Behörden Spiegel April 2019

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Nr. IV / 35. Jg / 15. Woche

Bessere Bleiberechte für Geduldete Dr. Joachim Stamp zur nordrhein-westfälischen Strategie in der Migrationspolitik.................Seite 14

Sportliche Neustrukturierung

(BS/kh) Trotz wachsender Kosten und zusätzlicher Bedarfe desdenden Haushaltskonsolidierungförderung fortgeführt werden.

rentes Fördersystem, mit denen bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden sollen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer betont: “Die Bundesregiewerden die mit der Leistungs-

derung konsequent fortführen.

Mir ist es wichtig, für die AthBedingungen zu schaffen, um im internationalen Wettbewerb an

3C in Hessen (BS/stb) Das Wiesbadener Innenministerium hat das Hes(Hessen3C) eröffnet. Dort araus Verwaltung, Polizei und Verfassungsschutz gemeinsam am Schutz des Landesnetzes, der Kommunen und der Kritischen Infrastrukturen sowie kleinen und mittleren Betrieben des Landes vor Cyber-Angriffen. Dasnell im Hessen3C aufgegangen. Bis Jahresende soll die Zahl der Beschäftigten auf 50 anwachsen, bis Ende 2021 auf 100.

Zu den Aufgaben des KomErstellung eines Cyber-Sicherheitslagebildes, die Vor-OrtUnterstützung öffentlicher und -

Beratung.

Kritik an Grundsteueridee

(BS/ab) Der Deutsche Landkreistag (DLT) kritisiert die Regionalisierungsidee bei der Grundsteuer.

DLT-Präsident Reinhard Sager erläutert diesbezüglich: “Einerseits gemäß der grundgesetzlichen Erforderlichkeitsklausel zu sagen, dass eine bundesgesetzliche Regelung nötig ist und dann den Ländern weitgehende Abweichungsmöglichkeiten einzuräumen, ist eine Quadratur des Kreises und wird deshalb verfassungsrechtlich nicht funktionieren.”

Als Konsequenz sehe der DLT, dass die Länder jeweils eigene Grundsteuergesetze erlassen müssten, worauf nicht alle vorbereitet wären. “Wir brauchen jetzt zügig die Vorlage eines Gesetzentwurfs und nicht immer wieder neue Ideen”, so Sagerssetzliche Regelung benötigt, auf die sich alle einigten anstatt weitere “Grundgesetzscharmützel”.

Berlin und Bonn / April 2019

Agilität, Kommunikation und Resilienz Brigitte Zypries zur digitalen Transformation der Verwaltung..................................................Seite 32

“Vermögensabschöpfung tut weh” José Andrés Asensio Pagán zum Einzug kriminell erlangter Vermögenswerte ..........................Seite 52

Wider die Wellenbewegungen der Personalpolitik

Mittelfristige Finanzplanung des Bundes: Zeichen stehen auf Sparen

(BS/Jörn Fieseler) Das Frohlocken hat ein Ende. Kaum fallen die prognostizierten Steuermehreinnahmen nicht mehr ganz so üppig aus, wird über die Ausgabenschwerpunkte im kommenden Bundeshaushalt lautstark diskutiert. Im Gegenzug ist der erste Bereich schon identifiziert, wo die Ausgaben gedeckelt werden: der Öffentliche Dienst. Doch das Personal darf nicht Sparobjekt Nummer eins sein.

“Forschung, Bildung, Infrastruktur und ein leistungsstarker Öffentlicher Dienst – das sind die Bereiche, in die Deutschland investieren muss”, fordert Dr. Stefan Ruppert (FDP). Doch die jetzt angekündigte brutale Kehrtwende sei alles andere als vorausschauend. Über 18.000 neue Planstellen allein beim Bund sind in den Haushaltsjahren 2018/19 ausgebracht worden. Der Großteil in der Inneren und Äußeren Sicherheit, aber auch zum Abbau von rund 1.900 sachgrundlosen Befristungen. Damit sei es genug. Neue Planstellen soll es nur geben, “wenn diese zwingend sind und sie stellenmäßig und heißt es im Eckwertebeschluss der Bundesregierung. Und weiter: “Die Veranschlagung zusätzlicher Personalausgaben ist grundsätzlich ausgeschlossen.”

Für künftige Ereignisse, wie die anstehende Tarifrunde 2020, ist in den Eckwerten noch keine Vorsorge getroffen worden.

werden.”

Doch um es mit den Worten von Dr. Gesine Lötzsch, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, zu sagen: “In dersondere auf Langfristigkeit und Verlässlichkeit an. Aufbau und

Kommentar

Zeit und sollten nicht je nach Kassenlage gestaltet werden.”

Dies ist das Dilemma der Politik.

“Wenn es viel Geld gibt, wird übertrieben viel ausgegeben. Sinken die Einnahmen, wird zu sehr auf die Bremse getreten”, sagt Swen Schulz (SPD). Der Staat müsse antizyklisch arbeiten, das sei aber schwer umzusetzen.

Denn der Druck sei beständig da, vorhandene Steuereinnahmen

Fakten gegen das Gefühl

auch einzusetzen. Das sei eben auch Demokratie, “schließlich werden die wiedergewählt, die Forderungen erfüllen”, so der Für Christian Haase (CDU) isttik ebenfalls “der völlig falsche Weg”. Sie sei ein fatales Signal an junge Menschen, sich nicht für eine Karriere bei einer Bundesbehörde zu entscheiden. Zugleich

würden die Aussagen auch dasnen Entwicklungsmöglichkeiten nehmen. Anstatt die Sozialausgaben auf über 50 Prozent des Haushaltes ansteigen zu lassen, sollte sich mehr auf das eigene Personal und die Aufgabenerledigung konzentriert werden, so diekers. “Wir sind auf dem Arbeitsmarkt unterwegs und müssen

hier mehr tun.” Konkret denkt er an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Dort liegt eine Organisationsuntersuchung vor, die zu dem Ergebnis kommt, dass in dem Ressort ein deutlicher Personalbedarf besteht. Werde dieser nicht gedeckt, könnten gesetzlich vorgeschriebene Aufgaben nicht zeigt: Es geht nicht darum, den aufzublähen. Vielmehr bedarf es eines guten Controllings, sinnvoller Strukturen und einer langfordert Sven-Christian Kindler, von Bündnis 90/Die Grünen muss stehen, dass der Staat seine Aufgaben selbst erledigt und die dafür notwendigen eigenen nützten langfristige Investitions-

und zu vergeben?

Ruppert jedoch hat wenig Hoffnung, dass es in den Bundesbehörden zu weiteren Stellenaufwüchsen kommen wird. Am Ende bleibt zu wünschen, dass im Deutschen Bundestag das eintritt, was Dr. Reinhard Brandl (CSU) für die Union schon verBeschäftigten des Öffentlichen Dienstes nicht im Regen stehen.”

(BS) Mit der Gerechtigkeit ist es wie mit der Sicherheit: Zwischen subjektiver und objektiver Sicherheit klafft eine Lücke. Gefühlt wird es immer unsicherer, die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) sagt jedoch regelmäßig das Gegenteil. Gefühlt geht es im Land ziemlich ungerecht zu, de facto haben sich die Einkommensverhältnisse und -unterschiede seit 2005 kaum verändert. Bei genauerer Betrachtung aber eben doch: Der Mindestlohn wurde eingeführt, kräftige Lohn- und Gehaltszuwächse nach Tarifrunden und ein Rückgang der Bezieher von Sozialleistungen nach SGB II um zwei Millionen Menschen seit 2006. Was läuft also schief, dass soziale Ungerechtigkeit so wahrgenommen wird, dass sie sich jetzt in Enteignungsforderungen Luft macht?

wird ein Wettbewerb um immer neue Sozial- und Unterstüt-

Auf Dauer hinterlässt das den Eindruck, in einer strukturell sozial ungerechten Gesellschaft zu leben. So ist es jetzt auch mit der “Wohnungsnot”, als deKonzerne” ausgemacht scheint.

Doch die “Zuwächse” der Konzerne begründen sich nicht durch Mietsteigerungen, sondern durch “Buchgewinne”, also durch die Bewertung der Immobilien.

Zudem werden andere Ursachen ausgeblendet: Zunahme der EinPersonen-Haushalte, Zuzug aus

in die Ballungsräume und MiRäumen (alleine 2014/2015 eine Million). Auch die Öko-Politik

(ehemaliger innerstädtischer Flughafen) soll als Freizeit-Fläche erhalten bleiben. Die “Westkreuzbrache” – Innenstadt – sollte Platz für 1.100 Wohnungen bieten. Nun will die Stadt das verhindern bewahren. Aber andernorts läuft es besser, so in Hamburg. Dort hat man viele Jahre aktiv eine Flächenausweisung betrieben. Ebenso

Köln: Kreuzfeld – ein neues Stadt-

viertel ist für 6.000 Menschen nah am Bürger, ebenso nah an den unterschiedlichen lokalen Gegebenheiten, ist gefragt statt Enteignung. Zudem: An der Situation der Mieter selbst würde sich gar nichts ändern. Nur das Gefühl vielleicht? Wohnungsbau gehört in kommunale Verantwortung. Der für den sozialen Wohnungsbau

Länder mit 14 Milliarden Grunderwerbssteuer 2018 (2006 noch 6,1 Mrd. Euro; Anhebung von 3,5 Immobilienmarkt sind. R. Uwe Proll

Alles einsteigen, bitte!

Fakten, Hintergründe und Analysen für den Öffentlichen Dienst ISSN 1437-8337 G 1805
www.behoerdenspiegel.de
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Die Stellenpolitik des Bundes gleicht einem immer wiederkehrenden Auf und Ab einer Sinuswelle. Besser wäre eine azyklische Personalpolitik. BS/undrey, stock.adobe.com

Digitale Verwaltungswelt

Bundesregierung kann nicht Schritt halten

Kommentar von Manuel Höferlin zur Digitalisieurung …Seite 6

Der Hürdenlauf ist noch nicht gewonnen

Trotz hoher Priorisierung noch viele Parameter zu klären ..................................................................…Seite 13

Deutschland-Index der Digitalisierung

Nachholbedarf beim E-Government ...........................Seite 37

Bereitstellung der Bundescloud

Zentrales Element für die Digitalisierung der Bundesverwaltung .....................................................Seite 38

Mut zur Innovation

Digitalisieren mit dem Nutzer im Blick ......................Seite 39

Vollausstattung vorgesehen

Bayerns Polizei soll flächendeckend mobile Endgeräte erhalten......................................................................Seite 44

Ein moderner Staat ist ein effizienter Staat. Und Modernisieren heißt heute Digitalisieren. Sei es beim Konsolidieren von Betriebs- und Beschaffungsstrukturen, beim Neu-Erfinden von Verwaltungsdienstleistungen oder bei der Organisation von Verwaltungshandeln: Überall bietet die Digitalisierung dem Staat Chancen, mehr aus seinem Potenzial zu machen. Aber: Damit aus Potenzial Fortschritt wird, braucht es Willen und manchmal auch Mut zur Veränderung an den richtigen Stellen. Foto: BS/everythingpossible, stock.adobe.com

Den ausführlichen Nachbericht zum Netzwerkkongress Digitaler Staat gibt es auf den Seiten 25 bis 35.

Impressum

Innen Spiegel

Meetings für Top-Entscheider

Extremwetter und digitaler Haushalt (BS/har/mfe) Extremwetterereignisse werden in Zukunft öfter auftreten. Da sind sich Meteorologen einig. Schon jetzt werden die Winter immer feuchter und die Sommer immer trockener. Konkrete Folgen davon sind unter anderem Starkregen, Überschwemmungen und Waldbrände. Bewältigt werden müssen sie zuallererst von der Ebene vor Ort.

Besonders gefragt sind Landräte und (Ober-)Bürgermeister.

Auf dem Bürgermeisterkongress am 7. und 8. Mai in Magdeburg werden mehrere von ihnen von ihren Erfahrungen im Umgang mit Großschadens- oder Katastrophenlagen berichten. Der Bürgermeister der verbandsfreien Gemeinde Grafschaft in Rheinland-Pfalz, Achim Juchem, erläutert die Bewältigung eines Starkregenereignisses in seiner Kommune. Ebenfalls dem Thema Extremwetter und den daraus resultierenden Problemen für Städte und Gemeinden widmen sich Dr. Frank Kreienkamp, Leiter des Regionalen Klimabüros des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Potsdam, und Andreas Vetter vom Kompetenzzentrum Klimafolgen und Anpassung im Umweltbundesamt. Den Umgang mit einem Böschungsbrand an einer ICE-Strecke in seiner Gemeinde, bei dem mehrere Häuser niederbrannten, erläutert Franz Huhn, Bürgermeister der Stadt Siegburg. Über effektiven Hochwasserschutz in Ballungsräumen und entsprechende Vorsorge spricht

in der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt der Leiter des dortigen Umweltamtes, Rolf Warschun. Für die Eröffnung der beiden Kongresstage konnten hochrangige Redner gewonnen werden: Dr. Tamara Zieschang (CDU), Staatssekretärin im Magdeburger Innenministerium, sowie der Oberbürgermeister der Stadt, Dr. Lutz Trümper (SPD).

Kämmerer-Gipfel auf Petersberg

Im Juni werden sich zwei Events des Behörden Spiegel mit den Schwerpunktthemen kommunale Finanzwirtschaft, Beteiligungsmanagement und Beihilferecht intensiv auseinandersetzen.

Auf dem für Deutschland so geschichtlich bedeutsamen Petersberg in Königswinter, bekannt als ein Erinnerungsort der jun-

Kämmerer-Gipfel statt. Der Beihilferechtstag wird wenig später in Bonn veranstaltet.

Auf dem Kämmerer-Gipfel, der am 18. und 19. Juni 2019

punkt die Digitalisierung des Haushaltswesens besprochen.

Der Beihilferechtstag, vom 25. bis 26. Juni 2019, bietet einen fundierten Einstieg in das EUBeihilferecht und dessen komplexe Bestimmungen.

Der Gipfel, der sich an Kämmerer, Finanzdezernenten, Bürgermeister und interessierte Komeinem Ambiente statt, das die Rahmenbedingungen für exklusive Vorträge, Praxis-Workshops und Gespräche schafft.

Ausgerichtet wird die zweitägige Konferenz vom Behörden Spiegel sowie den internationalen Partnerverbänden der Bundesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Finanz-, Kassen- und Rechnungsbeamten e. V. (BAGKOMM e. V.).

Haushaltswesen digital

Im Zeitalter der Digitalisierung, wo die digitale Transformation der Verwaltung unaufhörlich voranschreitet, schafft der Kämmerer-Gipfel Orientierung im Dschungel zahlreicher ITLösungen, die das kommunale Finanzwesen reformieren sollen. Die Bonner Stadtkämmerin und Dezernentin Margarete Heidler

liefert in ihrem Fachvortrag, der die Konferenz eröffnen wird, Denkimpulse zur Digitalisierung und den Herausforderungen, die mit der digitalen Haushaltssteuerung zusammenhängen.

Digitale Instrumente und Tools, die bei der Verwaltung kommunaler Finanzen für mehr Transparenz sorgen sollen, werden unter anderem von dem Kämmerer der Stadt Lübeck, Manfred Uhlig und Dirk Tolkemitt, dem Ersten Beigeordneten und Stadtkämmerer der Alten Hansestadt Lemgo, dem Fachpublikum vorgestellt und einer Bewertung unterzogen. Das Hype-Thema Künstliche Intelligenz (KI) gewinnt im kommunalen Haushaltsmanagement immer mehr an Bedeutung, weshalb der Kämmerer-Gipfel den neuen Technologien eine Plattform gibt. Denn Robotics und Automatisierung, so ein gleichnamiger Vortrag im Programm, machen die Verwaltungsarbeit

Analyse des kommunalen Haushaltes. Außerdem wird über optimale Organisationsstrukturen der Kämmerer-IT nachgedacht. Attraktive Side-Events runden den Kämmerer-Gipfel auf dem Petersberg ab. Bei einem Interview- und Medientraining für Bürgermeister und Kämmerer sollen Kommunalpolitiker Basics über den richtigen Umgang mit Vertretern aus Presse, Funk und Fernsehen kennenlernen.

Der Beihilferechtstag, der am 25. und 26. Juni vom Behörden Spiegel in Bonn ausgerichtet werden wird, wartet mit einem Programm auf, das sich der Rechtsauslegung und

Umsetzungspraxis des äußerst komplexen EU-Beihilferechts in Behörden widmet.

Bei der Zahlung von Zuwendungen an Privatunternehmen, Stiftungen, Kirchen oder Vereine ist es für die öffentliche Hand essenziell, sich rechtlich abzusichern. Denn bei Beihilfen besteht zumeist eine Melde- und Berichtspflicht gegenüber der EU-Kommission – nur in Ausnahmefällen können diese unterbleiben. Bei einer nachweislichen Missachtung drohen vonseiten Brüssels Verfahren mit empBeihilferechtstag soll durch die Vermittlung von Grundlagen dem Risiko von Verstößen gegen das Beihilferecht vorgebeugt werden. Der Beihilferechtstag schnürt anhand der Vorträge namhafter Experten ein informatives Paket, um die Mitarbeiter kommunaler Beteiligungsunternehmen durch einen “Beihilfe-Check” zu sensibilisieren.

Weitere Informationen: www.buergermeisterkongress.de www.kaemmerergipfel.de www.fuehrungskraefte-forum.de

Fotoquellen Seite 1 Foto 1: BS/MKFFI NRW, H. Severin

Foto 2: BS/Giessen

3: BS/Feldmann

Foto

Beilagenhinweis

In der Gesamtauflage des Behörden Spiegel finden Sie im April eine Beilage der Messe Berlin.

Außerdem liegt in diesem Monat eine Beilage der ProSeminaris GmbH zum Kongress “Zukunft Führung” bei.

Der Behörden Spiegel wird verlegt von der ProPress Verlagsgesellschaft mbH. www.behoerdenspiegel.de Herausgeber und Chefredakteur R. Uwe Proll Leiter der Berliner Redaktion Jörn Fieseler Leiter der Bonner Redaktion Guido Gehrt Redaktion Adrian Bednarski, Marco Feldmann (Innere Sicherheit, Katastrophenschutz), Jörn Fieseler (Personal, Beschaffung, Vergabe), Guido Gehrt (IT, ITK-Politik, Haushalt), Michael Harbeke (Online-Redaktion), Katarina Heidrich, Lora Köstler-Messaoudi (Haushalt, Finanzen), Wim Orth (Digitale Gesellschaft), Dr. Gerd Portugall (Verteidigung, Wehrtechnik), R. Uwe Proll (Politik, Parlament), Benjamin Stiebel (IT, IT-Sicherheit), Gerd Lehmann (Sonderkorrespondent BOS) Büro Brüssel Hartmut Bühl Parlamentsredaktion Berlin Tel. 030/ 726262212, Fax 030/72626-2210 Layout Beate Dach, Marvin Hoffmann, Susan Wedemeyer Verlag Bonn Anzeigen / Redaktion Vertrieb, Tel. 0228/97097-0, Fax 0228/ 97097-75 Verlag Berlin Redaktion Vertrieb, 10317 Berlin, Kaskelstr. 41, Tel. 030/557412-0, Fax 030/557412-57

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Behörden Spiegel / April 2019 Seite 2 Inhalt

Aktuelles Öffentlicher Dienst

Behörden Spiegel

www.behoerdenspiegel.de Berlin und Bonn / April 2019

Breiter Jubel mit ein wenig Wehmut

Tarifergebnis in Hessen / NRW übernimmt Ergebnis / Bremen und Saarland noch offen (BS/Jörn Fieseler) 3,2 Prozent ab dem 1. März 2019, weitere 3,2 Prozent zum 1. Februar 2020 und weitere 1,4 Prozent ab dem 1. Januar 2021 für die ersten neun Monate des Jahres, mindestens aber ein Betrag von 240 Euro: In diesen Schritten erfolgt die Tariferhöhung in Hessen. Wie in den vergangenen Jahren auch, weicht das lineare Ergebnis kaum vom Abschluss der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ab (vgl. dazu Behörden Spiegel März 2019, Seite 3) – diesmal bei den Monaten, ab wann die Gehälter angehoben werden. Dies ist auch bei der Besoldungsanhebung ein beliebtes Mittel der Finanzminister. Auch in diesem Jahr kommt es wieder zum Einsatz.

Insgesamt 7,8 Prozent bei einer Laufzeit von 33 Monaten erhalten die rund 45.000 Beschäftigten des Landes. Zudem hat die Landesregierung ein Nachwuchspaket beschlossen und das Landesticket Hessen für die Laufzeit des Tarifvertrages verlängert. Auszubildende und Praktikanten bekommen monatlich 60 Euro zusätzlich, zehn Euro mehr als in den übrigen Ländern. Parallel zum Abschluss der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ist auch der Urlaub um einen Tag erhöht worden.

Zudem gibt es eine Kinderzulage in Höhe von 100 Euro für jedes Kind und ab dem dritten Kind von 150 Euro. Des Weiteren sind die Übernahmeregelungen der Auszubildenden verlängert worden.

Nur mit landeseigenem Tarif umsetzbar

“Wir legen mit unserem Nachwuchspaket und weiteren Verbesserungen für Fachkräfte einen maßgeschneiderten und zukunftsorientieren Hessentarif vor, der bestens zu den Bedürfnissen der Frauen und Männer im Dienste des Landes passt”, sagte Innenminister Peter Beuth. Das sei mit einem starren Einheitstest unmöglich gewesen. Insgesamt gebe es im Hessentarif über 150 Abweichungen gegenüber dem Tarifvertrag der Länder (TV-L).

Dazu gehöre etwa die stufengleiche Höhergruppierung im Zuge einer Beförderung, das Landesticket und die jetzt verabredete Kinderzulage für Auszubildende und Praktikanten. Der Abschluss steht zwar für sich, die Tarifbeschäftigten in den übrigen Ländern erhalten ihre Gehaltserhöhungen jedoch in allen drei Jahren jeweils zum 1. Januar.

Auch seitens der Gewerkschaft stößt der Abschluss, trotz zeitli-

cher Verzögerung gegenüber dem Abschluss mit der TdL, auf breite Zustimmung: “Mit dieser Tarifeinigung können die Tarifangestellten und die Beamten im Landesdienst Hessens sehr zufrieden sein”, sagte der Landesvorsitzende des DBB Beamtenbunds und Tarifunion Hessen, Heini Schmitt Und Verdi-Verhandlungsführer Wolfgang Pieper ergänzt: “Das ist eines der besten Tarifergebnisse für Hessen seit Langem. Insbesondere der Mindestbetrag von 240 Euro bringt für die unteren und mittleren Einkommen kräftige Steigerungen.”

Einigung in NRW

Parallel zum Abschluss hat Beuth angekündigt, das Ergebnis eins zu eins auf die Beamten des Landes zu übertragen. Damit reiht er sich ein in die Länderriege von Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein

und Thüringen. Brandenburg hat zudem beschlossen, die Besoldung um weitere 0,5 Prozent anzuheben, Rheinland-Pfalz will die Beamtengehälter jeweils am 1. Juli 2019 und 2020 um weitere zwei Prozent erhöhen. Und Mecklenburg-Vorpommern plant zusätzlich die Steigerung der Eingangsbesoldung.

Für Nordrhein-Westfalen hat Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung angekündigt. Zusätzlich soll eine dynamische von 120 Euro pro Monat eingeführt werden. Diese sind unter anderem in Justizeinrichtungen im Einsatz. “Angesichts des fraglichen Abstandsgebotes von der Besoldungsgruppe A5 zur sozialen Grundsicherung sind die 3,2 Prozent nur konsequent”, sagt Roland Staude , NRW-Landesvorsitzender des DBB. Zugleich bewertet er die Zusage Laschets, über Möglichkeiten der Attraktivitätssteigerung Gespräche zu füh-

ren, als “sehr positiv”. Überhaupt seien die Besoldungsgespräche mit dem Ministerpräsidenten zielführend und in guter Atmosphäre verlaufen und hätten den Charakter von Verhandlungsgesprächen. Niedersachsen und Berlin verzögern

In Niedersachsen werden die Ergebnisse zwar volumengleich übernommen, aber mit einer Verzögerung von zwei Monaten jeweils zum 1. März. Um einen weiteren Monat verzögert die Bundeshauptstadt die Besoldungserhöhung. Aber: Um den Anschluss an die durchschnittliche Besoldung der Länder zu erreichen, werden bei allen drei Schritten zusätzlich 1,1 Prozentpunkte hinzuaddiert. “Der DBB Beamtenbund und Tarifunion Berlin nimmt zunächst positiv zur Kenntnis, dass die seitens der Politik zugesagte Übernahme des Tarifergebnisses im Gesamtvolumen (zuzüglich der 1,1 Prozent) eingehalten werden soll,

KNAPP

Vielfach vorbildlich

kritisiert allerdings weiterhin die verspätete Einbeziehung der Beamtinnen und Beamten an der Einkommensentwicklung”, sagte Landeschef Frank Becker zu den Plänen. Am 8. Mai wollen sich Becker und seine Kollegen mit Vertretern des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Berlin-Brandenburg und dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller, Finanzsenator Matthias Kollatz und Innensenator Andreas Geisel zum Besoldungsgespräch treffen. Andere Prozentzahlen in Schleswig-Holstein

Im nördlichen Bundesland ist bereits ein Gesetzesentwurf zur Besoldungsanhebung in den Landtag eingebracht worden.

Das Land hat die Anhebungen bei der Besoldung auf 3,01 Prozent für 2019, 3,12 Prozent für 2020 und 1,29 Prozent für 2021 festgelegt. Die Zahlen sind identisch zu den linearen Erhöhungen in allen Entgeltgruppen in den Stufen zwei bis sechs.

Bremen und Saarland prüfen noch

In Bremen hatte Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) eine zeitliche Verzögerung bei der Übernahme angekündigt.

Demgegenüber votiert Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) für eine zeit- und inhaltsgleiche Übernahme. Eine Entscheidung ist noch nicht gefällt. Nach dem Tarifabschluss hatte der Stadtstaat ein Stufenmodell beschlossen, um unabhängig von der Besoldungsanpassung Lehrkräfte künftig nicht mehr in der Besoldungsgruppe A12 ,sondern in A13 einzugruppieren.

Auch aus dem Saarland ist noch nicht bekannt, wie das Tarifergebnis übertragen werden soll.

(BS/jf) Der Bund kommt seiner Vorbildfunktion bei der Beschäftigung von Menschen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen weitestgehend nach. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP im Bundestag hervor (Drucksache 19/8232).

§ 154 SGB IX sieht eine Beschäfmit Behinderung von fünf Prozent der Arbeitsplätze vor. In den Bundesministerien wird dieser Wert durchweg erfüllt, Spitzenreiter ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mit einer Quote von rund elf Prozent, gefolgt von den beiden Ministerien Bildung und Forschung (BMBF) sowie Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit jeweils zehn Prozent. Einzig beim Bundesbeauftragten für Kultur und Medien liegt der Wert mit 4,7 Prozent unter der gesetzlichen Vorgabe.

Auch im nachgeordneten Bereich wird die Quote weitestgehend eingehalten, allerdings bestätigen auch hier Ausnahmen die Regel. Gesetzeskorrektur notwendig

(BS/jf) Die Einkünftegrenze für die Beihilfetätigkeit der Aufwendungen von Ehegatten und Lebenspartnern in der Beihilfeverordnung Baden-Württemberg (BVO BW) ist nicht gesetzeskonform. Zu diesem Schluss kamen die Richter des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG). Das Land hatte 2012 diese Jahreseinkommensgrenze für Ehegatten und Lebenspartner von 18.000 Euro auf 10.000 Euro heruntergesetzt. Das BVerwG hält die Regelung für unwirksam. Es gelte der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes im Beihilferecht. Eine Änderung mittels einer Rechtsverordnung, wie hier geschehen, sei nicht statthaft. Es sei denn, der Gesetzgeber hätte eine Verordnungsermächtigung vorgesehen.

In den meisten Ländern können die Beamteten jubeln: Das Tarifergebnis wird inhalts- und wirkungsgleich übernommen. Ausgelassener wird es, wenn die Länder zusätzliche Prozente draufpacken. Nur vereinzelt will keine freudige Stimmung aufkommen. Foto: BS/ismotionprem, stock.adobe.com

Neuer Anlauf zum Einstieg

Grüne fordern statt Kranken- eine Pflege-Bürgerversicherung

(BS/jf) Die Lasten seien zu ungleich verteilt, die Menschen würden immer älter und die Kosten explodierten: Deshalb sollten gesetzliche und private Pflegeversicherung verschmolzen und die Bundesregierung aufgefordert werden, einen vollständigen Kostenausgleich zwischen den beiden Versicherungsarten sowie einheitliche einkommensabhängige Beiträge vorzusehen. Die Reaktionen auf diesen Vorschlag der Grünen waren zu erwarten.

Die Parallelen sind deutlich größer als bei der Krankenversicherung. Die gesetzliche, von den Grünen als der soziale Zweiggeversicherung sind beide im XI. Sozialgesetzbuch festgeschrieben. In beiden Zweigen sind Kinder kostenfrei versichert, gibt es einen Kontrahierungszwang und ist ein Ausschluss aufgrund von Vorerkrankungen ausgeschlossen. Zudem gibt es in jedem Zweig einen internen Risikoausgleich und eine einheitliche Festlegung der Beitragssätze bzw. eine einheitliche Prämienkalkulation. Und das Wichtigste: Auf beiden Seiten sind die Leistungen identisch. “Hier existiert bereits eine Bürgerversicherung”, so das Fazit der Abgeordneten um Katrin Göring-Eckhard und Dr. Anton Hofreiter in einem Antrag für einesicherung im deutschen Bundestag (Drucksache 19/8561). Auch die Begutachtung und Einstufung identischen Kriterien.

Zugleich werden die bestehenden Unterschiede nicht geleugnet: Der eine Zweig ist vollständig, der In der gesetzlichen Versicherung existiere ein beihilfefähiger Tarif für Beamte, in der privaten Versicherung existiert Mechanismen, die Versicherte und deren Partner vor hohen Prämien schützen sollen, so die Parlamentarier.

Lasten gerecht verteilen Doch was auf den ersten Blick wie eine Gemeinsamkeit wirkt, ist auf dem zweiten im Detail sehr unterschiedlich. Gemeint sind der interne Risikoausgleich und die Festlegung der Beitragssätze und Prämienkalkulation. Aber: Die Weiterentwicklung der bestehenden Umlageinstrumente ließe sich einfach und schnell gestalten und damit eine “vollständige soBürgerversicherung schaffen”,

Die Private und die gesetzliche Pflegeversicherung sollen nach Ansicht der Grünen zu einer PflegeBürgerversicherung zusammengefügt werden.

Foto: BS/ NikLemesh, stock.adobe.com

schreiben die Abgeordneten in dem Antrag. Insgesamt seien die Lasten ungerecht verteilt, kritisieren die Grünen in ihrem Antrag. So rügen “derzeit die im Durchschnitt einkommensstärkeren, jüngemännlichen privat Versicherten einen deutlich geringeren Anteilcherung bei, als ihr Anteil an den insgesamt Versicherten beträgt”.

Klare Ablehnung Dem gegenüber lehnt der DBB Beamtenbund und Tarifunion diesen Vorschlag ab: “Nur eine solidarische und differenziert bietet eine gerechte, stabile und nachhaltige Basis zur Finanzieauf verschiedene Säulen abgestützte Sicherung bietet eine zukunftsgerechte Grundlage hilft, bewältigen und ermöglicht überfällige Leistungsverbesserungenzepte und angemessene Personalstandards”, sagt der Zweite Vorsitzende Friedhelm Schäfer Und Stefan Reker von der PKV ergänzt: “Die von den Grünen -

Personalmanagement 4.0 für Behörden

So treibt die Personalabteilung die Digitalisierung voran (BS/Johannes Rosenboom) Die Zahlen liegen auf dem Tisch: Eine Studie von PwC zeigt, dass im Öffentlichen Dienst im Jahr 2030 rund 800.000 Fachkräfte fehlen. Gleichzeitig sorgt der demografische Wandel dafür, dass dem Arbeitsmarkt künftig weniger neue Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Damit es nicht zu Engpässen in der öffentlichen Verwaltung kommt, muss sich die Arbeit in der Personalabteilung stark verändern. Daher sollten Personalverantwortliche heute schon damit beginnen, einen Veränderungsprozess innerhalb ihrer Abteilung einzuleiten, um künftig mithilfe von digitalen Prozessen agiler und effizienter arbeiten zu können.

rung würde die Finanzprobleme der sondern sogar verschlimmern. In unserer stark alternden Gesellschaft gerät die umlagean ihre Grenzen, sie lebt schon heute auf Kosten der nachfolgenden Generationen. Wenn man noch mehr Versicherte wie z. B. Beamte in dieses System verschiebt,gekosten erschwerend hinzu – die Belastung der nächsten Generationen würde massiv erhöht.” Reker fordert stattdessen, die private Vorsorge weiter auszubauen, denn nur so ließe sich

Verfassungsrecht wahren Deutlich zurückhaltender äußert sich Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB): “Die Richtschnur des DGB sind gute Leistungen für alle Menschen, solidarisch und gerecht finanziert. Verfassungsrechtliche Vorgaben müssen dabei selbstverständlich eingehalten werden. Wenn Veränderungen im Kranken- und Beamtinnen und Beamte betreffen, dann muss der Dienstherr auch unter veränderten Bedingungen seiner Alimenta-

Bürgerversicherung würde dies unter anderem bedeuten, dass Beamtinnen und Beamte – wie auf den Bezug von Sozialhilfe verwiesen werden dürfen.”

Besorgniserregende Mängel

Tarifliche Eingruppierung beim Zoll nicht abgeschlossen (BS/jf) Die Financial Intelligence Unit (FIU) beim Zoll befindet sich im Aufbau. Aktuell sind unter www.zoll.de 30 Stellenausschreibungen für neue Mitarbeiter zu finden. Aber: Längst sind nicht alle Arbeitsplätze beschrieben. Dies erschwert nicht nur die Zuordnung zu einer tariflichen Entgeltgruppe, sondern sorgt auch für Protest.

“Rund 190 Arbeitnehmer im Zoll haben gar keine Arbeitsplatzbeschreibungen. Fast die Hälfte aller Beschäftigten der Entgeltgruppe 9c, nämlich 114 Personen, haben keine Tätigkeitsbeschreibung”, nennt Markus Herbrand, Mitglied des Deutschen Bundestages (FDP), aktuelle Zahlen. Zusammen mit seiner Fraktion hat der Liberale eine Anfrage im Bundestag gestartet, in der er sich nach den Arbeitsplatz- und Tätigkeitsbeschreibungen erkundigt hat.

Von den genannten 114 Arbeitsplätzen würden demnach 55 auf die FIU entfallen. “Das sind arbeitsrechtlich besorgniserregende Mängel”, kritisiert Herbrand. Und weiter: “Es ist fahrlässig, dass der Zoll wichtige Vorgaben des Bundesverwaltungsamtes schlichtweg ignoriert.” Durch die fehlenden Beschreibungen könne nicht sicher gesagt werden, ob alle Arbeitnehmer entsprechend ihrer Eingruppierung entlohnt würden. “Das ist eine blanke Ungerechtigkeit, die zulasten der Zöllnerinnen und Zöllner geht. Ich fordere die Bundesregierung auf, diese Missstände zu beheben. Immerhin sind die Vorgaben des Bundesinnenministeriums

Arbeitsplatzbeschreibung.

auch für die Einrichtungen des Bundes verbindlich – also auch für den Zoll”, so der FDP-Politiker.

40 Klagen in fünf Jahren

Die Einführung der Entgeltgruppe 9c ist in der letztjährigen Tarifrunde für den Bund vereinbart worden. Bis 1. März 2019 hätten zahlreiche neue Arbeitsplatzbeschreibungen neu erstellt werden, müssen, da sie die Grundlage für eine korrekte Eingruppierung im Entgeltsystem bilden. Mangelhafte oder fehlende Beschreibungen

In vielen HR-Abteilungen ist das Thema der digitalen Transformation längst zu einem Dauerbrenner geworden. Ein Aspekt hierbei: Bestehende Arbeitsplätze und Arbeitsabläufe in der Verwaltung müssen modernisiert und digitalisiert werden, um den steigenden Aufgaben gerecht zu werden und um für die jüngere Generation ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Hierbei kann die Personalabteilung beratend zur Seite stehen.

Insgesamt sind die HR-Aufgaben heute schon deutlich vielfältiger und umfassender geworden: Viele der rein administrativen Abläufe können zunehmend durch IT-Systeme nebenbei erledigt werden. Innovative Software-Lösungen unterstützen die Mitarbeiter dabei, Aufgaben wie Rekrutierung, Aus- und Weiterbildung sowie das Wissens-, Talent- und Veränderungsmanagement mit neuen digitalen Komponenten zu verbinden. Beispiele hierfür sind Chatbots zur direkten Ansprache potenzieller Bewerber, Big-DataAnalysen für die Optimierung von HR-Branding-Strategien sowie elektronische Personalakten, durchführen zu können. Aber auch in der Aus- und Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter geht die Digitalisierung voran und verändert die Arbeit der Personalabteilung: So kommen digitale Lernplattformen zum Einsatz, die mit Blended Learning individuell auf die Anforderungen der Zielgruppen eingehen die Kursangebote integrieren. Lernangebote sind zudem on demand abrufbar und auch für mobile Endgeräte geeignet.

Ständiger Wandel der Personalabteilung Darüber hinaus treibt auch die Gesetzgebung die Veränderung der HR-Arbeit voran. Ein Beispiel ist das Onlinezugangsgesetz, das vorsieht, dass Behörden Dienstleistungen online zur Verfügung stellen müssen. Für die Angestellten im Öffentlichen Dienst ändern sich dadurch Abläufe und Werkzeuge an ihren Arbeitsplätzen – die Arbeit insgesamt wird digitaler und erfährt

eine Beschleunigung. Daher müssen neue Fähigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden, beispielsweise rund um die Themen IT-Sicherheit, Datenschutz und Prozessmanagement. Es ist davon auszugehen, dass sich die Arbeitsabläufe für die Personalabteilung künftig noch mehr verändern werden, wenn entscheidungsunterstützende Technologien wie die der Künstlichen Intelligenz die PersonalWegbereiter der Digitalisierung

Auf dem Weg zu mehr digitaVerantwortliche in Behörden eine Reihe von Handlungsfeldern. Um alle Punkte im Blick die Erfahrung externer Dienstleister zurückzugreifen: Diese unterstützen dabei, die ersten Schritte einer Digitalisierung vorzunehmen oder Lücken innerhalb der Prozessketten zu erkennen und zu schließen. Experten von Materna beraten die Verwaltung seit vielen Jahren auf dem Gebiet des Personalmanagements und können daher punktgenau analysieren, auf welchem Digitalisierungsstand

Über ein modular aufgebautes Portfolio erhalten HR-Abteilungen die individuell benötigten Leistungen, die sich am aktuellen Digitalisierungsgrad der Behörde orientieren. Die fünf Bausteine umfassen Beratungsleistungen, das technische Lösungsangebot für Personalsysteme sowie Lösungen zum Ausbau der Digitalisierung. Ein weiterer Baustein sind Angebote für das Change Management, um innerhalb der HR- und Fachabteilungen den reibungslosen Umstieg auf neue Technologien, neue Abläufe und Inhalte zu realisieren und die Mitarbeiter auf die

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Arbeitgeber oder dem einzelnen Mitarbeiter. Je nachdem, ob der Betroffene zu hoch oder zu niedrig eingruppiert wurde. Insgesamt arbeiten beim Zoll mehr als 4.000 Tarifbeschäftigte.

Wie aus der Antwort der Bundesregierung weiter hervorgeht, sind seit 2014 in der Zollverwaltung 41 gerichtliche und außergerichtliche Eingruppierungsstreitigkeiten bekannt geworden. Elf davon waren erfolgreich, 19 nicht. Bei neun Verfahren stehe das Ergebnis noch nicht fest, zwei Verfahren endeten mit einem Vergleich.

Veränderungen vorzubereiten. Der fünfte Baustein “Employee Li fecycle und Qualifizierung”tegischen Elemente eines langfristig erfolgreichen Personalmanagements. Darin enthalten sind unter anderem Aspekte wie Employer Branding, die Entwicklung einer individuellen Kommunikationsstrategie, wie sich eine nachhaltige Mitarbeitermotivation erreichen lässt sowie ein Talentmanagement mit modernen Lernmitteln. Insbesondere die Weiterbildung rückt bei einem Digitalisierungsprojekt in den Vordergrund, damit Mitarbeiter möglichst rasch an die neuen digitalen Arbeitsweisen herangeführt werden.

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Bildung 4.0 bindet Mitarbeiter Künftig wird es noch wichtiger sein, dass sich Mitarbeiter regelmäßig weiterbilden und professionell bei Digitalisierungs- und Veränderungsprozessen begleitet werden. Damit die Verwaltung neue Methoden in der Personalentwicklung erfolgreich einführen kann, ist ein neues Denken notwendig. Denn der Wert dermer stärker über das Wissen der Mitarbeiter. Damit verändert sich der Kompetenzbedarf.

Bildung 4.0 heißt das Schlagwort, bei dem Arbeit und Lernen zusammenwachsen. Nachvollziehbare Lernerlebnisse sorgen dafür, dass sich Wissen auch nachhaltig verankert. Technologien wie Augmented und Virtual Reality, interaktives Lernen und (Erklär-)Videos schaffen neue Erfahrungen, die dafür sorgen, dass sich Lerninhalte besser festsetzen.

Mit Beratungsleistungen und innovativen Bildungsangeboten gelingt es der (Personal-)Verwaltung, neue Mitarbeiter zu gewinnen, bestehende Mitarbeiter zu begeistern und zu halten. Die HRAbteilung kann so ihre Behörde als einen attraktiven Arbeitgeber mit einem ansprechenden Employer Branding im zunehmend härter umkämpften Personalmarkt positionieren.

Bereitschaftsdienst für Richter

Uneingeschränkte Erreichbarkeit auch außerhalb der üblichen Dienststunden (BS/jf) Mindestens ein Ermittlungsrichter muss bei einem Gericht täglich zwischen sechs und 21 Uhr uneingeschränkt erreichbar sein. Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einem Beschluss betont. Für die Nachtzeit gibt es ebenfalls Vorgaben.

Die Karlsruher Richter leiten diesen Anspruch aus dem Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 Abs. 2 Grundgesetz (GG) ab. Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Bereitschaftsstaatsanwältin um 4:44 Uhr ohne erkennbare Einbindung eines Ermittlungsrichters die Durchsuchung einer Wohnung durch die Polizei angeordnet. Da bei der Untersuchung jedoch keine “Gefahr im Verzug” bestanden habe, hätte die Durchsuchung nur mit einem richterlichen Beschluss durchgeführt werden dürfen.

Das BVerfG betonte: “Zu den Anforderungen an einen der praktischen Wirksamkeit des Richtervorbehalts entsprechenden richterlichen Bereitschaftsdienst gehört die uneingeschränkte Erreichbarkeit eines Ermittlungsrichters bei Tage,

Die Vorgaben sind nicht neu: Für richterliche Anordnungen bei Wohnungsdurchsuchungen muss die Erreichbarkeit von Ermittlungsrichtern tagsüber und bei Bedarf auch nachts sichergestellt sein.

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auch außerhalb der üblichen Dienststunden.” Zur Tageszeit gehöre ganzjährig die Zeit zwischen sechs und 21 Uhr. Darüber hinaus sei während der Nachtzeit ein richterlicher Bereitschaftsdienst vorzuhalten, wenn der Bedarf über den Ausnahmefall hinausgehe. Ob und inwieweit dieser Bedarf bestehe, hätten die Gerichtspräsidenten nach pflichtgemäßen Ermessen in eigener Verantwortung zu entscheiden. Für die Art und Weise der Bedarfsermittlung stehe ihnen ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu.

Damit hat das Gericht keine neuen oder strengeren Vorgaben zum Bereitschaftsdienst gemacht. Somit bleibt es Sache der einzelnen Gerichte, ob sie bei eventuellen Korrekturen des Bereitschaftsdienstes zusätzliches Personal einstellen müssen.

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 4 Aktuelles Öffentlicher Dienst / Gesundheit
Johannes Rosenboom ist Leiter Vertrieb, Marketing und Business Development im Geschäftsbereich Public Sector bei Materna. Beim Zoll, zu dem neben der Finanzkontrolle Schwarzarbeit auch die Financial Intelligence Unit gehört, arbeiten über 4.000 Tarifbeschäftigte. Nicht alle haben eine

Der DBB wird mit einem umfassenden Novellierungskonzept an der Ausarbeitung eines modernen BPersVG mitwirken und ist bereit, die Veränderungen der Arbeitswelt durch Digitalisierung als Chance wahrzunehmen. Bedingung ist, dass die Beschäftigten mit ihren Anliegen und Ängsten ebenso wie mit ihren Ideen ernst genommen und die von ihnen gewählten Interessenvertreter bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen bereitwillig und nachhaltig beteiligt werden.

Zentrale Forderungen des DBB

Im Fokus einer Novellierung stehen natürlich die Beteiligungsrechte des Personalrats, das Herz des BPersVG. Diese müssen endlich die aktuelle Verwaltungswirklichkeit widerspiegeln und offen sein auch für künftige Veränderungen in der öffentlichen Verwaltung des Bundes. Worum geht es hier? Zum Beispiel um die Möglichkeit der Personalvertretungen, mehr für die Erhaltung von Arbeitsplätzen und eine ausreichende Personalausstattung tun zu können. Personal planung im weiteren Sinne wirkt sich entscheidend auf die Beschäftigungsbedingungen, die zu bewältigende Arbeitsmenge, Arbeitszufriedenheit und damit auf die Gesundheit der Beschäftigten aus. Die Beteiligung der Personalvertretung

BPersVG-Modernisierung jetzt angehen

Für mehr Beteiligungsrechte der Personalräte

(BS/Friedhelm Schäfer) Ein kleiner Satz im Koalitionsvertrag gibt Hoffnung auf die lange überfällige Novellierung des BPersVG, der unzählige Anpassungen an die veränderte Verwaltungswirklichkeit in den Landespersonalvertretungsgesetzen vorausgegangen sind: “Das Bundespersonalvertretungsrecht wird novelliert.” Besser spät als nie. Aber es gilt auch: “Wenn schon, dann richtig”.

ist daher von großer Bedeutung. Vor dem Hintergrund der Veränderung und des Anstiegs der die Digitalisierung besonders wichtig ist zudem eine umfassende Einbindung der Personalvertretungen bei der Verteilung von Fortbildungschancen. Eine weitere zentrale Forderung des DBB betrifft das Engagement der Personalvertretungen für die Gesundheit der Beschäftigten. Die Mitbestimmung muss daher künftig auch die Gefährdungsbeurteilung und daraus resultierenletztes Beispiel: Auch angesichts einer immer höheren Komplexität datenführender Systeme und der kaum überschaubaren Verknüpfungsmöglichkeiten innerhalb und außerhalb der Dienststelle sowie des Einsatzes neuer Technologien wie etwa Anwendungen der Künstlichen Intelligenz ist den Personalvertretungen vom Gesetzgeber die Sorge um die Daten der Beschäftigten aufgetragen. Damit sie diesen Auftrag auch erfüllen können, hält der

Grenzenlose Kooperation

Herausforderungen für EVTZ-Gründungsvorhaben

(BS/Katarina Heidrich) Das französische Straßburg und sein deutscher Nachbar, die baden-württembergische Stadt Kehl, planen eine gemeinsame Wärmeversorgung. Es gibt Überlegungen, dieses Projekt als Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) zu gründen. Seit Einführung dieses Instruments im Jahr 2006 ist die Zahl der bestehenden EVTZ auf 72 gestiegen. Obwohl sich die Beteiligung deutscher Akteure in den letzten Jahren erhöht hat, gibt es derzeit nur drei EVTZ mit Sitz in Deutschland.

Ausgangspunkt der Überlegungen an der deutsch-französischen Grenze ist das Ziel, die Abwärme, die das Stahlwerk in Kehl produziert, grenzübergreifend zu nutzen, erläutert Jürgen Oser, Referatsleiter der Stabsstelle für grenzüberschreitende Zusammenarbeit und europäische Angelegenheiten im Regierungspräsidium Freiburg, das als EVTZ-Genehmigungsbehörde für das gesamte Bundesland fungiert. Ob es zu dieser Kooperation kommt und ob in Form eines EVTZ, wird Mitte April in einer Absichtserklärung festgehalten. Neben konkreten Fragen wie denen nach Bau und Betrieb der Pipeline, die dafür nötig wäre, stellen sich ebenfalls Haftungsfragen bei solchen Vorhaben.

Die Herausforderung, unterschiedliche Wünsche, Ziele und besonders Rechtsvorschriften zu einen, stelle viele EVTZ-Gründungsvorhaben schon während der Planungsphase vor große Probleme, so Oser.

Dem Genehmigungsprozess gehen bereits genaue Kalkulationen voraus, die interessierte Akteure leisten müssen, weiß der Europareferent des Verbands Region Rhein-Neckar, Jörg Saalbach Etwa müsse der Bedarf von Finanzmitteln im Vorfeld geklärt sein. Ob dieser allein durch Mitgliedsbeiträge gedeckelt werden könne und wie diese bemessen würden, sei die nächste Frage, so Saalbach; auch die nach dem Sitzland müsse im Vorfeld geklärt werden, denn diese hänge von der jeweiligen Haushaltsaufstellung sowie den anwendbaren Rechtsvorschriften ab. Ein Problem sei

ziert werden müssten, erläutert der Europareferent im Rahmen eines gemeinsamen Workshops des Bundesinnenministeriums (BMI) und des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumfor-

schung (BBSR). Oser betont, man solle “kein EVTZ gründen, weil man Fördergelder erhalten will!”. Die Tatsache, dass es bislang lediglich drei EVTZ mit Sitz in Deutschland gibt, verdeutlicht diese Herausforderungen. Dem ersten von ihnen, der in Mannheim ansässigen “Interregionalen Allianz für den Rhein-Alpen-Korridor”, folgten zwei weitere Gründungen: “Eucor”, die Europäische Konföderation der OberrheiniFreiburg sowie die “Eisenbahnneubaustrecke Desden-Prag ” mitten Akteuren – sowohl möglichen Mitgliedern von EVTZ als auch Genehmigungsbehörden – einen Überblick über Handlungsansätze und Modelllösungen zu geben, erarbeitet das BBSR derzeit einen Bericht im Rahmen des laufenden Modellvorhabens der Raumordnung. “Es geht darum, Potenziale auszuloten, die es mit dem EVTZ-Instrument gibt, und Gründungen zu unterstützen,” erklärt Peter Jung aus dem BMI, Referat Europäische Raumentwicklungspolitik, territorialer Zusammenhalt. Dirk Peters von der Europäischen Kommission betont mit Blick auf die Förderperiode 2021 bis 2027: “Wir wollen weg von einer reinen Fördermittelvergabe hin zu Zentren strategischer Plaein Vorschlag für einen grenzüberschreitenden Mechanismus zur Überwindung rechtlicher und administrativer Hindernisse erarbeitet. Es soll erreicht weroder Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse die Regeln eines Mitgliedsstaats auch im Nachbarmitgliedsstaat angewandt werden. “Trotz Binnenmarkt behindern Rechts- und Verwaltungsvorschriften grenzübergreifende Interaktionen in Peters.

Friedhelm Schäfer ist Zweiter Vorsitzender und Fachvorstand Beamtenpolitik im DBB Beamtenbund und Tarifunion.

DBB den entsprechenden Ausbau des Mitbestimmungsrechts nach § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG für unverzichtbar.

Zeitdruck reduzieren, Digitalisierungseffekte nutzen

Wo viele verantwortungsvolle Aufgaben wahrzunehmen sind, müssen die Arbeitsbedingungen stimmen – auch im Personalrat selbst. Eine maßvolle Vergrößerung der Gremien und Erhö-

hung der Anzahl freigestellter Mitglieder trägt der zunehmenden Komplexität der von den Personalvertretungen zu bewältigenden Aufgaben Rechden Zeitdruck zu reduzieren, dem bei der Anfertigung von Stellungnahmen ausgesetzt sehen, müssten die Dienststellen ihre Personalvertretungen noch frühzeitiger Gesetzgeber den Betriebsparteien zugestehen, Fristen im Beteiligungsverfahren einvernehmlich zu verlängern. Der DBB wird sich insbesondere aber auch dafür einsetzen, dass bei der Novellierung des BPersVG

die positiven Effekte der Digitalisierung genutzt werden. Ein Beispiel aus der Geschäftsführung: Wenn Sitzungen des Personalrats als Präsenzsitzungen an einem Ort unverzichtbar bleiben, weil der Austausch von Angesicht zu Angesicht Vertrauen schafft und zweifellos am wenigsten anfällig ist für Missverständnisse, muss der Personalrat einen Teil der Sitzungen unter Nutzung moderner Kommunikationssysteme, also etwa als Videokonferenz, durchführen dürfen. Entsprechend sollte bei gegenseitigem Einvernehmen zwischen Dienststellenleiter und Personalvertretung bei Monatsgesprächen verfahren werden dürfen. Ebenso muss das im BPersVG niedergelegte Recht der Gewerkschaften zur Kontaktaufnahme mit den Beschäftigten, die vielfach neue Arbeitsmodelle wie mobile oder

Telearbeit wahrnehmen und daher in der Dienststelle gar nicht oder eher zufällig anzutreffen sind, durch einen Zugang über den E-Mail-Verteiler der Dienststelle in die Zeit gestellt werden. Beteiligung bei ressortübergreifenden Maßnahmen

Sollte der Gesetzgeber eine Lösung für ressortübergreifende Maßnahmen anstreben, so verweist der DBB auf seine seit Jahren erhobene Forderung eines Beteiligungsrechts der Spitzenorganisationen, weil wir unsnahme versprechen. Es geht bei den sogenannten ressortübergreifenden Maßnahmen konkret um Maßnahmen, die über den Geschäftsbereich eines Ministeriums hinausreichen, wie etwa das geplante IT-Rahmenkonzept. Solche Maßnahmen sollen einer Vereinbarung zwischen den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der zuständigen obersten Bundesbehörde oder der Bundesregierung bedürfen. Die unverzichtbare Einbindung der Personalvertretungen der jeweils betroffenen Bereiche mit ihrer speziellen Sachkenntnis wird gewerkschaftsintern erfolgen.

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Seite 5 Behörden Spiegel / April 2019 Bund
Foto: BS/DBB, Marco Urban

Augen auf gegen rechte Tendenzen, auch in der Polizei

Bitte keine DigitalPakt-Piñata

DigitalPakt Schule: endlich verabschiedet und doch herausfordernd

(BS/Adrian Bednarski) Der Einsatz von Soft- oder Hardware in der Bildung ist nicht nur eine Frage des Geldes, wie die Politik oft proklamiert. Sondern vor allem eine Vollzeitberufung. Denn damit einher gehen datenschutzrechtliche und sicherheitsrechtliche Grundfragen für die Schulleitung. Die Bildungsministerien sind trotzdem bei der Umsetzung des DigitalPakts Schule optimistisch, vertrauen auf ihre Schulen und unterstützen diese. Die Gefahr besteht, dass die Finanzierung des Paktes nicht Hand in Hand geht.

(BS) Eines vorab: Ich bin sicher, dass die übergroße Mehrheit der Polizistinnen und Polizisten, aber auch der Soldaten in der Bundeswehr nicht nur engagiert ihren Dienst leistet, sondern sich an Recht und Gesetz hält sowie den demokratischen Prinzipien in Zugleich gibt es Vorgänge, die zu großer Besorgnis Anlass geben. In Dresden melden sich zwei Bereitschaftspolizisten mit dem Tarnnamen des NSU-Mörders Uwe Böhnhardt zu einem Einsatz an. Ein Mitarbeiter des sächsischen Landeskriminalamts läuft bei Pegida-Demos mit und behindert Journalisten bei der Berichterstattung. In Hessen schicken mutmaßlich rechtsextreme Polizisten ausländerfeindliche Drohbriefe an eine türkischstämmige Rechtsanwältin, die eine der Opferfamilien im NSU-Prozess vertreten hatte. Als Absender gaben die Beamten NSU 2.0 an. In München wurden Mitte März sechs Polizisten vom Dienst suspendiert, die sich über einen Messenger-Dienst fremdenfeindliche Bilder, Videos und Texte zugeschickt hatten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt

wegen Volksverhetzung und des Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole. Selbst unter Polizisten gibt es Anhänger der vom Verfassungsschutz beobachteten Identitären Bewegung sowie der sogenannten Reichsbürger, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnen. Wie aber kann man dann deren staatliche Ordnung glaubwürdig vertreten und im Zweifel auch gegen deren Gegner durchsetzen? Aktive und ehemalige EliteSoldaten vom Kommando Spezialkräfte zeigen auf Geburtstagsfeiern den Hitlergruß, grölen Nazi-Lieder und gründen einen dubiosen Verein namens Uniter, dem auch hochrangige Polizeibeamte angehören. In rechten Chatgruppen wie “Nordkreuz” ist die Rede davon, dass “der weiße Mann” von einer “Umvolkung” Deutschlands bedroht sei. Deren Mitglieder bereiten sich auf einen “Tag X” vor und haben angeblich schon Depots mit Waffen angelegt und Adresslisten politischer Gegner zusammengestellt, die im Ernstfall eliminiert werden sollen.

Die Bundesregierung behaup-

Kommentar

tet, keinerlei Kenntnisse über rechte Netzwerke in Polizei und Bundeswehr zu haben, muss aber auf meine parlamentarische Nachfrage einräumen, dass Verfassungsschutz und Militärischer Abschirmdienst diesbezüglich schon mindestens 90 Aktenordner zusammengetragen haben. Wie passt das zusammen?

Ich meine: Wenn Leute, die ständige Waffenträger sind oder zumindest Zugang zu Waffen haben, sich in solchen rechtsextremen Gruppen organisieren, sich zunehmend vernetzen und womöglich sogar eine Terrorgefahr darstellen, muss das für alle Demokraten ein ernstes Alarmsignal sein. Eine kleine Minderheit von Rechtsextremen in Polizei und Bundeswehr hat nicht das Recht, die engagierte und oft auch schwierige Arbeit ihrer Kolleginnen und Kollegen in Misskredit zu bringen. Aber auch die Mehrheit darf Intoleranz, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und Nationalismus nicht schweigend hinnehmen, sondern sollte sich dagegen aktiv zur Wehr setzen.

Bundesregierung kann bei der Digitalisierung nicht Schritt halten

(BS) Die digitale Transformation ist die umfassendste gesellschaftliche Umwälzung seit der industriellen Revolution. Und sie ist längst in vollem Gange. Digitalisierung verändert wie, wo und wann wir miteinander kommunizieren, einkaufen, arbeiten und produzieren.

Das besonders Bemerkenswerte daran ist das rasante Tempo, mit der die digitale Transformation den Alltag der Menschen, die Wirtschaft und die Gesellschaft insgesamt verändert. Doch genau drin liegt auch das große Problem bei der Digitalisierung unseres Landes: Die Bundesregierung kann bisher einfach nicht Schritt halten! Deshalb ist sie an vielen Stellen nicht in der Lage, die erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Das ist wiederum der Grund, warum es bei der Umsetzung des digitalen Wandels so viele offene Baustellen gibt.

Was der Bundesregierung fehlt, ist eine übergreifende Gesamtstrategie. Zwar ist es richtig

und wichtig, dass jedes Fachressort in seinem Zuständigkeitsbereich die Digitalisierung mitdenkt. Die offenen Baustellen machen aber deutlich, dass es ohne einen übergeordneten Antreiber nicht geht. Was wir brauchen ist eine federführende und zugleich koordinierende Instanz, die alle Einzelpläne zu einem schlüssigen Gesamtkonzept zusammenführt und alle Ressorts auf die gleichen, gemeinsamen Ziele ausrichtet. Dabei müssen zuerst die ressortübergreifenden Kernvorhaben der Digitalisierung vorangetrieben werden. Denn davon wird auch der Erfolg der weiteren Fachvorhaben abhängen. Mit Blick auf die Zukunft wird es außerdem entscheidend sein, zukunftsweisende Entwicklungen frühzeitig zu gestalten. Der Lösungsvorschlag von uns Freien Demokraten liegt auf den Tisch: ein dreisäuliges Bundesministerium für Digitalisierung. In der ersten Säule geht es um die wichtigsten Zuständigkeiten der Digitalisierungspolitik. Für

diese Kernvorhaben muss das Digitalministerium zuständig sein. So kann es treibende Kraft der Digitalisierung werden. Die zweite Säule sind die Fachvorhaben der anderen Ressorts im Bereich Digitalisierung. Diese Fachvorhaben soll das Ministerium begleiten und im Rahmen einer Gesamtstrategie koordinieren. Die dritte Säule ist ein Thinktank für digitale Innovationen. Denn die technische Entwicklung ist momentan schneller als die Politik. Ziel dieses Thinktanks ist es, Trends und Entwicklungen im Digitalbereich früher zu erkennen, damit schneller gehandelt werden kann. Mit einem solchen Bundesministerium für Digitalisierung als treibende und koordinierende Kraft könnte die digitale Transformation der Politik deutlich an Tempo gewinnen und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im Digitalzeitalter gesichert werden. Deshalb ist ein Digitalministerium unverzichtbar.

Gemeinsame Lösung mit dem Bund

Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz

(BS/kh) Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder votieren einstimmig gegen die Ankündigung des Bundes, sich aus der Finanzierung der Flüchtlingskosten weitgehend zurückzuziehen. Sie fordern Kompromissbereitschaft und erwarten eine klare Integrationsstrategie mit solider Finanzierung.

“Diese Haltung des Bundes ist nicht akzeptabel“, sagte Peter Tschentscher , Erster Bürgermeister von Hamburg, nach der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), deren Vorsitz er innehat. Hintergrund waren die Pläne Olaf Scholz (SPD), den Beitrag des Bundes zu den Integrationskosten von derzeit 4,7 Milliarden Euro pro Jahr bis 2022 auf dann 1,3 Milliarden Euro jährlich zu

senken. Die Länderchefs seien sich einig, an einer gemeinsamen Lösung mit Scholz arbeiten zu wollen. Sollte dies allerdings nicht erfolgreich sein, werde zeitnah eine weitere MPK mit der Kanzlerin angesetzt. Weitere Themen der Konferenz waren u. a. die Energiewende sowie die Reform des öffentlichrechtlichen Rundfunks. Die MPK sprach sich für eine Gesamtstrategie in der Klima- und Energie-

politik aus. Tschentscher betont, dass Klimaschutz und Industrie miteinander vereinbart werden müssten. Bund und Länder sollten sich stärker abstimmen und konkrete Maßnahmen auf den Weg bringen. Bezüglich der Rundfunkgebühren werde Anfang 2020 eine Empfehlung über deren Höhe ausgesprochen, nachdem verschiedene Finanzierungsmodelle geprüft worden seien.

Viele Akteure haben klare Vorstellungen vom DigitalPakt Schule. So auch Moritz Bayerl, Vorstandsmitglied der Landesschülervertretung NRW: “Der Digitalpakt soll sowohl Technik in die Schulen bringen als auch Lehrer schulen, mit dieser umzugehen.” Denn die Technik, die an den Schulen vorhanden sei, sei teils so veraltet, das selbst einfachste Programme nicht funktionierten.

Keine Landesmittel

Eine weitere Herausforderung kommt jedoch auf die Schulleitung direkt zu. Das Oberlandesgericht Hamm hat im vergangenen Jahr mittels seiner Rechtsprechung ein Zeichen gesetzt, dass die automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten eine innerschulische Angelegenheit sei und damit der Schulleitung obliege. Auch die Nutzung von Transpondern, als digitale Schlüssel, würde darunterfallen, weil diese personenbezogene Daten sammeln würden.

D ementsprechend bräuchte die Leitung einerseits Datenschutzkenntnisse (z. B. Führung von Verfahrensverzeichnissen, Nachweis der SchutzvorkehrunNutzung privater Endgeräte wie Smartphones oder Tablets durch Lehrkräfte unterbinden. Dies führe dann zu Beschaffungsfragen hinsichtlich solcher Endgeräte sowohl für die Schüler als auch die Lehrer, die geklärt werden müssten. Andererseits benötigt sie die Kompetenz, die Hardware prüfen und hinsichtlich der Datensicherheit und des Datenschutzes bewerten zu können, sodass beispielsweise ein Datentransfer in datenschutzrechtlich kritische Staaten wie China unterbunden werden könnte. Über diese praktischen Herausforderungen sind sich viele Schulen noch nicht gänzlich im Klaren. Schulen gut vorbereitet?

Deshalb stellt sich die Frage, ob die Schulen auf den DigitalPakt Schule vorbereitet sind. An den Schulen in Brandenburg wird seit über zehn Jahren das Format der zwischen Schule und Träger abgestimmten Medienentwicklungsplanung praktiziert. Seit 2016 erarbeiten Schulen mit Bezug zu dem Rahmenlehrplan 1-10 und dem darin enthaltenen “Basiscurriculum Medienbildung” schul interne Curricula. “Die Praxis im Umgang mit beiden Formaten lässt erwarten, dass Schulen im Land Brandenburg gut vorbereitet sind, die von der Verwaltungsvereinbarung Digitalpakt Schule geforderten pädagogisch-technischen Einsatzkonzepte zu erstellen”, heißt es aus dem brandenburgischen Bildungsministerium.

Auch das Schulministerium NRW wirkt optimistisch: Bis zum Ende des Schuljahres 2019/20 hätten die Schulen nun Zeit, auf der Grundlage des Medienkompetenzrahmens NRW ihre Medienkonzepte zu erarbeiten oder zu überarbeiten. “Viele Schulen haben sich hier bereits auf den Weg gemacht und ihre Medienkonzepte erstellt”, heißt es aus dem Schulministerium.

Kritischere Gewerkschaft

Maike Finnern, stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) des Landesverbandes NRW, sieht hingegen einen “sehr unterschiedlichen” Vorbereitungsstand der nordrhein-

Kooperation ist das oberste Gebot, denn eine DigitalPakt-Piñata durch Polarisierung und Politisierung kann sich bzgl. der Zukunftsfähigkeit für die künftigen Bildungsgenerationen niemand leisten. Foto: BS/Teran, stock.adobe.com

westfälischen Schulen. “Es muss mit Sicherheit noch einmal genau geguckt werden, inwieweit die bestehenden Konzepte den Anforderungen des DigitalPakts entsprechen. Zudem gilt, dass längst nicht alle Kommunen und Schulen geeignete Konzepte haben.” Zudem würden Schwierigkeiten genau da auftreten, wo es um die konkrete Beantragung ginge, erläutert die stellv. Landesvorsitzende weiter. “Die Vorgaben sind so, dass auf der Grundlage des extrem unterschiedlichen Ausbaustands in den Kommunen auch die Möglichkeiten zur Beantragung unterschiedlich sein werden.” Zudem bräuchten die S chulen ein Mitspracherecht bei den Absprachen zur Ausschreibung, denn sie wüssten am ehesten, was sie benötigten. Eine große Schwierigkeit sei, dass die Mittel des DigitalPakts zeitlich begrenzt seien. Aber die Investitionen in Digitalisierung seien nicht einmalig, sondern dauerhaft notwendig, weil Geräte veralteten oder digitale Infrastruktur gepflegt werden müssten. “All das ist in dem Digitalpakt nicht abgebildet, aber für ein Gelingen unabdingbar”, so Finnern Lösungsvorschläge der GEW Deshalb müssten Schulträger und Schulen ihre Konzepte aufeinander abstimmen und gemeinsam festlegen, was aus dem DigitalPakt beantragt werden solle, denkt Finnern. Es bräuchte Unterstützung für die Schulen bei der Erarbeitung der Medienkonzepte. Das beinhalte sowohl Zeit für die Konzepterstellung (bspw. zusätzliche pädagogische Tage) und Möglichkeiten zur externen Beratung und Unterstützung. Ferner “erwarten wir von der Landesregierung, dass sie eine Fortbildungsoffensive startet”. Der Arbeitgeber müsse für seine Beschäftigten Geräte stellen, diese entweder aus dem DigitalPakt über schulgebundene Geräte oder über andere Mittel (Land bzw. Schulträger)meinsam mit den Schulträgern eine Administration der digitalen Infrastruktur sichergestellt werden. Die Lehrkräfte könnten dies nicht alleine leisten.

Unterstützung der Schulen

Das Bildungsministerium Brandenburg betonte, wie wichtig eine enge Zusammenarbeit mit den kommunalen Partnern bei der Terminierung der DigitalPaktFörderungen im Zeitraum der nächsten fünf Jahre sei. Hier sei geplant, durch ein transparentes Verfahren Vertrauen zu bilden. Auch solle die kommunale Ebene bei der Umsetzung des DigitalPakts hinsichtlich der Prozessplanung unterstützt werden, Ausstattungsempfehlungen

sowie aufeinander abgestimmte Fortbildungsangebote für Lehrkräfte würden erarbeitet. Eine wichtige Rolle spielten weiterhin die Umsetzung der BreitbandFörderung im Flächenland Brandenburg und sich daran anschließende Fragen der Finanzierung von Folgekosten. Das nordrhein-westfälische Ministerium hat eine Unterstützungsstruktur für die Schulträger und die Schulen aufgebaut. In allen fünf Bezirksregierungen sind Geschäftsstellen von Gigabit.NRW angesiedelt, die zur digitalen Infrastruktur die Schulen unterstützen und beraten sollen. Darüber hinaus sind derzeit 180 Medienberater des Landes als Ansprechpartner für die Schulen und Schulträger zur Schulentwicklung in der digitalen Welt tätig. Beratungsschwerpunkte sind Medienkonzeptentwicklung, lernförderliche IT-Ausstattung und deren Anwendung und kommunale Medienentwicklungsplanung. Auch werde schrittweise für jede Schule ein Medienkoorwirke.

Abruf der Fördermittel

Aber wenn der DigitalPakt Schule Einzug in die Länder hält, so zeigt ein Beispiel aus Bayern gerade dort noch Klärungsbedarf auf. Der Bayerische Städtetag kritisiert, dass das Bayerische Kultusministerium “überraschend mitgeteilt hat, dass das erst letzte Jahr aufgelegte Förderprogramm sofort beendet wird. Stattdessen sollen die Kommunen auf die im DigitalPakt von Bund und Ländern angekündigten Bundesmittel warten und dürfen solange keine IT-Ausstattung mehr beschaffen, bis geklärt ist, wofür die Bundesmittel verwendet werden dürfen.” Es helfe daher wenig, wenn zwar Landesmittel bereitgestellt würden, aber keine neuen Förderanträge mehr gestellt werden dürften. “Es wäre nicht akzeptabel, wenn Landesmittel eingespart und durch Bundesmittel ersetzt werden sollten”, kritisiert der kommunale Verband. Das Bayerische Kultusministerium zeigt auf, dass beispielsweise mit dem Masterplan Digital II Landesmittel in Höhe von 212,5 Mio. zur Förderung der digitalen Ausstattung Euro zur Verfügung stünden. Die Förderprogramme liefen bis 2020 und seien “im aktuellen Doppelhaushalt vollständig veranschlagt und die Kommunen können die zugesagten Mittel vollständig abrufen”, heißt es aus dem Ministerium. Die Bundesmittel des DigitalPakts würden mit ihren 778 Mio. Euro hinzukommen. Aber: Die rechtlichen Voraussetzungen zur Beantragung der Mittel aus dem DigitalPakt liegen noch nicht vor. Dies würde jedoch zeitnah geschehen, heißt es aus dem Ministerium.

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 6 Bund / Länder
Kommentar

Insgesamt hatte Eurostat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften EY und PWC damit beauftragt, zu 20 Themen der öffentlichen Rechnungslegung Diskussionspapiere zu verfassen, die dann in der EPSAS Working Cell on Principles related to EPSAS Standards diskutiert wurden. Diese Working Cell tagte von 2016 bis 2018 sechsmal und hatte das wesentliche Ziel, einen Entwurf eines EPSAS-Frameworks zu erarbeiten. Eine weitere Sitzung dieser Cell ist für den 23. April 2019 in Luxemburg geplant. Neben dieser Cell gab es noch die EPSAS Cell on Governance Principles, die insgesamt viermal zusammentraf. Die Arbeitsergebnisse der EPSAS Working Cells wurden dann in der EPSAS Working Group vorgestellt und weiter diskutiert. Die Working Group beriet in den Jahren 2015 bis 2018 siebenmal; ein weiteres Treffen ist für den 13. und 14. Mai 2019 in Rom geplant. Die Working Group setzt sich aus stimmberechtigten Mitgliedern aller EU-Mitgliedsstaaten und nicht stimmberechtigten Beobachtern aus den EU-Mitgliedsstaaten zusammen. Stimmberechtigt für Deutschland sind zwei Vertreter des Bundesmi-

EPSAS-Update

Eurostat arbeitet intensiv an Framework und Standards

(BS/Alexander Beer/Dr. Karsten Nowak) Der Deutsche Bundestag diskutierte in den Jahren 2013 und 2015 und der Bundesrat im Jahr 2014 über die European Public Sector Accounting Standards, die sogenannten EPSAS. Der Bundesrechnungshof gab Ende des Jahres 2017 einen Bericht nach § 99 BHO über die angestrebte Einführung harmonisierter Rechnungsführungsgrundsätze für den öffentlichen Sektor ab. Nun scheint es um die EPSAS ruhig geworden zu sein. Doch der Schein trügt. Hinter den Kulissen arbeitet Eurostat intensiv an einem EPSAS-Framework und beginnt bereits über einzelne Standards nachzudenken.

tätsprinzip ist also zwingender Bestandteil einer generationengerechten öffentlichen Rechnungslegung. Das Neutralitätsprinzip verhindert hingegen Generationengerechtigkeit und hat im EPSAS-Framework dementsprechend nichts zu suchen!

Wenig Bewegung in der Diskussion hierzulande

to EPSAS Standards. Zwei der aus neun Experten bestehenden Working Cell waren ausgewiesene IPSAS-Befürworter. Es arbeiteten, ungetrübt von BrexitErwägungen, der Vorsitzende des IPSASB, Ian Carruthers, und Thomas Müller-Marqués Berger, Partner bei EY und Vorsitzender der Consultative Advisory Group, Positiv anzumerken ist, dass die EPSAS Working Cell on Principles related to EPSAS Standards es geschafft hat, einen Entwurf eines EPSAS-Framework vorzulegen.

nicht entgegenkommen möchten, wie soll dann sinnvolle Verständigung und ein Kompromiss in deutschem Interesse möglich werden?

Realisations- und das Imparitätsprinzip festschreiben

werden. Auch erübrigt sich die gerade startende Diskussion um die Gestaltung des Other Comprehensive Income (COI), wenn die Wertobergrenze die Anschaffungs- und Herstellungskosten

nisteriums der Finanzen (BMF) und ein Vertreter des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat. Als Beobachter nehmen zurzeit aus Deutschland ein Vertreter der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg sowie ein Vertreter des Hessischen Rechnungshofs an den Sitzungen der Working Group teil.

Starker Einfluss der IPSAS-Befürworter

Doppelt kritisch anzumerken ist

Befürworter in der EPSAS Working Cell on Principles related

Allerdings ist es aufgrund des hohen “IPSASüberraschend, dass die sich imsätze sich stark an den IPSAS orientieren. Die beiden deutschen Vertreter (BMF und Hessischer Rechnungshof) in dieser Working Cell haben intensiv versucht, wenigstens das Vorsichtsprinzip mit seinen Ausprägungen Realisations- und Imparitätsprinzip in den Framework-Entwurf zu implementieren. Dies konnte jedoch nur in Ansätzen gelingen. Das Wesen von Verständigung und eines jeden Kompromisses ist das gegenseitige Entgegenkommen. Wenn aber jedem europäischen Partner klar ist, dass manche

Das Vorsichtsprinzip ist zwar im Entwurf des EPSAS-Frameworks genannt, steht allerdings neben dem Neutralitätsprinzip. Somit dürfte das Vorsichtsprinzip lediglich als Bewertungsprinzip verstanden werden und nicht wie notwendig als Ansatz- und Bewertungsprinzip. In der weiteren Diskussion, dann hoffentlich mit Verständigungspotenzial, wird das Neutralitätsprinzip aus dem Framework zu verbannen sein; stattdessen wären das Realisations- und das Imparitätsprinzip explizit festzuschreiben.

