Behörden Spiegel November 2019

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Fakten, Hintergründe und Analysen für den Öffentlichen Dienst

ISSN 1437-8337

Nr. XI / 35. Jg / 45. Woche

Berlin und Bonn / November 2019

G 1805

www.behoerdenspiegel.de

Demokratie lebt von Entscheidungen

Digitale Technologien im Rettungsdienst

Der Selfmade-Naturschützer

Dr. Uwe Brandl über Kommunalpolitik im Wandel ������������������������������������������������ Seite 20

Randolf Stich zu Verbesserungen in der ­notfallmedizinischen Versorgung �������������� Seite 41

Herbert Schnabel über seine Arbeit im ­Biosphärenreservat.................................... Seite 47

Mehr Freizeit statt Geld

(BS/kh) Für einen Großteil der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst ist es wichtig, die Wahl zu haben, sich für mehr freie Zeit oder für mehr Geld zu entscheiden. Das gaben 92 Prozent der Befragten einer Arbeitszeitstudie der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) an. An der Befragung nahmen rund 210.000 Bedienstete aus Bund, Ländern und Kommunen teil. Wenn sie die Wahl bereits hätten, würden 57 Prozent von ihnen die tariflichen Gehaltssteigerungen tatsächlich zur Verkürzung ihrer Arbeitszeit eintauschen; Frauen mit 58 Prozent eher als Männer mit 55 Prozent. In der Alterskohorte zwischen 51 und 60 Jahren würden sogar 60 Prozent der weiblichen Beschäftigten ihre Tariferhöhungen gegen mehr freie Zeit tauschen. Besonders eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit käme für die meisten der Befragten infrage. Dafür sprachen sich 60 Prozent der Männer und 55 Prozent der Frauen aus.

Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft geplant (BS/stb) Die Bundesregierung strebt die Gründung einer Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft an. Diese soll dort, wo weder ein eigenwirtschaftlicher Ausbau stattgefunden hat noch Fördermittel greifen, den Ausbau passiver Infrastruktur selbst beauftragen können. Mittel sollen aus dem Sondervermögen Digitale Infrastruktur bereitgestellt werden. Der Vorstoß ist Teil der geplanten Mobilfunkstrategie, zu der die Bundesregierung Eckpunkte vorgelegt hat. Vorgesehen ist demnach außerdem, im Schulterschluss mit Ländern und Kommunen öffentliche Gebäude und Flächen als Standorte für Funkmasten zu nutzen. Außerdem sollen Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.

Verschuldete ­Kommunen (BS/ah) Der sächsische Städteund Gemeindetag (SSG) fordert eine Aufstockung des kommunalen Finanzausgleichs um 200 Millionen Euro für den Gestaltungsspielraum der Kommunen. Darüber hinaus habe eine Dynamisierung der Landespauschale für die Kinderbetreuung, die unter dem Niveau der meisten Bundesländer liege, zu erfolgen. Denn laut Gemeindefinanzbericht 2018/2019 schreibt derzeit jede dritte Gemeinde rote Zahlen. Dahingegen verbuche das Land Einnahmeüberschüsse von 13 Milliarden Euro. In diesem Zusammenhang kritisiert der Geschäftsführer des SSG, Mischa Woitscheck, dass Kommunen trotz vorhandener Ländergelder auf den Kosten für Kinderbetreuung und Digitalisierung sitzen blieben.

Mehr experimentieren Autonomem Bürokratieabbau vorbeugen / Rechtsetzungskultur weiter verbessern (BS/Jörn Fieseler) Es ist noch gar nicht so lange her, da hieß es bei Gesetzesentwürfen “Kosten: unbekannt” und “Alternativen: keine”. Das hat sich mittlerweile stark verändert. Bereits im Vorfeld (ex ante) werden die Kosten des Normvorhabens ermittelt – der Erfüllungsaufwand für Verwaltung, Wirtschaft und Bürger. Doch das reicht noch nicht. Es gilt, die nächste Stufe auf dem Weg zu einer besseren Rechtsetzung zu erklimmen. Die Messung der Bürokratiekosten für die Wirtschaft mit dem Standard-Kosten-Modell (SKM) hatte einen großen Vorteil: Der Nutzen der Gesetze wurde nicht hinterfragt, nur die sogenannten Informationspflichten erhoben – die Aufwände, die Unternehmen tätigen müssen, um Meldepflichten zu erfüllen. Auch bei der Weiterentwicklung der Messung hin zum Erfüllungsaufwand wurde der Nutzen ausgeklammert. Aber: In einer komplexeren Welt steige auch die Komplexität von Regelungsinhalten. Im Gegenzug fehle oftmals der Raum für eine sorgfältige inhaltliche Vorbereitung von Gesetzen und deren Prüfung durch den Nationalen Normenkontrollrat (NKR), es würden Fristen verkürzt, um ein Gesetz schnellstmöglich zu verabschieden. “Bei einem solchen Vorgehen fällt vieles zur Praxistauglichkeit der Gesetze unter den Tisch”, kritisiert der NKR-Vorsitzende Dr. Johannes Ludewig. Dabei sollte in der Gesetzgebung Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehen, ansonsten sei die Gesetzesqualität ernsthaft infrage gestellt. Zudem: Deutschland ermittelt zwar sehr umfangreich im Ex ante-Verfahren die Bürokratiekosten, nicht jedoch ex post. Dabei hat die Runde der Staatssekretäre auf Bundesebene einen Beschluss gefasst, dies umzusetzen. Getan hat sich seitdem

Wie im Labor soll auch bei der Erarbeitung von Gesetzen mehr experimentiert und es sollen Wirkungen im Vorfeld diskutiert und im Nachgang gemessen werden – so der Vorschlag des NKR. Foto: BS/Looker_Studio, stock.adobe.com

wenig. “Der NKR ist in dieser Sache handlungsfähig, wir können einen Beschluss fassen”, unterstreicht Ludewig. Überhaupt müsse der Nutzen stärker in den Fokus rücken, Gesetze wirksamer und praxistauglicher werden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, wie eine Studie des Instituts für Mittelstandsforschung (ifm) Bonn zeigt. Jedes vierte Unternehmen baut au-

tonom Bürokratie ab und entscheidet, welche gesetzlichen Pflichten nicht erfüllt werden, beschreibt Prof. Dr. Friederike Welter, Präsidentin des ifm Bonn, die Ergebnisse einer Unternehmensbefragung. Und Ludewig konstatiert: “Praktische Alltagserfahrungen von Bürgern und Unternehmen werden von Politik und Verwaltung immer noch ungenügend berücksichtigt, wenn neue Re-

gelungen konzipiert oder alte überarbeitet werden.” Deshalb sei der Gesetzgebungsprozess zu verändern. Anstelle eines juristischen Gesetzestextes, der als Referentenentwurf den übrigen Ministerien und Verbänden zur Stellungnahme zugeleitet wird, sollte erst ein erweitertes Eckpunktepapier erstellt werden. Dieses sei anschließend umfassend mit Betroffenen und Vollzugsbehörden zu diskutieren.

Kommentar

Die große Chance – digitale Schule (BS) Fünf Milliarden wollen Bund (90 Prozent) und Länder (zehn Prozent) in digitale Infrastrukturen deutscher Schulen stecken. Es geht um Vernetzung der Schulen, Server, WLAN, Portale, Cloud und pädagogische ­Kommunikations- und Lernplattformen. Eine gute und sinnvolle Idee, jetzt kommt es in Zukunft darauf an, das Ganze nicht zu vergeigen. Doch die Gefahren, dass das Projekt in Kleinteiligkeit zerfällt, sind groß, denn die Länder haben sehr unterschiedliche Ansätze entwickelt. Die Kommunen müssen es umsetzen und vor allem sollen sie für den technischen Support zuständig sein. Und letztlich müssen die Pädagogen es meistern. Anträge durch Schulen können in den meisten Ländern bereits gestellt werden. Bund und Länder halten digitale Portale zur Unterstützung vor, etwa das Bundesministerium für Bildung und Forschung unter www. digital­paktschule.de . Doch Schulen und Schulträger sind zuvorderst gefordert, Medienkonzepte und -entwicklungspläne zu erstellen. Daran hakt es vielerorts noch. Dennoch ist das Ganze ein großer Wurf von Bund und Ländern.

Wenn aber absehbar bleibt, dass die Lehrkräfte für den technischen Support und die Umsetzung ihrer Lehrinhalte ins Digitale am Ende verantwortlich sein werden, sind Zweifel am Erfolg angebracht. Es ist ja kein Geheimnis, dass die Schüler im Gegensatz zu ihren Lehrern Digital natives sind. Das ganze Vorhaben kann nicht darin enden, dass der Umgang der Schüler mit Technik besser wird. Es geht doch bei der Schule um Lehrinhalte. Eine Digitalisierung des Unterrichts führt nicht zwingend dazu, bisherige oder womöglich mehr Erkenntnisse der Schüler zu fördern. Nach Ansicht etlicher Pädagogen verhält es sich sogar umgekehrt. Schüler könnten dazu verführt werden, durch Internethäppchen diese für Wissen zu halten.

Trotz aller Kritik am bisher nicht Vorhandensein einer breiten pädagogischen Antwort für die Inhalte eines digitalisierten Unterrichts ist die Initiative, die Schulen infrastrukturell in die Lage zu versetzen in diesem Zeitalter auch digitale Medien für ihren Unterricht einzusetzen, mehr als sinnvoll. Das Vorhaben muss gelingen, denn Deutschland hat sich hier einmal eindeutig zur Digitalisierung an der Stelle bekannt, wo es sinnvoll und notwendig ist – in der Schule. Da dies auch aus Sicht der Redaktion ein wichtiges Thema ist, haben wir ihm auf den Seiten 14 bis 17 dieser Ausgabe in einem Sonderteil mit diesem auseinandergesetzt.

R. Uwe Proll

Neigungstendenzen

An dieser Stelle bindet der NKRVorsitzende explizit die Länder und Kommunen mit ein. Dabei setzt er auf die Erfahrungen zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG). Bund, Länder und Kommunen hätten noch nie so gut zusammengearbeitet wie in den Digitallaboren bei der OZG-Umsetzung, schwärmt Ludewig. Diese Erfahrungen gelte es in den allgemeinen Gesetzgebungsprozess zu überführen. Der Vorschlag stößt im Bundeskanzleramt auf offene Ohren. Dort hat man zwei Neuerungen auf den Weg gebracht. Zum einen würde an einer Plattform gearbeitet, in der im Rahmen eines Gesetzgebungsprozesses alle Gesetze zur Diskussion gestellt werden, erläutert der Chef des Bundeskanzleramtes, Prof. Dr. Helge Braun. Zum anderen sei die KI-Strategie der Bundesregierung nach einem Dialog auf Basis eines Eckwertebeschlusses erarbeitet und öffentlich diskutiert worden. “Das haben wir jetzt auch bei der Änderung der Strafprozessordnung vor”, sagt Braun. Bei diesen Einzelbeispielen darf es nicht bleiben. Die ganze Rechtsetzungskultur ist zu ändern. Dazu ist jeder Referent in jedem Ministerium aufgerufen. Im Bund genauso wie in den Ländern. Und auch bei der Kostenerhebung gibt es noch Verbesserungspotenzial (siehe Seite 3).


Inhalt

Seite 2

Behörden Spiegel / November 2019

Zentralisieren oder Verteilen? Selbst machen, Kooperieren oder ganz Auslagern? Verantwortung konzentrieren oder Freiheiten lassen? Große Herausforderungen und große Vorhaben werfen häufig Grundsatzfragen zu Organisation und Management auf. Der Teufel liegt aber all zu oft im Detail: Zusammenarbeit muss ausgestaltet werden. Kompetenzverteilung muss zu einem funktionierenden Ganzen führen. Personal, Ressourcen, Projekte und vieles mehr müssen kleinteilig verwaltet werden. Entscheidend ist, dass über das Wie am Ende das Was nicht aus dem Blick gerät.

Organisation und Management

Ministerium statt Kompetenzchaos?

Zentral gelenkt und breit gefächert

Bürger ans Steuer?

Uneinigkeit im Bundestag über digitale Strategie .......... Seite 5

Digitalisierung in Rheinland-Pfalz als gesteuerte Gemeinschaftsaufgabe ................................................. Seite 26

Mit dem Datenschutzcockpit zu mehr Souveränität ..... Seite 34

Facettenreicher Handlungsleitfaden Von Zentralisierung bis Ausbildung ............................... Seite 9

Veränderungen angekündigt

“Der Rechner muss mit mir reden”

Bundespolizeigesetz soll novelliert werden ................. Seite 39

Stadt Zeitz digitalisiert Beteiligungsmanagement ........ Seite 32

Wirtschaftsfaktor Wald Kommunale Holzvermarktung vor neuen Herausforderungen .................................................................Seite 13

Innen Spiegel

Impressum

Belastbare Zahlen Regelmäßige IVW-Prüfung garantiert Transparenz (BS/Uwe Proll) Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie viele Ihrer Zeitgenossen den Behörden Spiegel ebenfalls regelmäßig erhalten? Die Antwort ist naturgemäß auch für uns von herausragender Bedeutung, schließlich leben wir ganz direkt vom Verkauf unserer Exemplare. Die Auflagenzahlen haben unmittelbare Auswirkungen auf unser Anzeigengeschäft. Daher können wir Ihnen dokumentieren – für jedermann nachvollziehbar – wie viele Exemplare unserer Zeitung wir vertreiben. Im Jahr verbreiten wir durchschnittlich 1,4 Millionen Behörden Spiegel. Zudem können wir Ihnen exakt sagen, wie hoch die Nutzung unseres Online-Angebots ist: Im Juli 2019 wurden für www.behoerden-spiegel.de rund 200.000 Besuche, sog. Visits, von Nutzern ermittelt.

Diese Angaben sind belastbar. Der Behörden Spiegel ist Mitglied in der IVW – der “Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V.”. Dieser Verband hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Auflagenzahlen von Printmedien wie Zeitungen und Zeitschriften zu erfassen und unabhängig zu prüfen. Die IVW hat eine lange Tradition: Bereits 1949 schlossen sich Zeitschriften- und Zeitungsverlage mit Vertretern der Werbebranche zusammen, um ein unabhängiges Gremium zu schaffen, das den Anzeigenmarkt mit seriösen Auflagenzahlen versorgen sollte. In den 70 Jahren ihres Bestehens hat sich diese Institution einen Ruf als unbestechliche Prüfinstanz für Auflagen- und Nutzungszahlen erworben. Für uns Journalisten sind Faktentreue und Transparenz ein Grundprinzip unserer Arbeit. Deshalb wollen wir mit unserer IVW-Mitgliedschaft selbst zu der Offenheit beitragen, die wir von anderen erwarten und lassen unsere Auflage regelmäßig von IVW-Prüfern kontrollieren. Wenn Sie also wissen wollen, wie hoch die Auflage oder Internetnutzung des Behörden Spiegel ist, finden Sie die aktuelle Antwort stets unter www.ivw.eu im Internet.

Fotoquellen Seite 1 Foto 1: BS/Abensberg Foto 2: BS/MdI RL, Torsten Silz Foto 3: BS/Heidrich Beilagenhinweis Einer Teilauflage des Behörden Spiegel liegt eine Broschüre der Technischen Akademie Wuppertal bei.

Der Behörden Spiegel wird verlegt von der ProPress Verlagsgesellschaft mbH. www.behoerdenspiegel.de Herausgeber und Chefredakteur Uwe Proll Leiter der Berliner Redaktion Jörn Fieseler Leiter der Bonner Redaktion Guido Gehrt Redaktion Marco Feldmann (Innere Sicherheit, Katastrophenschutz), Jörn Fieseler (Personal, Beschaffung, Vergabe), Guido Gehrt (IT, ITK-Politik, Haushalt), Michael Harbeke (Online-Redaktion), Katarina Heidrich, Lora Köstler-Messaoudi (Haushalt, Finanzen), Wim Orth (Digitale Gesellschaft), Dr. Gerd Portugall (Verteidigung, Wehrtechnik), Dr. Eva-Charlotte Proll, Benjamin Stiebel (IT, IT-Sicherheit), Gerd Lehmann (Sonderkorrespondent BOS) Büro Brüssel Hartmut Bühl Parlamentsredaktion Berlin Tel. 030/726 26 22 12, Fax 030/726 26 22 10 Layout Beate Dach, Marvin Hoffmann, Karin Vierheller, Susan Wedemeyer Verlag Bonn Anzeigen/Redaktion/Vertrieb Tel. 0228/970 97-0, Fax 0228/970 97 75 Verlag Berlin Redaktion/Vertrieb 10317 Berlin, Kaskelstr. 41 Tel. 030/55 74 12-0, Fax 030/55 74 12 57 Anzeigenleitung Helga Woll, gültige Anzeigenpreisliste Nr. 30/2019, Jahresabonnement (12 Ausgaben) 9,80 Euro (inkl. Porto und MwSt.) Bankverbindungen Volksbank Köln Bonn eG BAN: DE25 3806 0186 3015 6470 18 BIC: GENODED1BRS Postbank IBAN: DE24 3701 0050 0022 6905 09 BIC: PBNKDEFF Geschäftsführung Helga Woll Leitung Unternehmensentwicklung und Digitalisierung Dr. Eva-Charlotte Proll Vorsitz Herausgeber- und Programmbeirat Dr. August Hanning, Staatssekretär a. D. Reimar Scherz, Brigadegeneral a. D. Im Falle höherer Gewalt und Störungen des Arbeitsfriedens besteht kein Anspruch auf Belieferung. Für unverlangt eingesandte Manuskripte keine Gewähr. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Zeitung und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen (auch Werbeeinschaltungen) sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Auflagenkontrolle durch

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Aktuelles Öffentlicher Dienst Behörden Spiegel

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Berlin und Bonn / November 2019

KNAPP

Alles bereit für den Start?

Halbzeitbilanz

Bund und Gewerkschaften wollen über Digitalisierungstarifvertrag sprechen (BS/Jörn Fieseler) Das “Ob” ist geklärt: Bund und Gewerkschaften wollen gemeinsam über einen Digitalisierungstarifvertrag sprechen. Beim “Wie” gibt es noch zahlreiche Fragezeichen. Grundlage könnte ein seit Langem bestehender Tarifvertrag sein. Doch ob dieser neu aufgelegt werden kann, ist zweifelhaft. Bundesinnenminister Horst Seehofer und der neue Verdi-Bundesvorsitzende Frank Werneke vereinbarten die Aufnahme von Verhandlungen in einem Spitzengespräch. Es sei klar, dass die Digitalisierung mit Umwandlungsprozessen verbunden sei, deshalb könnten die notwendigen Fortschritte nur gemeinsam mit den Beschäftigten erreicht werden. “Ich bin immer wieder beeindruckt, wie hoch motiviert die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst mit dieser Entwicklung umgehen. Doch lösen diese Veränderungen bei einigen Kolleginnen und Kollegen auch Bedenken aus. Diese Bedenken nehme ich sehr ernst”, begründete Seehofer die Entscheidung. Deshalb wolle er die Digitalisierung im Öffentlichen Dienst gemeinsam mit den Gewerkschaften gestalten. “Das schafft Sicherheit und Vertrauen.”

der Bund. Manche plädieren in diesem Kontext für eine Rahmenregelung auf gesetzlicher Basis, die durch örtliche Dienstvereinbarungen konkretisiert werden (siehe dazu Interview mit Roland Staude, Landesvorsitzender des DBB NRW, auf Seite 6 in dieser Ausgabe).

Wie geht‘s weiter?

Noch sind Gewerkschaften und Arbeitgeber noch nicht in den Startlöchern. Doch die Vorbereitungen für Tarifverhandlungen zum Öffentlichen Dienst laufen an. Foto: BS/Jean-Pierre, stock.adobe.com

Allerdings sprechen mehrere

nommen, bis es entsprechende

stimmung bei ressortübergrei-

1987 der Tarifvertrag mit allen drei Arbeitgebern geschlossen worden. Heute ist es fraglich, ob sich die unterschiedlichen Tarifkreise Bund, Länder und Kommunen gemeinsam an einen Tisch setzen oder ob die Arbeitnehmervertreter mit jedem Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberverband einzeln verhandeln müssen. Zum anderen sind zahlreiche Elemente, wie die Entgrenzung von Arbeit im Zuge der Digitalisierung noch nicht enthalten. Daher erscheint es schwieriger, dieses wichtige Thema künftig neu in dem RatSchTV Ang zu platzieren. Oder anders gesagt: Es ist fraglich, ob diese Hülle überhaupt ausreicht.

gelungen gäbe. In dem Kontext wird auch die Frage diskutiert, ob Themenfelder wie die Mitbe-

den Personalvertretungsgesetzen geregelt werden sollten. Einige Länder sind hier schon weiter als

RatSchTV Ang als Grundlage? Gründe dagegen. Zum einen ist gleichlautende gesetzliche Re- fenden Aufgaben nicht besser in

Verdi-Chef Werneke ergänzte: “Ausbildung und Qualifizierung sind der Schlüssel, um gute Beschäftigte gewinnen und halten zu können. Ein Digitalisierungstarifvertrag verbessert den Rahmen dafür deutlich.” Dieser könnte sich entweder an bestehenden Digitalisierungstarifverträgen orientieren, die die Gewerkschaft bereits in anderen Branchen abgeschlossen hat (siehe Behörden Spiegel, August 2019, Seite 1). Alternativ könnte der seit Januar 1987 bestehende Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz für Angestellte (RatSchTV Ang) als Basis dienen. Schon damals ging es in dem Regelwerk um die Frage, wie bei der Rationalisierung einschließlich der Nutzung des technischen Fortschritts Arbeitsplätze gesichert und die Beschäftigten weitergebildet werden können.

Oder gesetzliche Regelungen? Zum dritten stellt sich die Frage, ob es am Ende einen Tarifvertrag geben sollte. Von diesem wären die Beamten erst einmal ausge-

Das BMI will zusammen mit Verdi und dem DBB Beamtenbund und Tarifunion zeitnah die Verhandlungen führen. Erste Vorgespräche sollen nach Informationen des Behörden Spiegel noch im November stattfinden, allerdings befinden sich beide Seiten noch im Findungsprozess was Vorschläge und Forderungen betrifft. Dabei könnten beide Seiten ausprobieren, was der Nationale Normenkontrollrat für die Gesetzgebung fordert (siehe Seite 1): Erst über die Inhalte reden und diese in einem Diskussionspapier zusammenfassen und danach eine tarifvertragliche oder gesetzliche Regelung schaffen.

Auftrag aus dem Parlament Bundesministerium soll Reform nachholen (BS/jf) Die Abgeordneten des Innenausschusses im Deutschen Bundestag haben das Besoldungsstrukturenmodernisierungsgesetz (BesStMG) für gut befunden. Allerdings fehlt den Parlamentariern die Reform des Familienzuschlags. Diese soll nun in einem separaten Verfahren erfolgen. Im Zuge der Ressortabstimmung war die Novellierung des Familienzuschlages aus dem Entwurf des BesStMG herausgenommen worden (siehe Behörden Spiegel, August 2019, Seite 3). Die Ursprungsfassung sah vor, den bisherigen Zuschlag bei Familien mit Kindern zu konzentrieren. Der ursprüngliche Gedanke im Entwurf des Bundesinnenministeriums (BMI) war, den bisherigen

Familienzuschlag Stufe eins nur noch an Verheiratete zu zahlen. Außerdem sollte der monatliche Betrag von rund 150 auf 75 Euro halbiert werden, unabhängig von etwaigen Familienzuschlägen des Ehegatten. Damit wäre die aufwändige Konkurrenzprüfung, mit der beim Bundesverwaltungsamt rund 50 Mitarbeiter beschäftigt sind, entfallen. Im Gegenzug sollten der Kinderanteil im Famili-

enzuschlag auf rund 250 Euro für das erste und zweite Kind erhöht werden und die Teilzeitkürzung entfallen. Im Ergebnis wären dadurch Familien mit Kindern bessergestellt, wohingegen Verheiratete ohne Kinder zu den Verlieren zählen würden. Nun soll das BMI hierfür einen Ausgleich schaffen. Ob der Ursprungsvorschlag in dieser Form umgesetzt wird, ist jedoch noch offen.

(BS/jf) Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) hat eine ernüchternde Bilanz gezogen. Im vergangenen Jahr ist der laufende Erfüllungsaufwand um 831 Mio. Euro gestiegen. Und dabei enthält die Messung immer noch Lücken, die es zu schließen gilt. So werden bei der Ermittlung des Erfüllungsaufwandes keine einmaligen Kosten auf Seiten der Wirtschaft oder der Bürger erhoben, räumt Dr. Johannes Ludewig, Vorsitzender des NKR, ein. Auch gebe es weiteren Handlungsbedarf bei der “one in one out”-Regel. Bei dieser werden Gesetze zur Umsetzung von europäischem Recht ausgeklammert. Das belastet die sowieso schon stark emotionale Diskussion um den Bürokratieabbau. “Für Unternehmen spielt es eben keine Rolle, ob eine Regelung aus Brüssel oder Berlin kommt”, so Ludewig. Die Bundesregierung sollte daher die beiden Aspekte konsequenter in den Blick nehmen, damit kein Akzeptanzverlust entstehe.

