Behörden Spiegel Juni 2018

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Fakten, Hintergründe und Analysen für den Öffentlichen Dienst

ISSN 1437-8337

Nr. VI / 34. Jg / 23. Woche

G 1805

Berlin und Bonn / Juni 2018

www.behoerdenspiegel.de

Das “Kölner Tragfähigkeitskonzept”

Vorschlag der Kommission ungeeignet

“Irgendwas mit Büchern”

Gabriele C. Klug über zukünftige Finanzierungsspielräume in Köln ������������� Seite 15

Peter Beuth über die europäische Solidarität bei Waldbränden �������������������. Seite 42

Elisabeth Koller über ihre Arbeit in einer interkulturellen Familienbibliothek ........ Seite 47

Gesetz überarbeiten (BS/mfe) Der Deutsche Landkreistag und der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) verlangen zusammen mit dem BREKO und dem BUGLAS eine Reform des DigiNetz-Gesetzes. Dieses behindere in seiner jetzigen Fassung, die erst Ende 2016 in Kraft getreten war, den Glasfaserausbau in Deutschland. Ursprünglich sollten Synergien genutzt und Glasfaserleitungen verlegt werden, wenn Straßen im Zuge von Sanierungsarbeiten oder bei der Verlegung anderer Infrastrukturleitungen geöffnet werden. In der Praxis stelle sich jedoch oft das Problem des sogenannten Überbaus oder Doppelausbaus, wenn Gebiete erstmals mit Glasfaser erschlossen und dafür öffentliche Mittel genutzt würden. Dann werde das Öffnen der Straße dazu genutzt, Glasfaserleitungen kostengünstig mitzuverlegen. Das unterlaufe das Geschäftsmodell des ausbauenden Glasfaser-Netzbetreibers, so die Verbandskritik.

Neues Mandat gefordert (BS/mfe) Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz verlangt, dass die EU-Grenzschutzagentur Frontex künftig auch in Drittstaaten tätig werden soll. Dies allerdings nur, wenn die jeweilige Regierung zustimme. Dafür müsse zunächst jedoch erst das Frontex-Mandat angepasst werden. Von dem Einsatz, der vor allem in Nordafrika stattfinden soll, verspricht sich der Wiener Regierungschef weniger Überfahrten über das Mittelmeer in Richtung Europa. Zudem plädiert Kurz dafür, dass die Frontex-Kräfte illegale Migranten an den EU-Außengrenzen anhalten, versorgen und dann möglichst in ihr Herkunfts- oder zumindest in das jeweilige Transitland zurückschicken sollen.

Mehr Transparenz bitte Ist die Zweckbindung von Finanzmitteln im Bundeshaushalt die Lösung? (BS/Jörn Fieseler) Mehr als 3.000 Seiten umfasst der Haushaltsentwurf des Bundes in diesem Jahr. Da kann jemand schon mal leicht den Überblick verlieren. Nicht unbedingt bei der Frage, wo die Ausgaben Deutschlands an die EU verortet sind. Doch was ist zum Beispiel mit den Ausgaben aller Ressorts für die IT-Ausstattung? Und wie hoch ist eigentlich die Stromrechnung des Bundes? Ist der Haushalt aufgrund seiner Komplexität vielleicht intransparent? Ließe sich mehr Übersicht herstellen, wenn mehr Einnahmen und Ausgaben zweckgebunden wären? 341 Mrd. Euro umfasst das Budget für 2018 an Einnahmen und Ausgaben. Davon sind 43 Prozent, über 146 Mrd. Euro, zweckgebunden, beispielweise als Zuweisung an Länder (19,3 Mrd. Euro) und Gemeinden (3,8 Mrd. Euro) oder die Sozialversicherungsträger und die Bundesagentur für Arbeit (zusammen über 120 Mrd. Euro). Alle Einnahmen können zur Deckung aller Ausgaben herangezogen werden. Es gilt das Kostendeckungsprinzip. Mit zwei Ausnahmen: Zum einen unterliegt ein Teil der früheren Mineralölsteuer (heute Energiesteuer) laut Art. 1 Straßenbaufinanzierungsgesetz einer Zweckbindung zugunsten des Straßenbaus. Aber: Jedes Jahr wird diese Zweckbindung mit dem Haushaltsgesetz auf den gesamten Bereich der verkehrspolitischen Investitionen im Etat des Bundesverkehrsministeriums (siehe dazu Seite 5) erweitert, wie der Bund der Steuerzahler und das Bundesfinanzministerium bestätigen. Die zweite Ausnahme betrifft die Einnahmen aus der Maut. Diese fließen ebenfalls in den Verkehrsetat und sind, nach Abzug einiger Mittel für den Betrieb des Mautsystems, “für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur für die Bundesfernstraßen zu verwenden”, wie es in § 11