Warum? Zwecke der öffentlichen Rechnungslegung sind Rechenschaft, Nachhaltigkeit, Generationengerechtigkeit und Vergleichbarkeit. Im Sinne der Nachhaltigkeit sollte der Ausweis nicht realisierter Gewinne vermieden werden. Das bedingt die Einhaltung des Realisationsprinzips. Daraus ergeben sich die Anschaffungs- und Herstellungskosten als maximaler Wertansatz. Fair Values, die höher sind als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, führen also zum Ausweis nicht realisierter Gewinne. Das ist in der öffentlichen Rechnungslegung nicht wünschenswert. Die Information über höhere Marktwerte sollte besser im Anhang gegeben

Herausforderung Glücksspielregulierung

Das Glücksspielwesen ist sehr komplex: wirtschaftliche Interessen stoßen auf suchtpolitische Notwendigkeiten, föderale Zuständigkeiten und eine Vielzahl an Gesetzen und Gerichtsurteilen. In der Politik erkennt man mehr und mehr die Notwendigkeit, sich diesen Problemen stellen zu müssen. Der Behörden Spiegel möchte Sie herzlich einladen, auf dem 4. Bundeskongress zum Glücksspielwesen mit Entscheidern aus Politik und Verwaltung, Wissenschaft und Praxis ins Gespräch zu kommen, um über die Zukunft der Glücksspielregulierung zu diskutieren und um gemeinsam Lösungen zu entwickeln.

Fair Values generell zu verdammen sind. Nein, immer dann, wenn sie kleiner als die Buchwerte sind, sollen sie im Rahmen der Niederstwertprinzipien zur Anwendung kommen.

Generationengerechtigkeit herstellen

Das Imparitätsprinzip ist wesentlich, um die Generationengerechtigkeit sicherzustellen. Nur wenn durch heutige Entscheidungen verursachte, sich aber erst zukünftig realisierende Verluste auch heute in der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung abgebildet werden, ist die öffentliche Rechnungslegung generationengerecht. Das Impari-

Während also auf Ebene der EU intensiv gedacht und diskutiert wird, sind in Deutschland die Positionen zu den EPSAS und damit auch zur Doppik von den unterschiedlichen Entschei-ben sich auch nicht geändert. Was allerdings etwas erstaunt, ist, dass der Mehrwert der staatlichen Doppik nicht erkannt, teilweise sogar negiert wird. Einerseits erstaunt dies inhaltlich: Die staatliche Doppik liefert neben einer Zahlungsrechnung eben auch noch Informationen über die Vermögens- und Ertragslage. Eine vollständige parlamentarische Information ist nur über die Doppik herzustellen. Der Ressourcenverbrauch, der vollständige Vermögensausweis und auch der vollständige Ausweis der Verbindlichkeiten ist nur mit der Doppik möglich. Verbindlichkeiten sind zukünftige Gebietskörperschaft. Somit stellt die Bilanz gerade in Zeiten der Schuldenbremse eine Art “Früh-

tungen vollständig erkennen lässt. Mithin bietet die Doppik auch in der deutschen Debatte um nachhaltige öffentliche Investitionen Argumentationspotenzial. Sehr klar konstatiert die EU-Kommission im Länderbericht 2019 zu Deutschland, Seite 43: “Die periodengerechte Rechnungsführung als Standard für die öffentliche Rechnungslegung bietet einen umfassenden und transparenten Überblick über die Vermögens-, Finanzund Ertragslage einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und kann Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit unterstützen. Die meisten öffentlichen Körperschaften auf kommunaler Ebene haben in Deutschland mittlerweile auf die periodengerechte Rechnungsführung umgestellt, was sich jedoch für die Bundes- und Länderebene nicht sollten wir gemeinsam angehen. Leider wird die EU von manchen in Deutschland zu wenig ernst genommen. Wohl haben manche das stets schiefe Bild vom Koch und Kellner zu sehr verinnerlicht und gefallen sich in der Position als tatsächlicher oder vermeintlicher Zahlmeister Europas nach der Devise, wer bezahlt, bestellt auch. Gerade hierbei erstaunt die Ablehnung gegenüber der Doppik auch politisch: Deutschland ist verschiedene Verbindlichkeiten. So beträgt der Haftungsanteil Deutschlands am Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM rund 27 Prozent. Das entsprach Ende 2018 rund 21,7 Milliarden Euro an eingezahltem und 168,3 Milliarden Euro an abrufbarem Kapital. Zur Transparenz zukünfdie Doppik, mithin EPSAS, mehr als wünschenswert. Der EU und in ihr Deutschland wird ein Update guttun – namentlich ein doppisches.

Hochkarätig besetzte EPSAS-Diskussion in Berlin

Um die EPSAS-Debatte weiter voranzutreiben, laden die Hessische Landesregierung und der Hessische Rechnungshof am 14. Mai 2019 zu einer Diskussionsveranstaltung zum Thema “EPSAS – Mehrwert für die parlamentarische Kontrolle?” in die Hessische Landesvertretung in Berlin ein. Neben Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer und Rechnungshofpräsident Dr. Walter Wallmann werden sich Klaus-Heiner Lehne, Präsident des Europäischen Rechnungshofes, und Werner Gatzer, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, mit Impulsvorträgen in die Diskussion einbringen. Der Stellevertretende Direktor bei Eurostat, John Verrinder, wird

über den aktuellen Stand des EPSAS-Projektes berichten. An der abschließenden Diskussion, moderiert von Behörden Spiegel-Redakteur Guido Gehrt, beteiligen sich darüber hinaus noch die Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses des Europäischen Parlaments, Dr. Inge Gräßle, Dr. Karsten Nowak vom Hessischen Rechnungshof sowie der Kämmerer der Stadt Nürnberg, Harald Riedel. Die Veranstaltung beginnt um 19:30 Uhr. Weitere Informationen und eine Anmeldemöglichkeit unter stehen auf der Webseite des Hessischen Rechnungshofes zur Verfügung (https://rechnungs hof.hessen.de/events).

4. BUNDESKONGRESS zum Glücksspielwesen

7 bis 8 Mai 2019, Berlin

Fachforen zu den Themen Strukturierung von Glücksspielangeboten / Spielerschutz / Kommunal- und Landesfinanzen

Themen des Bundeskongresses, u. a.:

• Glücksspielstaatsvertrag und Regulierung

• E-Sports im Fokus der Glücksspielregulierung

• Vergnügungsstätten: Pooling und Konzentration, gleichmäßige Verteilung oder alles raus ins Gewerbegebiet?

Referenten, u. a.

Peter Beuth, Hessischer Minister des Innern und für Sport

Weitere Informationen unter www.gluecksspielwesen.de

• Der Umgang mit Extremspielern und Grenzen der Regulierung

• Marktverteilung, Steueraufkommen und gesellschaftlicher

Nutzen

• Erwartungen der Anbieter an die Glücksspielregulierung

Clemens Hoch, Staatssekretär, Chef der Staatskanzlei

Rheinland-Pfalz

Christian Gaebler, Staatssekretär, Chef der Senatskanzlei Berlin

Fotos: BzGw/© HMdIS (links); BzGw/© Staatskanzlei RLP / Stefan Sämmer (Mitte); BzGw/© Lena Giovanazzi (rechts)

Eine Veranstaltung des Medienpartner

Beiträge zum Glücksspielwesen

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 8 Finanzen
Alexander Beer (links) ist Leiter des Referats “Europäische Union, internationale Zusammenarbeit und EURORAI” beim Hessischen Rechnungshof. Dr. Karsten Nowak ist der für EPSAS zuständige Direktor beim Hessischen Rechnungshof. Fotos: BS/privat Zeichnungen: BS/Jessica Blarr

Ein zentraler Meilenstein bei der Bündelung der IT-Beschaffung wurde 2018 erreicht: Ke rn dieses Meilensteins der strategischen Neuausrichtung der IT-Beschaffung im Bund ist der schrittweise Aufbau der Zentralstelle IT-Beschaffung (ZIB) im Beschaffungsamt des BMI bei gleichzeitiger Entlastung der übrigen Vergabestellen in den Bundesbehörden. Die ZIB arbeitet eng mit den Vergabestellen der IT-Dienstleister ITZBund und BWI GmbH zusammen.

Auf Basis einer Mitte 2018 durchgeführten Erhebung konnten bereits 85 Prozent des ITBeschaffungsvolumens in Höhe von 844 Mio. Euro gebündelt, die Vergabestellen in den Bundesbehörden entlastet und erste Einkaufsvorteile erzielt werden.

Die Zentralstelle IT-Beschaffung

Zum 01.Januar 2017 wurde die ZIB als neue Abteilung im Beschaffungsamt des BMI gegründet und mit der Umsetzung der IT-Beschaffungsbündelung betraut. Neben der Ausschreibung von Rahmenverträgen für die Warengruppe IT ist die ZIB

Mit der Digitalisierung geht für IT-Verantwortliche ein enormer Aufgabenzuwachs einher. Alles muss digitalisiert werden, ständig verfügbar sein, gleichzeitig darf die Komplexität nicht überhand nehmen und eigentlich sollen noch neue Innovationen entwickelt und eingesetzt werden. Im Gegenzug fehlen die Fachkräfte. Das alles führt zur Frage: selbst bereitstellen oder einkaufen? “Man kann nicht alles outsourcen, da der IT-Verantwortliche die Kontrolle behalten muss”, unterstreicht Jürgen Renfer, IT-Leiter bei der kommunalen Unfallversicherung Bayern. Genauso wenig könne man aber alles alleine machen. Die Antwort sei die künftige Rolle als Service-Provider, dersamer Steuerung und gleichzeitiger Kontrollabgabe, so Renfer. Entscheidend dafür sei der Leistungsschnitt, die genaue Grenze zwischen der Eigenerbringung und der Auslagerung von Leistungen. “Wir haben den Leistungsschnitt oberhalb der Betriebssysteme angesiedelt”, berichtet der IT-Leiter. Die Betreuung dieser standardisierten Systeme werde Vertragspartnern überlassen, die darauf aufbau-

Bündelung schreitet voran

Die IT-Beschaffung als Treiber der Digitalisierung und IT-Konsolidierung

(BS/Dr. Andreas Gehlert) Die Digitalisierung der Bundesverwaltung setzt sichere und leistungsfähige Informations- und Kommunikationstechnik

voraus. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung bereits im Mai 2015 beschlossen, die IT der Bundesverwaltung zu konsolidieren. Einer der drei Grundbestandteile dieses Beschlusses ist die Bündelung der bisher dezentral in den Behörden vorgenommenen IT-Beschaffungen der unmittelbaren Bundesverwaltung in wenigen zentralen Stellen. Als Ziele der IT-Beschaffungsbündelung wurden eine Verbesserung der Einkaufspreise durch Skaleneffekte, die Durchsetzung wichtiger Anforderungen der Bundesverwaltung am Markt sowie eine weitere Professionalisierung der IT-Beschaffung festgeschrieben. Damit unterstreicht der Kabinettbeschluss die strategische Relevanz der Beschaffung für eine leistungsfähige IT und damit für die Digitalisierung.

Dr. Andreas Gehlert arbeitet im Bereich Digitale Verwaltung – Digitalisierungsprogramm im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI). Foto: BS/Lars Neumann

auch für die Bedarfsermittlung, das Risiko- und Vertragsmanagement sowie weitere Unterstützungsaufgaben verantwortlich.

Die ZIB fungiert als Mittler zwischen Markt und Bedarfsträger und unterstützt die zunehmende

Professionalisierung und strategische Ausrichtung der öffentlichen IT-Beschaffung (siehe: www.faszination-beschaffung.de/arbeitenbei m-bescha/ zib/).

Ein auch nach außen sichtbares

Instrument der ZIB ist die so genannte Rahmenvertrags-Roadmap. Aus dieser Rahmenvertrags-Roadmap gehen alle zukünftigen Beschaffungsvorhaben hervor, lange bevor sie regulär bekannt gemacht werden. Die Rahmenvertrags-Roadmap

erlaubt es einerseits potenziellen Bietern der Wirtschaft, sich auf bevorstehende Ausschreibungen z. B. durch Partnering vorzubereiten und andererseits den Bedarfsträgern, den aktuellen Stand relevanter Ausschreibungen zu verfolgen (siehe: e-beschaffung. bund.de/DE/Wissenswertes/ ZIB/RVRoadmap/RVRoadmap_ node.html).

Die strategische Beschaffung Mit der Gründung der ZIB wurde ferner der Fokus von der operativen auf die strategische Beschaffung erweitert. Die wichtigste organisatorische Maßnahme war die Trennung dieser Bereiche innerhalb der

ZIB. Die strategischen Beschaffer sind die Ansprechpartner für potenzielle Bieter, führen Markterkundungen und –analysen durch Rahmenvertrags-Roadmap. Die operative Beschaffung betreut die laufenden Vergabeverfahren.

Die Trennung der operativen von der strategischen Beschaffung dient damit als Instrument der Korruptionsprävention indemgabeverfahren durch die Bieter effektiv unterbunden werden.

Für die strategische Steuerung der IT-Beschaffung durch die Bundesressorts wurde eine ITBeschaffungsstrategie entwickelt.

Diese IT-Beschaffungsstrategie

Zwischen Steuerung und Ergonomie

Alltagseinblicke bei IT-Bedarfsträgern und Einkäufern (BS/Jörn Fieseler) Welche Leistungen im IT-Bereich werden idealerweise ausgeschrieben, welche selbst erbracht? Warum braucht man im ITBetrieb keine Vertragsstrafen? Wie wirken sich Lizenzvorgaben bei Open Source-Produkten auf die Beschaffung aus? Lässt sich die Akzeptanz von Produkten beim Endanwender steigern, wenn er nicht das Produkt bekommt, das er möchte? Antworten auf diese Fragen lieferten die IKTBeschaffertage des Behörden Spiegel.

entscheidend. Erstens der Kompetenzerhalt, um auch weiterhin steuern zu können. Zweitens der Standardisierungsgrad: Die eigene Organisation müsse erst mal “managed service ready” werden, so Renfer, sprich überhaupt in der Lage sein, bestimmte Aufgaben abgeben zu können. Als erster Indikator dienen sämtliche Applikationen und die Frage, ob sie Web-basiert seien.

Zudem müssten die technischen (drittens) sowie die rechtlichen (viertens) Rahmenbedingungen stimmen. Zum vierten Punkt zählen vor allem die Vergabe- und Vertragsparameter. “Abhängig vom Eigentums- oder Bereitstellungsmodell ist zu klären, welcher EVB-IT-Vertrag am besten passt”, erläutert Renfer. Als nächstes gelte es zu prüfen, ob Subunternehmer beteiligt sind. “Wenn ja, treffen Sie in Ihren Verträgen Vorsorge und nehmen Regelungen für den Fall

“Deshalb benötige ich auch keine Vertragsstrafen”, so Renfer Wenn die Zusammenarbeit nicht funktioniere und das Vertrauen geschädigt sei, müsse eh ein neuer Partner gesucht werden.

Weitverbreitet: Open Source Verbunden mit dem Leistungsschnitt ist der Einkauf der Leistungen, die ein Externer erbringen soll. Doch gerade bei Software-Produkten steigen sowohl die Anforderungen, als auch der Anteil von Open SourceLösungen, betont Elke Bischof, Fachanwältin für IT-Recht in der Kanzlei Mayburg Rechtsanwälte. Damit ist immer mehr auf das Lizenzwesen zu achten. Selbst in Standardprodukten werde zum Teil Open Source Software (OSS) mit verbaut. Das Besondere: “Open Source sind vollumfänglich urheberrechtlich geschützt”, so Bischof. Da aber die meisten Produkte aus den USA kämen, gelte auch das amerikanische Urheberrecht. In zweierlei Hinsicht komme erschwerend hinzu, dass von Open Source gebe. “Eigentlich bedeutet Open Source, dass die Software kein Geld kosten darf”, erläutert Bischof den ersten Aspekt. Dies gelte aber nicht für die Weiterentwicklung und den Support. Diese Leistungen müssen nicht kostenlos sein.

Lizenztext ist entscheidend

zukommen zu lassen, sondern auf den Lieferanten zugehen. So könne im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbes die Erklärung

gewiesen und die Bieter deshalb aufgefordert, ein Gerät für eine Teststellung bereitzuhalten, die nach der formellen Prüfung der

schreibt neben den Primärzielen Bedarfsdeckung, Rechtskonformität und Wirtschaftlichkeit auch weitergehende Sekundärziele wie IT-Sicherheit, Datenschutz, soziale und ökologische Nachhaltigkeit sowie Barrierefreiheit fest. Weiterhin enthält die ITBeschaffungsstrategie moderne betriebswirtschaftliche Elemente wie z. B. Portfoliotechniken, die eine systematische Steuerung der IT-Beschaffung erlauben.

Ausblick

Die Bündelung der IT-Beschaffung ist nach dieser ersten Projektphase noch nicht abgeschlossen. In den kommenden zwei Jahren wird die ZIB kontinuierlich ertüchtigt, um schrittweise weitere Ausschreibungen zu übernehmen. Darüber hinaus werden die Prozesse der ZIB sowie die Zusammenarbeit mit den IT-Dienstleistern und den Bedarfsträgern verbessert. Mitte 2020 erfolgt eine Evaluation des Fortschritts der Bündelung der IT-Beschaffung. Die Organisation der IT-Beschaffung in der Bundesverwaltung wird anhand dieser Evaluationsergebnisse zielgerichtet weiterzuentwickeln sein.

Peter Franz, Senior Consultant Vergabemanagement IABG, Bruder von Lux und dessen ehemaliger Mitarbeiter. So werde das Gewicht etwa mit zwei digitalen Küchenwaagen gemessen. Die anschließende Punktevergabe orientiert sich am leichtesten Gerät. Für je fünf Prozent zusätzliches Gewicht werden zwei Punkte weniger vergeben. “Wir wollen sachgerechte, vergleichbare und nachvollziehbare Ergebnisse mit möglichst wenig Aufwand”, begründet Lux das Vorgehen. Das führe zu einer gewissen Kriteriensparsamkeit. Dazu werden das Vorgehen bei den Tests, die Punktevergabe und die Anforderungen, wofür es Punkte gibt, in den Vergabeunterlagen beschrieben. “Und wir kommunizieren die Ergebnisse klar an die Bieter, zum Beispiel wenn es sich um Schwächen am Gerät gehandelt hat. Beim Preis sagen wir aber nur, dass jemand anders preislich besser war, mehr nicht”, so der IT-Beschaffungsstellenleiter.

Erläuterten praktische Tests bei der Beschaffung von IT-Geräten: Martin Lux (r.) und Dr. Johann Peter Franz (l.). Fotos: BS/Fieseler

enden Eigenleistungen, zum Beispiel Fachverfahren, werden selbst betrieben. “Das erspart uns eine Menge Ärger.”

Leistungsschnitt und Vertragsparameter

Anhand dieses Leistungsschnitts werden erstens die Servicemodelle und die dafür notwendige Aufteilung von Zuständigkeiten, zweiten die Eigentumsmodelle bei Software und Hardware sowie drittens die Bereitstellungsmodelle geklärt.

Zu letzterem gehöre die Frage, welche Betriebsmittel beim Provider bleiben müssen, welche an den Kunden gehen können. Letztlich seien vier Parameter

eines Betriebsübergan gs auf, falls das Subunternehmen aufgekauft wird”, rät der IT-Leiter.derkündigungsregelung sollte das Mindeste sein.

Und zu guter Letzt sollten Service Level Agreements so ausgestaltet sein, dass für Generalziele wie Verfügbarkeit, Sicherheit und Performance einfach gestaltete Messgrößen vorliegen. Dazu sind im Sinne der DienstleisterSteuerung wiederrum regelmäßig

Ebenen notwendig. “Das schafft Vertrauen und man lernt viel über den Dienstleister.” Gebe es Differenzen, würden diese kooperativ aus der Welt geschafft.

Zum Zweiten sei der Lizenztext entscheidend. “Wichtig ist immer der Originaltext der Lizenz in der Originalsprache”, unterstreicht Bischof. Generell ließen sich drei verschiedene Lizenzmodelle unterscheiden. Je nachdem ob die Weitergabe, der sogenannte Copyleft-Effekt, uneingeschränkt, beschränkt oder sehr streng ausgestaltet worden sei. So könne der Lizenzgeber des OSS-Produktes verlangen, dass bei Verwendung das entstandene neue Produkt ebenfalls als Open Source frei verfügbar sein muss. Dies wiederum könne sich fatal für den öffentlichen Auftraggeber auswirken: Zum Beispiel wenn es sich bei dem neuen Produkt um eine Personalverwaltungssoftware handelt, meint Bischof Die Fachanwältin für IT-Recht rät deshalb, sich nicht tot zu stellen und das Problem auf sich

Erläuterte die Abwägung zwischen IT-Steuerung und Kontrollabgabe: Jürgen Renfer

gefordert werden, keine OSS zu verwenden. Erfolge die Meldung nicht, könne der Bieter ausgeschlossen werden. Stelle sich die Erklärung am Ende als falsch heraus, könne eine Vertragsstrafe vorgesehen werden. Allerdings müsse dies individuell ausgearbeitet werden, da die EVB-IT zu den verschiedenen Lizenzmodellen keine Aussagen machen. Finden, messen, optimieren Doch nicht nur bei Softwarelösungen gilt es die richtigen KriteHardware-Produkten. In der zentralen IT-Beschaffungsstelle der Ludwig-Maximillians-Universität München setzt man dabei zunehmend auf ergonomische Tests. “Eine gute Ergonomie erhöht den Nutzwert durch Endkunden”, unterstreicht Martin Lux. Leiter der zentralen IT-Beschaffungsstelle. Deshalb habe sein Bereich über Jahre hinweg aus den Geräteanforderungen Kriterien für die Beschaffung abgeleitet und sogar eigene Tests entwickelt. “Wir wollen damit nicht die Herstellerangaben zu den Geräten wiederlegen, sondern die Praxistauglichkeit prüfen.” So seien bspw. bei Notebooks Tests zum Gewicht, zur Haptik und Verarbeitung des Gehäuses, zur Lautstärke, Bildschirmhelligkeit und Tastatur oder zum Stromverbrauch an der Tagesordnung. Auf diese Tests werde bereits in den Vergabeunterlagen hin-

Angebote durchgeführt wird. Diese erfolgt für alle Geräte im gleichen Raum, mit dem gleichen Setup und den gleichen Messgeräten, berichtet Dr. Johann

Vieles ist testbar”, ergänzt Franz. Er rät Nachahmern abschließend klein anzufangen. “Machen Sie am Anfang nur einen Test in einer Ausschreibung, sammeln Sie Erfahrungen und prüfen Sie die Reaktionen der Bieter.”

Beratung für Bewerter und Bieter

Ausschreibungen · Submissionen

Seite 9 Behörden Spiegel / April 2019 Beschaffung / Vergaberecht

Eine Entscheidung mit “aber”

Gemeinnützigkeit von Hilfsorganisationen nur bei keiner Gewinnerzielungsabsicht

(BS/Jörn Fieseler) Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat den qualifizierten Krankentransport unter die Bereichsausnahme bei öffentlichen Ausschreibungen gestellt. Was auf den ersten Blick recht eindeutig scheint, beinhaltet für die Praxis neue Prüfungen.

“Aus kommunaler Sicht ist das eine positive Entscheidung”, sagt Norbert Portz, Beigeordneter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB). Die Richter der dritten Kammer betonten,transport, der neben der Transportleistung die Betreuung und Versorgung in einem Rettungswagen durch einen Rettungssanitäter unterstützt unter den Art. 10 h der Richtlinie 2014/24/ EU fällt. Allerdings mit einer Einschränkung. Dies gelte nur, “sofern der Einsatz von Krankenwagen tatsächlich von ordnungsgemäß in erster Hilfe geschultem Personal durchgeführt wird und einen Patienten betrifft, bei dem das Risiko besteht, dass sich sein Gesundheitszustand während des Transports verschlechtert. Ansonsten handelt es sich um eine normale Krankenfahrt, die mancherorts durch lokale TaxiUnternehmen durchgeführt wird. Diese Transporte sind nach wie

Ohne Gewinnerzielungsabsicht

Zugleich schränkten die Richter die Anwendbarkeit von Art. 10 h der Richtlinie auf Organisationen ein. Dieser gelte nur für solche, deren Anerkennung als Hilfsorganisation im nationalen Recht auch davon abhängt, dass diese keine Gewinnerzielungsabsicht haben. Im Gegenzug fallen Organisationen, deren Ziel in der Erfüllung sozialer Ausgaben besteht, die nicht erwerbswirtschaftlich tätig sind und etwaige Gewinne reinvestieren, um ihr Ziel zu erreichen, unter Art. 10 h. “Damit hat der EuGH die Stellung gemeinnütziger Orga-

Qualifizierte

nisationen herausgestellt und deren Aufgaben betont, so Portz weiter. Nun müsse im Einzelfall geprüft werden, ob die Kriterien der Gemeinnützigkeit nach der Vergaberechtsrichtlinie erfüllt seien.

Entscheidung in der zweiten Jahreshälfte

Der EuGH hat das Verfahren mit dem Urteil an das Oberlandesge-verwiesen. Die Richter des 27. Senats müssen nun im Nachprüfungsverfahren gegen die Stadt Solingen ihre Entscheidung fällen. Die Klingenstadt hatte 2016tungen für einen Zeitraum von fünf Jahren an gemeinnützige Hilfsorganisationen vergeben, ohne den Markt im Amtsblatt der Europäischen Union darüber zu informieren. Gegen die fehlende Auftragsbekanntmachung hatte das Unternehmen Falck Rettungsdienst GmbH ei-

Entscheidungen zum Vergaberecht

VORABINFORMATION

Foto: BS/Feldmann

nen Nachprüfungsantrag gestellt. das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH insgesamt vier Fragen zur Klärung vorgelegt. Mit einem Verhandlungstermin in Düsseldorf und einer endgültigen Entscheidung kann jedoch frühestens in einem halben Jahr gerechnet werden.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) forderte unterdessen sämtliche Bundesländer auf, die Bereichsausnahme – soweit noch nicht geschehen – in den jeweiligen Rettungsdienstgesetzen zu berücksichtigen. Dies betreffe vor allem die sogenannten Submissionsländer wie Bayern, weniger die sogenannten Konzessionsländer wie zum Beispiel Hessen.sion ausschreiben und damit dem bezuschlagten Bieter die Abrechnung mit den Krankenkassen überlassen, rechnen die Submissionsländer selbst mit diesen ab.

Auftragsgegenstand ist maßgeblich

Vergaberecht kennt genügend Beteiligungsmöglichkeiten für Start-ups (BS/jf) Die Beteiligungsmöglichkeiten von Start-up-Unternehmen an öffentlichen Ausschreibungen sind aus Sicht der Bundesregierung gut. Dies antwortet sie auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90/ Die Grünen im Deutschen Bundestag (Drucksache 19/7743). Gerade die innovative Leistungsfähigkeit erhöhe die Chance, Aufträge zu gewinnen.

Vor allem die losweise Ausschreibung steigere die Chancen von Start-ups, “dass sie in den Genuss öffentlicher Aufträge gelangen”.

Darüber hinaus müssten aufgestellte Eignungskriterien zum Auftragsgegenstand “in einem angemessenen Verhältnis stehen”. So ließen sich überzogene Anforderungen an die PersonalPersonals oder an die wirtschaft-higkeit verhindern. Aus diesem Grund dürfe der Mindestjahresumsatz als entsprechender Nachweis in der Regel das Zweifache des geschätzten Auftragswertes nicht überschreiten. Die Um-

MELDUNG

satzzahlen der letzten drei Jahre dürften nur verlangt werden, sofern sie verfügbar seien. Dies gelte auch bei Architekten- und Ingenieurleistungen, wo insbesondere kleineren Büroeinheiten berücksichtigt würden.

Allerdings könnten Neu-Unternehmen nicht bevorteilt werden, nur weil sie sozial-ökologische oder gemeinwohlorientierte Geschäftsmodelle vorwiesen. Die Zuschlagskriterien müssten mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen. Nicht mit dem Auftragnehmer.

Auch könnten keine generellen Anreize für Start-ups geschaffen werden, dies hänge immer vom Einzelfall ab, verweist das zu-

Empfangsgebäude ist kein Bahnhof

(BS/jf) In der Freien und Hansestadt soll der Fernbahnhof Hamburg-Altona an die S-Bahnstation Hamburg-Diebsteich verlegt werden. Im Zuge dessen ist der Bau eines Gebäudeensembles mit zwei Hochhäusern vorgesehen, das auch als Empfangsgebäude genutzt werden soll. Für dieses ist ein sogenannter Architekten-Einladungswettbewerb ohne öffentliche Bekanntmachung durchgeführt worden. Ein Verstoß gegen das Vergaberecht liegt aber nicht vor.

Eigentlich müssen Architektenwettbewerbe bekannt gemacht

werden. Selbst wenn ein privates Unternehmen von einem öffentlichen Auftraggeber mit der Durchführung eines solchen Wettbewerbes beauftragt wurde. Die Deutsche Bahn, die den Bahnhof verlegen möchte, ist als Sektorenauftraggeber ebenfallschen Bestimmungen der gleichlautenden Sektorenverordnung einzuhalten, etwa beim Ausbau der Schieneninfrastruktur, wozu auch Bahnhöfe zählen.

Aber: “Die verkehrliche Funktion eines Personenbahnhofes besteht darin, das Ein- und

Fax fehlgeschlagen Gelungene Korrektur der Panne “Aus Fehlern lernen” ist in den meisten Fällen der Ansatz in dieser Rubrik. Hier sei aber ein es richtig macht. Der Auftraggeber hatte die Informationsschreiben über den geplanten Zuschlag per Fax an die unterlegenen Bieter versendet. Ein Fax allerdings war nicht erfolgreich. Das wurde zunächst übersehen. Planmäßig zum angekündigten Termin hat der Auftraggeber den Zuschlag erteilt. Drei Tage später meldet sich der aufgrund der Übertragungspanne uninformierte Bieter und bittet um Mitteilung des Verfahrensstandes. Jetzt fällt der Fehler auf.

Der Auftraggeber informiert sofort den Zuschlagsbieter, dass der Zuschlag nichtig sei wegen des Fehlens der Vorabinformation. Er teilt mit, dass die Vorabinformation neu versendet werde. Eine Neubewertungnem weiteren Schreiben bittet er alle Bieter zunächst um die Verlängerung der Bindefrist, die planmäßig am Zuschlagstermin ausgelaufen war. Erst nach Eingang der Bindefristverlängerungen versendet er ein erneutes Vorabinformationsschreiben mit neuer Wartefrist und benennt wiederum den gleichen Zuschlagsbieter.

Auf einen Nachprüfungsantrag des zunächst uninformierten Bieters hin erklärt die Vergabekammer, dass alle Verfahrensschritte zur Fehlerbehebung korrekt waren. Insbesondere konnte auch die Bindefrist nachträglich verlängert werden. Schließlich sei hier nur ein Verfahrensfehler behoben worden, ohne dass eine Änderung am Beschaffungsbedarf eingetreten wäre. Eine Rückversetzung hätte demnach eine identische Neuausschreibung zur Folge, bei der auch das identische Wettbewerbsergebnis zu erwarten wäre.

VK Berlin

(Beschl. v. 17.10.2017, Az.: VK-B1-15/17)

ständige Bundeswirtschaftsministerium auf die Standardantwort eines Juristen.

Im Gegensatz dazu erhöhe die Einbeziehung innovativer Eigenschaften die Beteiligungschancen von innovativen Unternehmen und Start-ups an der Auftragsvergabe erheblich. Auchbungen böten mehr Spielraum. Und letztlich gebe es für Unternehmen zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten. Entweder durch die bei den Industrie- und Handelskammern angesiedelten Auftragsberatungsstellen oder durch das Kompetenzzentrum Innovative Beschaffung (KOINNO).

Aufhebung der Produktvorgabe und muss dazu zunächst die Vergabeart angreifen: Sie habe eigentlich nach VgV geführt werden müssen. Mit beidem hat er Erfolg. Die Vergabekammer und Dienstleistungsauftrag ein. Denn Zweck der Beschaffung seien nicht die zur Errichtung der Antennentechnik notwendigen Bauleistungen, sondern die betriebsfähige Zurverfügungstellung eines Digitalfunksystems. Auch wenn die Bauleistungen den Auftrag wertmäßig prägen, so sind sie dennoch nur dem eigentlichen Zweck untergeordnete Tätigkeiten.

VK Rheinland (Beschl. v. 12.11.2018, Az.: VK K 42/18)

LABORBEDARF

Technische Alleinstellung?

Validierungsaufwand zählt nicht

Die Polymerasekettenreaktion (PCR) ist ein biochemischer Vorgang, der zum Erstellen des g enetischen Fingerabdrucks – z. B. von Grippeviren – ver-den dafür spezielle Automaten benutzt, die diesen Vorgang nun PCR-Testkits ohne Wettbewerb vom Hersteller seiner PCR-Automaten beschafft. Die Ex-Post-Bekanntmachung stieß einem Konkurrenten auf: Er hätte doch – zumindest für Schweine- und Vogelgrippe –ebensolche Kits liefern können.

Die Vergabekammer (VK) gibt ihm Recht: Für eine technische Alleinstellung genügt jedenfalls die Begründung des Auftraggebers nicht.

Der hatte erst gar nicht eifür die Kits erstellt und nur stichwortartig in der Dokumentation dargestellt, warum er ausschließlich Material des Geräteherstellers verwenden könne. Das Stichwort “geräte-spiel sollte aussagen, dass die Geräte für andere Reagenzien mit hohem Aufwand neu justiert werden müssten (und nicht etwa, dass sie mit anderen Reagenzien nicht funktionierten).

BOS-FUNK

Digitalisierung geplant Werden Antennen geliefert oder gebaut? -

Bieters: Dann müssen ja grob unterschiedliche Kostenschätzungen des Auftraggebers für eine wohl zu niedrig war. Der Bieter griff also die Aufhebung an und schob ein zweites Argument nach: Eine Unwirtschaftlichkeit könne ohnehin gar nicht auftreten, weil der Antragsteller ja alle Entsorgungskosten über die Gebühren an die Abfallverursacher weitergebe. Die unterschiedlichen Kostenschätzungen sind schnell erklärt: Es kommt darauf an, wie die Touren der Abfallfahrzeuge optimiert werden können. Einmal hat der Bieter mit optimalen Wegen kalkuliert, ein anderes Mal zu lange Touren eingeplant. Auch das Argument der gebühweist die Vergabekammer zurück. Sie ändert nichts an der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Denn würde dieser Umstand tatsächlich einer Unwirtschaftlichkeit entgegenstehen, führte dies dazu, dass Bieter “Fantasiepreise” anbieten könnten, die der Auftraggeber klaglos zu entrichten und auf die Haushalte weiterzugeben hätte.

VK Sachsen (Beschl. v. 21.08.2018, Az.: 1/SVK/016-18)

E-VERGABE

Schädliche Hektik

Falsches Web-Formular verwendet

Aussteigen von Fahrgästen zu ermöglichen.” Es gebe aber keine Empfangsgebäude auszustatten, schreibt die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Kleine AnDeutschen Bundestag (Drucksache 19/8165).

Folglich müsse bei Bauvorhaben im räumlichen Umfeld des neuen Bahnhofes zwischen Aufträgen der verschiedenen Unternehmen der Deutschen Bahn und privater Investoren vergaberechtlich unterschieden werden.

lich) auch sein nichtpolizeiliches Alarmierungssystem für die Gefahrenabwehr auf Digitalfunk umstellen. Dazu schreibt er Kauf, Montage, Aufbau, Einführung und Betrieb der digitalen Infrastruktur in einer Gesamtvergabe aus. Der Wert beträgt einige Millionen Euro, liegt aber klar unter dem Schwellenwert für Bauaufträge. So nimmt sich die Vergabestelle andere abgeschlossene Vergaben zum Auftrag als Bauleistung. Der Gedanke dahinter: Der Auftragswert der Errichtung und Montage der Antennentechnik ist größer als die Kosten für die Geräte einschließlich mobiler Empfänger, des Betriebs, der Software und der Schulungen, die alle ebenfalls zum Auftragsumfang gehören. Die Ausschreibung wird daher national nach VOB/A veröffentlicht. Für die Mobilempfänger ist ein Hersteller vorgeschrieben.

Das war der VK zu wenig: Ein U mstellungsaufwand müsse vom Auftraggeber zu Gunsten des Wettbewerbs hingenommen werden. Auch dass die Verfahrensabläufe auf die Originalprodukte abgestimmt seien, konnte die VK nicht überzeugen. Denn wenn dies genügen sollte, könnte ja jeder Auftraggeber sich ein technisches Alleinstellungsmerkmal selbst erschaffen, indem er spezielle Vergabe muss wettbewerblich wiederholt werden.

VK Sachsen (Beschl. v. 04.12.2018, Az.: 1/SVK/023-18)

WIRTSCHAFTLICHKEIT

Nicht haushaltswirksam

Es ist 11:43 Uhr: In 17 Minuten endet die Einreichungsfrist für die elektronischen Teilnahmeanträge. Jetzt muss beim Bieter alles ganz schnell gehen. Unterlagen zusammenstellen und schnell über die Vergabeplattform des Auftraggebers hochladen. Schließlich braucht ja auch die Übertragung noch einige Zeit und es muss ja noch ein gewisser Spielraum bleiben, falls die erste Übermittlung abbricht. Um 12:54 entdeckt der Auftraggeber den Teilnahmeantrag – und schließt ihn direkt aus. Was war geschehen? Die Benutzeroberfläche der Vergabeplattform enthält mehrere Karteireiter. Auf einem s teht “Kommunikation”, auf einem anderen: “Teilnahmeanträge”. Über das Web-Formular “Kommunikation” können allgemeine Bieterfragen unverschlüsselt hochgeladen und beantwortet werden. Allein über das “Teilnahmeanträge”-Formular erfolgt die Übertragung verschlüsselt und sperrt den Zugriff bis zum Ende der Einreichungsfrist. In der Eile hat der Interessent seinen Antrag über das falsche Formular übermittelt und damit die Geheimhaltung versehentlich unterlaufen. Die Vergabekammer bestätigt den Ausschluss. Sie meint, ein professioneller Anwender der Plattform müsse ohne weitere Anleitung verstehen, dass der Antrag nur mit dem passenden Formular versendet werden dürfe. Der Irrtum sei nicht durch mangelnde Deutlichkeit verursacht, sondern durch die Hektik kurz vor Torschluss.

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Und dennoch zu teuer Erstaunliches Ergebnis eines Vergabeverfahrens zur Abfallsammlung: Ein Bieter bot aufwendung des gleichen Kostenansatzes. Einmal ist er preislich führend und erhält den hebt der Auftraggeber mangels wirtschaftlichen Ergebnisses die Ausschreibung auf. Die naheliegende Überlegung des

(Beschl. v. 11.12.2018, Az.: VgK-50/2018)

Zusammenfassung der Entscheidungen: RA und FA für Vergaberecht Dr. Rainer Noch, München und Unkel/ Rh. (Oppler Büchner PartGmbB)

jeden Monat im Behörden Spiegel

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 10 Beschaffung / Vergaberecht
Krankentransporte, die von geschultem Personal in einem Krankenwagen wie diesem durchgeführt werden, sind von der Ausschreibungspflicht ausgenommen.

Für den 46-jährigen studierten Journalisten, Medienfachmann und Absolventen der Diplomatenschule in Lusaka ist es die erste Botschafterstelle. Zuvor arbeitet er für verschiedene Zeitungen und Radios in seiner Heimat und den USA und ist, vor seiner Akkreditierung im November 2017 in Berlin, 2015 erstmals als Diplomat an der sambischen Botschaft in Stockholm tätig.

Werte und Chemie stimmen

“Als Botschafter in Deutschland zu arbeiten, ist sowohl aufregend als auch fordernd, denn wir vertreten Sambia auch gegenüber Polen, Slowenien, Ungarn, Tschechien und der Slowakei. Und jede dieser Nationen hat andere Prioritäten! Meine eigenen waren von Anbeginn, bestehende gute Beziehungen zu erhalten und auszubauen. Mit etablierten guten Beziehungen lassen sich eigene wirtschaftlich-diplomatische Ziele besser verfolgen”, erläutert Mukwita

Vor allem, wenn die Chemie bei den Beteiligten stimmt. “Ich denke die Hauptgründe für die sambisch-deutsche Freundschaft sind unsere gemeinsamen Werte: christliches Denken, Nächstenliebe und Demokratie. Unsere beiden Nationen stehen gegen undemokratisches Gedankengut und schätzen Frieden und Stabilität – ein unabdingbarer Umstand für das Gedeihen guter diplomatischer Kontakte”, unterstreicht der Diplomat. Aktive Flüchtlingspolitik

Vor dieser Weltanschauung ist es in Sambia, seit es 1964 seine Unabhängigkeit von Großbritannien erlangte, Usus, Flüchtlinge vor allem aus den Nachbarstaaten Angola und der Demokratischen Republik Kongo mit offenen Armen aufzunehmen. “Was soll daran falsch sein, Menschenhen, an denen sie keine Schuld tragen?”, fragt der 46-jährige.

Und weiter: “Sie brauchen keine Ablehnung, sondern unser ganzes Einfühlungsvermögen.”

Das gibt es zwar umsonst, aber nicht kostenlos für das Land.

Dessen ist sich auch die Regierung von Präsident Edgar Lungu bewusst und sucht international Unterstützung für ihr “Wir-schaffen-das!” – mit Erfolg. Berlin spendet einen Millionenbetrag. “Deutschland ist ein guter Freund”, bekräftigt Botschafter Mukwita und sagt: “Wir Christen wissen, dass Jesus Christus auch Flüchtling war.”

Für mehr Wertschöpfung im eigenen Land

Mit seiner Migrationspolitik hat Lusaka einen Modus Vivendi gefunden. In der momentanen Wirtschafts- und Finanzkrise noch nicht so recht. Grund hierfür ist der Verfall des Kupferpreises, der fast 70 Prozent an Deviseneinnahmen brachte. Um das zu ändern, sollen künftig auch andere Bodenschätze und Mineralien wie Kobalt, Zinn oder Edelsteine nicht mehr “nur” exportiert werden. Alles soll im Lande weiterverarbeitet werden, um die gesamte Wertschöpfungskette der Bevölkerung zugänglich zu machen. -

giebereich zugehen. Sambia verfügt über rund 40 Prozent der Wasservorräte im südlichen Afrika und erzeugt damit 85 Prozent des Stroms. Durch den Klimawandel regnet es dort weniger, w as mit den Wetterkapriolen von El Niño erklärt wird und letztlich dazu führt, dass die großen Flüsse des Landes, der Sambesi und Kongo, weniger Wasser führen und die Stromerzeugung erheblich minimieren.

Pr äsident Lungu hat nun in einer Art ‘New Deal’ die Subventionen dafür gestrichen, damit mehr Wettbewerb im Energiebe-

Deutschland ist ein guter Freund!

Ein Gespräch mit dem Botschafter von Sambia, Anthony Lubinda Mukwita, in Berlin

(BS/ps) Sambia ist mit 752.614 Quadratkilometern (km2) gut doppelt so groß wie Deutschland. Das Klima ist mild und die Viktoria-Wasserfälle des Sambesi-Flusses, der dort auf einer Breite von 1.700 Metern 110 Meter in die Tiefe fällt, weltberühmt. Was liegt da näher, als den Staatsnamen von ihm abzuleiten und sich stilvoll Sambia zu nennen? Und – “Sambesiland” ist seit über einem halben Jahrhundert eine friedliche und stabile Demokratie mit 17 Millionen Einwohnern. Seit 55 Jahren unterhält es diplomatische Beziehungen mit uns und ist ein Schwerpunkt der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Sein Botschafter, Anthony Lubinda Mukwita, nennt uns daher einen “sehr zuverlässigen Allwetterpartner”.

Darum hat er auch ein Buch (“Against all Odds”) über Sambias Präsidenten verfasst. “Man hat mich dazu aufgefordert, ein gutes Buch über einen guten Mann zu schreiben, weil es so viele schlechte Geschichten über böse Länder und Menschen gibt. Die Welt braucht eine gute Geschichte und Sambia braucht, gegen alle Widrigkeiten, ab und zu auch eine gute Geschichte. Präsident Lungus Weg zum State House ist ein solches Buch.”

Appell am Schluss Letzte Frage – möchte Anthony Mukwita, der sich mit der Familie in Berlin äußerst wohl fühlt und sogar deutsche Popsänger wie Johannes Oerding und unsere Radios mag, mit jemandem tauschen? “Wenn das ginge, dann würde ich unseren Herrgott bitten, eine bessere Version von mir zu machen, obwohl ich schon dankbar bin, dass er wollte, dass ich ich bin: Anthony Mukwita, Ehemann, Vater zweier wunderbarer Buben, Diplomat und Redakteur. Und ich habe mit Elaine eine Frau und “Diplomatin” an meiner Seite, die mir eine große, unverzichtbare Hilfe ist.”

“Aber lassen sie mich noch zum Schluss sagen: Sambia sollte ein “Muss” für deutsche Urlauber sein und für diejenigen, die in Erneuerbare Energien und in die Landwirtschaft investieren möchten. Wir können ihnen Angebote machen, die sie nicht ablehnen werden.”

reich entsteht und Unternehmen in Kraftwerke und Infrastrukturen investieren. “Hinter diesem Programm steht der politische

Botschafters Rezepte

kämpfen oder sich einfach in den Wassersprüh-Nebel, genannt “Donnernder Rauch”, stellen und wohlfühlen”, zeigt

entdeckte. Ich könnte diese Liste von Sambias Attraktionen bis in die Ewigkeit fortsetzen, möchte Sie aber an dieser Stelle lieber

Nshima mit Tomatenrelish (traditionelles sambisches Gericht)

Nshima ist ein Brei aus gemahlenem Mais oder Getreide. Er ist ein Grundnahrungsmittel in Sambia, das zu Fisch und Fleisch gegessen wird. Ich mag z. B., frisch gegrillte oder gebratene Brasse mit Tomaten und Zwiebeln dazu.

Zutaten (8 Personen):

2 L Wasser, 2 EL Salz, 400 g Maismehl, Für die Tomaten-Relish-Sauce: 4 EL Öl, 4 Zwiebeln, 2 Knoblauchzehen, 10 große Tomaten, Cayennepfeffer, Salz

Zubereitung:

Für das Nshima das Wasser zum Kochen bringen und das Salz hinzufügen. Das Maismehl sehr

Wille nach einer wirtschaftlichen

a. auch die Schaffung besserer Rahmenbedingungen für einen Ausbau von Landwirtschaft und Tourismus”, so der Botschafter.

Plädoyer mit Bescheidenheit

Wobei Letzterer schon auf einem guten Wege ist. Mit seinen Hochebenen, Bergen, Savannen, Tälern, den Nationalparks, einer ungewöhnlich Tier- und Viktoria-Fällen ist Sambia ein gefragtes Reiseziel. “Wer es möchte, kann sich am BungeeBand in die Tiefe stürzen, durch die Sambesi-Stromschnellen

langsam und unter ständigem Rühren hinzufügen. Im geschlossenen Topf bei mittlerer Hitze kochen. Zwischendurch immer wieder umrühren, bis das Nshima eine feste Konsistenz hat, damit man daraus kleine Bällchen mit den Fingern formen kann.

Für das Tomatenrelish das Öl erhitzen und die gehackten Zwiebeln und die Knoblauchzehen zerdrückt darin glasig braten. Die Tomaten, fein gehackt, Cayennepfeffer und Salz nach Belieben hinzufügen und weich garen, bis eine dicke Sauce entsteht. Aus dem Nshima formt man ein Bällchen, tunkt es in die Soße und isst es.

Lubinda Mukwita verschiedene Aktivitäten auf. “Wer als Tourist zu uns kommt, erwartet, die sogenannten “Großen Fünf” aus nächster Nähe in ihrem natürlichen Habitat bestaunen zu können: Löwe, Elefant, Büffel, Nashorn und afrikanischer Leopard. Diese Tiere im Zoo zu besuchen, mag bereits eine besondere Erfahrung sein, sie in Sambia in freier Wildbahn anzutreffen, ist atemberaubend – hier ist ihre Heimat. Ein Muss für Besucher ist natürlich auch die Stadt Livingstone, benannt nach dem schottischen Afrikaforscher David Livingstone, der 1855 die Viktoria-Wasserfälle für Europa

an unsere Tourismus-Agentur verweisen.” Überhaupt – mit Attraktionen und Superlativen hat es Mukwita nicht so sehr. “Ein guter Botschafter sollte nicht so von seinem Land schwärmen,

seine politische Stabilität preisen und darauf hinweisen, wie gut man hier doch investieren kann. Er sollte vielmehr überzeugend und glaubwürdig von seinem Land und den Menschen berichten, wie sie lachen, warum sie weinen, welche Probleme es gibt, dass, vor allem auf dem Lande, Armut herrscht und die Gesundheitsvorsorge zu wünschen übrig lässt. Sambia ist zwar kein Paradies, aber seine positiven Seiten überwiegen aus meiner Sicht die negativen. Doch diese Herausforderungen werden von meiner Regierung Tag für Tag gewissenhaft angegangen“, sagt Mukwita

Journalist und Buchautor

Was seine diplomatischen Obliegenheiten betrifft, so kommen ihm jetzt vor allem seine als Redakteur im Journalismus gemachten Erfahrungen im Alltag zupass. “Das hilft mir sehr in meinem Botschafterjob. Dies liegt daran, dass es dabei im Wesentlichen darum geht, die positive Stimmung für Ihr Land zu kommunizieren.”

In Sambia gehört Musik zum Leben und zu fast jeder traditionellen Zeremonie und Veranstaltung. Dabei kündet der traditionelle Trommler, hier als Holzfigur, z. B. vom Erwachsenwerden der Kinder, begleitet einen historischen Kommentar oder erinnert mit seiner Trommel an den Unabhängigkeitskampf.

“Eine Art lebendes Diplopedia”

Neue Staatssekretärin im Außenministerium (BS/iga) Antje Leendertse ist die neue Staatssekretärin im Auswärtigen Amt. Sie trat 1990 in den Auswärtigen Dienst ein und ist wegen ihrer Erfahrung auf anspruchsvollen Posten im Auswärtigen Dienst “eine Art lebendes Diplopedia”, wie Außenminister Heiko Maas bei der Amtseinführung sagte. Vorher hatte sie den Posten der Politischen Direktorin im Auswärtigen Amt in Berlin bekleidet.

Leendertse, am 7. März 1963 geboren, würde darüber hinaus über viele wichtige Eigenschaften verfügen, so Maas. “Sie ist unprätentiös, witzig und dabei auch zu einer immens schonungslosen Selbstironie fähig, wie das vielen Männern vielleicht gar nicht möglich ist.” Sie sei aber auch “unverwüstlich hartnäckig” und habe “das messerscharfe diplomatische Urteil, das man auch braucht, wenn man als Politische Direktorin in der diplomatischen Champions League unterwegs ist”. Zuvor war Leendertse, die einen Magister-Abschluss in Geschichte, Romanistik, Volkswirtschaft und Philosophie hat, als Ständige Vertreterin der Bundesrepublik Deutschland beim Büro der Ver-

einten Nationen und anderen internationalen Organisationen in Genf tätig. Den Posten übernahm sie, nachdem sie als Botschafterin den Arbeitsstab “OSZE-Vorsitz 2016” zwei Jahre lang geleitet hatte. Davor war sie von 2014 bis ’15 die Beauftragte der Bundesregierung für Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle im Auswärtigen Amt. Walter Lindner, der Vorgänger der neuen Staatssekretärin, verlässt das Amt nach zwei Jahren und wird nun Botschafter in Indien, einem Land, das er zum ersten Mal in der Studentenzeit mit einem Rucksack besucht hatte. “In wenigen Tagen kehrst Du dorthin als Botschafter zurück. Ich bin mir absolut sicher, dass wir mit Dir dort die beste

Vertretung haben werden, die wir in den schwierigen Zeiten dort brauchen”, sagte Maas

Neu im Amt als Staatssekretärin: Antje Leendertse, die 1990 in den Auswärtigen Dienst eintrat und ihre Karriere in der politischen Abteilung des Auswärtigen Amtes begann. Es folgten Stationen in den Botschaften Moskau, London und Helsinki.

Foto: BS/Auswärtiges Amt

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 12 Diplomaten Spiegel
Seit über 17 Monaten in Deutschland im Amt: Seine Exzellenz Anthony Lubinda Mukwita, Botschafter der Republik Sambia Fotos: BS/Dombrowsky Charakteristisch: Innerhalb der Landesgrenzen Sambias können die sogenannten “Großen Fünf” (Löwe, Elefant, Büffel, Nashorn und afrikanischer Leopard) aus nächster Nähe in ihrem natürlichen Habitat bestaunt werden.

Kommune

Behörden Spiegel www.behoerdenspiegel.de Berlin und Bonn / April 2019

Der Hürdenlauf ist noch nicht gewonnen

Trotz hoher Priorisierung noch viele Parameter zu klären

(BS/Adrian Bednarski) Das Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) des Fraunhofer-Instituts Fokus hat in seinem Deutschland-Index 2019 herausgearbeitet, dass im Schnitt 0,9 von fünf untersuchten Verwaltungsdienstleistungen digitalisiert wurden. Dabei ist der Handlungsdruck durch das Online-Zugangsgesetz (OZG) rechtlich vorgegeben, die Dienstleistungen bis 2022 online anzubieten. Hierfür müssen jedoch rechtliche Rahmenbedingungen, Personal- und Finanzfragen sowie die Nachnutzung von Lösungen geklärt werden.

In einigen Bundesländern regeln beispielsweise die E-GovermentPakte, dass Entscheidungen des IT-Planungsrates und damit auch das OZG mitumgesetzt werden müssen. Aber grundsätzlich ist nach wie vor rechtlich umstritten, ob für die Kommunen eine un-setzung des OZG bestünde. Nach derzeitiger Einschätzung sind die Kommunen lediglich hinsichtlich des Vollzugs bundesrechtlicher Aufgaben (z. B. Elterngeld) vom OZG erfasst.

Es bedürfe eines entsprechenden Landesgesetzes, erläutert Alexander Stockum von der Stadt Wunstorf. Die Einschätzung, dass das OZG für die Kommunen nicht unmittelbar greife, bestreite der Bund nicht.

Daraus resultieren die Stellschrauben

Dabei zeichnet sich ein grundlegendes Problem ab: Die Finanzierung der Digitalisierung in den Kommunen. “Ich wünsche mir, dass wir die damit verbunvöllig alleine tragen müssen. Der Digitalpakt an Schulen ist ein gutes Beispiel dafür, wie man Kommunen bei ihren Aufgaben finanziell unterstützen kann”, betont Wunstorfs Bürgermeister Rolf-Axel Eberhardt mehr zum DigitalPakt siehe Seite 6).

Denn auch die Übertragung der digitalisierten Verwaltungsdienstin Anspruch nehmen. Aber: Erste Gespräche hinsichtlich der Finanzierungen fänden in den Bundesländern statt, so Dr. Ariane Berger, Referentin für E-Government und Verwaltungsorganisation beim Deutschen Landkreistag (DLT). Jedoch bräuchten sie noch ein konstruktives Ende, damit die Kommunen die Software-Lösungen der Digitalisierungslabore

Digitalisierung der Kommunen und Verwaltungsdienstleistungen gleicht weiterhin einem Hürdenlauf.

nachnutzen könnten und dies

Kein Personal, kein digital Jedoch werden sich mit der fortschreitenden Digitalisierung von Dienstleistungen die Arbeitsplätze innerhalb der Verwaltung verändern. Dies hat Auswirkungen auf die Personalbemessung. “Wir bilden selbst aus, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Ob dies ausreichen wird, ist fraglich. Der Prozess wird die personellen Kapazitäten binden und hinsichtlich der Personalakquirierung insbesondere im IT-Bereich zu Problemen führen”, heißt es etwa aus dem Schwalm-Eder-Landkreis.

Ein Thema, bei dem die Kommunen allein gelassen werden.

Ressourcenschonung und Nachnutzung

Berger zeigt daneben zwei weitere wichtige Themenfelder auf, die

12. Bürgermeisterkongress

geklärt werden müssten: Zum einen seien der IT-Planungsrat, der Bund sowie die Länder mit Fachverfahren zu koordinieren, damit “die Software-Landschaft nicht noch bunter wird und Ressourcen geschont werden”. Zudem brauche es Schnittstellen und Standardisierungen, damit die Kommunen die Implementierung schaffen könnten.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) plädiert auch deshalb dafür, dass die Lösungen auf Bundesebene oder zumindest in Kooperation mit mehreren Ländern entwickelt würden. “Wichtig ist, dass die Nachnutzung auf der kommunalen Ebene unkompliziert möglich ist und keine Eigenentwicklungen notwendig werden”, merkt Alexander Handschuh, Sprecher des DStGB, an. Denn es brauche “einfache und praktikable Lösungen

Risiken und Katastrophen in Deutschland

7. – 8. Mai 2019

Dorint Hotel, Magdeburg

www.buergermeisterkongress.de

Top-Themen:

• Extremwetter – Probleme für Städte und Gemeinden

für die kleinen Kommunen”, die schnell zu implementieren seien. Wissensinfrastruktur schaffen

Damit immer die Nachnutzungen und der gegenwärtige Stand der Entwicklung hinsichtlich digitaler Projekte bekannt sind, brauchtes eine Kommunikationsund Wissensinfrastruktur. Erste Anfänge sind bereits gemacht. Online existiert ein einsehbares Informationssystem, welches auf dem OZG-Katalog beruht. Dort sollen künftig alle Informationen bezüglich der 14 Themenfelder oder der Digitalisierungslabore wie Ansprechpartner, Ergebnisse oder Zwischenstände verfügbar sein. “Es braucht noch verbindliche Regeln, wie das System befüllt wird, sodass möglichst umfassende und aktuelle Informationen verfügbar sind”, erläutert Dr. Annette Schmidt, Leiterin des Aufbaustabes FITKO, in diesem

KNAPP

Neues Smart-CitiesFörderprogramm

Zusammenhang. Ferner befände sich das Informationssystem im kontinuierlichen Auf- und Ausbau. Gerade für kleinere Kommunen sich einen Überblick zu verschaffen und sich auf dem neuesten Stand zu halten. Zurzeit wird das System um ein Anforderungsmanagement ergänzt, das es ermöglicht, Bedarfe und Hinweise, insbesondere im Hinblick auf rechtliche und prozessuale einzubringen. Jedoch liege der aktuelle Fokus auf der Benutzerfreundlichkeit und schnelleren Prozessen. Die Anforderungen auf der Verwaltungsseite und deren Prozesse würden eher in einem zweiten Schritt angegangen. Die Begründung dahinter: “Das Thema Digitalisierung ist dermaßen komplex, dass es diese Stückelung braucht, um es in verdaubaren Häppchen zu implementieren”, so Schmidt Breitband und Kooperation “Entgegen mancher Äußerung im politischen Raum ist es mir als Landrat des zweitgrößten Flächenkreises in Hessen wichein funktionierendes Breitbandnetz angeschlossen und es keine schwarzen Flecken auf der Landkarte gibt”, betont Winfried Becker (SPD), Landrat des Schwalm-EderOnlinezugangsgesetzes stelle die Verwaltung in den kommenden Jahren vor große Herausforderungen und Veränderungen. Eine Win-win-Situation für Bürger und die Verwaltung entstünde nur, dem Online-Antrag im elektronischen Postfach endet, sondern die Einbindung in die jeweiligen Fachverfahren erfolgt. Ob uns dies bis 2022 gelingt, ist aus der aktuellen Betrachtung fraglich.”

digitalen Wandel zu unterstützen, stehen in den nächsten zehn Jah--

jekte Smart Cities” des Bundesinnenministeriums bereit. Für dieEuro für 2019 verfügbar. Dem neuen Förderangebot ist ein Wettbewerbsverfahren vorgeschaltet. Interessierte Kommunen können

Website www.smart-cities-madein.de für eine Förderung bewer-jekte wird Anfang Juli 2019 auf Basis von Fachgutachten durch eine Expertenjury getroffen. Das Projekt dient zu großen Teilen dem Wissenstransfer, von dem auch nicht unmittelbar geförderdie Ergebnisse und Erfahrungen

Digitale Bauanträge

(BS/ab) Der digitale Bauantrag soll ab 2022 für die saarländischen Kommunen eine vollautomatisierte Alternative zum regulären Bauantrag darstellen. Von der Einreichung des Antrags bis zu dessen Genehmigung soll es möglich gemacht werden, Dienstleistungen nutzerfreundlich und ohne lange Wartezeiten in Anspruch zu nehmen. Eine digitale Plattform in Form einer Cloudanwendung wird hierfür aufgebaut, auf welche alle wichtigen handelnden Akteure wieren Bauaufsichtbehörden, sonstige Zustimmungsbehörden und die Stadtplanung Zugriff erhaltenligenz soll dann beispielsweise ermöglicht werden, dass beim Einreichen des Antrages automatisiert festgestellt wird, ob die wesentlichen gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden. Dies wird dann nahezu in Echtzeit dem Antragssteller zurückgemeldet.

Eine Veranstaltung des

Beratend: Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe

• Die demografische Entwicklung – eine wachsende Herausforderung in den Kommunen

• Mein Krisenfahrplan – die Katastrophe vor Ort

Die Foto: BS/mezzotint, stock.adobe.com
Bernd Kasper, pixelio.de; Lichtkunst.73, pixelio.de; panimia, pixabay.com; M.Großmann, pixelio.de

Bessere Bleiberechte für Geduldete

Bezahlbare Digitalisierung

Leitfaden mit Praxisbezug für die Kommunen (BS/Haifa Rifai*) Den meisten Städten und Gemeinden mangelt es nicht an digitalen Ambitionen. Doch angesichts knapper Kommunalkassen geht es vielerorts nur langsam voran. Ein aktueller Leitfaden des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) zeigt, wie Digitalisierungsprojekte trotzdem gelingen können.

Neben der konsequenten Rückführung gehen wir jetzt die Herausforderung an, gut integrierten Geduldeten einen verlässlichen Aufenthaltsstatus zu geben. Denn unter den insgesamt etwa 56.000 Menschen mit einer Duldung sind zahlreiche Menschen, die bereits seit vielen Jahren hier leben oder bereits mit dem Duldungsstatus in Nordrhein-Westfalen geboren sind.

Gut Integrierte abzuschieben oder in der permanenten Unsicherheit von Kettenduldungen zu belassen, ist nicht nur humanitär problematisch, sondern auch volkswirtschaftlich unklug. Ihnen Chancen zu eröffnen, ist auch im Interesse unserer Gesellschaft, die auf motivierte Arbeitskräfte angewiesen ist.

Spielräume im Gesetz per Erlass konkretisiert

Das Bundesrecht sieht seit 2015 im Aufenthaltsrecht vor, dass besondere Integrationsleistungen von Geduldeten sich positiv auf das Bleiberecht auswirken sollen. Von dieser Regelung des § 25 b AufenthaltsG wurde bisher vor Ort jedoch nur wenig Gebrauch gemacht, nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch bundesweit.

Das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration (MKFFI) hat daher gemeinsam mit Praktikern aus den Ausländerbehörden einen Erlass erarbeitet, der die Spielräume des Bundesrechts konkretisiert, um eine verbesserte Anwendung zu ermöglichen. Dabei haben wir auf Erfahrungen aus Petitionsverfahren zurückgegriffen, um festzustellen, an welchen Stellen es der rechtlichen Klarstellung bedarf, damit der Gesetzeszweck, nämlich nachhaltig integrierten Geduldeten ein Bleiberecht zu

Dr. Joachim Stamp ist stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen.

Foto: BS/MKFFI NRW, H. Severin

Neuer Erlass schafft bessere Chancen bei guter Integration (BS/Dr. Joachim Stamp) Nordrhein-Westfalen verfolgt in der Migrationspolitik eine klare Strategie, die zwei Ziele verfolgt: Erstens die konsequente Rückführung von Integrationsverweigerern, Kriminellen und Gefährdern und zweitens faire Chancen für gut integrierte Geduldete. Dabei unterstützt das Land die Kommunen durch mittlerweile fünf Zentrale Ausländerbehörden (ZAB) bei Rückführungen und freiwilligen Ausreisen. Kein anderes Bundesland hat eine höhere Abschiebequote als Nordrhein-Westfalen. Vernetzte Stromzähler, die nicht länger manuell abgelesen werden müssen, oder Schulbusse, die dank intelligenter Routenplanung Kraftstoff sparen und Schüler schneller nach Hause bringen: Das Potenzial digitaler Technologien und Services für deutsche Kommunen ist immens. Entsprechend hoch ist das Interesse bei Bürgern und Verwaltungen. Häufig werden Digitalisierungsprojekte jedoch von offenen Finanzierungsfragen ausgebremst. Das ist vor allem in kleineren Städten und Gemeinden der Fall. Hier fehlt für die Beschaffung oft noch das nötige Know-how. Orientierungshilfe mit Praxisbezug

verschaffen, noch stärker erfüllt werden kann. Mit dem Erlass werden Auslegungsspielräume aufgezeigt, die das Gesetz bietet: So kann von der Voraufenthaltsdauer von acht Jahren (bei Familien sechs Jahre) im Einzelfall um maximal zwei Jahre abgewichen werden, wenn besonders herausragende Integrationsleistungen vorliegen. Auf diese können Zeiten mit Duldung, Aufenthaltsgestattung und Aufenthaltserlaubnis (auch für ein Studium) angerechnet werden. Es genügt die überwiegende Sicherung des Lebensunterhalts, da bei ungesichertem Aufenthalt oftmals keine volle Berufstätigkeit erreicht werden konnte. Ausnahmen von der Lebensunterhaltssicherung und bei den Sprachkenntnissen können allerdings nur durch Krankheit, Behinderung oder aus Altersgründen begründet werden. Doppelte Verantwortung für Ausländerbehörden

Eine Bleibeperspektive kann es nur geben, wenn die Identität geklärt ist. Wer aktiv an einer zweifelsfreien Identitätsklärung oder Passbeschaffung mitwirkt, kann bei entsprechender umfassender Integration in einem Zug-um-Zug-Verfahren zu einem Aufenthaltsrecht kommen. Die Ausländerbehörde trifft dabei mit dem Ausländer eine Zielvereinbarung und erteilt eine Duldung,

bis der Ausländer die vereinbarten Mitwirkungshandlungen erbracht hat. Nur wenn trotz aller zumutbarer Mitwirkungshandlungen die Passbeschaffung unmöglich ist, kommt für die Behörde die Ausstellung eines Reiseausweises oder Ausweisersatzes infrage. Wer Straftaten begangen hat oder durch Sexualdelikte aufgefallen ist, kommt für ein solches Aufenthaltsrecht nicht infrage.

Genau hierin liegt die doppelte Verantwortung, die die Ausländerbehörden vor Ort tagtäglich erleben. Auf der einen Seite muss eine pragmatische und empathische Lösung für die Menschen gefunden werden, die sich integrieren und nicht mehr zurückgeführt werden können oder sollen. Auf der anderen Seite ist die konsequente Rückführung von Gefährdern und Straftätern eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiche Integration.

Ministerium evaluiert Erlass Dabei wird das Ministerium die Ausländerbehörden nicht allein lassen, sondern diesen Prozess engmaschig begleiten. Mit den Praktikern vor Ort wird der Erlass halbjährlich evaluiert und gegebenenfalls weiter angepasst, um eine optimale Umsetzung zu gewährleisten. Zudem werden bereits im Sommer alle Ausländerbehörden ins Ministerium zum persönlichen Austausch mit mir eingeladen. Denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Ausländerbehörden verdienen alle Wertschätzung bei der Aufgabe, ein gutes Management vor Ort zu leisten.

Töchter zur Adoption freigeben

Compliance in öffentlichen Beteiligungen

(BS/kh) Die kommunalen Spitzenverbände haben sich in einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU), Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Kanzleramtsminister Prof. Dr. Helge Braun (CDU) über die aktuellen Herausforderungen und Anliegen in den Städten, Landkreisen und Gemeinden ausgetauscht. Zentrale Themen dabei waren die Flüchtlingsfinanzierung, die Ganztagsbetreuung für Schulkinder und die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse.

“Wie gut steuern und controllen wir eigentlich?” Fragen wie diese habe die Causa HSH Nordbank nochmals dringlicher als je zuvor aufgeworfen, bekundete Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) im Rahmen des Hamburger Tages der Beteiligungsverwaltung des Behörden Spiegel. Die Hansestadt habe aber dazugelernt und ein Projekt gestartet, welches einer fehlenden zentralen Beteiligungssteuerung entgegenwirken soll. Dieses läuft bis 2021 und soll dazu beitragen, dass das Beteiligungsmanagement “besonders in Zeiten der Digitalisierung noch stärker die Risikominimierung in den Blick nimmt. Mir ist wichtig, die gesamtstädtischen Ziele auch bei unseren Beteiligungen im Blick zu behalten”, so Dressel

Um etwa die gesetzlichen Anforderungen der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) einzuhalten, seien ein Datenschutzmanagementsystem (DMS) und darüber hinaus ein spezielles Compliance-System für den Datenschutz sinnvoll, betont Regierungsdirektor Dr. Claus Tollmann aus dem Grundsatzreferat Beteili-ministerium (BMF). Bisher sei diesnehmen oder solche, bei denen

Gibt es Bedenken bei einer öffentlichen Beteiligung, sollte abgewogen werden, ob es sich lohnt, diese weiterhin zu halten.

Foto: BS/Jakub Jirsák, stock.adobe.com

bereits ein “Compliance-Verdacht” besteht. Die Geschäftsleitung trage die Verantwortung, um ein angemessenes DMS im jeweiligen Unternehmen zu implementieren, so Tollmann. Gleichzeitig haftet sie für mögliche Schäden, die durch das Fehlen eines solchen Systems entstehen und muss der nachkommen. Dieser wiederum muss kontrollieren, ob die Geschäftsleitung ein angemessenes DMS eingeführt hat und dieses ohne das es aber keinen ausreichenden Risikoschutz gibt. “Alle Bundesunternehmen sollten ein DMS aufbauen”, fordert Tollmann Die Herausforderung bei der Compliance sei vor allem, so der Leiter des Beteiligungsmanagements der Stadt Frankfurt a. M.,

Der Leitfaden “Digitale Services in Kommunen” leistet Orientierungshilfe rund um Fragen zu Technologien, Finanzierung und Beschaffung. Denn welche Services sich wirklich lohnen –das muss jede Kommune selbst beantworten. Die Broschüre ist in der Begleitforschung des vom BMWi geförderten Technologieprogramms “Smart Service Welt” entstanden und beantwortet unter anderem folgende Fragen: Welche Technologien werden als Grundlage für Digitalisierungsprojekte verwendet? Und wie gelingt die Finanzierung? Für die Auswahl passender Lösungen hält der Leitfaden neben Basiswissen und weiterführenden Informationen zahlreiche Praxisbeispiele bereit. Sie reichen von der “Stadtwerke-Cloud” im schleswig-holsteinischen Geesthacht über die intelligente Instandhaltung von Abwasseranlagen in Siegen bis hin zum Nordhessischen Verkehrsverbund, der seinen Fahrplan über eine Mobilitätsplattform durch private Mitfahrgelegenheiten ausbaut.

Steht das eigene Digitalisierungsprojekt in den Startlöchern, stellt sich für Städte und Gemeinden die Frage nach der Finanzierung. Die Antwort ist den Möglichkeiten der Kommune abhängig. Der Leitfaden bietet hier viele Anknüpfungspunkte: So muss etwa bei vielen öffentlichen Förderprogrammen genau geprüft werden, ob das Projekt die entsprechenden Rahmenbe-

Der Leitfaden des Bundeswirtschaftsministeriums soll den Kommunen erste Antworten zu den Fragen rund um Technologien, Finanzierung und Beschaffung für ihre digitalen Projekte liefern.

Foto: BS/BMWi

dingungen überhaupt erfüllt. Ist das nicht der Fall, kann eine Kooperation mit Unternehmen oder Forschungseinrichtungen Abhilfe schaffen. Lohnend ist auch, nach regionalen Programmen Ausschau zu halten. Das BMWi fördert zum Beispiel in vier Regionen, die vom Strukturwandel durch den Braunkohleausstieg betroffen sind, besondere Investitionskonzepte. Damit können werden, sofern sie zur Fachkräftesicherung, alternativen Wertschöpfungsmodellen oder Steigerung der Standortattraktivität beitragen. Ideenwettbewerbe helfen Auf Länderebene können Ideenwettbewerbe wie “Digitale Zukunftskommune@bw” einen ersten Beitrag zur Finanzierung leisten. Bei der Auswahl von Fördermöglichkeiten sollte ein wichtiges Kriterium berücksichtigt werden: die Höhe eines womöglich fälligen Eigenanteils. Bei angespannter Haushaltslage kann es sinnvoll sein, Förderprogramme zu wählen, die keine oder nur niedrige Eigenanteile von der Kommune verlangen. Auch die Folgekosten eines Projekts sollten im Vorfeld geklärt werden. Dafür bieten sich beispielsweise Fondsmodelle an, die eine besonerlauben. Neben konkreten Anim Leitfaden auch erfolgreich umgesetzte Modelle wie ein gemein-

samer Entwicklungsfonds von 47 niedersächsischen Gemeinden. Nächster Schritt: Auftragsvergabe

Wenn auch die Finanzierungshürde genommen ist, stellt die Auftragsvergabe für Kommunen die nächste Herausforderung dar. Es ist eine weit verbreitete Meinung, dass bei einer Ausschreibung immer der günstigste Anbieter den Zuschlag erhalten muss. Mit der Vergaberechtsreform 2017 hat sich das allerdings geändert. Die Auftragsvergabe kann nun stärker zur Unterstützung strategischer Ziele genutzt werden, etwa um faire Löhne oder umweltfreundliche Geschäftsmodelle zu fördern. Durch die Vergaberechtsreform erhalten Kommunen mehr Entscheidungsfreiheit bei der Vergabe: Sie können zwischen dem sogenannten offenen und nicht offenen Verfahren wählen, die sogenannten offenen und nicht offenen Verfahren wählen, die erweiterten Anwendungsbereiche im Verhandlungsverfahren nutzen oder vom wettbewerblichen Dialog Gebrauch machen. Im wettbewerblichen Dialog werden mit vorausgewählten Bewerbern konkrete Anforderungen des Auftraggebers diskutiert, um entsprechende Lösungen zu ermitteln, auf deren Grundlage die jeweiligen Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Ein zeitintensives Verfahren, das allerdings zu Prozessoptimierungen und dauerhafter Kostensenkung führen kann. Interessierteden einen Zehn-Schritte-Plan der Berliner Stadtreinigungsbetriebe und viele weitere Impulse für ein innovatives Beschaffungswesen. Fest steht: Auch kleine Städte und Gemeinden können mit den richtigen Werkzeugen die Digitalisierung bezahlbar machen. Die Broschüre steht unter www. digitale-technologien.de/ zum mit der Eingabe: „Digitale Services in Kommunen“ im Suchfeld oben rechts.

* Haifa Rifai, ist eine der Autorinnen der Broschüre und arbeitet am Institut für Innovation und Technik in der VDI/VDE Innovation und Technik GmbH in Berlin.

Lars Scheider: “Sie müssen von oben bis unten jeden einzelnen Mitarbeiter ansprechen.” Die hessische Metropole baue deshalb derzeit eine Compliance-Rahmenrichtlinie auf, die verbindliche Mindeststandards bei Beteiligungsunternehmen festlegen und verschiedene Arbeitshilfen liefern soll. Als personalwirtschaftliches Instrument habe ein solcher Standard ebenfalls den Vorteil der Imageverbesserung der Unternehmen, so Scheider. Transparenz auch ein verbindlicher Kodex für die Aufsichtsratsarbeit (mehr dazu siehe Seite 20)

Jörg Dehm, Oberbürgermeister der kreisfreien Stadt Hagen a. in der Sache selbst – öffentliche Beteiligungen bedeuten, sich mit nicht-unternehmerischem Handeln in eine unternehmerische Tätigkeit zu begeben. Sinnvoll sei, immer wieder genau zu prüfen, wie gut die Beteiligung funktioniere und darüber nachzudenken, welche Bereiche noch ausgelagert werden könnten. Im Zweifelsfall – wie bei der HSH Nordbank –müsse man sich ebenfalls “ganz emotionslos überlegen, ob man Töchter nicht auch zur Adoption freigibt”, so Dehm

Ärztestreik

Grundbedingungen im Fokus

(BS/jf) Der Marburger Bund (MB) hat nach drei Runden die Verhandlungen mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) abgebrochen. Dabei scheint es weniger um die lineare Entgelterhöhung und die Arbeitszeiten der Ärzte zu gehen, sondern mehr um die Tarifsicherung und die Anwendung des Vertragswerkes auf die Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD).