Befreiung möglich (BS/mfe) Tarifbeschäftigten des Bundes kann für die Teilnahme am Masterstudiengang “Intelligence and Security Studies” an der Universität der Bundeswehr München oder der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung außertariflich Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts gewährt werden. Das Bundesinnenministerium (BMI) und das Bundesfinanzministerium (BMF) haben hiergegen keine Einwände erhoben. Im Gegensatz zum Beamtenbereich existiert jedoch kein Automatismus zwischen dem Erwerb des höheren Bildungsabschlusses und der Übertragung entsprechender Tätigkeiten. Ein Anspruch auf Höhergruppierung besteht erst, wenn nach bestandener Masterprüfung Tätigkeiten des vergleichbaren höheren Dienstes übertragen werden. Zum Studium zugelassen werden können Tarifbeschäftigte aus den Entgeltgruppen 9b bis zwölf, die bereits über einen Bachelorabschluss verfügen.

Zukunft Dienstrecht

Arbeits-, tarif- und beamtenrechtliche Entwicklungen 19. – 20. November 2019, Maritim Hotel, Bonn

§

Mit Beiträgen u. a. von:

Prof. Dr. Dr. Udo di Fabio Der ehemalige Richter des Bundesverfassungsgerichts befasst sich mit dem Thema „Grundsätze des Berufsbeamtentums“ im Lichte der aktuellen Verfassungslage.

Karin Spelge Die vorsitzende Richterin am Bundesarbeitsgericht (6. Senat) informiert über die aktuellen Entscheidungen zum TVöD/TV-L.

Weitere Informationen zur Tagung „Zukunft Dienstrecht“ sowie das Anmeldeformular finden Sie unter: www.zukunft-dienstrecht.de

Dr. Franz Werner Gansen Der Vizepräsident des Sozialgerichts Koblenz hinterfragt, ob das Disziplinarrecht noch zeitgemäß und ausreichend für die Pflichtenmahnung der Beamten ist.

Eine Veranstaltung des


Aktuelles Öffentlicher Dienst / Gesundheit

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Behörden Spiegel / November 2019

Bindungszwang abschaffen

Selbstgemachten Standortnachteil ausbügeln

Linke will Rückkehr in GKV erleichtern

Berliner SPD will Lehrer wieder verbeamten

(BS/Marco Feldmann) Die Linken-Fraktion im Deutschen Bundestag fordert eine einfachere Rückkehr von Privatversicherten in das System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Dazu solle unter anderem der lebenslange Bindungszwang an private Krankenversicherungen abgeschafft werden. Zudem wird die Bundesregierung aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorlegen, wonach die Altersrückstellungen aus der privaten Krankenkasse vollständig auf die neue Krankenversicherung übertragen werden (Bundestagsdrucksache 19/14371). Nach bisheriger Rechtslage bleiben diese immer komplett bei der alten Privatversicherung. Noch hat der Bundestag den Antrag jedoch nicht behandelt.

(BS/wim) Seitdem der Freistaat Sachsen Anfang des Jahres damit begonnen hat, neu ausgebildete Lehrer in einem Beamtenverhältnis einzustellen und bereits im Dienst stehenden Pädagogen unter bestimmten Umständen die Möglichkeit zur Verbeamtung einzuräumen, ist die Hauptstadt das einzige Bundesland, in dem Lehrer ausschließlich als Angestellte in den Dienst berufen werden. Damit sind Lehrer in Berlin nicht nur finanziell häufig schlechter gestellt als die Kollegen in den übrigen Teilen der Republik, ihnen fehlen auch gewisse Privilegien wie die Privatversicherung mit zusätzlicher Beihilfe. Um den Verlust von Lehrkräften einzudämmen, die reihenweise nach Brandenburg und in andere Länder wechseln, soll sich dieser Zustand nun ändern.

Bei Verträgen, die nach 2008 abgeschlossen wurden, kann zwar ein Teil der Altersrückstellungen mitgenommen werden. Den Linken-Abgeordneten reicht dies allerdings nicht aus. Zumal sie bemängeln, dass der Tarif der neuen privaten Krankenversicherung – abhängig vom jeweiligen Lebensalter und der Vorversicherungszeit – dadurch oftmals deutlich teurer wird und ein Policenwechsel mit erheblichen Nachteilen für den Versicherungsnehmer verbunden und ab einem gewissen Zeitpunkt sogar gänzlich ausgeschlossen ist.

Entlastung für Solidargemeinschaft möglich Äußerst kritisch sehen sie auch den Umstand, dass derzeit die Solidargemeinschaft aller gesetzlich versicherten Personen das Alterungsrisiko von Privatversicherten trägt, die in die GKV wechseln. Dies soll aus ihrer Sicht der Vergangenheit angehören. Den Parlamentariern schwebt auch bei einem Wech-

sel von der PKV in das System der GKV eine komplette Übertragung und Mitnahme der Altersrückstellungen vor. Dadurch würde die Solidargemeinschaft bezüglich des Alterungsrisikos entlastet.

55er-Regelung ersatzlos abschaffen Des Weiteren fordern die Abgeordneten, die aus ihrer Sicht überflüssige Restriktion für einen Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung abzuschaffen. Hierzu zählen sie unter anderem die sogenannte 55er-Regelung. Dieser zufolge ist für Privatversicherte ein Wechsel zur GKV ab einem Alter von 55 Jahren fast unmöglich. Zulässig ist ein Übergang dann nur noch bei einem mehrjährigen Aufenthalt im Ausland mit dortiger Absicherung im gesetzlichen System oder im Falle einer Heirat und der damit verbundenen Möglichkeit zur beitragsfreien Familienversicherung innerhalb der GKV. Aus Sicht der Linken ist außerdem auch die

Rückkehr von Selbstständigen, Beamten sowie gutverdienenden Angestellten unter 55 Jahren aus der PKV in die GKV oftmals nur sehr schwer möglich. Ob der Antrag der oppositionellen Linken-Fraktion erfolgreich sein wird, darf bezweifelt werden. Denn schon in der Vergangenheit hieß es vonseiten der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 17/9012): “Personen, die sich für die PKV entscheiden, treffen grundsätzlich eine Lebensentscheidung. Sie wissen, dass die Versicherungsprämien in der PKV einkommensunabhängig sind und die Rückkehr in die GKV nur unter bestimmten, engen Voraussetzungen möglich ist.” Ein erneuter Zugang zur GKV, etwa allein aufgrund eines verringerten Einkommens oder steigender PKV-Prämien im Alter, ohne dass die Voraussetzungen der Versicherungspflicht in der GKV erfüllt werden, würde zu einer Risikoselektion zulasten der GKV bei gleichzeitiger Entlastung der PKV führen, hieß es.

Therapeutenmangel hausgemacht? Einzelne Länder stellen Ausbildung kostenfrei (BS/Gret Beccard*) Die Szenarien bezüglich der Grundversorgung durch Gesundheitsfachkräfte und Therapeuten werden mittlerweile nicht nur für den ländlichen Raum erstellt, mit dem Blick auf die steigenden Fallzahlen in der Patientenversorgung rücken auch die Ballungszentren in den Fokus. Wie gelingt es künftig, die Versorgung schnell wachsender Städte sicherzustellen? Das Ergebnis der Studie des Masterstudienganges Therapiewissenschaften der Hochschule Fresenius “Ich bin dann mal weg – Ausstieg aus den Therapieberufen” aus 2017 unter 984 Teilnehmern aus den Gesundheitsberufen Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie war alarmierend: Deutschland droht in den kommenden Jahren ein gewaltiger Mangel an Fachkräften im Gesundheitswesen. Von rund 1.000 Therapeuten ist tatsächlich jeder Vierte schon jetzt aus seinem Beruf ausgestiegen, fast die Hälfte denkt darüber nach. In den nächsten zehn Jahren werden zudem zahlreiche Praxisinhaber und festangestellte Therapeuten in Rente gehen. Gelingt es, diese Lücke schnell zu schließen?

Föderaler Flickenteppich Wie bei allen Mangelberufen geht es um niedrigschwellige Zugänge und gezielte Nachwuchsförderung, gute Ausbildungsbedingungen sollten die Regel sein. Klingt gut, allerdings erscheint beim Blick auf die bundesdeutsche Landkarte ein gewaltiger Flickenteppich. Die einen bekommen Ausbildungsvergütungen, die anderen müssen teilweise oder sogar komplett die Ausbildungsgebühren vorfinanzieren. Das ist immer schwerer zu vermitteln. Wie schaut es in der Praxis

aus? In einigen Bundesländern konnten engagierte Akteure aus Politik, Verwaltung, Gesundheitswirtschaft und Wissenschaft eine Entlastung der Ausbildungsteilnehmer in den Gesundheitsfachberufen erwirken. Das Schulgeld wurde und wird hier zum Teil oder ganz aus Ländermitteln finanziert. Der Norden hat es vorgemacht: Schleswig-Holstein ist Vorreiter in puncto Schulgeldfreiheit. Seit Januar 2019 übernimmt das Land die Schulgelder für die Ausbildungen Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie komplett. Seit dem ersten August 2019 ist die Ausbildung in Niedersachsen kostenlos, auch in Bayern greift der Gesundheitsbonus, die Gesundheitsfachschulen erheben kein Schulgeld mehr. In Nordrhein-Westfalen werden rückwirkend zum ersten September 2018 schon 70 Prozent des konkret erhobenen Schulgeldes von Schulen, die nicht unter das Krankenhausfinanzierungsgesetz fallen, finanziert. Andernorts ist man noch nicht so weit. So ist die Ausbildung an der Berliner Charité zum Oktober 2018 mittlerweile rückwirkend kostenfrei, bei anderen freien Trägern gibt es Sonderregelungen ab 2020, an einigen Schulen müssen die Logopäden in spe weiterhin die Ausbildung noch komplett finanzieren.

Frustrierender Zustand Dabei ist das System genauso wenig gerecht wie zielführend. Eine aktuelle Umfrage aus dem Jahr 2019 unter angehenden Logopäden, die die Ausbildung selbst finanzieren, ergab: Als ungerecht wird empfunden, dass die finanzielle Belastung der logopädischen Ausbildung im Vergleich zu anderen Disziplinen wie Physio- und Ergotherapie am höchsten ist und die monatliche Belastung dementsprechend hoch. 61 Prozent gaben an, neben der Ausbildung zu arbeiten, um das Schulgeld zu finanzieren. 82,8 Prozent arbeiten am Wochenende, 34,5 Prozent arbeiten im Schichtdienst, 10,3 Stunden im Durchschnitt arbeiten die Schüler pro Woche parallel zur Ausbildung. Für die künftigen Therapeuten ein frustrierender Zustand. Wann hier Änderung in Sicht ist? Noch herrscht der Eindruck, das Land Berlin wartet auf eine Bundesregelung, statt zu handeln. Viel Zeit zu verlieren gibt es allerdings nicht. Die Herausforderungen hinsichtlich der wachsenden Stadt und ihrer künftigen Bevölkerungsstruktur, in der Kinder- und Erwachsenenversorgung sowie im klinischen Sektor sind zu groß. * Gret Beccard ist freie Journalistin mit dem Fokus auf Wirtschaftsthemen in der DACH-Region.

Im Rahmen des Landesparteitages Ende Oktober hat sich die Berliner SPD nun für die Wiederverbeamtung von Lehrern in der Bundeshauptstadt ausgesprochen. Bereits in der Eröffnungsrede hatte der Regierunde Bürgermeister Michael Müller für die Absegnung des Antrages geworben. Nachdem eine gleichlautende Abstimmung im Frühjahr noch negativ beschieden worden war, vollzogen die Delegierten nun also eine Kehrtwende, und das mit einem Ergebnis von 122 zu 100 Stimmen, also relativ deutlich angesichts der kurzen Zwischenzeit. Allerdings wurden SPD-Fraktion und Berliner Senat im Zuge der vergangenen Entscheidung beauftragt, zu überprüfen, wie angestellte Lehrer im Vergleich zu ihren verbeamteten Kollegen einen anderweitigen Ausgleich erhalten könnten, um die Schwemme der Lehrer einzudämmen, die den Stadtstaat verlassen. Nachdem diese Prüfung das Ergebnis brachte, dass eine finanzielle Aufwertung des Angestelltenverhältnisses nicht möglich sei, kam die neuerliche Abstimmung zustande.

Umsetzung bleibt fraglich Nach dem Votum der Delegierten liegt es nun an der Parteiführung der Berliner SPD, gemeinsam mit beiden Juniorpartnern den Weg zu ebnen, um den Beschluss umzusetzen. Dies könnte sich allerdings als schwierig erweisen, denn weder Grüne noch Linkspartei sind ihrerseits für eine Wiedereinführung der vor 15 Jahren abgeschafften Verbeamtung von Lehrkräften zu begeistern. So argumentieren die Berliner Linken vor allem mit der Ansicht, dass Lehrer keine hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen würden und somit die Notwendigkeit einer Verbeamtung nicht gegeben sei. Zudem würden durch die Einschränkungen bei der Verbeamtung aktuell angestellter Lehrer neue Gerechtigkeitslücken entstehen, da rund 5.000 Lehrer zwangsweise in ihrem bestehenden Arbeitsverhältnis bleiben müssten. Gleichzeitig führe der Wechsel aus der gesetzlichen in die private Krankenkasse der neu verbeamteten Lehrer zu einem Wegfall von überdurchschnittlichen Einzahlern in die sozialen Systeme wie Krankenversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung, was die Systeme finanziell spürbar schwächen würde. Abschließend kritisiert die Linke außerdem, dass die Kosten für verbeamtete Lehrkräfte durch Zusatzkosten wie Beihilfe und Pensionsansprüche im Vergleich zu angestellten Lehrern für das Land Berlin insgesamt rund zehn Prozent höher wären. Als Alternative zur Umstellung des Arbeitsverhältnisses fordert die Partei eine sukzessive Angleichung der Gehaltsbedin-

Nach langwierigen internen und externen Querelen hat sich die Berliner SPD nun für eine Wiedereinführung der Lehrerverbeamtung ausgesprochen – ob diese sich aber realisieren lässt, bleibt fraglich. Foto: BS/steveriot1, pixabay.com

gungen von Beamten und Angestellten, beispielsweise durch Zulagen. Zusätzlich solle das aktuelle Einstellungsverfahren auf den Prüfstand gestellt sowie ein Online-Portal aufgebaut werden, bei dem Bewerbungen explizit auch für eine Schule möglich sein sollen. Auch die Berliner Hochschulen sollen eingebunden werden, um die Abschlussquote zu erhöhen und Masterabsolventen ein Zusatzstudium für den Lehramtsberuf zu schaffen. Grundsätzlich müssten aber vor allem die Arbeitsbedingungen für Lehrer verbessert werden, so die Partei. Auch die Grünen sind gegen die Wiedereinführung einer flächendeckenden Verbeamtung aller Lehrer in Berlin, was die Partei hauptsächlich mit den damit verbundenen Kosten erklärt. Allein beim Renteneintritt nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses würde es für die Lehrer finanziell anschließend nicht mehr an die Töpfe der entsprechenden Rentenkasse gehen. Stattdessen wäre an dieser Stelle wieder der Staat gefragt, der die zusätzli-

chen – und höheren – Pensionsansprüche zu finanzieren habe. Zudem pochen die Grünen darauf, dass im Koalitionsvertrag für die aktuelle Legislaturperiode explizit vereinbart wurde, neue Beamtenverhältnisse nur dort zu schaffen, “wo es aus hoheitlichen Gründen erforderlich” sei; eine Abkehr von der 2004 eingeführten Angestelltenregelung sei vor diesem Hintergrund im Koalitionsvertrag kein Thema, das es anzugehen gelte.

DBB begrüßt Vorstoß der SPD Der Berliner Landesverband des DBB Beamtenbunds und Tarifunion begrüßt hingegen den Parteitagsbeschluss. In einem Statement der Bildungsgewerkschaften im DBB Berlin hatte man diesen Schritt bereits vorab vehement gefordert, da es bereits “fünf nach zwölf” sei. Landeschef Frank Becker sprach nun trotz der Hürden die Erwartung aus, “dass sich die SPD auch in der Regierungskoalition mit dieser Entscheidung durchsetzt und die Wiederverbeamtung so bald wie möglich umgesetzt wird”.

qanuun-aktuell Von Balken und Splittern von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune Wahlen und ihre Ergebnisse lösen meistens gegensätzliche Gefühle aus, selten wirklich positive. Gewinner erscheinen oft zu selbstgewiss, andere behaupten, Gewinner zu sein, obwohl die Wählerstimmen etwas anderes erkennen lassen, und Verlierer suchen die Schuld für ihre Misere bei anderen. Kurzum, Schuld hat das “undankbare” Wahlvolk, auch wenn man das nicht so offen sagen möchte. Monatelang haben die Parteien es von allen Seiten abwechselnd aufgepeitscht, umgarnt, umworben und recht unterschiedlich informiert, und dann das! Wahlkämpfe sind nicht vergnügungssteuerpflichtig. Sie sind laut, hitzig, aggressiv und anstrengend. Am Ende steht ein Wahlakt, dem man sich als Kandidat/-in ausgeliefert fühlt. Nach jeder Wahl stelle ich mir dieselbe Frage: Muss das so sein? Mir fällt das biblische Gleichnis vom Balken und Splitter ein. Um die Aufmerksamkeit der Medien und des Wahlvolkes zu erlangen, scheint kein Vorwurf zu bösartig, kein Populismus untauglich und die Scheinheiligkeit, die man anderen mit voller Wucht entge-

Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e. V. In jeder Ausgabe des Behörden Spiegel kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention. Foto: BS/www.qanuun.org

genschleudert, trifft den Kern des eigenen Selbst. Gemäßigte Stimmen bleiben ungehört und sachliche Argumente scheinen an Bedeutung zu verlieren. Und dann wundern wir uns über Wahlergebnisse, die stabile Mehrheiten als fast unmöglich erscheinen lassen? Vorwürfe und Behauptungen der fachlichen Inkompetenz, der moralischen Verwerflichkeit und charakterlichen Schwäche sind gefährliche Waffen und es ist höchste Zeit, dass sie auch als solche erkannt und geahndet werden, gesellschaftlich wie juristisch. Leider gibt es dafür noch keinen Waffenschein. Ich würde es mir wünschen.


Bund

Behörden Spiegel / November 2019

D

ie zum 1. August 2019 eingerichtete Stabsstelle Mittelstandsstrategie ist Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) unmittelbar zugeordnet und wird vom Rechtswissenschaftler Dr. Philipp Birkenmaier geleitet. Konkrete Aufgabe sei es, die laufenden Arbeiten an einer Mittelstandsstrategie zu unterstützen und voranzutreiben. “Mein Ziel ist es, den Mittelstand in Zeiten der Digitalisierung fit für die Zukunft zu machen”, betont Altmaier. Vor dem Hintergrund, dass 99,5 Prozent ­aller Unternehmen hierzulande Mittelständler sind, zeige sich die enorme Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Sie erwirtschaften rund 35 Prozent des gesamten Umsatzes, stellen knapp 60 Prozent aller Arbeitsplätze und über 80 Prozent aller Ausbildungsplätze. Die Stabsstelle Künstliche Intelligenz (“Stab KI”) in der Digitalabteilung des Ministeriums wird von Marco-Alexander Breit geleitet. Unter seiner Federführung soll Deutschland beim Thema KI schneller von der Forschung zur Anwendung kommen. Hierzu soll die neue Stabsstelle konkrete Projekte, etwa beim Thema Europäische Cloud-Infrastruktur, vorantreiben. Thomas Jarzombek, der Luft- und Raumfahrtbeauftragte der Bundesregierung, übernimmt zusätzlich die Funktion eines “Beauftragten des Bundeswirtschaftsministeriums

Ministerium statt Kompetenzchaos? Uneinigkeit im Bundestag über digitale Strategie (BS/Katarina Heidrich) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) verstärkt seine Mittelstands- und Digitalpolitik. Dazu wurden in der Behörde zwei neue Stabstellen eingerichtet. Zudem wurde ein “Beauftragter des Bundeswirtschaftsministeriums für die Digitale Wirtschaft und Start-ups” ernannt. Kritik daran üben die FDP- und die AfD-Bundestagsfraktionen, die sich eine Bündelung aller Querschnittsbereiche in einem Digitalministerium wünschen.

Verschiedene Ansprechpartner oder Bündelung? Der Bundestag ist sich uneinig über die Einrichtung eines Digitalministeriums. Foto: BS/ninita_7, pixabay.com

für die Digitale Wirtschaft und Start-ups”.

Verantwortungsdschungel? Nach Ansicht der AfD-Bundestagsfraktion “werden hier neue Digitalposten errichtet, die sich

Sicherheitslage angespannt Mehr Angriffe, aber keine gravierenden Vorfälle (BS/stb) Nachdem es längere Zeit vergleichsweise ruhig um das Thema Ransomware war, sind in den letzten Monaten wieder vermehrt Fälle bekannt geworden. Darunter Krankenhäuser und Stadtverwaltungen. Die Bundesverwaltung steht ebenfalls unter Dauerbeschuss, erfolgreiche Angriffe hat es dem diesjährigen Lagebericht zur IT-Sicherheit des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zufolge aber nicht gegeben. Grund zur Entspannung ist das jedoch nicht, denn die Methoden der Angreifer werden zunehmend gewitzter. Ransomware, oder Erpressungstrojaner werden meist breit gestreut über E-Mails verteilt. Während die Lösegeldabwicklung – Bitcoin gegen Zugriff auf die eigenen Daten – früher zumeist einheitlich für alle Betroffenen ablief, hat sich mittlerweile ein individuellerer Ansatz etabliert. So würden öffentliche Einrichtungen nur selten bewusst als Ziel von Cyber-Kriminellen ausgesucht, wie BSI-Präsident Arne Schönbohm zur Vorstellung des Lageberichts erklärte. “Doch sobald die Täter einmal in einem IT-Netzwerk sind, spähen sie dieses bewusst aus, um die Höhe der Lösegeldforderung an den möglichen Schaden anzupassen.” Ein weiteres großes Thema im Berichtszeitraum von Juni 2018 bis Mai 2019 war die Schadsoftware Emotet, die in wiederkehrenden Wellen für große Schäden gesorgt hat. Das Programm kommt über denselben Weg wie die meisten Viren und Trojaner auf den Rechner: ein manipuliertes Dokument im Anhang einer Mail. Das Besondere bei Emotet ist jedoch, dass der Schädling nicht in einer allgemein gehaltenen fingierten Nachricht (sog. Phishing) daherkommt. Eine automatisierte Auswertung des Mail-Verkehrs bereits betroffener Nutzer erlaubt die Ableitung persönlich und besonders authentisch wirkender Phishing-Mails im Namen von Kollegen, Geschäftspartnern und sonstigen Kontakten. Grundlage sind Methoden, die bisher nur von Advanced Persistent Threats (APTs) bekannt waren, also von komplexen, zielgerichteten und langfristig durchgeführten Angriffen, die oft nachrichtendienstlichen Hintergrund haben.

Bund und KRITIS weitgehend ohne Schäden Im direkten Zuständigkeitsbereich des BSI hat es laut Lagebericht keine erfolgreichen Angriffe

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im Berichtszeitraum gegeben. Die Abwehr in den Regierungsnetzen erfolge zu 61 Prozent durch Eigenentwicklungen. Pro Monat seien im Schnitt 64.000 schadhafte E-Mails abgefangen worden. Gegenüber dem Lagebericht das Vorjahres hat sich dieser Wert mehr als verdoppelt. Im Browserverkehr seien im Schnitt 750, in Spitzen bis zu 2.000 Schadprogramme pro Monat entdeckt worden. Weitere durchschnittlich über 6.100 Angriffe seien durch ein nachgelagertes Erkennungssystem für gezielte und neuartige Schadprogramme blockiert worden. Auch die Kritischen Infrastrukturen (KRITIS) seien von gravierenden Schäden verschont geblieben. 252 IT-Sicherheitsvorfälle seien dem BSI gemeldet worden. Der Großteil entfällt aber regelmäßig auf interne Probleme wie technische Störungen oder Konfigurationsfehler. Auch freiwillige Meldungen anderer Unternehmen hätten zugenommen, so BSI-Chef Schönbohm. Und weiter: “Der Bericht stellt dar, dass die Qualität der CyberAngriffe weiter gestiegen und die Bedrohungslage anhaltend hoch ist. Er macht aber auch deutlich, dass diese Cyber-Angriffe erfolgreich abgewehrt werden können, wenn IT-Sicherheitsmaßnahmen konsequent umgesetzt werden.” Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagt anlässlich des Lageberichts: “Wir müssen als Gesellschaft begreifen, dass unsere digitalisierte Zukunft untrennbar mit der konsequenten Umsetzung von IT-Sicherheit verbunden ist. Wenn wir die Chancen der Digitalisierung voll ausschöpfen wollen, müssen wir die mit ihr verbundenen Risiken beherrschbar machen.” Mehr zum Thema Informationssicherheit auf den Seiten 34 bis 36.

nahtlos in die schon bestehenden digitalen Gremien, Referate, Kommissionen und Agenturen der Bundesregierung einfügen. Bei einer solchen Vielfalt an digitalpolitischer Zuständigkeit kann nach Ansicht der Fragesteller der Überblick leicht verloren gehen”, wie es in einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung heißt. Die Einrichtung eines koordinierenden Digitalministeriums fände so nicht statt, was zu einer Zersplitterung der Verantwortungs- und Zuständigkeitsverteilung führe – und somit zur Behinderung des digitalen Fortschritts Deutschlands. Ein solches Ministerium wird ebenfalls von der FDP gefordert. Manuel Höferlin, Obmann im Ausschuss Digitale Agenda, begründet dies mit der internationalen Wettbewerbsfähigkeit

Deutschlands: “Die Bundesregierung darf die digitale Transformation nicht weiter als Nebenjob betrachten und sie größtenteils verschlafen. Sondern sie muss sich jetzt mit aller Kraft darum kümmern, dass der Rückstand aufgeholt wird. Ich bin der Überzeugung, dass dies nur mit einem eigenen Digitalministerium gelingen wird.”