wird, ist lediglich eine politische Begründung. So ist es auch mit der Erhöhung der Tabaksteuer zur Finanzierung eines Sicherheitspaketes aus der Schröder-Zeit, die in den geflügelten Worten “Rauchen für die Sicherheit” gipfelte. So war es auch schon mit der Sektsteuer, die, ursprünglich für den Aufbau der Marine im deutschen Kaiserreich eingeführt wurde, aber immer noch existiert und trotzdem nicht in den Verteidigungsetat fließt. Ebenso laufen nicht mehr alle Einnahmen aus dem Soli in die neuen Bundesländer. Die Motive

Bundesfernstraßenmautgesetz (BFStrMG) heißt. Aktuell sind dies rund fünf Mrd. Euro Einnahmen, von denen über 3,8 Mrd. Euro in den Bau und Erhalt der Bundesfernstraßen investiert werden. Anders der Solidaritätszuschlag (kurz Soli). Obwohl für den Aufbau Ost vorgesehen, ist er kein Beitrag im eigentlichen Sinne, sondern eine sogenannte Ergänzungsabgabe, die in den Gesamthaush a l t fließt. Die Angabe, wofür das Geld verwendet

Sie ist das Sinnbild für die Transparenz politischen Handels: die Reichstagskuppel. Doch bei der stets reich gefüllten Schatulle namens Bundeshaushalt gibt es hinsichtlich der Übersichtlichkeit aller Einnahmen und Ausgaben noch Verbesserungspotenzial. Illustration: BS/Dach unter Verwendung von © svort, Fotolia.com und Rilke, CC BY SA 2.0, flickr.com

sind damit austauschbar. Die Steuern bleiben. Letztlich stimmen die Abgeordneten über die Verausgabung von Steuereinnahmen ab – und das ist auch gut so. Schließlich ist die Entscheidung über den Haushalt die “Königsdisziplin” des Parlaments, der Ausdruck der Demokratie, quasi der althergebrachte Grundsatz der parlamentarischen Arbeit. Und über diese Arbeit entscheidet der eigentliche Souverän, das Volk, in regelmäßigen Wahlen. Übrigens: Die Ausgaben für Informationstechnik sind, abgesehen vom Verteidigungsetat (Einzelplan 14), unter dem Haushaltstitel “F 812 02” zu finden. Dieser taucht 89 Mal im Haushaltsentwurf auf. Insgesamt sind rund 495 Mio. Euro hierfür vorgesehen. Für das Verteidigungsministerium als Behörde, ohne die Bundeswehr, kommen weitere 1,5 Mio. Euro hinzu. Allerdings fehlen Angaben zu den privatwirtschaftlich organisierten Institutionen wie bspw. der BImA. Die Stromkosten lassen sich hingegen nicht beziffern. Sie sind Bestandteil der Bewirtschaftungskosten der Gebäude. Transparenz sieht anders aus. Wie wäre es deshalb zum Beispiel mit einem Bundeshaushalts-Wiki, wo mit konkreten Stichworten oder Wortkombinationen genau solche Ausgaben gesucht werden können?