“Die VKA hat den Abbruch provoziert. In allen für uns entscheidenden Punkten standen die Arbeitgeber auf der Bremse”, beschuldigt der MB-Vorsitzende Rudolf Henke die Gegenseite. Die ist über den Abbruch nach eigener Aussage überrascht. Da man sich in vielen Punkten angenähert habe und die Verhandlungen bis dato recht konstruktiv gewesen seien. Letztlich geht es um die Nichtanwendung des Tarifeinheitsgesetzes (TEG). Der MB fordert eine dauerhafte rechtsverbindliche Sicherung des eigenen Tarifvertrages. “Wir verlangen eine rechtsverbindliche Vereinbarung, die die Möglichkeiten aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum TEG vollständig ausschöpft”, so Henke Das wird von den Arbeitgebern anders gesehen: “Der MB fordert

nicht nur die legitime rechtsverbindliche Zusage der VKA, die Verdrängungswirkung des TVÄrzte/VKA durch die Regelungen des TEG abzubedingen. Vielmehr verlangt er, die Tarifpluralität dadurch faktisch abzuschaffen, dass die VKA ihm “Gebietsschutz” verschafft, indem sie mit dem MB Tarifverhandlungen zu Ärzten zu führen.” Das sei aber nur möglich, wenn sich der MB im Gegenzug nur noch darauf beschränke, für Ärzte an Krankenhäusern zu verhandeln. Doch dazu wird es absehbar nicht kommen, da der MB mit dem Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst (BVÖGD) eine Vereinbarung getroffen hat, auch für Ärzte im ÖGD Tarifverhandlungen zu führen. Entsprechend überreichte die BVÖGD-

Vorsitzende Dr. Ute Teichert zur dritten Verhandlungsrunde eine Resolution und forderte nachdrücklich die Gleichstellung mit den Ärzten an Kliniken. “Weil wir in den Gesundheitsämtern nicht nach dem branchenüblichen Tarifvertrag für Ärzte bezahlt werden und teilweise über 1.000 Euro weniger verdienen, hat der ÖGD dramatisch an Attraktivität verloren.” Deshalb müssten die Ärzte im ÖGD nach dem TVÄrzte/VKA bezahlt werden. Aber: Aus Sicht der VKA sind die Ärzte im ÖGD Beschäftigte der Kommunalverwaltungen und deren Arbeitsbedingungen sind im Tarifvertrag Öffentlicher Dienst (TVöD) geregelt. Entsprechend bezeichnete VKA-Verhandlungsführer Dr. Dirk Tenzer es als “fraglich”, ob diese Forderung umgesetzt werden könne.

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 14 Kommunalpolitik

Als Antwort auf diese Herausforderungen, die gleichermaßen große Zukunftschancen boten, wurde in Dortmund um die Jahrtausendwende eine neue Planungskultur geschaffen. Der Stadtumbau zu einer modernen Großstadt erforderte innovative planerische Instrumente sowohl für die strategische Neuausrichtung als auch für die sektoralen Planungen. Konkret bedeutete dies u. a. die Aufstellung von integrierten Stadtentwicklungskonzepten (InSEKts) und die Erarbeitung von Masterplänen zu Fachthemen wie z. B. Mobilität und Wohnen. Ein entscheidendes Wesensmerkmal der neuen Planungskultur ist der partizipatorische Ansatz, der alle Planungsprozesse auszeichnet. Es ist mittlerweile gute Tradition in Dortmund, die Zukunft transparent und im Dialog mit der Zivilgesellschaft zu gestalten. Zeitgleich mit den Anstrengungen zur “Schaffung eines neuen Dortmunds” rückte die globale Klimaerwärmung mit den Folgen des Klimawandels immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Dortmund war sich seiner kommunalen Verantwortung für den Klimaschutz schon sehr früh bewusst und setzte sich daher folgerichtig im Jahr 2011 mit der Verabschiedung des Handlungsprogramms Klimaschutz 2020 das Ziel, seine stadtweiten CO2-Emissionen bis 2020 um

Klimaschutz in Dortmund

Den strukturellen Wandel als Chance begreifen

(BS/Ullrich Sierau) Die Stadt Dortmund ist mit 602.276 Einwohnern (Stand 2/2019) Deutschlands achtgrößte Stadt und Teil der Metropole Ruhr mit rund fünf Mio. Einwohnern. Im Industriezeitalter war Dortmund ein wichtiger Standort für die Kohle- und Stahlproduktion mit über 15 Kohlebergwerken innerhalb der Stadtgrenze. Der Niedergang der ehemaligen Kernindustrien, die letzte Zeche schloss 1987, das letzte Stahlwerk 2001, stellte die Stadt vor große Herausforderungen. Innerhalb von zwei Jahren verlor Dortmund 80.000 Arbeitsplätze, 10 Prozent der Siedlungsfläche wurden zu Konversionsflächen.

40 Prozent im Vergleich zum Bezugsjahr 1990 zu reduzieren. Das Handlungsprogramm umfasst über 100 Maßnahmen aus im Gebäudebestand, Erneuerbare Energien und Energieversorgung, Mobilität, kommunale Gebäude und Stadtentwicklung sowie öffentlichkeitwirksame in allen Lebensbereichen der Dortmunder Stadtgesellschaft wieder. Dies wird auch durch die etablierte Dortmunder Dachmarke “Klima ist heimspiel” sinnbildlich ausgedrückt. Wie bei einem Fußballspiel gewinnt der Klimaschutz nur durch den Beitrag vieler einzelner Mitspieler, die wie eine Mannschaft an einem Strang ziehen. Aus dem Handlungsprogramm ergeben sich immer auch Querbezüge zu weiteren städtischen Planungen, die die Klimaschutzziele integrativ in ihren Planungsprozess mit aufnehmen. Ein Paradebeispiel hierfür ist die

Grün vs. Grau

Wohnbebauung rund um den “PHOENIX See”. Das Gelände des ehemaligen Stahlstandorts PHOENIX Ost wurde zu einem Standort mit attraktiver Mischung aus Wirtschafts- und -

Der Erhalt von urbanen Grünflächen in Zeiten der Wohnungsnot

(BS/Katarina Heidrich) Im Mai 2017 wurde vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) das “Weißbuch Stadtgrün” für eine integrierte und nachhaltige Stadtplanung veröffentlicht. Darin enthalten sind konkrete Maßnahmen des Bundes für die Sicherung von Grün- und Freiflächen. Der Baubereich – und damit auch die Verantwortung für nachhaltige Stadtentwicklung – sind kurz darauf weg vom Umweltministerium ins Bundesinnenministerium gegangen. Damit ist der Fokus klar: Besonders in den Ballungsgebieten steht heute Neubau auf der Tagesordnung – oftmals in Konkurrenz zum Erhalt des urbanen Grüns. Trotzdem gibt es bundesweit etliche Beispiele von Kommunen, die erkannt haben, dass es hier nicht zwangsläufig um ein “Entweder-oder” gehen muss und dass Grünflächen einen Mehrwert haben.

Auf der sogenannten “Westkreuzbrache” , einem 30.000 Quadratmeter großen Areal in der Berliner Innenstadt, sollten nach Vorstellungen eines Privatinvestors 1.100 Wohnungen gebaut werden. Dies hat der Senat unterbunden, indem er vom Vorkausrecht Gebrauch machen will. Der grüne Baustadtrat Oliver Schruoffeneger erklärt, die Stadt wolle das Grundstück als der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) kritisch, denn der Bezirk brauche dringend Wohnungen. Er spricht sich für eine zweigeteilte Nutzung wie in der Kleingartenkolonie Oeynhausen aus: “Genau so einen Weg möchte ich zumindest mit dem Bezirk auch mal besprechen.” Dass Bau- und Grünunversöhnlichen Gegeneinander geplant werden müssen, zeigen Beispiele aus Baden-Württenberg, wo zahlreiche Kommunen im Rahmen des Städtebauförderprogramms Konzepte entwickelt haben, um beides zu fördern. Das stetig wachsende Mittelzentrum Bretten etwa nutzt einen Förderbetrag von einer Million Euro zum einen zur Erneuerung ortsbildprägender Gebäude, um innerstädtischen Wohnraum zu schaffen, zum anderen zur Freiraum- und Naturgestaltung entlang des Saalbaches.

Ansätze wie die Begrünungden (“Bauwerksgrün”) oder die etwa an Fahrbahnrändern oder auf Bürgersteigen (“Urban Gardening”) zeigen, dass städtisches Grün und Flächen für Wohnungsbau, Gewerbe oder Verkehr nicht unbedingt konkurrieren müssen. Bezüglich der Feinstaubbelastung in vielen Städten haben schon kleinstezen. Das Grün bindet den Staub.

Eine Idee, die in der Fahrverbotsdiskussion bisher kaum BeachAuch wirtschaftlich können Kommunen von Inves-tieren.Für Planung, Errichtung, von städtischen Grünflächen bedarf es Personalressourcen.

Ein Plus also für den jeweiligen regionalen Arbeitsmarkt. Die Branche des Garten- und Landschaftsbaus in Badenkonnte sie ein Umsatzplus von 70 Millionen Euro verzeichnen. Das ist eine Steigerung um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Hausgärten sind dabei mit 61 Prozent das begehrteste Produkt, aber auch gewerbliches und öffentliches Grün ziehen -

dermittelprogrammen, wie sie auch der Entwurf zum “Masterplan Stadtnatur” beinhalte, den Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) vorgelegt habe, erläutert der Vorstandsvorsitzende des Verbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e. V. (VGL), Thomas Heumann

einmal mehr gezeigt, wie wichtig

Grün für das Leben in unseren Städten ist. Selbst kleinere Grünanlagen können die Temperaturen im Vergleich zur bebauten Umgebung bereits um drei bis vier Grad Celsius senken und so Hitzewellen abmildern”, betont Schulze den klimarelevanten Vorteil des Stadtgrüns. Gleichzeitig steht derzeit die Zukunft von “Zukunft Stadtgrün”, einem Förderprogramm des Bundesinnenministeriums, auf der Kippe. Der Zentralverband Gartenbau e. V. (ZVG) hat sich deshalb zusammen mit dem Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (BGL), dem Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (bdla) und dem Bund deutscher Baumschulen e. V. (BdB) in einem offenen Brief an Bundesinnenminister Horst Seehofer gewandt und sich dort für den Erhalt des Programms ausgesprochen.

“Die Abschaffung eines eigenständigen Fördertitels für Grün wäre angesichts der Herausforderungen, vor denen unsere Städte stehen, das völlig falsche Signal”, betonen die Verbände. Als zen–trales Instrument zur Umsetzung des “Weißbuchs Stadtgrün” sei dessen Aufhebung ein Schritt rückwärts.

sowie moderner Wohnbebauung entwickelt. Die Bebauungsplanung legte schon frühzeitig groDas im Jahr 2007 verabschiedete Energieversorgungskonzept setzte Standards, die über die gesetzlichen Anforderungen an Energieeffizienz und Wärmeversorgung aus Erneuerbaren Energi en hinausgingen. Die Erwerberinnen und Erwerber von Grundstücken wurden im Standards einzuhalten. Heute präsentiert sich PHOENIX Ost nicht nur als äußerst attraktive und begehrte, sondern auch als Auch in weiteren Neubauge-

bieten setzt Dortmund Zeichen für den Klimaschutz. Die Kampagne “100 EnergiePlusHäuser für Dortmund” ist eines dieser beispielhaften Projekte mit Vorbildcharakter. Das Projekt zeigt Wirkung über den Einfamilienhausbereich hinaus. Mittlerweile entstand in Dortmund eine Energie-Plus-Kindertagesstätte und Mehrfamilienhäuser dieser Art sind in Bau oder Planung. Elektromobilität ist eines der Schwerpunktthemen zur Förderung eines emissionsarmen Verkehrs in Dortmund. Die Stadt verfügt über eines der dichtesten Ladenetze im öffentlichen Raum in Deutschland und ist Veranstaltungsort des weltweit größten E-Bike-Festivals. Der Masterplan Mobilität 2030, der Dortmunds Mobilität von morgen diskutiert, greift die THGProblematik auf und entwickelt eigene Lösungen. Mit dem Umbau der Wärmeversorgung in der Dortmunder Innenstadt sorgt die Dortmunder Energie- und Wasserversorgung GmbH (DE W21) für eine beispielhafte Wärmewende. Die neue Wärmeversorgung leistet mit einer jährlichen CO2-Einsparung von 45.000 Tonnen einen großen Beitrag zum Klimaschutz und verdeutlicht das Dortmunder

Engagement im Bereich “Grüne Wärme”. Die langjährige Erfahrung in Dortmund hat gezeigt: Ohne die Unterstützung und das Engagement einer Vielzahl von Akteuren und Partnern der Zivilgesellschaft sind keine Erfolge und Fortschritte für Klimaerlangen. Motiv-Allianzen können die Handlungsbereitschaft erheblich erhöhen. Sanierung des Immobilienbestands und Aufwertung des Wohnumfelds trifft auf energetische Modernisierung, Strom sparen in privaten Haushalten mindert unterstützt kleine Gewerbebetriebe bei der Existenzsicherung. Stadtumbau- und Stadterneuerungsprozesse bringen dies idealtypisch zusammen. Im Stadtumbaugebiet Rheinische Straße wurden die möglichen Synergien Unionviertel erstmalig genutzt und ausprobiert. Das Format erwies sich als so erfolgreich, dass Klimaschutz und Klimafolgenanpassung fester Bestandteil aller Stadtumbauprozesse in Dortmund geworden sind. Die bewährte Strategie der Integration des Klimaschutzes und der Anpassung an die Folgen des Klimawandels in städtische

Ullrich Sierau ist Oberbürgermeister der Stadt Dortmund. Foto: BS/ Stadt Dortmund

Planungs- und Entwicklungsprozesse wird sich auch in der Fortschreibung des Handlungsprogramms Klimaschutz für die

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 15 Kommunalpolitik
Mailand macht es vor: Stadtplanung, die Wohn- und Grünflächen vereint. Foto: BS/tostphoto, stock.adobe.com Nach dem Ende von Kohle und Stahl im Ruhrgebiet begreift die Stadt Dortmund den strukturellen Wandel als Chance für eine klimafreundlichere Zukunft. Foto: BS/SH_Photo/pixabay.com

Weniger öffentlich, mehr privat

(Behörden Spiegel) Der Anteil der Krankenhäuser in privater Trägerschaft, der bei Einführung der bundeseinheitlichen Krankenhausstatistik 1991 noch bei 14,8 Prozent lag, steigt seit Jahren kontinuierlich an. 2017 ist bereits mehr als jedes dritte Krankenhaus (37,1 Prozent) in privater Trägerschaft. Im gleichen Zeitraum sank der Anteil öffentlicher Krankenhäuser von 46,0 Prozent auf 28,8 Prozent. Trotzdem steigen die Beschäftigungszahlen auch an den öffentlichen Einrichtungen leicht.

Personal an öffentlichen Krankenhäusern 2016 & 2017 (Vollkräfte)

Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. (Hrsg.), Eckdaten der Krankenhausstatistik, 19.09.2018, Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Fachserie 12, Reihe 6.1.1 Grunddaten der Krankenhäuser 2017

Personalkosten an öffentlichen Krankenhäusern 2017 (Euro)

und Versorgungsdienst Klinisches Hauspersonal Funktionsdienst

zurechenbare Personalkosten Sonstiges Personal Sonderdienste Verwaltungsdienst Technischer Dienst

Quelle: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Fachserie 12, Reihe 6.3 Kostennachweis der Krankenhäuser 2017

Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Fachserie 12, Reihe 6.1.1 Grunddaten der Krankenhäuser 2017

Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. (Hrsg.), Bestandsaufnahme zur Krankenhausplanung und Investitionsfinanzierung in den Bundesländern 2018

Grafiken: BS/Wedemeyer unter Verwendung von ©eve, stock.adobe.com, ©sapannpix, stock.adobe.com, ©thruer, stock.adobe.com, ©GabiWolf, stock.adobe.com Alle Grafiken und bildlichen Darstellungen unterliegen dem Copyright. Nachdruck oder andere Vervielfältigungen nur mit Genehmigung des Behörden Spiegel.

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 16 Daten & Fakten
0 50.000 100.000 150.000 200.000 250.000 300.000 350.000
öffentlich 2017 1995 Anzahl der aufgestellten Betten nach Trägerschaft 319.999 212.459 212.459 93.189 165.245 238.748 Quelle:
0 120 240 360 480 600 720 840 960 1.080 1.200 private Einrichtungen freigemeinnützige Einrichtungen öffentliche Einrichtungen 2016 2014 2012 2010 2008 2006 2004 2002 2000 1998 1996 1994 1992 560 662 720 Zahl der Krankenhäuser in Deutschland nach Trägerschaft (1991 bis 2017) 6,0 6,5 7,0 7,5 8,0 8,5 9,0 9,5 10,0 10,5 11,0 Fälle 2016 2014 2012 2010 2008 2006 2004 2002 2000 1998 1996 9.505.208 7,3 Verweildauer (Tage) Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. (Hrsg.), Zahlen, Daten, Fakten 2017 Entwicklung der Fallzahlen und
Verweildauer an öffentlichen Krankenhäusern (1995
2017) in Mio. 0 2.000.000 4.000.000 6.000.000 8.000.000 10.000.000 12.000.000
Wirtschafts-
Medizinisch-technischer
Pflegedienst Ärztlicher
11.037.368 10.147.519 5.499.460 3.431.091 2.311.713 211.900 379.189 561.795 212.827 941.767 591.181
privat freigemeinnützig
der
bis
Nicht
Dienst
Dienst
0 100000 200000 300000 400000 500000 Nichtärztliches Personal Ärztliches Personal 2017 2016
87.154 88.924 397.524 405.050

MELDUNG

Grüner Bürgermeister in roter Stadt (BS/ab) In der sonst SPD-dominierten hessischen Stadt Mörfelden-Walldorf unterlag der amtierende Bürgermeister Heinz-Peter Becker (SPD) seinem Konkurrenten Thomas Winkler (Bündnis 90/Die Grünen) in der Stichwahl mit 43,5 Prozent zu 56,5 Prozent. Damit stellt die SPD in der 34.300-Einwohner-Stadt seit der hessischen Gebietsre-

form 1977 zum ersten Mal nicht das Stadtoberhaupt. Der SPDBürgermeister führte seit 2007 das Amt aus und wird es am 19. Mai übergeben. Auch im ersten Wahlgang lag Winkler knapp vor Becker mit 33,9 Prozent zu 31,3 Prozent. Die Wahlbeteiligung der Stichwahl lag bei 38,9 Prozent und beim ersten Wahldurchgang bei 40,6 Prozent.

Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin sucht eine Leitung für das Straßen- und Grünflächenamt (A15, E15) für die verantwortliche Gestaltung der Zukunft des Amtes mit ca. 220 Mitarbeiter_innen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung unter: https://www.berlin.de/karriereportal/stellen/jobportal/stellenangebote.html

Beim Landkreis Rotenburg (Wümme) ist zum nächstmöglichen Zeitpunkt die Stelle als Leiter (m/w/d) des sich in Aufbau befindlichen Amtes für Digitalisierung und Informationstechnologie (IT) (Entgeltgruppe 14 TVöD) in Vollzeit zu besetzen.

Zur Gestaltung des digitalen Wandels in der Kreisverwaltung sowie des Auf- und Ausbaus von digitalen Bürgerservices gründen wir ein neues Amt für „Digitalisierung und IT“. In diesem neuen Amt sollen die Bereiche e-Verwaltung (Dokumentenmanagement und Geodatenservice), IT (Infrastruktur und Service), Daten (Datenschutz und Datensicherheit) zusammengefasst werden. Optional könnte der Bereich Breitbandausbau (Breitband und Mobilfunk) hinzukommen. Wir arbeiten u.a. mit folgenden Softwaresystemen: d3-ecm, Infoma, Open/Prosoz.

Ihre Aufgaben:

• die Leitung und Organisation des Amtes mit derzeit 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

• die strategische Steuerung und effiziente Koordinierung der jeweiligen Digitalisierungsprojekte

• Erarbeitung von Konzepten, Arbeitshilfen und strategischen Handlungsempfehlungen

• Planung, Durchführung und Moderation von Workshops, Arbeitsgruppen und Beteiligungsprozessen sowie Teilnahme an Arbeitskreisen und Projektgruppen

• Aufbereitung von Informationen für die interne und externe Kommunikation in Zusammenarbeit mit den zuständigen Fachämtern und Dezernaten

Unsere Erwartungen:

• Hochschulabschluss (Master/Diplom), mit dem Schwerpunkt Digitalisierung bzw. Public Management (M.A.) oder abgeschlossenes Studium im Bereich Informatik / Verwaltungsinformatik / Wirtschaftsinformatik / Wirtschaftswissenschaften (Master/Diplom)

• Affinität zur Digitalisierung sowie kontinuierliche Verfolgung von Digitalisierungstrends und Umsetzung dieser in innovative, zukunftsfähige Konzepte und Prozesse

• Berufserfahrung im Projektmanagement

• möglichst Führungserfahrungen

• Überzeugungskraft und Durchsetzungsvermögen

• Selbstständiges, ergebnisorientiertes Handeln und systematisches Vorgehen

• Teamorientierte Führungs- und Kommunikationskompetenz

• Betriebswirtschaftliches (unternehmerisches) Denken

Die vollständige Stellenausschreibung erhalten sie unter www.lk-row.de/stellenangebote.

Bei Interesse richten Sie Ihre Bewerbung bitte bis zum 30.04.2019 an den:

Landkreis Rotenburg (Wümme) Haupt- und Personalamt Postfach 1440, 27344 Rotenburg (Wümme) E-Mail: Bewerbungen@lk-row.de

Seite 17 Behörden Spiegel / April 2019 Kommunalpolitik / Personelles
Behörden Spiegel / April 2019 Seite 18 Personelles

Es ist banal: Verstreute Ortsteile, große Flächen und geringe Bevölkerungsdichte stellen gerade kleinere Gemeinden vor große Herausforderungen (u.a. lange Straßen, Wasserund Abwasserleitungen, mehrere Feuerwehrgerätehäuser).

Dennoch war es bislang nichtlungsstruktur auf die konkreten kommunalen Finanzbedarfe valide zu bestimmen.

In Hessen haben wir mit wissenschaftlicher Unterstützung von Prof. Dr. Thomas Lenk (Universität Leipzig) und basierend auf einheitlichen Geobasisda-

Zersiedelt und defizitär

von Dr. Ulrich Keilmann

Dr. Ulrich Keilmann leitet die Abteilung Überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften beim Hessischen Rechnungshof in Darmstadt. Foto: BS/privat

Haushaltsrelevanz

Die große Frage war, ob die Siedlungsstruktur nachweislich Auswirkungen auf den Haushalt hat. In Bezug auf den Gesamthaushalt konnte kein

Siedlungsindex der überörtlichen Prüfung

fehlbeträge mit zunehmendem Zersiedlungsgrad an. Für die Feuerwehr und die GemeinKommunen – waren das bei eher zersiedelten Kommunen (C3) etwa 12,80 Euro/Einwohner und bei zersiedelten Kommunen (C4) etwa 28,60 Euro/Einwohner.

Wasser / Abwasser

Für die Bürger sind Wasserund Abwassergebühren von großer unmittelbarer Bedeutung. Allerdings gab es auf den ersten Blick in den Gebührenhaushalten Wasser und Abwasser keinen statistisch nachweisbaren Zusammenhang zwischen Siedlungsindex und Haushaltsergebnis. Ursächlich dafür war das Kostendeckungsprinzip, das die Bürger mit höheren Gebühren belastet, wenn die Kosten steigen.

Neuer OB in Reutlingen

Wahl des Verwaltungsoberhauptes

(BS/Katarina Heidrich) Thomas Keck (SPD) ist der neue Oberbürgermeister der baden-württembergischen Stadt Reutlingen. Der Kommunalpolitiker löst damit Barbara Bosch (parteilos) ab, die nach 16 Jahren an der Spitze der Stadt aus persönlichen Gründen nicht wieder für das Amt kandidierte.

ten die unterschiedliche Siedlungsstruktur (von zentriert bis zersiedelt) aller 423 hessischer und die sich daraus ergebenden Mehrbedarfe für die Kommunen errechnet.

Siedlungsindex

Klar war von Anfang an: Heterogene Siedlungsstrukturen lassen sich nicht monokausal erfassen. Der von uns entwickelte Siedlungsindex umfasst daher drei Indikatoren.

1. Den Grad der Streuung der Siedlungen. Er misst den mittleren Abstand der Ortsteile voneinander.

2. Den Grad der urbanen den Anteil der Siedlungs-Gemeinde.

3. Die Ausnutzungsdichte, d. h. wie ist das Verhältnis von Einwohner- und Arbeitsplatzdichte zur Siedlungsmeinde.

Der Siedlungsindex reicht von 0 bis 1, den wir zur größeren Transparenz in vier Cluster eingeteilt haben: C1 zentriert (0 bis unter 0,3), C2 eher zentriert (0,3 bis unter 0,5), C3 eher zersiedelt (0,5 bis unter 0,7) und C4 zersiedelt (0,7 bis 1).

Nebenstehende Ansicht zeigt die Einteilung der hessischen Städte und Gemeinden in diese Cluster.

Auffällig ist, dass das mathematische Modell das bislang gefühlte Bild bestätigt. Im Osten und Nord-Westen des Landes sind (eher) zersiedelte Komraum rund um Frankfurt liegen dagegen hauptsächlich (eher) zentrierte Kommunen. Der eindeutige Vorteil des mathematischen Modells liegt darin, jetzt nachvollziehbar und kommunenscharf abgrenzen zu können, wer (eher) zentriert und wer (eher) zersiedelt ist.

statistischer Zusammenhang nachgewiesen werden, weil der Haushaltsausgleich gesetzlich vorgegeben und gerade keine optionale Leistung ist. Dennoch war klar, dass zersiedelte Gemeinden in einigen Aufgaben besondere Belastungen zu tragen haben. Deswegen haben wir mit Regressionsanalysen die wesentlichen Aufgabenbereiche näher untersucht. Dabei haben wir in den Bereichen

• Feuerwehr,

• Gemeindestraßen und

• Bürgerhäuser (Freiwillige Leistung)ten und kausalen Zusammenhang festgestellt. In allen drei Bereichen stiegen die Jahres-

Wir haben nachgerechnet und festgestellt, dass in Gemeinden mit einem hohen Siedlungsindex tendenziell tatsächlich höhere Gebühren für Wasser und Abwasser zu entrichten sind. Das liegt z. B. daran, dass in zersiedelten Kommunen längere Ver- und Entsorgungsnetze vorgehalten und unterhalten werden. Die Kosten hierfür müssen auf die Nutzer umgelegt werden. Für eine Modellfamilie (zwei Erwachsene mit zwei Kindern und einem Wasser-/ Abwasserverbrauch von 150 m3/Jahr) errechneten wir • in eher zersiedelten Kommunen (C3) eine Mehrbelastung von 180 Euro p. a. und • in zersiedelten Kommunen (C4) sogar eine Mehrbelastung von 435 Euro p. a. gegenüber dem Schnitt in einer eher zentrierten Kommune (C2).

Lesen Sie mehr zum Thema “Siedlungsstruktur” im Kommunalbericht 2018, Hessischer Landtag, Drucksache 19/6812 vom 13. Dezember 2018, S. 78 ff. Der vollständige Kommunalbericht ist kostenfrei unter rech nungshof.hessen.de abrufbar.

Kommunaler Siedlungsindex Hessen

Der 56-jährige Keck kennt die Belange der Stadt seit vielen Jahren. Er ist in Reutlingen geboren und aufgewachsen. Seit 1989 gehörte er dem Bezirksgemeinderat des einwohnerstärksten Reutlinger Stadtteils Betzingen an und war dort seit 2004 als Bezirksbürgermeister tätig. Dem Gemeinderat Reutlingen gehört der verheiratete Vater von zwei Söhnen seit 1994 an, dem Kreistag des Landkreises Reutlingen seit 1999. Ende Februar 2019 wurde Keck im zweiten Wahlgang mit 41,1 Prozent der Stimmen zum Oberbürgermeister der Stadt Reutlingen gewählt. Sein nächster Konkurrent, der Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion Christian Schneider, unterlag mit nur 72 Stimmen weniger (40,8 Prozent). “Ich stehe für soziale Gerechtigkeit und will ein Oberbürgermeister sein, der für alle Bürger da ist”, betont Keck nach dem Wahlsieg. Als langjähriger Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes Reutlingen-Tübingen ist ihm besonders die Wohnungspolitik eine Herzensangelegenheit. Dies in Verbindung mit seinem Amt als Vizepräsident des Naturschutzverbandes Schwäbischer Albverein ebnet den Weg für seine

MELDUNG

Barbara Bosch verabschiedet sich nach 16 Jahren vom Amt der Oberbürgermeisterin von Reutlingen.

Foto: BS/Gerlinde Trinkhaus

Thomas Keck ist neuer Oberbürgermeister der Stadt Reutlingen.

Foto: BS/Stadtverwaltung Reutlingen

wichtigsten Vorhaben im Amt: bezahlbarer Wohnraum, Bau von Passivhäusern sowie eine autofreie Altstadt. Kecks Vorgängerin Barbara Bosch war seit 2003 Oberbürgermeisterin von Reutlingen. Die 60-jährige gebürtige Stuttgarterin hat Politikwissenschaften und Kunstgeschichte studiert. 1990 wurde sie Leiterin des Sozialamtes der baden-württembergischen Stadt Fellbach, im

VKA hat neuen Präsidenten (BS/jf) Nach 14 Jahren an der Spitze der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hat Dr. Thomas Böhle das Amt des Präsidenten abgege-

ben. Die Mitgliederversammlung wählte Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge zu seinem Nachfolger. Der neue Verhandlungsführer der Kommunen bei

Anschluss persönliche Referentin des dortigen Oberbürgermeisters.

1997 wurde Bosch Beigeordnete mit der Bezeichnung “Bürgermeisterin” in Fellbach, worauf das Amt des Verwaltungsoberhauptes von Reutlingen folgte. Von 2011 bis 2017 war sie zudem Präsidentin des baden-württembergischen Städtetags und seit 2014 Erste Stellvertreterin des Deutschen Städtetags. Dessen Präsident, Oberbürgermeister Markus Lewe aus Münster, dankt Bosch für ihren engagierten Einsatz: “Als parteilose Oberbürgermeisterin war Barbara Bosch stets um einen breiten und überparteilichen Konsens bemüht, ohne je das gemeinsame Ziel der Städte aus dem Auge zu verlieren: eine starke und handlungsfähige kommunale Selbstverwaltung.”

den Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst führt den Vorsitz des Dachverbandes, wie sein Vorgänger, im Ehrenamt. Die Amtszeit beträgt drei Jahre.

Seite 19 Behörden Spiegel / April 2019 Kommunaler Haushalt / Personelles
“Siedlungsstruktur”
Grafik: BS/Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e. V., mit Grafiken aus Jaeger et al. (2015)
Eigene
Berechnung und Darstellung, Stand der Berechnung 31.12.2017, Stand der Darstellung 01.02.2019

Mittel zur Professionalisierung

Der Public Corporate Govenance Kodex (PCGK) für die Aufsichtsratsarbeit

(BS/Lars Scheider) Die Stadt Frankfurt am Main hat bereits im März 2010 einen Public Corporate Governance Kodex (kurz: PCGK) erlassen und mit dieser frühen Verabschiedung eine Vorreiterrolle übernommen. Grob vereinfacht befasst sich Public Corporate Governance mit “Spielregeln” guter Organisationsführung.

Der PCGK als zentrales Instrument der Public Corporate Governance verfolgt die Zusammenstellung und Koordinierung von verschiedenen Grundsätzen, Standards und Prinzipien verantwortungsvoller Unternehmensführung zur Unterstützung der Leitung und Steuerung, Überwachung und Kontrolle sowie Transparenz von und in öffentlichen und effektive Aufgabenerbringung sicherzustellen.

Der PCGK Frankfurt am Main zeichnet sich durch seine Konkretheit hinsichtlich Regelungstiefe- bzw. -umfang einzelner Regelungsfelder aus. Der Konkretisierungsgrad in vielen Bereichen der Ausgestaltung der Aufgaben und Zuständigkeiten der Organe der städtischen Beteiligungsunternehmen sowie die Beteiligten der Stadt ist im Vergleich zur PCGK Landschaft Deutschlands beispielshaft. Hervorzuheben ist die umfangreiche Berichterstattung der Organe untereinander sowie die klareläufen und Fristen der Berichts-

Der PCGK Frankfurt am Main stellt insbesondere die regelmäßige, zeitnahe und umfassende Information des Aufsichtsrates sicher (A 3.3.2). Der hohe Konkretisierungsgrad wird deutlich durch die Berichterstattungsgegenüber des Aufsichtsrates, explizite Empfehlung zur Orientierung an § 90 Aktiengesetz (AktG) bzgl. Inhalt und Turnusnen Bericht über die Wirksamkeit

Lars Scheider ist Bankkaufmann, Assessor jur. sowie Verwaltungsdirektor und Abteilungsleiter Beteiligungsmanagement (20.3) bei der Stadtkämmerei der Stadt Frankfurt a. M..

des Risikomanagementsystems (A 3.3.2) sowie eine Nachhaltigkeitsberichterstattung (A 3.3.2), welche einzigartig in der deutschen PCGK Landschaft ist. Die umfangreiche Informiertheit des Aufsichtsrates ist die Grundlage für eine effektive Ausübung der Kontrollfunktion des Aufsichtsrates.

Die Regelung über die Arbeit des Aufsichtsrates, wie u.a. durch die bzw. den Erwerb erforderlicher Fachkenntnisse und die Organisation regelmäßiger Fort- und Weiterbildungsangebote (A 3.2.6) der Sitzungen durch den zeitgerechten Unterlagenversand (A 3.2.4) trägt zur Professionalisierung der Aufsichtsratsarbeit bei.

Zur Gewährleistung einer effek-ratsarbeit wird der Bildung von Ausschüssen in der Public Corporate Governance eine hohe Bedeutung beigemessen, denn Ausschüsse besitzen vielfach eine größere Arbeitsfähigkeit und Effektivität. Der Prüfungsausschuss wird als relevant für die Stärkung der Überwachungsfunktion des Aufsichtsrates angesehen. Bei entsprechender

Teilweise falsche Weichenstellung

Herausforderungen für die Kommunalwirtschaft

(BS/Katarina Heidrich) Viel Potenzial aber auch großer Handlungsbedarf – so sieht die Hauptgeschäftsführerin des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU), Katherina Reiche, die gegenwärtige Situation ihrer Mitglieder. Kommunalen Unternehmen, die eine wichtige Rolle bei der Energiewende spielen, seien oftmals außerhalb staatlicher Förderprogramme die Hände gebunden. Im Bereich Stromnetze gibt es allerdings Fortschritte.

Foto: BS/privat

Ausgestaltung kann ein Prüfungsausschuss zur Professionalisierung der Arbeit des Aufsichtsrates beitragen. Dieser ermöglicht die Differenzierung verschiedener Aufgaben durch effektive Allokation von Sachverstand und somit eine zielorientierte, effektive und vertraute Arbeitsweise im Feld der Wirtschaftsprüfung.

Der PCGK ist nicht Selbstzweck, sondern unterstützt durch die Grundsätzen, Standards und Prinzipien die verantwortungsvolle Unternehmensführung für die Beteiligungen an privatrechtlichen Unternehmen. In Frankfurt ist die Prämisse der Weiterentwicklung ist die Sachdienlichkeit, Alltagsnützlichkeit und Umsetzungsorientierung der Regelung in der Praxis.

Mehr

Die Ausgestaltung eines effizienten Beteiligungsmanagements präsentiert der Autor im Rahmen eines Grundlageseminars am 9. Mai 2019 und eines Vertiefungsseminars am 7. November 2019 jeweils unter dem Titel “Das Aufsichtsratsmandat in öffentlichen Unternehmen” in Berlin.

“Wir brauchen lange Linien anstatt kleinteiliger Gesetze,” fordert Reiche. Die VKU-Hauptgeschäftsführerin appelliert an die Politik, hier für mehr Planungssicherheit zu sorgen. Es sei unverständlich, dass einige innovative Energieprojekte schlicht aufgrund der fehlenden Wirtschaftlichkeit nicht umgesetzt werden könnten. Das bestehende Abgaben-, Entgeltund Umlagensystem mache eine Anwendung oft unwirtschaftlich. Die kürzlich durch den Bundestag beschlossene Novelle des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes mit Vorschlägen, um das Planungsrecht zu vereinfachen, damit Höchstspannungsleitungen schneller gebaut werden können, begrüßt der VKU. Hierzu zählen auch sogenannte “Resdispatch-Maßnahmen”, um Netzengpässe zu vermeiden. Resdispatch bedeutet im Netzbetreiber-Jargon das Hoch- und Herunterfahren von Kraftwerken, um das Stromnetz stabil zu halten. Reiche betont, dass die zunehmend dezentrale Energieerzeugung bedingt, dass Strom nicht mehr primär über Höchstspannungsleitungen, sondern über viele dezentrale örtliche Stromnetze eingespeist werde. Deshalb sollten Angebot und Nachfrage von Energie vor Ort durch die Verteilnetzbetreiber ausgeglichen werden. Den in der Novelle enthaltenen Grundsatz “lokal vor regional und dann erst überregional”, sehe sie also positiv. “Schließlich sind die Solaranlagen, Windparks und KraftWärme-Kopplungsanlagen, um

die es zukünftig geht, in ihren Netzen angeschlossen. Auch die kooperative Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung von Netzbetreibern unterschiedlicher Spannungsebenen konnten gesetzlich verankert werden”, so Reiche. Jede Netzebene bleibe damit handlungsfähig, wodurch Nutzungskonflikte zwischen den Netzbetreibern vermieden würden. Das gewährleiste die Netzstabilität und erhalte die Systemsicherheit. Digitalisierung als Brücke

Dabei dürfe die Energiewende aber nicht länger nur eine Stromwende bleiben. Auch der Wärme- und der Mobilitätsbereich müssten stärker in den Fokus rücken. Dafür brauche es aber marktwirtschaftliche Anreize anstelle von Verboten. Potenzial für kommunale Unternehmen steckten vor allem in der Digitalisierung und in Anwendungen im Bereich Smart City. Digitale Angebote und Strategien sollten die Bürger in den Mittelpunkt stellen. Dafür benötigten die Unternehmen eine Datensouveränität. Für eine solche seideckender Breitbandausbau eine Grundvoraussetzung, kritisiert -

säumnisse in diesem Bereich. Die Weichen seien in der Vergangenheit falsch gestellt worden, so Reiche im Rahmen der VKU-Verbandstagung in Berlin. Wie wertvoll kommunale Datenschätze aus den Bereichen der Ver- und Entsorgungswirtschaft sein können, wurde beim sogenannten “VKU-Hackathon: Deine Region, deine Daten!” veranschaulicht. Insgesamt zehn Teams hatten dabei 48 Stunden Zeit, um aus Rohdaten der Stadt Freiburg, der Wasserwerke Leipzig, dem Verkehrsunternehmen “Mit. Bus” (ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Stadtwerke Gießen), des Start-ups Cognigy und von Deutsche Bahn Smart City innovative Lösungen zu entwickeln. Mit aktuellen Daten sollten so Konzepte für die intelligente Vernetzung von Städten und Regionen entstehen. Sieger wurde das Team “Smarte Wasservorhersage”, das einen Ansatz entwickelte, mit dem der zukünftige Wasserverbrauch vorhergesagt werden kann. Die Lösung basiert auf Big Data sowie Deep- und Machine-Learning. Das Team nutzte dafür die Verbrauchsdaten der Wasserwerke Leipzig von 2016 bis 2018.

MELDUNG

Kämmerer-Gipfel Petersberger Petersberger Kämmerer-Gipfel

Digital Finance Operation Days 2019

18.–19. Juni 2019, Steigenberger Grandhotel Petersberg

Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.kaemmerergipfel.de

Eine Veranstaltung des

Nutzen von Blockchain (BS/kh) In vielen Bereichen der Energiewirtschaft kann die Blockchain-Technologie schon heute einen Mehrwert für Unternehmen und Verbraucher bieten. Dies geht aus der Studie “Blockchain in der integrierten Energiewende” der Deutschen Energie-Agentur (dena) hervor. “Unsere Studie zeigt, dass die Blockchain besonders dann nützlich werden kann, wenn sie existierende Protokolle zum digitalen Informationsaustausch ergänzt.” Sie verdeutliche aber auch, dass für jede Anwendung eine Einzelfallanalyse erforderlich sei. Damit sich die Kerntechnologie weiterentwickeln und ihr Einsatz in der Energiewirtschaft ausgeweitet werden kann, müssen Politik und Wirtschaft dem Thema eindeutig mehr Aufmerksamkeit schenken”, betont der Vorsitzende der dena-Geschäftsführung, Andreas Kuhlmann Neben einer realen Erprobung sei dabei vor allem wichtig, neueste energiewirtschaftliche Untersuchungsergebnisse auch in der geplanten Blockchain-Strategie der Bundesregierung zu berücksichtigen.

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 20 Kommunalwirtschaft / Stadtwerke
Der VKU begrüßt die kürzlich beschlossene Novelle des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes. Foto: BS/Jasminka Becker, pixelio.de
Weitere Informationen unter: www.fuehrungskraefte-forum.de, Suchwort “Aufsicht”. zum Thema

Kommunale Infrastruktur

“Es ist kein Opa-Auto”

E-Fahrzeuge auf Herz und Nieren geprüft

(BS/ab) Nach 80 Kilometern geht der Saft aus und weit und breit keine Ladesäule: So jedenfalls sind die Sorgen vieler Autofahrer bei E-Fahrzeugen. Obwohl gerade bei Letzterem nicht nur in größeren Städten oder Ballungszentren fleißig ausgebaut wird, sondern auch im ländlichen Raum wie im Landkreis Wolfenbüttel. So zeigt ein Projekt, dass viele Befürchtungen unbegründet sind: Getestet wurden die Fahrzeuge vom Freund und Helfer der Bürger, der Polizei. Wenn diese damit böse Buben jagen können, dann dürften Dienstfahrten ebenso umsetzbar sein.

Die steinige

Treppe der Nachhaltigkeit

Konzepte und Ideen für das behördliche Fuhrparkmanagement (BS/ab) Kommunen und kommunale Unternehmen benötigen nicht nur einen Mentalitätswandel, sondern auch Ideen und Finanzierungsmöglichkeiten für teils neue Mobilitätskonzepte. Exemplarische Beispiele zeigen nicht nur, dass das Fahrrad als Dienstfahrrad genutzt werden kann, sondern auch ein Carsharing-Angebot durchaus seinen Charme haben kann. Die Finanzierung kann dabei über eine Förderung erleichtert werden.

Mechtild Stiewe vom Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) verweist darauf,-

Parameter mittels Datenlogger

wir alle Geschwindigkeiten im erläutert Oliver Suckow von der -

Bis zu 90 Prozent Elektrifizierung möglich Suckow nach

E-Fahrzeuge eignen sich nicht nur für Gelegenheitsfahrer und Sonntagsspazierfahrten, sondern können durchaus im täglichen Bedarf je nach Verwendungszweck mithalten. Foto: BS/Bilderstoeckchen, stock.adobe.com

Claudia Puglisi,

Wissenschaftliche Unterstützung

Dr. Kerstin Schmidt vom Institut

gilt weiterhin als Autoland, dieserläutert Stefan Eisenmann vondie Dienstwagen mit nach Hause gestellt und am nächsten Morgen-Herausforderung steht noch im Eisenmann Ökologisches Dienstfahrzeug-

Individualverkehr solle von 51 der nächsten Dekade gesenkt werden, so Olaf Lewald von dertert werden, womit auch neue--

welches voraussichtlich im Julitels einer Umfrage direkt in diegerin des Landkreises Dr. Linda Hartmann -

die meisten Dienstfahrten imdienen, treffe jedoch noch auf -

www.oeffentliche-infrastruktur.de

Bundeskongress Öffentliche Infrastruktur 2019

3. Dezember 2019, Hotel Adlon Berlin

DER ZUKUNFT GEGENWÄRTIG

Eine effiziente, nachhaltige Infrastruktur ist der Schlüssel für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und für die Verwirklichung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Dazu bedarf es eines durchdachten Miteinanders der Verkehrsträger und dem planvollen Ausbau der Verkehrswege, der Bildungs- und der Kommunikationsinfrastruktur.

Hier bieten sich unterschiedliche Strategien an. Allen gemein ist die Planung und Beschaffung. Digitale Methoden ziehen ein, das für und wider zu Planen und Bauen/ Sanieren aus einer Hand ist abzuwägen bis hin zu Fragen der Finanzierung und Abrechnung von Leistungen.

D u un

Hartmann

Die Auswirkungen des Mobilitätsmanagements

durchgeführten Programmen2 -

werde, erläutert Staatssekretär Guido Beermann -

Anwendung für Auswirkungen-

Stiewe-

-

Nachhaltige Mobilitätskonzepte für behördliche Fuhrparks sind ein Trend. Aber eine komplette Umstellung und Neuausrichtung ist ein langer und beschwerlicher Aufstieg, der vor allem viel Ausdauer und Planung erfordert.

Foto: BS/thgmueller, CC0, pixabay.com

MELDUNGEN

weit eine der führenden Städte

sorger Enercity und der lokale es, die Stadt mit E-Ladesäulen

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motorischen Pkws, Lkws und

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liche Pkw-Ladevorgang dauert

Eine Veranstaltung des

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diesen Rahmen müssten die Ge-

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 21
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Das alles ist nicht allein zu schaffen, sondern nur in vernetzter und kooperativer Form. Der 14. Bundeskongress Öffentliche Infrastruktur liefert Angebote, um Kommunen, Länder und den Bund mit einer zukunftsweisenden öffentlichen Infrastruktur aufzustellen. Die Veranstaltung adressiert Entscheider und Experten aus Ämtern, Fachbehörden, kommunalen Zweckverbänden, öffentlichen Unternehmen und Ministerien. ra m le Ex le
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Hannoversche Kooperation beim E-Ladestationen-Ausbau
greift Enercity auf die gleiche Schnellladestationen für E-Autos
Ein Wink des richtigen Weges
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sel von Pkws und Lkws voran-
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lichere Dienstwagen und einen

Behörden Spiegel: Wie bewerten Sie die Ergebnisse?

Ostrau: Die Aktivitäten vieler Städte und Gemeinden waren bisher primär auf die Fördermittelgewinnung ausgerichtet. Die neue Breko-Studie liefert eine Reihe neuer Erkenntnisse, etwa zur Planung und Ausführung des Tiefbauprozesses, zur Umsetzung der Dokumentationspflichten oder auch zu den Schnittstellen mit den Kommunen (z. B. Feststellung der Eigentumsverhältnisse, Genehmigungen bei verschiedenen Wegebaulastträgern). Die Studie greift auch zeitliche Aspekte des FTTB/H-Ausbaus auf: Im Falle eines “Weiter so” würde bis 2025 nur die Hälfte aller deutschen Haushalte eine FTTB/H-Erschließung aufweisen. Dieses deckt sich auch mit unserer Wahrnehmung.

Behörden Spiegel: Können Sie dazu ein Beispiel geben?

Ostrau: Der geförderte Breitbandausbau im Kreis Lippe –rund 14.800 Adressen (davon 28 Prozent VDSL größer/gleich 50 MBit/s, 54 Prozent Vectoring größer/gleich 100 Mbit/s und 18 Prozent FTTB) sowie circa 950 Gewerbebetriebe in 13 Gewerbegebieten im FTTB – nimmt rund zwei Jahre in Anspruch. Circa 180 neue “intelligente” Kabelverzweiger werden gebaut und rund 540 Kilometer Glasfaserkabel verlegt, was in etwa einer Strecke vom Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald bis nach München entspricht. Eingesetzt werden vier bis sechs Bautrupps, bereits eingerechnet sind die sehr begrenzten Kapazitäten heimischer Bauunternehmen.

ckenden Gigabit-Ziels bis 2025 in Lippe erfordert in einem weiteren Schritt noch die vollständige FTTB/H-Erschließung der Ortsteile. Hier stellen sich natürlich bei vielen Kommunen Fragen der Finanzierung, der zeitlichen Optimierung der Förderverfahren und der Tiefbaukapazitäten. Erschwerend kommt hinzu, dass große Netzbetreiber im ländlichen Raum nicht überall präsent sind und sich nur an ausgewählten Ausschreibungsverfahren beteiligen.

Behörden Spiegel: Wie beurteilen Sie die hierfür angedachten Lösungsansätze?

Ostrau: Aus der kommunalen Praxis heraus können wir nur einige Lösungsansätze bewerten.

Das Giganetz der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Breitband setzt Maßstäbe für zielgerichtetes Handeln, denn im Landkreis Börde entscheiden die Einwohner aktiv und eigenverantwortlich über die Zukunftsfähigkeit der Region mit, das hat viele Kommunen und Verwaltungen überzeugt. Das Netz nimmt Gestalt an, es wurden bislang detaillierte Ausbauplanungen für mehr als 50 Orte und Siedlungen freigegeben. Planungs- und Ausbauprozesse liegen im Zeitplan und laufen auf Hochtouren. Dabei spielt der Anschluss aller Schulen und öffentlichen Einrichtungen im Landkreis Börde, in den Mitgliedsgemeinden der ARGE-Breitband an das GigaNetz eine wichtige Rolle. Gesamtversorgung

gewährleisten

Alexander Lucke, Geschäftsführer der DNS:NET, bekräftigt: “Wir freuen uns sehr, dass wir das Giganetz für die Börde gemeinsam umsetzen. Wir werden den Landkreis und die Gemeinden bei der Erschließung aller Schulen unterstützen.” Aktuell beginnen die Bauarbeiten in Oschersleben, danach gehen auch die Schulen

Wesentliche Lösungen umsetzen

Kein “Weiter so” mehr im Breitbandausbau

(BS) Die Breko-Tiefbaustudie kam zu dem Schluss, dass ein “Weiter so” im Breitbandausbau nur knapp die Hälfte aller deutschen Haushalte bis 2025 anschließen würde. Über die Lösungsmöglichkeiten im Tiefbau wie alternative Verlegemethoden kann wiederum gestritten werden. Wirkliche Stellhebel sieht Dr. Stefan Ostrau, Fachbereichsleiter Vermessung und Kataster sowie Leitzielverantwortlicher für die Digitalisierung des Kreises Lippe, in den GIS-Daten und der Abstimmung bei den Förderprogrammen sowie dem Ausbau. Dabei räumt er auch mit einigen Vorurteilen auf. Die Fragen stellte Adrian Bednarski.

Laut Studie sollten personelle Engpässe in den Kommunen beseitigt sowie Planungs- und Genehmigungsprozesse durch verstärkten Technikeinsatz verkürzt werden. Hier könnte der Eindruck entstehen, der kommunale Breitbandausbau werde nicht mit höchster Priorität betrieben, was so nicht zutrifft: In NRW beispielsweise sind seit Jahren in vielen Kommunen Breitbandkoordinatoren eingesetzt, die erhebliche fachliche Expertise aufgebaut haben und auf Kreisebene kooperieren. Wichtige organisatorische Bausteine bilden zudem die Geschäftsstellen Gigabit.NRW bei den fünf Bezirksregierungen, die in enger Abstimmung mit den kommunalen Breitbandkoordinatoren den geförderten Ausbau des schnellen Internets fachlich unterstützend begleiten. Die organisatorischen Strukturen in NRW stehen demzufolge, was auch in anderen Bundesländern der Fall sein dürfte.

Behörden Spiegel: Laut Studie muss sich die Akzeptanz der Kommunen gegenüber alternativen Verlegemethoden erhöhen.

Warum?

Ostrau: Die Praxis zeigt, dass in den ländlichen Regionen der Ausbau mittels klassischem TiefBodenverdrängung erfolgt. Davon Kilometer pro Tag Verlegeleistung die schnellste Ausbauart, er zählt im Übrigen auch zu den alternativen Verlegemethoden.

Dagegen spielen Mini- oder Micro-Trenching sowie die Verlegung der Glasfaser in Abwasserrohren eine eher untergeordnete Rolle, sie werden angesichts nicht auszuschließender Folgeschäden auch teilweise kritisch gesehen.

Behörden Spiegel: Wie bewerten Sie allgemein den Breitbandausbau auf dem Lande?

Ostrau: Man kann den Breitbandausbau im ländlichen Raum – wie bei uns im Kreis Lippe – wie folgt beschreiben: Natürliche,

infrastrukturelle und administrative Barrieren wirken als Filter für die Innovationspotenziale der an der Ausschreibung teilnehmenden Unternehmen. Dieses bezieht sich sowohl auf einen kontinuierlichen Verbesserungsund Entwicklungsprozess beim Management des Breitbandprojektes als auch auf den Einsatz spezialisierter Verfahren beim Netzaufbau. Entscheidend ist nicht der unbedingte Einsatz besonders innovativer oder alternativer Methoden bei der Verlegung der Netztechnologie, sondern deren funktionelle und Bau eines nachhaltig stabilen und störungsfreien Netzes.

Die Studie schlägt vor, anstelle der gesammelten Vergabe von Förderbescheiden zu bestimmten Zeitpunkten eine kontinuierliche Vergabe oder eine Zuteilung nach dem Windhundprinzip zu erwägen. Diese Aspekte sind bereits im sechsten Call des Bundesförderprogramms sowie in einschlägigen Landesförderprogrammen umgesetzt worden. Über die im Breko-Gutachten aufgezeigten Lösungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand sehen wir nur wenige weitere Aspekte.

Behörden Spiegel: Welche wären das?

Ostrau: Im Zuge von Fördermaßnahmen haben wir mehrfach festgestellt, dass Netzbetreiber

“Es bleibt zu hoffen, dass wesentliche Kernaussagen und Lösungsansätze aufgegriffen und umgesetzt werden.”

Dr. Stefan Ostrau ist Fachbereichsleiter für Vermessung und Kataster sowie Leitzielverantwortlicher für die Digitalisierung des Kreises Lippe.

über die Angaben im Markterkundungsverfahren hinaus Eigenausbauten vorgenommen haben. Förderkulissen mussten daher während der laufenden Verfahren geändert werden, mit der Folge teilweise erheblicher zeitlicher Verzögerungen. Hier sind die aufsichtführenden Stellen gefordert, stärker auf die Verbindlichkeit der Meldungen zum Eigenausbau hinzuwirken. Aktuelle Beispiele aus der kommunalen Praxis belegen zudem, dass auch der Breitbandatlas teilweise unrichtige und zu optimistische Versorgungsangaben enthält. Fördergebiete können gerade in diesen Fällen nicht zeitnah geändert werden. Hier sollte bei den Netzbetreibern auf Vollständigkeit und Aktualität der Daten im Breitbandatlas hingewirkt werden.

Behörden Spiegel: Wie können die Planungs- und Koordinierungstätigkeiten in den Kommunen durch Technikeinsatz erheblich verbessert werden?

Ostrau: Die Studie kritisiert zu Recht die restriktive Zugriffsmöglichkeit auf den Infrastrukturatlas. Diesem liegen detaillierte vektorisierte Geo-Datenbestände zugrunde, die auf Grundlage der GIS-Nebenbestimmungen (Spezifizierung der NGA-Rahmenregelung) aufgebaut worden sind. Dazu folgende Hinweise: Die für Infrastrukturplanungen

wichtigen Geodaten können momentan nicht über Internetdienste (WFS-/WMS-Dienste) in kommunale GIS-Portale eingebunden werden. Die Vorteile in Form des Ausbaus einer Geodateninfrastruktur (GDI) werden demzufolge nicht ausgeschöpft, mit der Folge erneuter zeit- und kostenintensiver Erfassungen der Geodaten beispielsweise für Ausbaustudien. Hier sind die Bundesbehörden bzw. die Bundesnetzagentur gefragt. Erforderlich ist eine Abwägung von Wirtschaftsinteressen der Netzbetreiber, Datenschutzaspekten und der Datenhoheit mit dem Ziel der stärkeren Öffnung – auch angesichts von Open Data und Transparenzgesetzen.

Behörden Spiegel: Können Sie die Rolle der Kommunen hinsichtlich der Daten näher erläutern?

Ostrau: Die kommunalen Infrastrukturdaten sind zur Wahrnehmung der Gestaltungsverantwortung auf Dauer unverzichtbar. Absehbar ist demzufolge, dass die Kommunen sich zu BasisInfrastrukturdienstleistern auf lokaler und regionaler Ebene entwickeln werden. Viele Städte und Gemeinden haben daher schon interne GIS-Datenbasen aufgebaut.

Der Glasfaserausbau ist zudem entscheidende Voraussetzung zum weiteren Ausbau der digitalen Daseinsvorsorge: Ge-

Glasfaseranschlüsse für alle Bildungseinrichtungen!

Sachsen Anhalt – das Giganetz in der Börde nimmt Fahrt auf (BS/Hans Güldenpenning*) Glasfaseranschlüsse direkt bis ins Haus, in die Firma, in die Schule – das ist die zukunftssichere Infrastruktur in kommunaler Hand, auf die die Börderegion in Sachsen-Anhalt setzt. Die DNS:NET als Experte für Glasfaserausbau ist der Netzbetreiber für eines der größten Glasfasernetze in Sachsen-Anhalt.

an das Giganetz der Gemeinde. Holger Haupt, Breitbandbeauftragter der ARGE-Breitband, erläutert ferner, wie die Gemeinden die Gesamtversorgung aller Bildungseinrichtungen gewährleisten wollen. “Hierfür arbeiten sowohl die ARGE Breitband als auch der Landkreis Börde bei einem 180-Mio.-Euro-Projekt mit Unterstützung des Bundes Hand in Hand. Der ländliche Raum hat Zukunft und mit jedem Glasfaseranschluss steigen die Haltefaktoren sowie die Attraktivität der Dörfer und Gemeinden”, betont Haupt. Bis zum Sommer werde die Zahl der Bauleute, Planer, Ingenieure und Projektsteuerer auf ca. 300 anwachsen, um die vielen weißen Flecken von der Landkarte zu löschen. Ein wichtiger Bestandteil des Projektes seien die Schulen und die vielen anderen öffentlichen Einrichtungen. “In den acht kommunalen Glasfaserprojek-

ten werden selbstverständlich alle Schulen aller Schulträger kostenfrei an das Glasfasernetz angeschlossen.” Hierbei werde kein Unterschied gemacht, ob es eine Schule der Gemeinde oder des Landkreises bzw. eine Schule in sonstiger Trägerschaft sei.

“Selbstverständlich bekommen auch alle anderen öffentlichen Einrichtungen auf Antrag einen kostenfreien Anschluss an das Giganetz der ARGE-BreitbandGemeinden”, so der Breitbandbeauftragte. Alle öffentlichen Einrichtungen könnten generell

sundheitszentren im ländlichen Raum, Schulen, digitale Hubs, Schnellbusachsen im ÖPNV etc. Alle genannten Stellen benötigen schnelles Internet, um ihre jeweiligen gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen zu können.

Im Mobilfunkbereich ist zudem ein Entwicklungsschub hin zu 5G absehbar. Deutschlandweit wird eine Vielzahl neuer Sensoren und Funkmasten für einenötigt. Diese bilden einerseits die infrastrukturelle Grundlage zur Ermittlung von Echtzeitdaten, andererseits ermöglichen s ie die Generierung, Analyse und Weiterverarbeitung einer Flut von Informationen für neue Anwendungen (z. B. vernetzte Verkehrssteuerung auf Echtzeitbasis, Digitalisierung in der Landwirtschaft).

Netzbetreiber, Sensorhersteller, gewerbliche digitale Plattformbetreiber oder beratende Unternehmen beanspruchen die Daten in erster Linie für sich selbst, um u. a. auch neue Geschäftsmodelle zu kreieren. Im Kern handelt es sich um Investitionen in die öffentliche Infrastruktur,teln des Bundes und/oder der Länder gefördert worden sind. Die Kommunen sind daher gut beraten, diese Daten für sich zu beanspruchen bzw. für die Allgemeinheit zu sichern, da sie für die Daseinsvorsorge und letztlich auch für das selbstbestimmte Planen und Handeln unverzichtbar sind. Entsprechende Rahmenregelungen sind durch den Gesetzgeber noch zu schaffen.

Behörden Spiegel: Was würden Sie dem Gesetzgeber noch gerne mitgeben?

Ostrau: Wir beobachten momentan eine zunehmende Komplexität der Förderprogramme, was insbesondere Sonderaufrufe im Hinblick auf Schulen und Krankenhäuser und deren Synchronisierung mit den Landesprogrammen betrifft. Wünschenswert wären hier eine bessere Abstimmung der Programme zwischen Bund und Ländern sowie eine konkrete Ablaufplanung zur Beantragung der Fördermittel.

A us Sicht des Kreises Lippe begrüßen wir die neue BrekoStudie. Sie kommt zum richtigen Zeitpunkt, sensibilisiert und ist vom “vom Ende her” gedacht. Es bleibt zu hoffen, dass wesentliche Kernaussagen und Lösungsansätze aufgegriffen und umgesetzt werden.

mit 150 bis 500 Mbit/s und bis zu einem Gbit/s angeschlossen werden.

Bis zu 90 Prozent Das Angebot wird angenommen. So weist Haupt exem plarisch auf: “In allen acht Gemeinden konnte eine respektable Anzahl von Vorverträgen eingesammelt werden, die Quoten reichen von 35 – 65 Prozent.” In einzelnen Orten nähre man sich der 80-90-Prozent-Marke. Zudem gebe es in den Gemeinden neben dem hohen Engagement der Bürgermeister und den öffentlichen Verwaltungen auch Privatpersonen, die das Projekt voranbrächten.

Die Gemeinschaft im Detail

Bei der ARGE Breitband agieren acht Einheits- und Verbandsgemeinden: OebisfeldeWeferlingen, Verbandsgemeinde Flechtingen, Verbandsgemeinde

Elbe-Heide, Niedere Börde, Barleben, Verbandsgemeinde Westliche Börde, Wanzleben-Börde sowie Oschersleben (Bode) und der Landkreis Börde gemeinsam für eine zukunftssichere Infrastruktur, welche den ländlichen Raum stärkt und die Herausforderungen der nächsten JahrDigitalisierung und Standortpolitik meistern soll. Zusammen mit den lokalen Unternehmen und dem Experten für Glasfaserausbau, der DNS:NET, wird dabei ein anspruchsvolles logistisches Großprojekt realisiert. Alle Haushalte, die einen Erschließungsantrag gestellt haben, die regionale Wirtschaft sowie alle Bildungseinrichtungen und Schulen werden per Fiber-to-the-Building (FTTB) angebunden. Seit 2007 investiert DNS:NET in den Ausbau weißer Flecken in den Bundesländern. Auch realisiert das Unternehmen seit Jahren nur noch echte Glasfasernetze mit Gigabitgeschwindigkeit. Außerdem werden kontinuierlich ältere Infrastrukturen umgerüstet.

*Hans Güldenpenning ist freier Journalist.

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Seite 22 Behörden Spiegel / April 2019 Kommunale Infrastruktur
Das Giganetz der ARGE Breitband setzt Maßstäbe für kommunales Engagement und die Realisierung von Glasfaserinfrastruktur. Foto: BS/Hans Güldenpenning Foto: BS/Dombrowsky

Die erste Hürde: “Der Grenzwert für den Ausstoß von 270 Milligramm Stickoxiden pro Kilometer ist gut gewählt und eine hilfreiche Zielvorgabe. Nur besteht dabei die Herausforderung, dass die Pkws diesen Grenzwert im realen Fahrbetrieb auf der Straße nach dem neuen Europäischen Real-DrivingEmission(RDE)-Verfahren einhalten müssen. Hierfür müssten nun alle Autos der Euro-Norm 4/5 (umfasst Pkws) nachgetestet werden”, erläutert Martin Lutz, Fachbereichsleiter für Luftreinhaltung bei der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. Da alle Fahrzeuge mit geringeren realen Fahremissionen von Fahrverboten ausgenommen seien, würden somit Anreize für Hardware-Nachrüstungen geschaffen und die Stickoxidemission merklich gesenkt, so der Fachbereichsleiter. Aber hier ist die zweite Hürde zu überwinden: Dafür müssen die technischen Voraussetzungen für die Nachrüstung jedoch erst noch die Straßen-Verkehrs-ZulassungsOrdnung (StVZO) integriert werden.

Keine belastbare Wirkungsanalyse

Die dritte Hürde: Auch wenn automatisch alle Diesel der Euro-Norm 6 von den Fahrverboten ausgenommen seien, so seien diese dennoch nicht immer “sauber”, sagte der Fachbereichsleiter. Dabei könnten sie ohne Weiteres mittels Soft- oder minimaler Hardware-Nachrüstung optimiert werden. “Wohingegen Lkws der Euro-Norm VI (umfasst Nutzfahrzeuge ab 3,5 Tonnen), die auf Basis des RDE-Verfahrens geringe NOxAusstöße vorweisen, von den Fahrverboten in Ausnahmefällen betroffen sein können, obwohl diese bereits “sauber” sind.”

Die vierte Hürde: Des Weiteren sei die neue Schwelle der NO2Belastung von 50 Mikrogramm/ m³, unterhalb der in der Regel keine Fahrverbote nötig seien, um den NO2-Grenzwert von 40 Mikrogramm/m³ einzuhalten, willkürlich gesetzt. “Ich kenne keine belastbare Wirkungsanalyse von Maßnahmen in einem Luftreinhalteplan in Deutschland, nach der die NO2-Konzentration innerhalb von einem oder zwei Jahren ohne Fahrverbote um bis zu zehn Mikrogramm/ m³ gesenkt werden könnte”, berichtet Lutz

Hauptsache irgendwie handeln

Bundes-Immissionsschutzgesetz zwischen Kritik, Optimismus und Stagnation

(BS/Adrian Bednarski) Die Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zielt darauf ab, dass die Verhältnismäßigkeit von Durchfahrtsverboten (ugs. Fahrverbote) konkretisiert wird. Darin steht, dass eine Überschreitung des EU-Grenzwertes von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (m3) bis zu einem Jahresmittelwert von 50 Mikrogramm/m3 als verhältnismäßig eingestuft werden könnte. Reaktionen aus den Kommunen zeigen aber, dass vier Hürden sich jetzt schon abzeichnen.

ter Luft. Im Jahr 2017 lag der Wert bei 73 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, 2016 bei 82 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Damit ist der NO2-Wert in Stuttgart zwar schon zurückgegangen, liegt “aber immer noch deutlich über dem zulässigen EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm und gleichfalls über den 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft”, merkt die Stadtverwaltung an. “Einem Gesamtwirkungsgutachten des Landes aus dem Jahr 2017 zufolge ist in Stuttgart eine Gesamtstrecke von bis zu 70 Kilometern von einer Überschreitung des NO2-Grenzwertes betroffen. Es handelt sich daher nicht um ein isoliertes Problem am Neckartor”, so das Resümee. Ob die vielfältigen und äußerst zahlreichen von Stadt und Land unter sehr hohem Finanzeinsatz ergriffenen Maßnahmen eine weitere Verbesserung der Luftqualität bewirken würden, müsse sich noch zeigen. Aber dass im Jahr 2019 der Jahresmittel-Grenzwert von 40 Mikrogramm oder die Verhältnismäßigkeitsgrenze von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Stadtgebiet eingehalten werde, scheine nach derzeitigem Stand eher unwahrscheinlich, heißt es aus der Verwaltung.

Erkaufte Zeit

Eine rühmliche Ausnahme sei die Messstelle am Berliner Bahnhof Zoo, die sehr stark vom Bus-

seit 2013 mit Stickoxidkatalysatoren nachgerüstet wurde und neue, saubere Euro-VI-Busse und seit Kurzem sogar emissionsfreie Elektrobusse beschafft werden, ist dort die NO2-Belastung in den letzten drei Jahren um ein Drittel zurückgegangen. Hier bedarf es daher keiner Fahrverbote, um den Grenzwert einzuhalten.

In der stark befahrenen Leipziger Straße seien Durchfahrverbote aber nach dem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts als Ultima Ratio nicht zu vermeiden. Auch weil eine Hardware-Nachrüstung bei Diesel-Pkws durch das späte Reagieren der Bundesregierung noch nicht verfügbar sei, heißt es aus der Senatsverwaltung.

Profiteur des Gesetzes

Von den 20 Städten, die bisher von den Klagen der Deutschen Umwelthilfe betroffen sind, könnte unter anderem Limburg vonren. “Der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm wird zwar über-

schritten, der von 50 Mikrogramm wird aber an vier von fünf Messstellen (vier Passivsammler, eine Luftmessstation) eingehalten”, erläutert Johannes Laubach von der Stadtverwaltung.

Zudem zeigt sich in Limburg eine ungewollte Besonderheit.

Trotz der Maßnahmen lag der Jahresmittelwert an einer der Luftmessstationen bei 49 Mikrogramm, obwohl im Vorjahr dort nur 43 Mikrogramm gemessen wurden. Es sei demnach entgegen dem allgemeinen Trend von 2017 auf 2018 eine Erhöhung zu verzeichnen, merkt Laubach an. Aufgrund dessen, dass sich die Stadt dies nicht erklären könne, habe sie deshalb das für die Luftreinhaltung zuständige Landesamt um Aufklärung gebeten. Dies führe jedoch auch dazu, dass für das Jahr 2019 keine Prognose abgegeben werden könnte. Trotzdem ist die Stadt nicht untätig. Bürgermeister Dr. Marius Hahn (SPD) äußert sich zu der aktuellen Situation: “Es geht in die richtige Richtung, auch wenn wir im vergangenen Jahr leicht gestiegene Stickoxidbelastungen in der Stadt hatten.” Es werde intensiv daran gearbeitet, die

Neue Mobilität

Top-Referenten:

Veranstaltungspartner:

gemessenen Werte zu reduzieren und die Grenzwerte einzuhalten, dabei sei auch die Hilfe des Landes notwendig, das auch für die Fortschreibung des Luftreinhalteplans zuständig sei. Momentan werde der ÖPNV ausgebaut, die Radwegeinfrastruktur verbessert, was den motorisierten Individualverkehr Platz koste, auf das Job-Ticket gesetzt und zusammen mit der städtischen Energieversorgung ein E-Carsharing angeboten. “Zudem sind wir mit mehreren Vorhaben, gerade im Hinblick auf digitale Verkehrssteuerung und Auskunftssysteme, im Programm “Saubere Luft” des Bundes mit Fördergeldern bedacht worden. Die Fördergelder plus der hinzukommende Anteil der Stadt werden in einen besse-nes Infosystem für die Stadtlinie investiert”, umreißt Hahn einige Maßnahmen.

Das gegenteilige Bild

Ein Blick nach Stuttgart zeigt jedoch auch, dass das BundesImmissionsschutzgesetz nicht allen helfen kann. Seit dem 1. Januar 2019 gilt im gesamten Stadtgebiet der Landeshaupt-

stadt ein ganzjähriges Verkehrsverbot für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro 4/IV und schlechter. Die Maßnahme ist Teil der von der Landesregierung beschlossenen dritten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Stuttgart.

Derzeit seien Euro 5/V-Diesel von dem Verbot nicht betroffen.

Ein mögliches Verkehrsverbot auch für solche Fahrzeuge werde jedoch vom Land BadenWürttemberg derzeit überprüft und vorbereitet, heißt es aus der Stadtverwaltung. Dies basiere auf dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom November 2018. Aber: Ob ein Verkehrsverbot für Euro 5/VFahrzeuge auch tatsächlich erforderlich sei, werde eine Überprüfung der Luftschadstoffwerte Mitte 2019 zeigen.

Die Luftsituation in Stuttgart Der Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid (NO 2) betrug in Stuttgart im Jahr 2018 laut der fachlich verantwortlichen Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) an der Messstelle “Am Neckartor” 71 Mikrogramm pro Kubikme-

Karsten Möring (CDU/CSU), Mitglied des Bundestages, äußerte öffentlich, dass der Grenzwert auch weiterhin gelte und erreicht werden müsse. Was es bis dahin bräuchte, sei Zeit, in der die Einhaltung des Grenzwerts mit anderen Mitteln erreicht werden könne. “Diese Zeit verschaffen wir uns mit diesem Gesetz”, so der Abgeordnete. Jedoch sagt er ebenso über die 50 MikrogrammVerhältnismäßigkeit: “50 Mikrogramm ist eine deutlich höhere Belastung, die wollen wir nicht akzeptieren, auch nicht in dieser Übergangszeit.” Deswegen seien an diesen Orten Fahrverbote möglicherweise unvermeidbar –aber auch nicht zwingend; denn das werde anhand der lokalen Situation vor Ort entschieden. Mit diesem Gesetz solle bundesweit die Bedrohung durch die Fahrverbote verringert werden. Die Deutsche Umwelthilfe hingegen plant aktuell keine Klage gegen die Änderung des BundesImmissionsschutzgesetzes, denn das Gesetz ändert nichts an der vorherrschenden Bedingung, dass Fahrverbote luftreinhaltende Alternativen darstellten.

THEMEN DER KONFERENZ, u. a.:

► Moderne Mobilitätskonzepte für die Kommune

► Elektromobilität in NRW

► Flächendeckende Infrastrukturen für Elektromobilität

► E-Busse: viel Potenzial für deutsche Innenstädte

► Nachhaltige Mobilitätsstrategien und klimafreundliche Verkehrsentwicklung

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 23 Kommunale Infrastruktur
Es
ist fünf vor zwölf bei den Fahrverboten. Die Zeit zum Handeln drängt, die Rahmenbedingungen sind verbessert worden, doch Durchfahrtsbeschränkungen drohen manchen Städten noch immer.
Foto: BS/lassedesignen, stock.adobe.com
für Kommunen und öffentliche Fuhrparks
Mai 2019, Düsseldorf www.kommunale-mobilitaet.de Eine Veranstaltung des Fotos: Toby Giessen, Behörden Spiegel; www.duesseldorf.de; www.dormagen.de
Strategien
7.
Thomas Geisel Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Düsseldorf Tanja Gaspers Kämmerin und Projektleiterin „Elektromobile Stadtverwaltung Dormagen“ Michael Schramek Vorsitzender des Vorstandes Netzwerk intelligente Mobilität e. V., Fachlicher Leiter der Tagung

In Interaktion mit den Ämtern

Bürger können Ordnungswidrigkeiten auch online melden (BS/mfe) Die kommunalen Ordnungsbehörden gehen mit der Zeit. Mehrere von ihnen bieten Einwohnern inzwischen auch die Chance, Ordnungswidrigkeiten direkt über das Internet oder zumindest über dort abrufbare Vordrucke anzuzeigen. Das gilt etwa für Falschparker oder illegale Müllablagerungen. Zwingend geahndet werden müssen diese Fremdmeldungen jedoch nicht.

Denn im Allgemeinen werden Bußgeldverfahren von Amts wegen eingeleitet. Eingaben von Privatpersonen sind deshalb zunächst einmal ausschließlich als Anregung zur weiteren Überprüfung des gemeldeten Sachverhalts anzusehen. Es muss kontrolliert werden, ob ein ausreichender Anfangsverdacht besteht. Zudem muss der Verstoß möglichst konkret benannt und beschrieben werden.

Möglichkeiten zur internetbasierten Meldung eventueller Ordnungswidrigkeiten bestehen unter anderem in Köln, Düsseldorf und Aachen. In Wiesbaden kann seit 2013 die Smartphone-Applikation “Wegeheld” der Initiative Clevere Städte genutzt werden. Es

gibt zwar keine separate Statistik. Laut Stadtverwaltung wurde die App bisher jedoch nur in geringem Maße genutzt. Darüber eingehende Meldungen werden direkt an das Straßenverkehrsamt weitergeleitet. Um die Einleitung eines Verwarnungsgeldverfahrens zu erreichen, muss der jeweilige Bürger neben der Meldung über die App noch ein städtisches Formular ausfüllen.

In Mönchengladbach wiederum können Anzeigen auf diesem Wege erstattet werden, auch wenn die Stadtverwaltung in keinerlei geschäftlicher Beziehung zum Hersteller steht. Neben “Wegeheld” können unter anderem die Anwendungen “Mängelmelder” und “Dreckpetze” genutzt werden.

Hinzu kommen eigene, städtische Apps, etwa für Köln, Recklinghausen, Düsseldorf und Neuss.

In Berlin ist mit “OrdnungsamtOnline” eine vom Land selbst bereitgestellte Anwendung im Einsatz. Im schleswig-holsteinischen Neumünster besteht erst seit Dezember letzten Jahres die Möglichkeit, sich auf der städtischen Internetseite einen Anzeigenvordruck herunterzuladen.

In Duisburg wiederum können Bürger seit Kurzem Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr, also vor allem Parkverstöße, dem Bürger- und Ordnungsamt per Online-Vordruck melden. Für andere Verstöße gilt das noch nicht. Aufgrund der bisher noch kurzen Nutzungsdauer gibt es

Die fünf Säulen der Sicherheit

Leicht zu erlernende Techniken minimieren individuelles Risiko

(BS/Ronald Mikkeleitis*) Immer wieder gibt es Berichte über gewalttätige Übergriffe gegen Behördenmitarbeiter. Auch die nackten Zahlen sprechen für sich. Laut der aktuellen Polizeilichen Kriminalitätsstatistik (PKS) für das Land Berlin hat sich die Zahl von Gewaltdelikten gegen Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes erneut erhöht.