Silo-Denken aufbrechen und klare Strategie formulieren Anders sieht das die Union. Nadine Schön (CDU), ebenfalls Mitglied im Ausschuss Digitale Agenda, gibt zu bedenken, “dass man sicher nicht alle Digitalthemen und -projekte aus den einzelnen Häusern herauslösen” könne. Wichtig sei aber, dass das “Silo-Denken in den Ministerien aufgebrochen wird”, so Schön.

Auch Jens Zimmermann von der SPD glaubt, dass Zuständigkeiten – etwa beim Thema digitaler Impfpass – weiterhin von den einzelnen Ressorts übernommen werden sollten: “Ich glaube, ohne die Expertinnen und Experten aus den jeweiligen Ministerien geht es nicht. Deshalb bin ich von einem Digitalministerium nicht überzeugt.” Die Linke gibt sich diplomatischer, bezweifelt aber den Erfolg eines Digitalministeriums, “wenn nicht jedes Ministerium seinen Beitrag leistet und die Bundesregierung klare Vorstellung zur Gestaltung der Digitalisierung entwickelt”, wie Petra Sitte betont. Bisher würden vor allem eine vernünftige Absprache und eine einheitliche, übergeordnete Strategie fehlen. Die Grünen hingegen kontern mit einem eigenen Vorschlag: “Besser wäre es, die Digitalisierung im Bundeskanzleramt anzusiedeln, aber richtig. Also ernsthaft steuernd – und nicht wie aktuell mit einer Staatsministerin für Digitalisierung, die zwar engagiert für digitale Themen kämpft, aber keine wirkliche Macht hat”, fordert Dieter Janecek.


Länder

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ehörden Spiegel: Der diesjährige Gewerkschaftstag des DBB NRW hat die Schwerpunkte für die kommende Legislatur festgelegt. Welche sind das? Staude: Wir haben zwei zentrale Leitanträge beschlossen. Der erste Antrag ergibt sich aus der Natur der Sache und thematisiert die Digitalisierung. Der zweite Antrag beinhaltet das Thema Dienstrecht: Wir wollen eine Attraktivitätsoffensive für den Öffentlichen Dienst. Im Endeffekt geht es um alle Belange, die das Dienstrecht tangieren. Ansonsten ist es schwer, von einzelnen Schwerpunkten zu sprechen, da sich unter dem Begriff Dienstrecht inzwischen ein ganzes Modulsystem verbirgt. Behörden Spiegel: Inwiefern?

Staude: Aus der Attraktivitätsoffensive lassen sich bestimmte Module herausnehmen und einzeln umsetzen, zum Beispiel das Gesundheitsmanagement. Dieses wird zwar oft als weicher Faktor bezeichnet, erreicht aber viele zentrale Aspekte des Beamtenrechts. Unter das Stichwort Prävention fällt sowohl die Beihilfe und somit auch die andauernde Diskussion um die pauschalierte Beihilfe, aber auch die Kostendämpfungspauschale. In den Zusammenhang gehört aber auch die Zahl der mehr als 13.500 Leerstellen in NRW. Durch die unbesetzten Stellen verdichtet sich die Arbeit bei den vorhandenen Kolleginnen und Kollegen – das ist ebenfalls ein Thema des Gesundheitsmanagements. Deshalb ist es längst kein weiches Thema mehr, sondern ein elementarer Bestandteil der Attraktivitätssteigerung. Behörden Spiegel: Ist der DBB NRW in Sachen Attraktivitätssteigerung schon mit der Landesregierung in Gesprächen? Staude: Wir führen aktuell viele Gespräche, zum Beispiel haben wir im Nachgang zu diesjährigen Tarifverhandlungen Besoldungsgespräche mit der Landesregierung geführt. In diesen wurde deutlich, dass wir für die tariflich-strukturellen Maßnahmen flankierende Themen als Ausgleich platzieren müssen. Insbesondere müssen wir für eine Neugestaltung der Arbeitszeit und für Verbesserungen in besonders belasteten Bereichen sorgen, etwa der Polizei, der Justiz und der Steuerfahndung oder

Behörden Spiegel / November 2019

Schräubchenkunde bei der Arbeitszeit Staude zu den Hürden bei der Attraktivitätssteigerung des Öffentlichen Dienstes

Betriebswirtschaft auch eine Fachrichtung Informationstechnik zu etablieren. Wohl wissend, das dies allein nicht ausreicht. Wir werden letztlich auch über die Bezahlung von Fachleuten sprechen müssen.

(BS) Nordrhein-Westfalen braucht eine Attraktivitätsoffensive, untertreicht Roland Staude, erster Vorsitzender des DBB NRW Beamtenbundes und Tarifunion Nordrhein-Westfalen, Sprecher der AG Landesbünde im DBB. Dazu gehört das Gesundheitsmanagement ebenso wie die Gestaltung der Arbeitszeit und die Besoldung. Dabei erörtert er, warum eine Rückkehr zu einer bundeseinheitlichen Besoldung ausgeschlossen scheint, wie die Behörden Spiegel: Besteht Mitbestimmung bei der Digitalisierung zu regeln ist und was der Öffentliche Dienst in Sachen Klimaschutz noch leisten kann. Die Fragen stellte durch den Abschluss von DienstJörn Fieseler. vereinbarungen nicht die Gefahr, Behörden Spiegel: Der Bund hat ein Besoldungsstrukturenmodernisierungsgesetz verabschiedet. Braucht es so ein Gesetz auch in NRW?

“Auf Bundesebene gibt es derzeit keine Mehrheit für eine Reföderalisierung der Besoldung”, sagt Roland Staude, Landesvorsitzender des DBB NRW. Foto: BS/Windmüller

auf kommunaler Ebene den Feuerwehren. Dazu haben wir mit der Landesregierung vereinbart, während der Laufzeit des Tarifvertrages bis 2022 uns diesen Themen zu widmen. Wir wollen zu Beginn des Jahres 2020 mit beiden Themen starten. Behörden Spiegel: Und wie sieht der weitere Fahrplan aus? Staude: Den müssen wir dann festlegen. Es gibt aber Themen, bei denen wir uns Zeit lassen müssen. Es gibt zum Beispiel so viele unterschiedliche Arbeitszeitmodelle, da müssen wir Schräubchenkunde betreiben. Schnellschüsse sind hier nicht dienlich. Behörden Spiegel: Das Thema Arbeitszeit ist nicht neu. Wie ist der Öffentliche Dienst NRW hier auf einer Skala von eins bis zehn aufgestellt? Staude: Ich denke wir sind auf einem guten Mittelplatz. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass das Thema sehr komplex und facettenreich ist. Soll mit Langzeitkonten begonnen werden oder mit Lebensarbeitszeitkonten oder mit der Anpassung der wöchentlichen Arbeitszeit der Beamten auf den Tarifbereich? Es ist auch eine Verknüpfung der beiden Themen denkbar, wie es in Hessen umgesetzt wurde. Behörden Spiegel: Warum dauert das so lange?

Staude: Wir leben in einer Demokratie, wo sich die politischen Konstellationen ändern. Wir hatten mit der alten Landesregierung einen Konsens, bei den Lebenszeitarbeitskonten Pilotversuche zu starten. Die neue Landesregierung möchte darauf verzichten und diese sofort flächendeckend umsetzen. Das halte ich für politisch sehr ambitioniert. Denn im Detail müssen noch zahlreiche Fragen geklärt werden. Deshalb bin ich froh, dass wir vereinbart haben, das Thema Gestaltung der Arbeitszeit jetzt intensiv zu behandeln. Behörden Spiegel: Ist die Vertrauensarbeitszeit als Modell ebenfalls im Gespräch? Staude: Das ist ein interessantes Thema! Da sind wir gespannt, welche Konsequenzen die Landesregierung aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zum Thema vom 14. Mai 2019 ziehen wird. Die Antwort ist elementar für die übrigen Fragen der Arbeitszeitgestaltung. Behörden Spiegel: Zur Attraktivität gehört auch die Besoldung. Vor Kurzem haben zwei Landesfinanzminister die Rückkehr zur bundeseinheitlichen Besoldung gefordert. Ist das, auch vor dem Hintergrund des Gestaltungsverlustes auf Länderebene realistisch? Staude: Seit 2006 hat sich der DBB NRW der Situation angenommen und sich aufgestellt, um Beamtenrecht und

Beamtenpolitik entsprechend zu praktizieren. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht mit den Entscheidungen zur R- und A-Besoldung 2015 Leitplanken aufgestellt. Die Ausführungen des Gerichts, wann eine Unteralimentation vorliegen kann, sind der Rahmen für die Landespolitik. Zur Realität gehört nach meiner Wahrnehmung aber auch, dass es auf Bundesebene derzeit keine Mehrheit für eine Reföderalisierung der Besoldung gibt. Außerdem ist das ganze Besoldungssystem mit seinen 17 Kreisen inzwischen so ausdifferenziert, dass es äußerst schwierig werden wird, zu einem einheitlichen System zurückzukommen. Ich habe Verständnis für die Länder und Landesbünde, wo die Besoldung unter dem Mittelwert ist. Hier ist eine gewisse politische Weitsicht geboten, um künftig geeignetes Personal überhaupt noch rekrutieren zu können. In NRW haben wir uns auf die Situation des Föderalismus eingestellt. Wir haben mit den verschiedenen Landesregierungen harte Gespräche geführt. Inzwischen haben wir ein System gefunden, das funktioniert und akzeptiert ist. Wir sind gut aufgestellt und haben Erfolge zu verzeichnen. Wir haben insofern keine schlechten Erfahrungen mit dem Föderalismus gemacht. Behörden Spiegel: Das darf auch so bleiben? Staude: Ja!

Staude: Es wäre wünschenswert. Es sind sehr viele strukturelle Maßnahmen umgesetzt worden. Zugleich hat der Bund die Länder damit unter Druck gesetzt. Ebenso die DBB Landesbünde. Die eigenen Mitglieder fordern, ein solches Gesetz auf den Weg zu bringen. Auch das würde in den Ländern die Situation verbessern. Behörden Spiegel: Stichwort Digitalisierung: Verdi hat angekündigt, mit dem Bund in Verhandlungen zu einem Digitalisierungstarifvertrag zu treten. Ist das sinnvoll, oder sollte es besser über das Personalvertretungsrecht geregelt werden? Staude: Im Personalvertretungsrecht sind entsprechende Veränderungen erforderlich – das ist de facto so. Einige Länder haben das schon durchgeführt, andere und der Bund haben da noch Nachholbedarf. Grundsätzlich geht es um die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes, Tarifbeschäftigte wie auch Beamte. Das nur über Tarifverträge zu regeln ist daher suboptimal. Man muss das Ganze im Blick haben, deshalb wäre es sympathischer auf Bundes- oder Landesebene einen Rahmen zu setzen und alles Weitere über Betriebs- oder Dienstvereinbarungen zu regeln. Denn die Kolleginnen und Kollegen kennen die Probleme vor Ort. Deshalb sollten die Personalvertretungen ein größeres Gewicht bekommen. Außerdem besteht die Möglichkeit, mehr im Detail zu regeln. Ein wesentlicher Bestandteil solcher Regelungen sollte die Qualifizierung der Beschäftigten sein. Darüber hinaus müssen wir aber auch IT-Spezialisten für den Öffentlichen Dienst gewinnen. In NRW gibt es den Ansatz, an der Fachhochschule des Landes neben der Fachrichtung

dass es zu einem Flickenteppich an Regelungen kommt? Staude: Ich glaube, dass lässt sich in Teilen nicht verhindern. Für die unterschiedlichen Fachbereiche sind immer spezielle Entwicklungen notwendig, etwa bei der Software für Fachverfahren. Wichtig ist, dass Mindeststandards einheitlich sind. Die müssen auf der Landesebene geregelt werden. Dabei müssen Schnittstellenproblematiken bereinigt werden. Behörden Spiegel: In NRW soll die Digitalisierung um sechs Jahre vorgezogen werden. Wie ist der Stand? Staude: NRW ist auf einem guten Weg, das Ziel ist aber ambitioniert. Wir sind aktuell in den Haushaltsberatungen. Für die nächsten Jahre sind 182 Mio. Euro zusätzlich für den Bereich der Digitalisierung ausgewiesen. Das ist wichtig, um den Anstoß zu erreichen. Allerdings müssen noch zahlreiche Gesetze angepasst werden, das hemmt die Umsetzungsprozesse. Behörden Spiegel: Ein anderes Thema ist der Klimaschutz, zu dem sich der DBB NRW schon geäußert hat. Was kann der Öffentliche Dienst hier leisten? Staude: Allein in NRW haben wir rund 4.500 Gebäude in der Landeszuständigkeit. Wenn man sich deren Energiebilanz anschaut, stellen wir fest, dass dort eine Menge getan werden kann, wenn die Gebäude auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Hinzu kommt die Vielzahl an kommunalen Verwaltungsgebäuden, Schulen, Kitas etc. Zudem ist zu überlegen, wie weitere Anreize zum Klimaschutz geschaffen werden können. Wir haben in NRW rund 650.000 Landesbeschäftigte. Mit einem Jobticket wie in Hessen könnte dort ein weiterer Beitrag geleistet werden. Damit wäre sicherlich eine Menge getan.

→ 16.–17. Januar 2020, Handelskammer Hamburg

Hamburger Vergabetag 2020

Vierzehn Workshops: • • • • • • • • • • • • • •

IKT-Beschaffung im Lichte des DigitalPakt Schule Newcomer und Bestandsauftragnehmer Aktuelle Rechtsfragen aus dem Bauvergaberecht Beschaffung von Elektromobilität Lösungs- und Konfliktvermeidungsstrategien Dynamisches Beschaffungssystem Eignungsprüfung in der Praxis Richtiger Umgang mit Standardformularen Überhitzte Konjunktur – Auf der Suche nach Bietern Einkauf von Textilien nachhaltig gestalten Vergabefehler bei IT-Ausschreibungen Architekten und Ingenieurverträge Der „formale Mangel“ im Vergaberecht Anknüpfungspunkte für produktspezifische Ausschreibungen

Keynotes: Dr. Christine Maimann, Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht, Vergabesenat des OLG Düsseldorf York Burow, Vorsitzender der Vergabekammer, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie Schleswig-Holstein

Dr. Bettina Maaser-Siemers, Abteilungsleiterin, Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg

► Angebotsausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB – Aktuelle Rechtsprechung des OLG Düsseldorf

► Vergabeverfahrenserleichterungen in Schleswig-Holstein nach SHVgVO (Unterschwellenrecht)

► Die neue Hamburger Vergaberichtlinie (HmbVgRL)

→ Online-Anmeldung unter www.hamburger-vergabetag.de


Finanzen

Behörden Spiegel / November 2019

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ie meisten Bundesländer in Deutschland sind aktuell in der komfortablen Lage, Überschüsse zu erzielen. Auch der Bund vermeldet regelmäßig positive Zahlen. Dem Statistischen Bundesamt zufolge war der kassenmäßige Finanzierungssaldo der Kern- und Extrahaushalte des öffentlichen Gesamthaushalts seit 2014 stets positiv und erreichte 2017 mit 61,9 Mrd.Euro den bisherigen Spitzenwert. 2018 betrug der Überschuss des Bundes 12,5 Mrd. Euro. Dieser floss vollständig in die Flüchtlingsrücklage. Die Länder wiesen im gleichen Jahr einen Überschuss von 20,2 Mrd. Euro aus: im Vergleich zum Vorjahr ein Plus 8,1 Mrd. Euro. Für die Kommunen errechnete das Bundesamt einen Finanzierungsüberschuss von 9,8 Mrd. Euro.

Schuldenabbau und ­Rücklagen

Überschüsse als Reformbremse Ausgabenpolitik von Überschussländern (BS/lkm) Bund, Länder und Gemeinden erzielten 2018 einen Finanzierungsüberschuss von 53,6 Milliarden Euro. Nachrichten wie diese sind meist der Nährboden für die Hoffnung auf einen Anstieg der öffentlichen Investitionen. Zahlreiche Studien und Finanzexperten attestieren dem Staat hier erheblichen Nachholbedarf. Doch ist die Hoffnung auf erhöhte Investitionen bei dauerhaften Überschüssen berechtigt? Ein Blick in die Haushaltspraxis des Bundes – aber auch anderer Länder – gibt Zweifel auf. schwer denkbar, da dies einen Nachtragshaushalt erfordern würde”, erklärte Annika Herbel, Sprecherin des Finanzministeriums Rheinland-Pfalz. Hinsichtlich einer Steuersenkung hätten die Länder nur wenige eigene Kompetenzen. Zudem wäre es bedenklich, bei Überschüssen, die zu einem großen Teil konjunkturbedingt, also nur vorübergehend seien, dauerhaft Einnahmen abzusenken, gibt Herbel zu bedenken.

Überschüsse führen nicht zu mehr Investitionen In den Ländern wurden die

Überschüsse vornehmlich für den Schuldenabbau und die Bildung von Rücklagen verwendet. Mit den Rücklagen wollen die Länder unter anderem Vorsorge für Risiken treffen, die sich im Haushaltsvollzug und in künftigen Haushaltsjahren ergeben können. Ein mögliches Szenario ist ein konjunkturell bedingter und in aller Regel plötzlich eintretender Rückgang der Steuereinnahmen. Zudem können Rücklagen auch der Sicherstellung begonnener Investitionsmaßnahmen dienen. “Wir haben den Haushaltsüberschuss 2018 für weitere finanzielle Vorsorge und verstärkten Schuldenabbau genutzt und damit weitere Handlungsspielräume für die Zukunft geschaffen”, erklärte Frank Lehmkuhl, Pressesprecher des Finanzministeriums in NRW. Insgesamt hat das Land 2018 26 Prozent seines Finanzierungsüberschusses in die Schuldentilgung investiert. Für Steuersenkungen oder mehr Investitionen wurden die Überschüsse in den Bundesländern hingegen kaum genutzt. “Ausgaben für Sozialausgaben oder Investitionen unmittelbar aus einem Finanzierungsüberschuss vorzunehmen, ist nur

Bei Überschüssen des Bundes gibt es im Vergleich zu den Ländern deutlich mehr Handlungsspielraum beim Thema Steuersenkungen. Entsprechend hoch sind die Begehrlichkeiten, wenn die neuesten Daten des Statistischen Bundesamtes oder der Steuerschätzung vorliegen. Kommunalverbände mahnen indes aufgrund des immensen Investitionsstaus von 138 Mrd. Euro bei den Kommunen deutlich mehr Investitionen des Bundes an. Daten des Ökonomen Lukas Haffert vom Lehrstuhl für vergleichende politische Ökonomie der Universität Zürich zeigen, dass Länder, die Überschüsse erzielt haben, diese meist jedoch nicht für Investitionen genutzt haben. Länder wie Kanada, Australien, Neuseeland, Dänemark, Finnland und Schweden gelang es für mehr als ein Jahrzehnt, Überschüsse zu erzielen. Von einem deutlichen Wiederanstieg der Investitionen könne dort aber keine Rede sein, stellt Haffert fest. Das gelte für “harte” Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, also Schienen, Brücken oder Kabelnetzte, vor allem aber für “weiche” Investitionen in die Bürger, also in Ausgaben für Bildung und Forschung und ­Familien. In

Kosten beim Klimaschutz Länder fordern Kompensationen (BS/lkm) Am 9. Oktober 2019 hat das Bundeskabinett das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050 beschlossen. Damit einhergehend sind Kosten bei Bund, Ländern und Gemeinden verbunden. Auf der anderen Seite sollen bis 2023 durch neue Steuern und Abgaben mehr als zehn Milliarden Euro zusätzlich eingenommen werden. Doch diese sollen beim Bund verbleiben. Ein Fakt, der in den Ländern für Unmut sorgt. Bis 2023 will der Bund rund 54 Mrd. Euro in klimafreundliche Infrastruktur, Technologien und den sozialen Ausgleich investieren. Die für das Klimaschutzprogramm eingepreisten Einnahmen sollen dafür beim Bund verbleiben. Dies führt den Ländern zufolge zu “erheblichen Verwerfungen”, denn die Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 der Bundesregierung führe auch zu starken finanziellen Belastungen n den Ländern und Kommunen. Die Finanzierung des Klimaschutzprogramms erfolgt im Rahmen des Ergänzungshaushalts 2020 und des Wirtschaftsplans des Energie- und Klimafonds (2020-2023). Aus dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung des Klimaprogramms im Steuerrecht geht hervor, dass im Jahr 2020 mit Mindereinnahmen bei den Steuern von 425 Mio. Euro zu rechnen ist. 192 Mio. Euro davon in den Ländern. Bis 2024 steigen die Mindereinahmen auf jährlich 1.375 Mio. Euro an. Den größten Anteil der Mindereinnahmen trägt dabei der Bund mit 663 Mio. Euro.

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Die Länder müssen auf 581 Mio. Euro und die Kommunen auf 131 Mio. Euro Steuereinnahmen im Jahr 2024 verzichten. Hinzu kommen in den Ländern Kosten für den zusätzlichen personellen Aufwand bei der Steuerverwaltung von knapp 15 Mio. Euro. Insgesamt rechnen die Länder mit Steuerausfällen in Höhe von 2,5 Mrd. Euro.

Angemessene Lastenverteilung Die Ministerpräsidenten der Länder fordern deshalb, dass die Einnahmen aus dem Klimaschutzprogramm nicht nur dem Bund zugutekommen sollen. Nötig sei eine “angemessene Lastenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen”, erklärte Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU). Die Länder fordern “mindestens eine vollständige Kompensation der durch die Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht den Ländern und Kommunen entstehenden Mindereinnahmen”. Hierzu soll es mit dem Bund Mitte November erste Gespräche geben.

allen von Haffert untersuchten Ländern ging der Anteil an den weichen Investitionen am Bruttoinlandsprodukt während der Überschussjahre sogar zurück. Auch die Infrastrukturinvestitionen hätten trotz eines leichten Aufwärtstrends selbst nach zehn Jahren ausgeglichener Haushalte immer noch unter dem Niveau vor Beginn der Haushaltskon­ solidierung gelegen. Das auf dem Weg in den Überschuss gegebene Verspechen, man spare heute, damit man morgen wieder mehr investieren könne, erfülle sich nicht. “Schlimmer noch: die öffentlichen Investitionen entwickelten sich nicht besser als in vergleichbaren Ländern mit Defiziten. Die Länder, die erst gar keine entsprechenden Spar­ anstrengungen unternommen hatten, investieren keineswegs

weniger als die Länder mit Überschussregimen”, fasst Haffert zusammen. Der Ökonom hat auch eine Vermutung, warum das so ist. Investitionen in öffentlichen Raum seien, so Haffert, politisch nicht opportun. So erzeugten öffentliche Investitionen häufig diffuse, in der Zukunft liegende Nutzen, die sich auf eine große Anzahl anonymer Profiteure verteilten, aber konkrete, in der Gegenwart anfallende Kosten für eine recht genau identifizierbare Gruppe von “Verlieren”. Sozialausgaben oder Steuersenkungen würden dagegen einen sehr konkreten sichtbaren Nutzen bei ihren Profiteuren erzielen, während sich ihre Kosten diffus auf den Steuerzahler verteilen ließ. “Ein Überschuss verändert solche Dynamiken aber nicht nur, er

verschärft sie zu Teil sogar”, stellt Haffert fest. “Überschüsse sind häufig eine konservierende, keine verändernde Kraft. Sie wirken häufig nicht als Reformturbo, sondern als Reformbremse, weil sie suggerieren, ein bestehendes System sei erfolgreich und benötige keine Veränderungen”, zieht Haffert sein Fazit.

Die fetten Jahre sind vorbei Doch das Veränderungen notwendig sind, scheint in Deutschland angekommen zu sein. Zwar wurden wieder hohe Überschüsse erzielt, aber deutlich weniger als im Vorjahr. Der Bundesrechnungshof mahnte in seinem Sonderbericht zur finanzwirtschaftlichen Entwicklung des Bundes, dass die Zeiten, in denen die Bundesregierung allein auf steigende Steuereinnahmen

und fallende Zinsausgaben habe setzen können sich dem Ende zuneigten. Die Handlungsspielräume würden für den Staat enger. Für die Zukunft werden sinkende Einnahmen der öffentlichen Hand erwartet. Zwar wird der Bund den aktuellen Ergebnissen der Steuerschätzung für das laufende Jahr zufolge im Vergleich zur Frühjahrsschätzung mit bisher nicht erwarteten Mehreinnahmen von vier Md. Euro rechnen können, doch für die nächsten Jahre wurden die Prognosen nochmals gesenkt. In Anbetracht dieser Entwicklungen warnte der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB), dass Investitionen und Klimaschutz jetzt Vorrang vor Steuersenkungen haben müss­ ten: “Nimmt man es mit der Zukunftsfähigkeit Deutschlands und den enormen Investitionsbedarfen ernst, so sind keine Spielräume für Steuerentlastungen vorhanden”, mahnt Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des DStGB. Laut Bundesfinanzminister Scholz sollen die erwarteten Mehreinnahmen aus der Steuerschätzung in eine Rücklage wandern und vorerst nicht ausgegeben werden.


