aussage will generell zwar keiner widersprechen. Im Konkreten gehen die Meinungen dann doch auseinander, wenn auch nicht bei der Übertragung des Tarifergebnisses. Es komme auf den Menschen an, es werde schließlich der Dienst am Menschen geleistet. Und natürlich hätten die Beschäftigten ein Anrecht darauf, dass ihre Aufgaben und ihre Arbeit honoriert, wertgeschätzt und respektiert würden, erklärte Silberbach auf der 59. Jahrestagung des DBB in Köln. “Die Beschäftigten müssen spüren, dass der Dienstherr ihre besondere Einsatzbereitschaft wertschätzt”, unterstrich auch Staatssekretär Hans-Georg Engelke aus dem Bundesministerium des Innern, mit Blick auf die Bewältigung der Flüchtlingsströme. Zur Wertschätzung gehöre aber auch, die Mitarbeiter nicht zu überfordern, so Engelke mit Blick auf die gestiegene Erwartungshaltung an den Staat angesichts der rasanten Veränderungen in der Welt: Etwa die Umbrüche in Europa, die Dimension von Flucht und Migration, die Durchdringung der Digitalisierung und die Angst vor Terror. Mit Blick auf die Digitalisierung seien der DBB und die Menschen im Öffentlichen Dienst bereit, neue Wege einzuschlagen (siehe Seite 3),betonte der Gewerkschafter. Im Gegenzug dürften aber Versorgungsrücklagen nicht verfrühstückt werden. Stattdessen müsse dem Staat, der handlungs- und funktionsfähig bleiben soll, ein
schätzung ist. Ebenso gehört zur Anerkennung und Honorierung, für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen, etwa bei der Arbeitszeit. Für Silberbach ist das die Reduzierung der wöchentlichen 41 Stunden auf das Tarifniveau. “Seit 2004 wurde die Arbeitszeit für Beamte um 2,5 Stunden angehoben – einseitig und ohne Ausgleich”, echauffiert sich der DBB-Chef. Einzig aus Sparüberlegungen heraus. Jetzt biete es sich an, dieses Sparopfer zurückzudrehen. Im Tarifbereich entspreche eine Stunde Arbeitszeit einer linearen Entgelterhöhung von rund 2,5 Prozent. “Ich weiß, sie liegt Ihnen sehr am Herzen”, entgegnete Engelke. Die Stellenhaushalte des Bundes seien zuletzt massiv gewachsen. Der Personalaufbau diene dazu, Beschäftigte, die zum Beispiel durch Flüchtlingskrise und Terrorgefahr besonders belastet seien, zu entlasten. Der DBB Beamtenbund und Tarifunion sieht bei der Arbeitszeit für Beamte die Gelegenheit, die 41-Stunden-Woche “Wenn wir jetzt die Arbeitszeit abzuschaffen. Im Bundesinnenministerium sieht man in der dieser Frage keinen Handlungsbedarf. Derzeit sieht es so reduzieren, würgen wir diesen aus, dass die Gewerkschaft das Spiel verliert. Foto: BS/©LoloStock, Fotolia.com Entlastungseffekt ab, bevor er überhaupt anfängt zu wirken.” qualifizierter Nachwuchs etwas der Alimentation aus. “Ja, die Wertschätzung kann sich auch Zumal die Stellen noch nicht alle wert sein. Der desaströse Be- Bezahlung muss stimmen”, be- gegenüber den Versorgungs- besetzt seien. Zudem dürften nicht alle Unsoldungswettbewerb unter den stätigte Engelke. Deshalb wolle empfängern ausdrücken. In Ländern gehöre eingedämmt – sich Bundesinnenminister Dr. NRW hat Finanzminister Lutz terschiede zwischen Beamten auf bayerischen Niveau selbst- Thomas de Maizière (CDU) da- Lienenkämper rückwirkend für und Tarifbeschäftigten eingeebverständlich. Auch dürfe in den für einsetzen, auch in diesem 2017 rund 680 Mio. Euro in net werden, sonst verlöre das Ländern nicht die Grenze der Jahr das Tarifergebnis zeit- und den Pensionsfonds des Landes System der althergebrachten Alimentation nach unten aus- wirkungsgleich auf die Beamten eingestellt. Damit halte die neue Grundsätze an Überzeugungsgetestet werden. Wertschätzung und Versorgungsempfänger zu Landesregierung Wort, was kraft. Doch dieses Argument drücke sich nun mal auch in übertragen. auch ein Ausdruck von Wert- überzeugte in Köln kaum.
Kommentar
Nachhaltigkeit bei der Finanzplanung gefragt (BS) Die Koalitionäre der möglichen “Großen” Koalition sind sich in einem einig – Politik soll durch Geldverteilen an die eigene Klientel betrieben werden. Das ist ein bekanntes Politikverständnis, das weder die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen z. B. die Digitalisierung von Arbeit und Alltag – in den Mittelpunkt rückt, noch sich eindeutig der nachhaltigen Verantwortung für die jungen Generationen stellt. So wird das im Sondierungspapier angedachte Rentenniveau absehbar nur durch eine Dauersteuersubventionierung möglich sein. Auch ansonsten sieht das Sondierungsergebnis im Kern eher “alt” aus. Die Alten stellen eben die Mehrheit des Wahlvolkes. Es benötigt nicht ein “Zukunfts-Ministerium”, um zu erkennen, dass nur in ihr die Sicherung von Wohlstand, Arbeit und Gleichheit liegt. “Einheitliches Grundeinkommen”, wie es die CDU in SchleswigHolstein mit den Grünen in den Koalitionsvertrag geschrieben hat, wie es auch skandinavische Länder als Zukunftsmodell testen, oder eine Mrd. Euro Investitionen für die Digitalisierung in Niedersachsen (siehe Seite 25) – Fehlanzeige.
Ein maues Bekenntnis zur Schuldenbremse hingegen erscheint nur notgedrungen. Die erhofften Steuereinnahmen sind komplett verausgabt. Dass diese Jahre weiter so sprudeln werden, dass die Nullzinssituation für die öffentlichen Hände bleibt, ist eine Annahme, der man getrost widersprechen muss. Jeder Bergsteiger weiß, dass dem Aufstieg ein ebensolcher Abstieg folgt. Erste Anzeichen für eine Zinswende lassen sich erkennen. Mehrausgaben in allen Bereichen, Sachmittel wie Personal, werden dann durch teure Kredite bezahlt werden müssen. Natürlich wird an allen Ecken mehr Personal benötigt, doch es auf hergebrachte Organisationsformen und Strukturen ein-
fach obendrauf zu satteln, ohne eine Aufgabenkritik vorwegzuschicken, wird sich als fatal erweisen. Alte Regel: “structure follows strategy”. Nun sind wir vier Monate ohne amtierende Regierung, über ein Vierteljahr. Die Wirtschaft brummt – ohne Regierung – demnächst wahrscheinlich trotzdem. Wer macht das möglich – eine hervorragend aufgestellte Verwaltung, die für Rechtsstaatlichkeit, Verlässlichkeit und Kontinuität steht. Vier Monate ohne neue Gesetze, Gesetzesänderungen und Novellierungen, die ansonsten zwar das Licht der Welt erblicken, aber in der Rechtswirklichkeit immer häufiger gar nicht ankommen. R. Uwe Proll
Dinner for Two
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