Dies ist bedenklich und sollte uns alle Akteure zum Handeln motivieren. Betroffene berichten oftmals, dass Angriffe für sie überraschend, also ohne Vorwarnung, passiert sind und dass man sich – angeblich – darauf nicht angemessen vorbereiten kann. Mit dem Fünf-SäulenModell zur Sicherheit existiert jedoch ein sehr guter und an der Praxis orientierter Weg, um sich auf aggressive Situationen vorzubereiten beziehungsweise

Die erste Säule zur Sicherheit betrifft die Körpersprache, über die man schnell seinen Gefährdungsgrad erkennen kann (Wertung von Mimik und Gestik des Gegenübers) und das bewusste Einsetzen eigener deeskalierender Körpersprache (beruhigende Gesten). Die zweite Säule ist das gezielt deeskalierende Reden, zum Beispiel das Vermeiden unnötiger Provokationen allein durch eine missverständliche Wortwahl. Die dritte Säule zur Sicherheit ist die optische Darstellung. Gerade dieser Punkt wird immer wieder unterschätzt,

obwohl es hier ein hohes Eigensicherungspotenzial gibt, das man selbst steuern kann. Gerade Träger von Uniformen können sich hier klare Vorteile verschaffen oder im ungünstigen Fall deutliche Nachteile erwirken. Wer sich vernünftig kleidet (sauber, ordentlich, situativ angepasst) und seltener Opfer von Übergriffen, da er schon über seine äußere Darstellung Respekt erreicht. Die vierte Säule zur Sicherheit ist eine angemessene und vorab gut strukturierte Versorgung nach einem Gewalterlebnis, um Mitarbeiter, die Opfer von Übergriffen wurden, in angemessenem Rahmen aufzufangen. Dabei hat sich besonders bewährt, zu psychologischen Ersthelfern ausgebildete Kollegen in ausreichender Zahl zur Verfügung zu haben. Zusätzlich sollten alle Beschäftigten Kenntnis erhalten über weitere Nachsorgemöglichkeiten wie etwa betriebliche Sozialberatung, Vertrauensleute oder Personalvertretungen. Die fünfte und letzte Säule umfasst die Möglichkeiten der körperlichen Abwehr. Dazu

gibt es diverse Möglichkeiten des Erlernens einfacher und wirksamer Abwehrgriffe über entsprechende Fortbildungen oder Vereine. Mitarbeiter, denen die Inhalte der fünf Säulen zur Sicherheit entsprechend vermittelt werden, gehen deutlich selbstsicherer, aber nicht überheblich, in den täglichen Dienst, sind dadurch weniger ängstlich und werden durch diese erkennbare Kompetenz auch für schwierige Situationen deutlich seltener Opfer von Gewaltdelikten. Sie stellen für Täter schlicht ein zu großes Risiko dar.

Weitere Informationen unter: www.sicherheitsseminar.de

*Ronald Mikkeleitis ist Leitender Mitarbeiter im Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Auf dem kommenden “Bundeskongress Kommunale Ordnung” am 24. und 25. September 2019 in Darmstadt wird er sich dem Thema Uniformen/Optische Darstellung widmen. Weitere Informationen unter: www.kommunaleordnung.de

Urbane Sicherheit fordert alle

Polizei, Kommunen und Finanzbehörden gefragt (BS/mfe) Die Polizei allein kann subjektive Sicherheit allein nicht herstellen und objektive Sicherheit nicht völlig garantieren. Hier sind mehr Akteure gefragt. Dazu zählen auch die Kommunen sowie die Bürger.

4. − 5. Juni 2019, Bonn

auch hier noch keine exakten Nutzungszahlen. Auch komme keine Applikation zum Einsatz. Gleiches gilt im bayerischen Regensburg. Auch dort ist keine Smartphone-Anwendung im Einsatz oder geplant. Allerdings können Ordnungswidrigkeiten per E-Mail gemeldet werden. Und auch hier fällt auf: Exakte der Nutzung dieser Möglichkeiten führt die Stadtverwaltung eigenen Angaben zufolge nicht. Im thüringischen Erfurt können online Formulare für entsprechende Ordnungswidrigkeitenanzeigen abgerufen werden. Die Papiere müssen dann handschriftlich oder maschinell ausgefüllt werden und bedürfen immer der eigenhändigen Unterzeichnung. Dazu sagt der Leiter des Erfurter Bürgeramtes, Peter Neuhäuser: “Sicherlich ist die Online-Anzeige einer Ordnungswidrigkeit oder die Nutzung einer entsprechenden App ein modernes und schnelles Mittel, um Missstände aufzuzeigen. Hierbei können jedoch die Aspekte des Daten- und Persönlichkeitsschutzes nicht außer Acht gelassen werden.”

Zudem kommt es auf eine effektive Kooperation an. Das unterstrich der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU). Sicherheit sei nur möglich, wenn die Behörden “Hand in Hand gehen”, so der Christdemokrat. Ein ausdrückliches Lob hatte Strobl für die moderne, algorithmenbasierte Videobeobachtung in Mannheim übrig. Die innovative Technik unterstütze die Polizei sowohl bei der Prävention wie auch bei der Repression. “Mannheim ist diesbezüglich eine Avantgarde und eine Blaupause für viele andere Städte”, meinte der stellvertretende Ministerpräsident auf dem 1. Mannheimer Sicherheitstag. Und dies gelte nicht nur für Baden-Württemberg, sondern für die gesamte Bundesrepublik und möglicherweise sogar für ganz Europa. Die Stadt sei bereits einen Schritt weiter als viele andere Kommunen, auch wenn die Videobeobachtung die Polizeipräsenz auf der Straße nicht ersetze, sondern sie nur ergänze. Momentan bestehe jedoch oftmals noch ein Delta zwischen der subjektiven und der objektiven

Sicherheit, gab der Mannheimer Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) zu bedenken. Und Strobl wies darauf hin, dass Mannheim mit seinen rund 300.000 Einwohnern im landesweiten Vergleich der Kriminalitätsbelastung weiterhin auf dem zweiten Platz hinter Freiburg und direkt vor dem unmittelbar benachbarten Heidelberg liege. Auch der Mannheimer Polizeipräsident Thomas Köberkeitszahl, also die Anzahl an Straftaten pro 100.000 Einwohner, ein. Sie lag 2017 bei 7.416 Delikten, während es landesweit nur 5.295 waren. Zudem machte er auf den vergleichsweise hohen Migrantenanteil aufmerksam. Dieser liegt bei 45 Prozent der Gesamtbevölkerung. Noch höher sei er bei den Unter-18-Jährigen.

Schneller als man denkt

Sichere Splitterschutzwände (BS/Marisa Lutter*) Seecontainer stellen eine effektive Schutzmaßnahme bei Sprengungen dar. Sie fangen gefährliche Splitter ab und vermeiden so Evakuierungen. Damit sparen Einsatzkräfte relevante Zeit, reduzieren den Aufwand und erhöhen die Sicherheit.

Aufgrund der als zu hoch geschätzten Liefer- und Aufbaudauer setzen im Notfall dennoch viele Zuständige lieber befüllte Säcke ein. Die Bloedorn

Container GmbH beweist das Gegenteil: Ab einer Vorlaufzeit von zwölf Stunden dauert der Aufbau der zuverlässigen Splitterschutzwände nur wenige

Bundeskongress

Stunden. In Gladbeck konnten vier benötigte Container in eineinhalb Stunden aufgebaut werden. Weil die Zulieferer die Tanks schon vorher einbauen, nimmt die Befüllung durch die Feuerwehr bei vier Containern nur noch etwa 40 Minuten in Anspruch. Folglich ist es für Städte sinnvoll, ein spezialisiertes Containerunternehmen in ihre Alarm- und Einsatzpläne zu integrieren.

Weitere Informationen unter: https://www.bloedorn-contai ner.de/

*Marisa Lutter ist Gründerin der Agentur WI-COMMS.COM.

Kommunale Verkehrssicherheit

Die Informations- und Diskussionsplattform für mehr Verkehrssicherheit durch Infrastruktur, Prävention und Geschwindigkeitsüberwachung

GEPLANTE THEMEN, u. a.:

► Ältere Verkehrsteilnehmer in der Kommune: gefährdet oder gefährlich?

► Fußverkehrsstrategien: Was können Kommunen tun, um den Fußverkehr zu stärken?

► Abbiegeunfälle: Wie können Kommunen Kreuzungen sicherer gestalten?

► Parken ohne Ende? Gutes Parkraummanagement für mehr Verkehrssicherheit

► Von der Verkehrsüberwachung zur Smart City: Forschungsprojekt zum nachhaltigen Verkehrsraummanagement

► Maßnahmenplan Luftreinhaltung und Feinstaubreduzierung

► Aktuelles zur Raser- und Poserszene

► Geschwindigkeitsreduzierung am Ortseingang: Umbaumaßnahmen vs. Überwachung

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 24 Kommunale Ordnung
Eine Veranstaltung des: > www.kommunale-verkehrssicherheit.de
Sieht bei Sicherheit viele gefordert: Thomas Strobl (CDU). Foto: BS/Feldmann Die Splitterschutzwände der Bloedorn Container GmbH lassen sich sehr schnell aufbauen. Foto: BS/Bloedorn Container

Digitaler Staat

Behörden Spiegel www.behoerdenspiegel.de Berlin und Bonn / April 2019

Den Status quo aufbrechen

Die Digitalisierung bahnt sich langsam, aber sicher ihren Weg

(BS/stb/wim) Denkt man an den digitalen Staat, so denkt man meist zuerst an digitale Verwaltungsdienstleistungen. Insbesondere in diesem Bereich könne und müsse die öffentliche Verwaltung zeigen, dass sie auch in der digitalen Welt leistungsfähig sein kann, so Dorothee Bär zur Eröffnung des Netzwerkkongresses Digitaler Staat des Behörden Spiegel.

“Wir müssen zeigen, dass wir einen funktionierenden Staat haben, aber wir müssen auch entschlossen über den Status quo hinausgehen”, forderte die Staatsministerin im Bundeskanzleramt und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung vor einem bis auf den letzten Platz gefüllten Saal im ehemaligen Premierenkino Kosmos in Berlin (1.550 registrierte Kongressteilnehmer, über 3.000 Ausstellungsbesucher an zwei Tagen). “Der Staat muss sich noch stärker als Dienstleister aufstellen”, so Bär weiter. “Langfristiges Ziel müsste es eigentlich sein, dass dem Bürger die Nutzung der Verwaltungsleistungen auch noch Spaß macht.” Online Anträge zu stellen, solle so leicht und intuitiv funktionieren wie Bücher bestellen.

Eine der wichtigsten Maßnahmen seit ihrer Vereidigung vor rund einem Jahr sei die Einrichtung der Digitalisierungslabore gewesen. Hier würden Konzepte für die Online-Umsetzung wichtiger Dienstleistungen im Tandem von Bundesressorts mit Länderministerien in interdisziplinären Teams erarbeitet. Die Maxime: Nah am Bürger. “Wir stellen dort nicht mehr Gesetze und Verordnungen in den Mittelpunkt, um Dienstleistungen darauf aufzusetzen”, stellte Bär klar. “Wir gehen vom Bürger mit seinen Bedürfnissen aus.” Lösungen, wie sie aus Nutzersicht sein sollten, würden dann häunötig machen. In Zukunft solle die Bürgerperspektive daher schon früh in den Regulierungsprozessen berücksichtigt werden, regte die Digitalisierungsbeauftragte an.

Besonders wichtig ist Bär, den Einstieg in digitale Dienste möglichst niederschwellig zu gestalten: “Wir müssen uns klar

Die beiden Schirmherren des Digitalen Staates 2019: Staatsministerin Dorothee Bär forderte die Anwesenden dazu auf, den Status quo immer wieder aufs Neue infrage zu stellen. Der Bremer Staatsrat und diesjährige Vorsitzende des IT-Planungsrates, Hans-Henning Lühr, präsentierte, wie die Situation der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes aktuell aussieht und welche Hürden auf dem Weg bis Ende 2022 noch genommen werden müssen. Fotos: BS/Giessen

machen, dass für viele Bürgerdern schon längst “mobile only” gilt. Das müssen wir einpreisen.”

OZG: Bürger und Kommunen mit ins Boot holen Im Hinblick auf immer digitalere Angebote soll die Realisierung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) einen Meilenstein für Bürger und Verwaltung darstellen. Einen Ein- und Überblick rund um die Umsetzung des OZG gab der aktuelle Vorsitzende des IT-Planungsrates, Hans-Henning Lühr. Dem Bremer Staatsrat liegt dabei besonders am Herzen, die Kommunen mehr in die aktive Planung der Umsetzungsprojekte einzubeziehen: “Rund 75 Prozent der Daseinsvorsorge für die Bürger kommt aus den Kommunen. Daher brauchen wir sie und ihr Wissen und müssen sie aktiv

4. Juli 2019 in Stuttgart

mit ins Boot holen.” Nach Abschluss der ersten Phase der Umsetzung des OZG, die von Anfang 2017 bis Ende 2018 lief und unter begrenzter planerischer Teilnahme von Ländern und Ressorts ablief, ist seit Dezember 2018 die zweite Phase gestartet. In dieser geht es um die konkrete Umsetzung der rund 575 Verwaltungsleistungen, die in 14 Themenfelder nach gemeinsamem Schwerpunkt aufgeteilt wurden. In dieser von BMI und FITKO gemeinschaftlich geleiteten Phase sind nun sämtliche Bundesländer und Bundesressorts in die Umsetzungsarbeit mit eingebunden und übernehmen als Tandem die Themenfelder. Besonders wichtige Leistungen werden dabei in Digitalisierungslaboren geplant und umgesetzt.

Diese Labore sind interdisziplinär zusammengesetzt, um zentrale Wissensbestandteile

aus der fachlichen, organisatorischen und technischen Seite in einen Raum zu bringen. Die Entwicklungsarbeit erfolgt dabei agil, dynamisch und nach dem Scrum-Prinzip, sodass es kurze Entwicklungsintervalle gibt, nach denen die Prototypen jeweils ausgiebig getestet werden können.

Mit dem Bürger für Erfolg im Alltag

Um den Menschen nicht aus den Augen zu verlieren, würden in die Labore inzwischen mehr und mehr auch betroffene Bürger integriert, erklärte Lühr: “Die Verwaltung muss lernen, die Bedürfnisse und Wünsche

KNAPP

Digitalgipfel findet in Dortmund statt (BS/wim) Der jährliche Digital-det 2019 in Dortmund statt. Diese Entscheidung wurde im Anschluss an Gespräche zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Achim Laschet bekanntgegeben.

Unter dem Motto “Digitale Plattformen” will die Regierung ihre zentrale Plattformveranstaltung im Herbst abhalten. Ein fester Termin ist allerdings noch nicht bekannt.

der Bürger zu erkennen und diese bei der Arbeit konsequent mit einzubeziehen.” Darum würden gemeinsam mit Betroffenen zu Beginn der Arbeit eine erste Zustandsanalyse des Digitalisierungsstandes durchgeführt und die “Schmerzpunkte” der Lühr es nennt. Anschließend werden Workshops mit den Betroffenen durchgeführt und die im Scrum entwickelten Prototypen der Dienstleistung bis hin zursam getestet, um produktives Feedback von den betroffenen Bürgern für einen möglichst reibungslosen Alltagsbetrieb zu sammeln.

JETZT VORMERKEN!

Baden-Württemberg 4.0 Baden-Württemberg 4.0

Masterplan für das digitale Sachsen (BS/wim) Die sächsische Staatsregierung hat einen Masterplan für die “Digitale Verwaltung Sachsen” verabschiedet. Mit dem Plan, der als Regierungsprogramm zum Ausbau der Verwaltungsmodernisierung im Freistaat fungieren soll, will das sächsische Kabinett alle Umsetzungsprojekte der Verwaltungsdigitalisierung zentral angehen.

Den rechtlichen Rahmen für den Masterplan gibt dabei im Besonderen das Onlinezugangsgesetz (OZG) vor.

Neues IT-Sicherheitsgremium im BMWi (BS/wim) Die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) ins Leben gerufene Initiative “IT-Sicherheit in der Wirtschaft” hat im April ihre Arbeit aufgenommen. Der Steuerkreis besteht aus Experten der IT-Sicherheit aus Forschung, Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung. Er soll die Initiative des Ministeriums als Berater unterstützen, Impulse liefern und dabei helfen, IT-Sicherheitsmaßnahmen bekannter zu machen und aktiv umzusetzen.

Das Rennen ist eröffnet: mit OZG, KI und VUCA auf dem Weg zu einer modernen Verwaltung 4.0

Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG), der Einzug von Lösungen auf der Basis von Künstlicher Intelligenz (KI) und eine sich wandelnde Arbeitswelt auch in der öffentlichen Verwaltung (VUCA) prägen derzeit maßgeblich die Diskussionen rund um das Thema Verwaltungsmodernisierung. Angesichts dieser und weiterer Entwicklungen wie “digital first” oder “once-only” wird sowohl die interne Organisation in den Behörden als auch deren äußerer Auftritt gegenüber Bürgern und Unternehmen in den nächsten Jahren einem grundlegenden Wandel unterworfen sein.

Diesen Transformationsprozess begleitet der Kongress “Baden-Württemberg 4.0” nun bereits seit 2017, dem Jahr, in dem die Landesregierung BadenWürttembergs mit der Verabschiedung der Digitalisierungsstrategie “digital@bw” das Thema ganz oben auf der politischen Agenda platziert hatte, um das Land zu einer digitalen Leitregion in Deutschland und Europa zu machen, damit Baden-Württemberg auch zukünftig ein starker Wirtschaftsstandort bleibt. Der Digitalisierung der Verwaltung kommt auf diesem Wege eine Schlüsselrolle zu. Das Rennen ist eröffnet!

Eine Veranstaltung des in Zusammenarbeit mit ››› www.bw-4-0.de ‹‹‹ #bw40

Halte man ewig an althergebrachten Mustern fest, sei es nicht möglich, neue Erkenntnisse zu gewinnen. Stattdessen müsse man für neue Erkenntnisse ungewöhnliche Perspektiven einnehmen und festgetretene Pfade verlassen. Aus diesem Grund hat Knops selbst zu seinem Amtsantritt im Parlament ausdrücklich versprochen, Fehler zu machen: “So habe ich von Vornherein Platz für den Prozess des Experimentierens gemacht und somit auch für das Ergründen neuer Lösungen für Probleme.” Er selbst sprach in diesem Zusammenhang vom “Vorwärts-Scheitern” als seiner persönlichen Mission, also dem Gewinnen neuer Ideen durch den Prozess des Experimentierens und Fehlermachens: “Wir brauchen eine ganz neue Geisteshaltung mit mehr experimentellen Denkweisen – in diesem Bereich sind einige Änderungen notwendig.” Um diese Betrachtungsweise in der Verwaltung nachhaltig zu verankern, hat Knops vor einem Jahr eine Gruppe von Mitarbeitern aus dem Öffentlichen Dienst zusammengestellt, die gemeinsam mit IT-Experten und Vollblut-”Nerds” den Weg für eine Arbeitskultur und agilem Charakter erarbeiten sollte. “Bislang sind wir dabei zu einigen vielversprechenden Ergebnissen gekommen und wir sind zuversichtlich, dass wir für die Zukunft noch viel mehr

Die Rivalität auf dem Platz lassen

Niederländischer Staatssekretär fordert mehr internationale Zusammenarbeit

(BS/Wim Orth) Der niederländische Staatssekretär für Inneres und Königreichsbeziehungen Raymond Knops sprach sich auf dem Digitalen Staat für eine internationale “Koalition der Digitalisierungswilligen” aus. Zudem forderte er von der Verwaltung, sich von althergebrachten Denkmodellen zu verabschieden und stattdessen viel mehr experimentelles Denkens zu wagen: “Wir brauchen eine moderne und innovative Denkweise auch in Fragen der Verwaltung. Gerade hier sollte man die Innovationsbewegung vom Start weg mitmachen.”

erwarten können”, erklärte der Staatssekretär. Alle Bürger mitnehmen

Besonders wichtig ist für den Niederländer in seiner täglichen Arbeit, dass sich diese nicht nur um einzelne Gruppen, sondern um alle Bürger dreht. Das heißt

konkret: “Auch wenn aktuell die Digitalisierung und alles, was dazu gehört, im Mittelpunkt steht, darf es nicht nur um die digital vernetzte Zielgruppe gehen. Wir sind für alle unsere Bürger verantwortlich und arbeiten deswegen nach dem Motto, dass wir niemanden zurücklassen

IT als Bote, KI als Prokurist

Einsatz Künstlicher Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung

(BS/gg) Brauchen wir angesichts der digitalen Transformation eine neue Staatskunst? Welche Anforderungen sollten wir an eine digitale Ethik stellen – insbesondere im Zusammenhang mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in der öffentlichen Verwaltung? Welche Auswirkungen hat dies auf die zukünftige Arbeitsweise und Organisationsstruktur in den Behörden? Mit diesen und weiteren Fragestellungen setzte sich der Digitale Staat in einer Sequenz von Fachvorträgen und -diskussionen auseinander.

“Der Mensch steht höher als Technik und Maschine.” Mit diesem Satz schloss Prof. Dr. Dirk Heckmann, Direktor am Bayerischen Forschungsinstitut für Digitale Transformation und Mitglied der Datenethikkommission der Bundesregierung, seinen Vortrag zur “Digitalen

und ethische Fragen ergeben sich insbesondere aus der Reichweite intransparenter Wahrscheinlichkeitsbereichnungen und der “Verantwortungslosigkeit” von Maschinen”, erklärte Heckmann Die Einführung von Künstlicher Intelligenz sollte daher grundsätzlich immer auch mit vertrauensbildenden Maßnahmen einhergehen.

Lena-Sophie Müller, Geschäftsführerin der Initiative D21, sprach sich in der Diskussion dafür aus, der KI das ScienceFiction-hafte zu nehmen und zukünftig auch gänzlich vom Begriff Künstliche Intelligenz wegzukommen. Im Englischen spricht man heute schon oftmals von augmented (erweiterter/unterstützender) intelligence.

Die Perspektive im Verhältnis von Mensch und Maschine müsse ein Mit- und nicht ein Gegeneinander sein, so Müller weiter.

wollen.” Von den rund 17 Millionen Niederländern seien mehr als zwei Millionen nicht digital unterwegs. Diese Gruppe dürfe man auf keinen Fall zurücklassen, sondern müsse alle Angebote auch weiterhin im analogen Raum anbieten sowie diese analogen Möglichkeiten ebenso weiterentwickeln und im Sinne der Bürger verbessern. Gleichzeitig müsse man für jene Bürger, die digitale Dienste haben wollten, allerdings solche entwickeln, die am Ende vom Bürger auch angenommen und schließlich genutzt würden. Hier sei man in den Niederlanden schon recht weit vorangekommen. So gebe es eine App, über die man in rund fünf Minuten die Steuererklärung

einreichen und am Ende sehen könne, wieviel man nachzahlen müsse bzw. vom Staat zurückerstattet bekomme. Zusätzlich hat der niederländische Staat eine App in Kombination mit einem neuen digitalen Personalausweis unter dem Namen “Digital ID” vorgestellt, die seitdem regelmäßig in den Top Ten derden sei und rege genutzt werde. Die App arbeitet laut Regierung mit einer speziellen Form der Blockchain-Technologie, die an einer niederländischen Universität programmiert wurde. Die App kann mit biometrischen Daten wie Gesicht oder Fingerabdruck geöffnet werden und generiert anschließend einen QR-Code, mit dem die Person sich gegenüber Dritten ausweisen kann. Dabei ist es möglich, vorab zu entscheiden, welche Informationen in den Code mit eingehen sollen. So kann der volle Inhalt des Personalausweises übertragen werden oder aber lediglich Name und Alter. Mit dieser Technik sollen Sicherheit und Datenschutz verbessert wer-

den und das Vorzeigen des Personalausweises gleichzeitig für den Inhaber vereinfacht werden. Die Koalition der Willigen Neben seinem Plädoyer für Innovation und Experimentierfreude sprach sich Knops außerdem ausdrücklich für eine transeuropäische Zusammenarbeit aus. Zwischen Deutschland und den Niederlanden gebe es solche Kooperationen bereits: “Ich war gerade im Januar in Berlin und habe mich mit Staatssekretär Klaus Vitt getroffen. Aber nicht nur mit dem Bund arbeiten wir zusammen, sondern auch mit einzelnen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.” Im Vorlauf zu seiner Keynote hatte sich der niederländische Staatssekretär zudem im Rahmen des Digitalen Staates zu bilateralen Gesprächen mit der Staatsministerin für Digitales im Bundeskanzleramt, Dorothee Bär, zusammengesetzt. Grundsätzlich warb Knops dafür, in einer internationalen “Koalition der Digitalisierungswilligen” aktiv zusammenzuarbeiten, denn nur so könne man nachhaltigen Erfolg erreichen: “Um gute Antworten auf gesellschaftlichesammenarbeiten. Lassen Sie uns die Rivalität zwischen unseren Ländern auf den Fußball begrenzen und in der Digitalisierung gemeinsame Sache machen.”

Digitale Souveränität stärken

Regulierung, Kompetenzaufbau, Investitionen

(BS/gg) Das Internet, vor wenigen Jahren vermeintlich noch “Neuland”, hat heute eine zentrale Rolle in Politik und Gesellschaft übernommen. Die Potenziale des Netzes werden allerdings nicht immer zum Wohle des Rechtsstaats und der Demokratie eingesetzt, sondern vielfach auch genutzt, um gegen diese Prinzipien zu arbeiten. Wie man hierzulande damit umgehen soll, war Gegenstand einer vom früheren Bundesminister und Ministerpräsidenten Rudolf Scharping moderierten Runde mit Spitzenpolitikern.

Ethik” und dem KI-Einsatz in der öffentlichen Verwaltung. Das Verblüffende dabei: Die Formulierung stammt aus der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen (Art. 12, Abs. 1).

Alexa in Kremsmünster

Zuvor hatte Heckmann eine Reihe von Praxisbeispielen für KIEinsatzfelder in der öffentlichen Verwaltung präsentiert, etwa den Chatbot der Berliner Verwaltung oder die “Alexa”-Lösung der österreichischen Gemende Kremsmünster. Doch was unterscheidet eine KI-von einer herkömmlichen IT-Lösung? Heckmann brachte dies pointiert auf die Formel: “Während IT als Bote dient, agiert KI als Prokurist.” Dies biete den Behörden durch KI-Einsatz eine Vielzahl von Chancen, sei aber auch nicht frei von Risiken, wie Heckmann darlegte.

Beim KI-Einsatz müsse man unterscheiden, in welchem Kontext, zu welchem Zweck und mit welchen Auswirkungen Technologien eingesetzt würden. “Rechtliche

Dr. Thilo Weichert, ehemaliger Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein, hat

und Kommunen in ein strukturiertes Gesamtkonzept überführt, forderte auch Dorothea Störr-Ritter, Landrätin des des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald und Mitglied im Nationalen Normenkontrollrat. Es sei wichtig,me Ziele zu verständigen. Die sei bei der Verwaltungsdigitalsierung bislang nicht gelungen, mit Blick auf die KI-Einführung aber noch wichtiger.

KI “verstehen”

Für Stefan Krebs , CDO/CIO der baden-württembergischen Landesregierung, ist es wichtig, der “Sorge vor Kontrollverlust” im Zusammenhang mit KI durchdor der KI-Systeme (“einfache Entscheidungen”) und ein entsprechendes Risikomanagement zu begegnen. “Wenn ich solche Systeme aufbaue, muss ich sie verstehen”, unterstrich Krebs

Für CSU-Generalsekretär Markus Blume bietet zunächst einmal das Internet große technische Möglichkeiten. Das aus dieser Technologie auch Gefahren erwüchsen, sei in erster Linie menschengemacht. Gerade in der Anfangsphase habe das Internet zunächst insbesondere für Freiheit gestanden. Leider müsse man heute zunehmend feststellen, dass Informationsfreiheit nicht mit Meinungsfreiheit gleichzusetzen sei. Er plädierte dafür, im Netz wieder stärker die Macht des Arguments und nicht die Macht des Algorithmus in den Vordergrund zu stellen. Mummenschanz beenden Michael Theurer , Stellvertretender Vorsitzender der FDPBundestagsfraktion, möchte dem “Mummenschanz” der vielfältigen Identitäten im Internet ein Ende bereiten und sprach sich dafür aus, auf den verschiedenen Plattformen nur noch mit Klarnamen zu agieren. Zudem müssten die staatlichen Institutionen in die Lage versetzt werden, die Rechte der Bürger im Internet “in Echtzeit” durchsetzen zu können.

gemeinsam mit Partnern ein Konzept für einen Bund-LänderStaatsvertrag zum Umgang mit KI/Big Data in Deutschland erarbeitet und dieses auch bereits im Bundeswirtschaftsministerium vorgestellt.

Einen Masterplan, der die Digitalisierung von Bund, Ländern

Für Dr. Kay Ruge, Beigeordneter des Deutschen Landkreistages, steht außer Frage, dass sich der Verwaltungsvollzug durch den Einsatz von KI im Kern verändern wird. Umso wichtiger sei es, sich angesichts dieser tiefgreifenden Veränderung die Frage zu stellen: “Was wollen wir?” Dabei müsse man weniger in einzelnen Lösungen oder Prozessen denken, sondern die zugrundeliegenden Strukturen in den Blick nehmen.

Dieser Forderung wollte sich Konstantin von Notz, Abgeordneter und Digitalexperte der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen zwar nicht anschließen. Schließlich werde das Recht auch “in der realen Welt” nicht in Echtzeit, sondern nach geordneten, aber mitunter auch langwierigen Verfahren durchgesetzt. Jedoch teilte er im Grundsatz Theurers Kritik an den mangelnden Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung in der virtuellen Welt und hegt daher auch Zweifel an der digitalen Souveränität des Landes.

Wir brauchen Spezialisten

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sieht hier auch personell Nachholbedarf: “Wir brauchen Spezialisten bei den Strafermittlungsbehörden”, forderte er. Auch

wenn sich die Nachwuchsgewinnung angesichts des Fachkräftemangels auch in diesem Bereich schwierig gestalte, so könne der Öffentliche Dienst, neben einer besseren Verzahnung mit den Hochschulen und Zulagenregelungen, insbesondere auch damit Punkten, dass es eine Ehre sei, einen solche Arbeit für die Allgemeinheit zu leisten.

An Regulierung herantrauen Grünen-Politiker von Notz sieht allerdings auch im rechtlichen Bereich Handlungsbedarf: “Wir müssen uns an die Regulierung herantrauen”, erklärte er. Die EU-Datenschutzgrundverordnung sei ein gutes Beispiel, wie man in diesem Bereich Standards schaffen könne, die mittlerweile auch international viele Nachahmer fänden. “Die digitale Gesellschaft muss gestaltet werden”, so sein Petitum. Weniger Regulierung und mehr

Experimentiermöglichkeiten in “digitalen Freiheitsräumen” forderte hingegen der Liberale Theurer Mehr Investitionen in (digitale) Bildung, aber auch in Technologien wie Künstliche Intelligenz sind für Blume die Voraussetzung, um die digitale Souveränität in Deutschland zu stärken und zu erhalten. “Deutschland muss hier raus aus der Komfortzone”, betonte er.

Das Internet könne eine Stütze der Demokratie sein, “wenn wir es richtig machen”, schloss Theurer Moderator Rudolf Scharping griff dieses in seinem Schlussworten auf und richtete im Stile eines ehemaligen Spitzenpolitikers einen flammenden Appell an die Anwesenden, die kommenden Europawahlen zu nutzen, um ein wichtiges Zeichen gegen rechtspopulistische und antieuropäische Strömungen auf dem Kontinent zu setzen.

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 26
Der niederländische Staatssekretär Raymond Knops sprach sich auf dem Digitalen Staat für mehr transeuropäische Kooperation aus und regte an, eine “Koalition der Willigen” zum Thema Digitalisierung einzugehen. Foto: BS/Giessen Prof. Dr. Wilfried Bernhardt sprach in seinem Vortrag über eine neue (digitale) Staatskunst. Baden-Württembergs CDO/CIO Stefan Krebs hält die Risiken der KI für beherrschbar. Lena-Sophie Müller, Geschäftsführerin der Initiative D21, will weg vom Begriff “Künstliche Intelligenz”. Im Uhrzeigersinn: Michael Theurer, Markus Blume, Lars Klingbeil (r.), Konstantin von Notz und Rudolf Scharping.

Das Rückgrat der Digitalisierung ist Breitband. Aber obwohl dieses massiv in der Bundesrepublik ausgebaut wird, zeigt sich doch, dass es weiterhin eine Herausforderung ist. Dr. Mario Hesse, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Leipzig, zeigte anhand des Berichts “Das Tal der Ahnungslosen 4.0” auf, welche wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Hemmnisse des Breitbandausbaus gewonnen werden konnten. “Es liegt ein natürliches Marktversagen vor, welches staatliche Regulierung und Steuerung braucht”, so eine der zentralen Aussagen. Die Kostenseite sei der entscheidende Faktor, weshalb der Ausbau vielerorts nicht vorankomme. Dabei sei nicht die Bevölkerungsdichte für die Unternehmen entscheidend, sondern die Bebauungsdichte und Urbanität. “Die zentralen Treiber des Breitbandausbaus sind eher unveränderlich, wie die Siedlungsdichte, weiterhin entscheiden weniger die Attraktivität der regionalen Märkte, sondern vielmehr die Kosten”, so Hesse. Für den Anschluss der letzten Meile bräuchte es eine staatliche Finanzierung, um diesen konsequent umzusetzen. Auch Thomas Bönig, Referatsleiter für Informations- und Telekommunikationstechnik der Landeshauptstadt München, vertritt diesen Ansatz: “Es gehört mit zur kommunalen Daseinsversorgung und der öffentliche Sektor darf sich nicht nur auf die Industrie im ländlichen Raum verlassen. Also entweder subventionieren oder das Breitband selber ausbauen”, ist seine Position dabei.

Denn Breitband sei eine Chance: wollen, haben wir Probleme im ländlichen Raum, weil es aufgrund des langsamen Internets

Stürmisches Fahrwasser für Kommunen

Langsames Internet, gescheiterte Projekte und Digitalisierungsstrategien

(BS/ab) Städte und Landkreise arbeiten daran, smart zu werden. Jedoch zeigte sich, dass mit dem Breitbandausbau als notwendige digitale Infrastruktur noch viele Kommunen hadern. Gleichzeitig reicht der Wille alleine nicht aus, sondern es braucht eine Strategie, die sehr umfassend sein kann und dementsprechende Planung benötigt. Aber was kann getan werden, wenn Projekte sich festfahren und wie müssen die Segel gehisst werden, um Projektstreitigkeiten gekonnt zu umfahren?

nicht immer möglich ist.” Aber die Stadt könne sich ein normal verdienender Bürger nicht leisten und ziehe deshalb in den ländlichen Raum. Also brauche es einen massiven Druck, diese Situation zu ändern.

Es braucht eine Strategie

Bönig zeigte auf, dass eine umfassende Digitalisierung einer ganzen Strategie bedarf: “Wir arbeiten an einer Digitalisierungsstrategie, die viele Aspekte umfassen muss.” Es brauche dabei einen Kulturwandel und eine digitale Charta. Letztere werde zwischen der Politik, der Verwaltung und dem Personalrat ausgehandelt und diene der Sicherheit. “Niemand soll entlassen werden. Hierfür implementieren wir auchrungen”, so der Referatsleiter. eine digitale Transformation der

Verwaltung, die eine Geschäftsprozessoptimierung beinhalte, seien ebenso essenziell. “Einfach analoge Prozesse zu digitalisieren, ist grober Unfug. Es muss dabei anders gedacht und herangegangen werden.” Abgerundet werde dies mit der Klärung der Finanzierungsfragen und einer digitalen Agenda. Denn Bürgern, den eigenen Mitarbeitern und der Politik müsse transparent gemacht werden, welche Veränderungen mit der Digitalisierung einhergingen. Hierbei zeigte er ebenso einen wiederkehrenden Faktor auf: “Die Digitalisierung wird durchaus in den Verwaltungen als Bedrohung angesehen, damit müssen wir uns auseinandersetzen.” Zudem müssten die Kommunikationswege neu erschlossen werden. Denn über die Tageszeitungen oder das Fernsehen könnten mittlerweile insbesondere die jungen Menschen nicht mehr erreicht werden.

Smarte Städte, schlaue Geschäftsmodelle Markus Deutsch , Direktor der KPMG, appellierte derweil, dass Städte auch über neue Geschäftsmodelle nachdenken müssten und hierfür enger mit der Industrie und den Unternehmen kooperieren müssten. Er nannte als innovatives Beispiel den intelligenten Mülleimer in Baden-Baden. Dieser sei

eine W-LAN-Station, könne den Füllstand anzeigen und presse regelmäßig den Müll, um damit den Entleerungsturnus zu verringern. “Eine Stadt steht nicht im Nichts. Sie müssen sich bewusst machen, wie Sie aufgestellt sind hinsichtlich ihrer Bildung, Industrie und dem Handel und dementsprechend die Schwerpunkte auf die Entwicklung legen.”

gen, brauche es einen kontinu-ben vielen Sitzungen versuchen wir deshalb, innovative Formate anzubieten. Mittels wirklich kurzer Vorträge und interaktiver Workshops zu neuen Lösungen und Produkten wollen wir bei den Ratsmitgliedern Verständnis erzeugen.”

90 Prozent der Projekte scheitern

Aber wie digitale Projekte mit am besten angegangen werden können, erläuterte Dr. Thomas Ortseifen, stellv. IT-Leiter und ITReferent sowie Projektmanager der Landeshauptstadt Wiesbaden, aus seiner täglichen Praxis: “Erfolg ist, was Menschen sehen. Was Menschen nicht sehen, ist die Beharrlichkeit, die es braucht, um etwas in der Verwaltung umzusetzen. Die Enttäuschungen, Aufopferungen, harte Arbeit, Disziplin und Rückschläge, die damit auch einhergehen.”

ne wichtige Rolle. Sabine Meigel, Leiterin der Geschäftsstelle Digitale Agenda der Stadt Ulm, hat damit weniger Probleme. “Der Oberbürgermeister ist sehr aktiv und steht hinter uns. Wir sind auch direkt bei ihm angesiedelt, um gehört zu werden.” Aber um auch den Stadtrat zu überzeu-

Keine Auslieferung, sondern eigene Kompetenzen

Bürgermeisterrunde: zwischen dem Hier und Verbesserungsvorschlägen (BS/ab) “Wenn gefragt wird, was die Herausforderung der Digitalisierung ist, dann hilft ein Blick in die kommunalen Aufgaben. Daseinsvorsorge und hierfür eine gut ausgebaute digitale Infrastruktur sind ein Teil dessen”, betonte Thomas Geisel, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Düsseldorf. Dabei zeigten die Bürgermeister auf, dass der Druck der Innovation groß sowie deren Finanzierung problematisch sei. Nichtsdestotrotz haben sie mit ihren Städten gewisse Vorteile, die beispielsweise der Salzlandkreis nicht hat. Mit 135 Bürgern pro Quadratkilometer hat dieser mit anderen Herausforderungen zu kämpfen.

“Die Digitalisierung entspricht unserem Anspruch an eine kundenfreundliche Verwaltung.

Da wo es möglich ist, sollte die Dienstleistung digital zur Verfügung gestellt werden”, unterstrich der Düsseldorfer OB.

Auch wenn dieser Ansatz hilfreich sein kann, so ist die Situation im ländlichen Raum anders.

“Verdeutlicht wird dies anhand unserer Bevölkerungszahl. 1990 hatte der Kreis rund 270.000 Einwohner und nun sind es knapp 196.000 Einwohner, da hatten viele Kommunen Einbußen”, erläuterte Markus Bauer, Landrat des Salzlandkreises, der in Sachsen-Anhalt zwischen Magdeburg und Halle/Saale liegt. Aber der Reiz des ländlichen Raums seien die großen verfügbaren Flächen, von denen es mittlerweile in den Städten knapp werde, so der Landrat. “Gerade deshalb ist Mobilität und Digitalisierung für uns wichtig.” Um innerhalb des Landkreises gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen, wurde beispielsweise ein besonderes Gewicht auf die Bildung gelegt.

“Wir haben es geschafft, seit 2015 alle Sekundarschulen und Gymnasien auf ein Rechenzentrum zu vernetzen, damit überall die gleiche Bildung in den Regionen Bauer

Jedoch lähme das langsame Internet. “Wir brauchen schnelles Internet, denn 50 Mbit/s reichen nicht aus. Gerade muss der Landkreis selbst einspringen, um es voranzutreiben. Denn mit den Förderprogrammen ist zwar die aktuelle Geschwindigkeit zustande gekommen, aber erneute Anträge sind nicht mehr möglich”,

zeigt er die Herausforderung auf.

Auch andere Aspekte können die Digitalisierungsgeschwindigkeit bremsen. Werner Spec, OB der Stadt Ludwigsburg, zeigte Verbesserungsmöglichkeiten auf.

“Die Förderprogramme zielen in die richtige Richtung, sollten nur nicht nach dem Gießkannenprinzip vergeben werden. Pilotprojekte, die dann übertragbare Ergebnisse hervorbringen, sind

Kompetenz in eigener Hand

Was jedoch stärker befördert werden sollte, sei eine “bessere Abstimmung zwischen den Bundesministerien, deren Programme teilweise parallel zueinander laufen”, so der Ludwigsburger OB. Ferner sei es wichtig, dass die digitalen Lösungen selbsttragende Geschäftsmodelle hätten, sonst gehe mit der auslaufenden Förderung dem Projekt die Luft aus. Außerdem mahnte er: “Liefern Sie

sich nicht den Beratungsunternehmen aus, sondern entwickeln Sie die eigene Kompetenz der digitalen Steuerung.”

Stefan Schostok, OB der Landeshauptstadt Hannover, betonte strategische Vorgehensweisen: “Die Kommunen haben eine sehr starke Stellung, insbesondere bei der Umsetzung. Da müssen wir strategisch vorgehen. Nicht nur E-Government ausbauen, sondern eine digitale Agenda mit der Wirtschaft, Wissenschaft und dem Staat entwickeln.” Es brauche eine Handlungsfähigkeit, die Prozesse zu gestalten und deshalb müsse sich sehr “klug in Kooperationen aufgestellt werden”.

Auch Kooperationen zwischen den Kommunen sei sehr wichtig. Dies ist ein Aspekt, dem seine Amtskollegen wie Spec zustimmen: “Es braucht den gegenseitigen Erfahrungsaustausch über Best-Practice-Beispiele, um diese zu verbreiten und voneinander

zu lernen.” Zudem müsse nicht alles in jeder Kommune entwickelt werden, da spiele der OpenSource-Gedanke eine wichtige Rolle für den Austausch, merkte Schostok an.

Vorausschauende Finanzpolitik Wohingegen Schostok die Finanzierung der Digitalisierung kritisierte. Es sei relativ schwierig für die Kommunen, die “gewaltigen Investitionen auf den Tisch zu legen”. Eine vorausschauende Finanzpolitik sei wichtig. Denn “über die Gewerbesteuer können wir nicht alleine die gewaltigen Infrastrukturausgaben einholen”. Es könne gesamtstaatlich überlegt werden, die Schuldenbremse zu lockern, weil diese Investitionen hemme. Abschließend war sich Schostok sicher: “Wenn der menschenzentrierte Ansatz der Digitalisierung gefördert wird, können wir uns von dem Modell der USA oder China absetzen.”

“Ich habe gelernt, dass circa 90 Prozente der Projekte in der Verwaltung nach folgendem Muster scheitern: Jede Veränderung ist mit Irritationen behaftet, sie sorgen dafür, dass sowohl die Veränderer als auch die Bewahrer einen Tunnelblick entwickeln. Das führt zu einer sozialen Ansteckung und Gruppenbildung für die eine oder andere Position. Schlimmstenfalls kommt es zu

einem gewaltigen Gegeneinander und schließlich zu dem Verlust des Verständnisses füreinander und der gegenteiligen Meinung. Dann ist es eine Frage der Zeit, bis die Innovation und das Projekt dahinter einem um die OhAgiles Arbeiten als Brückenbauer Der wichtigste und schwierigste Aspekt beim Projektmanagement sei die Anwenderakzeptanz: “Sie haben 100 Anwender und jeder hat eine andere Vorstellung von dem Produkt. Deshalb ist müssen, damit sie den Hebel ansetzen können.” Mittels agiler Projektmethoden könne die Akzeptanz gesteigert werden. Ortseifen empfiehlt folgende Herangehensweise: “Ressour-metern entwickeln sie ein Ziel, welches geschäftswertgetrieben ist.” Dies werde dann agil befolgt, wobei Agilität bedeute, dass die Arbeitsprozesse beweglich gemacht würden. Erfolgreiche Implementierungs- und Kommunikationsstrategien seien mit die Schlüssel zum Erfolg. Menschen und die Interaktionen miteinander seien dabei wichtiger als die Prozesse. “Vergeuden Sie keine Energie an den Rahmenbedingungen, sondern an der Lösung.” Dann könnte die agile Methode auch dabei helfen, verfahrende Projekte wieder ins Fahrwasser zu bringen. Hinsichtlich externer Beratung bezog er ebenso Stellung. Er kritisiert externe Expertise dahingehend, dass “diese zwar das Methodenwissen einbringt, aber das Fachwissen ist nun einmal in den Verwaltungen und das entscheidet.”

Perspektiven und Visionen

Wie fördert man interkommunale Zusammenarbeit?

(BS/iga) “Die interkommunale Zusammenarbeit kann viele Vorteile mit sich bringen”, sagte Ulrich Keilmann, Leiter der Überörtlichen Prüfung beim Hessischen Rechnungshof. Einige davon seien Auslastungsvorteile, Spezialwissen und Rechtssicherheit, Vertretungsvorteile und Aufgabentrennung sowie personenbezogene Aufgabenverteilung, wie er erklärte.

“Bei der Untersuchung der interkommunalen Zusammenarbeit in verschiedenen Vergleichen und Prüfungen haben wir auch Nachteile festgestellt”, berichtete Keilmann . Dazu zählten beispielsweise der Koordinationsbedarf oder die räumliche Entfernung. Schwierig sei ebenso “Wir haben Rückmeldungen von Kommunen, in denen in einem bestimmten Aufgabenbereich bis 2020 von fünf Personen vier in den Ruhestand gehen”, erklärte er.

Optimierungsanstoß

als ein Belastungsfaktor betrachtet werden, sondern vielmehr solle sie anstoßen. “Sie soll einen Anstoß dazu geben, dass man anfängt, die technischen Voraussetzungen zu optimieren”, sagte Keilmann. In dieser Hinsicht plädierte er dafür, zu versuchen, auf einer Plattform zusammenzuarbeiten. Somit könne die Kommunikation besser und die räumliche Distanz überbrückt werden. Er wies außerdem auf die Notwendigkeit hin, Anreize zu schaffen. “Man muss Perspektiven und Visionen geben. Wir glauben, dass auch in einer kleinen Kommune mit 3.000 oder 7.000 Einwohnern Vorteile generiert werden können, solange sie aktiviert werden.”

Marco Brunzel, Leiter der Bereiche Digitalisierung und EGovernment in der Metropolregion Rhein-Neckar, widmete sich unter anderem der Frage, ob die öffentliche Verwaltung so vernetzt

arbeiten kann wie die Wirtschaft. “Der wichtigste Unterschied zwischen der Verwaltung und der Wirtschaft ist natürlich der, dass Innovation in der Wirtschaft Fortschrittsinnovation ist. Es ist eine technische Entwicklung, die andere Geschäftsmodelle ermöglicht”, erklärte Brunzel In der Verwaltung passiere das nicht, denn jede Art von Modernisierung in diesem Bereich “muss gewünscht, gewollt und in die Politik gebracht werden”. Diesbezüglich sprach Brunzel sich dafür aus, für Bürger und Unternehmen eine bessere Arbeitsteilung der öffentlichen Verwaltung zu organisieren. Dafür müsse man sensibilisieren und die Bürgermeister und Landräte davon überzeugen. Es sei auch wichtig, die “vorhandenen Dinge” miteinander zu vernetzen.

Bürgerschaftliches Engagement stärken Roland Draier, Geschäftsführer des Gütersloher Start-ups topocare, präsentierte die App VoluMap, die das bürgerschaftliche Engagement stärke: “VoluMap ist eine App, die Spontanhelfende und professionelle Organisationen wie beispielsweise das Deutsche Rote Kreuz zusammenbringt.” Ehrenamtliche könnten auf Karten erfahren, wo sie sich einbringen könnten. Dabei werde das breite Spektrum des Ehrenamtes mit der Software abgedeckt. “VoluMap gibt uns erstmals die Möglichkeit, ein großes Ereignis zu koordinieren”, so der Gütersloher Bürgermeister Henning Schulz

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 27
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Moderator Guido Kahlen, der Düsseldorfer OB Thomas Geisel, Ludwigsburger OB Werner Spec, der Hannoversche OB Stefan Schostok und der Landrat des Salzlandkreises Markus Bauer diskutieren über die Verbesserungsvorschläge und Herausforderungen der Digitalisierung (v.l.n.r.). Foto: BS/Giessen Martin Würmli von der schweizerischen Stadt Zug und Sabine Meigel von der Stadt Ulm diskutieren über den digitalen Wandel der Kommunen und wie unter anderem Gemeinderäte überzeugt werden können. Fotos: BS/Giessen Dr. Mario Hesse spricht über die Herausforderung des Breitbandausbaus. Fotos: BS/Giessen

Katrin Lange, Innenstaatssekretärin in Brandenburg und Vertreterin ihres Landes im IT-Planungsrat, skizierte eine Reihe von Maßnahmen für die OZG-Umsetzung wie auch insgesamt der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung auch im ländlichen Raum. Für die Kommunikation in der Landesverwaltung und darüber hinaus wurden in den einzelnen Ministerien sog. OZG-Koordinatoren installiert. Zudem gibt es Chefgespräche, Informationsveranstaltungen, Workshops und entsprechende Leitfäden. Die OZG-Umsetzung in der Fläche soll zudem durch Modellkommunen vorangetrieben werden. Ohnehin erhalten alle Kommunen auf der Grundlage des E-GovernmentGesetzes des Landes sämtliche IT-Basiskomponenten wie Servicekonto, Bezahlsystem oder Formularserver kostenfrei über den Landes-IT-Dienstleister ZITBB. Ein weiteres wichtiges Feld ist der Ausbau der Breitbandinfrastruktur. “Wir werden ab April 1.500 WLAN-Hotspots in den Kommunen einrichten” erklärte Lange Für Ernst Bürger, Unterabteilungsleiter Verwaltungsdi gitalisierung im Bundesinnen ministerium, gibt es drei

Von Kooperation zu Konvergenz

Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes in der Fläche (BS/ab/gg) Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG), also die Digitalisierung jener 575 Verwaltungsdienstleistungen bis Ende 2022, ist aktuell zweifellos das Topthema unter den “Verwaltungsdigitalisierern” hierzulande. Doch wie trägt man Sorge dafür, dass diese Services in gut drei Jahren dann auch deutschlandweit “in der Fläche” zur Verfügung stehen. Und was kommt dann?

zentrale Erfolgsfaktoren für die OZG-Umsetzung in der Fläche.

Erstens: Stärkung der föderalen Zusammenarbeit (“Wir müssen es gemeinsam machen.”). Zweitens: Systematische Einbindung der Nutzer (“Bürgerinnen/Bürger und Unternehmen”). Drittens: Ein neues Mindset wagen (“Wir sind bereit, auch rechtliche Grundlagen zu verändern.”).

OZG 2.0

Prof. Dr. Jörn von Lucke, Direktor des Lehrstuhls für Verwaltungs- und Wirtschaftsinformatik der Zeppelin Universität, sagte ein OZG 2.0 voraus. Der Portalverbund stelle den Zugang zur Verwaltung dar und präsentiere das Gesamtportfolio einer Behörde. Das OZG sei die gemeinsame Grundlage und motiviere dies umzusetzen. “Jedoch aus Sicht der Wissenschaft wird es ein OZG 2.0 geben müssen, um eine Gesamtstruktur des

öffentlichen Sektors zu schaffen wie HTML-5- sowie sprachgesteuerte Zugänge.” Auch werde der deutsche Portalverbund Teil des europäischen werden.

Die Wichtigkeit des Portalverbundes stellte ebenso HansHenning Lühr , Staatsrat bei

Vorteile und Herausforderungen der elektronischen Rechnung

(BS/iga) Auf dem Netzwerkkongress Digitaler Staat haben Experten auch das Thema E-Rechnung aufgegriffen. Volker Müller, Geschäftsführer von GiroSolution, unterstrich dabei die Vorteile einer elektronischen Rechnung.

“Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer sinkt bei der Umstellung von papierhaften zu digitalen Prozessen deutlich”, sagte er.

Ergebnisse einer von ibi research durchgeführten Umfrage zu Payment- und Rechnungsprozessen in der kommunalen Verwaltung zeigen, dass die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bei papierhafter Rechnung und ausschließlich papierbasierter Weiterverarbeitung 20,9 Stunden beträgt. Bei einem rein elekwürde die Bearbeitungsdauer hingegen nur neun Stunden betragen. Die Studie, deren Ergebnisse Müller während seiner Ausführungen präsentierte, liefert darüber hinaus Informationen über den Umgang mit elektronischen Eingangsrechnungen.

68 Prozent der befragten kommunalen Institutionen würden laut dieser Untersuchung die Rechnung ausdrucken und sie in Papierform weiter bearbeiten. Andererseits gaben 34 Prozent der Befragten an, dass sie die Rechnung in digitaler Form weiter bearbeiten.

Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung: Die Hälfte der eingehenden papierhaften Rechnungen wird digitalisiert, 64 Prozent bearbeiten in Papierform weiter. Müller stellte außerdem den Sparkassen-Rechnungs-Service vor, der helfen soll, Rechnungen “einfach, schnell und sicher” elektronisch zu empfangen und zu versenden. Der Sparkassen-

Unternehmer und Experten diskutierten auf dem Netzwerkkongress über Vorteile und Herausforderungen der elektronischen Rechnung.

Rechnungs-Service würde darRechenzentren für die Rechnungsverarbeitung ergänzen.

Rolf Wessel, Produktmanager bei Seeburger, sagte, der Trend zur Digitalisierung der Rechnungen sei unaufhaltbar. Die Frage sei nicht ob, sondern wann die kommunalen Institutionen damit beginnen. Elektronische Steuermeldungen in Echtzeit würden ebenfalls zunehmen, so Wessel “Und die Clearance-Systeme werden die Post-Audit-Systeme für den Rechnungsaustausch nach und nach verdrängen.”

Der E-Rechnung Experte und Berater bei TIE Kinetix, Klaus Schmitt, sprach über PEPPOL,

Kurze Pitches zu OZG-Vorhaben

(BS/iga) Hans-Henning Lühr, Vorsitzender des IT-Planungsrats und Staatsrat bei der Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen, moderierte einen Projekt-Pitch des IT-Planungsrates, in dem Vertreter vom Bund und mehreren Ländern über den Stand der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) und über aktuelle Entwicklungen in ihren Vorhaben berichteten. Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen und der Bund präsentierten die Projekte Eltern- und Kindergeld, die digitale Geburtsurkunde sowie Vorhaben aus den Bereichen Ein- und Auswanderung und Mobilität und Reisen. Außerdem wurden erste Ergebnisse aus den Digitalisierungslaboren

“eine Standardisierung für die Übermittlung von E-Rechnung und weiteren Geschäftsdokumenten in elektronischer Form an europäische Behörden”, wie er erklärte. Dabei können diete und sichere “Access Points” ausgetauscht werden. Schmitt ging aber auch über die Herausforderungen für die öffentlichen Einrichtungen ein. So wies er darauf hin, dass die E-Rechnung nur das Ende einer vollständig digitalisierten Prozesskette ist. “Digital heißt nicht nur PDF oder Scan, verschiedene Formate und Übertragungswege müssen unterstützt werden”, forderte Schmitt.

der Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen und Vorsitzender des IT-Planungsrates, heraus. So sei dessen Entwicklung die Kernaufgabe des Planungsrates für 2019. “Wir müssen dahin, wo die Menschen und deren Technik sind. Wenn

BS/Giessen

sie mittels Smartphones darauf zugreifen, dann brauchen sie es auch dafür angepasst”, so Lühr. Ihm liege dabei eine Flächendeckung mit einer geringen Auswahl von potenzielam Herzen, sodass jeder einfach

darauf zugreifen könne, ohne überfordert zu werden.

Klaus Vitt, Staatsekretär im Bundesinnenministerium und CIO des Bundes, betonte, dass es zwar nicht ohne Portale gehe. Aber dafür wiederum brauche es passende Angebote, also die 575 digitalisierten Verwaltungsdienstleistungen. Neben den Portalen und Angeboten braucht es jedoch noch Zugriffmöglichkeiten. Hierfür sind die digitalen Identitäten wichtig.

Dr. Dirk Woywod, Chief Techerläuterte die tiefere Bedeutung von diesen. “Digitale Identitäten sind mehr als Nutzername und Passwort. Es ist praktisch mein digitaler Personalausweis.” Die große Aufgabe dahinter sei es, diese benutzerfreundlich zu gestalten. Es ginge dabei darum, den Nutzer in den Mittelpunkt zu stellen, damit er die OnlineHierzu erläuterte Staatssekretär Vitt : “Wir ordnen die Verwaltungsleistungen in die Vertrauensniveaus nach der eIDAS-Verordnung ein. Von diesen können 75 Prozent mit einem substantiellen Vertrauensniveau abgewickelt werden. Exemplarisch hierfür ist das Elster-Verfahren.”

Wenn das Papier abbrennt

Vorteile und Lösungsansätze bei der E-Akten-Umsetzung

(BS/ab) “Im Onlinezugangsgesetz (OZG) fehlt der Passus über ein Dokumentenmanagementsystem (DMS) oder die E-Akte. Trotzdem hat es einen unglaublichen Schub ausgelöst. Die elektronische Akte ist ein wesentlicher, entscheidender und unerlässlicher Baustein, um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein”, betonte Karl-Josef Cranen, Amtsleiter des Job-com, des Jobcenters im Kreis Düren. Dass es neben vielen Bedenken, auch praktische Lösungsansätze für die gängigen Herausforderungen gebe, werde bei der E-Akten-Umsetzung ebenso deutlich.

Cranen zeigt auf, dass im Jobcenter die E-Akte aus der Not geboren wurde: “2011 haben wir die E-Akte eingeführt, aber nicht, weil wir innovativer sind. Es wurde ein neues Verwaltungsgebäude gebaut und da wurde sich gegen die platzintensiven Aktenschränke und für eine neue Technologie entschieden”, so der Amtsleiter. Es sei eine rein wirtschaftliche Entscheidung gewesen. Jedoch: “Die Arbeitsprozesse sind besser geworden,legen haben nun mehr Zeit für ihre Kernaufgaben. Mittlerweile nutzen 70 Prozent von ihnen die Telearbeit. Gleichzeitig stieg die Zufriedenheit und die Fluktuation sank im letzten Jahr auf 2,7 Prozent.”

Auch für Maria Hertzenberg Senior-Vertriebsberaterin bei der Mach AG, ist die E-Akte “das Instrument, um einen OZG-Prozess medienbruchfrei abzubilden”. Sie sehe jedoch ein Festhalten am Papier als Stolperstein für deren Einführung. Genauso wie die “Angst vor dem Klick”, also dass ein falscher Klick im System, den Prozess unweigerlich und unumkehrbar in Gang setze.

Volker Staupe und Karl-Josef Cranen sprechen über die Notwendigkeit und Vorteile der E-Akte.

Aber trotz vieler positiver Stimmen bezüglich der E-Akte kommtnendes Argument auf: Wenn das System abstürzt, dann steht alles still. Ein Argument, welches jedoch auch Teils widerlegt werden kann. “Ich wollte die E-Akte bei einer Feuerwehr einführen, die sich dagegen gesträubt hat, da sie es als zu unsicher empfanden. Es kam, wie es kommen musste und die Wache der Freiwilligen Feuerwehr brannte ab. Alle Dokumen-

Aus Fehlern lernen wollen

te wurden vernichtet”, erläuterte Volker Staupe von der Stadt Witten. Zudem habe die E-Akte noch einen weiteren Vorteil. Bei der gängigen Kommunikation, vor allem behördenübergreifend oder intern komme es bei den Papierakten teils zum Verlust einzelner Dokumente bis hin zur ganzen Akte. “Da ist keine böswillige Absicht dahinter, aber es kommt durchaus vor. Bei einer E-Akte verschwindet nichts”, so Staupe. Auch Datensicherungen würden dies unterbinden.

vorgestellt. Informationen über die Digitalisierungslabore und ihre Arbeitsstände können auf der Webseite des IT-Planungsrats abgerufen werden.

(BS/gg) Der vielzitierte Volksmund weiß es schon seit langem: “Aus Schaden wird man klug!”. Dieser positiv-konstruktive Ansatz im Hinblick auf den Umgang mit Fehlentwicklungen in bzw. schlichtem Scheitern von Projekten ist hierzulande – zumal in der öffentlichen Verwaltung – derzeit noch nicht sehr stark ausgeprägt. Wenn Projekte in Schieflage geraten oder gar scheitern, wird dies so gut es eben geht “unter der Decke” gehalten. Es fehlt an einer offenen Kultur, die einerseits Fehler zulässt und andererseits “die Krise” konstruktiv nutzt, um durch eine entsprechende Analyse der Gründe für das Scheitern Lehren für zukünftige Projekte zu ziehen. Staatssekretär a.D. Horst Westerfeld (Mitte) diskutierte mit dem ehemaligen Beigeordneten der Landeshauptstadt Düsseldorf, Wilfried Kruse (links),

und dem Geschäftsführer des Kommunalen Rechenzentrums Minden-Ravensberg/Lippe (krz), Reinhold Harnisch, bei der “Nacht des Scheiterns” wie man bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung eine solche Fehlerkultur etablieren könnte.

Seite 28 Behörden Spiegel / April 2019
“Der Trend ist unaufhaltbar”
Der CIO des Bundes, Staatssekretär Klaus Vitt, setzt bei der OZG-Umsetzung ebenso auf Kooperation wie Hamburgs CDO Christian Pfromm (r.): “Wir müssen weg von der Interorperabilität, hin zur Konvergenz.” Fotos:

DieRunde der IT-Berater forderte dabei vor allem einen nachhaltigen Kulturwandel im Kopf. “Es braucht zentrale Ziele, an denen sich alle Institutionen rund um die Digitalisierung orientieren können”, forderte in diesem Zusammenhang Dr. Katrin Suder in der Runde der Berater der Digitalisierung. Die Vorsitzende des Digitalrates der Bundesregierung berichtete von bislang drei Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel sowie einigen weiteren Mitgliedern des Kabinetts sowie einer Reihe von weiteren Treffen mit diversen Staatssekretären und Abteilungsleitern aus den Ressorts der Bundesregierung: “Unsere Aufgabe ist zum einen die Beratung der Regierung, aber auch das Unterstützen und Antreiben. Wir arbeiten direkt mit den Ressorts zusammen und stoßen dabei auf eine große Bereitschaft und Erkenntnis, dass es neue Arbeitsmethoden braucht”, so die DigitalratsVorsitzende. Frank Leidenberger, der BWI, dem IT-Dienstleister der Bundeswehr, forderte ein allgemeines Umschwenken von “einem Konzept-Mindset hin zu einem Zielerreichungs-Mindset. Statt philosophischer Diskussionen sollten wir viel mehr einfach mit einer Hands-on-Mentalität anpacken und gestalten.” Und auch Saskia Esken, Mitglied der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zum Thema Künstliche Intelligenz, forderte einen generellen Kulturwechsel in den Häusern. Beim Thema Digitalisierung und KI brauche es wie fast überall mehr Kooperation unter den Behörden, vor allem aber auch eine deutlich erhöhte Transparenz, um das Vertrauen der Bürger nicht zu verlieren: “Wir erleben heutzutage eine Flut von Daten, die den Menschen überfordert. An diesem Punkt muss die Technik helfen, für mehr Klarheit zu sorgen”, so Esken. Gleichzeitig müsse man auch Vertrauen schaffen, dass

Es könnten

noch viel mehr Gremien sein

Digitalisierung macht breite Aufstellung notwendig

(BS/Wim Orth) Immer mehr Gremien rund um die Digitalisierung von Staat und Verwaltung sprießen seit der Regierungsbildung im vergangenen Jahr aus dem Boden. Agenturen für Sprunginnovationen und für Cyber-Sicherheit, Beratungsgremien wie der Digitalrat und eine Enquetekommission für das Thema Künstliche Intelligenz sind nur einige aus der Flut von Neugründungen. Auf dem Digitalen Staat sollten gleich zwei Diskussionsrunden für mehr Übersicht sorgen. Konnten sich zu Beginn die Mitglieder der Beratungsgremien über ihre Aufgaben und Pläne austauschen und zeigen, wie sie sich voneinander abgrenzen, sprachen anschließend Akteure aus den auf die Umsetzung fokussierten Gremien über ihre Strategien, die Digitalisierung aktiv in die Behörden zu bringen.

“Zum einen wollen wir Start-ups fördern und an uns binden, zum anderen wollen wir auch bei uns eine Fehlerkultur entstehen lassen. Generell müssen wir dafür arbeiten, dass am Ende sinnvolle und weiterverwertbare Ergebnisse entstanden sind.” In dieselbe Kerbe schlug auch Dr. Myriam Boeck, die Leiterin des Aufstellungsstabs der Agentur für Innovation in der Cybersicherheit im Bundesministerium der Verteidigung (BMVg): “Wir müssen endlich anfangen, das Scheitern als einen Erkenntnisgewinn zu sehen, der auch einen Wert mit sich bringen kann.” Bezüglich ihrer Agentur formulierte sie zudem die Notwendigkeit einer deutschen bzw. europäischen Autorität über Daten und CyberSicherheit.

Maschinen den Menschen nicht ersetzen sollen: “Es braucht eine Motivation für die Mitarbeiter, um ihnen zu zeigen, dass die Veränderung nichts grundsätzlich Negatives ist.” Die Maschinen seien aber dennoch sinnvoll einsetzbar, um den Menschen bei der Arbeit zu unterstützen: “Gerade lernende Maschinen können bei der Prozessbearbeitung viele Aufgaben übernehmen”, so Esken Dr. Katrin Suder schloss die Runde mit einer Referenz zu Dorothee Bär, die in ihrer Keynote gesagt hatte, es könnten noch viel

mehr Gremien sein: “Die Digitalisierung ist ein so breites Feld, dass wir diese vielen Gremien tatsächlich brauchen. Und in der Zusammenarbeit darf man auch ruhig mal unterschiedlicher Meinung sein.”

Agenturen als digitale Geburtshelfer

Die Runde der Macher, die die Digitalisierung in der Verwaltung aktiv umsetzen wollen, war in diesem Jahr noch geprägt von Agenturen, die allesamt noch im

Eine unserer Lebensadern

Regierungsnetze sicher und robust gestalten (BS/Benjamin Stiebel) “Kommunikation ist heute eine unserer Lebensadern”, sagt Andreas Gegenfurtner, Präsident der Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS). “Zuverlässigkeit und Krisenfestigkeit in Regierungsnetzen sind daher unverzichtbar.” So sieht es auch die Bundesregierung, die entschiedenen hat, mit dem Projekt Netze des Bundes (NdB) die heterogene Landschaft ihrer Weitverkehrsnetze schrittweise zu konsolidieren und selbst, das heißt durch die BDBOS, zu betreiben.

“Kommerzielle Netze werden nie so sicher sein, wie wir es gewährleisten können”, versichert Gegenfurtner. Redundanzen in der Netzarchitektur und doppelte Anbindungen würden sich dort einfach nicht rechnen. Basis für die Integration der Netze des Bundes ist das hochverfügbare, glasfaserbasierte Kerntransportnetz (KTN), das auch Backbone für den Digitalfunk der Sicherheitsbehörden ist. Die bisherigen Regierungsnetze IVBB und IVBV sowie das Bund-LänderVerbindungsnetz (VN) werden blockweise auf das KTN abgelegt. Im nächsten Schritt sollen Spezialnetze der Finanzverwaltung sowie der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung folgen, so der BDBOS-Präsident. Insgesamt stehen rund 40 Netze zur Migration an. Das größte Fragezeichen steht derzeit noch beim Netz der Bundeswehr. “Ich gehe davon aus, dass die hochverfügbare, hochsichere Plattform für die Netze des Bundes mittelfristig auch für die Bundeswehr eine sinnvolle Option sein wird”, zeigt sich Gegenfurtner zuversichtlich. Beim Kernthema Sicherheit arbeitet die BDBOS eng mit dem B undesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zusammen. Dieses hat bei NdB die Rolle des Gesamtsicherheitsbeauftragten. Die Cyber-Sicherheitsbehörde sei nicht nur für

die Überwachung und Abwehr von Angriffen auf Dienst-Ebene, also E-Mail- und Web-Verkehr, zuständig. Sie habe auch Eintechnische Gestaltung, betont BSI-Vizepräsident Dr. Gerhard Schabhüser. “Eine vergleichbare Funktion würden wir uns auch

herrschte in einigen zentralen Punkten bereits Einigkeit. So soll die Arbeit in den Institutionen grundsätzlich agil und dynamisch ausgelegt sein und den Fokus darauf legen, durch strategische Kooperationen Synergien zu schöpfen. Diese Inkubatorfunktion für junge Unternehmen soll vor allem die E-GovernmentAgentur der Bundesregierung

übernehmen. Jan-Ole Beyer , der einen Tag vor Beginn des Kongresses zum Leiter der Projektgruppe “Konzeption und Aufbau eines Digital Innovation Teams/E-Government-Agentur” im Bundesinnenministerium ernannt worden war, sieht die Zielsetzung seines jungen Teams in direkter Ergänzung zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes:

Ein herausragendes Potenzial attestierte den Agenturen auch der Leiter für den Geschäftsbereich Öffentlicher Dienst von IBM Deutschland, Florian Breger, aufgrund der “Möglichkeit, alle Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung mit ins Boot zu holen” Dennoch dürften sich Staat und Verwaltung nun nicht darauf ausruhen, die neuen Institutionen ins Leben gerufen zu haben, um Leitlinien und Konzepte zu entwickeln: “Die Agenturen sind zwar tolle Geburtshelfer, aber die digitalen Kinder müssen Staat und Verwaltung am Ende schon noch selber bekommen.” Vom Staat forderte vor allem auch Dr. Stefan Kaufmann, MdB und Mitglied der Gründungskommission der “Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen”, die Prozesse und Strukturen zentral aus dem Bundeskanzleramt zu koordinieren: “Die Parlamentarier müssen die digitalen Ideen dann in die Bevölkerung tragen und eine Akzeptanz dafür schaffen.”

“Irgendwann in der Sterbeecke”

Experten zur IT-Konsolidierung der Bundes (BS/Jörn Fieseler) Seit vier Jahren wird die IT-Konsolidierung des Bundes vorbereitet und umgesetzt, einiges habe man inzwischen erreicht, doch jetzt müssten Erfolgsgeschichten geschrieben und erste Rechenzentren abgeschaltet werden, damit in den Bundesbehörden das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Dienstleister gestärkt werden könne. So das Fazit von Dr. Reinhard Brandl, Mitglied des Deutschen Bundestages (CSU). Nur in einem Bereich ist das vorgegebene Ziel quasi erreicht.

für die IT-Konsolidierung des Bundes wünschen.”

Lieferkette im Griff

Politisch brisant ist die Frage, wie beim Betrieb von Regierungsnetzen mit ausländischen Lieferanten von Netzkomponenten umgegangen werden soll, die mit Nachrichtendiensten kooperieren

könnten. So sind Diskussionen um den Umgang mit Huawei beim 5G-Ausbau noch immer nicht abgeklungen. In der Vergangenheit waren schon Hintertüren in Cisco-Routern entdeckt worden. “Das Problem der Vertraulichkeit bekommt man technisch in den Griff, wenn man ordentliche Verschlüsselung einsetzt”, sagt dazu Schabhüser. Entscheidender sei die Frage der Robustheit der Systeme. “Man ist da auf die Zuverlässigkeit in der ganzen Lieferkette angewiesen”, stellt der BSI-Vize klar. Gegenfurtner bei: “Mögliche Hintertüren locken mich nicht aus der Reserve. Wer unsere Netze angreifen will, sorgt dafür, dass er Teil unserer Lieferkette ist und schaltet an einem Tag X alle digitalender zum Laufen zu bekommen, würde ewig dauern. Wollte man alle Komponenten austauschen, würde das Jahre dauern.” Entscheidend sei daher eine intelligente und vorausschauende Netzplanung, so Gegenfurtner Die Entscheidung, an welchen Stellen auf welche Produkte zurückgegriffen werde, solle gut durchdacht sein. Und Schabhüser ergänzt: “Wir müssen klare und strenge Anforderungen an die Hersteller formulieren und diese auch überprüfbar durchsetzen.”

“Wir haben Heterogenität und Zustand der IT in den einzelnen Häusern unterschätzt” berichtet Dr. Alfred Kranstedt, Direktor des Informationstechnikzentrums (ITZ) Bund, über die bisher gemachten Erfahrungen. In Einzelfällen sei kaum noch in die IT investiert worden. Insgesamt sei sehr viel in die Vorbereitung investiert worden, aber keine Behörde sei schon vollständig migriert. Dies soll nun in den nächsten Monaten geschehen. Vor allem die Ertüchtigung der Software hatte in der Vergangenheit Probleme bereitet. “Wir müssen dies in der Vorbereitungsphase sehr genau analysieren und darauf aufbauend individualisierte Projektpläne mit jeder Behörde erarbeiten”, ergänzt Rolf Krost , Gesamtprojektleiter IT-Konsolidierung Bund im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI). Denn die Konsolidierung sei akzeptiert, aber nicht immer willkommen. Drei Herausforderungen stehen laut Kranstedt im Mittelpunkt der Konsolidierungsbemühungen. Erstens: Es geht nicht nur um die technische Migration, sondern auch um Menschen, damit handele es sich um große Organisationsprojekte, in denen sehr viel kommuniziert werden müsse. Zweitens, müsse immer zwischen Standardisierung und individueller Dienstleistung, bspw. bei der Betreuung eines Fachverfahrens, unterschieden werden. Wie viel Standardisierung ist durchsetzbar, wie viel Anpassung ist in Behörden an-

gemessen und richtig? Diese Fragen müssten jedes Mal wieder geklärt werden. Dabei gebe es auch immer wieder “dreckige Kompromisse”. “Wenn sich ein

Account Manager bei Levi, Ray und Shoup.

In der Vorbereitungsphase zur Migration einzelner Behörden müsse der Ist-Stand sehr genau analysiert werden, erläutert Rolf Krost, Gesamtprojektleiter IT-Konsolidierung Bund im BMI. Foto: BS/Giessen

Fachverfahren nicht integrieren lässt, dann kommt es irgendwann in die Sterbeecke”, entgegnet Ansgar Kückes, Chief Architekt Public Sector bei Red Hat.

Und drittens: der Fachkräftemangel. Die Projekte seien sehr komplex, der Personalaufwand größer als erwartet. Dies sei der entscheidende Erfolgsfaktor für die weitere Konsolidierung. Deshalb sollten sich Fachkräfte auch nicht mit Alltagsproblemen wie verschiedenen Drucker-Insellösungen auseinandersetzen, meint Michael Schmidt, Senior

Kranstedt sieht deshalb auch gute Gründe für eine Änderung der Rechtsform. Das ITZBund als Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) könne eine Heimat für ITFachleute sein. “Wenn wir die Konsolidierung erreichen wollen, dann müssen wir Personal binden. Wir brauchen Ingenieure mit Beamtenstatus” bilanziert der Direktor. Die AöR würde sich gut mit der Rechtsform der BWI GmbH ergänzen, meint auch deren Chief Strategy OfFrank Leidenberger “Das ITZBund kann das Große, Alltägliche machen, wir machen das Innovative”, so Leidenberger Wobei er bedauere, dass sich die beiden nicht gegenseitig beauftragen könnten.

Während es bei der Diensteund Betriebskonsolidierung noch viel zu tun gebe, sei der dritte Handlungsstrang quasi erfolgreich abgeschlossen, betont Krost . Als Zielmarke sei vorgesehen, dass 90 Prozent der IT-Beschaffungen ebenfalls konsolidiert würden, knapp 85 Prozent seien erreicht. Wichtig seien die beiden IT-Dienstleister, die Vorgaben machen und standardisieren würden, ergänzt Felix Zimmermann, Leiter der Zentralstelle IT-Beschaffung (ZIB) im Beschaffungsamt (BeschA) des Bundesministeriums des Innern (BMI). Eine Milliarde Euro sei im letzten Jahr verausgabt worden. “Unser Ziel ist der strategische Einkauf!” Dazu gebe es eine ressortabgestimmte Beschaffungsstrategie.

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 29
BDBOS-Präsident Andreas Gegenfurtner sieht beim Netz-Betrieb die Priorität ganz klar bei der Sicherheit. Fotos: BS/Giessen Jan-Ole Beyer aus dem Bundesinnenministerium ist einer der “Macher” der Digitalisierung, während Dr. Katrin Suder (l.) und die Bundesdestagsabgeordnete Saskia Esken für die Bundesregierung bzw. das Parlament in Beratungsgremien aktiv sind. Fotos: BS/Giessen

Die Digitalisierungs-Treiber

Ein Jahr NExT: eine behördenübergreifende Erfolgsgeschichte

(BS/ab) “NExT entwickelte sich aus einem zufälligen Treffen, wo die behördlichen Digitalisierungsverantwortlichen feststellten, dass es viele Schnittstellen zwischen ihnen gibt”, erläuterte Dr. Markus Richter, Vizepräsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), auf dem Digitalen Staat die NExTEntstehungsgeschichte. Hierbei sei das Gremium besetzt mit Praktikern, die sich als Treibende der Digitalisierung des öffentlichen Sektors verstünden. Ein Resümee und ein Ausblick der Projekte folgten dieser Aussage.