Beschaffung / Vergaberecht

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Behörden Spiegel / November 2019

Bei Rekommunalisierung zu berücksichtigen

► Entscheidungen zum Vergaberecht

Das deutsche Preisrecht im Kreuzfeuer der EU-Beihilfenkontrolle ► PREISBILDUNG

Aufklärung ernst nehmen Schnell ist leicht zu schnell Weniger als die Hälfte des Zweitplatzierten beanspruchte der preislich führende Bieter für die Baumpflege entlang einer Kreisstraße. Das geforderte Formblatt 221/222 zur Preisbildung legte er allerdings nicht bei. Deswegen forderte der Auftraggeber die Angaben nach, schrieb aber, er wolle das ausgefüllte Formblatt 223 zur Aufgliederung der Einheitspreise. Nach dessen Erhalt hatte er keine Zweifel mehr an der Zuschlagsfähigkeit dieses Angebotes. Er wollte darauf den Zuschlag erteilen. Ein Konkurrent bemängelt dies. Er könne nicht nachvollziehen, wie ein solch niedriger Preis möglich sein sollte: Der überwiegende Anteil der preisbeeinflussenden Kosten seien Personalkosten und die seien durch geltende Lohnuntergrenzen fixiert. Die Vergabekammer gibt dem Konkurrenten Recht. Auf die Nachforderung der Preisermittlungsformulare 221/222 hätte der Auftraggeber nicht verzichten dürfen. Zwar habe er einen Beurteilungsspielraum bezüglich der Prognose, ob auch ein Unterkostenangebot wertbar ist. Doch dazu müsse überhaupt eine Beurteilung vorgenommen werden. Davon ist in der Vergabeakte nichts zu erkennen. Entsprechende Erwägungen sind nicht dokumentiert. Und bereits fünf Stunden, nachdem das (verkehrte) Preisformular 223 bei ihm eingegangen war, hatte der Auftraggeber dem Konkurrenten die Absage geschickt. So schnell, meint die Vergabekammer, kann man einen Preis nicht prüfen. VK Sachsen-Anhalt (Beschl. v. 13.03.2019, Az.: 3 VK LSA 07/19)

► RECHTSFORMWECHSEL

Personelle Kontinuität Die Rechte am Entwurf entscheiden Ein als Einzelunternehmung geführtes Architekturbüro nimmt an einem Realisierungswettbewerb teil. Der Auftraggeber hat in diesem Wettbewerb versäumt, die Eignungskriterien – mit Ausnahme der Referenzen – wirksam bekannt zu machen, denn er setzte den Link falsch. Das Büro gewinnt den ersten Preis. Doch noch vor dem Übergang in das Verhandlungsverfahren (ohne erneuten Teilnahmewettbewerb) wandelt der Büroinhaber sein Geschäft in eine GmbH um, der er im Einbringungsvertrag auch alle Rechte der Einzelunternehmung überträgt. Damit waren auch die Rechte an dem Entwurf aus dem Realisierungswettbewerb nun bei der GmbH. Im Zuge eines aus anderen Gründen geführten Nachprüfungsverfahrens kommt die Frage auf, ob dieser Rechtsformwechsel nicht zum Ausscheiden aus dem Wettbewerb führen müsste. Die Vergabekammer Südbayern sieht dafür keinen Grund. Aufgrund der personellen Kontinuität zwischen Einzelunternehmen und GmbH seien die Referenzen übertragbar. Ein Eignungsmangel aufgrund verminderter Haftung einer GmbH komme nicht infrage, weil dazu kein wirksam bekannt gemachtes Eignungskriterium existierte. So bleibe allein maßgeblich, dass die GmbH nun die Rechte

am Entwurf habe und damit sie allein diejenige sei, die auf diesen preisgekrönten Entwurf aufbauen könne. Sie könne daher diese Rechte in eigenem Namen geltend machen und besitze daher auch die erforderliche Aktivlegitimation im Nachprüfungsverfahren. VK Südbayern (Beschl. v. 03.07.2019, Az.: Z3-3-3194-109-03/19)

► BESONDERE DIENSTLEISTUNG

Hausmeister oder Wachmann? Über die Aufgaben eines Pförtners Eine Sicherheitsbehörde in Sachsen-Anhalt beabsichtigt, einige Dienstleistungen rund um die Zugangskontrolle zu ihren Liegenschaften neu zu vergeben. Sie bezeichnet dies in der nationalen Vergabebekanntmachung als “Pförtnerdienste” und ordnet dies dem CPV-Code 79710000-4 “Sicherheitsdienste” zu, denn sie ist der Ansicht, dass die besonderen Sicherungsaufgaben für ihre Liegenschaften besondere Anforderungen stellen, die über eine reine Zugangskontrolle hinausgehen. Kritisch ist diese Unterscheidung, weil davon die Höhe des Schwellenwertes abhängt: Sicherheitsdienstleistungen sind erst ab 750.000 Euro europaweit auszuschreiben. Im Zuge eines Streits um die Wertungskriterien stellt ein Bieter einen Nachprüfungsantrag. Er sieht den niedrigeren Schwellenwert für allgemeine Dienstleistungen als maßgeblich an – und bekommt Recht. Die Aufgabenbeschreibung enthalte nur zu geringen Anteilen solche Tätigkeiten, die dem Sicherheitsgewerbe zuzuordnen sind. Das sei schon daraus zu erkennen, dass der Auftraggeber nicht die erforderliche Erlaubnis nach § 34a GewO verlange. Die Zugangskontrolle selbst stelle noch keine Tätigkeit eines Sicherheitsdienstes dar, denn sie diene nicht dem Schutz vor Eingriffen Dritter. Auch finde keine “Überwachung” von Alarmanlagen statt: Das einfache Ein- und Ausschalten der Anlage bei Dienstbeginn bzw. -ende sei als Hausmeistertätigkeit zu werten und nicht als Bewachungsaufgabe. VK Sachsen-Anhalt (Beschl. v. 10.08.2018, Az.: 2 VK LSA 21/17 )

► DATENSCHUTZ

Zweierlei Maß Höhere Anforderungen an den Bieter Die Prinzipien der Datenschutzgrundverordnung sind noch immer nicht allen Marktteilnehmern wirklich klar geworden. Das zeigt der Fall einer Ausschreibung für Unterstützungsleistungen für die Bearbeitung von Versichertenakten einer Krankenkasse. Sie hatte von den Bietern gefordert, dass sie als Eignungsnachweis ein Zertifikat zum Informationssicherheitsmanagement nach DIN EN ISO 27001 vorlegen sollten. Eine Bietergemeinschaft legte solche Zertifikate für eines der beiden Mitglieder und für das eingesetzte Rechenzentrum vor. Dem Auftraggeber genügte das nicht. Er forderte den verlangten Nachweis von beiden Mitgliedern.

Das bestätigt die Vergabekammer. Bei der Bearbeitung besonders sensibler Daten sei es gerechtfertigt, als Merkmal der Qualitätssicherung die ISO27001-Zertifizierung zu verlangen, zumal die Krankenklasse verpflichtet sei, sich von ihren “Auftragsdatenverarbeitern” die datenschutzrechtliche Eignung nachweisen zu lassen. Dass sie selbst eine solche Zertifizierung nicht besitze und insofern mit zweierlei Maß messe, ändere daran nichts: Ihre eigene Datensicherheit könne die Kasse selbst beurteilen. Für die Beurteilung eines Dritten benötige sie einen objektiven Nachweis. Im Gegensatz zu Kapazitätsnachweisen von Bietergemeinschaften (wie z. B. Geräteausstattung oder Umsatz) könnten die Eignungsnachweise im Datenschutz auch nicht summiert werden. Die Datensicherheit ist nämlich nur dann gewährleistet, wenn alle Beteiligten und die gesamte Verarbeitungskette sicher sind. Die Zertifizierungslücke bei einem Bietergemeinschaftsmitglied lässt damit die Eignung entfallen und führt zum Ausschluss. VK Bund (Beschl. v. 19.07.2019, Az.: VK 1-39/19)

► PERSONAL

Qualifikation als Zuschlagskriterium Auch für nicht-intellektuelle Leistungen Ist die Qualifikation des Personals ein Eignungs- oder ein Zuschlagskriterium? Darüber wurde in der Vergangenheit viel gestritten, bis der EuGH in seinem Urteil in der Sache “Ambisig” zu dem Schluss kam, dass intellektuelle Leistungen durchaus graduell unterschiedlich ausfallen können, je nach Qualifikation des Personals, und in solchen Fällen diese Qualifikation als Zuschlagskriterium verwendet werden kann. Die neue Richtlinie 2014/24/EU griff dieses Urteil auf. Nun wollte ein Nahverkehrsunternehmen die Qualität des eingesetzten Personals für Fahrkartenkontrollen als Zuschlagskriterium verwenden. Ist das zulässig? Ja! Die Vergabekammer weist darauf hin, dass in der Umsetzung des “Ambisig”-Urteils in der Richtlinie die Einschränkung auf intellektuelle Leistungen entfallen ist. Nun geht es nur darum, ob die Qualifikation “erheblichen Einfluss auf die Auftragsausführung” hat. Für Landschaftsgärtner wurde dies in der Vergangenheit verneint. Im Falle der Kontrolleure aber hält die Vergabekammer das für zulässig: Es mache durchaus einen Unterschied im Umgang mit den Fahrgästen – vor allem in Konfliktsituationen – aus, ob das Personal nur eine Sachkundeprüfung als Sicherheitsbediensteter vorweisen kann oder eine mehrjährige Ausbildung als “Fachkraft für Schutz und Sicherheit” hat. Für diese Zusatzqualifikation durfte der Auftraggeber zusätzliche Wertungspunkte erteilen. VK Rheinland (Beschl. v. 29.07.2019, Az.: VK 26/19)

Zusammenfassung der Entscheidungen: RA und FA für Vergaberecht Dr. Rainer Noch, München und Unkel/Rh. (Oppler Büchner PartGmbB)

jeden Monat im Behörden Spiegel ◄

(BS/Guido Kleve/Dr. Michael Gayger) Das deutsche Preisrecht, das bei der Vergabe öffentlicher Aufträge von erheblicher Bedeutung ist, hatte im Rahmen der europäischen Beihilfenkontrolle noch wenig Interesse geweckt – bis jetzt. In einem aktuellen Beihilfenverfahren überprüft die Europäische Kommission, inwieweit das von einer deutschen Kommune im Rahmen einer Rekommunalisierung angewendete Preisrecht mit den Vorgaben des Europäischen Beihilfenrechts vereinbar ist. Die Kommission zeigt mit ihrer neuen Untersuchung ein weiteres Mal, dass sie auch die kommunale Wirtschaft einschließlich von Daseinsvorsorge und Infrastrukturleistungen beihilfenrechtlich im Auge behält. Für öffentliche Unternehmen ist es mittlerweile unverzichtbar, im Vorfeld geplanter Projekte genau zu hinterfragen, inwieweit das Beihilfenrecht relevant sein kann. Bei Verstößen gegen beihilfenrechtliche Vorgaben drohen nämlich erhebliche Konsequenzen. Diese reichen bis zur Nichtigkeit und von der EUKommission erzwungenen Rückabwicklungen abgeschlossener Verträge. Ebenso droht eine zivilgerichtliche Durchsetzung von Unterlassungs-, Beseitigungsund Schadenersatzansprüchen durch (private) Wettbewerber. Mit entsprechender Vorsorge und Vorbereitung lassen sich solche beihilfenrechtlichen Risiken jedoch minimieren.

Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten Praktische Schwierigkeiten entstehen häufig dadurch, dass die Einhaltung der nationalen Vorschriften wie etwa des Vergabe- und Preisrechts nicht mit Sicherheit zugleich die beihilfenrechtliche Zulässigkeit der Maßnahme bewirkt. So ist in der eingangs genannten – noch nicht abgeschlossenen – beihilfenrechtlichen Prüfung einer Rekommunalisierung durch die EU-Kommission Kernstreitpunkt, ob eine im deutschen Recht vorgegebene Anwendung des Selbstkostenpreises nach Preisrecht auch zu einer beihilfenrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens führt.

Bei Inhouse-Vergaben und Rekommunalisierungen sollte genau nachgerechnet werden, ob das EU-Beihilfenrecht eingehalten wird. Foto: BS/Manfred Jahreis, pixelio.de

Anwendungsbeispiel für Selbstkostenpreise sind Konstellationen, in denen der Wettbewerb auf Anbieterseite beschränkt ist und hierdurch die Marktpreisbildung nicht nur unerheblich beeinflusst wird. Dies ist etwa der Fall, wenn nur ein Anbieter für die Erbringung einer bestimmten Leistung in Betracht kommt oder sich zur Verfügung stellt und damit kein Wettbewerb zwischen den Anbietern entstehen kann. Im deutschen Recht greifen dann die preisrechtlichen Vorgaben.

Reicht die preisrechtliche Wertung?

Im ebenfalls zu beachtenden Europäischen Beihilfenrecht ist darüber hinaus bestimmt, dass eine unzulässige Beihilfe gemäß Art. 107 Absatz 1 AEUV vorliegt, wenn einem Unternehmen eine selektive Begünstigung aus staatlichen Mitteln zugewendet wird, die sich verfälschend auf den Wettbewerb und den zwischenstaatlichen Handel auswirkt. Offen ist bislang, ob die preisrechtliche Wertung auf den Ausschluss Guido Kleve (links) und Dr. Michael Gayger sind Rechtsanwälte in der Kanzlei DLA Piper UK LLP. des Vorliegens einer beihilfenrecht Foto: BS/privat lichen “Begünstigung” übertragen Die Regelungen des Preis- werden kann. Mangels Vorliegens rechts nach der Verordnung des Merkmals der “BegünstiPR Nr. 30/53 definieren einen gung” ist bei der Vergabe eines Rahmen für zulässige Preise im öffentlichen Auftrags nicht von öffentlichen Beschaffungswesen einer Beihilfe auszugehen, wenn in Deutschland. Das Preisrecht diese zu marktkonformen Besieht detaillierte Vorgaben zur dingungen erfolgt. Die DurchBerechnung von Höchstpreisen führung eines Ausschreibungsvor, die der öffentliche Auftrag- verfahrens zur Ermittlung eines geber nicht überschreiten darf. objektiven Marktpreises ist beiEs dient damit dem Schutz der hilfenrechtlich aber nicht immer öffentlichen Hand vor der Zah- zwingend erforderlich. Vielmehr lung überhöhter Preise. kann im Einzelfall grundsätzlich In der Praxis des öffentlichen auch untersucht werden, ob ein Beschaffungswesens ist ein ob- vergleichbares privates Unterjektiver Marktpreis für eine be- nehmen in einer vergleichbaren stimmte Leistung häufig nicht zu ermitteln. Dies ist insbesondere der Fall, wenn öffentliche Aufträge vergaberechtlich zulässig nicht in einem wettbewerblichen Verfahren vergeben werden. Das Das Preisreicht bei der öffentlichen Auftragsvergabe steht Preisrecht sieht dann die Mögim Mittelpunkt eines gleichnalichkeit vor, dass auf Selbstkosmigen Seminars des Behörden tenpreise zurückgegriffen werden Spiegel am 10. März 2020 in kann. Die Grundlagen hierfür Bonn. sind in den Leitsätzen für die Die aktuellen Neuerungen und Preisermittlung aufgrund von die grundlegende Systematik Selbstkosten (LSP) niedergelegt. des europäischen BeihilfenDie errechneten Selbstkostenrechts sind Kern der Beihilpreise ersetzen dann zulässig den fenrechtstage des Behörden nicht ermittelbaren Marktpreis. Spiegel am 22. und 23. Juni Typischer Anwendungsfall für 2020 ebenfalls in Bonn. diese Selbstkostenpreise sind Weitere Informationen und Ansogenannte Inhouse-Vergaben, meldung unter www.fuehrungs bei denen eine staatliche Stelle kraefte-forum.de, Suchwort einen Auftrag erhält und auf die “Preisrecht” oder “BeihilfenDurchführung eines öffentlichen rechtstage” Ausschreibungsverfahrens verzichtet werden darf. Ein weiteres

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Situation die Preisvereinbarung akzeptiert hätte (sogenannter Private-Investor-Test). Methodisch kann hierzu beispielsweise eine Vergleichsbetrachtung mit ähnlichen Fällen (Benchmarking) herangezogen werden. Praktische Schwierigkeiten ergeben sich aber dann, wenn weder eine Ausschreibung durchgeführt wird noch durch ein Benchmarking ein objektiver Marktpreis bestimmt werden kann. Letzterer Fall ist etwa gegeben, wenn es an geeigneten vergleichbaren Konstellationen für das Benchmarking fehlt. Gerade bei Rekommunalisierungen kann es vorkommen, dass die konkrete Situation in einer Kommune nur schwer mit einer ähnlichen Konstellation an einem anderen Ort vergleichbar ist. Im deutschen Preisrecht gibt es dann, wie dargestellt, die Möglichkeit des Rückgriffs auf den Selbstkostenpreis (entsprechend LSP).

Aufmerksam untersuchen Aus beihilfenrechtlicher Sicht stellt sich letztlich die Frage, ob ein vergleichbares privates Unternehmen anstelle der öffentlichen Hand einen Auftrag in vergleichbarer Lage ebenfalls auf Grundlage einer Selbstkostenpreisberechnung vergeben hätte. Hierzu werden unterschiedliche Ansätze vertreten und eine individuelle Wertung kann letztlich nur auf Basis der Umstände des Einzelfalls erfolgen. Von entscheidender Bedeutung dürfte insoweit auch sein, inwieweit für den öffentlichen Auftraggeber die Möglichkeit besteht, eine effiziente Leistungserbringung des Auftragnehmers sicherzustellen. Einem unbegrenzten pauschalen Ausgleich beliebiger Selbstkosten würde ein vergleichbarer privater Auftraggeber kaum zustimmen. Auf der anderen Seite kann die Selbstkostenrechnung allerdings einen wesentlichen Aspekt im Rahmen einer weiteren Betrachtung der Marktkonformität einer Maßnahme darstellen. Weitere Klarheit in dieser Sache werden wohl erst die Entscheidung der Europäischen Kommission in ihrem aktuellen Prüfverfahren und ggf. nachfolgende Urteile der Europäischen Gericht dazu bringen. Bis dahin wird allerdings noch einige Zeit vergehen. Öffentliche Auftraggeber und Unternehmen sollten dieses Thema aber schon jetzt im Auge behalten. Im Einzelfall ist aufmerksam zu untersuchen, ob eine nach Vergabe- und Preisrecht zulässige Maßnahme auch in Einklang mit den Vorgaben des Beihilfenrechts steht. Angesichts der weitreichenden Risiken bei Beihilfenverstößen sollten diese Aspekte gerade bei Rekommunalisierungsvorhaben stets berücksichtigt werden.


Beschaffung / Vergaberecht

Behörden Spiegel / November 2019

Seite 9

Facettenreicher Handlungsleitfaden

Schneller, einfacher, zielgenauer

Von Zentralisierung bis Ausbildung

Zwischen Umorganisation, Kompetenz-Pooling und Rechtsklarheit

(BS/Jörn Fieseler) Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat nach Aufforderung durch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) das deutsche Beschaffungswesen genauestens unter die Lupe genommen. Die Organisation kommt zu dem Ergebnis, dass die Rechtsreform 2016 die rechtlichen Rahmenbedingungen deutlich verbessert hat. Zugleich kann der vorgelegte Bericht auch als Blaupause verstanden werden, zeigt er doch weiteren Handlungsbedarf auf – überwiegend in der Beschaffungsorganisation.

(BS/jf) Die Beschaffungssituation in der Bundeswehr muss verbessert werden. Darüber sind sich alle einig. Im Fokus steht das Bundesamt für Ausrüstung, Infrastruktur und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw). Nun gibt es konkrete Pläne, wie die Organisation verbessert werden kann. Parallel hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur beschleunigten Beschaffung im Sicherheits- und Verteidigungsbereich verabschiedet.

35 Prozent aller staatlichen Ausgaben (entspricht rund 500 Mrd. Euro) entfallen auf die öffentliche Beschaffung. Davon jedoch 78 Prozent auf subzentraler Ebene, sprich den Ländern und Gemeinden. Besonders in diesem stark dezentralen und segmentierten

Sachsen und Schleswig-Holstein, so die Ergebnisse einer Befragung unter den Ländern. In diesem Kontext könnte auch der Rechtsrahmen weiter vereinfacht werden. Zum Beispiel durch die Abschaffung von Vergaberegularien der Städte und

Der Blick durch ein Mikroskop offenbart die zahlreichen Facetten des Auges einer Fliege. Ebenso offenbart eine genaue Lektüre die zahlreichen Maßnahmen, die die OECD zur Verbesserung des deutschen Vergabewesens vorschlägt. Foto: BS/tomatito26, stock.adobe.com

Bereich könnten weitere Verbesserungen auf eine verstärkte Koordination und eine weitere Angleichung der Systeme abzielen. Dafür ist vor allem eins notwendig: Die Datenerfassung und Analyse zu verstärken.

Daten erheben und evaluieren Nur auf dieser Basis lassen sich die weitreichenden Folgen und Wechselwirkungen öffentlicher Beschaffung besser beschreiben. Diese Ansicht teilt auch das BMWi. In diesem Kontext sollte auch die E-Vergabe optimiert werden. Es wäre sinnvoll, dazu eine Datenmanagementstrategie zu formulieren, deren Ziel die automatische Generierung der Daten aus den E-Vergabesystemen ist. Zusätzlich sollten die Länder bei der Nutzung und Analyse ihrer Daten unterstützt werden. Insgesamt müsse die Wirkung öffentlicher Beschaffung gemessen werden. Damit könnte Deutschland sofort beginnen, so die Autoren des OECD-Berichtes. Dazu sollten international bewährte Indikatoren herangezogen werden, um die potenziellen Gewinne kontinuierlich zu evaluieren und zu maximieren. Auch sollte das Indikatorenspektrum zur Umsetzung der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie mit Daten zum öffentlichen Auftragswesen erweitert werden. Und schlussendlich könne Deutschland in Betracht ziehen, für die Länder und Kommunen eine einheitliche Methodik zu entwickeln, die diese freiwillig anwenden, um so den Einfluss deren öffentlicher Beschaffung zu erheben.

Mehrschichtigkeit reduzieren Trotz der Vergaberechtsreform kritisiert die OECD die Kompetenzverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sowie auf den verschiedenen staatlichen Ebenen durch das ausgeprägte Ressortprinzip. Dies könne verbessert werden durch eine regelmäßige, strukturierte Koordination zwischen den Ministerien auf Landesebene einerseits und zwischen den Landesregierungen und den Gemeinden andererseits. Erstere finden lediglich in NRW und Berlin statt. Letztere immerhin neben diesen beiden Ländern auch in Bayern,

Gemeinden. Im Gegenzug schlägt die OECD vor, den Rechtsschutz unterhalb der EU-Schwellenwerte an die Normen oberhalb anzupassen. Auch sollten sich Bund und die Länder mit eigenen Landesvergabegesetzen in einer Arbeitsgruppe treffen, um Lücken zwischen dem Bundesrahmen und den Landesregelungen zu identifizieren und letztere zu harmonisieren, wenn nicht sogar zu beseitigen. Zudem sollten Arbeitskreise mit Vertretern unterschiedlicher Institutionen entstehen, die sich zu unterschiedlichen Themen austauschen. Letztlich auch, um in den Normen Überschneidungen zu erkennen und Doppelungen zu reduzieren.

Prozesse zentralisieren Deutliche Optimierungspotenziale bestünden in der strategischen Beschaffung. Deutschland könne die Zentralisierung an den Bedarf der öffentlichen Auftraggeber anpassen, indem es die strategische Ausrichtung zwi-

schen den Bedarfsträgern weiter betone, die an Zentralisierungsbestrebungen beteiligt seien. So könne die Beziehung zwischen den zentralen Vergabestellen und der für die elektro­nische Plattform zuständigen Stelle verstärkt werden. Des Weiteren könnten Betriebsmodelle zentraler Vergabestellen an spezifische Zentralisierungsziele angepasst werden. Zum Beispiel indem für die Bundesverwaltung über eine verpflichtende oder freiwillige Nutzung dieser Stellen entschieden wird. Auch die Wirkung zentraler Beschaffungsinstrumente könnte maximiert werden. Angefangen mit einer strukturierten und automatisierten Methode zur Erfassung und Analyse der Bedarfe bis zu einer intensiveren Kommunikation über die Vorteile der zentralisierten Beschaffung. Diese Rolle könnte beispielsweise das Kaufhaus des Bundes übernehmen. Eine weitere Option wäre der Einsatz dynamischer Beschaffungssysteme und E-Kataloge. Und letztlich müsse die E-Vergabe stärker in der E-Government-Agenda verankert werden, um Verbindungen zwischen den Systemen der Vergabestellen und anderer Datenbanken des Bundes herzustellen.