Kommentar

Föderal oder katastrophal

(BS) Der Föderalismus ist ein Grundpfeiler der Bundesrepublik und bleibt mit einer durch das Grundgesetz fixierten Existenz elementar Teil des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. Dass er allerdings generell ein Segen sei, behaupten nicht mal diejenigen, die ihn wie eine Monstranz vor sich hertragen. Verän(BS/wim) Hinter dem klang- derungen im Gewicht zwischen Bund und Ländern sind ein ständiger Prozess, mitunter mit fiskalischer Hilfe.

Brandenburg nutzt “Line6Plus”

vollen Namen findet sich ein länderübergreifender Kooperationsverbund. Dieser nutzt einen vom Land Sachsen-Anhalt entwickelten Dienst als Basis für das Bürgerportal, auf dem ebenso Unternehmen Informationen erhalten. Staatssekretärin Katrin Lange unterschrieb die Beitrittserklärung und betonte: “Mit Linie6Plus haben wir uns für eine schnell anwendbare Lösung entschieden. Das ist nicht nur effizient, sondern setzt auch ein Zeichen für die dringend notwendige länderübergreifende Zusammenarbeit.” Aktuell sind Sachsen-Anhalt, Thüringen, Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und nun Brandenburg Mitglieder des Verbundes. Wobei der Vertrag mit Ersterem geschlossen wird.

Aktuell versucht der Bund an mehreren “Fronten”, sein Gewicht im föderalen System zu seinen Gunsten zu verschieben. Mit Blick auf Bundesmittel zur Finanzierung einzelner Schulen haben die Länder zugestimmt. Was das nach Jahren bedeutet, wird sich erst langsam zeigen, ob nämlich der Bund über diese “Förderung” Einfluss auf die Bildungsinhalte und ihre Vermittlungsform gewinnt. Neben “Schule” gehört zu den föderalen Juwelen “Polizei”. Doch hier hat es längst Verschiebungen gegeben, für die die Länder die Verantwortung selber tragen. Mehr als 12.000 Polizeidienststellen wurden dort abgeschafft, die Bundespolizei in den letzten Jahrzehnten von 20.000 auf 40.000 “Mann-Stärke” angeho-

ben. Das Klagen der Länder über das Drängen des Bundes nach mehr nationaler Kompetenz ist also wohlfeil. So wurde erst in den letzten Monaten die Diskussion um die Zentralisierung des Verfassungsschutzes geführt. Umso wichtiger für ein einheitliches Bild der Strafverfolgung wäre ein Musterpolizeigesetz, in dem im Wesentlichen die Länder zusammen mit dem Bund festlegen, welche Mittel für die Polizei erlaubt sind. Am Beispiel der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) zeigt sich aktuell, dass politische Farbenspiele nicht zu einer einheitlichen Polizeigesetzrealität führen werden. In einem Bundesland wird das Telefon eines Terrorverdächtigen abgehört, in einem anderen nicht. Das

ist nicht föderal, das ist katastrophal. Mehr Vernunft und Verstand stehen derzeit häufig dem gegenüber, was manche als föderal bezeichnen, nämlich es einfach anders zu machen als die anderen und insbesondere der Nachbar. Ein weiterer Fall – der überfällige neue Glücksspielstaatsvertrag: Die Länder präsentieren sich uneinheitlich. Bis 2020 muss der Neue von allen unterschrieben sein. Danach sieht es im Moment nicht aus. Nun hört man den Ruf nach dem Bund, er soll beim Politikfeld Glücksspiel übernehmen oder zumindest vorweggehen. Wieder klagen die Länder, aber ihre Uneinigkeit ist häufig Grund einer Verschiebung zum Zentralismus. R. Uwe Proll

Umsetzung der EU-DSGVO


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