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dene Werkstätten, die unter-

Dokumente besser tauschen

Föderale Zusammenarbeit mit xdomea Regierung modernisieren (BS/stb) Es ist nicht überall Onlinezugangsgesetz (OZG) drin, wo IT-Planungsrat draufsteht. Auch wenn die bundesweit koordinierte Modernisierung von Verwaltungsdienstleistungen zweifelsohne eines der wichtigsten aktuellen Digitalisierungsvorhaben ist, lassen Bund und Länder andere Baustellen nicht brachliegen. So wird mit xdomea Regierung an einer zeitgemäßen Lösung für den Dokumentenaustausch im föderalen Regierungshandeln gearbeitet.

Egyedyder Leiter der Werkstatt “Digitale -

Neue Technologien und mehr Kooperation

Gaul an. Scheitern als Chance Vincent Patermann vom IT-

Das Steuerungsprojekt xdomea Regierung hat das Ziel, die bund- und länderübergreifende Verfahrenskommunikationstalten. Das Problem: Bisher funktioniert der DokumentenBundesratsversammlungen undfortabel und bringt großen AufMirko Sander aus Innenministerium. Paradigmenwechsel gefordert

Information, dass Unterlagenund Aktualisierungen erfolgen, beginnt das Spiel von vorn. “WirSander. Ziel des beteiligten Akteure mit moder-

am 3. April mit Vertretern aus allen Ländern, dem Bund und der Sobald ein Standard ausgearbeitet ist, soll ein PilotbetriebPlanungsrat.

lungsmethoden und der Analyseen und Rahmenbedingungen -

sam voneinander und mitein-positive Fehlerkultur gestalten, Patermann

Unterlagen in aufbereiteter Form in eine Akte einlaufen. sei es, dass alle Projektbeteiligüber die Ausgestaltung verständigen, so Sander -

Mirco Sander (hessisches Innenministerium) ruft die Projektbeteiligten und zukünftigen Nutzer zur aktiven Mitgestaltung des geplanten Standards für Dokumentenaustausch xdomea Regierung auf. Foto: BS/Giessen

Intelligentes Betriebssystem für unser Land

Landeshauptstadt München macht sich auf den Weg (BS/gg) Ob Bürger, Unternehmen oder andere Institutionen: “Alle wünschen sich eine intelligente Verwaltung, die auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten ist und effizient und proaktiv handelt. Sie wünschen sich alle ein intelligentes Betriebssystem für unser Land”, so Susanne Diehm, Leiterin des Geschäftsbereichs Public Services & Healthcare bei SAP Deutschland.

Egyedy

Dr. Hans Günther Gaul IT-Direktor der Bundesnotar-

Ein bisschen agil geht nicht Veränderungen in der gesamten Organisationsstruktur

(BS/gg) Der Begriff “agil” hat sich in letzter Zeit auch zu einem Modewort oder Label entwickelt, welches sich vielerorts gerne angeheftet wird. Agilität bedeutet dabei weit mehr als “nur” den Einsatz agiler Methoden bei der Softwareentwicklung, wie auch in Berlin im Rahmen einer Diskussionsrunde deutlich wurde.

Anja

Theurer -

mehr als nur die IT, sonderntungshandeln vorbeigegangen.

In Anlehnung an einen Slogan Bill Clintons aus dem US-Präsi-

Thilo Herrmann von Capgemini. -

Egyedy

agile Projekte einen festen Rah-dann agiles Projektmanagement -

Egyedys in diesem Zusammenhang: “Wir haben unsere IT-ArJohannes Rosenboomterna und Germar Schroeder von Publikum Praxisbeispiele für agil Rosenboom unter der ein gemeinsam mit der Stadt -

Stadtkämmerer habe in diesem

Diehm

mühsam auf die alteingeübten -

einer modernen Stadt angepassterklärte sie. -

Stadt große Vorteile und Verein-

Herrmann, bei der Skalierung

Sven Stephen Egyedy , Chief

stellbar. Aus seiner Erfahrung als-

tion in derartigen Projekten eine

teiligung. Schroeder präsentierte das Beispiel Digitalisierung der Lagebilder bei der -

auf Wirkung testen.

Diehm: “Egal, wo auf dem oft steinigen Weg der digitalen Transformation sich die einzelnen Akteure im öffentlichen Sektor gerade befinden mögen, der nächste Schritt sollte einer in Richtung intelligente Verwaltung sein.” Foto: BS/Giessen

Landeshauptstadt bei diesemBeispiel ein intelligentes ERPDiehm. Zum

das Sammeln, Verknüpfen unddie SAP-Frau. Diese Plattform

Things und Big-Data-Analysen, -

Für eine bessere Vernetzung

Es fehlt an Architekturen und wiederverwendbaren Prozessen (BS/ab) “Der digitale Wandel wird stattfinden, ob mit oder ohne uns”, betonte Werner Achtert von der Geschäftsleitung bei msg systems. Dabei sei der Anspruch, dass der Wandel durch ein besser vernetztes sowie digital denkendes Regierungs- und Staatshandeln gelingen solle.

Dreh- und Angelpunkt der meisAchtert an. Denn der heutige Nut-

gemeinsamen IT-Infrastruktur,--

des Bundes, erläutert Achtert Der darüber hinausgehende-

komme der gemeinsame Datenraum nur langsam voran. Der-

nähmen diese sehr selten von den

sind diese transparenter und

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Dr. Hans Günther Gaul, Sven Stephen Egyedy, Dr. Markus Richter, Jürgen Renfer und Vincent Patermann erläutern, wie sich NExT, ein Jahr nach der Gründung, entwickelt hat (v.l.n.r.). Foto: BS/Giessen Dr. Matthias Flügge (rechts), Leiter des Geschäftsbereichs Digital Public Services bei Fraunhofer Fokus, diskutierte mit den Referenten und Teilnehmern über die Agilität von IT-Projekten und deren Auswirkungen auf die gesamte Organisation. Foto: BS/Giessen Werner Achtert von der Geschäftsleitung der msg systems spricht über die vernetzte Verwaltung und ihren Weg dahin. Foto: BS/Giessen

Arbeitswelten der Zukunft

Wie lassen sich Arbeitskräfte in Zeiten der Digitalisierung qualifizieren?

(BS/Katarina Heidrich) “Wir sind auf dem Weg in Richtung Vollbeschäftigung”, prognostiziert Björn Böhning, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), anhand der Entwicklung der Arbeitslosenquote. Demgegenüber steht allerdings ein Anteil von 38 Prozent der Bevölkerung, der sich über Verdrängungseffekte durch die Digitalisierung Sorgen macht. Sicher ist: Fort- und Weiterbildungen sind das wichtigste Mittel in Zukunft, um Arbeitnehmer fit für den digitalen Wandel in allen Branchen zu machen. Doch die Umsetzung dieser Einsicht in die Praxis steht noch am Anfang.

“Wir stehen vor der größten Transformation am Arbeitsmarkt”, so Böhning. Die letzte große sei mit der Einführung der Elektrizität einhergegangen, allerdings nicht so rasant wie heute. Damals war es ein langer Zeitraum, bis alle Menschen (auch privat) angeschlossen waren. “Beim Anschluss zum Internet ging das um einiges Beschleunigung statt”, bemerkt der Staatssekretär. Durch den “Megatrend Automatisierung” würden in den nächsten Jahren circa 300.000 Arbeitsplätze pro Jahr verloren gehen. Aber es könnten auch im gleichen Umfang neue entstehen, betont er. Da das deutsche Wirtschaftsmodell auf Fachkräfte ausgerichtet sei, stelle sich die Frage: “Wie erhalten wir das Fachkräftewissen?” Böhnings Antwort lautet: durch Fort- und Weiterbildungen

Dazu hat das BMAS einige wissenschaftliche Prozesse begleitet, um in Unternehmen zu prüfen, wie Ergebnisse aus der Forschung beziehungsweise Fachwissen in die Transformationsprozesse hineingehoben werden können. Da es bislang auf Arbeitgeber-, aber auch aufstände gebe, nähmen bislang nur knapp 50 Prozent der Beschäftigten überhaupt Weiterbildungen wahr, kritisiert Böhning. Es brauche seiner Meinung nach Angebote für Beschäftigte, die sich jetzt schon weiterbilden konkret vor einem Arbeitsplatzverlust oder -wechsel zu stehen. Hier setzt das im vergangenen Jahr von der Bundesregierung beschlossene “Gesetz zur Stär-zierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung”,cengesetz”, an. Zusammen mit der nationalen Weiterbildungsstrategie, die derzeit gemeinsam vom BMAS, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), den Ländern und der Bundesagentur für Arbeit entwickelt werde, habe man schon gute Instrumente, um die Weiterbildung von Beschäftigten zu fördern, erläutert der Staats-

Krücke oder Brücke?

Gender: Chancen durch Digitalisierung

(BS/Katarina Heidrich) Der digitale Wandel in der Arbeitswelt ist branchen- und fachübergreifend. Doch betrifft er auch die Geschlechter in gleichem Umfang? Vor der Digitalisierung als “Job-Killer” wurde bereits in den 60er-Jahren gewarnt. Damals vor allem in Bezug auf “typische Männerberufe” wie etwa Facharbeiter in der Automobilbranche. Heute zeigt sich: Besonders Berufsgruppen, in denen Frauen überrepräsentiert sind, sind von Verdrängungseffekten betroffen. Doch bietet die Automatisierung neben Risiken auch Chancen für Frauen?

Erläutert die Bedeutung von Weiterbildungen für den Erhalt von Fachkräftewissen: Björn Böhning, Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium.

sekretär. Zudem sei im BMAS eine neue Abteilung geschaffen worden, die “Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft”, die die Forschung in die Wirtschaft transferieren solle.

Auch in der Regierung habe man begriffen, dass der Terminus “ausgelernt” den Veränderungsprozessen, die mit dem digitalen Wandel in der Arbeitswelt entstünden, entgegenlaufe, betont Dr. Alexander Zumdieck, Direktor des Stabes Zukunft der Arbeit der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag. Deshalb habe seine Fraktion ein ausführliches Konzept für eine Wende in der Weiterbildung erarbeitet.

Lebenslanges Lernen

Unter dem Namen “MILLA”, was für “Modulares Interaktives Lebensbegleitendes Lernen für Alle” steht, soll das Konzept Teil der geplanten nationalen Weiterbildungsstrategie werden.

Ziel von “MILLA” ist es, die persönlichen Interessen und das Nutzers umfassend bei der Weiterbildung zu berücksichtigen. Anders als das bisher durch Mitarbeiter der Jobcenter geschieht, wird hierfür Künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt.

E-Learning-Plattformen sollen eine nachhaltige Motivation für ein dauerhaftes Selbststudium schaffen.

Arbeiten 4.0

Foto: BS/Giessen

Des Weiteren seien Plattformen zum Zusammenführen von Arbeitgebern und -nehmern wichtig – eine Art “Berufs-Tinder”, um einen Beitrag zur Behebung des Fachkräftemangels zu leisten, so Zumdi eck. Dadurch solle die Suche nach Mitarbeitern mit ganz speziellen Qualifikationen erleichtert werden. Mit Blick auf all diese Ansätze sagt Zumdieck : “Man muss konsequent wollen und dann auch konsequ ent umsetzen.” Allgemein brauche Arbeit einen besseren Ruf, so der Stabsdirektor. Zukünftig werselbstständigere Arbeitsweisen dorthin gehen.

Nicht nur technische Transformation Neben der Arbeit brauche auch der Begriff der Digitalisierung einen besseren Ruf, fordert Dr. Felix Kratz , Geschäftsführender Partner bei Baumgartner & Co. Er müsse mit Werten gefüllt werden, denn hinter der Digitalisierung verberge sich eine kulturelle Transformation. Er höre oft, dass der digitale Wandel eine Sache der jeweiligen IT-Abteilung sei. Dadurch gerate die Frage nach Mitarbeitern und Führungskräften in den Hintergrund, kritisiert Kratz. Wichtig zu berücksichtigen sei dabei, dass es nicht die eine Führungsebene oder die eine Mitarbeiterebene gebe, sondern auch intern unterschiedliche Haltungen herrschten. Jede Behörde müsse deshalb selbst erörtern, welche Lösungen am besten geeignet seien. In der sogenannten “TransformationsWerkstatt” könne dies erprobt werden (mehr dazu siehe rechts auf dieser Seite). “Mein Appell: lassen Sie uns nochmal über die Menschen sprechen, die das alles am Ende umsetzen müssen”, fordert Kratz.

Wie die Digitalisierung unseren Arbeitsalltag verändert

(BS/Katarina Heidrich) 68 Prozent der Beschäftigten nutzen regelmäßig Messenger im Dienst, Polizei und Feuerwehr beispielsweise für die Einsatzplanung. Auf der einen Seite bieten solche Dienste Erleichterung bezüglich der Kommunikation, auf der anderen bergen sie allerdings auch Risiken. Wie lässt sich ihre Verwendung etwa mit Datenschutzbestimmungen vereinbaren?

“Mobile Endgeräte sind heute ständige Begleiter im privaten wie beruflichen Alltag”, stellt Marco Brenner, Vice President Business Development Digital Labs bei der Deutschen Post AG, fest. Bezüglich verschiedener Messengerdienste habe man im Privaten gelernt, dass auch im Dienst vermehrt genutzt würden. Brenner spricht von einer Produktivitätssteigerung um 35 Prozent. Erklärbar sei dies damit, dass sich innerhalb der Kommunikation über einen Messenger – im Gegensatz zur EMail – eher kurzgefasst und auf das Wichtigste beschränkt werde, so Brenner. Auch die förmliche Anrede sowie die Signatur beschleunige. Allerdings müsse auf einen sicheren Messenger

geachtet werden, denn solche, die Adressbücher auslesen und Daten an unberechtigte Dritte

Die Geschichte der Automatisierung zeige, dass es eine normale Entwicklung sei, wenn menschliche Arbeitskraft durch Maschinen ersetzt werde, so Dr. Alina Sorgner, Assistenzprofessorin für angewandte Datenanalytik an der John Cabot University in Rom. Aber: Obwohl einerseits Künstliche Intelligenz vermehrt in sogenannten “humanen Arbeitsbereichen” eingesetzt werde, arbeiteten etwa in den USA nur 0,5 Prozent der Arbeitskräfte in Branchen, die in den letzten 20 Jahren entstanden seien, erläutert sie. Ein Argument gegen die Annahme, die Digitalisierung schaffe in gleichem Umfang neue Arbeitsplätze, wie sie verdränge. Eine von ihrer Universität durchgeführte Studie untersuchte, ob Frauen dabei anders betroffen sind als Männer. Das Ergebnis: Die Betroffenheit ist eher abvom Geschlecht. “Aber besonders sind eine Armutsfalle”, betont Sorgner. Gleichzeitig seien Frauenten Jobs unterrepräsentiert. Hier habe gerade der öffentliche Sektor eine Vorbildfunktion etwa bei ge-

Foto: BS/Giessen

Arbeitszeiten. Janna Gall, Hauptpersonalrätin im Hessischen Ministerium des Innern und für Sport, betont: “Im Öffentlichen Dienst bedroht die Digitalisierung gerade auch Frauenberufe wie zum Beispiel die typische Verwaltungsfachangestellte.”

Eine Diskussion darüber, wie sich strukturelle Verdrängungen

verhindern ließen, sei sehr nötig. Klug eingesetzt müsse Digitalisierung nicht gleich Jobverlust bedeuten, sondern Transformation, ist sich Sorgner sicher. Eine große Zahl von Arbeitsplätzen könne digitale Lösungen als Hilfsmittel nutzen, ohne durch sie ersetzt zu werden. “Für Frauen im Öffentlichen Dienst wird Digitalisierung richtig umgesetzt eine Chance bedeuten, weil sie hierarchische Strukturen aufweicht”, stimmt Helene Wildfeuer, Vorsitzende der DBB-Bundesfrauenvertretung, zu. Aber heutzutage sei beispielsweise Teilzeit oft noch negativ konnotiert und meist mit Frauen in Verbindung gebracht, bemängelt sie. Hier müsse man entgegenwirken, “um die Chancen zu nutzen und die Risiken zu stutzen”, so Wildfeuer Dr. Natalie Lotzmann, Vice President Human Resources bei SAP, sieht beide Geschlechter bei Risiken sowie Chancen durch die Digitalisierung gleichermaßen betroffen: “Es ist mehr ein Generationenthema als ein Genderthema. Wir sollten nicht immer problematisieren ohne Grundlage, sondern überlegen, wie wir den Prozess für alle gestalten können.”

Fünf Ansätze für die Praxis

Mitarbeiter für die digitale Transformation begeistern

(BS/Dr. Felix Kratz/Birte Döring) Jüngste Umfragen u. a. des Bitkom verdeutlichen: Die Mehrheit der Deutschen wünscht sich digitale Verwaltungsangebote – einfach, transparent, flexibel und schnell. Nicht zuletzt wegen der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes bis 2022 sehen sich öffentliche Verwaltungen und Organisationen der Herausforderung gegenüber, ihre Dienstleistungen an den Bürgerbedürfnissen auszurichten.

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weiterleiteten, verstießen eindeutig gegen den Datenschutz.

Die Lösung der Deutschen Post heiße “SIMSme Business” – ein datenschutz-konformer Messenger für kirchliche Institutionen, Unternehmen und Behörden, beschreibt Brenner das Produkt. Angewandt wird es beispielsweise bereits vom Ordnungsamt München zur schnellen Abstimmung mit Kollegen vor Ort. Der Bayerische Landkreistag setzt den Messenger für alle Landräte ein und im nordrheinwestfälischen Siegburg wird er vom Ordnungsamt genutzt, um Fotos von Parksündern ohne Medienbruch schnell in die Fachanwendung zu geben. Der Dienst lasse sich ebenfalls mit Chatbots nutzen, so Brenner Etwa zur automatisierten Abarbeitung von Krankmeldungen.

bler und schneller Service nach außen verlangt jedoch auch nach innen eine neue Denk- und Arbeitsweise. Es braucht Mut und Vertrauen, neue Wege auszuprobieren, aus Fehlern zu lernen, Verant wortung zu delegieren und schnelle Entscheidungen zu treffen. Digitalisierung bedeutet damit nichts Geringeres als einen grundlegenden Kulturwandel. Die folgenden fünf Ansätze helfen vor Ort dabei, Mitarbeiter für die Digitalisierung zu begeistern: Sinnvermittlung: Klären Sie das “Warum” der Veränderung und entwickeln Sie eine konkrete Vision dessen, was Digitalisierung für Ihr Haus bedeutet. Zielen Sie dabei nicht nur auf die rationale Ebene ab, sondern binden Sie auch emotionalen Komponenten ein. Ein gemeinsam erarbeitetes, visuelles Zukunftsbild schafft Sinn und Orientierung. Wertewandel: Eine kundezentrierte und agile Arbeitsweise setzt andere Unternehmenswerte Sie, welche Werte heute vorwiegend gelebt werden und welche zukünftig mehr gelebt werden müssen. Achten Sie darauf, dass sich jede Mitarbeitergruppe in Führung: Schaffen Sie ein gemeinsames Verständnis bei Ihren Führungskräften, was Digitalisierung für Ihre Führungskultur bedeutet. Abteilungsübergreifen-

Insbesondere vier Mitarbeiterhaltungen prägen die alltägliche Praxis.

Grafik: BS/B&C

Dr. Felix Kratz ist Geschäftsführender Partner bei B&C. Birte Döring arbeitet als Consultant bei B&C.

de Führungskräftetage schaffen eine gemeinsame Zielbildung und helfen, die Führungskräfte als Vorbilder für eine gemeinsame Vision zu gewinnen. Erlebnisse schaffen durch Partizipation: Eine neue Denk- und Arbeitsweise versteht sich am besten, wenn sie erlebt wird. Warum nicht einem interdisziplinären Mitarbeiterteam die Aufgabe geben, ein neues Wertezielbild mit der agilen Methode Design Thinking zu entwickeln? Auch Veränderungsskeptiker lassen sich durch ihren eigenen Beitrag für das angestrebte Ziel gew innen. Einfach machen: Verabschieden Sie sich von der Hoffnung auf die perfekte Lösung. Probieren Sie stattdessen kleine Initiativen, relernen Sie iterativ, was für die unterschiedlichen Mitarbeiterhaltungen funktioniert. Ein kurzes, tägliches Meeting im Ste-

hen fördert die Kommunikation. Ein Innovations-Wettbewerb honoriert kreative Ideen Ihrer Mitarbeitenden.

Unterschiedliche Mitarbeiterhaltungen berücksichtigen

Bei der Umsetzung der Maßnahmen sollten stets die unterschiedlichen Erwartungen und Bedürfnisse der Mitarbeitenden berücksichtigt werden. In der auf vier Mitarbeiterhaltungen. Während die “Motivierten” die Digitalisierung beispielsweise aktiv mitgestalten wollen, geht es bei den “Unternehmensbewohnern” vor allem darum, Ängste abzubauen und Orientierung zu schaffen.

In der “Transformations-Werkstatt” kann man gemeinsam mit weiteren Unternehmen aus den öffentlichen Dienstleistungsbranchen lernen, wie man den K ulturwandel umsetzen und Mitarbeitende zu begeisterten Mitstreitern der Digitalisierung machen kann.

Weitere Informationen hierzu unter www.transformationswerkstatt.de

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 31
Marco Brenner, Vice President Business Development Digital Labs bei der Deutschen Post AG, stellt den Messengerdienst “SIMSme” vor. Foto: BS/Giessen Fotos: BS/B&C Dr. Alina Sorgner, Assistenzprofessorin für angewandte Datenanalytik an der John Cabot University, erläutert Genderfragen bei der Digitalisierung in historischem Kontext.

Die Rahmenbedingungen in den Verwaltungen seien gemischt. Auf der einen Seite existiere mit rund 46 Jahren ein hoher Altersdurchschnitt. Bis 2030 würden rund 800.000 der heute fast 4,5 Mio. Beschäftigten im Öffentlichen Dienst in den Ruhestand gehen. Auf der anderen Seite sei die öffentliche Hand bei jungen Leuten ein beliebter Arbeitgeber. Die Generationen Y und Z wollten vor allem eine sinnhafte Tätigkeit ausüben. Zudem könne die Verwaltung mitmodellen punkten. “Das ist ein Pfund, damit kann der öffentliche Arbeitgeber wuchern, er darf sich aber nicht darauf ausruhen”, sagt Kleindiek über das erste Handlungsfeld – das Personal. Selbstfürsorge betreiben

Zudem müsse ein ständiges Weiterentwicklungs- und Lehrangebot angeboten werden, ergänzt Faina Karlitski, Beraterin bei BCG. Auch würden die künftigen Mitarbeiter den Fokus auf abwechslungsreiche, interessante Tätigkeiten legen. Parallel müsse die Stammbelegschaft in den Blick genommen werden. Neue Instrumente und Fähigkeiten müssten erlernt werden. Nicht nur im Sinne eines lebenslangen Lernens. “Es geht um Resilienz”, so die Beraterin. Stressbedingte Erkrankungen wie Burnout oder Depressionen nähmen zu, aber

Agilität, Kommunikation und Resilienz

Die digitale Transformation der öffentlichen Verwaltung und die B6-Lehmschicht

(BS/Jörn Fieseler) Die Frage nach der Zukunftsfähigkeit einer Behörde müsse jetzt beantwortet werden, unterstreicht Staatssekretär a. D. Dr. Ralf

Kleindiek, Director Public Sector bei der Boston Consulting Group (BCG). Drei Handlungsfelder stünden im Mittelpunkt, damit am Ende eine positive Antwort stehe.

Resilienz könne erlernt werden. Einerseits durch Selbstfürsorge, Gespräche im Kollegenkreis und mit Führungskräften. Andererseits durch stetiges Lernen bzw. Erlernen etwa von neuen Kommunikationstechniken wie CoBrowsing oder von neuen Software- und Analysewerkzeugen zur Visualisierung großer Datenmengen. “Wichtig ist, dass neue Werkzeug nicht nur installiert und lediglich mit einem TutorialVideo geschult werden, sondern dass sie ausprobiert, bewertet und erst anschließend intensiv genutzt werden”, so Karlitski Schneller, effizienter, motivierter

Dem kann die frühere Bundesjustiz- und Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries zustimmen. Zur Resilienz gehört für sie aber noch ein weiterer Aspekt: “Die Beschäftigten sind im Rahmen der digitalen Transformation vorher zu informieren, dass es Änderungen geben wird.” Für Kleindiek ist ein weiterer Aspekt das agile Arbeiten. Agil

Die frühere Bundesjustizministerin Brigitte Zypries sieht in der Nutzung digitaler Services eine Kulturfrage. Viele Menschen würden sich sträuben, wenn der Staat Daten erheben, sammeln und auswerten würde.

bedeute: engagiert, funktionsfähig sowie konsequent und präzise in einem Team an einem klar zu arbeiten, mit regelmäßigem Feedback und konstantem Lernen, wo jeder einander vertraut und Rückendeckung gebe. Die Ergebnisse seien beachtlich, die Arbeit erfolge zwei bis vier Mal schneller, erfolge 15 bis Mitarbeiter seien zu 90 Prozent motivierter.

Kulturfrage

Das zweite Handlungsfeld betitelt der frühere Staatssekretär aus dem Bundesfamilienministerium mit der Überschrift “digitale Services”. Gemeint ist der Einsatz von Big Data und “Das maschinelle Lernen ist eigentlich nichts Neues”, sagt Benjamin Desalm, Partner und Managing Director des Beratungsunternehmens. Aber die technologischen Anwendungsmöglichkeiten hätten sich enorm

München plant Digitalisierungsstrategie

Menschen in den Mittelpunkt der Prozesse stellen (BS/mfe) In der bayerischen Landeshauptstadt München soll demnächst eine Digitalisierungsstrategie in den Stadtrat eingebracht werden. Dabei sollen die Bürger im Mittelpunkt aller Veränderungs- und Reformprozesse stehen. Denn: Ohne Wandel und einen Mehrwert für die Bürger ist Digitalisierung nicht zu realisieren.

Davon zeigte sich Thomas Bönig, Leiter des Referats für Informations- und Telekommunikationstechnik in der Münchner S tadtverwaltung, überzeugt.

Um diesen Prozess, der “kein Schnäppchen” sei, tatsächlich zu einem positiven Abschluss zu bringen, seien sowohl eine digitale Transformation als auch die Einführung digitaler Geschäftsmodelle erforderlich, so der Chief

Mit Blick auf die bayerische Landeshauptstadt kündigte der berufsmäßige Stadtrat an: “München soll zu einer digitalen Metropole werden.” Dafür brauche es neue und andere Standards als jene, die die digitale Industrie der Gesellschaft bisher offeriere, so Bönig. Die Münchner Verwaltung werde deshalb in Zukunft in drei große Bereiche eingeteilt: digitale Verwaltung, städtische Infrastruktur und digitale Stadtgesellschaft. Jeder dieser Sektoren werde über eine eigene Plattform verfügen. Diese müssten Ressourcen miteinander vernetzen und sicherstellen, dass Daten können.

Generell sei es im Rahmen der Digitalisierung von hoher Bedeutung, Geschwindigkeit zu entwickeln. Nur so könne man adäquat auf aktuelle Entwicklungen reagieren und der digita-

len Industrie eigene kommunale Standards entgegensetzen. Um den Wandel hin zu einer digitalen Metropole zu unterstützen, seien zudem ebenen- und kommunenübergreifende Kooperationen elementar, meinte Bönig.

Auf Service-Design setzen

Für die Gestaltung digitaler Dienstleistungen sei ServiceDesign ein erfolgreicher Ansatz, unterstrich der Vertreter aus München. Dafür müsse jedoch zunächst ein entsprechendes Bewusstsein bei den Verwaltungsmitarbeitern und den Bür-

gern geschaffen werden. Services müssten nicht nur für die Menschen aufgebaut, sondern mit ihnen zusammen gestaltet werden. Darüber hinaus sei entscheidend, alle Betroffenen in den Veränderungsprozess einzubeziehen. Hier führe kein Weg an einer ausführlichen Kommunikation vorbei. -

re Prozesse, Technologien und Interaktionen in komplexen Systemen, um gemeinsam mit relevanten Akteuren Werte für diese zu kreieren, erläuterte Prof. Birgit Mager, Präsidentin des Service Design Networks. Zudem gehe es grundsätzlich einher mit einem organisatorischen und kulturellen Wandel und verändere das Mindset.

Grundannahme des ServiceDesigns sei, dass Probleme erst tatsächlich verstanden werden müssten, um dann angemessene Lösungen für sie entwickeln und anbieten zu können. Dabei komme es entscheidend darauf an, Prozesse ganzheitlich zu betrachten.

Mager formulierte mit Blick in die Zukunft noch einen Wunsch: In fünf Jahren sollte jede deutsche Großstadt einen CDO haben. Dabei stehe das Kürzel nicht wie bisher üblich für den Chief

es nicht dazu kommen, dass bspw. in der Steuerverwaltung die Auswahl der zu prüfenden Fälle durch einen Algorithmus vorgenommen werde, diesen aber niemand im Amt verstehe – so die einstimmige Meinung auf dem Kongress.

“Bürger und Services”. In einer internationalen Studie unter 30 Ländern belege Deutschland bei der Digitalisierung Platz 27. Die Untersuchung habe die Zufriedenheit der Bürger mit privatwirtschaftlichen Online-Angeboten mit staatlichen Angeboten verglichen. Während zum Beispiel 55 Prozent der Befragten angaben, Hotels ausschließlich über digitale Kanäle zu buchen, oder 76 Prozent sagten, sie würden Online-Banking nutzen, falle der Gebrauch staatlicher Angebote deutlich geringer aus, berichtete Julian Kley, Project Leader bei BCG

Fotos: BS/Giessen

erweitert. Zudem sei der Einsatz von KI nicht aufzuhalten. Daher müsse die Regulierung geklärt werden. Eine der entscheidenden Fragen werde sein, ob ein Algorithmus Entscheidungen fällen solle. Desalm meint: “Es wird so kommen.” Allerdings dürfe

“Das ist eine Kulturfrage”, entgegnet Zypries . Es gebe viele Menschen, die sich sträubten, wenn der Staat Daten erheben, sammeln und auswerten würde. Das sei schon bei der Vorratsdatenspeicherung so gewesen, bei der es darum ginge, welche Telefonnummer mit welcher wie lange verbunden gewesen sei. “Die Diskussion und Protestwelle hat zur Gründung einer neuen Partei geführt – Die Piraten”, erinnert die frühere Bundesjustizministerin. Insgesamt müsse die Politik mutiger sein, sagt Zypries selbstkritisch. Zudem wirke die sogenannte B6-Lehmschicht in den Ministerien als Hindernis. Gemeint ist die Ebene der Abteilungsleiter. Das dritte Handlungsfeld hat die Überschrift

Man könne über die Digitalisierung in Deutschland keine pauschale Aussage treffen, sagte Zypries. Einerseits hänge dies mit der föderalen Struktur zusammen, andererseits gebe es durchaus Bereiche, wo Deutschland schon sehr weit sei, etwa beim öffentlichen Auftragswesen. Die Nutzungszahlen seien immer dann nach oben gegangen, wenn die Verwaltung in Deutschland auf mobile Angebote gesetzt habe, ergänzt Kleindiek. Und weiter: “Ich bin fest davon überzeugt, dass die mobile Kommunikation zum Standard wird!” Damit widerspricht der neue Director Public Sector Staatsministerin Dorothee Bär, die die Zukunft eher im Bereich Plattformen sieht siehe Seite 25

Spielerisch zum Erfolg

Prozessmanagement, -optimierung und Automation in der Verwaltung (BS/jf) Es ist eine Daueraufgabe und elementar für die Steuerung der öffentlichen Verwaltung: Prozesse zu managen und zu verbessern. Und angesichts des demografischen Wandels steigt die Bedeutung noch, ist mit dem Prozessmanagement auch der Wissenstransfer in der Verwaltung zu meistern: in vier Schritten.

Wer steuern will, muss sein Ziel kennen, planen und messen können, erläutert Annette Kirchner, Leiterin der Stabsstelle Zentrales Controlling, Kosten- und Leistungsrechnung, Qualitätsmanagement, Strategisches Prozessmanagement beim Deutschen Patent- und Markenamt. Doch angesichts der Digitalisierung nehme die Zahl der Datenquellen sowie die Datenmenge stetig zu und werde für Führungskräfte unüberschaubar. Zudem verschmelzen Prozesse und technische Lösungen immer mehr, so Kirchner, wodurch die Bedeutung des Prozessmanagements weiter zunehme. “Wenn die Behörde wüsste, was die Behörde weiß, dann ginge es der Behörde besser”, bringt es M ichael-Georg Ruttorf , Leiter des Koordinierungsbüros E-Government und Digitalisierung beim Bundesinstitut für Berufsbildung, auf den Punkt.

“Prozesse sind überall vorhanden und es kann Spaß machen, sich damit auseinanderzusetzen”, sagt Dr. Lars Algermissen, Geschäftsführer Picture GmbH. Das Hauptziel sei, einen Werkzeugkoffer für alle Aspekte der Verwaltung zu erstellen. Dazu müsse im ersten Schritt eine umfassende Analyse aller Prozesse erfolgen.

Daran anschließend müsse in einem zweiten Schritt jemand

Wer steuern will, muss sein Ziel kennen, planen und messen können, erläutert Annette Kirchner vom Deutschen Patent- und Markenamt.

bestimmt werden, der für die Umsetzung verantwortlich sei. Vorzugsweise jemand mit genügend Erfahrung und einem gewissen “Standing” in der Behörde. Zugleich müssten sowohl

eingebunden werden, erklärt Algermissen die weiteren Handlungsschritte. Hier gelte es Überzeugungsarbeit zu leisten, indem einerseits schon bei der Analyse kleinerer Prozesse deutlich werde, wie diese auf das Wesentliche beschränkt bzw. optimiert werden könnten. Kein Prozess dürfe ohne Digitalisierung ver-

bessert werden, ergänzt Nicole Sommer, Projekt- und Prozessmanagerin bei der Stadt Wuppertal. Es müssten die Prozesse gewählt werden, die den jeweiligen Beteiligten wichtig seien. Für Führungskräfte komme der Aufbau einer Prozessdatenbank infrage, in der sämtliche Prozesse abgelegt würden und so zum Wissenstransfer genutzt werden könnten. “Das Register ist der Köder für Führungskräfte”, so Algermissen Und für die Mitarbeiter?

“Nehmen sie den digitalen Reisekostenantrag”, rät Sommer Der Vorschlag erinnert an das grauhaarige Lasttier und die vorgehaltene Möhre. Einen anderen Weg ist man im Robert Koch-Insdem Digitalisierungsthema ein haptisches gegenübergestellt”, berichtet Saskia Fuhrmann aus dem Referat Organisation des RKI, und ein Brettspiel für das Prozessmanagement entwickelt. Zwei Gruppen treten gegeneinander an. Einerseits müssten Wissensfragen beantwortet werden, um Weiterziehen zu können, andererseits gebe es Aktionskarten. Die darauf geschilderten Aktivitäten müssten nicht nur ausgeführt werden, sie animierten auch beide Gruppen, miteinander ins Gespräch zu kommen, so Fuhrmann. So komme man spielerisch zum Erfolg.

Digitalisierung der Verwaltung: ein Hürdenlauf

(BS/kh) Prognos-Experte Jan Tiessen stellte die Ergebnisse des Trendreports zum Digitalen Staat 2019 vor: Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung stelle sich als Hürdenlauf dar, der viel Ausdauer erfordere. Gegen äußere und innere Widerstände helfe nur, mit langem Atem die Verwaltung für digitale Kompetenzen zu öffnen und Innovationen den nötigen Raum zu geben. Die Digitalisierung müsse als lohnende Investition begriffen werden.

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Thomas Bönig, Referatsleiter der Münchener Stadtverwaltung erläuterte einige Elemente der geplanten Digitalisierungsstrategie der Stadt. Die Nutzungszahlen von digitalen Services steigen, wenn die Verwaltung auf mobile Lösungen setzt, unterstreicht Staatssekretär a.D. Dr. Ralf Kleindiek.

Der Leiter des Kompetenzzentrums Öffentliche IT (ÖFIT), Prof. Dr. Peter Parycek, spricht sich in diesem Zusammenhang für eine kontrollierte Regulierung des Technikeinsatzes aus: “Aus der Politik hört man immer wieder den Wunsch nach einer konsequenten Regulierung. Dabei muss man aber aufpassen, weil eine Überregulierung den gesamten Entwicklungsprozess in der IT-Branche hemmen kann. Tut man allerdings vonseiten der Politik gar nichts und ignoriert die Innovationstechnologien, verliert man an Vertrauen im Volk.” Grundsätzlich müsse man sich bewusst machen, dass die neuen Technologien für eine zeitgemäße Gestaltung der Politik viele Möglichkeiten böten und einiges auch schön möglich sei, wie beispielsweise die Automatisierung bestimmter Prozesse.

Allerdings sei vieles von dem, was heute als Künstliche Intel-heit noch eher als Machine LearDr. Ralf Herbrich, Director of Machine Learning bei Amazon. Er erklärte anhand der Geschäftsfelder des Unternehmens, wie die beiden Technologien sich unterscheiden:

“Beim Machine Learning kann das System aus Erfahrungen ein eigenes Wissen generieren und so eine reine Vorhersage bieten, was geschehen wird. Künstliche Intelligenz hingegen ist ein maschinelles Lernen, das auf Feedback basiert und sich so selbst in die Lage versetzt, Probleme

Das Vertrauen muss erhalten bleiben

KI und Machine Learning können die Behördenarbeit für alle vereinfachen

(BS/Wim Orth) Nachdem das Leben im Internet bereits seit einiger Zeit zu großen Teilen von Algorithmen gelenkt und gestützt wird, kommt nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die öffentliche Verwaltung dem Thema Künstliche Intelligenz (KI) als potenter Unterstützer von Arbeitsprozessen im Rahmen der Digitalisierung immer näher. Gleichzeitig gibt es aber weiterhin eine große Skepsis, wichtige und teils direkt das Leben der Bürger beeinflussende Fragen allein von Computern entscheiden zu lassen.

aktiv zu lösen.” Als Beispiel für Maschinelles Lernen zeigte er, wie eine Software mit vielen Hundert Erdbeeren und dazugehörigen Metadaten wie Alter und Zustand gefüttert wurde, bis sie in der Lage war, zuverlässiger und deutlich schneller als Menschen zu analysieren, ob die Erdbeeren noch frisch waren oder nicht.

Zudem konnte das System auf Basis seiner Daten auch vorhersagen, wie lange die Erdbeeren etwa noch haltbar sein würden: “Algorithmen sind viel besser in der Lage zu bewerten, in welchem Zustand sich unsere Nahrung noch halten wird als Menschen”, so Herbrich. Für das Unternehmen könnten aus diesen Experimenten wichtige Informationen generiert werden. So sei man in der Lage, teilweise Vorhersagen für bis zu 18 Monate zu treffen, welche Wünsche die Kunden in der Zukunft haben würden und die Warenlager entsprechend zu bestücken.

Vier-Augen-Prinzip als Basis

Die in Fragen digitaler Zukunftstechnologien wohl prominentes-

te aktive Behörde, nämlich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg, befasst sich ebenfalls bereits seit einer Weile mit der Erforschung von Machine Learning und KI, wie René Böcker, Gruppenleiter Prozesse, Informationstechnik, Projektmanagement, ausführt:

Das notarielle Verlesen überflüssig machen

Assistenzsysteme können immer mehr Aufgaben übernehmen

(BS/Wim Orth) Immer mehr Behörden setzen auf die Dienste von digitalen Assistenten in verschiedenen Formen, um die Kommunikation mit dem Bürger und untereinander effizienter zu gestalten. Auf diese Weise sollen Assistenten beide Seiten gleichermaßen entlasten. So kann ein Bürger viele Verwaltungsdienstleistungen per Smartphone-App auf dem heimischen Sofa oder auf dem Heimweg in der Bahn in Anspruch nehmen, statt für jede An- oder Ummeldung extra in ein Bürgeramt fahren zu müssen.

Während die Breite der eingesetzten Systeme heutzutage von Chatbots geprägt ist, wird bereits seit einer Weile als Speerspitze der Technik an Sprachsystemen gearbeitet, mit denen der Bürger mehr oder weniger normal per natürlicher Sprache interagieren kann. Auf beiden Wegen ist der Anspruch, dass das Sprachniveau eines Assistenten mindestens das B1-Niveau des europäischen Referenzrahmens für Sprachen betragen sollte, damit Mensch und Maschine sich auf angenehme Weise unterhalten können. Laut Tino Eilenberger aus der Abteilung Unternehmensstrategie (Schwerpunkt E-Government Strategie) des IT-Dienstleistungszentrums Berlin ist eine stetige Verbesserung auch deswegen notwendig, weil ein reines Informationssystem dem Bürger nicht reicht: “Die Bürger wollen heute auch ganz triviale Small Talk-Infos über das System bekommen. Daher brauchen die Systeme auch Infos zum Wetter oder hier in Berlin zum Regierenden Bürgermeister. Solche Informationen liegen allerdings teilweise nicht in strukturierter Form vor, sodass der Bot darauf zugreifen kann. Da müssen wir uns daher noch eine Lösung überlegen, wie das umzusetzen ist.” Perspektivisch will man in der Hauptstadt auch eine Sprachfunktion einführen und dem Bürger die Möglichkeit anzumelden.

Um die Kommunikation mit digitalen Assistenten für den Menschen also so angenehm wie möglich zu machen, braucht es bestimmte Voraussetzungen im Back End, also den im Hintergrund ablaufenden Prozessen, die die Informationen zusammenstellen, wie Matthias Lichtenthaler, Bereichsleiter Digitale Transformation beim Bundesrechenzentrum Österreich, erklär-

Matthias Lichtenthaler aus dem Bundesrechenzentrum Österreich erklärte die technischen Voraussetzungen für funktionierende digitale Assistenten und präsentierte zudem einige Beispiele aus Österreich, wie die Technik in der Kommunikation zwischen Bürgern und Behörden eingesetzt werden kann.

te: “Zunächst braucht es hierfür kondensierte Informationen, die durch Content Analytics auf die wichtigsten Basispunkte heruntergebrochen werden. Dann werden diese Infos mit Metadaten angereichert und durch ein Informationsmanagementsystem in den richtigen Kontext gesetzt, also mit korrespondierenden Inhalten logisch verknüpft.” Anschließend würde durch Verknüpfung relevanter Informationsbausteine ein Memo erstellt, in dem alle Informationen logisch zusammengefasst werden. Dieses könne dann einem Vorgang direkt zugeordnet werden bzw. dem Bürger als Antwort präsentiert werden.

Ein konkretes Anwendungsbeispiel, das sich grob an das von Lichtenthaler skizzierte Muster hielt, präsentierte Sam Zeini , IT-Consultant beim GovBotEntwickler PublicPlan.

Er stellte dar, wie das Unternehmen zur Informationsgewinnung für den Bot anfangs zunächst mit

allgemein zugänglichen Daten gearbeitet habe, um beispielsweise Wetterinformationen oder Pegelstände anzeigen zu können. Danach habe man mehr und mehr Informationen aus der Verwaltung und zu den einzelbevor man zusätzlich auch Drittsysteme wie Servicekonten und E-Payment-Systeme integriert habe. So habe man nach und nach “eine 360-Grad-Lösung für die digitale Verwaltung gebaut, die auch behördenübergreifende Prozesse über ein Ticketsystem verarbeiten kann, das alle zuständigen Behörden gemeinsam an einem Prozess arbeiten lässt”. Bei Rechtsfragen oder anderen Anfragen, die den Chatbot überfordern, wird der Bürger laut Zeini direkt an einen Live Chat weitergeleitet, in dem echte Menschen für die Beantwortung von komplexen Fragen zur Verfügung stehen.

Eine weitere Lösung stellte Walter Obermeier, Managing Director DACH von UiPath vor. Das System der Münchner Firma bietet eine Back End-Unterstützung, die vor allem auf die Vereinfachung von Prozessen abzielt, die sonst in mehreren Programmen abgearbeitet werden. Zudem sollen Sachbearbeiter bei Anfragen mit unbekannten oder fachlich komplexen Sprachsystemen unterstützt werden.

Eilenberger betonte zum Schluss noch einmal, dass bei allen Systemen vor allem eine vertrauliche Behandlung der Daten nötig sei. Darum habe man im Berliner Rechenzentrum grundsätzlich keine Speicher außerhalb öffentlicher Rechenzentren. Eine Frage, die sich allerdings in Zukunft stellen werde, sei jene, wie sich am Ende einer IT-Partnerschaft gelernte Daten in neue Systeme übertragen ließen, damit man nicht immer wieder bei null anfangen müsse.

ganz klar als datengestützte Organisation, wobei die Künstliche Intelligenz einen integralen Bestandteil unserer Kultur ausmachen soll.” Man habe in den hausinternen Leitlinien zur Digitalisierung eine sogenannte Digitalisierungspyramide mit vier zu-Ende-Digitalisierung der behördlichen Kernprozesse, Neue Formen der Zusammenarbeit,tektur sowie Talentförderung und Kompetenzaufbau. “Die KI wird sich auf alle diese Bereiche auswirken”, ist sich Böcker sicher. Ein konkreter Anwendungsfall, der im BAMF bewusst vorangetrieben werde, ist die dokumen-werbern. Dieser sei zwar einer der komplexesten Prozesse für den Einsatz digitaler Hilfssysteme,

aus diesem Grund könne man aber auch ganz besonders viel für die weitere Arbeit mit digitalen Systemen daraus lernen und Erkenntnisse für die Zukunft ziehen: “Wir wollen einen maschinellen Prozess erarbeiten, der unsere Sachbearbeiter bei der Dokumentenprüfung von Anhörungsprotokollen so unterstützt, dass der Computer uns eine mit individuellen Bewertungen versehene Empfehlung geben kann, ob ein Antrag sicherheitsrelevant ist oder nicht”, so Böcker. Besonders schwierig sei bei dieser Aufgabe, dass die händisch geschriebenen Protokolle keinen festen Regularien entsprächen und jeweils von den Formulierungen her sehr unterschiedlich verfasst sein könnten. Abschließend betonte der Gruppenleiter noch, dass die Machine Learning- und KI-Systeme lediglich als konstruktive Unterstützung für die Mitarbeiter des Hauses da seien: “Bei uns wird keine Maschine über einen Asylantrag entscheiden.” Stattdessen arbeite man bei Antragsentscheidungen nach dem Vier-Augen-Prinzip, in dem der Algorithmus die ersten zwei Augen darstelle und der Mensch dessen Arbeit mit den echten zwei Augen noch einmal abschließend überprüfe.

Nach demselben Vier-AugenPrinzip agiert auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) bei ihrer Integration von Al gorithmusbasierten Systemen. Dr. Martin Deeg, der Leiter des IT-Systemhauses der Bundesagentur für Arbeit, sieht aktuell eine hohe Dynamik in der Entwicklung von digitalen Hilfssystemen in seiner

Behörde. Obwohl man bislang zwar lediglich “die Arbeitslosengeldanträge für den Kunden vollständig digital anbietet, die Bearbeitung aber weiterhin in althergebrachter Schriftform” ablaufe, will man bei der BA in Zukunft “unser volles breites Leistungsspektrum ins Internet bringen: Vermittlung, Beratung, Leistungen, die Arbeitsmarktstatistik und alles weitere”, so Deeg. Bei insgesamt rund 22 Millionen Kunden, die sich in etwa 15 Millionen Kindergeldempfänger sowie knapp sieben Millionen Leistungsempfänger aufteilten, liege ein riesiges Potenzial in der Behörde, das digital gehoben werden könne, wie Deeg es beschreibt: “Das zentrale Ziel ist es, unsere Dienstleistungen und die dazugehörige Qualität zu verbessern und gleichzeitig unsere Mitarbeiter nachhaltig zu entlasten.”

Um dieses Ziel zu erreichen, sei derzeit die Einführung von Chatbots in Vorbereitung, um die Kommunikation mit den Kunden der BA effizienter zu gestalten. Gleichzeitig sei auch die Automatisierung von Arbeitsschritten und bestimmten Entscheidungen in Entwicklung. So solle es zukünftig beispielsweise eine Feedback-Funktion für den Kunden geben, ob er die richtigen und vollständigen Antragsunterlagen eingereicht hat oder nicht: “Perspektivisch soll das Machine Learning auch bei der Beratung unserer Kunden unterstützend eingebunden werden. Wichtig ist aber vor allem bei allen Einsatzfeldern, dass der Datenschutz vorab richtig bewertet wird”, erklärt Deeg. Das Thema Datenschutz sehen alle Beteiligten als Schlüsselfaktor für ein Gelingen der Projekte, da daran das Vertrauen der Menschen hänge. Für Parycek sollten dabei Datenschutzexperten in alle interdisziplinären Projektteams mit eingebunden werden, um das Thema direkt von Anfang an mit angehen zu können.

Transformation erforderlich

Überkomplexe Systeme nicht dauerhaft marktfähig (BS/mfe) Die Digitalisierung bedingt eine Transformation des Denkens. Schließlich habe sie ausschließlich die Automatisierung und Autonomisierung von Abläufen zum Ziel. Hinzu komme, dass überkomplexe Systeme langfristig nicht am Markt bestehen könnten. Hier brauche es eine Komplexitätsreduktion.

Das unterstrich Christian R. Maierhofer, General Director A/V Software Solutions 360° bei Bechtle. Er betonte: “In der digitalen Welt ist ein digitales Mindset erforderlich.” Dementsprechend müssten alle Prozesse und Strukturen so ausgelegt werden könnten. Denn: “Algorithmen sind nichts anderes als die Realitätsdarstellung in Einsen und Nullen.” Und zu dieser Wirklichkeit gehöre inzwischen, dass Arbeitnehmer in Deutschland 37 Prozent ihrer gesamten Arbeitszeit an Computern verbrächten und dabei nach klar strukturierten Regeln Software bedienten. Im Öffentlichen Dienst dürfte dieser Prozentsatz wahrscheinlich sogar noch höher liegen, prognostizierte Maierhofer.

Topf sucht Deckel

(BS) Egal ob digitale Tools zur Mitarbeiterschulung, intelligente Kommunikationslösungen oder Blockchain-basiertes

Zulassungsmanagement: Beim Meet & Match präsentierten Start-ups und “Sozialentrepreneure” ihre innovativen Anwendungen und stellten sich den Fragen von BAMF-Vizepräsident Dr. Markus Richter (l.) und Hessens Co-CIO Roland Jabkowski (2. v. l.)

Verlangte angesichts der immer weiter voranschreitenden Digitalisierung eine Transformation des Denkens: Christian R. Maierhofer, General Director A/V Software Solutions 360° bei Bechtle.

Darüber hinaus wies er noch auf ein erhebliches Problem hin: Die Mitarbeiter, die der deutsche Staat in der digitalen Welt benötige, könnten nicht eingekauft wer-

den. Auch sei es schwierig, sie aus dem bestehenden System heraus zu gewinnen. Der Bechtle-Vertreter erläuterte des Weiteren, dass das gefühlte Wissen der Menschen seines Erachtens nirgendwo größer sei als beim Thema Künstliche Intelligenz (KI). Auch habe er den Eindruck, dass der Begriff oftmals nur genutzt werde, um sich besser im Markt platzieren zu können. Selbst wenn das angebotene Produkt kaum etwas oder sogar gar nichts mit KI zu tun habe.

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 33
Zwar arbeitet René Böcker mit seinen Kollegen beim BAMF weiterhin an der Entwicklung von Lösungen aus dem Bereich von Machine Learning und Künstlicher Intelligenz, diese sollen aber niemals eigenständige Entscheidungen über Annahme oder Ablehnung von Anträgen treffen. Fotos: BS/Giessen

“Digitalisierung ist diement die Kür”, fasst Hartmut Beuß Nordrhein-Westfalens, die Siknappen Verwaltungsressourcenteil gesteckt. Aber es müsse hier eine Verknüpfung geben, um fordert Beuß. Auch eine andere sich Kommunen mit ihren Daten beispielweise seien solche, an denen großes Interesse herrsche, so Beuß. Allerdings sei nicht jede Kommune in der Lage, ein -

von der auch die Landes- und die kommunale Ebene nicht ausgenommen sei. Dort stelle sich oft das Problem, dass eine Stelle nicht wüsste, welche Daten die anderen sammelten und bereitstellten. “Wir wissen garebenenübergreifend arbeiten”, Beuß. Dabei verfolgen die EU (schon seit 2003 mit der PSI-Richtliniemation) und auch die Bundesregierung seit 2013 (mit einem Nationalen Aktionsplan und der offenen Datenplattform GovData) das Ziel, Verwaltungsdaten -

sen und Portale aufgelegt. Das Problem: Der praktische Nut-

Raum für Daten schaffen

Urbane Datenräume als Vehikel für Open Data

(BS/Katarina Heidrich/Benjamin Stiebel) Daten teilen, um mehr daraus zu machen: So lautet das Versprechen von Open Data. Bisher bleiben Initiativen aber eher hinter den Erwartungen zurück. In Teilen steht sich die Verwaltung dabei selbst im Weg. Investitionen gehen schwer von der Hand. Vielen fehlt der Überblick, über welche Daten sie überhaupt verfügen und welches Potenzial darin liegt. Zudem ist die Bereitschaft zum Teilen und Kooperieren nicht immer selbstverständlich. Neuere Ansätze stellen daher das Netzwerk aus Bereitstellern, Verwaltern und Nutzern von Daten in den Mittelpunkt.

kaum untersucht, wie Andreas Krumtung vom Lehrstuhl für Verwaltungs- und Wirtschaftsinfordie Verwaltung besteht darin, geht auf Kosten der Investitionsbereitschaft.” Zumal nicht so Krumtung, warum Kommunen bei Projekten in Vorleistung gehen sollten, die am Ende auch der Wirtschaft dienen sollen. Dass nicht alle so denken, verdeutlicht Dirk Blauhut von der Stabstelle Digitalisierung der Stadt Köln und betont, dassöffentlichung aller relevanten Daten als kulturelle Selbstveres in Köln einen Ratsbeschluss eine “Community” Techniken nicht bekannt waren, um Informationen aus dem RatsinBlauhut . Daraus sei eine Zusammenarbeit entstanden und Köln entwickelte ein diesem können die verschiedenenden erst dann wertvoll, wenn sie

als proaktives Zugehen auf die Crash führen”, so Blauhut befürwortet auch Dr. Jens Klessmann, stellvertretender Leiter des Services am Fraunhofer-Institut Fokus. “Der Aufbau von FachCommunities ist ein wichtiges Thema”, so Klessmann, schonche Daten überhaupt für welsein könnten. Neben externer Expertise dürfe aber nicht die interne vergessen werden, des-

Keine intelligenten Entscheidungen

Datenerhebung als Schlüssel für den künftigen Staat (BS/ab) “Über die Rolle der Daten für den Staat wird zwar viel gesprochen, aber zu wenig nachgedacht. Einerseits kommen regelmäßig Horrormeldungen und anderseits Jubel über den potenziellen Mehrwert”, so Prof. Dr. Manfred Hauswirth, geschäftsführender Institutsleiter bei Fraunhofer Fokus. Herausforderungen und Lösungsansätze für den zukünftigen Umgang mit Daten zeigte er ebenso auf wie den Mehrwert.

“Wir können über jeden beliebigen Trend diskutieren. Wenn die notwendigen Daten nicht verfügbar sind, wenn wir sie benötigen, können wir keine intelligenten Entscheidungen treffen”, betonte der Wissenschaftler. Exemplarisch verwies er auf mögliche

manchmal die Daten sogar gar nicht. Der Staat müsse “gut genug aufgestellt sein, um die Benchmarking entscheidend sind die Sensordaten, die stasowie organisatorischen Daten. Der dahinterliegende Kreislauf der Verwendung und Evaluation ist jedoch immer identisch. “Es ausgelegten Planung, Kontrollmechanismen sowie Planung des Budgets, der Leistungen und derHauswirth. Der Österreicher betonte dabei, dass insbesondere das Vergleichen der Daten (Benchmarking) ein wichtiges Thema sei, weil die Verfüg-

Organisatorische und personenbezogene Daten

Um sich bei den organisato-ckeln, müssten die Indikatoren gefestigt sowie die Verfügbarkeit der Daten, und inwieweit mit ihnen auch gesteuert werden könne, sichergestellt werden, sagte der Professor. “Sie müs-

verbinden.”

Sensordaten und statistische Daten

tionsdaten gebe es bei den per-Bildungsabschlüsse, WohnsitDatensilos gelagert. Aber mit diesen Daten könnten proaktive gestellt werden”, so Hauswirth Die Sensordaten enthielten viel Verkehrs und der Smart Cities.se eine individuelle Geschwin-

in einer Kommune geknüpft werden könnte. Auch direkte Steuerung wie Straßensperrungen sei

-

“Aber vermieden werden muss einehalb ist ein öffentlicher Diskurs, was gemessen und weitergegeben werden kann,deutung.” Zudem seien Standards sowie Plattformen Austausch. Erst danach könnten die passenden Anwendungen folgen. Wohingegen die statistischen Daten auch den Unternehmen in Deutschland wie Hauswirth am Beispiel der erhoben würden, könnten RückGründe gefunden werden. “Hierfür wiederum braucht es Quali-liche Erhebungswege, die über das Papier hinausgehen sollten.” Zudem müsse die Datenerfassung ausgeweitet, erleichtert und beschleunigt werden. Um hier geeignete Rahmenbedin-

kontinuierlich hinterfragt werden, so Hauswirth. Schließlichmer und Daten, desto besser für die Erhebung und Auswertung. für den Austausch. Wir brauchen deshalb eine übergreifende Datenstrategie und müssen uns einbauen.”

über offene Daten hinausden-

Um die Herausforderungen an die Verwaltungskommunikation

jede Kommune einen klaren Fowelchen Datenerhebungen und

Stefan Kondmann, Vertriebsleiter

Die Hoffnungen sind vielgestaltig und berühren oft auch SmartCity-Visionen, in denen überall Sensoren Unmengen von Daten

Verwaltung verbessern helfen. -

seien, und befürchten Fehlinterpretationen, wenn jeder darauf Kücük.werk, in dem der Datenaustausch vereinfacht würde, meint Kücük Wie die Entwicklung eines derartigen Urbanen Datenraums geLina Brunsne Kommunikationssysteme. Neben dem allgemeinen Aufbau von an, eine gemeinsame Termino-der sprechen oft verschiedene Sprachen”, so Bruns, “das kannforderungen führen.” Zentral sei es außerdem, ein Bewusstsein für vorhandene Datenquellen Kommunen seien meist isoliert und über viele Systeme verteilt gespeichert. Der Blick sollte jedoch nicht ausschließlich nach

Crowdsourcing-Projekte hergeben”, sagt Bruns. Für Dortmund stellt Kücük sich einen Smart City Data Hub als Basis für den urbanen Daten-

qualitativ hochwertige Daten und der Datenbereitsteller dabei unveröffentlichen. Der Normentwurf bildet die Grundlage für einen nachfolgenden Normungspro-tendistributoren und DatennutKlessmann nur der “Steigbügel”. “Wir müssen

Denes Kücük, stellvertretender Leiter des Chief Information/ -

Portal. Die Vorbehalte, Daten untereinander, geschweige denn groß. Dafür gebe es viele Grün--

Daten der Stadt gemeinsam mit externen Daten gesammelt und für die Weiterverwendung aufbereitet werden könnten. “Betreibermunales Datenstadtwerk, das unter Wahrung der öffentlichen Interessen und der Datenhoheit und die Veredelung der Informationen gestaltet”, so Kücüks Idee.

Übersichtlich sieht anders aus

Digitale Konzernsteuerung mit Diagrammen, Excel-Listen oder wenigen Zahlen?

(BS/jf) Transparent, vollumfänglich und ein zentrales Element für die administrative und politische Steuerung – man fühlt sich an die Werbung für ein Süßigkeiten-Produkt erinnert, in der es heißt: “Das geht nun wirklich nicht.” Und tatsächlich sind die Darstellung des Haushaltes und damit die digitale Steuerung eines Konzerns Stadt verbesserungswürdig, wie ein Blick auf die Gesamtetats der drei deutschen Stadtstaaten zeigt. Zumal auch die Illustration von Grafiken nicht tückenlos ist.

“So richtig smart ist unser Haushalt noch nicht”, sagt Henning Mahncke, Leiter des Bereichshörde der Freien und Hansestadt Hamburg. Und Oliver Rohbeck,referats in der Berliner Senats“Vor allem die Darstellung für die Zielgruppen nach außen ist eine besondere Herausforderung.” Damit hat er nicht nur den Bürger im Blick, sondern auch die Vertreter des Berliner Abgeordnetenhauses. Die Hauptum die über 21.000 Buchungs-Holger Duveneck, Haushaltsdirektor der Freien Hansestadt Bremen. Denn wenn über den Etat gesprochen werde, sei damit der Kernhaushalt gemeint. Sonderhaushalte, Beteiligungen an privatwirtschaftlichen Unternehmen oder Sondervermögen wie eine Anstalt öffentlichen Rechts seien darin nicht enthalten. Hinsichtlich der Steuerung seien noch Quantensprünge möglich, sagt der Haushaltsdirektor. Aktuell hat Bremen einen E-Haushalt ausgeschrieben. Dieser soll ein Standardberichtswesen inkluWeb- Dashboards und eines Abfrageassistenten beinhaltenderen gleichgroßen Kommunen auf Basis einer BenchmarkingDatenbank. Ferner ist eine IT-

tische Ziele sollen in Form eines Navigationssystems abgebildet -

len hinterlegt werden. In Hamburg sei man in dieser Hinsicht schon weiter, berichtet Mahncke. In Teilen gebe es schon einen E-Haushalt. Im Zuwendieser aktuell im Rollout, beim

werden über Dashboards gelöst. Parallel erprobt die Freie und Hansestadt einen Chatbot, um beantworten.

Fokus auf Fördermittelmanagement Besonders auf der Vergabe und dem Empfang von Fördermitteln liegt stets ein Augenmerk. In Sachsen gebe es eine eigene Fördermitteldatenbank, berichtet

André Zeranski, Projektleiter bei der Firma roboes Berlin. “Wir haben eine TranspaInternet”, so Rohbeck. Die sei verknüpft mit einer recht lichen Verpflichtung. “Zuwendungen gibt es nur, wenn der in die Datenbank eingetragen hat.” Zahlen statt Diagramme Hinsichtlich der Dr. Gerald Butterwegge, Leiter Kommunikati-

eine falsche Botschaft übermittelt. So schneide das Rechenpro-

solle mit Kontrasten gearbeitet werden. “Kontraste lenken unser indem man Zahlen unterschiedlich groß schreibt.” Allerdings gewahrt bleiben.

Am Ende brauche es eine Über-

impulsen für die Entscheider, ist Rohbeck

Seite 34 Behörden Spiegel / April 2019
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Fordert eine Open-Data-Infrastruktur, die Kommunen zum Teilen ihrer Datenschätze ermutigt: Nordrhein-Westfalens Landes-CIO Hartmut Beuß. Foto: BS/Giessen Prof. Dr. Manfred Hauswirth, geschäftsführender Institutsleiter bei Fraunhofer Fokus, sprach über die Potenziale und Erhebungsabläufe von Daten. Foto: BS/Giessen Die unterschiedliche Darstellung des Haushaltes für Bürger und Politiker ist laut Oliver Rohbeck, Leiter des Haushaltsgrundsätzereferats in der Berliner Senatsverwaltung für Finanzen, eine Herausforderung. Foto: BS/Giessen

Digitale Schule

Der DigitalPakt Schule ist beschlossen – wie geht es weiter?

(BS/ Katarina Heidrich) Mit der Grundgesetzänderung, der Errichtung des Sondervermögens und dem Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung zur Umsetzung wurden alle Voraussetzungen geschaffen, um den DigitalPakt Schule auf den Weg zu bringen. Zumindest die formalen. Was die konkrete Umsetzung in der Praxis betrifft, bedarf es allerdings einer Strategie.

“Ich habe das Wort Schulakte erst gelernt, als ich nach Deutschland kam, weil bei uns alles schon lange digitalisiert ist”, pointiert Jacob Chammon, Rektor der Deutsch Skandinavischen Gemeinschaftsschule (DSG) in Berlin, die Kluft zwischen Deutschland und seinem Heimatland Dänemark bezüglich des Digitalisierungsgrades an den Schulen. Als er Schulleiter der DSG wurde, beschloss Chammon, den digitalen Wandel selbst einzuleiten. Aber: “Da war nichts, es gab zwei Steckdosen in jedem Raum, das wars”, fasst er die Ausstattungsproblematik zusammen. Heute sieht das anders aus. Im gesamten Schulgebäude gibt es offenes WLan, Handys dürfen im Unterricht eingesetzt werden (auch private, denn es gibt nicht genügend schuleigene), allerdings nach bestimmten Nutzungsregeln und für bestimmte Lernportale. In der reformpädagogisch en Ganztagsschule, die dem Berliner Rahmenlehrplan folgt, aber sich gleichzeitig an den skandinavischen Lehrplänen orienIT und Pädagogik großgeschrieben. “Das Buzzword bei uns ist U mstellungsbereitschaft. Die Lehrer müssen keine Techniker sein, aber Interesse an digitalen Lösungen und Hilfsmitteln haben”, so Chammon. Regelmäßig denen jeweils ein Kollege eine App oder ein Portal vorstellt, das er für interessant oder sinnvoll hält. Wichtig für jede Schule, die den digitalen Wandel vollziehen möchte, sei ein eigener IT-Verantwortlicher beziehungsweise ein IT-Pädagoge, betont der Schulleiter mit Blick auf den “digitalen Hausmeister” der DSG. “Was wir aus Dänemark wissen: es kostet enorm viel Geld”, fasst Chammon

zusammen. Langfristig aber lohne die Investition. In Deutschland gebe es immer wieder Grundsatzdiskussionen, die die Aktivität in diesem Bereich behindere und es würden Probleme vorgeschoben, anstatt einfach auszuprobieren “Was wäre für Deutschland der erste Schritt? Mut haben”, appelliert der Schulleiter.

Kein Computer für Lehrer

Auch Dr. Christian J. Büttner, Bürgermeister Geschäftsbereich Schule und Sport der Stadt Nürnberg, beklagt eine fehlende umfassende Strategie für die Schulen: “Ich komme mir manchmal vor wie in dem Film “Und täglich grüßt das Murmeltier”.

Jeden Morgen wache ich auf und die Diskussion ist immer noch die gleiche. Wir verlieren uns bundesweit oft in Symbolpolitik und Leuchttürmen.” Die Digitalisierung der Schulen könne nur Hand in Hand mit allen beteiligen Akteuren funktionieren. Sie gehöre zwar zur Daseinsvorsorge in jeder Kommune, falle genauso aber auch in den Verantwortungsbereich von Bund und

Ländern, die ebenseien, so Büttner. Es stelle sich die Frage, wie es nach den angekündigten fünf Milliarden Euro für den DigitalPakt weitergeht.

Dr. Ilka Hoffmann, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands im Organisationsbereich Schule bei der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), gibt zu bedenken, dass es auch eines Konzeptes für die Verteilung dieser Gelder bedürfe. Denn Zugänge und der Status Quo, etwa bei der technischen Ausstattung, seien bundesweit komplett unterschiedlich. Vor allem im ländlichen Raum herrsche eine schlechte Schulinfrastruktur und Lehrermangel. Bildungsgerechtigkeit und gesellschaftliche Teilhabe seien somit alles andere als selbstverständlich in Deutschland, so die Gewerkschafterin. Ein weiteres großes Problem: es gibt oftmals keine eigenen Computerarbeitsplätze für die Lehrkräfte. “Sensible Daten lagern auf den privaten PCs”, kritisiert Hoffmann. Dabei müsse die Schulverwaltung als “enabler” der digitalen Anwendungen fungieren können, fordert Holger Kurrek, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Digital Public Services am Fraunhofer-Institut Fokus. Es gebe auch keine Dienstmailadressen für Lehrer, bemängelt er. Diese müssten zur Kommunikation mit Schülern oder Eltern ihre privaten nutzen. Aus IT-Sicherheitsgründen ein Unding, wie Kurrek

Mehr Zeit mit den Problemen verbringen

Im “Stadtlabor” werden digitale Lösungen nutzerzentriert erprobt (BS/Katarina Heidrich) Der größte Fehler, den die öffentliche Verwaltung bezüglich der Digitalisierung von Serviceleistungen machen könne, sei, ein konkretes Ziel zu haben und dieses bedingungslos zu verfolgen, so Adrian Gelep, Senior Manager bei PricewaterhouseCoopers (PwC). Ergebnisoffenheit sei hier das A und O.

Agilität in den Prozessen sollte an erster Stelle stehen, denn oftmals stehe die Verwaltung vor enormen Anforderungskatalogen und erstelle daraus ein genaues Ziel, welches dann angesteuert wird. Allerdings träfen häufig die dazu entwickelten Lösungen schließlich nicht das Ziel, da auch Nutzerbedürfnisse agil seien, bemängelt Gelep. Projekte zu digitalen Verwaltungsdienstleistungen müssten deshalb immer wieder neu analysiert werden bezüglich ihres Nutzens, fordert der PwC-Manager. In dem Projekt “Stadtlabor” können interessierte Akteure Schritt für Schritt digitale Lösungen entwickeln und erproben. Dabei werden alle Interessenvertreter konkret eingebunden und nicht nur eine unbestimmte Zielgruppe adressiert. Am Beispiel der BAföG-Antragsbearbeitung verdeutlicht er das Vorgehen einer nutzerzentrierten Arbeitsweise. Zunächst seien die verschiedenen Nutzergruppen einer digitalen Lösung in diedamit diese im zweiten Schritt gezielt angesprochen beziehungsweise befragt werden können. Die Fragestellung in der Nutzerforschung sollte dabei so konkret wie möglich sein, damit die Vorteile sowie die größten Hürden im bisherigen (analogen) Prozess ermittelt werden können. Danach

Kräfte bündeln

Informationssicherheit gemeinsam erhöhen

(BS/ab/stb) “Von den meisten mit der Digitalisierung einhergehenden Veränderungen wissen wir noch nicht ganz genau, ob Sie uns zum Vor- oder Nachteil gereichen”, skizziert Jan Lindner, Vizepräsident North and Central Europe bei Panda Security, die momentane globale Situation. Klar ist indes, dass die ungebrochen angespannte Sicherheits-Lage im Cyber-Raum Staat, Wirtschaft und Gesellschaft noch lange vor Herausforderungen stellen wird. Wo finanzielle Mittel und personelle Möglichkeiten begrenzt sind, wird immer öfter auf Zentralisierung und Kooperation gesetzt.

Angreifer nutzten auf anonyunsere digitale Welt aus, um unsere demokratischen Werte zu untergraben, sagt Lindner. “Fake-News, Spionage, Sabotage, Diebstahl sind nur einige davon.” In Deutschland werde zwar immer mehr in die IT-Sicherheitsarchitektur investiert, so der Sicherheitsspezialist. Der moderne Angreifer habe selbst jedoch auch die modernste Technik. Hinzu komme, dass mittlerweile die Nutzer im Fokus stünden, weil sie ein breites, ungesichertes Angriffsziel böten. Im Kontext von Schutzmaßnahmen betont Lindner: “Wenn moderne Technologien aufgrund von Vorbehalten blockiert werden, verliert man massiv den Anschluss. Wir müssen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa Zusammenarbeit und die Kräfte bündeln.” Die Zukunft der IT-Sicherheit gehöre den CloudSecurity-Lösungen. (Mehr im Interview mit Jan Lindner auf Seite 43.)

Da, wo Ressourcen und Expertise knapp sind, ist es oft schon eine Herausforderung, den aktuellen Stand der Technik umzusetzen. “In den Kommunen ist manches anders als auf Länder- und Bundesebene”, erklärt Heino Sauerbrey vom Fachbereich IT-Sicherheit beim Deutschen Landkreistag. Gemeint sind die starke Verteilung in der Fläche, die föderale Vielfalt und heterogene Strukturen sowohl in der Organisation als

auch im IT-Betrieb – schwierige Rahmenbedingungen für ein einheitlich hohes Sicherheitsniveau. “Da wo Informationssicherheit wegen des direkten Bürgerkontakts am nötigsten ist, sind die Ressourcen am knappsten”, so Sauerbrey.

Einige Länder suchen den Schulterschluss mit den Kommunen, um die IT-Sicherheit in der Verwaltung gemeinsam zu stärken. So bietet das Niedersachsen-CERT den Kommunen des Landes Teilhabe an den Dienstleistungen der Informations- und Kooperationsdrehscheibe an. Der Regelbetrieb läuft bereits seit 2016, mittlerweile sei das vollständige Produktportfolio abrufbar, erklärt der Leiter d es CERT, Michael Schätzke.

“ Bisher nehmen rund 100 Kommunen die Dienste in Anspruch.” Wertvoll sei vor allem der E-MailWarndienst des NiedersachsenCERT, betont Maik Poburski, Informationssicherheitsbeauftragter des Landkrei ses Osnabrück. Hinweise zu Angriffsmethoden und Sicherheitslücken in IT-Komponenten werden verteilt und in der Kommune direkt an die Administratoren weitergeleitet. “Durch den Wissensvorsprung konnten wir zum Beispiel die über E-Mails massenhaft verteilte Schadsoftware emotet von vornherein herdem Fall also gar nicht erst die verseuchten Anhänge öffnen.” Weitere Dienste des CERT sind die Untersuchung und Bewertung von Sicherheitsvorfällen und die Sicherheitsberatung. Demnächst soll Landesbehörden und Kommunen in Niedersachsen auch ein umfassendes Sicherheitslagebild regelmäßig zur Verfügung gestellt werden.

(Zu CERT-Dienstleistungen für Kommunen im Saarland siehe den Gastbeitrag von Landes-CIO Prof. Ulli Meyer auf Seite 40.)

Nur noch eine Frage des Wie

Öffentliche Verwaltung kann ohne Cloud-Dienste nicht mehr (BS/mfe) Cloud-Dienste sind im Öffentlichen Dienst inzwischen nicht mehr wegzudenken und unabdingbar. Es stelle sich schon länger nicht mehr die Frage, ob entsprechende Anwendungen für die Verwaltung sinnvoll seien. Entscheidend sei mittlerweile nur noch, wie es gelingen könne, möglichst sichere Cloud-Dienste anzuwenden.

Das unterstrich die im Land Berlin für den IKT-Bereich zuständige Staatssekretärin Sabine Smentek. Diese Frage stelle sich immer drängender, da die Anforderungen an IT weiter zunähmen, ergänzte Reinhold Harnisch. Deshalb sei eine verstärkte interkommunale Zusammenarbeit aufseiten der öffentlichen Hand erforderlich, so der Geschäftsführer des Kommunalen Rechenzentrums Minde-Ravensburg/Lippe. Cloud-Dienste seien grundsätzlich ein Kompromiss zwischen Sicherheit auf der einen und Servicefreundlichkeit auf der anderen Seite, gab Torsten Boettjer, Director Product Management Cloud Services bei Oracle, zu bedenken.

Hybride Lösungen sind die Zukunft

Andreas Gundlack, Abteilungsleiter für Infrastruktur und Basisdienste im IT-Dienstleis-

tungszentrum Berlin, hält die digitalen Wolken sogar für das “Schwarzpulver des digitalen Zeitalters”. Es gebe zwar keine absolute Sicherheit in ihnen, ohne sie gelte inzwischen jedoch das gleiche. Daher könne man nicht mehr auf sie verzichten.

Umgebung inzwischen wichtiger

Es müsse aber darüber nachgedacht werden, wie Clouds und die dort angebotenen Dienstleistungen künftig aufgebaut und gestaltet werden sollten. Aus seiner Sicht brauche es hybride Lösungen. Das sah auch Roman Bartlog, Presales-Experte bei SAP so. Zudem führe kein Weg an einer verstärkten Kooperation der IT-Dienstleister von Ländern und Kommunen vorbei, war er sich mit Harnisch einig.

Bei der Cloud-Errichtung handele es sich auch immer um den Aufbau neuer Ökosysteme, warf

Boettjer ein. Und mittlerweile gehe es in den digitalen Wolken immer weniger um die dort verfügbaren und nutzbaren Anwendungen selbst, sondern um die Bereitstellungsumgebung als solche. Denn: “Jede Cloud ist ein Infrastrukturanbieter.” Darauf säßen dann jeweils zahlreiche Softwareprovider, so Boettjer.