Strategische Ausrichtung stärken Des Weiteren gilt es, die Möglichkeiten zur strategischen Beschaffung zu erweitern. Dazu ist die Arbeit der Kompetenzzentren zu analysieren und deren Führungsrolle bei der strategischen Beschaffung auszubauen. Zusätzlich sollten die Schulungsmöglichkeiten in diesem Bereich erweitert werden. Überhaupt zeichnet die OECD ein schlechtes Bild bei der Ausbildung der öffentlichen Einkäufer. So läge der Anteil von Schulungstagen bei der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV) bei gerade mal drei Prozent. Entsprechend sollte ein Satz von Standard-Lehrplänen für Schulungen erarbeitet werden. Auch sollte darüber nachgedacht werden, einen Karrierepfad für öffentliche Einkäufer zu entwickeln.

Beratung für Bewerter und Bieter Ausschreibungen · Submissionen

Trotz aller Schelte über nicht einsatzbereites Gerät gilt festzuhalten: Ein Großteil der mehrere Tausend zählenden Vergabeverfahren läuft rechtlich reibungslos ab. Doch das allein reicht nicht. Da hilft es auch wenig, sich darauf zu berufen, dass das BAAINBw mit über 2.000 fehlenden Mitarbeitern personell unterbesetzt ist. Um Zeit-, Budget- und Leistungsziele zu erfüllen, gleichzeitig die materielle Einsatzbereitschaft der Einsatzkräfte sicherzustellen und drittens für eine bedarfsgerechte Umsetzung von deutlich höheren Mitteln für Rüstungsinvestitionen und Materialerhaltung zu sorgen, muss die Organisation des Beschaffungsamtes optimiert werden. Eine Task Force hat sich daher in den letzten zehn Monaten mit der Beschaffungsorganisation befasst, Verbesserungsvorschläge erarbeitet und diese von einem Expertenrat überprüfen lassen. Im Ergebnis sind kleine Schritte vorgesehen, die in den nächsten dreizehn bis 24 Monaten und darüber hinaus umgesetzt werden sollen.

Nach Beschaffungsgütern differenzieren So soll künftig nach Beschaffungsgütern differenziert werden. Nach Informationen des Behörden Spiegel ist vorgesehen, handelsübliche Informationsund Kommunikationstechnik verstärkt über die BWI GmbH zu beschaffen. Nicht waffensystembezogene Waren und Dienstleistungen könnten durch das

Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) eingekauft werden, sodass im BAAINBw nur noch waffenbezogene Beschaffungen durchgeführt würden. Aber auch innerhalb des BAAINBw gibt es Optimierungspotenzial. Etwa bei der Verortung von Großprojekten in der bestehenden Organisationsstruktur. So gibt es Vorschläge, Großprojekte direkt unterhalb der Leitung anzusiedeln indem die bereits bestehende Programmorganisation (PMO) angepasst wird. Alternativ ist denkbar, Projekte an die Abteilungsleitungen anzubinden. Vor allem aber sollen Kompetenzpools aufgebaut werden, um Personal flexibler und bedarfsorientierter für Projekte einsetzen zu können.

Kompetenzpool aufbauen Des Weiteren sollen Beschaffung und Nutzung stärker verzahnt werden. Im Gespräch ist die Einrichtung eines “Beauftragten Nutzung” in jeder Projektabteilung. Dieser soll übergreifende Koordinationsaufgaben wahrnehmen. Vor allem aber müsse sich die Kultur innerhalb der Behörde ändern. Diese sei geprägt von einem Absicherungsdenken. Dadurch würden unverhältnismäßig lange Entscheidungsprozesse enstehen. Stattdessen müsse in dem Amt eine Verantwortungs- und Entscheidungskultur gefördert werden. Darüber hinaus soll der Rechtsrahmen bei der Vergabe von Leistungen im Sicherheits- und

Verteidigungsbereich verbessert werden. Zwar erlaubt das Vergaberecht an den unterschiedlichen Stellen schon Erleichterungen, wenn Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen überwiegen. Allerdings fehlten bislang eine Definition und Regelbeispiele, wann dies der Fall sei. Dem wird nun abgeholfen, um die vergaberechtlichen Spielräume für eine schnelle Beschaffung konsequenter zu nutzen.

Klarstellungen im Vergaberecht Diese Erleichterungen bestehen, wenn erstens wesentliche Sicherheitsinteressen berührt sind, zweitens der öffentliche Auftrag verteidigungs- oder sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnolo­gien betrifft, es sich drittens um Leistungen für Grenzschutz oder Tätigkeiten der Polizei handelt oder viertens der Auftrag Leistungen umfasst sind, die die Verschlüsselung betreffen und somit in jedem dieser Fälle ein hohes Maß an Vertraulichkeit erfordern. Außerdem ist von einem Sicherheitsinteresse auszugehen, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession im unmittelbaren ­Zusammenhang mit einer Krise, einem mandatierten Einsatz, ­einer einsatzgleichen Verpflichtung oder einer Bündnisverpflichtung steht. Hinsichtlich der Beschaffungsorganisation sollen nun eine Umsetzungsorganisation eingerichtet und ein Beteiligungsverfahren eingeleitet werden. Auch sollte die Umsetzung kontinuierlich kontrolliert und die Wirkung gemessen werden.


Personelles

Seite 10

Behörden Spiegel / November 2019

Bundesministerium der Verteidigung

Grafik: Behörden Spiegel-Gruppe Quelle: BMVg Stand: November 2019

Presse- und Informationsstab (Pr-/InfoStab), Sprecher des BMVg Leitungsstab (LStab) Oberst i.G. Dr. Freuding m.d.W.d.D.b. Büro Ministerin MinR’in Mirza

Adjutantur Ministerin

Strategische Schwerpunkte

Reden und Texte

Kpt zS Plath

N.N.

Dr. Keller

ParlamentProtokoll und Kabinettreferat Oberst i.G. Dr. MinR’in Mutz Bauersachs

Thiels m.d.W.d.D.b.

Bundesministerin der Verteidigung Annegret Kramp-Karrenbauer

Pr-/InfoStab 1 Presse* Kpt zS Fähnrich

Foto: BS/B

Büro ParlSts Dr. Tauber Kpt zS Ristau

Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Tauber

Büro Sts Zimmer Oberst i.G. Keller

Staatssekretär Zimmer

Unterstützung der Ministerin insbesondere im Bereich der Abteilungen: Pol, CIT, FüSK, SE und P

Pr-/InfoStab 2 Grundsatz, Öffentlichkeitsarbeit, Zentrale Angelegenheiten Oberst i.G. Dr. Döring

*zgl. Stv Sprecher/-in des BMVg und Stv Ltr Pr-/InfoStab

Generalinspekteur der Bundeswehr Gen Zorn

Beauftragte(r) für die strategische Steuerung nationaler und internationaler Rüstungsaktivitäten der Bundeswehr MinDirig Frank Büro Strategische Steuerung Rüstung N.N.

Gruppe Projektcontrolling und Risikomanagement Oberst i.G. Töpfer

Pr-/InfoStab 3 Arbeitgebermarke Bundeswehr; Social Media MinR von Holleben

Gruppe Fachaufsicht ausgewählter Rüstungsprojekte Oberst i.G. Heursch

Aufstellungsstab Cyberagentur MinR’in Dr. Boeck

Militärischer ­Führungsrat (MFR)

Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr* VAdm Rühle

*Beauftragte(r) für Reservistenangelegenheiten der Bundeswehr

Abteilung Politik (Pol)

Abteilung Ausrüstung (A)

Dr. Wächter

VAdm Stawitzki

A RC Risiko­management und Controlling N.N.

Abteilung Cyber/Informationstechnik (CIT) GenLt Vetter

Stellvertreter des ­Abteilungsleiters MinDirig Blahnik

Stellvertreter des ­Abteilungsleiters MinDirig Dr. Huth

CIT Z1) Zentrale Aufgaben und Controlling MinR‘in Domuradt

Stellvertreter des ­Abteilungsleiters CIT BWI Strategische Steuerung BWI MinR Taubert

MinDirig Dr. Wenzel Leitungsinformationszentrale BMVg (LIZ) Oberst i.G. Lischewski

Pol I Sicherheitspolitik und ­Verteidigungspolitik; Grundlagen internationale/multinationale Beziehungen; Wissenschaft und Gesellschaft; Abteilungsmanagement

Pol II Sicherheitspolitik und ­Verteidigungspolitik; ­Strategieentwicklung und Internationale Beziehungen; Ertüchtigung; Einsätze; Rüstungskontrolle

BrigGen Schulz

BrigGen Ohl

Pol I 1 Abteilungsmanagement und Organisation strategischer Themen

Pol II 1 Strategieentwicklung und ­Grundlagen vernetzter ­Sicherheitspolitik; Sicherheitsund Verteidigungspolitische Einzelthemen; Reden

A I 11) Organisation, Rüstungsverfahren, Zentrale Aufgaben der Abteilung

Oberst i.G. Dr. Richter

AI2 Wirtschaftlichkeit von ­Realisierung und Nutzung von Wehrmaterial

Kpt zS Schulz

Pol I 2 Sicherheitspolitik und Beziehungen zu den Staaten Europas, Amerikas, Ozeaniens Kpt zS Beckmann

AI Zentrale Aufgaben der Abteilung Ausrüstung

Pol I 31) NATO

AI3 Vertragliche und ­vergaberechtliche Grundsatzangelegenheiten, Allgemeine Rechtsangelegenheiten der ­Abteilung, Geheimschutz

Pol II 3 Ertüchtigung

MinR Schnause Pol II 4 Mandatierung

AI4 Rüstungsangelegenheiten ­Parlament, Kabinett, BRH; Informationsmanagement; Rüstungsplanung/IPP

MinR‘in Dr. Freiin von Seherr-Thoß Pol II 5 Rüstungskontrolle, ­Nichtverbreitung, Vertrauensbildung, OSZE

MinR‘in Peter

AI5 Bewirtschaftungs- und Haushaltsangelegenheiten

MinR Dr. Meier

Dr. Pohlmann Alarmbereitschaft BMVg

Pol II 6 Vereinte Nationen

MinR Vogler

Oberst i.G. Lowin

AI6 Fachaufsicht Vergabestellen bei Dienststellen der ersten nachgeordneten Ebene BMVg; Koordinierungs- und Prüfstelle von Vergabeaufträgen des BMVg an den nachgeordneten Bereich LRDir Malewski Alarmbereitschaft BMVg

1)

Legende – verteilt auf: Dienstsitz Bonn Dienstsitz Berlin geringer Anteil an Dienstsitz Berlin geringer Anteil an Dienstsitz Bonn

A II 1 Industrie, Markt, Export

A III 1 Grundsatz Komplexe ­Dienstleistungen; zentrale Aufgaben des ­Beteiligungsmanagements; Compliance ­Beteiligungsgesellschaften; ­Beteiligungsführung BwConsulting GmbH sowie BWI

A II 2 Rüstungspolitik/ Rüstungskooperation in NATO und EU

CIT I Methoden und Digitales BrigGen Koltermann

A II 3 Bilaterale Rüstungspolitik und länderbezogene Rüstungskooperation

A III 2 Beteiligungsmanagement BwFPS, GEKA, FBG und VEBEG MinR Kaptain

N.N.

A II 5 F&T-Konzeption/-Steuerung; ­Beiträge Fähigkeitsmanagement; Fremdes Wehrmaterial MinR Coors

A II 6 Grundlagenforschung, ­Forschungsinstitute, Internationale F&T-Kooperation MinR Weber

CIT I 1 Nationale und Internationale Digital-/Cyber-/ Frequenzpolitik und IT-Strategie Oberst i.G. Heß

Oberst i.G. Schmidt

A IV 2 Systeme Land Oberst i.G. Schneider

CIT I 2 Forschung und Technologie, Innovationsmanagement Cyber/IT MinR Sachs CIT I 3 Cyber/IT Portfoliomanagement, Clustersteuerung, Planung, Architektur Oberst i.G. Dr. Romba

A IV 3 Transport-/Sonderflugzeuge; Landgestützte Luftverteidigung einschl. Missile Defence/ Ballistic Missile Defence; Aufklärungssysteme Luft/Raum

CIT I 4 Strategische Steuerung Digitalisierung N.N.

Oberst i.G. Neumann

MinR‘in Fuchs

A II 4 Multinationale ­Rüstungsvereinbarungen, OCCAR, Internationale Rechtsfragen

A IV 1 Grundsatz Nutzung

MinR Keller

MinR Schlichting

Oberst i.G. Schrödl

1)

MinDirig Reichert

Kpt zS Lennartz

Oberst i.G. Krüger

Pol I 5 Maßnahmen vernetzter ­Sicherheitspolitik; Wissenschaft und Gesellschaft

MinDirig Schnurr

MinR Röder

Oberst i.G. Kühne

A IV Ausrüstung, Nutzung MinDirig Sucker

N.N.

Oberst i.G. Dronia

Pol I 4 EU/GSVP

A III ÖPP; Beteiligungen; EinkaufBw; Verwertung; Komplexe Dienstleistungen

N.N.

Pol II 2 Sicherheitspolitik und ­Beziehungen zu Russland, den Staaten des Nahen und Mittleren Ostens, Afrikas, Asiens

Beauftragte(r) DEU/FRA MinR‘in Linzenmeier

A II Rüstungspolitische Angelegenheiten, Ressortforschung

A III 3 Beteiligungsmanagement HIL; ABC 2 und ZEBEL MinR‘in Zöller

MinR Dr. Koch A III 4 Beteiligungsmanagement ­Bekleidung (einschließl. ABC 1) MinR‘in Weis

A IV 5 Querschnittliches Material; Sanitätsmaterial; Systeme See und seegestützte Luftverteidigungssysteme

A III 5 EinkaufBw, dezentrale ­Beschaffung; logistische ­Fragestellungen der Beschaffung; ­Materialbewirtschaftung; GÜZ

Beauftragte(r) DEU/NOR

Oberst i.G. Pott

Kpt zS Weis

A III 6 Verwertung; Länderabgaben/ Ausstattungshilfe; Ertüchtigung

A IV 6 Grundsatzfragen Allgemeine Wehrtechnik; Zulassung; ­Qualitätsmanagement

MinR Georg

CIT I 5 Digitalisierungsplattform GB BMVg Oberst i.G. Stingl

A IV 4 Kampfflugzeuge; Drehflügler; Bewaffnung

Kpt zS Gärtner

MinR Frielingsdorf

Alarmbereitschaft BMVg

1)


Personelles

Behörden Spiegel / November 2019

Hauptpersonalrat beim BMVg

Hauptschwerbehindertenvertretung beim BMVg

Gesamtpersonalrat beim BMVg

Personalrat beim BMVg Bonn

Schwerbehindertenvertretung beim BMVg Bonn

Gesamtschwerbehindertenvertretung beim BMVg

Seite 11

Personalrat beim BMVg Berlin

Schwerbehinderten­vertretung beim BMVg Berlin

Gesamtvertrauenspersonenausschuss beim BMVg

Beauftragte(r) für den Datenschutz in der Bundeswehr

Zivile Gleichstellungsbeauftragte des BMVg OAR’in Schladoth

Stab Organisation und Revision (Stab Org/Rev)

Büro des Generalinspekteurs der Bundeswehr

Adjutantur des GenInsp und StvGenInsp Kpt zS Grimm

Zentrale Aufgaben Oberst i.G. Deuer

MinDirig Krause

Staatssekretär Hoofe

Stellvertreter/-in des Leiters N.N.

Personalangelegenheiten Oberst i.G. Bongers

Managemententwicklung Oberst i.G. Terwey

Organisation1) MinR Schad

Revision MinR‘in Lind

Dienstsitz Bonn

Dienstsitz Berlin

Hausanschrift: Fontainengraben 150, 53123 Bonn Postanschrift: Postfach 1328, 53003 Bonn Telefon +49 (0)228-12-00 Telefax +49 (0)228-12-45 925

Hausanschrift: Stauffenbergstraße 18, 10785 Berlin Postanschrift: 11055 Berlin Telefon +49 (0)30-2004-00 Telefax +49 (0)228-12-45 925 E-Mail: poststelle@bmvg.bund.de www.bmvg.de AllgFsprWNBw 34 00

Militärische Gleichstellungsbeauftragte des BMVg Oberstlt i.G. Leu

Parlamentarischer Staatssekretär Silberhorn

Büro Sts Hofe

Büro ParlSts Silberhorn MinR Dr. Busche

Unterstützung der Ministerin insbesondere im Bereich der Abteilungen: A, Plg, HC, R und IUD

Bürokratieabbau; Einführungs- und RegelungsKoordinierungsund Arbeitszeitmanagement management MinR’in MinR‘in Schwarz Paul

Alarmbereitschaft BMVg

1)

Plg Z Zentrale Aufgaben und Controlling LRDir‘in Schelleis

Abteilung Planung (Plg) GentLt Badia

Abteilung Führung Streitkräfte (FüSK) GentLt Laubenthal

Stellvertreterin des ­Abteilungsleiters MinDirig‘in Totter

AG LSRG Oberst i.G. Schlefenbusch

CIT II Fähigkeiten Cyber/IT

FüSK Z Zentrale Aufgaben und Controlling

Stellvertreter des ­Abteilungsleiters KAdm Martens

AG Kleine Fläche Oberstlt i.G. Fette

Plg I Strategische Steuerung der Planung

MinDirig Dr. Theis

Digitalisierung Lagebilder Oberst i.G. Apeit

Plg II Strategische Fähigkeitsentwicklung

Plg III Planungsumsetzung

FüSK I Einsatzbereitschaft Streitkräfte

MinDirig‘in Hlinka BrigGen Lungershausen

BrigGen von Butler

BrigGen Funke

CIT II 1 Betrieb IT-System Bw, IT-Management & Control Oberst i.G. Volkmer

Plg I 1 Konzeption; Zielbildung; ­Vernetzte Sicherheit; ­Zukunftsanalyse; Fähigkeitsprofil Bw (Soll) Oberst i.G. Draber

CIT II 2 Informationssicherheit MinR Rudeloff

CIT II 3 Rechenzentren & ­ loudinfrastruktur, Endgeräte C

Plg II 1 Koordination ­Fähigkeitsentwicklung; Fähigkeitsentwicklung in den Planungskategorien (Pers, Org, Infra); Unterstützung II

Oberst i.G. Mühlmann

CIT II 5 Prozessorientierte IT-Unterstützung (ERP) MinR‘in Ferber

CIT II 6 IT-Unterstützung BMVg MinR Neuheuser

CIT II 7 Kollaboration, elektronische Verwaltungsarbeit und I­ nformationsmanagement

FüSK I 11) Grundsätze Einsatzbereitschaft Streitkräfte; Kräfteplanung und multinat. Beteiligung

Plg II 3 Fähigkeitsentwicklung Domäne Führung und Aufklärung; Strategische Steuerung Weltraum

FüSK I 2 Personelle Einsatzbereitschaft; Personalstruktur und -bedarf

Plg III 2 Planungsvorgaben BMVg; ­Finanzbedarfsanalyse; Ressourcenplan

Oberst i.G. Zahn

Plg I 5 Multinationale Verteidigungsplanung NATO, EU und VN, Interoperabilität, Standardisierung

Oberst i.G. Jordan

FüSK I 3 Militärische Ausbildung und Übungen

Plg III 3 Finanzbedarfsanalyse; ­Ressourcenplan Rüstung, ­Materialerhaltung; Kooperation mit der Wirtschaft (HIL und BwFPS)

Kpt sZ Lehnen

Plg III 4 Finanzbedarfsanalyse; ­Ressourcenplan Personal, ­Betrieb; Kooperation mit der Wirtschaft (ohne HIL und BwFPS); Infrastruktur; Mittelfristige Personalplanung

Oberst i.G. Deppisch MinR Schreiner Plg II 5 Fähigkeitsentwicklung Domäne Unterstützung I in den Dimensionen

Plg III 5 Koordinierende Haushaltsmittelbewirtschaftung Streitkräfte

Oberst i.G. Brauner

Oberst i.G. Dr. Schröder

Oberst i.G. Fennel

FüSK I 5 Dauereinsatzaufgaben Inland (See/Luft); Grundsatz Flugbetrieb und militärischer SAR-Dienst; Koordinierende Führung LufABw; Nutzung Weltraum; Territoriale Flugkörperabwehr

Oberst Weberst

FüSK II 2 Unterstützungsaufgaben ­Streitkräfte und Territoriale Aufgaben; Heimatschutz

FüSK III 2 Betreuung und Fürsorge Oberst i.G. Schulte

FüSK II 3 Logistische Prozesse; Logistische Sonderaufgaben; Kraftfahrwesen Bw

FüSK II 4 Grundsätze Logistisches System Bw; Logistische Führung Multinationale logistische Z­ usammenarbeit; Strategische Mobilität Oberst i.G. Mittelstädt

FüSK III 3 Innere Führung; Militärseelsorge Oberst i.G. Dr. Lange

FüSK III 4 Reservisten- und Veteranenangelegenheiten Oberst i.G. Haupt

FüSK III 5 Personelle Grundsatzforderungen Oberst i.G. Weber

FüSK II 5 Sanitätsmateriallogistik; Medizinischer Datenschutz und IT-Systeme

Oberst i.G. Best OberstAp Alles FüSK I 6 Weltraumoperationen und ­Weltraumsicherheit

Alarmbereitschaft BMVg

1)

FüSK II 6 Stationierung der Bundeswehr

Oberst i.G. Spangenberg Alarmbereitschaft BMVg

1)

CIT II 8 Geoinformationswesen der Bw, Geoinformationsunterstützung ITSysBw, Analyse & Simulation

Kpt zS von Kölln

Oberst i.G. Henrich FüSK I 4 Materielle Einsatzbereitschaft; Grundsatz Zulassung Luftfahrzeuge

Oberst i.G. Schetilin

FIArzt Dr. Storck

Kpt zS Dzulko

Oberst i.G. Baumgard

MinR Damm

Plg II 4 Fähigkeitsentwicklung Domäne Wirkung (Land/SpezKrBw), Strategische Steuerung Land

FüSK III 1 Angelegenheiten der Inneren Lage Bw

Kpt sZ Losch

Oberst i.G. Knittlmeier

Oberst i.G. Zimmermann

FüSK II 1 Struktur und Organisation der Streitkräfte

Oberst i.G. Mager

Kpt zS Potthoff

Plg I 4 Bi- und multinationale ­Fähigkeitskooperationen; Multinationale Zukunfts­ entwicklung und multinationale Fähigkeitslage in den Dimensionen

BrigGen Maedler

Oberst i.G. Krone

Plg II 2 Fähigkeitsentwicklung Domäne Wirkung (Luft/See); Strategische Steuerung Luft/See

MinR Müser

CIT II 4 Fachanwendungen und Kommunikationsservices, ITK-Plattformen Einsatz

Plg III 11) Grundsatz Planungsprozess, Ausbildung, Angelegenheiten BRH und bilat. Jahresprogramm

Oberst i.G. Ilg

Plg I 3 Fähigkeitslage Bw; Fähigkeitsanalyse; Portfoliosteuerung; Zielsetzung und Priorisierung Fähigkeitsentwicklung; Strategien Dimensionen Land, See, Luft, Weltraum

FüSK III Innere Führung; Gesundheitswesen

BrigGen Lüth

Oberstarzt Dr. Meyer Plg I 2 Innovationsmanagement; Wissenschaftliche Unterstützung Nicht-Technisch; Planerische Angelegenheiten F&T; CoE

FüSK II Unterstützungsaufgaben; Organisation Streitkräfte; Stationierung Bundeswehr

Oberst Trares

Plg I 6 Mittelfristplanung Bw; Planungsweisung, ­Gesamtplanerische Priorisierung, Planungspanel, Mittelfristplan Oberst i.G. Bach

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Diplomaten Spiegel

Seite 12

Man muss ein offenes Ohr haben

O

hne Flughafen, eigene Auto­ bahn oder Währung. Liech­ tenstein hat mit der Schweiz über 100 bilaterale Abkommen, da­ runter einen Währungsvertrag, weshalb die Liechtensteiner mit Schweizer Franken bezahlen. Klingt insgesamt nach wenig, doch es hat neben der schönen Landschaft viel zu bieten. Seit 2002 residiert ein Botschafter der “Konstitutionellen Alpen-Erbmo­ narchie auf demokratisch-parla­ mentarischer Basis” in Berlin.

Behörden Spiegel / November 2019

Ein Gespräch mit Liechtensteins Botschafterin Isabel Frommelt-Gottschald (BS/ps) Wenn die Fürsten von und zu Liechtenstein in ihrem Schloss im milden Morgenlicht aus dem Fenster schauen, könnten sie die Sonne über den Gipfeln von Grauspitz und Falknis aufgehen sehen, stünde dieses nicht auf einer Felsterrasse, 120 Meter über Vaduz. Im Westen, auf der anderen Seite, liegt die Alvier-Gebirgskette, mit dem 2.385 Meter hohen Gamsberg, noch in der Dämmerung. In der Hauptstadt Vaduz, unten im Tal, sowie in den übrigen elf Gemeinden lebt der Großteil der liechtensteinischen Bevölkerung, die rund 38.600 Einwohner zählt. Das Land, als einziges der Welt vollständig im Alpenmassiv gelegen, ist mit 160 Quadratkilometern der sechstkleinste Staat überhaupt.