Auf Personalengpässe im ITBereich wiesen schließlich Smentek und Bartlog hin. Aus diesem Grunde verlangte die Berliner Staatssekretärin mittelfristig eine bessere Bezahlung, um ausreichend Personal im Öffentlichen Dienst im Allgemeinen und bei den IT-Dienstleistern im Speziellen halten zu können. Programmierer seien schon jetzt nicht l eicht zu gewinnen, ergänzte der SAP-Vertreter. Und Michael Barth, Head of Public Affairs, beim Unternehmen Genua, konstatierte insgesamt einen großen Fachkräftemangel.

sollte diskutiert werden, wie die verschiedenen Nutzergruppen bei ihren (verschiedenen) Bedürfnissen unterstützt werden können. Im Falle des BAföG-Antrags stellt sich zum Beispiel die Frage, wie sich der Aufwand verringern beziehungsweise die Wartezeit verkürzen ließe. Erst dann sollte die Phase folgen, in der eine gemeinsame Lösung für alle Anliegen entwickelt wird. “Im Idealfall sitzen dann auch alle Nutzergruppen mit am Tisch”, betont Christian Hochhuth, Senior Conceptual Consultant bei PwC. Aus den Ide-

en lässt sich dann im nächsten Schritt ein Prototyp der Lösung erstellen, der dann wiederum mit allen Nutzergruppen gemeinsam getestet werden sollte, um das direkte Feedback in den Entwicklungsprozess einzubeziehen, so Hochhuth. Durch sogenannte “Klick-Dummies” ließe sich etwa eine Simulation erstellen, um Lösungen in der Praxis erproben zu können. Mit Hilfe solch eines nutzerzentrierten Designs ließen sich Risiken minimieren. “Allgemein sollte mehr Zeit mit den Problemen verbracht werden”, schließt Gelep.

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 35
Christian Hochhuth, Senior Conceptual Consultant bei PwC, erläutert, wie die Nutzerperspektive bei digitalen Verwaltungslösungen im Vordergrund stehen kann. Foto: BS/ Gießen Fordert für die Informationssicherheit mehr Zusammenarbeit und die Bündelung von Kräften: Jan Lindner (Panda Security). Foto: BS/Dombrowsky Treibt den digitalen Wandel an der Deutsch Skandinavischen Gemeinschaftsschule Berlin (DSG) voran: Schulleiter Jacob Chammon. Foto: BS/Gießen Diskutierten über sichere digitale Wolken und Cloud-Dienste (v.l.n.r.): Michael Barth, Torsten Boettjer, Sabine Smentek, Reinhold Harnisch (Moderator), Andreas Gundlack und Roman Bartlog. Foto: BS/Giessen

Gesteuert wird die Umsetzung des OZG durch das schleswig-holsteinische Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND). Dieses hat hierzu ein eigenes Landesprojekt, das sogenannte OZG|SH, eingerichtet. Unter Federführung des CIOs erfolgt hierbei neben der Prozessanalyse und Anforderungserhebung der OZG-Verwaltungsleistungen auch die Steuerung der technischen Umsetzung. Das Gesetz verfolgt einen stark nutzerorientierten Ansatz der digitalen Verwaltungsleistungen für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen. Neben einem bundesweit einheitlichen “Bürger-Login” ist die Möglichkeit des Wegfalls von Anträgen durch die intelligente und datenschutzkonforme Verknüpfung von vorhandenen Behördendaten und eine automatisierte Bewilligung von “Standardleistungen” vorgesehen.

Kooperativer Ansatz

Das OZG|SH beteiligt daher die Ressorts und Kommunen an einer kooperativen Umsetzung des OZG. Hierfür werden aktuell die bereits bestehenden digitalen Infrastrukturen weiterentwickelt und für die Bedürfnisse eines Flächenlandes ausgebaut. Dabei werden alle technischen Systeme für die OZG-bezogene Nutzung durch Landes- und Kommunalbehörden zentral zur Verfügung gestellt.

Immissionsschutz und Störstrahler

Breites Spektrum an Verwaltungsdienstleistungen im Umweltbereich

(BS/Tobias Goldschmidt) Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) ist in Schleswig-Holstein bereits einen wichtigen Schritt vorangekommen. In den kommenden vier Jahren wird die öffentliche Verwaltung alle Verwaltungsleistungen vom Bibliotheksausweis über Erziehungsgeld bis zum Bewohnerparkausweis auch digital über Verwaltungsportale anbieten. Die Umsetzung wird auf Basis der gemeinsamen E-GovernmentInfrastruktur des Landes und der Kommunen in Schleswig-Holstein in einem zwischen Landes- und Kommunalverwaltung koordinierten Vorgehen erfolgen. So sollen auch Angebote abseits der reinen Verwaltungsangebote wie beispielsweise die Buchung von “Dörpsmobilen” und Sportstätten oder Angebote für die Organisation von ehrenamtlichen Tätigkeiten digitalisiert angeboten werden.

erbracht werden. Die Kommunen werden somit eine wesentliche Rolle in der operativen Umsetzung der elektronischen Verwaltungsleistungen im Rahmen des OZG einnehmen. Um diese Rolle angemessen wahrzunehmen, haben die Kommunen Anfang 2019 den IT-Verbund SH (ITVSH) gegründet. Der ITVSH wird als zentrale Stelle nach außen gerichtete Fachprozesse der Kommunen nutzerzentriert bündeln und wird hierfür personell, organisatorisch unterstützt.

Dieser kooperative Ansatz hat das Ziel, sowohl digitale Verwaltungsinnovation als auch strukturierte und schnelle Digitalisierung in Schleswig-Holstein zu erreichen und somit zu einer digitalen Vorzeigeregion zu werden.

Rund 60 Leistungen im Umweltbereich digitalisieren

Land und Kommunen werden ihre Verwaltungsprozesse in enger Absprache für eine digitale Umsetzung optimieren, da viele Verwaltungsleistungen durch die Städte, Kreise und Gemeinden

Dadurchmüssen in den Strategieprozess viele unterschiedliche Stakeholder eingebunden werden. Die komplexen Abhängigkeiten und Auswirkungen erfordern Entscheidungsprozesse, die einen fairen Interessenausgleich zwischen den Beteiligten ermöglichen. Digitalisierungsstrategien in der öffentlichen Verwaltung werden daher nur erfolgreich sein, wenn sie im Konsens zustande kommen, sichtbare Ergebnisse produzieren und somit auf Akzeptanz der Betroffenen stoßen.

Die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie durch konkrete Maßnahmen ist nicht mehr Teil des eigentlichen Strategieprozesses, sondern wird im Rahmen einzelner Projekte geplant und gesteuert. Die Ergebnisse dieser Umsetzungsprojekte wirken zurück auf den Strategieprozess und machen u. U. die Anpassung der strategischen Planung erforderlich.

Spezifisches Vorgehensmodell für Behörden Strategieprozesse zur Digitalisierung von Behörden können auf zurückgreifen, das die beschriebenen Rahmenbedingungen in dieser Branche berücksichtigt.

In diesem Zusammenhang hat das MELUND auch die bundesweite Themenfederführung für die Digitalisierung der Verwaltungsleistungen aus dem Umweltbereich übernommen. Es handelt sich hierbei um ca. 60 verschiedene Leistungen, die sowohl vom MELUND wie auch den nachgeordneten Umweltbehörden wahrgenommen werden. Die Leistungen umfassen ein großes Spektrum an Verwaltungsangeboten: von der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für ein Windkraftwerk bis zur Erteilung ei-

Erarbeitung des Themenfeldes erfolgt in Kooperation mit dem Land Rheinland-Pfalz, mit dem aktuell auch mehrere “Digitalisierungslabore” durchgeführt werden. Hierbei wird in Workshops gemeinsam mit Antragstellern und beteiligten Fachreferaten aus beiden Ländern erarbeitet, wie ein grundlegend auf digitale Lösungen ausgerichteter Gesamtprozess aussehen soll. Entsprechend der konsequent nutzerorientierten Herangehensweise bei der Digitalisierung der OZG-Leistungen wurden sogenannte “Digitalisierungslabore” zu zwei Umweltthemen durchgeführt. In unterschiedlichen Workshop-Formaten kommen hierfür verschiedene Nutzerver-

treter, Fachexperten und Softwaredesigner zusammen, um gemeinsam an der Neuentwicklung oder der Verbesserung zukünftiger Onlinelösungen mitzuwirken und diese so für sich und alle anderen Nutzerinnen und zu gestalten.

Design-Thinking-Workshop

Der Auftakt erfolgte am 6. Februar 2019 in Form eines Design-Thinking-Workshops in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz. Hierbei trafen sich Vertreterinnen und Vertreter des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz, des Ministeriums des Inneren und für Sport Rheinland-Pfalz, des

Von der Vision zur Umsetzung

Digitalisierungsstrategie für die öffentliche Verwaltung

Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung SchleswigHolstein gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von BASF und der Messstellen SGS TÜV Saar und Müller BBM, um unter der Überschrift “Digitalisierung des Immissionsschutzes” über die digitale Zukunft der Emissionsmessberichterstattung zu diskutieren und eine Vision für eine neue Onlinelösung zu entwerfen. Da Betreiber von Industrieanlagen regelmäßig nachweisen müssen, dass sie die festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten, ist hier das Potenzial, manuelle Arbeitsschritte und Abstimmungsaufwand zwischen Behörden, Betreibern und Messstellen durch eine digitale besonders hoch.

Nutzertestworkshop

Am 6. März 2019 folgte dann ein Nutzertestworkshop zum Thema “Inbetriebnahme und Betrieb von Röntgeneinrichtungen und Störstrahlern”. Hierzu trafen sich ebenfalls Behörden- und Nutzervertreterinnen und -vertreter, nun aber in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel. Mit Blick auf die Kieler Förde testeten Vertreter der Zahnärzte und Kliniken die digitale Anwendung der Röntgenleistung über einen sogenannten Click-Dummy. Dabei handelt es sich um eine erste Version der Onlineleistung, bei der sich die

SERIE: DIE OZG-UMSETZUNG

“Umwelt”

Themenfeld

einzelnen Schritte der späteren Anwendung bereits durchklicken lassen. Anhand des umfangreichen Feedbacks wurden vor Ort Verbesserungen erarbeitet, die wiederum Einzug in einen überarbeiteten Click-Dummy gefunden haben. Die Ergebnisse der Workshops werden noch in diesem Quartal in die weitere technische Umsetzung überführt. Schleswig-Holstein will digitale Vorzeigeregion werden. Eine moderne, digital aufgestellte Behördenlandschaft ist hierfür elementar erforderlich, man könnte von Die gemeinsame, konzentrierte Umsetzung ist dafür Voraussetzung und stellt zugleich die Basis, um weitere landesweite digitale Angebote der Bürgernähe, Daseinsvorsorge, des Ehrenamtes und der ländlichen und städtischen Gemeinschaft abzubilden, mit der das digitale Miteinander in Schleswig-Holstein nachhaltig gelingt.

MELDUNG

Bremer “IT-Garage” nimmt Arbeit auf (BS/wim) In der Freien Hansestadt Bremen arbeiten seit Ende März in der sogenannten “IT-Garage” sechs IT-Mitarbeiter der Bremer Verwaltung an den Digitalprojekten des Stadtstaates. Geplant ist, dass bei voller Besetzung bis zu 20 Digitalisierungsspezialisten in der neuen Einrichtung ihren Arbeitsplatz haben werden.

(BS/Dr. Jan Engelke/Regina Welsch*) Methoden zur Strategieentwicklung gibt es in vielen Wirtschaftsbereichen seit Langem. Die meisten Konzepte zur strategischen Führung von Organisationen orientieren sich meist an den Bedürfnissen von Unternehmen. Ihre Entscheidungsmodelle basieren auf wirtschaftlichen Zielen und kommerziellem Erfolg. Bei der Entwicklung von Strategien in Politik und Verwaltung müssen andere Zielsysteme berücksichtigt werden. Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung zielt nicht nur auf Erhöhung der Effizienz durch moderne Technologien, sondern muss auch die Frage beantworten, wie neue Technologien zur gesellschaftlichen Entwicklung beitragen.

Das Vorgehen ist grundsätzlich anwendbar auf Organisationen verschiedener Größe von kompletten Ressorts bis zu einzelnen Behörden, daher wird im Folgenden der Begriff “Organisation” verwendet.

Phase 1: Klärung strategischer Grundlagen

Jede Organisation wird zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gegründet. In dieser Phase des Strategieprozesses muss eine Organisation hinterfragen, auf welcher Grundlage sie geschaffen wurde, welchen Zweck sie ursprünglich und in Zukunft erfüllen soll. Vor allem Organisationen in der öffentlichen Verwaltung müssen diese Frage beantworten, da sie in der Regel nicht durch unternehmerische, sondern durch gesetzliche Entscheidungen gegründet werden. Der angestrebte Betrachtungshorizont ist ein weiterer zentraler

Parameter für die weiteren Schritte der Digitalisierungsstrategie.

Ergebnis: Leitbild der Organisation (Mission); Wohin soll sich die Organisation im Betrachtungshorizont entwickeln (Vision)?

Phase 2: Definition der eigenen Leistungen

Die Konkretisierung des Zwecks einer Organisation zeigt sich in den Leistungen, die sie für ihre Kunden erbringt. Organisationen der öffentlichen Verwaltung erbringen in der Regel Verwaltungsdienstleistungen, deren Inhalt und Zielgruppe gesetzlich geregelt sind, im Falle von Kommunen allerdings auch freiwillige Leistungen. Für eine Digitalisierungsstrategie muss eine Organisation kritisch hinterfragen, welche Leistungen sie für wen in Zukunft erbringen muss bzw. will.

Ergebnis: Beschreibung der Verwaltungsdienstleistungen und Zielgruppen.

Phase 3: Analyse des eigenen Umfeldstegischer Ziele muss eine Organisation ihre eigenen Fähigkeiten, Stärken und Schwächen kennen. Ein wesentliches Element der eigenen Fähigkeiten ist der bisherige digitale Reifegrad der eigenen Organisation. Rahmenbedingungen sind alle Parameter, die der Organisation von außen vorgegeben sind und die sie nicht aber auch Rahmenbedingungen einer digitalen Transformation wie beispielsweise Ressortzuständigkeiten und Beteiligungsrechte der Beschäftigten. Die Anforderungen ergeben sich aus den Erwartungen der externen (z. B. Kunden. Politik) und internen (z. B. Beschäftigte) Stakeholder. Hierbei muss auch erhoben werden, welchen digitalen Reifegrad die Kunden und andere Organisationen haben, mit denen bei der eigenen Leistungserstellung zusammenbearbeitet wird.

Ergebnis: Beschreibung der eigenen Leistungsfähigkeit, externe und interne Anforderungen sowie Rahmenbedingungen.

Phase 4: Definition der strategischen Ziele

Auf Basis der Ergebnisse des bisherigen Strategieprozesses kann eine Organisation realistiDazu werden, ausgehend vom bisherigen Stand der Digitalisierung, die Handlungsfelder für

die weitere Einführung digitaler Techniken festgelegt. Für die verschiedenen Handlungsfelder werden Optionen erhoben und zu Szenarien zusammengefasst. Vor dem Hintergrund der beschriebenen Rahmenbedingungen und der Vision der Organisation werden die Szenarien bewertet und schließlich strategische Ziele für die Handlungsfelder festgelegt.

Ergebnis: Strategische Ziele für die Handlungsfelder der Digitalisierung.

Phase 5: Beschlussfassung zur strategischen Ausrichtung

Strategische Ziele können nur dann Wirkung entfalten, wenn die Leitung der Organisation und die Beschäftigten von den Zielen überzeugt sind und den Prozess zur Umsetzung mittragen. Die Digitalisierung hat so weitreichende Auswirkungen auf eine Organisation, dass die Kommunikation der Ziele und das Mitnehmen der Menschen entscheidend für den Erfolg ist.

Ergebnis: Commitment der Organisation zu den strategischen Zielen.

Phase 6: Planung und Steuerung der Umsetzung

Die strategischen Ziele für die verschiedenen Handlungsfelder werden im Rahmen operativer Projekte umgesetzt. Je nach Organisation können dies die Einführung einer E-Akte, die Veränderung der Organisation oder die Einführung neuer Schnitt-

stellen zur Kommunikation mit der Zielgruppe sein. Im Rahmen der Programmplanung wird die Umsetzung der verschiedenen strategischen Ziele zeitlich konkretisiert.

Ergebnis: Programmplanung mit Meilensteinen zur Messung der Zielerreichung.

Bewährter Ansatz

Dieses Vorgehen bei der strategischen Planung von Digitalisierungsvorhaben muss im Einzelfall an die Größe der Organisation und den aktuellen Stand der Digitalisierung angepasst werden. Die Erfahrungen in bisherigen Projekten bei Bundes-, Landes und Kommunalbehörden zeigen, dass sich die systematische Vorgehensweise mit einem klar strukturierten Vorgehens-ergebnissen bewährt hat.

Interessierte haben die Möglichkeit, im Rahmen eines Seminars zum Thema “Digitalisierungsstrategie für die öffentliche Verwaltung” am 2. Juli 2019 in Berlin mehr über die Strategieberatung in der öffentlichen Verwaltung zu erfahren. Erfahrene Strategieberater der msg erläutern anhand von Beispielen das Vorgehensmodell und die dabei eingesetzten Methoden. Weitere Informationen zum Seminar und eine Anmeldemöglichkeit unter www. fuehrungskraefte-forum.de

*Dr. Jan Engelke berät die msgKunden aus dem Bereich der öffentlichen Verwaltung bei der Digitalisierung. Regina Welsch verantwortet die politische Kommunikation für die Branche Public Sector.

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 36 Informationstechnologie
SH Onlinezugangsgesetz
OZG
Tobias Goldschmidt ist Staatssekretär im Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein. Foto: BS/Frank Peter

KOMPETENZZENTRUM ÖFFENTLICHE IT (ÖFIT)

April 2019

Regelmäßige Themenseite in Kooperation mit:

beim Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme

Deutschland-Index zeigt Nachholbedarf beim E-Government

Mit dem Deutschland-Index der Digitalisierung 2019 veröffentlicht das Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) zum zweiten Mal ein Gesamtbild der Digitalisierung in Deutschland. Vor allem beim digitalen Gesamtangebot der Kommunen hat es in den vergangenen Jahren beachtliche Fortschritte gegeben. Angebot und Nutzung von Online-Verwaltungsleistungen kommen hingegen kaum voran.

Wo gibt es die meisten Glasfaseranschlüsse? Wie digital ist die Verwaltung in Sachsen im Vergleich zu Schleswig-Holstein? Und in welchem Bundesland werden am häufigsten Soziale Medien genutzt? Der Deutschland-Index der Digitalisierung 2019 zeigt Stand und Entwicklung der Digitalisierung auf Bundesland-Ebene. Anhand von rund 90 Kennzahlen in den Bereichen Infrastruktur, digitales Leben, Wirtschaft und Forschung, Bürgerservices und digitale Kommune werden Auswirkungen der Digitalisierung und regionale Unterschiede sichtbar gemacht. Neben frei zugänglichen Statistiken wurden hierfür erneut über 300 kommunale Webportale untersucht.

(Noch) kein Trend zu Glasfaser

Die digitale Infrastruktur ist die Voraussetzung für Teilhabe an digitalen Mög-

lichkeiten in Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft in einer zunehmend vernetzten Welt. Dadurch erhält sie auch politisch eine hohe Brisanz. Bei der digitalen Infrastruktur haben sich insbesondere die Bundesländer verbessert, deren Infrastrukturausbau bisher deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt lag. Dadurch kann im Vergleich zu 2017 die Kluft zwischen Spitzenreitern und Nachzüglern etwas geschlossen werden. Besonders die ostdeutschen Bundesländer können bei der Versorgung der Haushalte mit schnellen Breitbandanschlüssen einen überdurchschnittlichen Anstieg verzeichnen. In der Gesamtbetrachtung verfügen neben den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg vor allem Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein über eine gut ausgebaute digitale Infrastruktur. Bei einzelnen Teilbereichen trennen die Bundesländer jedoch Welten:

So stehen Glasfaseranschlüsse außerhalb von Hamburg (71 Prozent) und SchleswigHolstein (21 Prozent) im Schnitt nur weniger als fünf Prozent der Haushalte zur Verfügung. Dieser Anteil ist zudem in den letzten Jahren kaum gestiegen.

E-Government-Nutzung zum Teil

rückläufig

Die Spitzenreiter bei der Nutzung von E-Government-Angeboten sind Hamburg und Berlin: hier geben jeweils 60 Prozent der Bürger/-innen an, innerhalb der letzten zwölf Monate elektronisch mit Behörden interagiert zu haben, dicht gefolgt von Hessen, Bayern und RheinlandPfalz. Allerdings werden dabei nur selten ausgefüllte Formulare elektronisch an

Elektronische Behördenkontakte in den letzten zwölf Monaten Grafik: BS/ÖFIT

die öffentliche Verwaltung übermittelt. Die Anteile in den Ländern schwanken zwischen zehn und 21 Prozent. Die Potenziale durchgängig, medienbruchfreier

Online-Verwaltungsleistungen werden somit bislang kaum genutzt. Zudem ist die E-GovernmentNutzung in einigen Bundesländern sogar rückläufig. Angesichts der Anstrengungen, die derzeit für die Digitalisierung der Verwaltung unternommen werden, ist diese Entwicklung alarmierend.

Online-Verwaltungsleistungen kommen nicht voran Die Kommunalverwaltungen konnten in den vergangenen zwei Jahren in verschiedenen Bereichen punkten. Besonders bei der HTTPS-Unterstützung der kommunalen Webportale ist eine starke Veränderung zu beobachten. Vor zwei Jahren konnte nicht einmal bei einem Drittel der untersuchten Webportale eine HTTPSVerbindung aufgebaut werden, jetzt sind es mehr als vier Fünftel. Die Anzahl der Kommunen mit einem Online-Anliegenmangement, auch als Mängelmelder be-

kannt, ist ebenso gestiegen. Vor zwei Jahren besaß knapp jede zweite Kommune ein solches System, gegenwärtig sind es rund zwei Drittel. Zentrale Herausforderung bleibt aber das geringe Angebot von Online-Verwaltungsdienstleistungen. Von fünf untersuchten Dienstleistungen werden im Schnitt nur 0,9 vollständig digital angeboten. Das sind gerade einmal 0,1 Punkte mehr als beim ersten Deutschland-Index vor zwei Jahren. 40 Prozent der Kommunen bieten keine einzige der untersuchten Verwaltungsdienstleistungen digital an. Mit rund 37 Prozent ist die Gewerbeanmeldung erneut am häufigsten online möglich, gefolgt von der Melderegisterauskunft in 31 Prozent der untersuchten Kommunen. Kfz-Anmeldung (15 Prozent), Bauantrag (zehn Prozent) und Wohngeldantrag (unter fünf Prozent) sind hingegen weit abgeschlagen. Um die Ziele des Onlinezugangsgesetzes zu erreichen, sind also noch beträchtliche Anstrengungen erforderlich. Die Gesamtbetrachtung der Digitalisierung der Kommunalverwaltungen zeigt, dass die Stadtstaaten – insbesondere Hamburg und Berlin – ihren Vorsprung im Vergleich zu 2017 weiter ausbauen konnten. Dahinter folgen Nordrhein-Westfalen und Brandenburg.

Den Deutschland-Index der Digitalisierung 2019 gibt es als interaktive Online-Version zum Ausprobieren und Vergleichen unter www.oeffentlicheit.de/digitalindex

Die vollständige Publikation mit allen Analysen lesen Sie unter: www.oeffentliche-it.de/publikationen

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 37 ÖFIT

Bereitstellung der Bundescloud

Zentrales Element für die Digitalisierung der Bundesverwaltung

(BS/Holger Lehmann*) Cloud Computing hat verschiedene Facetten und Einsatzmöglichkeiten. Eine Gemeinsamkeit haben sie jedoch alle: Sie versprechen Flexibilität, Wirtschaftlichkeit, Schnelligkeit und Standardisierung. Innerhalb der Bundesverwaltung steigt die Nachfrage nach CloudDiensten kontinuierlich an. Daraus entwickelte sich die Zielsetzung, im Rahmen der IT-Konsolidierung des Bundes ein sicheres Cloud-Angebot zu schaffen. Das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) wurde daher zu seiner Gründung Anfang 2016 beauftragt, die Bundescloud als private Cloud der Bundesverwaltung aufzubauen.

Auftraggeber ist das ressortübergreifende Projekt IT-Konsolidierung Bund. Mit dem Aufbau der Bundescloud geht eine konsequente Konsolidierung und Standardisierung einher. Damit legt die Bundescloud die Basis für eine moderne und wirtschaftliche IT des Bundes. Mittels der Cloudtechnologie werden den Kundenbehörden auf Grundlage einheitlicher Standards zur Verfügung gestellt. Diedig automatisierte Plattform, aufabgerufen werden können. Der Zugang erfolgt ausschließlich über die abgesicherten Netzecherheitsanforderungen wurden in enger Abstimmung mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) geplant und umgesetzt. Die Bundescloud muss sicherstellen, dass Bundesbehörden weiterhin ihre Daten entsprechend dem geforderten Schutzkönnen und die Daten unter derzu stehen dem ITZBund mehreredesrepublik Deutschland zur Ver-

Alle Services aus der Bundescloud sind nach einem ersten Onboarding der Kundenbehörden über ein SelfService-Portal mit verschiedenen Optionen abruf- und bestellbar.

fügung, an denen Cloud-Dienste bereitgestellt werden können. Im Unterschied zu zahlreiche kommerziellen Cloud-Lösungen außerhalb der rechtlichen Ein-publik Deutschland bleiben somit in den sicheren Rechenzentren des ITZBund. Es ist eines der herausragenden Ziele der ITKonsolidierung Bund, dass die werden. -

konnten durch das ITZBund beund decken die drei Cloud-Ser-

tauscht werden. Die Bundes-gung, Voraussetzung ist ein Netze-des-Bundes(NdB)-Anschluss.

Die BundescloudEntwicklungs-lierte, aufeinander abgestimmteces, die die gesamte Wertschöpfungskette der Softwareentwicklung unterstützen.

bieten die Möglichkeit, komplette Maschinen mit Betriebssystem, Speicher und den zugehörigen Netzwerkstrukturen automatisiert aus der Bundescloud zu erstellen und zu nutzen. Über -

teme bereitgestellt. Dieser Dienst soll insbesondere die Betriebskonsolidierung der Behörden im Rahmen der IT-Konsolidierung Bund unterstützen.

Die BundescloudLaufzeitum-

Digitale Assessments

Applikationen übernehmen die Kundenbehörden dabei selber.

rale Plattform für die Bereitstel-

Dr. Alfred Kranstedt, Direktor des Potenzial, um sich nachhaltig auch als Plattform für den Betrieb

etablieren. Die Ausrichtung der IT auf eine cloudbasierte Bereitstellung ist ein zentrales Element für für die Kundenbehörden liegen hierbei insbesondere in den sehr kurzen Bereitstellungszeiten der Das ressortübergreifende Projekt IT-Konsolidierung Bund und das ITZBund möchten in den die Nutzung der Bundescloud durch die Kunden in der Bun-

Teil der “Digitalen Agenda” bei Destatis (BS/Stefan Wondrak*) Das Statistische Bundesamt (Destatis) spricht nicht nur über Digitalisierung, es lässt Taten folgen. Mit Erstellung der Digitalen Agenda werden sogenannte “digitale Assessments” durchgeführt. Fünf Unternehmensstatistiken bildeten die Grundlage, um aktuelle Statistikprozesse abzubilden und Ideen für neue digitale Arbeitsabläufe zu entwickeln. Dadurch werden die ausgewählten Statistiken optimiert. Neue Standards können auf einen Großteil der rund 400 in Destatis geführten Statistiken übertragen werden, um eine medienbruchfreie, effiziente und fehlerfreie Verarbeitung der erhobenen Daten zu ermöglichen.

Bundesamt seine Digitale Agenda klares Zielbild und beschreibtrungsmaßnahmen. Sie bildet den strategischen Rahmen für den Prozess der digitalen Transformation. Dabei richtet sich diese ganzheitliche Transformation an den Bedürfnissen der Statistiknutzerinnen und -nutzer (KunKunden können durch maßgeschneiderte Angebote leichteren Zugang zu unseren Daten erhalbestmöglich unterstützt.

handelsstatistik, Kostenstrukturerhebung im Verarbeitenden Gewerbe, Verkehrsstatistik, Landwirtschaftsstatistik und Preisstatistik. Erkenntnisse aus digitalen Assessments

Daten in der Cloud gespeichert und ressortübergreifend ausge-

loud angeboten. Sie bietet eine Umgebung für das Ausführentionen (bspw. für die BereitstelDatenbank zur Speicherung Verantwortung des Betriebs der

zum Beispiel ein Datenbank-, ein Storage- und ein Container-

*Holger Lehmann ist Referatsleiter des Leitungsstabes des ITZBund

Um konkret in die Digitalisierung der Kernprozesse des Statistischen Bundesamtes einzufünf digitale Assessments statt. Ungeachtet aktueller Rahmenbedingungen wurde eine Checkliste erstellt, wie die Statistik im Idealfall ablaufen sollte und ob die jeweilige Statistik diese Idealob die Geheimhaltung der Daten automatisiert erfolgt oder ob für die Statistik bereits neue digitale Daten (z. B. mit Web Scraping) erhoben werden.

nehmensberatung die ersten beiden digitalen Assessments unterstützte, konnte für die wei-

bestand darin, festzustellen, welche Maßnahmen notwendig sind, digitalisierten Statistikprozess zu erreichen. Dabei sollten Syner-ken im Statistischen Bundesamt übertragen werden. -

tikproduktion in acht Prozesse für die digitalen Assessments

Im Rahmen der digitalen As-

Aufgabe, zu dokumentieren, wie Statistik derzeit ablaufen (IstProzesse), und zu diskutieren, wie die Prozesse zukünftig durch Standardisierung und Automatisierung optimiert werden können aktuellen Restriktionen.

gitalen Assessments in einigen Unternehmensstatistiken statt, in denen die Statistikproduktion Bundesamt erfolgt – den sogenannten zentralen Statistiken.

TERMINHINWEIS

Die Ist-Prozesse sind historisch gewachsen und funktionieren für die jeweiligen Statistiken gut.dardisierungs- und Automatisierungsgrad recht unterschiedlich, sodass noch Optimierungsbedarf besteht, um einen modernisierten Arbeitsablauf auf höchstmögerreichen. Ergebnis der digitalen Assessments waren Maßnahmen,zessen zu den Soll-Prozessen führen. Damit wird ein wesentlicher Input geliefert, um möglichst alle Unternehmensstatistiken in den Digitalisierungsprozess einzubinden. Dabei gilt es, möglichst zu nutzen. Viele der aus den digitalen Assessments entwickelten Maßnahmen lassen sich auch statistikübergreifend gewinnbringend einsetzen. Dazu gehösowie der Aufbau eines zentralen und ausgewerteten Daten innerhalb des Statistischen Bundesamtes. Ein weiteres Beispiel ist die automatisierte Plausibili(Machine Learning).

Wie geht es weiter?

Die digitalen Assessments haben einen umfassenden Einblick sowohl in den derzeitigen als auch in den zukünftigen Ablauf einer Unternehmensstatistik gegeben. Die Ergebnisse lassen sich Bundesamt selbst durchgeführ-nehmensstatistiken übertragen. Inzwischen werden auch für diedigkeitsbereich der jeweiligen digitale Assessments durchgeführt.

Einige Schritte auf dem digitalen es, Begonnenes konsequent zu Maßnahmen umzusetzen. So kann das Statistische Bundesamtrung nutzen, um seine Rolle als führender Informationsdienstweiter zu festigen.

*Stefan Wondrak arbeitet im Referat “Methoden der Qualitätssicherung, Digitale Agenda” beim Statistischen Bundesamt (Destatis).

“Destatis Digital” am 9. Mai in Berlintischen Bundesamt (Destatis)

digitaler Statistik und ihre Anwendungsmöglichkeiten beleuchsind das Pilotprojekt Web Scraping sowie Scannerdaten bei der Preisstatistik, digitale Prozessdaten aus der Lkw-Mauterhebung

als neuer Baustein der amtlichen Konjunkturstatistik, digitale Ernteberichterstattung (Projekte Sat-Agrar-Stat und Cop4Stat) sowie der Umgang mit Machine Learning im Statistischen Bundesamt. Begleitend werden beiDaten gezeigt. Eine Anmeldung ist unter: veranstaltungen-ipunkt@ destatis.de möglich.

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Behörden Spiegel / April 2019 Seite 38 Informationstechnologie
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“Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, Bürgern und Unternehmen den Zugang zu Verwaltungsdiensten und Informationen zu erleichtern”, so Sabine Smentek. Die Staatssekretärin in der Berliner Senatsverwaltung für Inneres ist für die Umsetzung des E-Government-Gesetzes in der Hauptstadt zuständig und legt die IT-Architektur und -Standards für die Landes- und Bezirksverwaltungen fest. Diese vergleichsweise weitgehende Kompetenz sei Ausdruck der hohen Priorität, die die Digitalisierung mittlerweile in Berlin habe. Das Gesetz enthält auch der E-Akte bis 2023. Dass das zu schaffen sei, hätten zu Beginn viele bezweifelt, so Smentek weiter. Der Plan stehe aber nach wie vor und sei auch umsetzbar, versicherte die Staatssekretärin im Rahmen des ersten “Berliner Executive Forums Digitalisierung der Verwaltung” des Behörden Spiegel. “Ich gehe davon aus, dass wir im Herbst eine Software ausgewählt haben werden und dann in die praktische Umsetzung gehen können.”

Zuversichtlich zeigte sich auch Ernst Bürger, Unterabteilungsleiter Verwaltungsdigitalisierung im Bundesinnenministerium (BMI), der einen Einblick in die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) gab. Entscheidend an dem Vorhaben sei für ihn die Signalwirkung. Es gebe ein gemeinsames Ziel, hinter dem sich Bund, Länder und Kommunen versammeln sollten und es gebe auch Geld und Stellen, um dieses Ziel voranzubringen, so Bürger. “Die Beteiligten sind mit echter Begeisterung dabei”, freute er sich. Das Versprechen, dass die Gestaltung der digitalen Verwaltungsleistungen aus Nutzersicht angegangen werde, sei nicht nur eine Sonntagsrede. In den Digitalisierungslaboren, in denen herausgehobene Dienste prototypisch gestaltet würden, seien Kunden immer beteiligt. “Bürger und Unternehmen werden nicht nur befragt oder

Mut zur Innovation

Digitalisieren mit dem Nutzer im Blick

(BS/Benjamin Stiebel) Die Digitalisierung hat in der öffentlichen Verwaltung derzeit viel Rückenwind. Politisches Engagement mündet in konkrete gesetzliche Anforderungen, wie bei E-Akte und Onlinezugangsgesetz. Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen scheint größer denn je. Gleichzeitig setzt sich ein neuer Servicegedanke durch: Das Nutzererlebnis wird zum Prüfstein für digitales Verwaltungshandeln. Modernisierung ist dabei nicht auf Technik zu reduzieren. Als Hauptaufgabe wird zunehmend der Wandel in den Strukturen und der Kultur identifiziert.

Diskutierten darüber, wie sich die Verwaltung innovativer, schneller und nutzerorientierter aufstellen kann: (v. l.) Prof. Andreas Rausch (Technische Universität Clausthal), Harald Joos (Rentenversicherung Bund), R. Uwe Proll (Behörden Spiegel, Moderation) Andreas Kiessling (Oracle).

BS/Stiebel

vor einen Klickdummy gesetzt, sondern sie arbeiten tatsächlich mit”, so der Unterabteilungsleiter. Das Feedback sei sehr gut. “Die Menschen sind tatsächlich

überrascht, mit ihren Bedürfnissen und Vorschlägen so ernst genommen zu werden.” Mit den Prototypen ende die Reise aber nicht. Es müsse noch die Umsetzung in produktive Services erfolgen. Hier werde es die Schwierigkeit sein, sich aufseiten der Länder auf eine oder zumindest einige wenige Lösungen zu einigen, um eine der Nutzer konsistente Verwaltungslandschaft zu entwickeln. Der Wille dazu sei tatsächlich erkennbar, sagte Bürger. “Einige Landesvertreter haben schon angeregt, die tolle Lösung, die bereits für das Wohngeld entwickelt wurde, für alle einheitlich umzusetzen.”

575 Dienstleistungen von Bund, Ländern und Kommunen sollen bis 2022 online angeboten werden. Mit dem gemeinsamen Ziel vor Augen entstehe mittlerweile sogar echte Begeisterung beim Thema Verwaltungsdigitalisierung, berichtete Ernst Bürger (BMI).

auf dem es sein sollte. Darüber waren sich die Teilnehmer des Executive Forums einig. Zwar funktioniere die Verwaltung zu 99 Prozent sehr gut, wie Andreas Kiessling, Senior Director Sales Public Sector bei Oracle, klarstellte. Allerdings verändere sich die Welt heute rasant. Und mit ihr die Erwartungen von Bürgern und Unternehmen einerseits und von den Mitarbeitern andererseits. “Neue Geschäftsmodelle entstehen aus dem Nichts und blasen die alte Welt einfach weg”, so Kiessling . In diesem dynamischen Umfeld könne die Verwaltung im Wettbewerb um kreative Köpfe nicht mithalten, wenn sie in alten Denkmustern und Abläufen gefangen bleibe. Kiessling: “Die jungen Talente

Mehr als bunte Räume

Die Zeichen stehen also derzeit gut für die Digitalisierung in der Verwaltung. Das ist aber auch bitter nötig, denn Deutschland ist längst nicht auf dem Stand,

GovBot und GovChat

Moderner Bürgerservice mit Bots und Messengern

(BS/Dr. Christian Knebel*) Der Gedanke, dass Künstliche Intelligenz (KI) für die Digitalisierung ein wichtiger Faktor ist, hat sich mittlerweile im Verwaltungskontext etabliert. Auf politischer sowie wissenschaftlicher Ebene diskutiert man häufig über abstrakte Strategien und technologische Entwicklungen. Seltener geht es jedoch darum, wie Bot-Systeme so eingesetzt werden können, dass ein echter Mehrwert für Bürger und Behörden entsteht.

KI-Technologien wie Chatbots werden einer der wichtigsten Faktoren für die gesellschaftliche, politische sowie wirtschaftliche Entwicklung darstellen.

So beschreibt es auch der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BitKom) in seiner Publikation “Künstliche Intelligenz – Wirtschaftliche Bedeutung, gesellschaftliche Herausforderungen, menschliche Verantwortung”. Laut des Positionspapiers kann Künstliche Intelligenz zudem nur dann gute Resultate erzielen, wenn die menschliche Urteilskraft in Rechnung gezogen wird.

Für Verwaltungen bieten KISysteme wie zum Beispiel der GovBot eine Möglichkeit, ihre Bürgerservices zu erweitern.

Dabei handelt es sich um einen Dialogassistenten für Behörden, der spezialisiertes Verwaltungswissen abbildet und Bürgern bei Prozessen hilft. Das Ziel ist jedoch nicht, den Mitarbeiter durch die Technologie zu ersetzen. Dieser sollte vielmehr bei seiner Arbeit unterstützt werden. Beim GovBot ist der Spagat zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz gelungen: Die Anwendung lässt sich an das Messenger-System GovChat anbinden. Dadurch ist es

möglich, eine Anfrage direkt an einen Mitarbeiter weiterzuleiten. Das Chatfenster muss dafür nicht geschlossen werden und der Bürger tauscht alle wichtigen Informationen direkt mit einem Mitarbeiter aus. Mensch und Maschine als perfekte Ergänzung

Der GovBot greift auf einen großen Wissensschatz zurück, der sich durch “Machine Learning” ständig weiterentwickelt. Die Möglichkeit, weitere Datenquellen über Schnittstellen anzubinden, macht ihn zu einem cleveren digitalen Helfer. Bürger haben jedoch individuelle Anliegen, die sich je nach Lebenssituation unterscheiden. Dann ist die Hilfe eines Mitarbeiters gefragt.

Die Verbindung von GovBot und GovChat macht es möglich, dass die Eigenschaften von Mensch und Maschine nahtlos ineinander übergehen. Das bestätigt auch die oben genannte Publikation. Mit vermehrtem KI-Einsatz wird es laut Bitkom umso wichtiger, dass Menschen komplexe Aufgaben übernehmen, wenn der Horizont einer Software überschritten wird. Beispielsweise in Situationen, bei denen Kreativität und das Denken außerhalb von ordinären Strukturen erforderlich sind.

Der Bot mit Stimme

Für Behörden ist es von Bedeutung, ihre Services an die Bedürfnisse des Bürgers anzupassen. Die Konversation mit dem GovBot ist deswegen nicht nur auf den schriftlichen Informationsaustausch beschränkt.

Das System kann auf Wunsch auch telefonisch erreichbar sein. Dadurch kann der Bürger per Spracheingabe mit dem Dialogassistenten kommunizieren. Diese Form der Spracherkennung hat sich bereits in vielen Bereichen des alltäglichen Lebens etabliert. Es ist davon auszugehen, dass Bürger auch Behördeninformationen zunehmend per Spracheingabe einholen möchten.

Sowohl die Verbindung von Bot und Chat sowie die Spracherkennung sind ideale Beispiele dafür, wie KI-Technologie im EGovernment gedacht werden sollte. Mit dem GovBot ist es möglich, einen digitalen Service zu bieten, der sich direkt am tatsächlichen Nutzerverhalten des Bürgers orientiert. Er bietet dafür nicht nur einen zeitgemäßen Kommunikationskanal, sondern eine echte Ergänzung für die Arbeit in der öffentlichen Verwaltung.

*Dr. Christian Knebel ist Geschäftsführer der publicplan GmbH.

wollen Dinge vorantreiben können.” Handlungsdruck entstehe außerdem, weil die Verwaltung als Dienstleister in vielen Bereichen hinter den Anforderungen und Erwartungen der Bürger und Unternehmen zurückstehe, die aus dem Privatleben und der Geschäftswelt ein völlig anderes Service-Niveau gewohnt seien. “Die Verwaltung hat viel Potenzial”, betonte Kiessling, “sie müsste nur weniger in Beschränkungen, sondern mehr in Chancen denken.” Als Nährboden für innovativeres Vorgehen müsse ein kultureller Wandel erfolgen. “Dafür braucht es aber mehr als ein paar buntgestrichene Räume mit Start-up-Flair”, so Kiessling weiter. Entscheidend sei, dass die Führung mit mehr Agilität und Innovationsfreude umgehen könne und wolle. “Das heißt, Dinge auszuprobieren, Risiken einzugehen und dann gegebenenfalls auch Sackgassen und Fehler zu ertragen.”

Projektleiter statt

Abteilungsleiter

So setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass Digitalisierung in erster Linie nicht als technische, sondern als organisatorische Herausforderung zu verstehen ist. “Digitalisierung spitzte es Harald Loos zu. Während früher die IT-Abteilung als eine für die Fachseite undurchsichtige Blackbox funktioniert habe, würden sich heute

auch Leitungs- und Fachpersonal sowie die politische Ebene m it technischen Themen wie Blockchain oder Künstlicher Intelligenz beschäftigen, so der Leiter der Abteilung Organisation und IT-Services bei der Deutschen Rentenversicherung Bund. “Die Fachabteilungen müssen aber auch entsprechend ertüchtigt werden.” Insgesamt müsse die horizontale Zusammenarbeit erleichtert werden. Joos: “Nur hierarchisch in getrennten Silos zu arbeiten, funktioniert nicht mehr. Viel lieber als 60 Abteilungsleiter wären mir 60 Projektleiter in der Behörde.” So könne es gelingen, aus klassischen Denkmustern auszubrechen und Services mit dem Nutzer im Blick zu überdenken. Für neue Ansätze in den Strukturen sprach sich auch Michael Bednar-Brandt, Head of Business Innovation bei Oracle NEXT, aus. “Die meisten Organisationen sind strukturell so aufgebaut, dass Innovationen gekillt werden, bevor sie Früchte tragen können.” Das Gefühl, ohnehin schon zu viele Aufgaben zu haben, in Verbindung mit der Scheu vor Risiken führe oft dazu, das gute Ideen im Sande verliefen. Dabei ließe sich Innovation leicht befördern, wenn man sie als Prozess mit klaren Schritten umsetze, so Bednar-Brandt weiter. “Zentral ist die Frage, wie ich die richtigen Leute zur richtigen Zeit zusammenbringen kann, um Innovationen schnell und erfolgreich umzusetzen.” Klarmachen müsse man sich, dass Chefs nur selten Innovatoren seien.

Bednar-Brandt rückt eher die “Leiter von etwas Kleinem” mit Nähe zur Praxis in den Fokus. “Viel Potenzial lässt sich freisetzen, wenn Sie gezielt Mitarbeiter zu bewusst Praktizierenden machen, die den Innovationsgedanken leben und sich nicht scheuen müssen, Ideen zu entwickeln.”

Seite 39 Behörden Spiegel / April 2019 Informationstechnologie
Fotos:

Nahezu täglich sind öffentliche Einrichtungen Cyber-Angriffen ausgesetzt, die Schwachstellen in Systemen und Anwendungen ausnutzen und zudem verstärkt die Verwaltungsbeschäftigten durch Methoden des Social Engineering in den Fokus ihrer Attacken stellen. Aus diesem Grund ist es unbedingt notwendig, dass Informationen über täglich neu erkannte Sicherheitslücken oder Gefährdungen gemeinschaftlich geteilt und geeignet kanalisiert werden. Die Leitlinie zur Informationssicherheit des IT-Planungsrates, die in der 28. Sitzung im März dieses Jahres in überarbeiteter Form neu verabschiedet wurde, stellt die gemeinsame Abwehr von ITAngriffen als ein Handlungsfeld erneut konsequent in den Fokus. Bereits auf Grundlage der Umsetzung der ursprünglichen Leitlinie wurden hierzu in den Ländern Computer Emergency Response Teams (CERTs) eingerichtet und der VerwaltungsCERT-Verbund (VCV) von Bund und Ländern ausgebaut. Unter

CERT-Betrieb im Schulterschluss

Länderkooperation mit Rheinland-Pfalz stärkt auch saarländische Kommunen

(BS/Prof. Dr. Ulli Meyer) Die Bedeutung von Informationssicherheit und Datenschutz nimmt mit Blick auf effizientes Verwaltungshandeln als Dienstleistung für die Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen stetig zu. Gerade vor dem Hintergrund der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes in Ländern und Kommunen und der fortschreitenden Digitalisierung der Verwaltung muss dem Thema Informationssicherheit und der Sensibilisierung und Information der Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter ein hoher Stellenwert eingeräumt werden.

einem CERT versteht man ein Team von Sicherheitsexperten und IT-Fachleuten, welches vor Sicherheitslücken warnt, Lösungsansätze bereitstellt und auch an der Eindämmung und Beseitigung von IT-Sicherheitsvorfällen mitarbeitet.

Gemeinschaftlicher CERTBetrieb

Das Saarland hat sich in Sachen CERT mit seinem Nachbarland Rheinland-Pfalz gemeinschaftlich aufgestellt. Bereits seit September 2015 kooperieren die beiden Länder auf dem Gebiet der Informationssicherheit auf Grundlage einer auf Ministerebene unterzeichneten Rahmenver-

einbarung. Darin festgeschrieben ist die Bereitstellung der Dienste des CERT RheinlandPfalz für das Saarland. Ergänzend regelt ein Maßnahmenvertrag zwischen den Leitern des Landesbetriebs für Daten und Information Rheinland-Pfalz (LDI) und dem IT-Dienstleistungszentrum Saarland (IT-DLZ) die detaillierten Vereinbarungen. Auf dieser Grundlage wurde 2016 das CERT Saarland mit Kopfstelle beim zentralen IT-Dienstleister

Schnell oder gründlich?

IT-Vorfälle zielgerichtet bearbeiten (BS/Benjamin Stiebel) Angriffe durch Cyber-Kriminelle, Datenklau durch Innentäter, Ausfall von Systemkomponenten oder fatale Fehlkonfigurationen: Wer IT-Systeme betreibt, tut gut daran, sich auf sicherheits- und betriebsrelevante Vorfälle gut vorzubereiten. Das erfordert Strategie, klare Verteilung von Kompetenzen und Festlegung der notwendigen Abläufe. Schwierig und nicht immer im Voraus zu entscheiden, ist die Frage, ob im Fall des Falles auf die schnellstmögliche Rückkehr zum “Business as usual” oder auf gründliche und gegebenenfalls beweissichere Untersuchung Wert gelegt wird.

Das Eintreten eines IT-Sicherheitsvorfalls ist weniger eine Frage der Wahrscheinlichkeit, sondern eher eine Frage der Zeit. Motive und Vorgehensweisen der Angreifer sind vielfältig und im ständigen Wandel. Die Zahl der Angriffe nimmt zu, gerade auch die der professionell und gezielt durchgeführten. Dazu kommen in komplexen IT-Architekturen die Risikofaktoren menschliches und technisches Versagen.

Egal ob eine Panne beim Ausrollen eines Updates oder die Verschlüsselung von Systemen durch Schadsoftware dahintersteckt: Wenn die IT steht, steht meist der Betrieb. Um dann gut reagieren zu können, Schäden zu minimieren und alsbald zur Tagesordnung zurückkehren zu können, braucht es einen Plan und geordnetes Vorgehen – ein Incident Response-Konzept. Die Idee ist klar: Wenn es zum Vorfall kommt, wissen im besten Fall alle relevanten Personen, was, wie und wann zu tun ist, wer informiert werden muss und wer welche Entscheidungen treffen kann und muss.

Was zunächst banal klingen mag, ist in der Praxis ein aufwendiges Unterfangen. Ein ordentliches Incident Response-Konzept einzuführen, kontinuierlich zu aktualisieren und fortzuentwickeln und im besten Fall auch noch regelmäßig zu üben, kostet Zeit und bindet Ressourcen. “Bei der Vorfallsbearbeitung erfolgt das Gros der Arbeit schon vor dem Vorfall”, betont Lubomir Stroetmann, Dozent der Cyber Akademie im Seminar “Incident Response – Wie reagiert man korrekt auf Sicherheitsvorfälle?”.

Herzstück des Unterfangens ist ein Basisplan, der bedarfsweise durch Playbooks ergänzt wird. Im Basisplan werden Rollen und Verantwortlichkeiten festgelegt, Abläufe und Eskalationsstufen für den Ernstfall beschrieben und wichtige Kontaktdaten, etwa zu relevanten Dienstleistern oder zu Strafverfolgungsbehörden, vorgehalten. Dieses Einmaleins der Incident Response ist allgemeingültig und auf alle sicherheitsrelevanten Vorfälle anwendbar. Bei den Playbooks handelt es sich um konkrete Checklistenpen von Incidents, die in der jeweiligen Organisation bereits

wahrscheinlich sind oder besonders gravierende Folgen haben könnten. Typische Szenarien dafür sind Phishing, Ransomware oder das Ausleiten von sensiblen Daten durch Innentäter. Anders als der grundständige Basisplan, der nur selten überarbeitet wird, sind die konkreten Playbooks

rität auf schnellstmögliche Rückkehr zum normalen Betrieb setzt, muss jedoch damit leben, dass dabei unter Umständen Beweise vernichtet werden, was die Aufklärung einer Straftat erschwert. Außerdem läuft man Gef ahr, nicht alle Systeme erfolgreich zu bereinigen und Schwachstellen zu übersehen. In einigen Fällen kann daher eine IT-Forensik

Prof. Dr. Ulli Meyer ist Staatssekretär im saarländischen Ministerium für Finanzen und Europa und CIO des Saarlandes. Foto: BS/Saarländisches Ministerium für Finanzen und Europa

IT-DLZ für die Landesverwaltung eingerichtet. Auf Ebene der Landesverwaltung lässt sich auf über drei Jahre der erfolgreichen Zusammenarbeit mit dem CERT Rheinland-Pfalz zurückblicken.

Der Zugewinn an Sicherheit in der Informationstechnik durch die durch das CERT bereitgestellten Informationen wurde nun auch auf die saarländischen Kommunen ausgeweitet, welche im Zweckverband “Elektronische Verwaltung für saarländische Kommunen – eGo-Saar” zentral organisiert sind. Analog zum CERT Saarland wird derzeit ein CERT Saarland kommunal mit Kopfstelle beim eGo-Saar einge-

richtet. Durch die gemeinsame Nutzung werden Synergieeffekte erzielt, gleichzeitig ersparen sich die Kommunen einen erheblichen Zeit- und Geldaufwand.

Ziel der Einrichtung des CERT S aarland kommunal ist eine adressatenorientierte Meldung von und Warnung vor Sicherheitslücken durch und an die einzelnen Kommunen über den Zweckverband eGo-Saar. Den Kommunen wird damit eine zentrale Meldestelle zugeteilt, direkter Zugriff auf wichtige tagesaktuelle Informationen zu Schwachstellen und Bedrohungen gewährt und die Möglichkeit gegeben, sich durch die Bereitstellung von Empfehlungen und Lösungsansätzen besser vor bestehenden B edrohungen und Gefahren schützen zu können.

Verwaltung wird in die Pflicht genommen

Die Landesregierung hat vor kurzem den Entwurf eines Informationssicherheitsgesetzes für das Saarland in den Landtag eingebracht. Der Entwurf sieht vor, dass alle Behörden

und öffentlichen Institutionen des Saarlandes inklusive der Kommunen und kommunalen Gebietskörperschaften zur Gewährleistung von InformationsDies umfasst die Umsetzung von IT-Sicherheitskonzepten, aberdung von Sicherheitsvorfällen in den CERT-Verbund. Vor diesem Hintergrund kommen auf die Kommunen neue Herausforderungen und ressourcenintensive Aufgaben zu. Die Landesregierung unterstützt die Kommunen bei der Erfüllung dieser Anforderungen zum einen durch die Initiierung der CERT-Anbindung. Zum anderen wurde bereits im letzten Jahr ein Programm aufgelegt, welches die Kommunen bei der Einführung von Informationssicherheitsmanagementsystemen und der Umsetzung von IT-Sicherheitskonzepten durch die Gewährung von Bedarfszuweisungen in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden unterstützt.

Die Länder Rheinland-Pfalz und Verzahnung der CERTs zudem in vielfältiger Weise. Vor dem Hintergrund zahlreicher bestehender IT-Kooperationen beider Länder u. a. im steuerlichen und polizeilichen Bereich bietet die CERTKooperation Möglichkeiten, sich vor Cyber-Angriffen durch den direkten Austausch gemeinsam zu schützen und im Bedarfsfall angemessen zu reagieren.

Durchgreifen im Darknet

Bund und Länder wollen härtere Strafen für Betreiber illegaler Dienste (BS/stb) Der Bundesrat hat einen Gesetzesentwurf beschlossen, der Ermittlungsbehörden das Vorgehen gegen Betreiber illegaler Handelsplattformen im Darknet erleichtern soll. Dazu soll unter anderem ein neuer Straftatbestand eingeführt werden. Während noch über die Notwendigkeit diskutiert wird, sieht es so aus, als könnte die Bundesregierung dem Vorstoß der Länderkammer mit einem eigenen Regelungsvorschlag im IT-Sicherheitsgesetz 2.0 vorauskommen.

Einer der wichtigsten Schritte im Incident Response-Prozess ist die Vorfallserfassung. Die erste Anlaufstelle, zum Beispiel der Helpdesk, sollte alle relevanten Informationen anhand einer Checkliste abfragen. Wann ist was bei welchen Systemen aufgetreten? Wer hat das festgestellt und wer meldet? In welchem Zuund was ist bereits unternommen worden? Schon mit Beginn des Prozesses müssen auch die Rahmenbedingungen geschaffen werden, um eine IT-Forensik, also die technische Analyse des Vorfalls, zu ermöglichen. Dazu gehört es, mit Schadcode befallene Rechner entgegen dem naheliegenden Impuls nicht abzuschalten. “Moder-cher”, warnt Stroetmann. “Durch das Abschalten verwischen Sie Spuren, die für die Bereinigung oder auch Strafverfolgung wichtig sein könnten.” Um eine wurmartige Verbreitung von Malware zu verhindern, reiche es, die Netzverbindung zu trennen, so der Experte.

Der Incident Response-Prozess zielt für gewöhnlich auf eine schnelle Wiederherstellung betroffener Systeme. Wer die Prio-

geraten sein. Der Haken: “Das juristisch sichere Vorgehen bei der IT-Forensik ist aufwendig und sehr zeitintensiv.” So müsse man alle relevanten Daten beweisfest kopieren, bevor man sie untersuchen könne, so Stroetmann. Jeder Schritt sei sauber und genau zu dokumentieren und ständig das Vier-Augen-Prinzip einzuhalten. Dazu komme, dass eine tiefgehende Analyse von Netzverkehr, Festplatten und anderen Speichern sowie Schadsoftware jeweils Spezialisten erfordere. Dementsprechend sei IT-Forensik in der Regel nur durch externe Teams leistbar. Wer sich diese Option offenhalten will, sollte auch hier vorausschauen und bereits im Vorfeld geeignete Rahmenbedingungen klären. Die Entscheidung, ob bei der Incident Response schnell oder gründlich vorgegangen werden soll, hängt vom Einzelfall ab. So oder so muss der Ablauf aber klar sein.

Das Seminar “Incident Respondas nächste Mal am 24. und 25. September in Bonn statt. Weitere Informationen und Anmeldung unter www.cyber-akademie.de, Suchwort “Incident”.

Der auf Initiative NordrheinWestfalens erarbeitete Entwurf des Bundesrates sieht vor, einen eigenen Straftatbestand § 126a im Strafgesetzbuch (StGB) einzuführen. Damit wäre das Angebot von Dienstleistungen im Internet strafbar, wenn diese darauf ausgerichtet sind, Straftaten wie das Verbreiten von Drogen, Waffenlichen. Voraussetzung ist, dass der Zugang zum Dienst durch besondere technische Vorkehrungen beschränkt ist – wie bei den nur über das Tor-Netzwerk erreichbaren Hidden Services (siehe Behörden Spiegel März 2019, Seite 35). Betreibern sollen Freiheitsstrafen von ein bis drei Jahren drohen. Begründet wird der Vorstoß damit, dass die geltende Rechtslage keine ausreichende strafrechtliche Handhabe gegen Schwarzmärkte und Tauschforen für illegale Güter biete. Das sehen aber nicht alle so. “Die Verhaltensweisen, um die es den Verfassern des Gesetzesentwurfs geht,

sind typischerweise bereits heute strafbar – als Beihilfehandlungen zu den eigentlichen Straftaten”, gibt Ulf Buermeyer, Richter am Landgericht Berlin, zu bedenken. Ähnlich sieht es Prof. Matthias Bäcker, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Informationsrecht an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz: “Dieser neue Straftatbestand – wenn er denn kommt – wird wahrscheinlich kaum je zu Verurteilungen führen, die sonst nicht möglich wären” Seine Bedeutung liege voraussichtlich eher darin, dass die Strafverfolgungsbehörden eingriffsintensivere Überwachungsmaßnahmen durchführen könnten.

Neue Befugnisse angedacht Tatsächlich soll nach Willen des Bundesrates die Telekommunikationsüberwachung beim Verdacht auf gewerbsmäßigen Betrieb von illegalen Diensten möglich werden. Außerdem sollen Strafverfolgungsbehörden von Postdienstleistern Auskünfte

über beauftragte Sendungen einholen können. Bisher ist das nicht zulässig. Insbesondere im Darknet anberaumte Drogengeschäfte werden in der Regel über Postversand abgewickelt – ein Anknüpfungspunkt für Ermittlungen, weil das illegale Geschehen hier nicht mehr nur Einen inhaltlich ähnlichen Regelungsvorschlag will dem Vernehmen nach das Bundesinnenministerium (BMI) mit dem IT-Sicherheitsgesetz 2.0 vorbringen. Auch hier ist es Ziel, einen neuen Straftatbestand für das Betreiben von Darknet-Märkten einzuführen und Ermittlungsbefugnisse zu erweitern. Außerdem soll das unbefugte Eindringen in fremde IT-Systeme belangt werden können. Bisher sind explizit das Ausspähen und Verändern von Daten sowie die Vorbereitung dieser Taten strafbar. Das IT-Siderzeit in der Ressortabstimmung und soll nach Vorstellung des BMI noch 2019 in Kraft treten.

Anforderungen an KI formuliert

Datenschützer fordern Transparenz (BS/stb) Die Datenschutzkonferenz hat in ihrer “Hambacher Erklärung” Anforderungen an den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) definiert. Demnach müssten die Grundsätze von Datensparsamkeit und Zweckbindung gewahrt bleiben. Entscheidungen und Ergebnisse von KI-Systemen sollen nachvollziehbar und anfechtbar sein.

Mit ihrer “Hambacher Erklärung” lehnt sich die Datenschutzkonferenz bewusst an die auf dem Hambacher Fest 1832 erhobenen Forderungen nach Demokratie und Freiheit an. KI müsse den Grundrechten des Menschen dienen, so das Ergebnis des Treffens auf dem Hambacher Schloss. “Die Menschenwürde und das in ihr verankerte Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung müssen auch bei der Nutzung solcher Systeme Maßstab unse-

res Handelns bleiben”, fasst der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber zusammen. Konkret sind ein hohes Maß an Transparenz und Nachvollziehbarkeit maschinengesteuerter Entscheidungen gefordert. Verantwortlichkeiten müssten klar zugeordnet und Diskriminierung durch undurchsichtige Algorithmen verhindert werden. KI dürfe Menschen nicht zum Objekt machen. Das Eingreifen einer Person und die Anfechtung der maschi-

nell getroffenen Entscheidungen müsse stets möglich sein. Beim Einsatz von KI dürften außerdem die Grundsätze der Datenminimierung und der Zweckbindung missachtet werden. (Zu KI in der Praxis siehe Seite 33 in dieser Ausgabe.)

Die Konferenz setzte sich außerdem mit dem Thema Doxxing auseinander und diskutierte Anforderungen zur Zugangssicherung an Anbieter von OnlineDiensten.

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 40 IT – Sicherheit
Genauso wie für den Brandfall müssen Behörden und Unternehmen heute auch für den IT-Notfall gerüstet sein. Foto:BS/ ©Stockwerk-Fotodesign

Digitaler Persönlichkeitsschutz im Privaten

Sicherheit von vornherein mitdenken

(BS/Arne Schönbohm) Die Digitalisierung ist ein großes Versprechen nicht nur für die Wirtschaft. Sie bietet ökonomische Chancen, Effizienzvorteile und kann uns allen im Beruflichen wie Privaten den Alltag erleichtern. Klar ist aber auch, dass sie uns als Gesellschaft und unser Wirtschaftssystem verwundbarer macht. Als die nationale Cyber-Sicherheitsbehörde hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in vergangenen Jahren eine neue Qualität an Cyber-Angriffen festgestellt. Nicht nur hat sich die Angriffsfläche durch die fortschreitende Vernetzung vergrößert, auch die Art der Angriffe und die ausgewählten Ziele heben die Gefährdungslage auf ein neues Niveau.

Ein wichtiges wie aktuelles Thema ist dabei der Identitätsdiebstahl. So wird die Schadsoftware-Kampagne Emotet künftig noch ausgefeilteren CEO-Fraud und gefährliche Phishing- und Spam-Mails ermöglichen. Das Auslesen von Kontaktbeziehungen und die Möglichkeit, auf das Opfer angepasste Schadsoftware wie Ransomware oder BankingTrojaner nachzuladen, machen Emotet zu einer ernsten Bedrohung, die bereits Ende 2018 für Millionenschäden in deutschen Unternehmen gesorgt hat. Anfang Januar hat “PolitLeak” das Potenzial offenbart, durch die Veröffentlichung persönlicher Daten von Politikern den demokratischen Prozess in Deutschland zu stören. Nur wenige Tage später ist mit “#Collection1” eine der bis dahin größten Sammlungen personenbezogener Daten veröffentlicht worden.

Digitale Identitäten als Handelsgut

All dies verdeutlicht eines: Persönliche und personenbezogene Daten stehen mehr denn je im Fokus von Cyber-Angriffen. Studien zufolge verdient die Organisierte Kriminalität seit 2009 mehr Geld durch Cyber-Angriffe als durch den Drogenhandel. Wichtiges “Handelsgut” dabei: persönliche Daten und digitale Identitäten von Millionen von Menschen. Sie sind wertvolles Diebesgut für Cyber-Kriminelle, die sie ganz gezielt für ihre Zwecke einsetzen können. Diese Daten müssen daher als besonders schützenswertes Gut eines jeden Einzelnen betrachtet werden. Dabei stehen einerseits die Anbieter von Online-Dienstleistungen in der Verantwortung, die von ihnen gesammelten und durch sie gespeicherten Daten vor dem Zugriff unbefugter Dritter zu schützen. Dazu hat die Datenschutzgrundverordnung

Arne Schönbohm ist Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik.

Foto: BS/Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik

bereits einen wertvollen Beitrag geleistet und wird künftig ihre Wirkung weiter entfalten. Als weiteres Sicherheitselement steht der elektronische Personalausweis für eine sichere Nutzer-Authentisierung bereit. Die Diensteanbieter sind aufgefordert, diese sichere und mit modernen Smartphones kompatible Lösung endlich zum Standard zu machen. Cyber-Sicherheit muss und wird zu einem entscheidenden Verkaufsargument werden, davon sind wir überzeugt.

Andererseits ist aber auch jede Nutzerin und jeder Nutzer mitverantwortlich für die Sicherheit der eigenen Daten. Sie sollten grundsätzlich sparsam mit ihren Daten umgehen, Online-Diensteanbieter sorgfältig auswählen und ihre Online-Accounts mit starken Passwörtern und idealerweise auch mit einer ZweiFaktor-Authentisierung schützen. Viele hilfreiche Hinweise und Empfehlungen zum Schutz der eigenen digitalen Identität stellen wir auch unter www.bsifuer-buerger.de bereit. Das neue “made in Germany” in der Digitalisierung

Klar ist: Deutschland als Wirtschafts- und Innovationsstandort muss Vorreiter einer Digitalisierung sein, die Absicherungen von vornherein mitdenkt: Informationssicherheit ist das neue “made in Germany” in der Digitalisierung. Dies in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft zu gestalten, ist und bleibt Aufgabe des BSI. Im aktuellen Koalitions-

Mehr auf dem BSI-Kongress 2019

(BS) Die Umsetzung von Security by Design und sicheren digitalen Identitäten ist auch eines der Schwerpunktthemen auf dem 16. Deutschen ITSicherheitskongress, den das BSI vom 21. bis 23. Mai in der Stadthalle Godesberg in Bonn ausrichtet. Die im zweijährigen Turnus stattfindende Veranstaltung beleuchtet die IT-Sicherheit aus unter-

Gegen Desinformation gewappnet

Spanische Regierung hält ausländische Einmischung für möglich (BS/iga) Am 28. April wird in Spanien gewählt. Und angesichts der letzten Desinformationskampagne beim katalanischen Unabhängigkeitsreferendum im Oktober 2017 geht die spanische Regierung davon aus, dass auch bei der kommenden landesweiten Wahl Falschnachrichten in Sozialen Netzwerken verbreitet werden könnten. Aus diesem Grund hat das Innenministerium einen Aktionsplan erarbeitet, der konkrete Maßnahmen gegen Wahlmanipulation beinhaltet.

vertrag sind dem BSI weitere wichtige Aufgaben wie zum Beispiel der digitale Verbraucherschutz und der Ausbau der Beratung für die Wirtschaft zugewiesen worden.

Auch die Zusammenarbeit mit den Ländern haben wir ausgebaut und intensiviert.

Übergeordnetes Ziel ist es dabei, ein einheitliches IT-Sicherheitsniveau zu schaffen, das angesichts der fortschreitenden Digitalisierung der Verwaltung und einer zunehmenden Vernetzung von IT-Strukturen zwischen Bund und Ländern stetig an Bedeutung gewinnt. Mit neun Bundesländern hat das BSI bereits Absichtserklärungen für eine intensivere Zusammenarbeit unterzeichnet. So sollen den Ländern perspektivisch die gleichen Produkte angeboten werden, die sich im Bund bereits bewährt haben. Hierdurch sollen Doppelstrukturen vermieden und die Ressourcen bei Bund und LänDigitalisierung, zunehmende Vernetzung und die extrem hohe Innovationsgeschwindigkeit sind ein Dreiklang, der sich ohne Informationssicherheit zu einem Misston entwickeln wird. Daher ist es umso wichtiger, dass es auch in Zukunft für das Thema Informationssicherheit einen zentralen Ansprechpartner für Behörden, Unternehmen und Gesellschaft gibt: die nationale Cyber-Sicherheitsbehörde, das BSI. Aus diesem Selbstverständnis heraus gestalten wir auch in Zukunft die Informationssicherheit in der Digitalisierung für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. So wird Digitalisierung made in Germany ein Erfolgsmodell mit Vorbildcharakter für die internationale Gemeinschaft.

schiedlichen Blickwinkeln und gibt den Teilnehmern Gelegenheit, über aktuelle Lösungsansätze sowie nationale und internationale Entwicklungen zu diskutieren. Weitere Informationen und eine Anmeldemöglichkeit stehen auf der Webseite des BSI im Servicebereich zur Verfügung (www.bsi.bund.de).

Energieversorger und andere Kritische Infrastrukturen besser schützen

von Jan Lindner, Vice President Northern Continental Europe bei Panda Security

In unserer vernetzten Umgebung sind wir stark von alltagsrelevanten Dienstleistungen wie Stromversorgung, Internet und Co. abhängig. Was passiert beispielsweise, wenn die Energieversorgung ausfällt? In Berlin-Köpenick mussten kürzlich 34.000 Haushalte 30 Stunden ohne Strom auskommen. Problematisch waren vor allem die Kommunikationsprobleme durch den Ausfall von Telefon und Internet bei der Koordination aller Maßnahmen sowie die medizinische Versorgung.

Im Berliner Fall hat ein Bauarbeiter den Blackout verursacht, doch auch ein Cyber-Angriff könnte die Stromversorgung lahmlegen. So wie in der Ukraine im Dezember 2015, als eine gezielte, koordinierte Cyber-Atta-

cke auf das nationale Elektrizitätsnetz 600.000 Haushalte von der Stromversorgung abschnitt. Erst kürzlich warnte das Bundesamt für Verfassungsschutz davor, dass Hacker gezielt deutsche Energieversorger attackieren. Kurz darauf bewies eine TV-Redaktion, dass von ihnen beauftragte IT-Spezialisten einen kleinen Energieversorger innerhalb einer Woche unter ihre Kontrolle bringen konnten. Und auch wir von Panda Security haben bereits in Testumgebungen Angriffe auf Energieversorger nachweisen und verhindern können. Gerade kleine Energieunternehmen sprechen davon, dass ihnen die Ressourcen fehlen, um IT-Sicherheit zu garantieren. Eine Ausrede, die gerade

Damals, am 1. Oktober 2017, dem Referendumstag, kam es mehrmals zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen den Demonstranten und der Polizei, die den Auftrag hatte, das Referendum zu verhindern. Bilder von blutenden Demonstranten wurden im Laufe des Tages auf Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter tausendfach geteilt. Doch es stellte sich heraus, dass die große Mehrheit der geteilten Fotos aus anderen Demonstrationen stammte, die nichts mit der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung zu tun hatten. Laut der spanischen Zeitung El País hätten viele, der russischen Regierung nahestehende der Durchführung des Referendums ihre Aktivität auf der Plattform beträchtlich verstärkt. In ihren Beiträgen befürworteten sie die Unabhängigkeit Kataloniens und kritisierten die “Unterdrückung der spanischen Zentralregierung”. Einer dieser

anonymen Nutzer, @WillyClicks mit 23.000 Twitter-Followern, schrieb Folgendes auf der Plattform: “Franco ist tot. Spanien ist ein gescheiterter Staat. Verschiebt nicht seine Aufspaltung. Lass uns die Katalanen unterstützen.”

Beweislage eindeutig Ein vom US-Senat im Januar vergangenen Jahres veröffentlichter Bericht bestätigt, dass der Kreml eine Desinformationskampagne in Katalonien geführt hatte. Auch die EU hat sich mit diesem Thema auseinandergesetzt. Im Aktionsplan gegen Desinformation der Europäischen Kommission vom Dezember letzten Jahres ist folgendes zu lesen: “Es ist erwiesen, dass ausländische staatliche Akteure zunehmend Desinformationsstrategien einsetzen, um gesellschaftliche Debattengen herbeizuführen. Was die externen Akteure betrifft, so gibt es im Falle der Russischen

Föderation eine recht eindeutige Beweislage.” Vor diesem Hintergrund sieht die spanische Zentralregierung das Risiko einer Desinformationskampagne, die bei der Wahl am 28. April den Willen der WähAktionsplan des Innenministeriums warnt darüber hinaus vor Cyber-Angriffen auf die Webseiten der politischen Parteien. Es besteht aber auch das Risiko eines Angriffs auf das technische System zur Stimmenauszählung. In Spanien werden die Stimmen aber auch manuell ausgezählt. Um die Verbreitung von Falschnachrichten in Sozialen Netzwerken zu verhindern, werden hundert Polizisten und einige Experten vom Nationalen Zentrum für den Schutz Kritischer Infrastrukturen und Cyber-Sicherheit (CNPIC) in den Plattformen nach solchen Inhalten suchen. Sie werden darüber hinaus im Deep Web nach Indizien möglicher Cyber-Angriffe suchen.

in diesem sensiblen Bereich nicht zulässig ist. Denn es sind fortschrittliche Lösungen auf dem Markt, die neben aktuellen Bedrohungen und gezielten Angriffen auch ungewöhnliches oder verdächtiges Verhalten erkennen. Sie analysieren, kategorisieren und gleichen alle Daten ab, um Präventions-, Erkennungs-, Bereinigungs- und Wi ederherstellungsaufgaben auszuführen. Zudem stellen sie die notwendigen Informationen zur Verfügung, damit Sicherheitsbeauftragte schnell auf Bedrohungen reagieren und Gegenmaßnahmen ergreifen können. So bedarf es auch keiner zusätzlichen Personalressourcen.

Ihr Jan Lindner

Seite 41 Behörden Spiegel / April 2019
IT-Sicherheit
In Spanien nehmen Polizisten und Cyber-Sicherheitsexperten Soziale Medien unter die Lupe, um die Verbreitung von Falschnachrichten zu verhindern. Foto: BS/©kelifamily

Behörden Spiegel: Wie kann sich die öffentliche Verwaltung gegen die Gefahren im CyberRaum wappnen? Was können insbesondere kleinere Behörden und Kommunen angesichts knapper Ressourcen und eines stark umkämpften Marktes für IT-Spezialisten tun?

Lindner: Ich glaube nicht, dass zum Beispiel jeder Bürgermeister in der Lage ist, die technologischen Möglichkeiten, die sich ja auch ganz schnell ändern, selbst oder mit Mitarbeitern, die er dafür anstellen kann, zu eruieren. Hier ist natürlich eine enge Zusammenarbeit gefragt, einerseits mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Andererseits wünschen wir als Hersteller uns natürlich auch eine etwas bessere und schnellere Zusammenarbeit.

Das BSI tut einiges mit Blick auf die Sicherheit der IT-Infrastrukturen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. So veröffentlicht die Behörde Standards und Richtlinien und vieles mehr, allen voran natürlich den IT-Grundschutz.

Das reicht aber noch nicht ganz aus. Es fehlen noch die letzten fünf Prozent und hier würden wir uns gerne einbringen. Unabhängig davon, ob die Technologie nun von Panda kommt oder nicht – der technologisch mögliche Schutzlevel wird im öffentlichen Bereich noch nicht umgesetzt. Man kann sich dazu beraten lassen, nicht nur vom BSI, sondern auch von vielen Dienstleistern. Letztlich kann man sich aber einen gewissen Einsatz von Zeit und Ressourcen nicht ersparen. Wenn man sich regelmäßig mit den technologischen Top-Fiveoder Top-Ten-Produkten beschäftigt, bekommt man aber schnell eine Übersicht, was technisch überhaupt geht. Ich glaube dann kann man schon eine Lösung herrscht, deutlich übersteigt.

Behörden Spiegel: Sie hatten den schnellen technologischen Wandel angesprochen. Wie kann man da angesichts komplexer Beschaffungsprozesse mithalten?

Lindner: Das ist eines der grundlegenden Probleme. Die Gefahr besteht, dass Entscheidungen erst Jahre, nachdem man begonnen hat, sich mit einer Technologie auseinanderzusetzen, getroffen werden können. Dann schaffen wir ein Produkt

SAVE THE DATE

Die letzten fünf Prozent

Verwaltung erreicht technologisch möglichen Schutzlevel noch nicht

(BS) Beim Schutz der IT-Systeme hat sich in der öffentlichen Verwaltung in den letzten Jahren viel getan. Noch bleiben viele Behörden aber hinter ihren Möglichkeiten zurück, findet Jan Lindner, Vice President Northern Continental Europe beim spanischen Anbieter von Cyber-Sicherheitsprodukten, Panda Security. Im Behörden Spiegel-Interview mit Benjamin Stiebel spricht Lindner über aktuelle Knackpunkte beim Schutz vor CyberAngriffen, über Hürden bei der Beschaffung von neuen Schutztechnologien und über Vertrauen und Kontrolle beim Einsatz von IT-Komponenten amerikanischer und asiatischer Hersteller.

an, dass gar nicht State of the Art ist. Darauf gibt es aber keine einfache Antwort. Denn auf der anderen Seite haben sich diese durchdachten Wege der Beschaffung in vielen Bereichen bewährt. Trotzdem ist gerade die IT-Security dadurch getrieben, dass Angreifer immer wieder neue Angriffsszenarien entwickeln, auf die es neue Antworten geben muss. Es wird sich viel zu wenig mit der Beschaffungsproblematik auseinandergesetzt. Die Politik muss verstehen, dass es sich um ein ganz grundlegendes Problem handelt und wir eine Speziallösung in dem Bereich brauchen, die sich eben von den Standardbeschaffungswegen unterscheidet. Um Digitalisierung möglich zu machen, brauchen wir dringend Beschleunigung.

Behörden Spiegel: Wenn der Staat Digitalisierung vorantreiben will, kann sich auf der anderen Seite die IT-Sicherheit auch als Bremsklotz erweisen, oder? Man denke an den neuen Personalausweis, der hochgradig sicher ist, aber am Ende kaum genutzt wird.

Lindner: Digitalisierung und IT-Sicherheit hängen eng zusammen. Das ist keine Frage von Bremsklotz oder nicht, sondern eine Frage der Reihenfolge. Es ist unabdingbar und eine Voraussetzung für erfolgreiche Digitalisierung, dass wir der Sicherheit der Daten umfänglich Rechnung tragen. Der Schutz der IT-Infrastrukturen ist ein Muss. Das Problem ist heute weniger der Hochsicherheitsbereich, sondern das einfache Büro oder der einfache Nutzer zu Hause. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir die günstige, alltägliche StandardIT-Infrastruktur, basierend auf Betriebssystemen von Microsoft, Google und Apple, absichern können. Hier haben die Angreifer ein veritables Betätigungsfeld gefunden, das sich eben nicht so einfach verteidigen lässt. Die Verantwortlichen müssen die Sicherheit in diesem Umfeld deut-

“Das Problem ist heute weniger der Hochsicherheitsbereich, sondern das einfache Büro oder der einfache Nutzer zu Hause.”

lich erhöhen und den Anwender schützen. Viele Mitarbeiter nutzen selbstverständlich ihr Mobile Phone im privaten Bereich und auf Arbeit, ohne zu verstehen, dass sie aus Versehen zum Innentäter werden können, weil der Angreifer über das schlecht gesicherte Handy ins Firmennetzwerk eindringen kann.

Der Angriffsvektor hat sich verschoben. Der Perimeter ist nicht mehr da, wo die Firewall ist, sondern da, wo der Anwender ist. An dieser Stelle muss einfach mehr getan werden. Die Technologien dafür sind da. Ein klassischer Antivirus reicht nicht. Endpoint Detection and Response sind das Minimum. Wenn sich dieses Bewusstsein erst einmal durchgesetzt hätte, dann wären auch die Probleme mit Kryptolockern und gewöhnlicher Malware weg.

Behörden Spiegel: Unsere Basis-IT beziehen wir im Wesentlichen aus dem Ausland. Das betrifft nicht nur Betriebssysteme, sondern auch Netztechnik. Wie schwierig der Umgang mit dieser Abhängigkeit ist, zeigen aktuell

IT-Sicherheitstag Sachsen

. Juni , Dorint Hotel Dresden

Die IT-Sicherheit der öffentlichen Verwaltung, aber auch die der Unternehmen, gerät immer mehr in den Mittelpunkt der Betrachtung. Die voranschreitende Digitalisierung der Verwaltung und Wirtschaft zum Wohle der Bürger und Nutzen der Kunden hat auch zur Folge, dass immer mehr elektronische Einfallstore für Cyber-Kriminelle entstehen. Der IT-Sicherheitstag Sachsen ist eine Veranstaltung der Sächsischen Staatskanzlei und des Behörden Spiegel.

Anmeldung unter: www.sicherheitstag-sachsen.de

Veranstalter:

die Diskussionen um Huawei. Wie kann die Industrie unser Vertrauen gewinnen?

Lindner: Vertrauen ist eines der wichtigsten Themen, das betrifft aber nicht nur Huawei. Die ITInfrastrukturen, die wir heute nutzen, gehen im Ursprung auf die Halbleiter-Technologie aus dem Silicon Valley zurück. Die wirtschaftlichen Entwicklungen haben dazu geführt, dass amerikanische Produkte, sowohl in der

MELDUNG

Hardware- als auch in der Software-Entwicklung, 30, 40 Jahre lang führend waren. Inzwischen haben andere, teils staatlich gelenkte, Unternehmen zum Beispiel aus China massiv aufgeholt. All das kann man bedauern, aber momentan auch nicht ändern. Wenn man sich die Frage stellt, ob diese Hersteller ihre Produkte für Datenklau und Ähnliches missbrauchen könnten, muss man sich zunächst fragen, woraus diese Produkte bestehen. Und zwar aus Mikroprozessoren, die Speicher enthalten, der in Maschinensprache vollgeschrieben ist. Bei Betriebssystemen und Applikationen haben wir es mit Unmengen Code in Hochsprachen zu tun.

Nun will man prüfen, ob irgendwelche Mechanismen darin ausgeführt werden können, von denen wir keine Kenntnis haben. Genau das ist aber schon immer der Fall. Die Unternehmen hinterlegen Serviceroutinen für den Fall, dass ein Produkt verändert werden oder Probleme behandelt werden müssen. Es ist also nicht so, dass alles, was nicht im Handbuch steht, schlecht wäre. Entscheidend ist, ob etwas davon Spionage ermöglicht.

Behörden Spiegel: Lässt sich das denn durch Prüfungen überhaupt sicher ausschließen?

Lindner: Schauen wir uns die Entwicklung genauer an, dann

Deutsche Rentenversicherung eröffnet CERT

(BS) Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) hat ein Computer Emergency Response Team (CERT) in Berlin eingerichtet. Dort sollen Bedrohungen für die IT-Systeme analysiert und Sicherheitsvorfälle zentral bearbeitet werden.

In der heterogen über die 16 Bundes- und Regionalträger mit verschiedenen Rechenzentren verteilten Informationstechnik der Deutschen Rentenversiche-

rung dient das CERT-DVR der Standardisierung und Steuerung der IT-Sicherheit auf operariver Ebene.

CERT als Sicherheitsdienstleister in den eigenen Reihen

Die Einheit ist der Ansprechpartner bei Sicherheitsvorfällen und ein Service-Dienstleister in den eigenen Reihen. Die Tätigkeiten umfassen unter anderem die permanente Threat Intelli-

bin ich der Meinung, dass es uns auf lange Sicht nicht gelingen kann. Aufgrund der immer weiter steigenden Komplexität, sowohl der Hardware als auch der Software, werde ich auf Dauer nicht jedes einzelne Bit überprüfen können.

Darum sehen wir die Zukunft darin, dass wir nicht mehr unbedingt ein System in aller Tiefe überprüfen müssen, sondern uns vor allem die Schnittstellen genauer anschauen. Das wird gehen, weil die Menge der verarbeiteten Daten dadurch natürlich viel kleiner ist. Wir verfahren so schon bei der Prozessüberwachung. Der Kunde kann uns Dateien nicht immer zur Prüfung zur Verfügung stellen, weil unter Umständen personenbezogene Daten enthalten sind.

Darum haben wir uns bei Panda darauf spezialisiert, Prozesse zu überwachen, indem wir die Änderungen von Parametern aktiver Prozesse und Verhaltensinformationen als Event zusammenfassen und bei uns hochladen. Wir sammeln eine Billionen solcher Events täglich und mittels Machine Learning kann ein Forecast erstellt werden, ob ein Prozess noch vertrauenswürdig ist. Um eine Sicherheitslücke oder eine Hintertür auszunutzen – egal ob in der Software oder in der Hardware –, braucht der Angreifer immer einen Prozess. Da wir alle Prozesse überwachen und nur vertrauenswürdige Prozesse zulassen, können wir Datenklau oder andere Angriffe verhindern. Ich glaube, statt Produkte bis ins letzte Bit prüfen zu wollen, müssen wir Technologien einsetzen, mit denen einfach verhindert wird, dass überhaupt Informationen mithilfe von Hardoder Software abgezogen werden können. Und ich glaube, dass das der deutlich einfachere und erfolgversprechendere Weg ist.

gence Analysis, bei welcher Informationen über Bedrohungen ge sammelt, ausgeweitet und Warnungen aussprochen werden. Hinzu kommt das Erkennen von Schwachstellen, welche beispielsweise durch Penetratianalysiert werden. Bis Ende 2019 soll das Computer Emergency Response Team der Deutschen Rentenversicherung vollständig implementiert sein.

Themen, unter andererem:

► Kommunale IT-Sicherheit

► Das neue SächsISichG – Auswirkung für die Kommunen

► IT-Sicherheit in KMU

► Schutz Kritischer Infrastrukturen

► Sensibilisierung von Mitarbeitern

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 42
IT-Sicherheit
Jan Lindner, Vice President Northern Continental Europe bei Panda Security (hier auf dem Europäischen Polizeikongress 2019 des Behörden Spiegel) Foto: BS/Dombrowsky
Fotos: © SMI/C. Reichelt; Matthias Rietschel (Popp); Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (Schönbohm)
Thomas Popp Amtschef der Sächsischen Staatskanzlei und CIO des Freistaates Sachsen Arne Schönbohm Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik Referenten, u. a.

Sicherheit & Verteidigung

Behörden Spiegel

www.behoerdenspiegel.de Berlin und Bonn / April 2019

Weiter im Nebel stochern

Zukünftige Ausgestaltung der Luftsicherheitskontrollen bleibt vorerst unklar

(BS/Marco Feldmann) Im politischen Raum wird die Diskussion geführt, wer die Passagierkontrollen an deutschen Flughäfen durchführen und beaufsichtigen soll. Einige fordern wieder mehr operative Befugnisse für die Bundespolizei, andere die Übernahme dieser Aufgabe durch die Flughafenbetreiber. Aber weder auf ministerieller noch auf politischer Ebene ist bisher eine Entscheidung gefallen. Die künftige Aufgabenverteilung in Sicherheitsfragen an den Airports ist unklar.

Ein zentraler Grund für dieses Zögern dürfte das noch ausstehende Gutachten des Bundesrechnungshofes zu dieser Thematik sein. Interessant dabei: Das Bundesinnenministerium (BMI) steht eigenen Angaben zufolge kurz vor der Vergabe eines Zweitgutachtens. Das bestätigt die für Angelegenheiten der Bundespolizei zuständige Abteilungsleiterin, Dagmar Busch

Der Präsident der Bundespolizei, Dr. Dieter Romann, wiederum würde es ausdrücklich begrüßen, wenn die Flughafenbetreiber in Zukunft mehr Verantwortung bei den Luftsicherheitskontrollen übernehmen würden. Dann könnten seine Beamten von vollzugsfremden Aufgaben entlastet werden. Romann stellt allerdings auch klar, dass die Fachaufsicht, der Kontrolltechnik sowie der bewaffnete Schutz der Kontrollstellen weiterhin Aufgaben der Bundespolizei bleiben müssen.

Erste Veränderungen

kommen

Unabhängig vom künftigen Betreibermodell meint er: “Die Bundespolizei wird auch in Zukunft massiv in Technik für die Luftsicherheitskontrollen investieren.”

Und Romann kündigt eine Veränderung im bestehenden System an, wenn auch ohne Nennung eines konkreten Zeithorizonts:

In absehbarer Zeit werde die Bundespolizei nicht mehr nach Kontrollstunden, sondern nach der Anzahl der vorgenommenen Kontrollvorgänge mit den privaten Dienstleistern abrechnen.

Zugleich nimmt der Bundespolizeichef seine Beamten und die Luftsicherheitsassistenten gegen öffentliche Kritik in Schutz. Nur

2,1 Prozent aller Verspätungen und Flugausfälle an den deutschen Flughäfen seien auf Luft-

sicherheitskontrollen zurückzuführen. Und in diesen Wert seien Überprüfungen durch Polizei und Zoll bereits inkludiert. Romann wird deutlich: “Ohne Luftsicherheitskontrollen verdient im zivilen Luftverkehr niemand Geld.”

Im gleichen Atemzug fordert er jedoch auch, dass an den Flughäfen die Passagierspitzen deutlich entzerrt werden müssten.

Airlines müssen handeln Busch wiederum meint mit Blick auf die Luftsicherheitskontrollen: “Sicherheit geht vor Bequemlichkeit.” Die Hauptaufgabe der B undespolizei in diesem Bereich sieht sie ganz allgemein in der Herstellung größtmöglicher Sicherheit. Großes Optimierungspotenzial erkennt die Abteilungsleiterin – ebenso wie Präsident Romann – beim Thema Handgepäckmitnahme. Hier seien die Airlines aufgefordert, das maximal zulässige Gewicht herabzusetzen, meint der Bundespolizeichef. Busch zeigt sich überzeugt, dass die Kontrolle dieser Gepäckart auch in Deutschland mittelfristig mithilfe von

Computertomografie-Technik erfolgen könne. Am Amsterdamer Flughafen werden solche Scanner laut Robert Moerland vom niederländischen Ministerium für Justiz und Sicherheit bereits genutzt. Derzeit böten solche Verfahren hierzulande allerdings noch keinen ausreichenden Mehrwert für das Sicherheitsniveau, sagt Busch. Klar sei aber: “Luftsicherheit kann nur gemeinsam gelingen.” Hier seien verschiedenste Akteure gefordert. Das sieht der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV, R alph Beisel, ähnlich.enz in der Luftsicherheit sind für ihn eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Behörden, privaten Sicherheitsdienstleistern und Flughafenbetreibern in Form eines strukturierten Standortdialogs, Qualitätsanreize für die Durchführung der Kontrollen sowie die Übernahme der Planungs- und Steuerungsverantwortung für die Luftsicherheitskontrollen durch den jeweiligen Flughafenbetreiber. Letzteres sollte allerdings primär an größe-

ren Standorten erfolgen. Dr. Arina Freitag, Geschäftsführerin des Stuttgarter Flughafens, ist hierzu bereit. Dann seien jedoch noch bessere Prognosen der Fluggastbewegungen erforderlich. Für die Forderung nach strukturierten Standortdialogen erhält Beisel Zustimmung vom Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften (BDF), Dr. Michael Engel. In der Politik gibt es deutlich mehr Dissens. So verlangt etwa der Linken-Bundestagsabgeordnete Jörg Cezanne, die Luftsicherheitskontrollen wieder vollständig in staatliche Hand zu geben und sie durch bundeseigene Luftsicherheitsassistenten der Bundespolizei durchführen zu lassen. Er kritisiert in diesem Zusammenhang: “Möglicherweise hat der Luftverkehr einen Weg eingeschlagen, der auf Dauer nicht durchzuhalten ist.” Widerspruch erhält Cezanne von Björn Simon von der CDU/ CSU-Fraktion. Dieser meint, dass von staatlichen Beschäftigten durchgeführt werden müssten.

KNAPP

Ehrenamt erleichtern

Es reiche aus, wenn die Bundespolizei – wie momentan der Fall – die Aufsicht darüber innehabe. Ähnliches ist vom Präsidenten des Bundesverbandes der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS), Udo Hansen, zu vernehmen. Aus seiner Sicht sollten die Kontrollen nicht in staatliche Hand zurückkehren. Wichtiger seien Verfahrens- und Prozessoptimierungen im bestehenden System.

Einzelfall betrachten

In diesem Zusammenhang seien Durchsatzzahlen an den Flughäfen nicht das alleinentscheidende Kriterium, gibt Busch zu bedenken. Diese müssten an den einzelnen Airports sehr differenziert betrachtet werden. Schließlich seien die Ausgangsbedingungen von Flughafen zu Flughafen unterschiedlich, ergänzt der Stabsbereichsleiter Einsatz der Bundespolizeidirektion am Frankfurter Flughafen, Michael Dewenter Gleichwohl gebe es beim Passagierdurchsatz noch Verbesserungsmöglichkeiten, betont der CDU-Bundestagsabgeordnete

Christoph de Vries. Hierzu sei eine Übertragung der Zuständigkeit für die Luftsicherheitskontrollen an die Flughafenbetreiber hilfreich, meinte er auf den 11. Luftsicherheitstagen in Potsdam. Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Kirsten Lühmann, hingegen meint: “Wir brauchen eine faire Kostenverteilung, höheren Durchsatz bei den Kontrollen und dabei eine noch höhere Sicherheit mit den modernsten technischen Möglichkeiten.” Deutlich wird: es mangelt nicht an Ideen und Wünschen zur Zukunft der Luftsicherheit in Deutschland. Die konkrete Ausgestaltung bleibt aber weiterhin größtenteils im Ungewissen.

(BS/mfe) Berlin und Brandenburg wollen länderübergreifendes ehrenamtliches Engagement stärken und erleichtern. Durch den Abschluss eines Staatsvertrages sollen freiwillige Feuerwehrleute und Katastrophenschützer künftig einen rechtlichen Anspruch auf Freistellung unter Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Einsatzfall erhalten. Und zwar unabhängig davon, in welchem der beiden Bundesländer sie leben beziehungsweise ihrem Ehrenamt nachgehen. Bisher haben die Freiwilligen zwar bereits einen Freistellungsanspruch nach dem jeweiligen Landesrecht. Arbeitgeber sind momentan jedoch nichtstellen, wenn diese ihr Ehrenamt im jeweils anderen Bundesland ausüben. Die Erstattung des fortgezahlten Lohnes soll künftig durch das Land erfolgen, in dem das ehrenamtliche Engagement getätigt wird.

Berliner SPD sorgt für Irritationen

(BS/por) Auf ihrem Landesparteitag Ende März hatte die Berliner SPD auf Antrag des Kreisverbands Spandau beschlossen, das Landesschulgesetz um folgenden Satz zu erweitern: “Es wird militärischen Organisationen untersagt, an Berliner Schulen für den Dienst und die Arbeit im militärischen Bereich zu werben.” Damit sorgten die Genossen der Hauptstadt für deutliche Irritationen – außerhalb wie innerhalb der Partei. So schrieb der Bundeswehr-Beauftragte des SPD-Parteivorstands, MdB Thomas Hitschler, auf Twitter: “Die Bundeswehr ist in der Mitte der Gesellschaft und wir müssen dafür sorgen, dass sie genau dort bleibt.” Spandaus SPD-Chef und Vorsitzender der Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, reagierte geradezu klassisch-dialektisch: Zur sicherheitspolitischen Bildung dürfe die Bundeswehr in die Schulen, nur nicht zu Werbezwecken.

Beschaffertage 2019

6. – 7. Juni 2019

Geplante Themen, u. a.:

• Die Selbstreinigung im Vergaberecht – Auswirkungen des LKW-Kartells auf die Vergabeverfahren

• Revison von Fahrzeugbeschaffungen durch Aufsichtsbehörden

• Die Beschaffung von Flugfeldlöschfahrzeugen – Praxisbericht

www.bos-beschaffertage.de

EineVeranstaltungdesFachlicheLeitung

• Anforderungserhebung bei BOS-Beschaffungen: Wie gehe ich vor?

Worauf kommt es an?

• Aktuelle vergaberechtliche Rechtsprechung in BOS-orientierter Auslese

• Die rechtliche Bedeutung technischer Normen als Sicherheitsmaßstab

Die Debatte um die Zukunft der Luftsicherheitskontrollen ähnelt der Fahrt auf einer nebelverhangenen Landstraße. Auch dort wagt man sich nur vorsichtig vorwärts und will nicht zu schnell zu weit vorpreschen. Foto: BS/Peter Franz, pixelio.de

Behörden Spiegel: Herr Mertens, kam die Verabschiedung des neuen nordrheinwestfälischen Polizeigesetzes für Sie überraschend? In anderen Ländern ist es ja nicht so weit gekommen, dass der Landtag mehrheitlich zugestimmt hat.

Mertens: Nein, die Verabschiedung kam nicht überraschend. Aber die Art und Weise, wie es verabschiedet worden ist, schon. Wir brauchen im digitalen Zeitalter ein Polizeigesetz, das den Herausforderungen gerecht wird. So müssen zum Beispiel die Messengerdienste genauso überwacht werden können wie das Telefon früher. Zudem müssen wir die digitalen Chancen nutzen. Dazu gehört für mich unter anderem die elektronische Fußfessel, umente polizeiliche Arbeit zu leisten.

Behörden Spiegel: Was genau hat Sie denn überrascht?

Mertens: Überraschend war in der Tat, dass Innenminister Reul politisch klug war und sein Vorhaben umgesetzt hat, obwohl die Mehrheitsverhältnisse im Düsseldorfer Landtag sehr eng sind und es im Vorfeld heftige Kritik am Entwurf für das neue Polizeigesetz gab, unter anderem beim Begriff der “drohenden Gefahr” und beim sogenannten Unterbindungsgewahrsam.

Behörden Spiegel: Weshalb loben Sie das Vorgehen des Ministers so?

Mertens: Er hat die Kritiker ernst genommen und hat sich mit allen Verantwortlichen zusammengesetzt. Außerdem hat er auch die oppositionellen Sozialdemokraten eingebunden, was wir als Gewerkschaft der Polizei schon lange gefordert haben. Dadurch konnte das neue Polizeigesetz auf eine sehr breite politische Basis gestellt werden. Das war uns wichtig.

Behörden Spiegel: Momentan wird viel über ein neues Musterpolizeigesetz diskutiert. Dabei haben mehrere Bundesländer – nicht nur Nordrhein-Westfalen – inzwischen eigene Polizeigesetze auf den Weg gebracht, mit zum Teil ganz unterschiedlichen Befugnissen und Fristen. Hat ein Musterpolizeigesetz zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt noch einen Mehrwert?

Mertens: Es macht immer Sinn, ein Musterpolizeigesetz auf den Weg zu bringen. Die Frage ist nur, ob der günstigste Zeitpunkt dafür verpasst worden ist. Aber selbst wenn das so ist, sollten wir uns weiter für ein neues Musterpolizeigesetz einsetzen. Es kann nicht sein, dass ein Gefährder im Saarland anders behandelt wird als in Rheinland-Pfalz und wiederum anders als in Bayern oder in Nordrhein-Westfalen.

Bei den Smartphones handelt es sich um Apple-Geräte, die über einen ressortübergreifenden Rahmenvertrag beim aktuellen Provider Bayerns, der Firma Vodafone, abgerufen werden. Bei den Notebooks und Convertibles werden Endgeräte von Fujitsu genutzt. Darüber hinaus ist in Kürze die Freischaltung einer neuen Personenabfrage-Applikation auf den bereits vorhandenen dienstlichen Smartphones vorgesehen. Mit dieser Eigenentwicklung des Bayerischen Landeskriminalamtes (BLKA) können mobil alle relevanten polizeilichen Datenbanken genutzt werden. So ist zum Beispiel die mobile Personenidentifizierung mittels Fingerscan möglich. Auch lässt sich feststellen, ob eine kontrollierte Person zur Fahndung ausgeschrieben ist. Ergänzend wurde ein Software-Modul der

Polizeien müssen mit der Zeit gehen

Sicherheitsbehörden benötigen angemessene Befugnisse und mehr Harmonisierung

(BS) Michael Mertens lobt das neue nordrhein-westfälische Polizeigesetz und insbesondere dessen breite politische Basis. Zugleich fordert der nordrhein-westfälische Landes- und stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) noch mehr Harmonisierung bei Deutschlands Polizeien. Die Fragen stellten R. Uwe Proll und Marco Feldmann.

Behörden Spiegel: In Nordrhein-Westfalen wird er Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung unterzogen, in Berlin nicht.

Mertens: Genau diese Dinge müssen harmonisiert werden. Daher brauchen wir dringend ein Musterpolizeigesetz. Ob Nordrhein-Westfalen dabei als Vorbild angesehen werden kann, müssen andere bewerten. In unserem neuen Gesetz gibt es jedenfalls viele Bestimmungen, die andere Bundesländer übernehmen könnten. Umgekehrt könnt en wir sicherlich auch noch einiges von anderen Bundesländern lernen.

Behörden Spiegel: Woran denken Sie konkret?

Mertens: In Niedersachsen gibt es zum Beispiel die Möglichkeit,zierte Personen, die in Kontakt mit Polizisten gekommen sind, einer Untersuchung zu unterziehen. Dort wird ihnen – notfalls auch zwangsweise – Blut abgenommen. Dann müssten die Kolleginnen und Kollegen nach solchen Einsätzen nicht mehr so lange auf die Ergebnisse der Analysen warten und bis dahin in der Sorge leben, dass sie sich angesteckt haben.

Behörden Spiegel: Der Ausgleich zwischen Freiheitsrechten und Datenschutz einerseits und effektiver polizeilicher Arbeit andererseits ist ein schwieriger Prozess. Geht Datenschutz vor Sicherheit?

Mertens: Wir sind schon die Nation der Datenschützer. Das macht auch Sinn. Auch ich möchte, dass meine Daten und die meiner Familie geschützt werden. In der gesamten Diskussion müssen wir aber auch abwägen, wie viel Freiheit wir abgeben wollen, um mehr Sicherheit zu

Aber als Gewerkschaft der Polizei liegt uns viel daran, dass das neue Polizeigesetz einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhält. Denn sonst wird es im Ernstfall wieder heißen, die Polizei habe verfassungswidrig gehandelt. Dann müssten wir uns als Polizei wieder rechtfertigen. Das wollen wir nicht.

Behörden Spiegel: Wie bewerten Sie den Stand der Schutzausrüstung bei den Polizeivollzugsbeamten?

Mertens: Die Eigensicherung ist ein wichtiges Thema in der Polizei. In Nordrhein-Westfalen soll jetzt eine Spuckhaube eingeführt werden. Spuckattacken sind nicht nur ekelerregend, sondern auch mit einem hohen Infektionsrisiko verbunden und damit unter Umständen lebensgefährlich. Alleine um die Einführung dieses Schutzes mussten wir hart ringen. Das gilt auch für das Distanzelektroimpulsgerät (DEIG), den sogenannten Taser, für den derzeit ein Pilotprojekt in NordrheinWestfalen läuft. Wir stehen dem DEIG positiv gegenüber. Es muss aber auch klar sein, dass es einer deutlichen Trennung zwischen dem Distanzelektroimpulsgerät und der Schusswaffe bedarf. Die jeweiligen Einsatzmittel sind für ganz unterschiedliche Situationen geeignet.

Behör den Spiegel: Waren Sie eigentlich schon immer für den Taser oder haben Sie den Meinungsveränderungsprozess innerhalb der Gewerkschaft der Polizei mit nachvollzogen?

Mertens: Bei der Gewerkschaft der Polizei gilt in dieser Frage Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Wir haben uns in Bezug auf das DEIG bewusst Zeit gelassen und das Pro und Contra ausführlich geprüft. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich selber am Anfang des Diskussionsprozesses gegen das Distanzelektroimpulsgerät war. Zum einen war mir die Nutzung von Strom durch die Staatsgewalt zuwider. Zum anderen wusste ich nicht, was so ein Taser wirklich kann. Aber inzwischen bin ich von seinem Nutzen absolut überzeugt.

Behörden Spiegel: Ist der Taser für Sie rechtlich eher als Hilfsmittel körperlicher Gewalt oder als Waffe einzustufen?

Mertens: Im neuen Polizeigesetz wird er als Waffe eingestuft. Das ist in den meisten anderen Bundesländern genauso. Die Frage der Einstufung ist für mich allerdings nicht die entscheidende. Viel wichtiger ist, dass jeder der konkreten Einsatzsituation

das jeweils mildeste Mittel zu nutzen. Da kann teilweise der Taser das mildere Mittel im Vergleich zum Pfefferspray sein. Außerdem hat das Distanzelektroimpulsgerät eine sehr gute präventive und abschreckende Wirkung.

Behörden Spiegel: Aber auch gegen die Bodycam gab es anfangs Bedenken innerhalb der Gewerkschaft der Polizei.

Mertens: Das sehe ich nicht so. In Nordrhein-Westfalen haben wir uns sehr früh für die Bodycam stark gemacht und mit dazu beigetragen, dass sie bald bei uns eingeführt wird. In Zukunft könnte es sogar passieren, dass Taser und Bodycam gekoppelt werden. Das wäre dann der Fall, wenn wir beide Geräte vom gleichen Hersteller beziehen. Das kann durchaus passieren.

Be hörden Spiegel: Für wie nachhaltig halten Sie die Großeinsätze gegen Clan-Kriminalität, die es zuletzt in NordrheinWestfalen gab?

Mertens: Die Null-ToleranzStrategie ist nicht komplett neu. Aber die Großeinsätze, wie zum Beispiel in Essen, setzen ein klares Signal. Ich bin überzeugt, dass Minister Reul diese Kriminalitätsform konsequent bekämpfen wird. Allen, die unseren Rechtsstaat infrage stellen, muss man ganz klar deutlich machen, dass wir uns ihnen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln entgegenstellen werden.

Behörden Spiegel: Kommt die Erkenntnis, den Rechtsstaat durchsetzen zu wollen, nicht zu spät?

Mertens: Zu spät ist es nie, aber natürlich gab es hier in der Vergangenheit erhebliche Versäumnisse. Gerade zu Beginn dieses Jahrtausends wurden von der Politik unter der Prämisse “Privat vor Staat” große Fehler begangen. Damals war der schlanke Staat das oberste Ziel. Auch bei der Polizei wurden massiv Stellen abgebaut. Unter diesen Fehlern leiden wir noch heute. Ein konsequenter Rechtsstaat braucht eine starke Polizei!

Behörden Spiegel: Die Polizei ist doch aber nur ein Teil des Rechtsstaats?

Mertens: Das stimmt. Eine konsequente Polizei alleine reicht nicht aus. Es muss einen kon-

Vollausstattung vorgesehen

Bayerns Polizei soll flächendeckend mobile Endgeräte erhalten

(BS/mfe) Jedes der etwa 5.000 Einsatzfahrzeuge der Bayerischen Polizei soll in Zukunft über eine Vollausstattung mit Smartphones und sogenannten Convertibles verfügen. Zudem ist mittelfristig die Ausstattung jedes Beamten mit einem Diensthandy vorgesehen. Ausgangspunkt sind die mehr als 5.000 Smartphones, rund 3.500 Notebooks und über 1.200 Convertibles, die seit Jahresbeginn im Freistaat schon im Einsatz sind oder derzeit in das Polizeinetz integriert werden.

Firma Anyline zur automatisierten Analyse der maschinenlesbaren Zonen von Ausweisen und Pässen beschafft.

Strikte Trennung vom Smartphone

Alle polizeilichen Daten und Applikationen laufen dabei in eigenen, abgeschirmten Bereichen und sind strikt vom Smartphone getrennt. Auf den mobilen Endge-

haltung statt, erläuterte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Nur in Ausnahmefällen werden Daten besonders geschützt zwischengespeichert. Dies kann etwa der Fall sein, sofern zum Zeitpunkt der Datenerhebung kein Mobilfunkempfang gegeben ist. Des Weiteren werden sowohl Datenhaltung als auch -übermittlung verschlüsselt. Und es gebe eine biometrische Erkennung der Zugriffsberechtigten, so der Res-

sortchef. Investiert werden über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg rund 122 Millionen Euro.

Bodycams kommen bayernweit Außerdem kündigte Herrmann die landesweite Einführung von Bodycams an. Diese hätten sich während eines einjährigen Pilotversuchs bestens bewährt. Sie trügen zu einer deutlich höheren Hemmschwelle bei, Polizeibeamte

sequenten Staat in allen Bereich geben. Das gilt für die Legislative, die Exekutive und die Judikative gleichermaßen. Wir brauchen zum Beispiel eine zeitnahe Verurteilung von Straftätern. Nicht nur bei Kapitalverbrechen, sondern auch bei jeder Form von Kriminalität.

Behörden Spiegel: Clan-Kriminalität ist nur eine der Herausforderungen für die Polizei. Es gibt auch noch Rocker-, Migranten- und Reichsbürgerkriminalität. Wie soll die Polizei das alles bewältigen?

Mertens: Es ist sehr viel, das stimmt. Außerdem haben wir in diesen Bereichen viel zu lange weggeschaut oder wegschauen müssen, weil wir nicht die personellen Möglichkeiten hatten, effektiv gegen diese Kriminalitätsformen vorzugehen. Aber auch ein Marathon beginnt immer mit dem ersten Schritt. Die ersten Schritte sind jetzt gemacht worden. Aber es müssen noch viele Schritte folgen. Das wird ein sehr langer Prozess, der sich über mehrere Legislaturperioden erstrecken wird.

Behörden Spiegel: Das hört sich nach sehr viel Arbeit an. Kann die Polizei das überhaupt leisten, angesichts der engen Personalsituation?

Mertens: Wenn wir den Kampf gegen die Clans gewinnen wollen, müssen wir das dazu erforderliche Personal bereitstellen, auch wenn das schwierig ist. Außerdem kommt es darauf an, dass wir die Clans von allen Seiten aus beleuchten. Dafür müssen sich alle Sicherheitsbehörden untereinander vernetzen. Nur dann kann es uns gelingen, die Finanzierungsquellen der kriminellen Gruppen auszutrocknen.

Behörden Spiegel: Innenminister Reul hält eine Polizeistrukturreform derzeit nicht für erforderlich. Er will eher mehr Polizisten auf die Straße bringen. Wie bewerten Sie das?

Mertens: Ich sehe das genauso. Momentan brauchen wir in Nordrhein-Westfalen keine Polizeistrukturreform. Wir haben schon genügend Aufgaben und Aufträge.

und Polizeiarbeit nicht nur in den Ballungszentren, sondern auch auf dem Land statt. Auch dort haben die Menschen ein Recht darauf, in Sicherheit zu leben. Gerade die kleinen Polizeidienststellen in der Fläche sind für das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen sehr wichtig. Wir sollten sie erhalten.

Sie unter www.behoerden-spiegel. de; Suchbegriff: Mertens.

anzugreifen. “Deshalb führen wir Bodycams bayernweit im uniformierten Streifendienst sowie bei den Einsatzeinheiten der Polizeipräsidien und der Bayerischen Bereitschaftspolizei ein.”

Insgesamt werden fast 1.400 Geräte für rund 1,8 Millionen Euro angeschafft. Inbegriffen sind neben den Kameras selbst entsprechende Halterungen, eine spezielle Auswertesoftware sowie eine besondere Server- und Speichertechnik.

Die Auslieferung an die Dienststellen soll laut Minister bis Anfang kommenden Jahres abgeschlossen sein. Es erhält nicht jeder Beamte eine persönlich zugewiesene Kamera. Vielmehr sollen die Geräte im Rahmen einer Pool-lösung bei den jeweiligen Dienststellen vorgehalten werden. Im Einsatz ist das Modell “Axon Body 2” von Axon. Bodycams sind auch bei anderen Polizeibehörden bereits im Einsatz, aber noch nicht überall landesweit und teilweise noch im Testbetrieb. So war es kürzlich in Mecklenburg-Vorpommern. Ähnlich unterschiedlich ist die Entwicklung im Hinblick auf die Ausstattung der Beamten und Streifenwagen mit Smartphones und Tablets. Zuletzt wurden erste Funkwagen der Berliner Polizei damit ausgestattet. Weitere sollen in der Bundeshauptstadt folgen.

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 44 Innere Sicherheit
Michael Mertens ist seit April 2018 nordrhein-westfälischer Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und seit Ende November letzten Jahres zudem ihr stellvertretender Bundesvorsitzender. Foto: BS/Sven Vüllers, GdP

Behörden Spiegel: Herr Hampel, weshalb braucht es ein eigenes Bayerisches Landesamt für Asyl und Rückführungen?

Hampel: Es geht darum, Kompetenzen zusammenzuführen und zu bündeln. Dafür hat man in Bayern das eigene Landesamt für Asyl und Rückführungen gegründet, denn vorher waren die Zuständigkeiten oft sehr zersplittert. So war etwa die Regierung von Oberbayern für die Passersatzbeschaffung verantwortlich, während die Polizei für das klassische Schubwesen zuständig war. Die Beratung für freiwillige Ausreisen war zum Teil im Sozialministerium und zum Teil bei den einzelnen Bezirksregierungen angesiedelt. In Bayern haben sich früher 103 ausländerrechtlichen Fragestellungen gekümmert. Das musste sich ändern. Außerdem ging es darum, die Abstimmung mit den anderen Bundesländern und dem Bund weiter zu verbessern.

Behörden Spiegel: Es geht also vor allem um eine Bündelung und Zentralisierung?

Hampel: Nein, es geht noch weiter. Wir chartern zum Beispiel auch selbst Flugzeuge.

Mit den sogenannten “Bayernchartern“ führen wir eigene Abschiebungen von vollziehbar ausreisepflichtigen Personen durch. Ergänzend zu den Maßnahmen des Bundes und von Frontex haben wir in Abstimmung mit der Bundespolizei Sammelabschiebungen auch mit bayerischen Personenbegleitern Luft zusammen mit den österreichischen Behörden zum Beispiel nach Nigeria durchgeführt. Wir arbeiten sehr operativ. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hier stark gefordert.

Behörden Spiegel: Gibt es diesen Bündelungsbedarf nicht auch in anderen Bundesländern?

Hampel: Doch, den gibt es auch in anderen Bundesländern. Aufgrund der unterschiedlichen

Für die Bundesrepublik Deutschland trifft beides nicht zu. Hier werden die Aufgaben einer Küstenwache nicht von einer Behörde, sondern von dem 1994 auf der Grundlage eines Bundestagsbeschlusses gegründeten, aus mehreren Bundesbehörden und -anstalten bestehenden Koordinierungsverbund Küstenwache wahrgenommen. Zur Küstenwache gehören Vollzugskräfte der Bundespolizei, des Zolls, der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sowie der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.

Bundespolizei beschafft neue Einsatzschiffe

Die Bundespolizei ist bei der Küstenwache mit sechs Einsatzschiffen im Bereich Küstenmeer und Hohe See und mit fünf Patrouillenbooten in den küstennahen Gewässern der Ostsee vertreten. D rei neue im Bau befindliche Einsatzschiffe der “Potsdam-Klasse” mit 86 Metern Länge, über 13 Metern Breite und einer Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h werden nach ihrer in Etappen erfolgten Indienststellung ältere und wesentlich kleinere Schiffe ablösen. Die neuen Schiffe verfügen unter anderem über ein Landedeck für den größten Hubschrauber der Bundespolizei, die Super Puma, sowie Stauraum für Container mit spezieller Missionsausstattung. Außerdem werden die neuen Schiffe erstmals wieder mit einer Decksbewaffnung ausgerüstet sein. Derzeit läuft ein entsprechendes Beschaffungsverfahren. Nach Beendigung des Kalten Krieges

Wider die Zersplitterung

Landesamt für Asyl und Rückführungen soll Kompetenzen zusammenfassen

(BS) Deutschlandweit gibt es kaum eine ähnliche Dienststelle wie seine. Thomas Hampel steht an der Spitze des Bayerischen Landesamtes für Asyl und Rückführungen. Im Gespräch mit dem Chefredakteur und Herausgeber des Behörden Spiegel, R. Uwe Proll, erläutert er die zahlreichen Aufgaben seiner Mitarbeiter. Und er erklärt, weshalb der Freistaat ein solches Landesamt überhaupt benötigt.

Zuständigkeiten agieren die einzelnen Behörden zum Teil sehr unterschiedlich. Da ist es schon gut, wenn es – wie bei uns in Bayern jetzt – mit dem Landesamt eine Landesoberbehörde gibt, die den Bereich Rückführungen koordiniert und mit einer Organisations- und Weisungskompetenz ausgestattet ist.

Behörden Spiegel: Es gibt immer wieder rückzuführende Personen, die sich renitent verhalten. Außerdem sollen teilweise Krankheiten simuliert und dann von deutschen Ärzten bestätigt zu umgehen. Wie sind diesbezüglich Ihre Erfahrungen?

Hampel: Da steckt nach unseren Erkenntnissen und Erfahrungen zwar kein System dahinter. Gerade im Hinblick auf die Weigerung und im Einzelfall vorkommende Widerstandshandlungen von Abzuschiebenden setzen wir auf mehr Sammelabschiebungen und auch auf den ergänzenden Einsatz von bayerischen Polizeibeamten als Personenbegleiter Luft, um die erfolgreiche Durchführung von Abschiebungen zu optimieren. Bei Sammelabschiebungen auf dem Luftweg finden sogenannte “Fit-to-fly-Checks” statt, bei denen ein Mediziner am Flughafen entscheidet, ob die ausreisepflichtige Person flugtauglich ist oder nicht. Und wenn der Arzt die Flugtauglichkeit feststellt, wird die abgeschoben. Am medizinischen Urteil scheitern übrigens nur ganz wenige Rückführungen.

Behörden Spiegel: Woran liegt es denn, dass die Abschiebungszahlen so niedrig sind?

Hampel: Die Abschiebungszahlen in Bayern konnten auch 2018 auf hohem Niveau gehalten werden. Allerdings ist es für die Landespolizeien und die Ausländerbehörden derzeit eine große Herausforderung, da ausreiseuntertauchen und der gebuchteden muss. Hier arbeiten wir mit allen beteiligten Behörden im Bund und in den Ländern an einer weiteren Optimierung.

Behörden Spiegel: Wann be-geteilt, dass sie abgeschoben werden?

Hampel: Abschiebungen dürfen nach bundesgesetzlicher Regelung im Aufenthaltsgesetz nicht angekündigt werden. Leider sickern entsprechende Termine immer wieder durch. Das können wir aufgrund der Vielzahl der an Abschiebungen beteiligten Akteure leider auch nur bedingt verhindern.

Behörden Spiegel: Ihr Landesamt ist auch für die Förderung der freiwilligen Ausreise zuständig. Wie sieht es da aus?

Hampel: Auf eine Abschiebung kommen rund drei freiwillige Ausreisen. Konkret hängt das aber vom jeweiligen Herkunftsland ab. Der Anreiz für die freiwillige Rückkehr in Staaten, in die keine zwangsweisen Rückführungenringer ausgeprägt. Wenn hingegen für die Ausländerbehörde die konkrete Möglichkeit einer Abschiebung besteht, ist bei dem ausreisepflichtigen Ausländer die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise, welche auf Antrag auch

durch staatliche Mittel gefördert werden kann, selbstverständlich höher.

Behörden Spiegel: Wie fördern Sie die freiwillige Ausreise?

Hampel: Zum einen informieren die verschiedenen Rückkehrberatungsstellen in Bayern eingehend über die entsprechenden Rückkehrprogramme des Bundes. Zum anderen existiert seit dem vergangenen Jahr ein eigenes bayerisches Rückkehrprogramm. Dieses bezieht sich auf Fallkonstellationen, die – aus unterschiedlichen Gründen – nicht von den Bundesprogrammen erfasstden eingehende individualisierte Rückkehrberatungen statt. Außerdem werden einzelfallbezogen Starthilfen gezahlt. Für Afrika zum Beispiel gibt es für zwölf Monate je Monat 200 Euro, um den Lebensunterhalt für eine gewisse Zeit decken zu können. Diese zahlen wir in Raten in den Heimatländern dort an die zurückgekehrten Personen aus.

Behörden Spiegel: Wie groß ist der Stellenkegel Ihres Landesamtes?

Hampel: Im Landesamt für Asyl und Rückführungen gibt es zwei Bereiche. Der Kernbereich umfasst insgesamt rund 150 Stellen. Hinzu kommt der Bereich der Zentralen Ausländerbehörden mit rund 850 Mitarbeitern. Diese sind zwar dezentral über ganz Bayern verteilt, werden aber von uns im Bereich Rückführungen koordiniert. Das Landesamt umfasst drei Abteilungen: eine Zentralabteilung und zwei operative Abteilungen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Rückführun-

gen kümmern sich primär um Passersatzbeschaffung, freiwillige Rückkehr und Abschiebungen. Zum Aufgabenbereich gehören auch die Erstellung und Analygration/Rückführungen” sowie die enge Abstimmung mit den Bundesbehörden wie auch mit dem Gemeinsamen Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR) in Berlin. Die Abteilung Sonderaufgaben ist für die Bereiche Task Force für aufenthaltsrechtliche Maßnahmen gegen besonders straffällige Ausländer und Zentralstelle Ausländerextremismus zuständig. Zusätzlich betreibt das Landesamt eine Abschiebungshafteinrichtung am Flughafen München. Insgesamt hatten wir eine sehr gute Bewerbersituation. Insgesamt hatten wir zuletzt insgesamt 1.000 Bewerbungen.

Behörden Spiegel: Rund 1.000 Bewerbungen für wie viele neue Stellen?

Hampel: Diese Bewerberzahl bezieht sich auf 120 neu zu besetzende Stellen, 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden von anderen Ausländerbehörden übernommen. Wir haben Bewerbungen unter anderem aus den Ausländerbehörden, der Justiz, der Finanzverwaltung, aus der Privatwirtschaft sowie aus anderen Bundesländern erhalten.

Behörden Spiegel: Wie viele der neuen Stellen haben Sie bereits besetzt?

Hampel: Momentan sind 83 dieser neuen Stellen bereits besetzt. Bei zehn weiteren haben wir bereits die Zusagen der Bewerberinnen und Bewerber. Da hängt es aber teilweise noch von

Kompromiss auf kleinstem gemeinsamen Nenner

Aufgaben der Küstenwache in Deutschland auf verschiedene Behörden verteilt

(BS/Gerd Lehmann) Eine Küstenwache ist zumeist eine nationale, in der Regel dem Innenministerium unterstellte Behörde zur Sicherung und Kontrolle des Seeverkehrs, zur Rettung in Not- und Katastrophenfällen, zur Prävention und Verfolgung von Straftaten, zur Überwachung von Fischfangquoten und der Einhaltung von Umweltschutzbestimmungen sowie zur Verhinderung der unerlaubten Einreise. In einigen Ländern ist die nationale Küstenwache Teil der Streitkräfte zur See.

wurden die Bordkanonen der in der Ostsee patrouillierenden Boote des Bundesgrenzschutzes demontiert.

Boote der Zollverwaltung jetzt auch blau

Die Flotte des Zolls besteht aus acht Booten und vier Kreuzern. Die der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung aus vier Mehrzweckschiffen und die der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung aus drei Fischereischutzbooten. Die Schiffe der Küstenwache sind optisch einheitlich gestaltet (Schriftzug “Küstenwache”, SchwarzRot-Gold-Kennzeichnung am Schiffsrumpf und das Wappen der Küstenwache). Allerdings unterscheiden sie sich in den Grundfarben. Die Grundfarbe der Schiffe der Bundespolizei und des Zolls ist blau, die der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung schwarz und in der Regel mit weißen Aufbauten und die der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung schwarz mit grauen Aufbauten und der zusätzlichen Beschriftung “Fischereischutz”.

Die Vollzugskräfte des Zolls sind mit Pistolen ausgerüstet. Auf ihren Schiffen führen sie zusätzlich Maschinenpistolen mit. Die Kräfte der Wasser- und

Schifffahrtsverwaltung und die der Bundesanstalt für Landwirtschaft sind nicht bewaffnet.

Verbund kein Garant für einheitliches Handeln

Der Koordinierungsverbund Küstenwache, in dem vier Bundesministerien, fünf Landesinnenministerien, fünf Landesumweltministerien und eine Vielzahl anderer Behörden über eigene Kompetenzen für die maritime Sicherheit verfügen, ist ein Kompromiss, aber kein Garant für ein geschlossenes und einheitliches Handeln. Das im Koalitionsvertrag des schwarz-gelben Kabinetts Merkel II festgeschriebene Vorhaben, die Kompetenzen der am Küstenschutz beteiligten Bundesbehörden zusammenzuführen mit dem langfristigen Ziel, eine nationale Küstenwache aufzubauen, scheiterte an der mangelnden Bereitschaft der Bundesländer, Kompetenzen an den Bund abzugeben, und der Unfähigkeit der beteiligten Akteure zum Kompromiss.

Erst als eine nationale Küstenwache mit umfassenden Kompetenzen und monokratischen Führungsstrukturen nicht mehr zur Debatte stand, wuchs die Einsicht der Akteure in die Notwendigkeit einer zentralen Koordinierung der mit maritimen

Aufgaben betrauten Behörden. 2012 legten die Staatssekretäre der betroffenen Bundesministerien (BMI, BMF, BMVI und BMLE) ein Eckpunktepapier mit Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit vor. In dieser “Cuxhavener Erklärung” sind unter anderem die Einrichtung einer Bundesleitstelle im Gemeinsamen Lagezentrum-See mit einem zentralen Kontaktpunkt, die Auswei sung gemischter Besatzungen von Bundespolizei und Zoll – soweit sinnvoll – auf den Schiffen der Fischereiaufsicht und der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und die Entwicklung gemeinsamer Einsatzkonzepte auf See vorgesehen. Außerdem vorgesehen sind die Zusammenführung der Ausund Fortbildung einschließlich Nachwuchsgewinnung und die Zentralisierung der Bereederung, insbesondere der Technik, Logistik und Instandhaltung.

Konzeption eines optimierten Netzwerkes

Die politisch gewollte Konzeption der Küstenwache des Bundes ist seither die eines optimierten Netzwerkes. Im Mittelpunkt steht das Maritime Sicherheitszentrum (MSZ) als Kommunikations- und Kooperationsnetzwerk der operativen Kräfte des Bundes und

den bisherigen Arbeitgebern bzw. Kündigungsfristen ab, wann diese Kollegen uns tatsächlich zur Verfügung stehen.

Behörden Spiegel: Sie unterhalten am Flughafen München auch eine Hafteinrichtung. Weshalb sind Personen dort untergebracht?

Hampel: Das hat unterschiedliche Gründe. Dort sind nur Personen untergebracht, bei denen der zuständige Haftrichter auf Antrag der Ausländerbehörde und nach vorheriger Anhörung, Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam angeordnet hat. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn vol lziehbar Ausreisepflichtige sich ihrer Abschiebung durch Untertauchen entzogen oder einer unbegleiteten Rückführung widersetzt oder Gewalt angedroht haben. Durch die Unterbringung in der Abschiebungshafteinrichtung kann die Durchsetzung dersert werden.

Behörden Spiegel: In Ihrem Amt gibt es auch eine Abteilung für Ausländerextremismus. Worum kümmern sich diese Mitarbeiter?

Hampel: Die Zentralstelle Ausländerextremismus ist insbesondere für die Erstellung von Ausweisungen sowie die Anordnung weiterer ausländerrechtlicher Maßnahmen bei Gefährdernzuständig. die im Zusammenhang mit der Überwachung und Beendigung des Aufenthalts stehen. Das ungekürzte Interview auf www.behoerdenspiegel.de; Suchbegriff: Hampel

Thomas Hampel ist Präsident des Bayerischen Landesamtes für Asyl und Rückführungen. Zuvor war er Inspekteur der Bayerischen Polizei.

Foto: BS/Feldmann

der Küstenländer für maritime Sicherheit. Im Gemeinsamen Lagezentrum See (GLZ-See), dem operativen Kern des Maritimen Sicherheitszentrums, arbeiten die Bundespolizei, der Zoll, die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, die Deutsche Marine, die Wasserschutzpolizei der fünf Küstenländer und das Havariekommando im 24-Stunden-Schichtdienst an 365 Tagen im Jahr zusammen. Die Netzwerkpartner stellen den unverzüglichen Austausch von Informationen untereinander sicher, bündeln die verschiedenen fachlichen Kompetenzen und koordinieren Einsätze auf der Basis gemeinsamer Lageerkenntnisse. Unabhängig von dieser Organisation liegen die Weisungsbefugnisse aber nach wie vor bei den örtlich und sachlich zuständigen Behörden. Gleiches gilt für die Leitung von Einsatzmaßnahmen sowohl im Alltagsbetrieb als auch bei besonderen Lagen. Auch die im Rahmen der “Cuxhavener Erklärung” im GLZ-See etablierte Bundesleitstelle (Bundespolizei und Zoll) hat keine Führungsfunktion. Sie ist eine Leitstelle, die nicht leitet. Während sich die Zusammenarbeit mit den dem BMVI und dem

BMLE nachgeordneten Netzwerkpartnern im Wesentlichen auf den Austausch von Informationen beschränkt, sind zumindest die operativen Arbeitsbereiche der Bundespolizei und des Zolls inzwischen enger miteinander verzahnt. Sie stechen des Öfteren mit gemischten Besatzungen in See. Beamte der Zollverwaltung sind befugt, Amtshandlungen im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei wahrzunehmen und Beamte der Bundespolizei können gleiches im Zuständigkeitsbereich der Zollverwaltung tun.

Auch existiert eine gemeinsame Einsatzkonzeption von Bundespolizei und Zoll für die maritime Aufgabenwahrnehmung. Mit dem im Vorjahr gestarteten Umstieg von mintgrüner auf blaue Farbe der Uniform und der Schiffe reiht sich der Zoll nun auch optisch in die Farbgestaltung der deutschen Polizei ein. Eine entsprechende Ausweitung auf die Schiffe der Fischereiaufsicht und der Wasserschifffahrtsverwaltung konnte bislang nicht erreicht werden.

Auch die Zusammenführung der Aus- und Fortbildung und die Zentralisierung der Bereederung, insbesondere die der Technik, Logistik und Instandhaltung, stehen noch aus.

Kein Land in der Welt leistet sich ein solches Nebeneinander von Kontroll- und Sicherheitskräften. In Deutschland steht eine Zusammenführung aller “Vollzugsorgane See” auf Bundes- und Landesebene in einer einheitlich geführten “Deutschen Küstenwache” aber weiterhin nicht auf der politischen Agenda.

Seite 45 Behörden Spiegel / April 2019 Innere Sicherheit

Europäer (darunter, je nach Quelle, entweder 40 oder 120 Deutsche), Chinesen, Kanadier, Libyer, Marokkaner, Russen, Saudi-Araber, Türken, Tunesier, und viele mit anderen Nationalitäten. Und das ist nur ein Bruchteil der fast 41.500 bekannten

Männer, Frauen und Kinder aus nahezu 100 Staaten, die einst in das Kalifat reisten, um dort ihre

In Syrien werden die festgenommenen FTF derzeit (noch) bewacht von den kurdisch-geführten Einheiten der Syrischen Demokratischen Streitkräfte (SDF). Niemand weiß, was mit den FTF-Gefangenen geschehen wird, denn die meisten Staaten wollen diese Dschihadisten am liebsten gar nicht mehr heimkehren lassen. Schlimmer: Im Irak steht ihnen laut Human Rights Watch mit großer Wahrscheinlichkeit ein “Fünf-Minuten-Gerichtsverfahren” mit anschließender Exekution bevor. Das befürchten insbesondere die rund 280 Daesh-Gefangenen, die Ende letzten Monats dorthin abgeschoben worden seien, darunter auch über ein Dutzend Franzosen. Einerlei: Syrische und irakische Gefängnisse sind wahre Brutstätten des islamistischen Terrorismus.

Möglicherweise werden alle Gefangenen freigelassen

Im Falle des von Trump im Dezember 2018 angekündigten Rückzugs der 2.000 US-Soldaten aus Syrien droht schlicht die Freilassung aller Gefängnisinsassen, insbesondere weil dann die kurdischen Bewachungskräfte an der türkischen Grenze bitter benötigt werden. Die Wi edergeburt des angeblich gerade vollständig besiegten

Daesh durch entlassene, indigene Terroristen ist dann wohl nur ei ne Frage der Zeit. Die dann vermutlich aber ebenfalls folgende illegale Rückkehr der ausländischen Terroristen, der FTF, über die grüne Grenze in ihre Heimatländer ist nicht allzu schwer, denn der Daesh ist weiterhin gut vernetzt, insbesondere

An Täter von morgen denken

“Foreign Terrorist Fighters” müssen zurückgeführt werden

(BS/Uwe Kranz) Es bedurfte nur weniger Tweets des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, um die europäischen Politiker aufzuschrecken. Damit wurde ein monatelanges, stilles, diplomatisches Tauziehen hinter den Kulissen abrupt beendet. Dabei warnte er im Grunde nur vor dem Problem, das seit Jahren schon bekannt und befürchtet, aber stets auf die lange Bank geschoben worden ist: Rund 800 inhaftierte sogenannte “Foreign Terrorist Fighters” (FTF) werden in syrischen Gefängnissen gefangen gehalten.

in der Türkei. Die türkisch-syrische Grenze ist eher ein poröses Trug-Gebilde denn eine sichere Grenze. Alleine 300 FTF aus dem Vereinigten Königreich sollen sich seit Monaten in der Türkei verborgen halten.

Diskussion muss stattfinden

Man muss sich daher mangels rechtlicher Alternativen zwingend und mit mehr Nachdruck auch in Deutschland mit der kontrollierten Rückführung inhaftierter Terroristen beschäftigen. Daran führt schon lange kein Weg mehr vorbei, zumindest, wenn man moralische oder rechtsstaatliche Prinzipien nicht vollends aufgeben will. Das Problem ruht aber in der Frage, was diesen Menschen rechtlich vorgeworfen werden kann und was im jeweiligen Einzelfall zu unternehmen ist.

Gewiss, das Bundeskriminalamt (BKA) hat Kenntnis von den seit 2013 inzwischen rund 1.050 in das “syrakische Kalifat” ausgewanderten Deutschen, weiß

Daesh-Provinz KTB? In Nigeria bei der Daesh-Provinz ISWAP? In Ägypten bei der Daesh-Provinz ISNS? In den anderen DaeshProvinzen, die bereits existieren oder derzeit aufgebaut werden?

Oder sind sie längst zurückgekehrt nach Deutschland oder in ein anderes EU-Land, vielleicht gar ausgestattet mit falschen Identitäten?

Zu spät in Angriff genommen

von ungefähr um die etwa 200 dort Getöteten, hat mit einer eigenen Arbeitsgruppe die inzwischen zurückgekehrten 350 deutschen Islamisten verstärkt ins Visier genommen und hat versprochen, diese nun besser überwachen zu wollen.

Daraus geht zunächst frappant hervor, dass das BKA offensichtlich nicht weiß, was mit den restlichen 500 Deutschen geschehen ist und wo diese sich jetzt, nach der Zerschlagung des “Kalifa-

2018:

ein

Mit Sicht auf die in den vergangenen Jahren von Rückkehrern begangenen Straftaten, vor allem von solchen mit viel zu vielen falschen Identitäten und Nationalitäten, ist auch die Frage berechtigt, warum das überhaupt so spät in Angriff genommen wird. Die Frage, ob die für die 350 Rückkehrer erforderlichen rund 11.000 Observationskräfte, die man für die professionelle Überwachung eines so großen Kontingents potenzieller Gefährder benötigte, samt dem dazugehörenden Equipment plötzlich vom Himmel gefallen seien, soll erst gar nicht gestellt werden. Zur Erinnerung: Während der Überwachung der SauerlandZelle im Jahr 2007 war deutschlandweit kaum noch ein MEK beziehungsweise SEK für andere Einsätze verfügbar.

Wie groß ist die Schnittmenge der Rückkehrer mit den rund 750 in Deutschland registrierten Gefährdern? Weiß das BKA genau, wo die sich übrigen in Deutschland registrierten Gedie Schnittmengen zwischen Gefährdern und den über 11.500

bereit seien? Nur ein Drittel gilt

als “qu iet salafists”, als gesetzeskonforme, angeblich friedliche Salafisten. Man täte also gut daran, auch das dritte Drittel, die “nur aktionsbereiten” Salafisten, auch stärker ins Visier zu nehmen. Denn der Schritt zur Gewaltaktion ist klein. Schließlich: Wie groß ist die konstruktive und Gefährdern, die Gefahr des gegenseitigen Aufschaukelns? Um das tatsächliche Ausmaß der Problematik zu skizzieren, seien hier nur noch exemplarisch die aktuellen Zahlen der schon zurückgekehrten FTF aus Frankreich (130) oder dem Vereinigten Königreich (360) genannt. Addiert man die Rückkehrer aus den übrigen EU-Staaten, nimmt man dann die auch dort rasant steigende Anzahl an gewaltbeoder an Homegrown-Terroristen hinzu, hat man es schon mit einer kleinen Armee zu tun, die sich im grenzenlosen SchengenRaum problemlos bewegen und agieren kann. Zurück zu den im Ausland inhaftierten FTF: Bundesnachrichtendienst und BKA haben laut BKA-Präsident Holger Münch in Syrien schon länger recherchierende Kräfte “im Verbund” vor Ort. Diese würden Vernehmungen durchführen, soweit als möglich gerichtsfeste Beweismittel erlangen und sichern, Ermittlungsverfahren vorbereiten oder auch Haftgründe ermitteln, um spätere Rückführungen vorzubereiten. Diese sollen nach den

Jahr mit Licht und Schatten

Weniger Verkehrsunfälle, aber mehr Unfalltote und Verletzte

Der Terrorismusexperte des Behörden Spiegel, Uwe Kranz, verlangt eine Rückführung ausländischer terroristischer Kämpfer in ihre Herkunftsstaaten. Dieser Schritt müsse aber unbedingt sukzessive erfolgen.

Foto: BS/Dombrowsky

derzeitigen politischen Vorgaben aber nur dann erfolgen, wenn man diese Personen auch direkt nach ihrer Einreise vor Gericht stellen kann.

Ansatz im Niemandsland

Dieser vorgelagerte Ansatz ist im juristischen und diplomatischen Niemandsland statt. Weder di e syrische noch die türkische Regierung haben in dieser Region etwas zu sagen, es gibt keine Botschaften, keine Rechtshilfeersuchen und keine unabhängige Justiz. Es existieren nur der gute Wille der kurdisch-syrischen SDF und die Hoffnung auf mehr Zeit. Eine Rückführung unter diesen sicherheitspolitischen und strafprozessualen Bedingungen kann ohnehin nur schrittweise geschehen, beginnend mit den wenigen klar gelagerten und gerichtsfest untermauerten Fällen. In den allermeisten Fällen (insbesondere gilt dies für Frauen) wollen die Gefangenen aber nur Opfer gewesen sein. Viele behaupten, nur im Sanitätsdienst eingesetzt gewesen zu sein. Das Gegenteil will erst bewiesen werden. Zudem ist zu hinterfragen, ob ein solch eher taktischer Ansatz für die vorliegende Gesamtlage überhaupt ausreicht, ob er

einer sicherheitsbehördlichen Gesamtstrategie, einer nationalpolitischen Verantwortung oder einer umfassenden, gemeinsamen europäischen oder gar globalen Vereinbarung unterliegt. Dies ist zu verneinen.

Großbritannien mit besserem Ansatz

Der britische Ansatz, den FTF die Staatsbürgerschaft zu entziehen, was in Einzelfällen auch schon erfolgte, und das entsprechende nationale Recht zu ändern, ist vielversprechender, verlangt aber politischen Mut.

Der in Deutschland diskutierte Ansatz, die Staatsbürgerschaft nur bei doppelter Staatsbürgerschaft zu entziehen und das auch nur für künftig ausreisende deutsche FTF, ist ein halbherziger, unausgereifter, halt ein politischer Kompromiss.

Der Eintritt in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates, dessen Staatsangehörigkeit (der deutsche FTF) ebenfalls besitzen (will), aufgrund entsprechende Zustimmung oder Berechtigung, führt nach dem deutschen Staatsangehörigkeitsgesetz zwingend und automatisch zum Verlust der Staatsangehörigkeit.

Recht selbst aufgegeben

Hat sich Daesh nicht selbst zum “Islamischen Staat” erklärt? Und haben die deutschen FTF nicht die entsprechenden Einreiseformulare des Daesh-Regimes unterzeichnet und damit auf ihre deutsche Staatsangehörigkeit ausdrücklich verzichtet? Damit wäre der Verlust der Staatsbürgerschaft eigentlich schon längst dokumentiert. Schließlich erfolgt der Verlust kraft Gesetzes, also ohne Zutun der Behörden. Wer beim “Islamischen Staat” eingetreten ist, hat sein Recht auf die deutsche Staatsangehörigkeit selbst aufgegeben. Wer wieder Deutscher sein will, muss zunächst einen Antrag auf Einbürgerung stellen.

MELDUNG

(BS/Gerd Lehmann) Die Polizei nahm 2018 bundesweit rund 2,6 Millionen Verkehrsunfälle auf. Das waren 0,4 Prozent weniger als 2017, dem bislang unfallreichsten Jahr seit der deutschen Wiedervereinigung. Bei 2,3 Millionen Unfällen blieb es 2018 bei Sachschäden. Das waren 0,7 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden nahm demgegenüber um 1,7 Prozent zu.

Im Jahr 2018 ereigneten sich in Deutschland insgesamt

2.643.098 Verkehrsunfälle, davon rund 307.900 mit Personenschaden. Während sich in zwölf Bundesländern weniger Unfälle ereigneten oder die Unfallzahlen auf dem Vorjahresniveau lagen, stieg die Zahl der Verkehrsunfälle im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr in den Ländern Bayern (+1,3 Prozent), Berlin (+0,6 Prozent), Nordrhein-Westfalen (+1,0 Prozent) und in SchleswigHolstein (+0,7 Prozent) leicht an. Größte Zunahmen in Sachsen und Hessen

Nachdem es 2017 einen historischen Tiefstand bei den Verkehrstoten auf deutschen Straßen gegeben hatte, nahm deren Zahl 2018 nach zwei Jahren Rückgang wieder etwas zu. 2018 starben bei Unfällen im Straßenverkehr 3.274 Menschen. Das waren 94 Getötete oder 3,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Trotz der Zunahme der 2018 bei Verkehrsunfällen getöteten Personen war dies der drittniedrigste Stand seit 1950.

In absoluten Zahlen betrachtet gab es die größten Zunahmen an Verkehrstoten in Sachsen (+51 = 34,7 Prozent), Hessen (+26 = 12,2 Prozent) und in SchleswigHolstein (+22 = 22 Prozent). Die stärksten Rückgänge bei der Zahl der Verkehrsunfalltoten gab es

in Baden-Württemberg (-18 Tote = 3,9 Prozent), im Saarland (-neun Tote = 20,5 Prozent) und in Thüringen (-neun Tote = 8,3 Prozent).

Risiko in Sachsen-Anhalt und Brandenburg am höchsten Gemessen an der Einwohnerzahl war das Risiko, im Straßenverkehr tödlich verletzt zu werden, in Sachsen-Anhalt mit 63

Todesopfern sowie in Brandenburg mit 57 Todesopfern je einer Million Einwohner am höchsten. Weit unter dem Bundesdurchschnitt von 39 Getöteten je einer Million Einwohner lagen aufgrund ihrer Siedlungsstruktur die Stadtstaaten, aber auch Nordrhein-Westfalen, wo auf eine Million Einwohner 26 Getötete kamen. Während 2018 weniger Fußgänger (-6,1 Prozent) und

Insassen von Pkws (-2,1 Prozent) tödlich verunglückten, kamen mehr Menschen auf Fahrrädern (+13 Prozent) und Krafträdern (+ neun Prozent) ums Leben.

Mehr Verletzte in zwölf Bundesländern

Die Zahl der bei Verkehrsunfällen verletzten Personen nahm 2018 gegenüber dem Vorjahr ebenfalls zu, und zwar um 1,2

Prozent auf rund 395.550 Personen. In absoluten Zahlen betrachtet gab es die größten Zunahmen in Nordrhein-Westfalen (+2.095 Verletzte = 2,7 Prozent), Baden-Württemberg (+814 Verletzte = 1,7 Prozent), Berlin (+793 4,6 Prozent), Sachsen (+685 Verletzte = 4,1 Prozent) und Bayern (+651 Verletzte = 0,9 Prozent). Rückgänge verzeichneten nur die Länder Brandenburg (-1,4 Prozent), Niedersachsen (-0,9 Prozent), Sachsen-Anhalt (-1,0 Prozent) und Schleswig-Holstein (-1,6 Prozent).

Unfallursachen nicht entscheidend verändert Nicht angepasste oder überhöhte Geschwindigkeit war auch 2018 wieder eine der Hauptunfallursachen. Viele der Unfälle in der aktuellen Bilanz könnten möglicherweise verhindert werden. Das gilt unter anderem für die Themen Ablenkung am Steuer durch Smartphones, Unfälle mit abbiegenden Lkws sowie die immer weiter zunehmende PSLeistung von Motorrädern. LkwFahrer fuhren oft zu dicht auf, waren übermüdet oder hatten den Notbremsassistenten ausgeschaltet. Die Entwicklung zeigt, dass es in Sachen Verkehrssicherheit noch viel zu tun gibt. Hier sind alle Akteure gefragt: Bund, Länder, Kommunen und nicht zuletzt die Unternehmen.

Keine Ermächtigungsgrundlage (BS/mfe) Für die abschnittsweise vorgenommene Geschwindigkeitsmessung auf der Bundesstraße sechs in Niedersachsen mangelt es an einer gesetzlichen Grundlage. Aus diesem Grunde muss die sogenannte “Section Control”, die zwischen den Anschlussstellen Gleidingen undmentan noch im Probebetrieb Dies entschied das Verwaltungsgericht Hannover und gab damit sowohl einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als auch einer entsprechenden Klage statt. Bemängelt wurde von den Richtern, dass die Technik die Kennzeichen aller in den 2,2 Kilometer langen, überwachten Abschnitt einfahrenden Fahrzeuge erfasst. Auch wenn die Daten im sogenannten Nichttrefferfall sofort wieder gelöscht würden, werde so in das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Und das ohne Ermächtigungsgrundlage, weder auf Bundes- noch auf Landesebene.

Der Antragsteller und Kläger müsse einen Eingriff in seine Grundrechte auch während des Probebetriebs von “Section Control” nicht hinnehmen. Denn aus dem grundgesetzlich verankerten Rechtsstaatsprinzip und dem Grundsatz der Gewaltenteilung folge, dass die Exekutive nicht selbst so handeln dürfe, als hätte der Gesetzgeber sie hierzu bereits ermächtigt.

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 46 Innere Sicherheit
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Serie TERRORZIELE (TEIL 30) Im vergangenen Jahr kam es auf Deutschlands Straßen zwar zu weniger Verkehrsunfällen (Foto) als noch 2017. Dabei wurden aber mehr Personen getötet oder verletzt als ein Jahr zuvor. Foto: BS/Andreas Trojak, CC BY 2.0, flickr.com

Gute und tragfähige Lösung

Endlich Kompromiss zum EU-Katastrophenschutzverfahren gefunden (BS) Nach langem Ringen zwischen den Mitgliedsstaaten und den Institutionen der Europäischen Union ist mit Blick auf das EU-Katastrophenschutzverfahren eine Einigung gefunden worden. Nationale Ressourcen und Kapazitäten für den Katastrophenschutz sollen durch Brüssel nur ergänzt, nicht ersetzt werden. Im Gespräch mit dem Behörden Spiegel bewertet Dr. Alexander Götz, derzeitiger Vorsitzender des für Katastrophenschutzthemen zuständigen Arbeitskreises V der Innenministerkonferenz (IMK), den Kompromiss. Die Fragen an den Abteilungsleiter im niedersächsischen Innenministerium stellte Marco Feldmann.

Behörden Spiegel: Herr Dr. Götz, wie bewerten Sie die gefundene Einigung in Bezug auf den EU-Katastrophenschutzpool und das entsprechende Gemeinschaftsverfahren?

Dr. Götz: Die Einigung ist aus deutscher Sicht eine gute und tragfähige Lösung. Diesbezüglich waren wir uns im Arbeitskreis V der Innenministerkonferenz sehr einig. Schließlich lagen anfangs deutlich weiter gehende Vorschläge der EU-Kommission vor, die einer problematischen Zentralisierung Vorschub geleistet hätten Der Kompromiss nun stärkt das Gemeinschaftsverfahren und ist ein wichtiges Signal europäischer Solidarität.

Behörden Spiegel: Aber besteht nicht die Gefahr, dass sich nun einige Mitgliedsstaaten zu sehr auf Hilfe durch die Europäische Union verlassen?

Dr. Götz: Nein, alles in allem halte ich diese Gefahr für sehr begrenzt. Der gefundene Kompromiss konterkariert die nationalen Anstrengungen für einen effektiven Katastrophenschutz nicht. Vielmehr ergänzt er die entsprechenden Kapazitäten, indem es keine von den nationalen Kräften losgelösten zentralen EUEinheiten geben wird, die Einsatzbereiche für die neuen sog. rescEU-Kapazitäten sehr sorgund Eigenanteile bei Ausstattung und Einsatz obligatorisch bleiben. Die Einigung wahrt insofern den Grundsatz der Subsidiarität. Im EU-Katastrophenschutzverfahren bleibt das solidarische Miteinander entscheidend.

Behörden Spiegel: Welche Herausforderungen bestehen weiterhin?

Dr. Götz: Der EU-Katastrophenschutzpool muss kontinuierlich fortentwickelt werden. Es brauchttäten der einzelnen Mitgliedsstaaten, die für ihn gemeldet werden können. Entscheidend für einen schlagkräftigen Katastrophenschutz ist das Zusammenwirken aus aktiver Prävention der Mitgliedsstaaten, guter Vorbereitung und entschlossener Reaktion. Und natürlich gibt es immer Verbesserungspotenzial bei der Vorbereitung auf Katastrophen. Deshalb unterstützen wir den Aufbau eines Wissensnetzwerkes auf europäischer Ebene, mit dem Erfahrungen und Fachkenntnisse geteilt und ein regelmäßiger

MELDUNG

2018 viel zu warm

Mehr Verfahren eingeleitet

Zoll geht härter gegen Schwarzarbeit vor (BS/mfe) Die Beschäftigten der deutschen Zollverwaltung haben im vergangenen Jahr mehr Ermittlungsverfahren wegen Straftaten im Bereich der Schwarzarbeitsbekämpfung sowie der illegalen Beschäftigung eingeleitet. Auch die Summe der dort erwirkten Geldstrafen aus Urteilen und Strafbefehlen sowie Freiheitsstrafen nahm zu. Gleiches gilt für die Anzahl der überprüften Arbeitgeber.

Austausch ermöglicht werden. Schließlich sind alle Akteure aufgefordert, ihre eigenen Handlungsfähigkeiten und Ressourcen immer wieder auf den neuesten Stand zu bringen. Da darf nicht gespart werden.

Behörden Spiegel: Welche Kapazitäten wird Deutschland in den EU-Katastrophenschutzpool einbringen?

Dr. Götz: Deutschland ist bereits seit längerer Zeit aktiv am EU-Katastrophenschutzmechanismus beteiligt. Mehrere Kapaim EU-Katastrophenschutzpool registriert. Der Frage nach weiteren Kapazitäten wollen wir uns im Arbeitskreis V der Innenministerkonferenz intensiv widmen. Noch stehen keine Details fest. Gezeigt hat sich aber bereits, dass es in den Bundesländern eine große Bereitschaft zu mehr Engagement gibt. Das betrifft zunächst den EU-Katastrophenschutzpool. Geprüft werden muss indes noch, ob sich Deutschland in einer zweiten Stufe auch bei den rescEU-Kapazitäten engagieren wird.

Dr. Götz: Aufgrund der Zunahme von Wetterextremen sowie der Folgen des Klimawandels müssen wir uns auf eine breite Palette an möglichen Einsatzszenarien einstellen. Ziemlich sicher ist schon jetzt, dass der Hilfebedarf in der Flächen- und Waldbrandbekämpfung hoch bleiben und mutmaßlich weiter zunehmen wird. Auch auf CBRNLagen müssen wir vorbereitet sein. Wichtig zu betonen ist mir aber, dass jedes Bundesland für sich selbst die Kapazitäten Gemeinschaftsverfahren einbringen kann und will.

Behörden Spiegel: Es sindropäische Union im Rahmen des Katastrophenschutzpools vorgesehen. Wie genau sind die ausgestaltet?

“Der gefundene Kompromiss konterkariert die nationalen Anstrengungen für einen effektiven Katastrophenschutz nicht.”

Dr. Götz: Bei spontanen Hilfeleistungsaktionen der Mitgliedsstaaten werden künftig 75 Prozent der Transportkosten von der Europäischen Union übernommen. Finden Einsätze im Rahmen des EU-Katastrophenschutzpools statt, trägt die Gemeinschaft ab sofort drei Viertel der operationellen Kosten. Das ist eine große Erleichterung für alle Beteiligten.