Seit 16 Jahren in diplomatischen Missionen Es ist eine traditionell enge Part­ nerschaft, die auf gemeinsamer Geschichte und Kultur sowie vielfältigen wirtschaftlichen, poli­ tischen und personellen Verflech­ tungen beruht. Seit August 2017 repräsentiert Isabel FrommeltGottschald das Fürstentum bei uns. Die 45-Jährige studierte Wirtschaftswissenschaften und Soziologie in Bern sowie Inter­ nationales Wirtschaftsrecht in St. Gallen. Ihre diplomatische Karriere beginnt 2001 bei der Ständigen Vertretung der UNO in New York, führt über die Stabs­ stelle Wirtschaft in Vaduz dort ins Auswärtige Amt und an die Ständige Vertretung nach Genf. Ab 2016 ist sie Stellvertretende Amtsleiterin in Vaduz und seit 2017 nun die Liechtensteini­ sche Botschafterin in Berlin. Sie hat dort, wie im 300 Jahre alten Fürstentum überhaupt, viel zu tun.

Für ein umfassendes Liechtenstein-Bild

Historische Höhepunkte auf 75 km Weiland 1719 erhob Kaiser Karl VI Liechtenstein durch die Zu­ sammenführung der Herrschaft Schellenberg und der Grafschaft Vaduz zum Reichsfürstentum. “Dies sicherte dem Fürstenhaus den Zugang zum Reichsfürsten­ rat und damit zur Teilnahme an der Politik des Heiligen Römi­ schen Reiches Deutscher Nati­ on”, so Botschafterin Frommelt. Noch heute bestehe Liechtenstein innerhalb derselben Grenzen, was fast an ein Wunder grenze, wenn man sich die Turbulenzen der vergangenen drei Jahrhun­ derte vor Augen führe. “Das Ju­ biläum haben wir auch in Berlin gebührend gefeiert. Ein Highlight des Jubiläums zu Hause war die Eröffnung eines “Liechten­ stein-Wegs”, auf dem man die geschichtlichen Höhepunkte des Landes auf 75 km zu Fuß entde­ cken kann. Der Leitgedanke des Jubiläumsjahrs besteht jedoch nicht nur darin, dieses zu fei­ ern, sondern auch als Chance zu nutzen, sich mit dem heutigen Liechtenstein kritisch ausein­ anderzusetzen sowie verschie­ dene Wege für die Zukunft zu beleuchten“, führt die Diplomatin weiter aus. Zum Beispiel aus Po­ litik und Wirtschaft und was die Liechtensteiner derzeit besonders beschäftigt.

Ähnliche Herausforderungen Die gut “behütet” zwischen der Schweiz und Österreich direkt am Rhein gelegene Monarchie hat ähnliche Herausforderungen wie andere Länder in Europa auch: Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Fachkräftemangel und demogra­ fische Entwicklung. Aber auch Sicherheitsfragen, Flucht und Migration, die globalen Krisen­ herde und ungelösten Konflikte beschäftigen das Land. “In diesen Bereichen versucht Liechten­ stein, im Rahmen seiner Mög­ lichkeiten Beiträge zu leisten. Hinsichtlich der aktuellen wirt­ schaftlichen Entwicklungen ist festzuhalten, dass Liechtensteins stark exportorientierte Wirtschaft auf offene Märkte angewiesen ist. Daher setzen wir uns seit jeher für ein offenes, regelba­ siertes Welthandelssystem ein, wie es die WTO bietet”, erläutert Frommelt. Ergänzend sichert sich das EFTA (European Free Trade

duz nie infrage. Groß und Klein verstehen sich im “Großen”, wie im “Kleinen”. Die Händel, ob der Geheimniskrämerei Liechtenstei­ ner Geldinstitute mit den Bankund Steuerdaten ihrer Kunden, sind längst Geschichte. Am 2. September 2009 wird ein Abkom­ men über die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch in Steuersachen unterzeichnet, seit 2012 besteht ein Doppel­ besteuerungsabkommen mit Deutschland und seit 2016 gilt der automatische Informations­ austausch mit Deutschland bzw. allen EU-Staaten. Causa finita est – fertig! Und die Drohung unseres Altfinanzministers Peer Steinbrück, mit der Kavallerie vorzureiten, galt sowie so nur der Schweiz. Aber das ist eine andere Geschichte…

Seit mehr als zwei Jahren präsentiert ihre Exzellenz Isabel Frommelt-Gottschald als Botschafterin das Fürstentum Liechtenstein in Deutschland.

Association)-Land zusammen mit den anderen Mitgliedern Schweiz, Norwegen und Island den Zugang zu Märkten außer­ halb des EU-Raums durch zahl­ reiche Freihandelsabkommen.

Ausgewogen und flexibel “Gleichzeitig ist es mein Ziel, Liechtenstein in Deutschland einerseits als modernen, inno­ vativen Staat zu zeigen. Ande­ rerseits auch als interessanten, multilateralen Partner, der sich auch mit den verschiedenen be­ reits genannten Themen befasst. Wir haben überall unsere Positi­ onen, für die wir einstehen und die ich vor Ort porträtiere. Mir ist es ein Anliegen, immer auch die Gemeinsamkeiten unserer Län­ der aufzuzeigen: Wir sind beide überzeugte Europäer, reden die­ selbe Sprache, teilen denselben Kulturkreis, stehen für dieselben Werte ein und ziehen deshalb auch multilateral sehr häufig am selben Strang. Gleichzeitig gibt es durchaus Unterschiede zu Deutschland, wie auch zur Schweiz und zu Österreich – wir sind kein Anhängsel. All dies in­ teressiert die Menschen in Berlin und ich stelle in dieser Hinsicht immer wieder Erstaunen und

Foto: BS/Dombrowsky

Rezept der Botschafterin Käseknöpfli mit saurem Käse

Saurer Käse: Sauermilchkäse, Fettgehalt 4-15 Prozent, in verschiedenen Reifegraden erhältlich. Der frische Käse ist sehr mild und körnig. Nach 60-tägiger Lagerung ergibt sich ein sehr rezenter Halbhartkäse mit einer “Speckschicht”. Zutaten für 8 Personen: 600 g Mehl, 8 Eier, 1 dl frisches Wasser, 1 Prise Pfeffer, 1 Prise Muskat und 1 Prise Salz Zubereitung: Zutaten in eine Schüssel geben und einen Teig herstellen. Ca. 10-20 Minuten ruhen

auch Bewunderung fest.” Überhaupt bewegt sich das Land seit jeher höchst erfolg­ reich im Kreis der anderen Staa­ ten, ausgewogen und flexibel zwischen Unabhängigkeit und Anpassung. “Aus der Geschichte haben wir gelernt, dass nicht Abschottung, sondern Part­ nerschaften und Allianzen die Souveränität festigen. So ha­ ben wir auch die internationale Vernetzung ganz bewusst und kontinuierlich vorangetrieben. Als Kleinstaat können wir kein politisches oder militärisches

lassen. Dann wird der Teig durch den Knöpflihobel ins kochende Salzwasser (2 gehäufte TL Salz) getrieben. Die Knöpfli gut aufwallen lassen, zusammen mit Appenzeller (gerieben) und Sauerkäse (gerieben) in eine Schüssel geben und gut mischen. Zwiebelringe in Butter goldgelb rösten und auf das Gericht geben und servieren. Tipp: Sollten die Käsknöpfli zu trocken sein, etwas Brühwasser dazugeben, bevor sie mit dem Käse vermischt werden. Dazu gibt’s grünen Salat und Apfelmus und: Bier und klaren Schnaps.

Gewicht einbringen, sondern müssen unsere Größe zur Tu­ gend machen, glaubwürdig und kreativ sein”, so die 45-Jährige.

rung unserer Positionierung in Europa. Die Rückkehr von Natio­ nalismus und Großmacht-Politik bedrohen den Multilateralismus, was eine besorgniserregende Ent­ Wider die Großmacht-Politik wicklung ist. Zusätzlich gilt es, “Es ist unser Ziel, dort, wo wir die Errungenschaften unserer uns einsetzen und präsent sind, engen Integration in Europa auf­ wirklichen Mehrwert zu schaffen rechtzuerhalten und weiterzuent­ und wir sind auch bereit, uns wickeln”, unterstreicht Frommelt. Das Fürstentum gehört seit über dort zu exponieren, wo es andere nicht können oder wollen. In der 40 bzw. bald 25 Jahren dem Eu­ heutigen Globalisierungsphase roparat sowie dem EWR an und sehe ich zwei große Herausfor­ ist von diesem Integrationsmodell derungen: Die Schwächung des auch überzeugt. “Für uns war Multilateralismus und die Siche­ etwa die Entscheidung für den Europäischen Wirtschaftsraum und damit zur Teilnahme am Binnenmarkt die richtige und hat sich sehr bewährt. Durch diese Mitgliedschaften, einschließlich der zum Schengen-Abkommen, sind wir Teil des europäischen Projekts, ein verlässliches Mit­ glied, das sich aktiv für die Ein­ haltung der europäischen Werte starkmacht.” Schließlich würden die Europäerinnen und Europä­ er eine Schicksalsgemeinschaft teilen. “Nur vereint hat unsere Stimme auf globaler Ebene künf­ tig Gewicht”, folgert die Botschaf­ terin. “Umso bedenklicher sind natürlich der Brexit und alles, was damit zusammenhängt, oder auch die Uneinigkeit in der Flüchtlingsfrage. Europäisch denken und handeln heißt aber auch: Kompromisse eingehen und Solidarität mit seinen Part­ In diesem Jahr feierte das Fürstentum Liechtenstein, mit der ursprünglich horizontal blau-rot geteilten Flagge mit nern zeigen.” Letzteres stand und steht zwischen Berlin und Va­ goldenem Fürstenhut, sein 300. Jubiläum.

“Liechtenstein wird in Deutsch­ land vornehmlich positiv wahr­ genommen. Man begegnet uns meist mit Neugier für den Klein­ staat – wie wir funktionieren und uns organisieren. Diejenigen, die schon einmal bei uns waren, erwähnen häufig das sympathi­ sche Bild, das sie von unserem Land bekommen haben”, unter­ streicht Frommelt. “Gleichzeitig ist es aber auch weiterhin not­ wendig, Aufklärung zu leisten. Eine meiner Hauptaufgaben als Botschafterin in Berlin ist deshalb – neben der Interessen­ vertretung –, ein umfassendes Liechtenstein-Bild aufzuzeigen: Wir gehören seit Jahrzehnten der UNO an, sind das höchst­ industrialisierte Land Europas mit einer sehr tiefen Staatsquote, haben eine unglaubliche Gewer­ bedichte – dabei denke ich nicht nur von unsere globalen HighEnd-Produkte, sondern auch an die vielen kleineren erfolgreichen Unternehmen.” An zu Hause denkt Isabel Frommelt, die “Alpenländlerin”, na­ türlich auch – vor allem an die Berge dort. “Berlin ist eine pul­ sierende und sowohl politisch wie auch kulturell sehr interessante Stadt. All diese Facetten machen Leben und Job sehr spannend für mich. Gleichzeitig bietet die Stadt ein schönes Umland und auch die Ostsee ist nicht allzu weit.” Vieles, aber anderes mehr, bietet auch das Fürstentum, in das man am besten und preis­ wertesten per Bahn gelangt. “In Liechtenstein sollte man unbe­ dingt die Museen und aktuell natürlich die Jubiläumsausstel­ lungen besuchen, in die Berge fahren – diese selbst erwandern oder zumindest dort verweilen, die Ruhe, den Blick ins Tal und auf die umliegenden Alpen ge­ nießen.” Die Botschaft hören wir wohl, macht sie doch das eine Land im anderen bekannt, führt zu gegen­ seitigem Erfahrungsaustausch, bei dem nicht nur Interessen berücksichtigt werden, sondern auch interessante gemeinsame Projekte entstehen. “Bei alle dem sollte es immer das Ziel sein, Gemeinsames hervorzuheben und für alle Anliegen und un­ terschiedliche Interessenlagen Gehör zu haben – in guten, aber auch besonders in anspruchsvol­ leren Zeiten”, so die Diplomatin. Wie auch immer, für Botschaf­ terin Frommelt sind es solche Jahre hier in Deutschland, was nicht heißt, dass sie gerne für einen Tag mal ganz was anderes machen würde. “Dafür habe ich gar keine Zeit (lacht)! Wenn, dann für längere Zeit – und mit einem Weltumsegler.”

Das letzte Wort: “Mich bewegt der derzeitige Um­ gang mit den Ressourcen der Erde sehr und ich hoffe, dass die Bereitschaft, mit diesen ver­ antwortungsvoller umzugehen, wächst. Die nachfolgenden Gene­ rationen werden es uns danken, wenn wir mehr Verzicht üben.”


Kommune Behörden Spiegel

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Berlin und Bonn / November 2019

Wirtschaftsfaktor Wald

KNAPP Gegen Hass

Kommunale Holzvermarktung vor neuen Herausforderungen (BS/Katarina Heidrich) In Hessen haben sich bisher 19 Städte und Gemeinden in der “Holzagentur Taunus GmbH” zusammengeschlossen, um künftig das Holz aus ihren Waldbeständen gemeinsam zu vermarkten. Nötig wurde dies durch eine Entscheidung des Bundeskartellamtes gegen das Land Baden-Württemberg, welche auch auf andere Länder große Strahlkraft hat und dort die Kommunen zum Handeln zwingt.

D

ie Holzagentur Taunus hat ihren Sitz in der Gemeinde Weilrod, die gemeinsam mit dem Nachbarn Weinbach treibende Kraft bei der Gründung war. Gleichzeitig sei sie mit über 3.000 Hektar Gemeindewald der “Flächenprimus” unter den teilnehmenden Kommunen, wie Weilrods Bürgermeister, Götz Esser, betont. Die Gesamtwaldfläche der Städte und Gemeinden beträgt 18.700 Hektar. Alle Kommunen sind zu gleichen Teilen Gesellschafter. Die Zugangsvoraussetzung ist eine einmalige Einlage in Höhe von 1.500 Euro. Neben den 19 teilnehmenden hätten noch zwei Kommunen Interesse, ab 2020 dabei zu sein, zwei weitere ab 2021, erklärt der Forstingenieur und Geschäftsführer der Holzagentur, Marc Humez. Aus diesem Grund soll auch personell leicht aufgestockt werden. Nötig wurde die Gründung der Holzvermarktungsgesellschaft nach kartellrechtlichen Bedenken gegen den Landesbetrieb HessenForst. Ursprünglich betreute dieser 86 Prozent der kommunalen Wälder in Hessen – und übernahm auch deren Holzvermarktung. Das Bundeskartellamt hatte bereits in Baden-Württemberg entschieden, dass die Vereinbarung zur gemeinsamen Vermarktung durch den Landesbetrieb gegen das Kartellverbot verstößt. Nun darf das Land diese Dienstleistung nur noch für Waldbesitzer mit einer jeweiligen Waldfläche bis 100 Hektar erbringen. Das Kartellamt hatte sich auch in Rheinland-Pfalz, NordrheinWestfalen und Thüringen zu Wort gemeldet und Bedenken artikuliert. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, argumentiert: “Wald ist neben seinen wichtigen Funktionen

Wald ist mehr als Natur- und Erholungsfläche, er ist Einnahmequelle für die besitzenden Kommunen. Foto: BS/drippycat, pixabay.com

als Natur- und Erholungsraum auch ein Wirtschaftsfaktor. Für diesen Bereich müssen wettbewerbliche Grundsätze gelten.”

Kommunen müssen selbst vermarkten HessenForst reagierte daraufhin vorsorglich mit einer Verpflichtungserklärung. Die Landesgesellschaft bleibt vielerorts für die Beförsterung zuständig, gibt aber die Vermarktung aus ihren Händen. “Bis das Holz am Waldweg liegt, dürfen wir noch dabei sein”, erklärt Florian Rux von HessenForst. Seit Oktober müssen die Kommunen den Holzverkauf selbst regeln, die Privatwaldbesitzer ab 100 Hektar dürfen noch bis 2021 den Dienst in Anspruch nehmen. Das Land Hessen stellt

den neuen Holzvermarktungsorganisationen (HVO) eine dreijährige Anschubfinanzierung zur Verfügung. Die Entscheidung des Bundeskartellamtes habe die Kommunen nicht unvorbereitet getroffen, wie Bürgermeister Esser erklärt: “Bereits früh stand fest, dass nur eine leistungsstarke, breit aufgestellte Holzvermarktungsorganisation der Schlüssel zu einer weiterhin nachhaltigen, aber auch waldbaulich tragfähigen Forstwirtschaft sein kann. Dies ist umso wichtiger, als für waldreiche Gemeinden der Holzverkauf schon immer eine der tragenden Säulen der kommunalen Haushalte war. Schon in den ersten Beratungsstadien war deutlich geworden, dass sich hier eine weit über das normale

Maß hinausgehende interkommunale Zusammenarbeit auf Augenhöhe anbahnte, unabhängig von der jeweils eingebrachten Waldfläche.”

Immer mehr HVOs Viele weitere solcher Organisationen befinden sich derzeit in der Gründung. Rux spricht von 13 HVOs allein in Hessen. Wie etwa die Holzvermarktung Mittelhessen GmbH, in der sich 23 Städte und Gemeinden aus dem Lahn-Dill-Kreis und dem Kreis Gießen zusammengeschlossen haben, um ihr Holz gemeinsam auf dem Markt zu positionieren. Auch das Forst- und Holzkontor Main-Kinzig Wetterau formiert sich derzeit. Die als Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) gegründete Vermarktungsorgani-

sation verfüge inzwischen über eine genehmigte Satzung, wie Herbert Unger, Bürgermeister der teilnehmenden Kommune Florstadt, berichtet. Trotzdem sei es eine verbleibende Hürde, dass die neue Organisation bis Ende 2019 komplett etabliert werden müsse. Humez pointiert, die Sägewerke, die damals dem Kartellamt den Hinweis gaben und forderten, ein Einheitsfortsamt dürfe nicht bestehen, “haben sich ins eigene Fleisch geschnitten”. Denn die Preise hätten sich bisher, trotz Wettbewerb, nicht zu ihren Gunsten entwickelt. Dürresommer und Borkenkäferplage hingegen sorgen für ein Überangebot, welches auch die Sägewerke mittlerweile aus Kapazitätsgründen nicht mehr verarbeiten können. Die Holzagentur Taunus, aber auch viele andere HVOs, verkaufen deshalb weltweit; China sei Hauptexportland, so Humez. Esser betont: “Durch den Zusammenschluss ist es gelungen, Zugang zum volatilen globalen Holzmarkt zu finden, keiner der Teilnehmer wäre dazu allein in der Lage.” Zudem würde eine kleinteilige Vermarktung von Holz schlechtere Preise am Markt erzielen. Auch Humez stellt fest, dass die Kommunen, die sich keiner HVO anschließen und eigene Wege gehen, nicht solch ein Marktgewicht erlangen könnten wie in einer Zweckgemeinschaft. Die Anschubfinanzierung durch das Land und eine Vermarktungsprämie von zwei Euro pro Festmeter Holz, die in den Folgejahren fließen soll, wird aber voraussichtlich auch die Kommunen zu einem späteren Beitritt bewegen, die sich zum ersten Oktober vorerst eigene private Holzvermarkter gesucht haben.

(BS/kh) Kommunalpolitker sollen besser geschützt werden. Dazu hat das Bundeskabinett ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität beschlossen. Auch das Waffen- sowie das Sprengstoffrecht sollen verschärft werden. Burkhard Jung, Präsident des Deutschen Städtetages (DST), begrüßt die Entscheidung: “Es ist ein wichtiges Signal, dass künftig auch Menschen, die sich in der Kommunalpolitik engagieren und mit Leidenschaft in politische Diskurse einbringen, einen besonderen Schutz gegen Beleidigungen und üble Nachrede im Internet erhalten sollen. Bisher greift Paragraf 188 des Strafgesetzbuches für im “politischen Leben des Volkes stehende Personen” vor allem für Bundesund Landespolitikerinnen und -politiker.” Man sehe mit Sorge, dass Sprache und Stil von politischen Auseinandersetzungen zunehmend verrohten und dass es immer öfter zu Gewaltattacken gegen Amtsträger komme.

Kommunaler Insektenschutz

(BS/kh) Im Rahmen des Projekts “Pestizidfreie Kommune” hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) einen Handlungsleitfaden für Kommunen zum Insektenschutz zusammengestellt. Die Anleitung soll es künftig vereinfachen, kommunale Flächen insektenfreundlich und ohne den Einsatz von Pestiziden zu pflegen. Der Ratgeber “Insekten schützen leicht gemacht” bietet Maßnahmen, mit denen einerseits die Lebensqualität der Bevölkerung erhöht und andererseits die Ausgaben für die Grünflächenpflege gezielt gesenkt werden können. “Oftmals kann man das Gute mit dem Günstigen verbinden. Denn eine Umstellung in der Bepflanzung ist meist ökonomisch günstiger”, betont Corinna Hölzel, BUNDExpertin für Pestizide.


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Behörden Spiegel / November 2019

Digitale Bildung er Bund hat mit der Verwaltungsvereinbarung vom 17. Juni 2019, genaustens festgelegt, wie viele Gelder die Länder aus dem “DigitalPakt Schule 2019 bis 2024” erhalten (siehe nebenstehende Tabelle). Damit sind die Länder in der Verantwortung, für die vorgesehene Verwendung der Mittel zu sorgen. Zugleich hat der Bund weitere Vorgaben für die Umsetzung gemacht. Die Kommunen müssen die Umsetzung der vorgesehenen Maßnahmen dokumentieren und unter anderem ein schuleigenes Medienkonzept entwickeln.

Sachsen eröffnet Förderreigen Der Startschuss für die Vergabe von Mitteln fiel in Sachsen. Der Landkreis Zwickau war der erste, der in den Genuss von 3,6 Mio. Euro kam. Dazu habe man sich seit 2016 vorbereitet, erläuterte Landrat Christoph Scheurer. Damals war das erste Mal von einem Förderprogramm des Bundes die Rede. Entsprechend aussagekräftig war der Förderantrag, den der Kreis beim Land einreichte. Damit ist diesmal nicht SachsenAnhalt, sondern Sachsen das Land der Frühaufsteher: Nicht nur, dass der erste Förderantrag im Freistaat bewilligt wurde, auch die Förderrichtlinie ist bereits am 21. Mai 2019 in Kraft getreten und damit noch vor Unterzeichnung des eigentlichen DigitalPaktes. Insgesamt sind im Dresdener Kultusministerium bis Ende Oktober 15 Anträge eingegangen. Davon sind elf bewilligt. Obwohl in dem Land der erste Bescheid ausgestellt wurde, setzen Landesverwaltung

J

eder Schüler soll bald in der Lage sein, Themen zu beleuchten, Teilaufgaben mit anderen Schülern abzustimmen und das Gesamtergebnis zu präsentieren. Das Vorgehen birgt auch viel Veränderungspotenzial für die Lehrkräfte. Lehrerinnen und Lehrer werden Technologien zur Personalisierung des Lernens einsetzen müssen. An die Stelle des klassischen Frontalunterrichts tritt immer mehr die begleitete Gruppenarbeit. Die Schulleitung steht vor der Herausforderung, die notwendigen Veränderungen zu erkennen und voranzutreiben. Jede Schule muss fortan mit einer IT ausgestattet sein, die alle Akteure des Schulalltags unterstützt. Im Endeffekt geht es darum, den Schülern mithilfe von zukunftsweisender und effizienter Technik Fähigkeiten zu vermitteln, die sie in ihrer Zukunft voranbringen werden.

Clevere IT bringt neue Bildungsansätze Neue Lernmodelle bestimmen in Zukunft den Alltag der Schüler. Ihre Lesematerialien werden immer komplexer und die Schreibanforderungen, wenn auch nicht per Kugelschreiber, höher denn je. Unverzichtbares Hilfsmittel sind nun digitale Endgeräte und Kommunikationsmedien – egal ob stationärer PC oder Laptop zu Hause und Tablet oder Smartphone unterwegs. Dabei dürfen gerätespezifische Unterschiede keine Rolle spielen. Windows 10*, Mac OS* oder Chrome OS* – es kommt auf den Inhalt und die universellen Zugriffsmöglichkeiten an. Für Intel sind solche Überlegungen seit Langem Dreh- und Angelpunkt der Produktstrategie. Hochleistungsfähige Pro-

Viele Wege führen zum Förderbescheid Länder setzen eigene Akzente bei Umsetzung des DigitalPakts (BS/Jörn Fieseler) In mindestens vier Bundesländern liegen Anträge für Mittel aus dem “DigitalPakt Schule 2019 bis 2024” vor. Denn bis auf Hessen haben alle Länder die dafür notwendigen Förderrichtlinien erlassen. Nun sind die Schulträger gefordert. Bevor die insgesamt fünf Mrd. Euro aus dem DigitalPakt Schule abgerufen werden können, sind eben Anträge zu stellen und Konzepte vorzulegen. Erste Bewilligungen hat es bereits gegeben, die nächsten stehen kurz bevor. Doch in vielen Ländern wird es noch dauern, bis die Gelder fließen. Dabei zeigt sich erneut: Eine einheitliche Umsetzung und Finanzierung der Schulen gibt es nicht. und Schulträger auf sinnvolle Konzepte statt auf Schnelligkeit, betonte eine Sprecherin des Ministeriums. Trotzdem müssen sich die öffentlichen und freien Träger sputen. Die vorgesehenen Gelder für jede Schule müssen bis Juni 2020 beantragt werden.

16 unterschiedliche Daten Doch nicht alle Länder waren so schnell bei der Umsetzung der Förderrichtlinien. Verhältnismäßig zügig waren die Staatstaaten, die im Juni (Hamburg, Bremen) und Juli (Berlin) die Richtlinien vorlegten. Ebenfalls im Juli wurden die Förderrichtlinien in Bayern, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Thüringen publiziert. Es folgten im August die Länder Baden-Württemberg und Niedersachsen sowie im September Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und SchleswigHolstein. Den Abschluss bilden Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland, die im Oktober die Richtlinien veröffentlicht haben. Damit bleibt nur noch Hessen. Der Wiesbadener Landtag ist das einzige Landesparlament, das neben einer Förderrichtlinie auch noch ein Landesgesetz für die Umsetzung aufgesetzt hat. “Die

Mittel aus dem DigitalPakt Schule Land

Anteil in Prozent*

Anteil in Mio. Euro*

Baden-Württemberg

13,01

650,7

Bayern

15,56

778,2

Berlin

5,14

256,9

Brandenburg

3,02

150,9

Bremen

0,96

48,1

Hamburg

2,56

127,9

Hessen

7,44

372,2

Mecklenburg-Vorpommern

1,98

99,2

Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz

9,41

470,5

21,09

1.054,3

4,82

241,2

Saarland

1,20

60,1

Sachsen

4,99

249,5

Sachsen-Anhalt

2,75

137,6

Schleswig-Holstein

3,41

170,3

Thüringen

2,65

132,4

* Werte gerundet Grafik: BS, Quelle: Verwaltungsvereinbarung DigitalPakt Schule 2019 bis 2024

entscheidende Hürde im Landtag ist genommen”, sagte Hessens Bildungsminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz. Das Gesetz ist im September verabschiedet worden. Es bettet die zusätzlichen Mittel

in das Programm “Digitale Schule Hessen” ein. Die Förderrichtlinie befindet sich jedoch noch in der finalen Abstimmung. Allen Ländern ist gemein, dass die Richtlinien kurze Zeit nach

der Bekanntgabe in Kraft getreten sind. Allerdings haben nicht alle zeitgleich die Antragstellung eröffnet. Manche haben dafür weitere Daten vorgesehen. Entsprechend wirkt sich dies auf die Anzahl der eingegangenen Anträge aus. In der Hansestadt Bremen sind bereits 82 von 88 Anträgen genehmigt worden. Deutlich mehr Anträge liegen in der Hauptstadt vor, rund 180. Die ersten Bewilligungen sollen noch in diesem Jahr erfolgen, heißt es aus der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie. Demgegenüber verzeichnet Brandenburg erst einen Antrag. Dieser bezieht sich jedoch nicht auf die Ausstattung von Schulen, sondern auf den Förderschwerpunkt landesweite und regionale Maßnahmen. Von den Geldern, die die Länder erhalten, sollen zehn Prozent in solche Projekte fließen. Schleswig-Holstein verzeichnet ebenfalls erst einen Antrag im Online-Verfahren.

Keine Konzepte eingereicht Im Saarland gilt die “Förderrichtlinie zum Investitionsplan DigitalPakt Schule” seit dem 25. Oktober 2019. In der ersten

Kompetenz kommt von “Computer” In der Schule als Team agieren und Teilergebnisse zu einem Ganzen zusammenfügen Ob DigitalPakt Schule, Initiative Pacemaker oder Schule Digital – zahlreiche Behörden und private Initiativen fördern den Einzug digitaler Technologien in die Klassenzimmer. Mit gutem Grund: Schüler müssen zu kreativen Lösungsentwicklern heranwachsen, reiner Informationskonsum durch Frontalunterricht stirbt aus. Schließlich sehen die Anforderungen, die das nachschulische Leben in Universität und Berufswelt stellt, anders aus als noch vor zehn oder 15 Jahren. In unserer vernetzten Welt mit dem Internet als “Alles-Findemaschine” steht jede gewünschte Information per Mausklick oder Wischgeste bereit. Es geht nicht mehr darum, Zugang zu Informationen zu erhalten, sondern die relevanten Fakten aus dem Datenozean zu extrahieren.

Woche nach Inkrafttreten der Richtlinie konnte das zuständige Ministerium für Bildung und Kultur noch keinen Eingang verzeichnen. Allerdings hat das Ministerium den Kommunen die Möglichkeit eröffnet, bereits “seit dem 17. Mai 2019 förderunschädlich vorzeitig mit Maßnahmen zu beginnen”, wie eine Sprecherin auf Anfrage des Behörden Spiegel mitteilte. Voraussetzung ist, dass die Maßnahmen später die Anforderungen der Förderrichtlinie erfüllen und unter anderem mit einem technisch-pädagogischen Einsatzkonzept (Medienkonzept) ausgestattet sind. Auch in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und in Thüringen hat sich noch kein kommunaler oder freier Träger um die Gelder beworben. Zum einen liegt das an der Veröffentlichung der Förderrichtlinien, zum anderen sind die Vorbereitungen in den Schulen und bei den Städten, Gemeinden und Landkreisen noch nicht abgeschlossen. Darüber hinaus befindet sich beispielsweise Bayern noch in der Ausgestaltung des Antragsverfahrens. Dieses soll den Kommunen elektronisch zur Verfügung gestellt werden und in einer zentralen Arbeitsmappe sämtliche Arbeitsschritte durchgängig erfassen. Ziel ist es, die Kommunen bei der Beantragung der Gelder zu entlasten. Parallel arbeitet das Staatsministerium für Unterricht und Kultur erläuternde und konkretisierende Vollzugshinweise Fortsetzung auf Seite 17

Management Technik (Intel ® AMT) geht sogar noch weiter. Sie stellt Funktionen bereit, mit denen Geräte einfach erfasst, instandgesetzt und geschützt werden können. So ist es durch die KVM-Funktion (Keyboard/ Video/Mouse) möglich, sich aus der Ferne mit einem Computer zu verbinden, bevor das Betriebssystem gestartet wurde. Das Booten, die Diagnose und die Reparatur der Rechner können so kostengünstig und schnell per Fernwartung und ohne Einschalten des PCs durchgeführt werden.

Die Zukunft: digital, flexibel, individuell Fotos: Intel

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Technologien von Intel ermöglichen beispielsweise ultrarealistische Simulation oder Virtual Reality und sorgen für eine leistungsstarke IT in der Schule.

zessoren von Intel sind heute in jeder Geräteklasse zu finden, von kleinsten IoT-Rechnern bis zum Server mit Multi-Core Intel® Xeon® Prozessoren für massive Rechenaufgaben. Aktuelle und zukünftige Intel ® Core TM Prozessoren berechnen die anspruchsvollsten Aufgaben in den MINT-Fächern und ermöglichen beispielsweise ultrarealistische Simulation, Virtual Reality und 3D-Modellierung. Dafür sind leistungsstarke Computersysteme mit optimiertem Chipset notwendig, wie sie eine Vielzahl von Geräten aufweisen, die mit Intel® Technologie ausgestattet sind. Wer glänzende Ergebnisse erzielt, will sie auch präsentieren. Nicht nur einer nach dem anderen, auf dem – oft einzigen – Beamer. Hier gibt es in vielen Bildungseinrichtungen Nachholbedarf. Mehrere kleine Teams,

wie sie durch Arbeitsgruppen in der Klasse entstehen, müssen in der Lage sein, ihre Ergebnisse schnell und ohne langwieriges Hantieren mit Kabeln und Adaptern anzuzeigen. Intel hat mit Intel Unite® die optimale Lösung für eine solche Umgebung im Angebot. Sie stellt Inhalte schnell und sicher im Handumdrehen bereit. Benutzer können sich mit einem PINCode sicher zuschalten, Dateien austauschen und auf andere Vortragende umschalten. Jedes angeschlossene Display kann bis zu vier Bildschirme darstellen. Damit beginnen Präsentationen schneller, ohne Stress, Kabelsalat und die unvermeidliche Suche nach dem passenden Adapter. So bleibt die Aufmerksamkeit aller Teilnehmer auf das eigentliche Thema fokussiert. Welches Endgerät zur Anzeige genutzt wird, bestimmt allein die

vorhandene Bildschirmauswahl. Das kann der Monitor im Klassenzimmer genauso sein wie der Laptop eines Team-Mitglieds. Über die Multi-Quellen-Anzeige lassen sich mehrere Arbeiten miteinander vergleichen und bewerten oder Teilaufgaben auf einem Bildschirm kombinieren. Kommentarfunktionen sorgen für ein interaktives digitales Miteinander. Für Lehrkräfte hat Intel Unite spezielle Steuerungsfunktionen eingebaut, mit denen sich Gruppensitzungen moderieren lassen. Schulleiter werden bei den Lizenzbedingungen hellhörig werden: Für die Nutzung der Intel-Unite-Lösung fallen keine Lizenzkosten an. Weil zahlreiche Anbieter von Unified-Communication und Collaboration-Tools wie Skype*, WebEX* oder Zoom* bereits integriert sind, ist Intel Unite die perfekte Schnittstelle für Kom-

munikation und Brainstorming. Für den Schutz dieser Informationen nutzt Intel Unite zahlreiche Sicherheitsfunktionen. Die stabile und flexible Basis stellt ein mit Intel® vPro® Plattform ausgestatteter Computer dar. Intel vPro enthält eine Reihe von Funktionen, die der Analyse und Fehlerbehebung von Computern dienen. So erlaubt die Virtualisierungstechnik VT, von Schadsoftware befallene Systeme ferngesteuert vom Netz zu isolieren. Notebooks und PCs mit Intel® Core™ vPro Prozessoren ermöglichen eine sichere und umfangreiche PC-Verwaltung aus der Ferne – sogar wenn der Rechner ausgeschaltet oder das Betriebssystem defekt ist. Aufwand und Kosten für die Verwaltung und Wartung von Endgeräten sinken, bei gleichbleibend hohem Sicherheitslevel. Intel® Active

Jedem Menschen in den Industrienationen steht heute online ein unendlicher Pool an Wissen zur Verfügung. Heute besteht die Aufgabe darin, aus den riesigen Datenmengen in den entlegenen Winkeln des Internets die richtigen Fakten zu finden, sie aufzubereiten und zu präsentieren, damit neue und innovative Ergebnisse entstehen. Intel unterstützt Lehrende und Lernende dabei mit seinen leistungsstarken Technologien wie Intel Unite und der Intel vPro Plattform. Heute genügt es nicht mehr, als Individuum erfolgreich zu sein, sondern als Team gemeinsam zu agieren und Teilergebnisse in ein großes Ganzes zusammenzufügen. Intel bereitet dieser Forderung mit seinen Lösungen für die Schul-IT den Weg. Intel, das Intel Logo, Intel AMT, Intel Core, Intel Unite, Intel vPro und Intel Xeon sind Marken der Intel Corporation oder ihrer Tochtergesellschaften in den USA und/oder anderen Ländern. *Andere Marken oder Produktnamen sind Eigentum der jeweiligen Inhaber.

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Digitale Bildung

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So geht‘s

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ommunen, Städte, Landkreise, private Träger – sie alle stehen derzeit vor der Herausforderung, wie große, skalierbare Tablet-Projekte maßgeschneidert für ihre Bedürfnisse konzipiert und implementiert werden können. Der Ansatz, Geräte zu kaufen, führt vielerorts dazu, dass die technische Ausstattung einmal angeschafft wird und danach weit über die übliche Nutzungsdauer hinaus an der Schule verbleibt. Hier stellt sich die Frage nach einem nachhaltigen, zukunftsorientierten Finanzierungskonzept.

Behörden Spiegel / November 2019

Nachhaltige Finanzierung von Eins-zu-Eins-iPad-Projekten (BS/Johannes Borm*) Eine homogene Lernumgebung, in der jedes Kind Zugriff auf ein eigenes mobiles Endgerät hat, ist noch immer für viele Schulen eine Utopie. Die Messelbergschule Donzdorf und die Burgschule Köngen beweisen mit ihrem innovativen Konzept des kommunalen Leasings, dass es sehr wohl möglich ist.

Wie kann man sicherstellen, dass die IT-Umgebung an einer Schule wartungsarm, skalierbar und modern bleibt, den Vorgaben der Lernmittelfreiheit Rechnung trägt und gleichzeitig die Kosten für die Ausstattung nicht ins Unermessliche steigen? Die Umsetzung eines Konzepts, das nachhaltig ist und alle Betroffenen – Schüler, Eltern, Lehrkräfte, Schulleitung und Schulträger gleichermaßen – mit einbezieht, ist an der Messelbergschule Donzdorf gelungen: Hier arbeiten alle Schüler und alle Lehrkräfte mit ihrem eigenen iPad. Wie aber sieht das konkret in der Praxis aus? Die Stadt Donzdorf least die iPads über einen zertifizierten Apple-Fachhandelspartner (einen sogenannten Apple Solution Expert Education) für die Dauer von drei Jahren und gibt die Geräte an Schüler und Lehrer aus. Einen Teil der anfallenden Kosten refinanziert der Schulträger dabei über die Eltern, die bis zu zwei Drittel der Leasing-Kosten übernehmen. Dafür dürfen die Schüler die Geräte aber auch außerhalb der Schule nutzen. Bei diesem Modell wird die finanzielle Belastung nicht nur durch den Zuschuss des Schulträgers, sondern zusätzlich auch durch den Apple-Bildungsrabatt aufgefangen. Für finanzschwache Familien hat die Schule zusätzliche Unterstützungsmechanismen etabliert: • Preisstaffelung für Geschwisterkinder (siehe Grafik unten), • Unterstützung durch den Förderverein der Schule, • iPad-Patenschaften durch externe Bildungspartner. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die Köngener Burgschule, eine Gemeinschaftsschule unweit von Stuttgart. Dort werden ebenfalls

Mobile Device Management wird sichergestellt, dass alle Geräte identisch konfiguriert sind und alle notwendigen Einstellungen (WLAN-Passwort, Zugang zum App-Store, Bedienhilfen …) bei Inbetriebnahme der iPads auf den Geräten vorhanden sind: “Dadurch, dass die Stadt Leasingträger ist, können wir das iPad nach unseren Bedürfnissen als Lerngerät konfigurieren und den Schülern die bestmögliche Lernerfahrung bieten”, erläutert Erich Ege, Schulleiter der Messelbergschule Donzdorf. Finanzielle Planungssicherheit: Für den Schulträger ergibt sich durch die maßgeschneiderte Finanzierungslösung ein zuverlässiger monatlicher Fixbetrag, der so gut wie keinen Schwankungen unterworfen ist. In Donzdorf haben sich Schulleitung und Schulträger auf einen Zehn-Jahres-Plan geeinigt, mit dem die Nachhaltigkeit des Ansatzes gewährleistet wird. Individuelle Schulungsangebote: Der Fachhandelspartner kann den Schulen zertifizierte Trainer vermitteln, die noch aktiv im Schuldienst tätig sind und speziell auf die Situation vor Ort abgestimmte Trainings und Strategie-Workshops anbieten.

Die ökologischen und ökonomischen Einspareffekte sind enorm, wie das Beispiel der Burgschule Köngen zeigt.

alle Schüler von der fünften bis zur zehnten Klasse mit einem iPad ausgestattet. Möglich macht diesen Schritt die Gemeinde, die mit der Entscheidung, Budget in eine zukunftsfähige Ausstattung der Schule zu investieren, Weitsicht und Mut bewiesen hat. Da ohnehin darüber nachgedacht wurde, die bestehende, zehn Jahre alte IT-Ausstattung der Schule zu erneuern, einigten sich Schule und Gemeinde darauf, gleich einen größeren Schritt ins digitale Zeitalter zu machen. Grundlage für die richtungsweisende Entscheidung war das von Medienpädagoge Stefan Raaf und seinem sechsköpfigen Team entwickelte Medienkonzept, für das die Burgschule von der Bitkom mit dem Smart-School-Preis 2019 ausgezeichnet wurde. Was steckt hinter der Entscheidung der Gemeinde? Das hohe Engagement der Ge-

meinde begründete Oberbürgermeister Otto Ruppaner damit, dass es unabdingbar sei, Kinder und Jugendliche im souveränen Umgang mit digitalen Medien zu schulen. “In Summe sind das rund 40.000 Euro, die wir in den Haushalt der Gemeinde eingestellt haben. (…) Das ist eine jährliche Belastung, die die Gemeinde trägt”, so Ruppaner in einem Fernsehinterview auf ­RegioTV. Dem steht eine erhebliche Papierersparnis gegenüber, weil Kopien und gedruckte Bücher wegfallen – ein sowohl unter ökologischen als auch ökonomischen Gesichtspunkten nicht zu vernachlässigender Faktor. Auch die Reparatur- und Wartungskosten für die iPads gehen gegen null. Die Tablets werden auf drei Jahre geleast, sodass alle iPads, die in der Schule zum Einsatz kommen, immer auf dem neuesten technischen Stand sind.

Und warum bringen die Schüler nicht einfach ihre eigenen mobilen Endgeräte mit? Beide Schulen haben sich aus pädagogischen Gründen gegen ein sogenanntes BYOD-Modell (Bring Your Own Device) entschieden, bei dem jeder Schüler sein eigenes digitales Endgerät mit in den Unterricht bringt. Durch die homogene Ausstattung mit iPads verringert sich der administrative Aufwand der Schule signifikant, wodurch wichtige Ressourcen einspart werden können. Die IT-Beauftragten der Schule werden spürbar entlastet und die Lehrkräfte können sich auf das Wesentliche – das Unterrichten – konzentrieren, weil sie sich in einem homogenen und verlässlichen System bewegen. “Im Vergleich zu unserem PCRaum mit 30 Rechnern verursachen die über 300 iPads an der Schule deutlich weniger Arbeit, da wir die komplette Verwaltung

Je mehr Kinder in Donzdorf an der Schule ein iPad bekommen, desto günstiger die anteiligen Leasingkosten für die Eltern.

Foto: BS/ComLine GmbH

der Geräte an unseren externen Partner ausgelagert haben”, sagt Jochen Allmendinger, Netzwerkbetreuer der Messelbergschule. Worin liegen die Vorteile des kommunalen Leasings für den Schulträger? Der Schulträger profitiert in beiden Fällen von dem 360-GradAnsatz, den Apple im Bildungsbereich verfolgt. Hardware, Software und Services aus einer Hand. Der zertifizierte Fachhandelspartner bietet neben den iPads auch Hüllen und Eingabestifte an und kümmert sich bei Bedarf um eine WLAN- und ServerLösung. Daneben spielt er die erforderlichen Apps auf die Geräte und kümmert sich im Falle eines Defekts oder Verlustes um Austauschgeräte. Zentrale Geräteverwaltung: Durch ein zentral gehostetes

Hohe Attraktivität des Schulstandortes: Ein innovatives pädagogisches Konzept gepaart mit einer zeitgemäßen IT-Ausstattung verspricht attraktiven Unterricht mit vielfältigen Anschlussmöglichkeiten und gesteigerten Erfolgsaussichten beim Bewerbungsprozess. Schulleiter Martin Reisch zieht ein positives Fazit des Köngener Modells: “Der gemeinsame Ansatz von Gemeinde und Schule ermöglicht auch Kindern aus einkommensschwachen Familien, modernste Technik zu nutzen und ihr volles Potenzial zu entfalten – und darauf kommt es am Ende des Tages an.”

Mehr Informationen unter: tablets-im-unterricht.de messelbergschule.de burgschule-koengen.de *Johannes Borm arbeitet bei der ComLine GmbH.

Grafik: BS/ComLine GmbH


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Fortsetzung von Seite 14 aus. Im Gegenzug hat der Freistaat bereits rund 212 Mio. Euro aus landeseigenen Programmen an die Schulen ausgeschüttet. In Sachsen-Anhalt ist seit Anfang Oktober zwar die Antragstellung möglich, allerdings sind bis Januar 2020 knapp 50 Informationsveranstaltungen vorgesehen. Des Gleichen laufe in Thüringen ebenfalls noch eine Beratungs- und Planungsphase bei den Schulträgern. Allerdings gingen im März diesen Jahres 20 Thüringer Pilotschulen an den Start.

Viele Wege führen zum Förderbescheid Neben Thüringen hat sich auch Mecklenburg-Vorpommern für eine Pilotphase entschieden. Diese startete Mitte Oktober mit 24 Schulen zwischen Greifswald und Schwerin. Darüber hinaus hat Bildungsministerin Bettina Martin (SPD) einen Zehn-Punkte-Plan für den Rollout und die Umsetzung des Programms im Land vorgelegt. Dieser umfasst neben einem Vorbereitungsprozess unter anderem die Lehrerfortbildung, die Einführung eines neuen Schulfachs “Informatik und Medienbildung” und das eigentliche Antragsverfahren. Dieser Rollout-Plan steht bereits. Mit sämtlichen Schulleitungen und -trägern seien Termine für die Förderperiode abgestimmt und die Summe der Gelder bereits festgelegt worden.

Unterschiedliche Finanzsysteme So heterogen wie die Vorberei-

Bevor die Schüler im Unterricht eine digitale Infrastruktur nutzen können, müssen die Schulträger Medienkonzepte einreichen und bewilligen. Foto: BS/Viacheslav Iakobchuk

tungsarbeiten ist auch die Verteilung der Gelder. Manche Länder verteilen die ihnen zugewiesenen Mittel anhand der Schülerzahlen. Zum Beispiel sieht Thüringen 542 Euro pro Schüler vor. Andere haben die Gelder gesplittet. So spricht Brandenburg jeder Schule einen Sockelbetrag von 20.000 Euro zu, unabhängig von der Schülerzahl. Im Saarland ist der Sockel nach Schularten sogar unterschiedlich ausgestaltet. Grundschulen erhalten 30.000 Euro, weiterführende Schulen, Förder- und Waldorfschulen 50.000 Euro, Berufsschulen 70.0000 Euro. Für jeden Schüler gibt es 310 Euro. Darüber hinaus sind im Saarland standortbezogene Zuschläge von bis zu 25.000 Euro möglich. Etwas mehr pro Schüler, nämlich 330 Euro, sind in der Hauptstadt für jeden Schüler vorgesehen. Dazu erhält jede Schule einen Sockelbetrag von 100.000 Euro. Demgegenüber fällt der Sockel in Rheinland-Pfalz

44 Schulen für Hamburg Überarbeiteter Schulentwicklungsplan (BS/Katarina Heidrich) Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) hat den überarbeiteten Schulentwicklungsplan vorgelegt. In diesem ist eine Neugründung von insgesamt 44 staatlichen Schulen vorgesehen: 21 Grundschulen, 13 Stadtteilschulen, sieben Gymnasien sowie drei weiterführende Schulen, über deren Schulform noch nicht entschieden ist. Mindestens sechs der neuen Stadtteilschulen sollen zudem Gymnasialklassen führen. Einige Fragen sind noch offen. Zu dem umfassenden Ausbau gehört ebenfalls, dass 123 bestehende Schulen in der Hansestadt erweitert werden sollen. Alles in allem ermöglicht dieser Schritt, bis 2030 mehr als 40.000 zusätzliche Schülerinnen und Schüler aufzunehmen. “Die Schülerzahl wächst deutlich und wir wollen auch künftig allen Kindern und Jugendlichen einen guten Schulplatz bieten”, betont Rabe. Seit Mai dieses Jahres konnten deshalb rund 350 Gremien mit circa 5.500 Beteiligten zu dem ersten Entwurf des Schulentwicklungsplans Stellung nehmen. Durch die Anregungen wurde der Entwurf in mehr als 50 Fällen nochmals überarbeitet. Hintergrund für den Plan war eine Prognose des Statistikamtes Nord aus dem letzten Jahr, die von steigenden Schülerzahlen um rund 25 Prozent bis 2030 ausging. “Es ist eine gewaltige Aufgabe, die Schulen auf diesen Anstieg gut vorzubereiten und für rund 40.000 zusätzliche Schülerinnen und Schülern einen guten Schulplatz zu schaffen. Wir werden deshalb die Mittel für den Schulbau noch einmal anheben und bis 2030 mehr als vier Milliarden Euro in den Aus- und Neubau der Schulen investieren”, kündigt Rabe an.

Weitere Ausbauforderungen Die große Mehrheit der 310 Schulgemeinschaften sei mit der geplanten Größe ihrer Schule einverstanden, berichtet der Senator. Allerdings verbinde eine Reihe von ihnen ihre Zustimmung mit Ausbauforderungen,

die in den nächsten Monaten gemeinsam erörtert werden sollen. Rund 30 Schulgemeinschaften wollen größer, weitere zehn Schulgemeinschaften dagegen kleiner werden als vorgesehen. Zudem befürchteten an mehreren Standorten die umliegenden Schulen durch das neue Angebot eine zu große Konkurrenz. Einiges sei noch in Absprache und solle später entschieden werden. Jetzt plant die Schulbehörde sechs oder sieben der dreizehn geplanten Stadtteilschulen als Campus-Stadtteilschulen – also mit Gymnasialklassen. “Die Campus-Stadtteilschulen geben uns als besondere Form der Stadtteilschulen eine hohe Flexibilität, weil sie zusätzliche gymnasiale Klassen bieten, zudem sind sie bei den Eltern sehr beliebt. Doch wir wollen behutsam mit dieser Art der Stadtteilschule sein und haben deshalb Hinweise der Schulgemeinschaften aufgenommen, um gute Lösungen für die einzelnen Regionen zu finden.” Den Wunsch vieler Schulgemeinschaften nach einer Beteiligung bei der weiteren Planung der Baumaßnahmen und nach ausreichend Kantinen- und Sporthallenkapazitäten nehme die Schulbehörde sehr ernst, betont Rabe: “Alle Erweiterungen werden nach dem Musterflächenprogramm gebaut und sind damit fast immer großzügiger als die Bestandsschulgebäude. Bei der Planung der Erweiterungsmaßnahmen werden die Schulgemeinschaften selbstverständlich, wie es in Hamburg seit Langem üblich ist, in die Planung einbezogen.”

mit 15.000 Euro deutlich kleiner aus. Im Gegenzug erhalten die Schulen und ihre Träger für jedes Schulkind rund 409 Euro. In Niedersachsen bekommt jede Schule mit weniger als 60 Schülern einen Sockelbetrag von 30.000 Euro.