Wurden 2017 in diesem Bereich noch rund 108.000 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Straftaten initiiert, waren es im letzten Jahr bereits etwas mehr als 111.000. Auch die Zahl der einschlägigen, abgeschlossenen Ermittlungsverfahren wuchs an. Des Weiteren wurden 2018 im Rahmen strafrechtlicher Verurteilungen und Strafbefehle wegen Verstößen gegen Bestimmungen zur Bekämpfung von Schwarzarbeit sowie verbotener Beschäftigung Geldstrafen in Höhe von 33,4 Millionen Euro verhängt. Ein Jahr zuvor waren es noch “nur” 31,6 Millionen Euro gewesen. Die Summe der erwirkten Freiheitsstrafen belief sich auf 1.715 Jahre (2017: 1.648 Jahre). Gleichzeitig sank jedoch die Summe der vereinnahmten Geldbußen, Verwarnungsgelder und Einziehungsbeträge von 26,5 auf 20,4 Millionen Euro. Noch stärker war der Rückgang bei den diesbezüglich festgesetzten Beträgen. Ihre Summe nahm von 64,4 Millionen Euro im Jahr 2017 auf zuletzt noch 49,3 Millionen Euro ab. Hingegen wurden deutlich mehr Verstöße gegen das Mindestlohngesetz festgestellt. Davon gab es 2018 bereits 6.220 Fälle, während

es 2015 noch nur 1.316 waren. 2.744-mal ging es dabei im vergangenen Jahr um Mindestlohnunterschreitungen. Um h ier in Zukunft noch effektiver werden zu können, erhält die zuständige Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) zusätzliche Befugnisse und mehr Personal. Die Zöllner konnten im letzten Jahr auch mehr erhobene Abgaben verzeichnen. Deren Summe belief sich 2018 auf 141 Milliarden Euro. Ein Jahr zuvor waren es noch 130,3 Milliarden gewesen. Auch die Summe der erhobenen Verbrauchssteuern wuchs von 59,3 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf nunmehr 66,3 Milliarden Euro an. Im Kampf gegen Rauschgiftkriminalität stiegen die Sicherstellungsmengen im Jahresvergleich zum Teil erheblich an. Dies gilt unter anderem für Haschisch, Amphetamine und Heroin. Ge-

Die Mitarbeiter des deutschen Zolls sind im letzten Jahr deutlich härter gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung vorgegangen. Das zeigt sich unter anderem an den Summen der erwirkten Geld- und Freiheitsstrafen sowie der Anzahl kontrollierter Arbeitgeber. Foto: BS/Feldmann

bei Kokain sowie der Menge der sichergestellten Zigaretten. Wurden 2017 noch 77 Millionen Glimmstängel beschlagnahmt, waren es zuletzt nur noch 62 Millionen.

Im Bereich der Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie wurden von deutschen Zollkräften im letzten Jahr Waren im Wert von nahezu 200 Millionen Euro beschlagnahmt. Im Vergleich zu 2017 stieg dabei die Anzahl der Grenzbeschlagnahmen massiv von 21.506 auf 37.698 an.ten in rund drei Viertel aller Fälle aus China und Hongkong.

Daten stärker fusionieren

BOS müssen verschiedene Quellen nutzen (BS/mfe) Die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) müssen die Daten, die sie aus verschiedenen Quellen erhalten, stärker miteinander kombinieren, zusammenfassen und übereinanderlegen. Außerdem braucht es bei der Auswertung großer unstrukturierter Datenmengen, etwa bei einer intelligenten Videoüberwachung, eine Anomalieerkennung.

Diese müsse gegebenenfalls mithilfe von Softwarelösungen erfolgen, die Unregelmäßigkeiten anhand von Mustererkennung detektieren, verlangt Prof. Dr. Michael Lauster vom Fraunhofer-Institut INT in Euskirchen. Außerdem plädiert er für die Nutzung eines Einsatzführungssystems, das Informationen umfassend bereitstelle, aktuell sei, ebenengerechte Analysen erlaube, Entscheidungsalternativen anbiete, die verschiedenen Entscheidungsschritte dokumentiere und vernetzt sei. Des Weiteren unterstreicht der Wissenschaftler: “Die Fähigkeit, neue Technologien erkennen und bewerten zu können, ist entscheidend

(BS/mfe) 2018 war hierzulande das wärmste Jahr seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen und entsprechender Temperaturzeitreihen im Jahre 1881. Die Jahresmitteltemperatur betrug 10,5 Grad Celsius. Der Wert liegt um 2,3 Grad Celsius über dem Mittelwert der internationalen Referenzperiode 1961 bis 1990. Beim bisherigen Rekord in der Bundesrepublik 2014 wurde eine Mitteltemperatur von 10,3 Grad Celsius erreicht, der Mittelwert damit um 0,2 Grad übertroffen. Das vergangene Jahr war auch sehr sonnenscheinreich. Das entsprechende Mittel betrug 2.015 Stunden. Von Februar bis November 2018 war durchweg ein

Behörden Spiegel: Bei welchen Einsatzlagen werden nationale Kapazitäten aus dem EU-Katastrophenschutzpool künftig vor allem zum Einsatz kommen?

Bei rescEU-Einsätzen außerhalb der Europäischen Union können sogar bis zu 100 Prozent der Kosten von der Kommission übernommen werden. Bei der Ausgabenerstattung zum Aufbau solcher Einheiten kommt es künftig entscheidend auf den Spezialisierungsgrad der einzelnen Einheit an.

für die Zukunftsfähigkeit einer modernen Polizei.” Auch müsse die Polizei immer wissen, über welche technologischen Möglichkeiten ihr Gegenüber verfüge. Problematisch sei aus seiner Sicht, dass die BOS bisher nur schwache Künstliche Intelligenz (KI) nutzten, so Lauster Mehr Interoperabilität schaffen Grundsätzlich seien Technik und KI aber nur Hilfsmittel für die Beamten der Sicherheitsbehörden, gab Prof. Dr. Jürgen Beyer er vom Fraunhofer VVS zu bedenken. Sie könnten den Menschen jedoch nie komplett ersetzen. Das zeige sich unter

anderem im Bereich der intelligenten Videoüberwachung, erläuterte der Forscher. Beyerer empfahl den BOS, sich gegenüber dem Bundesverteidigungsministerium (BMVg) und der Bundeswehr offener zu zeigen und den Informationsaustausch zu intensivieren. Es brauche dringend mehr Interoperabilität. Inwiefern Technik allgemein, und 3D-Laserscanning im Besonderen, BOS bei der Aufgabenbewältigung unterstützen kann, verdeutlichte Thorsten Schnichels von LEICA Geosystems. So könne die Methode unter anderem bei der Einsatzplanung und der Schadensdokumentation helfen.

RETTmobil 2019

19. Europäische Leitmesse für Rettung und Mobilität 19th European Leading Exhibition for Rescue and Mobility

Sonnenscheinüberschuss zu verzeichnen. Des Weiteren waren zehn der zwölf Jahresmonate zu trocken, wie der Leiter des Referats für hydrometeorologische Beratungsleistungen beim Deutschen Wetterdienst (DWD), Dr. Thomas Deutschländer, erläuterte. So wurde eine Niederschlagsmenge von insgesamt 586 Litern pro Quadratmeter im Flächenmitüber 200 Liter pro Quadratmeter.

von 26 Prozent war 2018 laut Deutschländer das vierttrockenste Jahr seit 1881. Noch weniger 1959. Neue Rekorde gab es auch bei den Zahlen der sogenannten

Heißen Tage mit einer Lufttemperatur von mehr als 30 Grad Celsius sowie bei den Sommertagen, an denen es mindestens 25 Grad Celsius warm wurde. Von Ersteren gab es 2018 20 Tage, von Letzteren im Mittel 74 Tage. Das sind zwölf Tage mehr als im bisherigen Rekordjahr 2003. Sie stellen insbesondere für ältere Menschen sowie Personen mit angeschlagenem Immunsystem eine erhebliche Belastung und für die Feuerwehren eine große Herausforderung dar. Angesichts all dieser Zahlen kann es nicht verwundern, wenn Deutschländer konstatiert: “Das Jahr 2018 stand in Deutschland also wieder ganz im Zeichen des Klimawandels.”

FACHPROGRAMM: Podiumsdiskussion

Messe-Forum Medizinisch-Rettungsdienstliche Fortbildungen Workshops

Fulda | Messe Galerie 15.– 17. Mai 2019

Mittwoch – Freitag 9 – 17 Uhr

Fulda | Fair Gallery 15th – 17th May 2019

Wednesday – Friday 9am – 5pm

www.rettmobil.org

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 47
Innere Sicherheit / Katastrophenschutz
Dr. Alexander Götz ist momentan Vorsitzender des Arbeitskreises V der Innenministerkonferenz (IMK). Dessen Mitglieder befassen sich mit Fragen des Katastrophenschutzes. Zugleich ist er Abteilungsleiter im Hannoveraner Innenministerium. Foto: BS/privat

Neues aus der Wehrtechnik

Integrierte Luftraumüberwachungsradare Hensoldt/Raytheon

(BS) Das US-Unternehmen Raytheon und das deutsche Unternehmen Hensoldt statten zwei europäische Kunden mit integrierten Luftraumüberwachungsradaren aus, die das Flughafenkontrollradar der nächsten Generation (ASR-NG) von Hensoldt und das Sekundär-Überwachungsradar (“Condor Mk 3”) von Raytheon kombinieren.

Wie von beiden Unternehmen auf dem World

März in Madrid berichtet, erhält die niederländische Luftwaffe ein System, das sowohl eine hochleistungsfähige Flugsicherung als auch die Minderung von Störungen durch Windparks auf dem Flugplatz De Kooy ermöglicht. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) erhält im Rahmen ihres Modernisierungsprogramms drei Systeme zum Austausch alter Radarsysteme.

Das ASR-NG besitzt eine PSR-Reichweite von 120 Seemeilen und einer Höhenabdeckung von 50.000 Fuß. Zu den Vorteilen dieses Radars gehören 3D-Funktionen, um Höheninformationen von nicht-kooperativen Flugzeugen oder solchen ohne Transponder zu erhalten. Entwickelt aus dem “Condor Mk 2”, nutzt das Mk 3 erweiterte Funktionen wie u. a. einen Sender mit höherer Einschaltdauer und automatische adaptive Leistungsregelung.

Vor einem Jahr unterzeichneten Raytheon und Hensoldt eine entsprechende Kooperationsvereinbarung. Gemeinsam wollen beide Unternehmen ihren Kunden weltweit leistungsstarke ATC-Lösungen sowie Dienstleistungen und Verbesserungen an der installierten Basis des digitalen Luftüberwachungsradars ASR-11 in den USA anbieten.

“Unser Ziel ist es, den globalen Luftraum durch die Schaffung des weltweit fortschrittlichsten Flugsicherungssystems sicherer zu machen”, sagte Matt Gilligan, Vice President of Navigation, Weather and Services bei Raytheon. “Das Primärradar von

Bob Delorge, Vice President of Transport and Support Services bei Raytheon Intelligence, Information and Services (links), und Erwin Paulus, Head of Radar, IFF and Communications bei Hensoldt, unterzeichneten

Hensoldt bietet im Vergleich zu anderen eine fast viermal so große Volumenabdeckung, und das ist etwas, was unsere Kunden wollen.”

“Als Radarspezialist können wir auf eine Vielzahl erfolgreicher ATC-Programme zurückblicken”, sagte Erwin Paulus, Leiter von Radar/IFF bei Hensoldt.

“Zusammen mit Raytheon können wir unseren Kunden sehr attraktive Systemlösungen anbieten”.

Hensoldt beliefert Kunden auf der ganzen Welt mit Lösungen für die Flugsicherungs- und FreundFeind-Kennung für militärische und zivile Anwendungen. Das Unternehmen hat u. a. die Flugplätze der Bundeswehr mit dem Flughafenüberwachungsradar ASR-S (Airport Surveillance Radar, S-Band) -

Ihre ATC-Radare sind außerdem in Australien, Kanada, Großbritannien, Österreich und Portugal unter Vertrag.

Mehr Informationen unter www.hensoldt.net

Erklärung zur Verlängerung des Rüstungsexportstopps

BDSV

(BS) Die Bundesregierung hat den Rüstungsexportstopp für Saudi-Arabien um weitere sechs Monate verlängert. Zu dem gemeldeten Ergebnis erklärte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e. V. (BDSV), Dr. Hans Christoph Atzpodien: “Unsere Industrie akzeptiert bei allen Rüstungsexportfragen die jeweilige politische Entscheidung der Bundesregierung. Dies gilt auch vorliegend.”

“Mit der weiteren Verlängerung des Moratoriums”, so Dr. Atzpodien weiter, “verabschiedet Deutschland sich damit als Partner auf Augenhöhe von der Teilnahme an Europäischen Gemeinschaftsprojekten. Wir brauchen gemeinsame europäische Exportmaßstäbe, sonst funktioniert die Rüstungskooperation nicht. In vielen Fällen geht es in diesen Fragen auch nur um die Zulieferung deutscher Teile, die in einem Rüstungsgut verbaut sind.“ Damit unternehme die Bundesregierung den Versuch, “unsere Partner ebenfalls zu einem Quasi-Embargo gegenüber Saudi-Arabien zu zwingen. In der Folge besteht die Gefahr, dass die deutsche Industrie ihre Fähigkeit zur Systemintegration und damit wesentliche, auch von der Politik erwünschte, industrielle Schlüsselfähigkeiten verliert”, betonte der Hauptgeschäftsführer.

“Im Übrigen wiederholen wir unsere Auffassung, dass politische Restriktionen bei Ausfuhrentscheidungen der Bundesregierung, soweit sie laufende, zuvor bereits genehmigte Vorhaben betreffen, nicht auf dem Rücken der Unterneh-

men ausgetragen werden sollten. Hier muss es im Fall einer endgültigen Ausfuhrverweigerung zu einer angemessenen Kompensation kommen (Stichwort: Vertrauensschutz)”, so Dr. Atzpodien abschließend. Der BDSV vertritt rund 160 Groß- und mittelständische Unternehmen, die in Deutschland ansässig sind und sich vornehmlich als Ausrüster von staatlichen Organen der inneren und äußeren Sicherheit verstehen. Nach Verbandsangaben betrieben diese Unternehmen Rüstungsexport “ausschließlich im Einvernehmen mit der Bundesregierung nach den dafür geltenden, sehr restriktiven deutschen Genehmigungs- und Ausfuhrbestimmungen”.

Mehr Informationen unter www.bdsv.eu

Schweizer Armee entscheidet sich für TSMS

ESG

(BS) Die Schweizer Armee, vertreten durch ihr Bundesamt für Rüstung, “Armasuisse”, hat nach einem intensiven Auswahlprozess im Projekt “8,1cm Mörser 19” die von der ESG entwickelte Lösung “Taranis Swiss Mortar System” (TSMS) als künftiges Feuerleitsystem gewählt. TSMS basiert auf dem Führungs- und Waffeneinsatzsystem (FüWES) “Adler III” der deutschen Artillerie, das sich seit Jahrzehnten im Einsatz bei der BundesTSMS stellt die digitale Vernetzung zwischen Beobachtung, Feuerleitung, Führung und dem Waffensystem “8,1cm Mörser 19” sicher. Die Flexibilität bei der Anbindung verschiedener Sensoren,

Neuer Führungssimulator für Schweizer Armee Rheinmetall

(BS) Der Düsseldorfer Konzern hat nach einer umfassenden Evaluation von Armasuisse mit Hauptsitz in Bern – einer der vier zentralen Beschaffungsstellen des Bundes in der Schweiz – den Zuschlag erhalten, den neuen Führungssimulator zur Ausbildung der dortigen Armee zu liefern. Der Auftrag wurde im Februar unter Vertrag genommen. Standort des neuen Führungssimulators ist die Generalstabsschule (Gst S) in Kriens im Kanton Luzern. In diesem Ausbildungszentrum wird durch das Kommando Führungssimulator seit Jahren Simulator-gestützte Führungsausbildung angeboten. Die militärischen Kommandanten und Stäbe der operativen und taktischen Stufe können zusammen mit zivilen Führungsorganisationen auf eidgenössischer, kantonaler oder kommunaler Ebene die Führung und Lageverfolgung trainieren. Zentraler Bestandteil ist die Integration und Kopplung von C2I (Command, Control and Intelligence) und von Umsystemen (die Summe aller Umsysteme bildet die Systemumwelt) mit dem neuen konstruktiven Simulationssystem “Osiris”. Gefordert war u. a. eine wesentliche Reduktion von Bedienpersonal. Gemeinsam mit der auf Automatisierung ausgelegten Software “Osiris” soll dies nun realisiert werden können. Der Betrieb und die Instandhaltung während der Nutzungsphase durch ein Materialkompetenzzentrum runden den geplanten Liefer- und Leistungsumfang ab. Mittels “Osiris” soll es mit einem streitkräftegemeinsamen Modell möglich sein, sowohl den operativen als auch den taktischen Einsatz einzelner militärischer Kräfte und die zugehörigen Fähigkeiten abzubilden – zu Land, in der Luft und zur See.

Mit Szenarien von der Katastrophenhilfe über die Landesverteidigung bis hin zu friedensfördernden

Einsätzen lässt sich der Führungsprozess im Sinne des "Sicherheitsverbundes Schweiz" (SVS) mit realitätsnahem und aktuellem Einsatzbezug trainieren. Dabei können zivile Ansprechpartner des Bundes, der Kantone und der Gemeinden gezielt einbezogen werden.

Die Bedienung des Führungssimulators kann auf unterschiedlichen Hierarchiestufen erfolgen: Eine hoch automatisierte Steuerung ist von einzelnen Entitäten bis zu der Ebene Brigade möglich. Dabei unterstützt “Osiris” die Eingabe von aggregierten Befehlen über mehrere Stufen gleichzeitig. Hiermit wird der maximale Freiheitsgrad in der Kontrolle der simulierten Entitäten geboten und gleichzeitig eine große Bandbreite an Ausbildungsebenen ermöglicht.

Mit der ausgewählten Lösung sollen alle Anforderungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft für den neuen Führungssimulator in Kriens erfüllt werden. Als erfahrenes Unternehmen im Bereich Simulation und Training übernimmt Rheinmetall als Lieferant und Systemintegrator die Verantwortung für die Umsetzung der Anforderungen und die Integration des Systems.

Mehr Informationen unter www.rheinmetall.com

Sonderheft “AFCEA 2019” neu auf dem Markt ProPress

(BS) Pünktlich zur 33. AFCEA-Fachausstellung

Mitte April im Bonner Maritim Hotel liegt das neue Magazin zur Ausstellung vor, das zusammen von AFCEA Bonn e. V., dem Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e. V. (BDSV) sowie der Behörden SpiegelGruppe erstellt worden ist. Das Vorwort stammt von Benedikt Zimmer, beamteter Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung (BMVg).

Im ersten Teil schreibt u. a. Brigadegeneral Armin Fleischmann, Vorsitzender AFCEA Bonn und Abteilungsleiter Planung im Kommando Cyber- und Informationsraum (CIR), zum AFCEA-Jahresthema “Digitale Kompetenz und Konvergenz – im Zeitalter intelligenter Systeme”. Generalleutnant Dr.-Ing. Ansgar Rieks, Vorstand AFCEA Bonn und Stellvertreter des Inspekteurs Luftwaffe, behandelt das Thema “Digitale Kompetenz und Innovation in der Luftwaffe”. Auch das Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie FKIE ist hier mit zwei Beiträgen vertreten. Dr.-Ing. Michael Wunder, ebenfalls Vorstand AFCEA und Abteilungsleiter “Informationstechnik für Führungssysteme” bei Fraunhofer FKIE, beschäftigt sich mit “wissenschaftlichen Überlegungen zu Mensch und Künstlicher Intelligenz”.

Dr. Hans Christoph Atzpodien, Hauptgeschäftsführer des BDSV, äußert sich im zweiten Teil zu “Plattformen im Zeichen der Digitalen Konvergenz”.

Den “Ausschuss Digitale Konvergenz” stellt Tobias Ludwig Eder, Referent des BDSV, vor. Die bis zum

ZSwKBw aufgestellt Bundeswehr

wie zum Beispiel von Wärmebild- und Laserentfernungsmessgeräten, kabellos sowie kabelgebunden, sowie unterschiedlicher Kommunikationsmittel zeichnet das System aus.

Die Auswahlentscheidung durch die Beschaffungsbehörde der Schweizer Armee, Armasuisse, gilt für den Hersteller als ein weiterer Beleg für die Leistungsfähigkeit der ESG in den Domänen “Joint Fire Support” sowie “Battle Management Systems”. Die ESG-Gruppe insgesamt erbringt Leistungen in der Logistik, der Systementwicklung, dem Training und der Beratung.

Mehr Informationen unter www.esg.de

(BS) Nach einem Jahr Vorbereitungsarbeiten ist Anfang April das Zentrum für Softwarekompetenz der Bundeswehr (ZSwKBw) in EuskirchenOberst i. G. Hartmut Bock war der Beauftragte für die Aufstellung des ZSwKBw. Dessen erster Kommandeur ist Oberst Peter Hillermann

“Wir machen hier Softwareentwicklung und Integration”, erläutert Thomas Schulte, Leiter für Entwicklung und Integration. “Das heißt ganz praktisch, wir schreiben selbst Software oder passen bereits vorhandene Software an die Bedürfnisse der Bundeswehr an.” Auch das Herstellen von Interoperabilität von militärischer Software

Sonderheft des Behörden Spiegel: “AFCEA 2019”. Redaktionelle

Leitung: Reimar Scherz. Herausgeber: R. Uwe Proll. 88 Seiten, Heftpreis: 7,50 Euro, ISBN 978-3934401-50-1 Grafik: BS/Susan Wedemeyer

vergangenen Jahr im BDSV bestehende “Arbeitsgemeinschaft Cyber/ IT” wurde zu einem “Ausschuss Digitale Konvergenz” aufgewertet und zu einer entsprechenden AustauschPlattform für die Verbandsmitglieder ausgebaut. Auch zahlreiche Firmenvertreter – u. a. von IBM Deutschland, Oracle, Secunet Security Networks, Saab Deutschland, CONET Solutions, Thales Deutschland und Infodas – kommen mit eigenen Beiträgen zu Wort. Außerdem enthält das Magazin in einem dritten Teil viele praktische Informationen zur Fachausstellung: das Programm des begleitenden AFCEA-Symposiums, die Liste der 163 Aussteller, den Standplan im Hotel Maritim

Mehr Informationen unter www.behoerdenspiegel. de/sonderpublikationen

gehört dazu. Das bedeutet, in Flamersheim sorgen die IT-Spezalisten der Bundeswehr dafür, dass unterschiedliche militärische Softwareanwendungen aus verschiedenen Ländern im Einsatz untereinander kompatibel sind.

“Wenn Sie Projektmanager oder Softwarearchitekt sind oder Erfahrungen mit Stabsarbeit in einer Organisation haben, dann sind sie bei uns willkommen”, wirbt Oberstleutnant i. G. Sascha Günther vom ZSwKBw. Gesucht werden dafür sowohl zivile Mitarbeiter als auch Soldaten und Reservisten.

Mehr Informationen unter www.cir.bundeswehr.de

Wehrtechnik
Seite 48 Behörden Spiegel / April 2019
vor genau einem Jahr den Partnerschaftsvertrag. Foto: BS/Hensoldt Bei der Arbeit mit der “Osiris”-Software Foto: BS/Rheinmetall Dr. Hans Christoph Atzpodien Foto: BS/BDSV

Rheinmetall Denel Munition hat sich auf Artilleriegeschütze, Mörser und Infanteriewaffen spezialisiert. Während Rheinmetall Defence den größten Teil seines Geschäftes mit NATO-Staaten abwickelt, deckt RDM nicht nur den Markt des südlichen Afrikas ab, sondern ist auch in Asien, dem Nahen und Mittleren Osten sowie in Lateinamerika präsent.

Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender der Rheinmetall AG, erklärte gegenüber den mitreisenden Pressevertretern vor Ort: “Südafrika ist ein wichtiger Teil von Rheinmetall geworden, besonders mit unserem Munitionsgeschäft hier. Früher war das Land ein starker Wettbewerber von uns. Mit unserer Strategie, international zu expandieren, haben wir von hier aus direkten Zugang zu den Märkten Afrikas, Asiens und Lateinamerikas”, so der Rheinmetall-CEO weiter.

Mit der Regierung in Pretoria verlaufe die Zusammenarbeitalisierte Ingenieure für Artillerieund Mörsermunition würden in Südafrika beschäftigt. “Die ersten sieben Jahre haben wir alle hier erzielten Gewinne in Südafrika selbst investiert. Mittlerweile werals Dividende ausgeschüttet, der Rest wird weiter in die Firma investiert”, so Papperger

Die zweitägige “Ammunition Capability Demo” zählt zu den weltweit größten Vorführungencher aus 53 Staaten – ein neuer Rekord, wie die Veranstalter betonten – bekamen auf dem

ACD 2019

Schießvorführungen in Südafrika

(BS/Dr. Gerd Portugall) Mitte März veranstaltete die Rheinmetall Denel Munition (Pty) Ltd. (RDM) nach 2008 und 2015 zum nunmehr dritten Male die “Ammunition Capability Demo” (ACD) in Südafrika. RDM ist 2008 als Joint Venture der deutschen Rheinmetall Waffe Munition GmbH und der südafrikanischen Denel SOC Ltd. gegründet worden. Rheinmetall hält seitdem 51 Prozent der Anteile von RDM und Denel die verbleibenden 49 Prozent.

Denel-Testgelände Overberg bei Arniston in der Provinz Westkap ganz im Süden des Schwarzen Kontinents ein eindrucksvolles Schießprogramm zu sehen.

Die unterschiedlichen Uniformen der Gäste wiesen ihre Träger als Angehörige der Streitkräfte u.koreas, Thailands und der USA aus. Auch zahlreiche europäische

aus Großbritannien, Dänemark, Polen, Schweden und der Ukraiu. a. Generalmajor Michael Hochwart, Abteilungsleiter I (Einsatz, Militärisches Nachrichtenwesen, Ausbildung) im Kommando Heer in Strausberg, und Kapitän zur See Gerald Koch, deutscher Verteidigungsattaché in Pretoria, vor

“Wind of Change” zum Abschied

Kommandeurwechsel im KdoITBw (BS/por) Ende März übergab auf der Bonner Hardthöhe der Inspekteur Cyber- und Informationsraum (CIR), Generalleutnant Ludwig Leinhos, im Rahmen eines militärischen Appells die Führung des Kommandos Informationstechnik der Bundeswehr (KdoITBw) von Generalmajor Heinrich-Wilhelm Steiner an Generalmajor Dr. Michael Färber. Rund sechs Jahre lang führte General Steiner, der jetzt in den Ruhestand trat, das ITKommando.

Mit General Dr. Färber, dessen letzte Station Stellvertreter des Abteilungsleiters Cyber- und In-desministerium der Verteidigung kein Unbekannter die Führung

Ingenieurwissenschaftler stellvertretender Kommandeur des

Euskirchen. Auch Alliierte waren vertreten, wie beispielsweise eine

D. Clay Kaserne in WiesbadenErbenheim. Im Anschluss an den Appell folgte ein Empfang im Casino der Hardthöhe mit zahlreichen

des südafrikanischen Heeres, Generalleutnant Lindile Yam “Feuer frei!”

Am ersten Tag leitete die südafrikanische Luftwaffe die Vorder Typen Saab JAS 39 “Gripen” in den Versionen C (einsitzig)

kg Explosivstoff frei.

Das obligatorische Händeschütteln am Ende der Übergabezeremonie (v.l.n.r.): Generalmajor Dr. Michael Färber, Generalleutnant Ludwig Leinhos und Generalmajor Heinrich-Wilhelm Steiner

IT-Kommandos gewesen. General Leinhos würdigte in seiner Rede nicht nur den erfolgreichen Aufbau und die anschließende Führung des IT-Kommandos durch den gebürtigen Hessen

Steiner : ”In Deiner Dienstzeit hast Du auch maßgeblichen Anteil an der Neuausrichtung und der zukunftsorientierten Ausbildungserweiterung der Schule für Informationstechnik

Wirken im Personalwesen der Vereinbarkeit von Familie undte Einheiten waren auf dem Münchner Platz angetreten, wie

bündeten Streitkräften, Politik, Wirtschaft sowie ehemalige Kameraden und Freunde. Am Abend wurde General Steiner zusätzlichdeswehr für Persönlichkeiten, die sich in besonderem Maße um die haben, zuteil: Mit einer Serenade, umrahmt von Musikstücken des wurde ihm ein feierlicher Abschied von seiner aktiven Dienstzeit bereitet. Dabei durfte weder der “Hessische Fahnenmarsch” von Landgraf Ludwig VII. noch “Wind of Change” von den Scorpions fehlen. Seine Karriere begann General Steiner 1975 als Grundwehrdienstleistender in

Frankenberg/Eder. Nach seidie sich ein Studium der Elektrotechnik an der Universität anschloss, folgten verschiedene Verwendungen als Kompaniechef sowie Dezernats- und ReferatsSteiner zum General der Fernmeldetruppe ernannt. Weitere Verwendungen als Kommandeur der FernmelFührungsstab der Streitkräfte selbst sagte – “erster und letzter” Kommandeur der damals noch als Führungsunterstützungs-zeichneten IT-Dienststelle. Das KdoITBw die Aufrechterhaltung der Fühdurch die Zusammenführung aller Aufgaben der klassischen Führungsunterstützung. Diese umfassen Einsatz, Schutz,mations- und Kommunikationstechnik (IKT) “aus einer Hand”. Als eines von drei Kommandosbereiches Cyber- und Informationsraum. Zusammen mit dem Zentrum für Geoinformationswein Euskirchen und dem Kommando Strategische Aufklärung (KdoStratAufkl) im rheinlandpfälzischen Grafschaft-Gelsdorf umfasst der sechste militärische Organisationsbereich derzeit großer Teil dieser Stellen ist in der unterstreicht somit die besondere Standort für Cyber Security.

fen. Es folgten je ein Kampfhubschrauber vom Typ Denel Aviation “Rooivalk” (afrikaans für “Roter Falke”) der Luftwaffe und der Marine. Auch ein vollautomatisches Schiffsgeschütz vom Typ des italienischen Herstellers Oto Melara zeigte seine Feuerkraft. Die Landstreitkräfte der “South African National Defence Force” (SANDF) hatten alles aufgeboten, was schießen kann: vomunterschiedlicher Kaliber bis zum Kampfpanzer “Olifant”(afrikaans

größten Kaliber waren die G5Feldhaubitze und die G6-Selbstfahrlafette – beide von Denel, beide mit Kaliber 155 mm. Der weiteste Fernschuss legte mehr

das Minenräumsystem “Plofadder” von Rheinmetall auf einer

ber 155 mm von Denel Land Systems präsentierte die “Assegai”Munitionsfamilie im scharfen Schuss. Auch das unbemannte, batteriebetriebene Mehrzweckder Rheinmetall Canada Inc. wurde in zwei verschiedenen Versionen vorgeführt: als VerwundetenTransporter (“Rescue”) und als Raketenwerfer (“Protection”) –letzterer erstmals öffentlich auch im scharfen Schuss. Für diese Vorführung hatte Rheinmetall 14 ungelenkte Raketen Kaliber Zeebrugge) verschossen.

Hintergrund

zur Gruppe aufstrebender Volkswirtschaften, die unter den InitiaIndien, China und eben Südafrika). Das Land am Kap gilt – neben Nigeria – als kontinentaler Anwärter auf einen Ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat im Falle einer schon lange von vielen geforderten grundlegenden Reform. Auf dem Papier gilt die südaktiven Soldaten als die fähigsteReservisten hinzu. Die Verteidigungsausgaben für das Haussich auf rund vier Milliarden US-

Dollar. Um eine Vergleichsgröße – Verteidigungsausgaben durch Kopfstärke – zu haben: Während Südafrika grob gerechnet kommt, sind es in DeutschlandAndauernde wirtschaftliche Probleme hätten jedoch die Wirksamkeit der südafrikanischen Streitkräfte zunehmend ausgehöhlt, so eine Einschätzung des renommierten Londoner “International Institute for Strategic Studies” (IISS). Die Regierung in Pretoria beteiligt sich dessen ungeachtet regelmäßig an UNMissionen. So sind ihre Streit-standteil der “Force Intervention Republik Kongo. Auch stellen sie Anteile der “SADC Standby Force”. Diese “Southern African Developals regionale Organisation zur wirtschaftlichen und politischen Integration im südlichen Afrika gegründet. Ihr gehören mittlerweile 16 Staaten an. Traditionell spielt die SANDF eine wichtige Rolle bei Ausbildung und Unterstützung der Streitkräfte der Nachbarstaaten. Das Rückgrat des Heeres bilden britischen “Centurion”-Panzers, der kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Vereinigten Königreich in Dienst gestellt wurde. Als das UN-Waffenembargo ab 1977 für alle Staaten bindend wurde, war es dem Apartheid-Regime praktisch unmöglich geworden, neue Panzer im Ausland zu erwerben. Herz-

schwedischen Typs Saab “Gripen” in den Versionen C und D. Klasse von ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) stellen die größten Überwasser-Einheiten der südafrikanischen Marine dar.

MELDUNG

Streit um die F-35schaffung des modernen MehrLockheed Martin ist ein heftiger Streit zwischen den Regierungen in Washington und Ankara ausgebrochen. Grund ist der türkische Kauf des russischen

Die Trump-Administration befürchtet, dass Russland über sein System an sensible Daten des F-35-Jets gelangen könnte. Stattdessen will die US-Regierung angeblich der Türkei ihr Flugabwehrraketensystem “Patriot” verkaufen.

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Seite 49 Behörden Spiegel / April 2019 Wehrtechnik
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Feuer frei aus allen Rohren: das südafrikanische Heer bei der Schießvorführung auf dem Testgelände Overberg Fotos: BS/Portugall

Heiko

Bundesaußenminister

Maas (SPD) erklärte im Vorfeld des Jubiläumstreffens mit seinen NATO-Amtskollegen in der US-Hauptstadt: “Wir haben uns klar dazu bekannt, mehr Geld in Verteidigung zu investieren, und wir halten Wort.” Er verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass Deutschland seine Verteidigungsausgaben seit 2014, als die Atlantische Allianz auf ihrem Gipfeltreffen in Wales den Zwei-Prozent-Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandprodukt (BIP) bis 2024 – die sogenannte “NATO-Quote” – verabredet hatte, bereits um fast 40 Prozent erhöht habe.

An anderer Stelle betonte Bundesverteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU): “Wir sind von einem absoluten Tiefpunkt aus gekommen in diesem Jahr 2014, weil davor 25 Jahre des Kürzens gestanden haben.” Weiter führte sie aus: “Wir sind jetzt auf dem Weg bergauf und Deutschland hat gesagt: Bis zum Jahr 2024 schaffen wir 1,5 Prozent von diesen zwei Prozent.” Doch was sagen die deutschen Haushaltsplanungen im Einzelnen?

Zahlen, bitte!

Ende März hat die Bundesregierung den Finanzplan des Bundes für die Jahre 2019 bis 2023 verabschiedet. Danach beträgt das Soll für den Einzelplan 14 in diesem Jahr 43,23 Milliarden Euro. Das sind bemerkenswerte 12,2 Prozent mehr als im Vergleich zum Vorjahr. 2018 betrug der deutsche BIP-Anteil am Verteidigungsetat 1,24 Prozent. Die Schätzwerte für dieses Jahr variieren bei der NATO-Quote zwischen 1,24 und 1,31 Prozent BIP-Anteil – je nachdem, wie das Bruttoinlandsprodukt für 2019 tatsächlich ausfallen wird. Der Etat-Eckwert für kommendes Jahr beläuft sich auf 45,10 Milliarden Euro, was einer Steigerung von 4,3 Prozent im Vergleich zu 2019 entspräche. Perspektivisch ergäbe sich daraus ein angenommener Anteil von 1,37 Prozent am BIP.

Die weiteren Eckwerte der Finanzplanung lauten für 2021 dann 44,26 Milliarden Euro –immerhin ein Rückgang um 840 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr –, was auch einen Rück-

DieFeierlichkeiten zum 70-jährigen Bestehen der Atlantischen Allianz in der US-Hauptstadt, dem Ort ihrer Gründung, werden insbesondere aus deutscher Sicht überschattet durch die ausgesprochen harsche Kritik der Trump-Administration, wonach insbesondere die Bun-zielle Mittel für die gemeinsamen Anstrengungen des Bündnisses bereitstelle (mehr zum Thema “deutsche Verteidigungsausgaben” im obigen Artikel)

Dass die NATO in den sieben Dekaden ihrer Geschichte von außen bedroht wurde beziehungsweise wird, ist kein neues Phänomen. Neu ist hingegen, dass aktuell die größte Gefahr für die Atlantische Allianz von innen ausgeht, und das ausgerechnet von seinem wichtigsten Mitglied: den Vereinigten Staaten von Amerika. Denn: Mit den USA steht – oder fällt – das Transatlantische Bündnis. Und der Grund dafür trägt einen Namen: Donald J. Trump, seines Zeichens Präsident der Vereinigten Staaten – und Oberbefehlshaber.

Der bekannte US-Politikwissenschaftler Prof. Dr. Francis Fukuyama schreibt in seinem jüngsten Buch “Identity” unverblümt: Bei Trump sei “es schwer, sich jemanden vorzustellen, der weniger geeignet ist, Präsident der Vereinigten Staaten zu sein”. Auch Bob Woodward,

Verteidigungsausgaben im Fokus

Dauerstreit um zwei Prozent und Jährlichkeitsdebatte

(BS/Dr. Gerd Portugall) Aus deutscher Sicht werden die Feierlichkeiten zum 70-jährigen Bestehen des westlichen Verteidigungsbündnisses in Washington/DC, dem Ort seiner Gründung, überschattet durch die ausgesprochen harsche Kritik der Trump-Administration, wonach insbesondere die Bundesrepublik ungenügende finanzielle Mittel für die gemeinsamen Anstrengungen des Bündnisses bereitstelle. Diese Kritik lässt die Bundesregierung jedoch nicht gelten.

der “Rücklage zur Gewährleistung überjähriger Planungsund Finanzierungssicherheit für Rüstungsinvestitionen” erhält das BMVg die Möglichkeit, eine entsprechende Rücklage aus Minderausgaben bis zu einer Höhe von 500 Millionen Euro pro Jahr zu bilden. Bisher ist dieses Haushaltsinstrument jedoch noch nicht angewandt worden.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Dr. Reinhard Brandl Mitglied im Haushalts- und im Verteidigungsausschuss, erklärte in diesem Zusammenhang gegenüber dem Behörden Spiegel: “Im Haushalt wurde jetzt die Möglichkeit geschaffen, Rücklagen zu bilden. Wir im Haushaltsausschuss werden nun beobachten, ob – und wie – dieses Instrument greift.”

Verpflichtungsermächtigung gemäß BHO

Dessen ungeachtet besteht Rechtssicherheit für die wehrtechnische Industrie durch das haushaltsrechtliche Hilfsmittel der “Verpflichtungsermächtigung” nach der Bundeshaushaltsordnung (BHO).

gang des BIP-Anteils auf 1,33 Prozent bedeute. Für 2022 sind es 44,29 Milliarden Euro, d. h. 40 Millionen Euro weniger, die einen BIP-Anteil von 1,29 Prozent ergäben. Für 2023 schließlich sind aktuell 44,16 Milliarden Euro eingeplant, also noch einmal 130 Millionen Euro weniger, was dann nur einer NATO-Quote von 1,25 Prozent entspräche. Wie bei dieser – angenommenen – Haushaltsentwicklung im Jahr 2024 die versprochenen 1,5 Prozent BIP-Anteil, aktuell wären das bereits rund 50 Milliarden Euro, erreicht werden sollen, sei einmal dahingestellt.

Zukunftszahlen nur unter Vorbehalt

Doch Vorsicht: Es handelt sich hier um “Eckwerte”. Während der Eckwert für 2021 aktuell 44,26 Milliarden Euro beträgt, betrug er im Eckwertebeschluss vor zwei

Jahren noch 44,30 Milliarden – also immerhin eine Differenz von 40 Millionen Euro. Außerdem kann das künftige BIP der entsprechenden Jahre jetzt auch nur geschätzt werden.

Lediglich von diesem auf das kommende Jahr kann sich die Steigerung des Verteidigungshaushaltes – absolut wie relativ zum Bundeshaushalt insgesamt – sehen lassen: Wie erwähnt, soll der Einzelplan 14 von 2019 zu 2020 um 12,2 Prozent wachsen. Der Bundeshaushalt soll im gleichen Zeitraum um lediglich 1,7 Prozent auf 362,6 Milliarden Euro zunehmen. Während der Einzelplan 14 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 1,9 Prozent gekürzt werden soll, sieht der Eckwertebeschluss der Bundesregierung gleichzeitig eine Zunahme des Bundeshaushalts insgesamt um 1,0 Prozent – auf dann 366,1 Milliarden Euro – vor.

Für 2022 sieht der Verteidigungsetat nach aktueller Planung eine Steigerung um 0,06 Prozent vor. Der Bundeshaushalt 2022 soll gleichzeitig aber um 1,7 Prozent wachsen. Für das letzte Jahr der jetzigen Finanzplanung soll der Einzelplan 14 um 0,3 Prozent zurückgehen, während der Gesamthaushalt 2023 um 0,9 Prozent zunehmen soll.

Neu: Rücklagen für Rüstungsinvestitionen

Losgelöst von den Haushaltssummen für die einzelnen Jahre stellt seit jeher die Jährlichkeit des Bundeshaushalts ein besonderes Problem für die Bundeswehr-Beschaffer dar – insbesondere bei ausgesprochen großen, sprich teuren Projekten,schiebungen führen. Grundsätzes auch gerne. So kann es zum

Die NATO mit 70

Herausforderungen durch Trump und Putin

Beispiel nicht abgerufene bzw.ten, etwa bei Auslandseinsätzen. Gleichzeitig strebt das Verteidigungsministerium Rücklagen an. von Geldern und die Bildung von Rücklagen sind nicht gleichzeitig möglich. Das schließt sich gegenseitig aus. Das Jährlichkeitsproblem anzupacken, war deshalb Gegenstand der Koalitionsverhandlungen, die mittlerweile zu einem Ergebnis geführt haben. Mit der Annahmezminister Olaf Scholz (SPD) für den Bundeshaushalt 2019 durch das Bundeskabinett im Sommer 2018 wurde ein neuer haushalterischer Mechanismus geschaffen, der verhindern soll, dass künftig Finanzmittel verfallen, die im Laufe eines Jahres wegen Verzögerungen bei Rüstungspro-

Gemäß § 3 Abs. 1 BHO ermächtigt der Haushaltsplan die Verwaltung, “Ausgaben zuzugehen”. Dabei sind nach § 6 BHO nur die Ausgaben und die Ermächtigungen zum Eingehentung von Ausgaben in künftigen Jahren zu berücksichtigen, “die zur Erfüllung der Aufgaben des Bundes notwendig sind”.

mehrerer Haushaltsjahre eingegangen werden können, sollen die Jahresbeträge im Haushaltsplan angegeben werden”, so § 16 Satz 2 BHO. Maßnahmen, die den Bund zur Leistung von Ausgaben in künftigen Haushaltsjahren zulässig, “wenn der Haushaltsplan dazu ermächtigt”. Gemäß § 38 Abs. 2 BHO gilt auch: “Im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedarfs kann das Bundesministerium der Finanzen (BMF) Ausnahmen zulassen.” Aber: Zusätzlich zur Rücklagen-Regelung von 2018 muss das BMF gegebenenfalls große Geldsummen – bis zu 500 Millionen Euro – vorhalten.

(BS/por) In früheren Zeiten, als die durchschnittliche Lebenserwartung noch deutlich niedriger lag als heute, galt das Erreichen eines Alters von 70 Jahren bereits als dem Greisenalter zugehörig. Eine große Zukunft oder gar Weiterentwicklung der Jubilare wurde kaum noch erwartet. Sind solche menschlichen Erfahrungswerte auch auf multinationale Organisationen wie das Nordatlantische Bündnis übertragbar, das in diesen Tagen sein 70. Jubiläum begangen hat?

renommierter US-Journalist und einer der beiden Watergate-Enthüller, stellt in seinem jüngsten Buch mit dem bezeichnenden Titel “Fear” – Furcht – fest: “Trump hatte keine Ahnung, wie ein Staat funktioniert.”

Selbst der notorische Stephen K. Bannon , vormaliger “Chefstratege” in Trumps Weißem Haus, erklärte, dass “Trump nicht einmal rudimentäre Vorstellungen vom politischen Geschäft” habe. Nur eines hat der heutige Präsident verstanden: Geld ist der Motor der amerikanischen Politik. Daraus folgt für ihn: Politik – einschließlich Außenpolitik, Sicherheitsstrategie, Militärpräsenz in Übersee alles sei-, letztlich eine Frage des Geldes, und davon verstehe er schließlich etwas.

Europa muss mehr tun

Schnitt: Die Atlantische Allianz gilt – zu Recht, bisher – als das erfolgreichste Militärbündnis in der Geschichte der Menschheit.

“Doch 70 Jahre erfolgreiche transatlantische Zusammenarbeit sagen nur wenig über die

So sehr sollen die Verteidigungsausgaben der europäischen NATO-Staaten steigen: US-Präsident Donald Trump zeigt NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg im Weißen Haus im Vorfeld der Feierlichkeiten zum 70. Jubiläum der Atlantischen Allianz seine Erwartungshaltung. Foto: BS/NATO

Zukunftsfähigkeit der NATO aus”, so der deutsche NATO-Beamte Michael Rühle, Referatsleiter “Hybride Herausforderungen und Energiesicherheit” im internationalen Stab des Bündnisses in Brüssel, gegenüber dem Behörden Spiegel.

Die Kritik von Präsident Trump an einer “unfairen” transatlantischen Lastenteilung, so Rühle weiter, “deutet an, dass die Geduld Amerikas mit Europa nicht unbegrenzt ist. Deshalb müssen die europäischen Mitglieder alles unternehmen, um

ihre Verteidigungshaushalte wieder zu erhöhen. Und ebenso muss Europa auch in militärischen Einsätzen außerhalb des eigenen Kontinents ein Partner der USA bleiben. Ein Europa, das sich zwar rhetorisch selbstbewusst gibt (“Strategische Autonomie”), aber militärisch nicht liefert, riskiert die transatlantische Partnerschaft genauso wie ein auf sich selbst bezogenes Amerika.” Mit anderen Worten: Die Europäer müssen gleichzeitig wegen und trotz Trump mehr tun.

Unsicherheitsfaktor Russland

Wem nützen die Spannungen innerhalb der NATO am meisten? Putins Russland – ganz gleich, ob aktiv betrieben oder nur passiv Krim durch Russland im Frühjahr 2014”, so Michael Rühle in einem anderen Beitrag für den Behörden Spiegel, “war nicht nur die größte Herausforderung für die europäische Sicherheitsarchitektur, sie führte auch zur Rückbesinnung der NATO auf die Kernaufgabe der kollektiven

Verteidigung.” Doch diese Rückbesinnung wird nicht umsonst zu haben sein. Werden die Bevölkerungen der europäischen Mitgliedsstaaten der Atlantischen Allianz es mittragen, deutlich mehr Geld für Verteidigung auszugeben?

Dank der “Social Media” sindsungen bis hin zu bewussten Falschinformationen Tür und Tor geöffnet: “Wenn die Einschätzung stimmt, dass der Kreml die USA von den europäischen NATO- und EU-Staaten trennen will”, so Generalleutnant a. D. Dr. Klaus Olshausen gegenüber dem Behörden Spiegel, “dann kann er zur Zeit allerdings weit unterhalb der “Raketenschwelle” die zahlreichen Unstimmigkeiten, ja Streitigkeiten zwischen der Trump-Administration und der EU lautstark über seine digitalen Kanäle und Sozialen Medien in den westlichen Öffentlichkeiten verschärfen.”

Will das Transatlantische Bündnis deutlich älter als 70 werden, müssen von allen Beteiligten große Anstrengungen unternommen werden. Multinationale Organisationen können nur altern, wenn sie funktionieren. Wenn sie nicht mehr funktionieren, gibt es keinen Grund mehr für ihren Fortbestand. Beim Menschen ist es genau umgekehrt: Sie können altern, auch wenn ihre Funktionen nachlassen.

Behörden Spiegel / April 2019 Seite 50 Verteidigung
Der Einzelplan 14 (Verteidigung): ein Buch mit sieben Siegeln. Foto: BS/Portugall

Zum Nachsatz der oben erwähnten “fremden Armee” sei in diesem Zusammenhang aber auch an das Besatzungsstatut vom April 1949 erinnert, das die Beziehungen zwischen der künftigen Bundesrepublik und den drei westalliierten Besatzungsmächten USA, Großbritannien und Frankreich regelte. Soll heißen: Wenn ein Land keine eigene Armee hat, muss es eine Besatzungsarmee erdulden. Daraus folgt weiter: Länder ohne Armeen kann es letztlich nicht geben. Das dabei immer wieder gerne bemühte “Gegenbeispiel” Costa Rica erweist sich bei genauerem Hinsehen – es verfügt immerhin über 12.600 Sicherheitskräfte –als untauglich.

Die Anwendung militärischer Gewalt ist heutzutage ein weitgehend geächtetes Mittel der internationalen Poli tik – zumindest bei liberal-demokratischen Repräsentativsystemen. Ausnahmen hiervon werden als “Ultima Ratio” mit besonderen Gefährdungslagen begründet.

Man denke hier beispielsweise an den Einsatz des israelischen Militärs in den Palästinensergebieten oder der USA im Nahen und Mittleren Osten. Die Versuche, vor der Anwendung militärischer Gewalt abzuschrecken oder sie einzudämmen, sind Legion – Beispiele gescheiterter Abschreckung und Eindämmung aber auch.

Bundesrepublik und Militär Deutschland ist aufgrund der ausgesprochen schmerzlichen Erfahrungen mit militärischer Gewalt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts heute mental wie politisch relativ gut aufgestellt. Dies belegt anschaulich der Umgang mit militärischer Gewaltsamkeit während der zweiten Hälfte jenes Jahrhunderts – sowohl in Bezug auf die alte westdeutsche Bundesrepublik (ausschließlich humanitäre Einsätze) als auch in Bezug auf den heutigen wiedervereinigten Gesamtstaat (nur Einsätze im multinationalen Rahmen, außer der kleinen deutschen “Operation Libelle” von 1997 zur Evakuierung von Ausländern in Tirana). Bei der Bundeswehr als dem militärischen Waffenträger Westbzw. Gesamtdeutschlands ist man stets bemüht gewesen, sinnvolle Lehren aus dem “Failing State” Weimarer Republik und

Das wahabitische Königreich hatte bei der zur LürssenGruppe gehörenden Peene-Werft im vorpommerschen Wolgast 35 Küstenschutzboote bestellt – ein Milliardengeschäft. Darunter sind 33 Stück des 40 Meter langen Typs CSB 40 sowie zwei größere “Offshore”-Patrouillenboote von 60 Metern Länge. Von diesen sind bisher erst 15 Einheiten –allesamt vom Typ CSB 40 – an die Arabische Halbinsel ausgeliefert worden.

Von den verbleibenden 20 Booten ist eine Reihe von Booten aber schon fertig oder fast fertig. Erschwerend kommt hinzu, dass die Peene-Werft in Wolgast seit Dezember des vergangenen Jahres Kurzarbeit angemeldet hat.

Das oben erwähnte “Bonmot” Genschers kann hier kaum greifen: Hauptgrund für das Waffenembargo ist die Beteiligung Saudi-Arabiens seit 2015 am Bürgerkrieg im Jemen. Beide Staaten haben nicht nur eine gemeinsame Land-, sondern auch eine gemeinsame Seegrenze –und die Küstenlinie des Jemens beträgt immerhin rund 1.900 Kilometer. Da ließe sich viel Patrouille fahren.

Industriepolitik

Zwar finden in diesem Jahr – anders als in Brandenburg, Sachsen und Thüringen – in Mecklenburg-Vorpommern keine

Militärische Gewalt als Mittel der Politik

Wie ist Deutschland im 21. Jahrhundert aufgestellt?

(BS/Dr. Gerd Portugall) “Jedes Land hat eine Armee zu tragen, wenn nicht die eigene, dann eine fremde.” Diese Volksweisheit gilt auch hierzulande. Deutschland trägt, mit überwiegend breiter Zustimmung, seine Bundeswehr – und einige verbündete Einheiten, die hier noch stationiert sind. Doch was, wenn Nation und Welt “aus den Fugen” geraten? Wie instrumentell ist militärische Gewalt für die Bundesrepublik?

dem “Failed State” “Drittes Reich” zu ziehen. Gerade ausländische Beobachter stellen das immer wieder anerkennend fest. Daraus hat sich eine eigene “bundesdeutsche strategische Kultur” entwickelt, so der Militärsoziologe Dr. Heiko Biehl vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam. Deren wesentliche

Züge seien zum einen die multilaterale Ausrichtung der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zum anderen eine “Kultur militärischer Zurückhaltung”.

Die wichtigsten Schlussfolgerungen für das innere Gefüge der westdeutschen Streitkräfteneren Führung”, das untrennbar verknüpft ist mit dem Namen des Militärreformers und späteren Generalleutnants der Bundeswehr Wolf Graf von Baudissin Rahmen seiner konzeptionellen Überlegungen forderte der Graf wiederholt die ausdrückliche “Einbürgerung der Soldaten”.

Für Graf Baudissin war der legitime staatliche Waffenträger “Staatsbürger und Staatsdiener in einer Person”. Das umfasst dabei nicht nur eine ideelle, aus der Historie heraus begründete Dimension, sondern sehr wohl auch eine funktionalmilitärische, getreu dem Motto: Der Soldat, der von Wert und Sinn der eigenen freiheitlichen Gesellschaftsordnung zutiefst überzeugt ist, dient besser – und setzt notfalls seine militärische Gewalt auch besser ein.

Verfassungstreue

An anderer Stelle betonte der Graf mit Blick auf die Bundeswehr, dass nur eine “Armee aus freien Staatsbürgern (…) allein ihre Aufstellung rechtfertigen könnte”, was in der Aufbauphase der Bundeswehr gerade wegen der negativen historischen Erfahrungen auf das Heftigste umstritten war. Höchstens ein fest auf dem Boden des Grund-

War – im Vergleich zu anderen Auslandsmissionen – ausnahmsweise innenpolitisch und völkerrechtlich umstritten: der Einsatz von “Tornado”-Kampfflugzeugen der Bundeswehr für Elektronische Kampfführung (engl. ECR) des Geschwaders 51 “Immelmann” (Foto) im Kosovokrieg von 1999.

Foto: BS/Portugall

gesetzes stehender “Staatsbürger in Uniform” sei überhaupt zu legitimieren.

Auch das Bundesverfassungsgericht versteht sich als Hüter von Buchstaben und Geist des Grundgesetzes. Dies zeigt sich anschaulich beim Grundsatzurteil von 1994, das den Einsatz der Bundeswehr ausdrücklich auch außerhalb der Landes- und Bündnisverteidigung erlaubt, hierfür aber den Parlamentsvorbehalt, d. h. die Erteilung eines Bundestagsmandats, zwingend vorschreibt. Der damalige SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Dieter Wiefelspütz nannte die Schaffung dieses konstitutiven Parlamentsvorbehalts als gänzlich neues Recht einen “verfassungspolitischen Geniestreich”.

Unter dem Maßstab der Verfassungstreue erschien Altkanzler Helmut Schmidt “die heutige Bundeswehr als die beste Armee, die es bisher in Deutschland gegeben hat. Gleichwohl bleibt auch künftig die kontinuierliche Aufrechterhaltung politischer und parlamentarischer Kontrolle notwendig.” Aus der po-

litischen Kultur Deutschlands verschwand ohnehin schon vor langer Zeit das Streben nach militärischem Ruhm und Weltgeltung. Teilweise haben sich diese Akzente auch verschoben – weg vom machtpolitischen, hin zum ökonomischen Sektor. Postheroismus und Morall

Die historisch bedingte Aversion der deutschen Gesellschaft gegen jegliche Form militärischer Gewalt hat sich darüber hinaus weiterentwickelt hin zu einer partiell “postheroischen” Ablehnung jeglicher eigener Verluste getreu dem Motto: Außer zur unmittelbaren Landesverteidigung oder – allerhöchstens – zur Bündnisverteidigung sei kein Kriegsdienst deutscher Soldaten zu rechtfertigen. Sei ein humanitärer Militäreinsatz doch vonnöten, so könnten, nach der Auffassung vieler in Deutschland, doch andere Staaten Soldaten oder auch private Sicherheitsdienstleister in die Krisenregionen der Welt entsenden. Der Politikwissenschaftler Prof. em. Dr. Herfried Münkler

Rüstungsexportstopp

Was soll aus den saudischen Küstenschutzbooten werden?

spricht in diesem Zusammenhang von der “Freikaufmentalität postheroischer Gesellschaften”. Diese Formulierung leitet sich ab vom Ausdruck “postheroische Kriegführung” des US-amerikanischen Politikwissenschaftlers und Strategietheoretikers Dr. Edward N. Luttwak. “Wir Deutschen”, so Helmut Schmidt an anderer Stelle, “bleiben eine gefährdete Nation – gefährdet sowohl von innen als auch von außen.” Wo früher Waffengewalt als Mittel der Politik eingesetzt wurde, ist es heute die “Waffe der politischen Moral”. Dort kann die Versuchung entstehen, der eigenen, vermeintlich moralischen Überlegenheit nötigenfalls doch gewaltsam Geltung zu verschaffen. Außenpolitisch hat sich die Bundesrepublik mit ihren Beitritten zur NATO (1955), zur EWG (1957) und zur UNO (1973) so stark selbst gebunden, dass ein unilateraler Einsatz militärischer Gewalt nach außen, der die Zustimmung der internationalen Partner nicht finden würde, äußerst unwahrschein-

lich erscheint. Allerdings nimmt die deutsche Öffentlichkeit die Anwendung politischer Gewalt im Ausland nur sehr begrenzt wahr. Zum einen “ist das Land ganz überwiegend auf sich selbst und seine inneren Angelegenhei-schaftler Prof. Dr. Sven Gareis. Zum anderen sei die Berichterstattung in den deutschen Nachrichtenmedien in Bezug auf den Rückgriff auf Gewalt als Mittel von Politik im besten Fall nur sehr selektiv.

geradezu naives Meinungsbild in der deutschen Öffentlichkeit – und teilweise auch in der politischen Klasse – gegenüber dem internationalen Umfeld. Dies liegt zum einen an der durchaus erfreulichen Ächtung politials auch – dank der durchausge – in der europäischen Nachbarschaft. Daraus schließen zu wollen, dass dem auch außerhalb der Europäischen Gemeinschaft so sei, wäre jedoch ein gefährlicher Trugschluss – wie 2014 dieinischen Krim durch Russland anschaulich demonstrierte. Das letzte und damit immer noch gültige Weißbuch der Bundesregierung von 2016 nennt –noch ganz unter dem Eindruck der islamistischen Terroranschläge in Frankreich und der “Gefährdungsspektrum für unsere Sicherheit”, das sowohl von staatlichen als auch von nichtstaatlichen Gewaltakteuren ausgehen kann, zuerst den transnationalen Terrorismus, gefolgt von Herausforderungen aus dem sowie zwischenstaatliche Konflikte (einschließlich hybrider Bedrohungen). Auch Klimawandel und Migration werden im Weißbuch genannt, die zwar selbst nicht unter den hier genannten Gewaltaspekt fallen, ihrerseits sich aber sehr wohl als Gewalt auslösend erweisen könnten. Diese Aufzählungen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Streitkräfte und Zivilgesellschaft in Deutschland im Vergleich zu ihren einsatzerfahreneren Bündnispartnern immer noch schwerer tun mit dem Einsatz militärischer Gewalt. Dies muss aber kein Makel sein.

Kaliber 20 mm sowie zwei schweren Maschinengewehren Kaliber 12,7 mm.

(BS/por) Der politische Druck auf die Bundesregierung in der Causa “Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien” lässt nicht nach – im Gegenteil: Sowohl innerhalb der drei Regierungsparteien als auch außerhalb hat er aufgrund des offenkundigen Mordes an dem saudischen Journalisten und Regimekritiker Jamal Khashoggi noch einmal geradezu dramatisch zugenommen. Ein bereits genehmigtes Geschäft bereitet der Bundesregierung besondere Kopfschmerzen: der Verkauf von Küstenschutzboten. Früher galt das “Bonmot” des langjährigen Bundesaußenministers Hans-Dietrich Genscher (FDP): “Alles was schwimmt, geht.”

Landtagswahlen statt. Gleichwohl sieht die Große Koalition industriepolitischen Handlungsbedarf: Der Bund will laut Regierungssprecher Steffen Seibert für die betroffene Werft eine “Lösung

Entweder den Bau der Boote zu ermöglichen, ohne sie derzeit auszuliefern, oder aber die Boote für eine spätere Nutzung in Deutschland weiterbauen zu lassen. Doch welches Ressort sollte diese Boote in Dienst stellen?

Innere Sicherheit

Zuständig für den Küstenschutz in Deutschland sind Akteure der einer Küstenwache werden von dem 1994 auf der Grundlage eines Bundestagsbeschlusses gegründeten, aus mehreren Bundesbehörden und -anstalten bestehenden Koordinierungsverbund Küstenwache wahrgenommen. Zur Küstenwache gehören Vollzugskräfte der Bundespolizei, des Zolls, der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sowie der Bun-

Was soll aus den Küstenschutzbooten werden, die unter den Rüstungsexportstopp gegen Saudi-Arabien fallen? Wäre deren Nutzung hierzulande kostenmäßig zu vertreten? Reichen dafür die vorgebrachten politischen Gründe aus? Im Bild: ein Patrouillenboot der Lürssen-Werftengruppe. Foto: BS/Lürssen

desanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. (Mehr zu den Aufgaben der Küstenwache in Deutschland auf Seite 45 dieser Ausgabe.) Erschwerend kommt hinzu, dass sich für die Bundespolizei gerade drei neue Einsatzschiffe der “Potsdam-Klasse” mit -

den, die nach ihrer in Etappen und wesentlich kleinere Schiffe ablösen sollen. Äußere Sicherheit

ressen auf Hoher See ist grundsätzlich die Deutsche Marine

zuständig. Doch was soll sie mit relativ kleinen Patrouillenbooten anfangen, die bestenfalls für den Küstenschutz taugen?

Wie das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) auf Anfrage des Behörden Spiegel erklärte, sehe das Ressort momentan keine sinnvolle Nutzungsmöglichkeit für diese zusätzlichen schwimmenden Einheiten.

Außerdem stellt sich noch eine ganz andere Frage: Was sollen Boote, die für subtropische und tropische Gewässer ausgelegt sind, in der kühlen Klimazone von Nord- und Ostsee? Neben den Beschaffungskosten kämen noch zusätzliche Ausgaben für die Umrüstung von Klimaanlagen auf Heizungen hinzu. Wäre das sowohl kostentechnisch als auch innenpolitisch zu vertreten?

Technische Daten

Die CSB 40-Boote haben eine Besatzung von 20 Seeleuten, eine Wasserverdrängung von 210 Tonnen sowie eine Standardbewaffnung von einem Geschütz

Die beiden größeren Boote des Typs CPV 60 haben eine Besatzung von 47 Matrosen, eine Wasserverdrängung von 700 Tonnen und als Standardbewaffnung alternativ entweder ein Geschütz 20 mm oder 30 mm.

Hintergrund

des vergangenen Jahres wurde von Union und SPD verabredet: “Wir werden ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.” Bei dieser Formulierung wurde offenkundig nicht bedacht, dass sich auch die wichtigsten Verbündeten und Sicherheitspartner Deutschlands – die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich – am Kriegsgeschehen beteiligen. Fielen diese auch Wohl kaum!

Weiter heißt es im Koalitionsvertrag: “Firmen erhalten Vertrauensschutz, sofern sie nachweisen, dass bereits genehmigte Lieferungen ausschließlich im Empfängerland verbleiben.” Wie sollte ein solcher Nachweis gerade bei Booten aussehen? Fragen über Fragen. Man darf gespannt sein, welche Antworten gefunden werden.

Seite 51 Behörden Spiegel / April 2019
Verteidigung

Der Leitende Oberstaatsanwalt steht an der Spitze der Zentralen Organisationsstelle für Vermögensabschöpfung Nordrhein-Westfalen (ZOV NRW). Diese hat ihren Sitz bei der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm. Der 52-jährige Jurist sagt: “Die Vermögensabschöpfung ist ein wichtiges Mittel des Strafrechts und ein zentrales Instrumentarium für uns.” Schließlich könne es sowohl gegen die Täter selbst als auch gegen Komplizen, Unternehmen und sogar gegen Unbeteiligte angewendet werden, die aus einer kriminellen Handlung rechtswidhaben. Zudem könne die Einziehung unabhängig und isoliert von “Sogar Maßnahmen gegen abwesende Täter sowie gegen Erben von Verstorbenen sind möglich”, erläutert Asensio Pagán. Ob das Mittel auch im Rahmen der Verfolgung bereits verjährter Delikte genutzt werden dürfe, sei nach einer entsprechenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) derzeit umstritten, so der zweifache Familienvater.

Ungeachtet dessen unterstreicht der in Paderborn lebende Leitende Oberstaatsanwalt: “Die Vermögensabschöpfung tut Kriminellen richtig weh, oftmals mehr als die Verhängung von Gefängnisstrafen.” Denn wenn es zur Einziehung komme, gelte grundsätzlich: “Die Kohle ist dann wirklich weg.” Mit Blick auf seine Haupttätigkeitsfelder meint der begeisterte Kampfsportler: “Gerade bei Fällen der Geldwäsche kann man massive Vermögensabschöpfung betreiben.”

Schon lange im westfälischen Hamm tätig

Nach seinem Jurastudium und der Referendarausbildung im Bezirk des Oberlandesgerichtes Hamm begann der gebürtige Spanier Asensio Pagán seinen

1997 als Richter auf Probe im staatsanwaltlichen Dienst in Paderborn. Von November 1998 bis Oktober 1999 nahm er im Laufbahnwechsel am Bochumer Landgericht richterliche Aufgaben wahr. Anschließend kehrte er zur Paderborner Staatsanwaltschaft zurück. Später wurde Asensio Pagán ans Düsseldorfer Justizministerium abgeordnet.

Ab August 2006 folgte seine Erprobung bei der Hammer Generalstaatsanwaltschaft. Hier wurde er im September 2007 zum Oberstaatsanwalt befördert. Seither war er dort in unterschiedlichen Aufgabenbereichen tätig. Dazu gehörten unter anderem sogenannte Generalien, also Grundsatzfragen auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen und auf dem Gebiet der Organisierten Kriminalität (OK). “In diesem Bereich bin ich bereits seit Jahren als Dezernent tätig”, berichtet der Jurist. Leiter der ZOV NRW ist Asensio Pagán seit Februar 2017, Leitender Oberstaatsanwalt seit dem 1. Dezember letzten Jahres. Er konstatiert rückblickend: “Eigentlich hatte ich dabei schon immer ein besonderes Augenmerk auf der Vermögensabschöpfung.”

Hinsichtlich seiner derzeitigen

Tätigkeit sagt er: “Wir haben hier in Hamm ein sehr gutes Arbeitsklima mit einer Behördenleiterin, die individuelle Spezialisierung fördert.” Seine Dienststelle selbst bearbeite nur Fälle, in denen es ausschließlich um Maßnahmen der Vermögensabschöpfung gehe. “Originär strafverfolgend sind meine Mitarbeiter und ich nicht tätig.” Im Gegenzug habe die ZOV landesweit eine Zuständigkeit im Bereich der Vermögensabschöpfung. “Außerdem kümmern wir uns um aus dem Ausland eingehende Rechtshilfeersuchen, unterstützen bei deutschen Rechtshilfeersuchen und vermit-

“Vermögensabschöpfung tut richtig weh”

Maßnahme schmerzt Straftäter oftmals mehr als Freiheitsstrafen

(BS/Marco Feldmann) Die Möglichkeit von Strafverfolgern in Deutschland, kriminell erlangte Vermögenswerte effektiv einzuziehen, hat sich im Zeitverlauf verbessert. Vor allem durch die letzte Reform aus dem Jahre 2017. Zwar gibt es hierzulande weiterhin nur eine Beweislastreduktion. Trotz des Fehlens der kompletten Beweislastumkehr ist José Andrés Asensio Pagán dennoch absolut vom Nutzen der Vermögensabschöpfung überzeugt.

Anpassungsbedarf. Im Grundsatz handelt es sich aber um ein gelungenes Werk, um das uns zahlreiche Nachbarländer beneiden.” Um das Instrument der Vermögensabschöpfung in der Fläche noch bekannter zu machen, erstellen die Mitarbeiter der ZOV NRW zahlreiche Informationsmaterialien. Dazu gehören unter anderem Leitfäden, Checklisten und Übersichten mit zuständigen Strafverfolgern. Denn: zumindest im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland gibt es bei jeder Staatsanwaltschaft einen Ansprechpartner für Finanzermittlungen und Vermögensabschöpfung. “Dennoch wurde über die Jahre hinweg immer deutlicher sichtbar, dass es einer gewissen Zentralisierung und Bündelung bedurfte, um die Praktiker auf diesem Feld noch effektiver unterstützen zu können. Aus diesem Grunde wurde meine Dienststelle geschaffen”, erläutert Asensio Pagán Schon im Ausland aktiv gewesen

Als Leiter der Zentralen Organisationsstelle für Vermögensabschöpfung Nordrhein-Westfalen (ZOV NRW) nimmt José Andrés Asensio Pagán zwar keine eigene Strafverfolgung mehr wahr. Genug zu tun hat er dennoch: Ihn erreichen regelmäßig Anfragen verschiedener Stellen zur Thematik, die er zeitnah bearbeiten und beantworten muss. Fotos: BS/Feldmann

teln bei Anfragen ausländischer Stellen”, erklärt der multilinguale und eigenen Angaben zufolge sehr arbeitsame Asensio Pagán Er spricht sechs Sprachen. Neben Spanisch und Deutsch sind das Englisch, Französisch, Italienisch und ein wenig Türkisch. Der Leitende Oberstaatsanwalt arbeitet dabei täglich bis zu 13 Stunden, auch es in seinem Job zwar keine Rufbereitschaft. Aber: “Meine Handynummer kennen sehr viele Kollegen, die in Deutschland im Bereich der Vermögensabschöpfung arbeiten.”

Immer Hilfe für die Praxisanwender Auch während der Arbeitszeit pflegt Asensio Pagán , der als Ju gendlicher und junger Erwachsener boxte, den kollegialen Austausch. “Wir beantworten jede Anfrage, egal aus welchem Bundesland sie kommt.

Bei uns erhält jeder Praktiker Hilfe.” Auch der Austausch mit der “Financial Intelligence Unit” (FIU) des Zolls sei sehr eng. Gleiches gelte für die Zusammenarbeit in Gremien der Europäischen Union, so der Jurist. Im Hinblick auf die internationale grenzüberschreitende Kooperation meint der ZOV-Leiter: “Bei der Vermögensabschöpfung ist die Zusammenarbeit mit den anderen Staaten der Europäischen Union sehr gut.” Das gelte auch für Länder in Ost- und Südosteuropa.

Noch nicht alles ideal bei der Vermögensabschöpfung

Mit Nationen wie der Volksrepublik China, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Russland gebe es hingegen weniger Berührungspunkte. Grundsätzlich sagt Asensio Pagán mit Blick auf den Willen zur Zusammenarbeit von außereuropäischen Nationen: “Je weiter das Dritt-

land von Deutschland entfernt liegt, desto schwieriger kann es manchmal werden.” Problematisch sei hier unter anderem die Beantwortung von durch die Bundesrepublik Deutschland gestellten Rechtshilfeersuchen. Aber auch hierzulande sieht der Vater einer 21-jährigen Tochter und eines 15-jährigen Sohnes noch Probleme bei der Abschöpfung von Vermögenswerten. So hätten seine Mitarbeiter und er immer wieder mit Vollstreckungshindernissen zu kämpfen. “Diese entstehen vor allem durch die exzessive Auslegung rechtlicher Bestimmungen und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.” Außerdem sieht er in diesem Bereich Verbesserungspotenzial bei gerichtlichen Zuständigkeiten. “Eine gewisse Zentralisierung wäre hier wünschenswert.” Reformbedarf erkennt der Leitende Oberstaatsanwalt zudem in den Regelungen zur Opferentschädigung. “Hier geht es

insbesondere um Fristen und fene.” Allgemein konstatiert José Andrés Asensio Pagán mit Blick

Die ZOV NRW sei in Fragen der Vermögensabschöpfung auch Ansprechpartner für Richter unterschiedlicher Gerichte und Instanzen sowie für Mitarbeiter von Landeskriminalämtern, der Bundespolizei, Hauptzollämtern, Finanzämtern und der Steuerfahndung. 2017 habe man fast 1.200 Staatsanwälte und Richter fortgebildet.

Über sich selbst sagt der Leitende Oberstaatsanwalt: “Ich wirke auch an Fortbildungen im Ausland mit, unter anderem in Spanien, Belgien und

Der Leitende Oberstaatsanwalt steht bereits seit Februar 2017 an der ZOVNRW-Spitze. Für das Thema Vermögensabschöpfung interessierte sich der gebürtige Spanier schon viel länger.

auf die 2017 neu geregelte Vermögensabschöpfung: “Es gibt in manchen Bereichen kleineren

Zentrale Organisationsstelle für Vermögensabschöpfung Nordrhein-Westfalen

(BS/mfe) Die Zentrale Organisationsstelle für Vermögensabschöpfung Nordrhein-Westfalen

(ZOV NRW) existiert seit Februar 2017 bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamm. Sie ist landesweit Ansprechstelle für grundsätzliche, verfahrensübergreifende Fragestellungen in den Bereichen Vermögensabschöpfung und Finanzermittlungen. Ihre Mitarbeiter beraten Gerichte, andere Staatsanwaltschaften, Polizeien und weitere Behörden. Derzeit arbeiten in der ZOV NRW neben dem Leiter José Andrés Asensio Pagán noch drei Oberstaatsanwälte, zwei Staatsanwälte und zwei Rechtspfleger. Hinzu kommen jeweils ein Oberstaatsanwalt und zwei Rechtspfleger bei den Schwerpunktstaatsanwaltschaften in Bochum und Bielefeld.

Die Juristen analysieren bereits vorhandene und neue Erscheinungsformen gewinnorientierter Kriminalität und Methoden zur Verschleierung und Verschiebung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte aller Art.

Die Kräfte der ZOV NRW erarbeiten zudem verfahrensübergreifend Empfehlungen und unterstützen so die jeweiligen Ansprechpartner für Finanzermittlungen bei den einzelnen Staatsanwaltschaften Nordrhein-Westfalens.

Zuständig ist die ZOV NRW für insgesamt 19 Staatsanwaltschaften. Zehn davon befinden

sich im Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft

Hamm (Arnsberg, Bielefeld, Bochum, Detmold, Dortmund mit Nebenstelle in Hamm, Essen, Hagen, Münster mit Nebenstelle in Bocholt, Paderborn und Siegen). Über diese

übt die Generalstaatsanwaltschaft Hamm auch die Dienst- und Fachaufsicht aus. Sechs weitere liegen im Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf und drei im Bezirk der Kölner Generalstaatsanwaltschaft. Für sie können die ZOV-Mitarbeiter nur beratend

Niederlanden. An die ZOV NRW wurden 2018 rund 450 förmliche Anfragen gerichtet. Hinzu kommen zahlreiche Nachfragen per Telefon oder E-Mail. Von ihrer Struktur und Größe her ist die Zentrale Organisationsstelle für Vermögensabschöpfung Nordrhein-Westfalen

Holland.” Zudem berichtet er: “Neben meinen Mitarbeitern in Hamm haben wir jeweils noch einen Oberstaatsanwalt und zweipunktstaatsanwaltschaften in Bochum und Bielefeld.” Man sei also “auch in der Fläche aktiv”. Einziehung ist “harte Arbeit”

Die Zentrale Organisationsstelle für Vermögensabschöpfung Nordrhein-Westfalen (ZOV NRW) ist bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamm am dortigen Oberlandesgericht angesiedelt.

tätig werden. Anordnungsrechte haben sie hier nicht. Des Weiteren erstellen die dort Beschäftigten Fortbildungsangebote und führen selbst Schulungen durch. Ihr Leiter sogar im europäischen Ausland, unter anderem in den

bundesweit bisher einmalig. Kleinere Stellen, die jedoch nicht über einen derart hohen Organisationsgrad wie die in Hamm verfügen, existieren jedoch unter anderem in München und Berlin.

Und der Erfolg scheint Asensio Pagán Recht zu geben. “2018 wurden allein in Nordrhein-Westfalen Vermögenswerte im Wert von 77 Millionen Euro rechtskräftig abgeschöpft”, berichtet er nicht ohne Stolz. Zugleich bemerkt der Jurist aber auch: “Jeder eingezogene Euro ist harte Arbeit für uns.” Seinem Enthusiasmus tun alle Schwierigkeiten und Probleme keinen Abbruch. Asensio Pagán ist weiterhin überzeugt: “Vermögensabschöpfung ist immer ein Sieg für den Staat.” Mitche Zukunft sagt er dann noch: “Ich bin sehr bemüht, dem Land Nordrhein-Westfalen erhalten zu bleiben, könnte mir aber auch eine Tätigkeit auf Ebene der Europäischen Union vorstellen.” Dabei denkt er unter anderem an die Europäische Staatsanwaltschaft. Sie soll Ende 2020 oder Anfang 2021 ihre Arbeit aufnehmen. Ihre Beschäftigten sollen gegen gegen grenzübergreifende Großkriminalität zulasten des EU-Haushalts vorgehen. Tätig werden können sie voraussichtlich vorerst nur in 22 EU-Staaten, die sich bisher angeschlossen haben.

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