Sonderweg NRW Einen anderen Weg hat Nordrhein-Westfalen gewählt. Auf Drängen der kommunalen Spitzenverbände werden 75 Prozent der Mittel aus dem DigitalPakt

Schule nach den Schülerzahlen vergeben. Die übrigen 25 Prozent werden nach den Anteilen aus den Schlüsselzuweisungen des Landes an die Kommunen verteilt. Auf diese Weise sollen die Kommunen besonders gefördert werden, in denen nicht nur die Haushaltslage besonders drängend ist. Dazu hat das Land, ebenso wie manch andere, statt der Berechnungsmethode eine komplette Liste veröffentlicht, aus denen für alle Kommunen abgelesen werden kann, wie viel Gelder diese bekommen. Eine weitere Variante hat Schleswig-Holstein gewählt. Im hohen Norden werden zwei Prozent der Landesmittel als Nachsteuerungsreserve zurückbehalten. Darüber hinaus bestehen für die Kommunen unterschiedliche Zeiträume, bis wann Landkreise, Städte und Gemeinden die für sie vorgesehenen Gelder beantragt haben müssen. Diese reichen vom Sommer 2020 (in Sachsen) über das Ende des Jahres 2021 (z. B. Bayern) bis zum Ende 2022 (z. B. Thüringen). Aus Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen lagen bis Redaktionsschluss keine genaueren Angaben vor.

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KOMMENTAR

Vermitteln und reizen (BS) Was muss Schule eigentlich leisten? Diese Frage stellt sich immer wieder, wenn es um die Einführung neuer Fächer oder den Umgang mit der Digitalisierung geht. Bei all den Abwägungen zwischen Kompetenzen und Wissensvermittlung darf aber eines nicht vergessen werden. “Wirtschaft”, “Gesundheit und Ernährung”, ja sogar “Glück” sollen als neue Fächer in den bestehenden Kanon aufgenommen werden – je nachdem, wen man fragt. Doch nicht für jede Entwicklung oder gesellschaftliche Herausforderung muss ein neues Schulfach eingerichtet werden. Zumal es viel zu lange dauert, bis ein solches in die rund 3.000 Lehrpläne in Deutschland aufgenommen wird. Das bessere Vorgehen zeigt sich bei der Digitalisierung. Bund und Länder haben mit dem DigitalPakt Schule richtig reagiert. Die Ausstattung der Schulen mit digitalen Gerätschaften ist zu verbessern und sie sind in alle Unterrichtsfächer zu integrieren. Denn Schule muss in erster Li-

nie Kompetenzen vermitteln. Im Umgang mit digitalen Medien ebenso wie in den grundlegenden Feldern: Lesen, Schreiben, Rechnen. Kernaufgabe der Schule ist nach wie vor eine solide Grundausbildung. Bei allen zu vermittelnden Kompetenzen ist zu beachten: Die Zeit ist in der Schule begrenzt. Folglich kann nicht alles in den Unterricht gepackt werden. Auch aus diesem Grund sind neue Themen besser fächerübergreifend im Unterricht zu behandeln. Zugleich muss Schule auch Wissen vermitteln. Auch wenn das Gehirn keine Speicherplatte ist, auf der das ganze Wissen archiviert werden kann, dient die Wissensvermittlung dem Ziel, Interessen bei Schülerinnen und Schülern zu wecken. Und das Wichtigste bei allen Diskussionen: Schule soll am Ende auch Spaß machen.

Jörn Fieseler


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Personelles

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Fachbereichsleiter Bauen und Umwelt (m/w/d) (Besoldungsgruppe A 14 HBesG bzw. Entgeltgruppe 14 TVöD) Es handelt sich um eine unbefristete Vollzeitstelle mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von zurzeit 39 Stunden (Tarifbeschäftigte) bzw. 41 Stunden (Beamte). Voraussetzungen: • Erfolgreich abgeschlossenes Hochschulstudium, idealerweise der Fachrichtung Bauingenieurwesen, Architektur, Stadt- und Regionalplanung oder Raum- und Umweltplanung beziehungsweise vergleichbare Qualifikation • Mehrjährige einschlägige Berufserfahrung, idealerweise in einer Kommunalverwaltung • Mehrjährige Erfahrung in der Führung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern • Gutes technisches Fachwissen sowie Kenntnisse der relevanten Rechtsnormen auf dem Gebiet des öffentlichen und privaten Rechts sowie in der Vertragsgestaltung und hinsichtlich des Controllings nach HOAI und BGB Nähere Informationen zur Stadt Lampertheim, über die zu besetzende Stelle sowie das Anforderungsprofil mit den Bewerbungsvoraussetzungen finden Sie im Internet unter stellenangebote.lampertheim.de Bewerbung an: Magistrat der Stadt Lampertheim, Fachdienst 10-4 Personalmanagement, Römerstraße 102, 68623 Lampertheim oder bewerbung@lampertheim.de Bewerbungsschluss: 30.11.2019

Die Universitätsstadt Gießen ist mit ihren rund 88.000 Einwohner*innen das dynamisch wachsende Zentrum Mittelhessens an der Lahn. Dank vielfältiger Bildungs-, Kultur- und Freizeitangebote bietet die jüngste Stadt Hessens eine hohe Lebensqualität. Derzeit kümmern sich rund 1.350 Mitarbeiter*innen in der Stadtverwaltung als serviceorientierte Dienstleisterin um die Belange der Bürger*innen, Gäste und Unternehmen. Die Universitätsstadt Gießen sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine/n Leiter*in für das Rechtsamt Interessiert? Nähere Informationen zu den Leistungen, die wir Ihnen bieten, dem Aufgabengebiet, dem Anforderungsprofil der angebotenen Stelle und den Bewerbungsmodalitäten (Bewerbungsschluss ist der 21. November 2019) erhalten Sie unter www.giessen.de/Stellenangebote oder unter der Telefonnummer des Haupt- und Personalamtes 0641 306-1035 (Frau Gerlach). Online-Bewerbungen richten Sie bitte an bewerbung@giessen.de.

Vier Fragen – vier Antworten mit Dr. Uwe Brandl, Bürgermeister der Stadt Abensberg

g er sb : BS/Stadt Aben

Die Stadtverwaltung Lampertheim sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine fachlich versierte sowie führungsstarke Persönlichkeit als

Demokratie lebt von Entscheidungen Kommunalpolitik in Angesicht der Atomisierung der politischen Interessensvertretung (BS) Die Zahl der politischen Gruppierungen hat nicht nur in den bayerischen Kommunalparlamenten seit dem Wegfall der Fünf-Prozent-Hürde stark zugenommen und die dortige Arbeit maßgeblich verändert. Zudem wird es zunehmend schwierig, dies zeigen die Mitte März im Freistaat stattfindenden Kommunalwahlen, überhaupt ausreichend Kandidaten für ein kommunalpolitisches Amt zu finden. Über diese Herausforderungen sprach Behörden Spiegel-Redakteur Guido Gehrt mit Dr. Uwe Brandl, Bürgermeister der Stadt Abensberg und Präsident des Bayerischen Gemeindetags sowie des Deutschen Städte und Gemeindebundes. Behörden Spiegel: Herr Dr. Brandl, Sie sind seit 26 Jahren Bürgermeister der Stadt Abensberg. Aktuell sind im Stadtrat bei insgesamt 24 Mandatsträgern elf Gruppierungen vertreten. Wie hat sich die Kommunalpolitik durch diese starke Fragmentierung der politischen Interessensvertretung verändert? Brandl: Dieser Aufwuchs, der bei uns von fünf auf elf Gruppierungen erfolgte, hat naturgemäß dazu geführt, dass sehr viel diversere Ansichten im Stadtrat vertreten werden. Das Eintreten für unterschiedliche Positionen macht Demokratie natürlich aus. Doch die Kommunalpolitik lebt maßgeblich auch von der Geschwindigkeit, in der sie Entscheidungen fällt und umsetzt. Die Bürger erwarten keine endlosen Diskussionen, sondern Ergebnisse. Dies ist zunehmend ein Problem, auch weil sich der Stil der politischen Auseinandersetzung verändert hat. Es geht heute darum, sich sehr viel in der Öffentlichkeit darzustellen und eigene Positionen um jeden Preis durchzusetzen. Das heißt, die Bereitschaft, am Ende eines sperrigen Diskussionsprozesses eine mehrheitlich beschlossene Entscheidung zu akzeptieren, ist deutlich zurückgegangen. Behörden Spiegel: Wie äußert sich das? Brandl: Dies zeigt sich darin, dass die in der Abstimmung Unterlegenen anschließend versuchen, mit allen – vor allem juristischen – Mitteln ihren Standpunkt durchzusetzen und die Umsetzung des Beschlusses zu blockieren, was oftmals zu erheblicher Verzögerung kommunalen Handelns führt. Doch nicht nur die Geschwindigkeit leidet darunter, sondern insbesondere auch die Akzeptanz kommunalpolitischer Entscheidungen in der Bevölkerung. Nochmals, Demokratie lebt natürlich positiv vom Streit, sie lebt aber vor allem auch von der Entscheidung. Durch die

Atomisierung der politischen Interessensvertretung und den Verfall der Kultur der politischen Auseinandersetzung wird die Entscheidungsfindung jedoch immer komplexer und zeitaufwendiger. Das ist eine ganz fatale Entwicklung. Behörden Spiegel: Muss der Gesetzgeber hier nicht tätig werden, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken? Brandl: Die Liberalisierung des Wahlrechts durch den Wegfall der Fünf-Prozent-Hürde kommt aus einer Zeit, als der Beteiligung der Bürger und plebiszitären Elementen sehr stark das Wort geredet wurde. Aktuelle Erhebungen zeigen jedoch, dass die Mehrheit der Bürger diese Plebiszite gar nicht will, sondern für eine funktionierende repräsentative Demokratie eintritt. Diese Entwicklung muss die Politik sehr genau in den Blick nehmen und hier gegebenenfalls gesetzgeberisch nachjustieren.

Behörden Spiegel: Am 15. März 2020 finden in Bayern Kommunalwahlen statt. Man tut sich derzeit schwer, ausreichend Kandidaten für die Bürgermeisterämter in den über 2.000 bayerischen Kommunen zu finden. Zudem treten zahlreiche Amtsinhaber nach der ersten oder zweiten Amtszeit nicht mehr an. Warum? Brandl: Ein wesentlicher Punkt ist sicherlich, dass der Beruf des Bürgermeisters aus wirtschaftlicher Perspektive nicht sonderlich attraktiv ist. Man hat eine Menge Verantwortung und steht in manchen Bereichen sogar in einem persönlichen Haftungsverhältnis. Ich denke, die Landespolitik muss sich im Klaren sein, dass man qualitativ gut geeignete Bewerber entsprechend besolden muss. Im Unterschied zu den Abgeordneten in den Parlamenten der Länder und des Bundes, denen der Gesetzgeber ausdrücklich gestattet,

Die Stadt Lampertheim sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt für den Fachdienst „Stadtplanung“ eine Fachdienstleitung Stadtplanung (m/w/d) Entgeltgruppe 13 TVöD Es handelt sich um eine unbefristete Vollzeitstelle mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von zurzeit 39 Stunden. Voraussetzung: ein abgeschlossenes Studium als Diplom-Ingenieur (FH) oder Master (Uni bzw. FH) der Fachrichtung Stadtplanung, Raumplanung, Architektur mit Schwerpunkt Städtebau oder vergleichbarer Abschluss und mehrjährige Berufserfahrung im Bereich der Bauleitplanung. Nähere Informationen zur Stadt Lampertheim, über die zu besetzende Stelle sowie das Anforderungsprofil mit den Bewerbungsvoraussetzungen finden Sie im Internet unter stellenangebote.lampertheim.de Bewerbung an: Magistrat der Stadt Lampertheim, Fachdienst 10-4 Personalmanagement, Römerstraße 102, 68623 Lampertheim oder bewerbung@lampertheim.de Bewerbungsschluss: 30.11.2019

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Die Stadt Bielefeld besetzt die Stelle

Leitung Bauamt Das Bauamt ist die zentrale Stelle einer dienstleistungsorientierten Bauverwaltung. In sieben Abteilungen mit ca. 140 Mitarbeitenden sind die Aufgaben der Verwaltung, der Bauberatung, der Stadtentwicklung, der Bauleitplanung, der Bauordnung, des Denkmalschutzes sowie der Wohnungsbauförderung gebündelt. Das Amt ist dem Dezernat für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Mobilität zugeordnet. Für die anspruchsvolle Leitungsaufgabe im Spannungsfeld zwischen Öffentlichkeit, Investoren und Politik suchen wir eine führungsstarke, innovative und durchsetzungsfähige Persönlichkeit mit einer sehr hohen fachlichen Kompetenz und ausgeprägten strategischen Fähigkeiten. Geboten wird Ihnen eine angemessene Vergütung im Rahmen eines AT-Vertrages in Anlehnung an den TVöD. Besoldungsrechtlich handelt es sich um eine Stelle der Besoldungsgruppe B 2 LBesG NRW. Weitere Informationen zum Aufgabengebiet und den Anforderungen erhalten Sie im Internet unter:

karriere.bielefeld.de

ihren Hauptberuf weiter auszuüben, unterliegen kommunale Wahlbeamte einem Berufsverbot. Das heißt, sie haben sich komplett auf die Aufgabe als Bürgermeister oder Landrat zu konzentrieren. Das hat natürlich Auswirkungen auf die jeweilige Zukunftsplanung und führt dazu, dass Kandidaten gar nicht oder schon nach einer Periode nicht mehr antreten, um in ihrem ursprünglichen Beruf wieder Fuß fassen zu können. Will man das vermeiden, muss man den Wahlbeamten ein Verbleiben in ihrem Berufsbild gestatten, was angesichts der Herausforderungen des Full-Time-Jobs faktisch wenig bringen dürfte, oder durch eine wesentlich bessere Besoldung für eine langfristig attraktive Perspektive sorgen.

MELDUNG

Rekord-KOMMUNALE (BS/gg) Die KOMMUNALE 2019 in Nürnberg – Deutschlands größte Fachmesse für Kommunalbedarf – konnte zum 20-jährigen Jubiläum mehr Aussteller, mehr Fläche und eine gestiegene Besucherzahl verzeichnen. Insgesamt kamen an den zwei Tagen 4.650 kommunale Besucher, um sich bei 390 Ausstellern über die neuesten Trends, Produkte und Dienstleistungen für Kommunen zu informieren. “Die Jubiläumsausgabe zu “20 Jahre KOMMUNALE” hat un­ sere Erwartungen übertroffen”, freute sich Christian Arnold, Abteilungsleiter Partner- und Publikumsveranstaltungen bei der NürnbergMesse. “Auch die Anwesenheit und Wertschätzung zahlreicher Mandatsträger in Spitzenämtern aus der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik zeigt beispielhaft die Bedeutung von Deutschlands führender Messe für Städte und Gemeinden”, so Arnold weiter. Auch der begleitende Kongress des Bayerischen Gemeindetags (BayGT) konnte eine positive Bilanz ziehen. Hier wurde an beiden Veranstaltungstagen intensiv über aktuelle, bundesweit relevante Themen und Bedürfnisse der Städte und Gemeinden diskutiert und im Jahr vor den Kommunalwahlen im Freistaat wurden zahlreiche inhaltliche Schwerpunkte gesetzt. BayGTPräsident Dr. Uwe Brandl: “Bayerns Gemeinden und Städte sehen sich vor der anstehenden Kommunalwahl 2020 der außergewöhnlichen Situation gegenüber, geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für das Amt des Rathauschefs zu finden. Die gestiegene Erwartungshaltung der Bürgerschaft, aber auch der rauer gewordene Umgangston lassen manche Kandidaten zögern. Der Bayerische Gemeindetag ist aber optimistisch, dass am 15. März die Bürgerinnen und Bürger eine echte Auswahl treffen können.” Die nächste KOMMUNALE (www.kommunale.de) findet am 20. und 21. Oktober 2021 im Messezentrum Nürnberg statt.


Kommunaler Haushalt

Behörden Spiegel / November 2019

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ehörden Spiegel: In Ihrem Buch schreiben Sie, dass Kommunen in einen “Zustand der Zahlungsunfähigkeit” geraten können. Ist das in der Praxis in Deutschland überhaupt möglich, da doch in einem solchen Fall immer das Land einspringen wird?

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Kommunen im Insolvenzrecht “In bestimmten Fällen kann es zu Zugriffen auf das Kommunalvermögen kommen”

(BS) Viele Kommunen werden ihre Forderungen niemals zurückzahlen können. In Brandenburg konnte eine Gemeinde für kurze Zeit sogar ihre Mitarbeiter nicht mehr bezahlen und ihre laufenden Ausgaben für Gas, Elektrizität und Wasser nicht mehr tätigen. Derzeit gibt es in Deutschland kein Insolvenzverfahrensrecht über öffentliches Vermögen. Gläubiger stellt das vor große Probleme. Dominic Poster, Referendar im Bezirk des Poster: In der Literatur ist es Oberlandesgerichts Koblenz, ging deshalb in seiner Doktorarbeit der Frage nach, ob und wie Forderungen gegen die öffentliche Hand durchgesetzt umstritten, ob die Länder zu und vollstreckt werden können. Mit dem Behörden Spiegel sprach er über die rechtlichen Möglichkeiten der Gläubiger und wie mit der Zahlungseinem Einschreiten rechtlich unfähigkeit der öffentlichen Hand umgegangen werden kann. Die Fragen stellte Lora Köstler-Messaoudi. verpflichtet sind. Die besseren Argumente sprechen aus meiner Sicht gegen eine Einstandspflicht. Insofern wäre es rechtlich möglich, dass die Länder nicht einspringen.

“Eine Zwangsvollstreckung ist auch in das Vermögen von Bund und Ländern möglich.”

Behörden Spiegel: Gab es schon Fälle von Kommunalinsolvenzen in Deutschland? Poster: Größere Gemeindeinsolvenzen gab es in Deutschland zuletzt in den 1930er-Jahren. In jüngerer Zeit ist lediglich an die brandenburgische Kleinstadt Niemegk zu denken. Nach einer Kontopfändung war diese 2009 nicht mehr in der Lage, alle ihre Gläubiger zu befriedigen. Sogar die städtischen Angestellten konnten für kurze Zeit nicht mehr bezahlt werden. Die Stadt befand sich somit in einem Zustand der faktischen Zahlungsunfähigkeit. Behörden Spiegel: Warum griff das Land hier nicht vorher ein?

Dominic Poster ist Referendar im Bezirk des Oberlandesgerichts ­Koblenz. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Wissenschaftlicher ­Mitarbeiter am Institut für Rechtspolitik an der ­Universität Trier hat er zum Thema “Durchsetzung und Vollstreckung von Forderungen gegen die öffentliche Hand” ­promoviert. Die Arbeit wurde im Sommersemester 2019 von der Universität Trier als Dissertation angenommen und im gleichen Jahr im Verlag Dr. Kovac̆ veröffentlicht (ISBN 978-3-339-11246-0). Foto: BS/privat

Fall der Stadt Niemegk haben sich die Gerichte mit der Anwendung der Zwangsvollstreckungsschutzvorschriften, in diesem Fall § 170 VwGO, auseinandergesetzt und entschieden, dass eine Kontopfändung stattfinden kann.

Poster: Derzeit gibt es kein förmliches Verfahren, um mit insolventen Kommunen umzugehen. Somit fehlt es auch an einem konkreten Verfahren, um Behörden Spiegel: Welche die Zahlungsunfähigkeit einer Kommune frühzeitig zu erken- Möglichkeiten haben Gläubiger nen.Maßnahmen der Länder in Deutschland, wenn Sie Forkönnen daher bei einer tatsäch- derungen gegenüber zahlungslichen Zahlungsunfähigkeit nur unfähigen Kommunen haben? einen reagierenden und keinen P o s t e r : agierenden GrundsätzCharakter haben. lich bestehen “Die besseren die gleichen ­Argumente sprechen Behörden M ö g l i c h k e igegen eine EinSpiegel: Wie ten wie gewurde das genüber einer standspflicht. Es wäre Problem in NiePrivatperson. ­rechtlich möglich, megk letzten Die Gläubiger dass die Länder nicht Endes gelöst? können sich einen Titel ­einspringen.” Poster: Eine besorgen und dann vollstreResolvierung der Stadt erfolgte durch ver- cken. Da es derzeit kein kommuschiedene und wenig durchsich- nales Insolvenzverfahrensrecht gibt, besteht prinzipiell auch tige Maßnahmen. Insbesondere wurde städti- kein Ausfallrisiko. Die Gläubiger sches Eigentum veräußert. Des müssen daher nur abwarten, bis Weiteren war die Kommune auf eine Kommune wieder liquide ist. finanzielle Zuweisungen des Behörden Spiegel: Ist eine Landes sowie Ausgleichsmaßnahmen aus dem Haftungsver- Vollstreckung in das Vermögen von Bund und Ländern möglich? bund angewiesen. Behörden Spiegel: In Niemegk hat der mangelhafte Vollstreckungsschutz dazu geführt, dass eine Kontopfändung stattfinden konnte. Wie kann man solche Situationen in Zukunft verhindern? Poster: Grundsätzlich bietet sich eine Reform des Zwangsvollstreckungsrechts an. Die bestehenden Zwangsvollstreckungsschutzvorschriften umfassen teilweise nur “Sachen” und somit keine Forderungen oder Bankguthaben. Insofern gewähren sie nur lückenhaften Schutz. Diese Lücke müsste durch den Gesetzgeber geschlossen werden. Behörden Spiegel: Müssen die Gemeinden durch die bestehende Rechtsordnung Sorgen vor dem Zugriff der Gläubiger auf das Kommunalvermögen haben? Im schlimmsten Fall wird damit ja die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Hand gefährdet. Poster: Insofern die Vollstre­ ckungsschutzvorschriften mangel­h aft sind, kann es in bestimmten Fällen durchaus zu Zugriffen auf das Kommunalvermögen kommen. Auch im

Poster: Eine Zwangsvollstreckung ist auch in das Vermögen von Bund und Ländern möglich. Die bestehenden Zwangsvollstreckungsschutzvorschriften sind auch in Bezug auf das Vermögen von Bund und Ländern mangelhaft. Behörden Spiegel: Kann im Falle einer kommunalen Zahlungsunfähigkeit der Kommune auch der Bürgermeister in Regress genommen werden? Poster: Eine Haftung des Bürgermeisters könnte sich insbesondere aus dem sog. Amtshaftungsanspruch ergeben. Im Endeffekt wird dieser aber nur sehr schwer anzunehmen sein. Selbst wenn man unter gewissen Voraussetzungen eine Amtspflichtverletzung annehmen könnte, kommt es dann jedoch gem. Art. 34 GG prinzipiell zu einer Überleitung der Haftung auf die Gemeinde, da der Beamte für diese die Pflicht zum ordnungsgemäßen Verwaltungshandeln wahrnimmt. Behörden Spiegel: Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der öffentlichen Hand gibt

es im deutschen Recht nicht. In den USA ist das jedoch möglich. 2013 hat die Stadt Detroit das größte kommunale Insolvenzverfahren in der Geschichte Amerikas a ­ bgeschlossen. Der Insolvenzplan der Stadt beinhaltete Abschreibungen der Anleihegläubiger von rund 80 Prozent und eine Kürzung der Altersversorgung der städtischen Beschäftigten. Wie bewerten Sie dieses Vorgehen? Poster: Für die Gläubiger stellt dies sicherlich einen harten Einschnitt dar. Um eine dauerhafte Haushaltssanierung zu erreichen, ist ein solcher Schritt aber aus meiner Sicht unerlässlich. In Detroit wurde der Insolvenzplan dazu genutzt, sowohl eine

kurzfristige finanzielle Entlastung herbeizuführen als auch langfristige Reformen anzustoßen. Betrachtet man die konkreten Jahresabschlüsse der Stadt, lassen sich zahlreiche positive Entwicklungen feststellen. Ob allerdings auch ein langfristiger Erfolg eintritt, bleibt abzuwarten. Behörden Spiegel: Das Land Hessen hat seinen Gemeinden einen Schuldenschnitt gewährt und einen Teil der Verbindlichkeiten übernommen. Ein sinnvoller Schritt? Poster: Angesichts der teilweise enormen Verschuldung halte ich dieses Vorgehen durchaus für einen sinnvollen Schritt. Die Tilgung von Schulden und Zinsen machen nicht selten einen erheblichen Teil der Kommunalausgaben aus, weswegen den finanzschwachen Kommunen wenig finanzieller Spielraum für die Tätigung wichtiger Investitionen bleibt. Um aber das erneute Entstehen einer erdrückenden Schuldenlast zu vermeiden, bedarf es daneben auch grundlegender Reformen des Gemeindehaushalts.


Kommunaler Haushalt

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Behörden Spiegel / November 2019

60.000 Euro für die besten Ideen

“Baumanagement”

NRW.BANK startet 6. Ideenwettbewerb für Kommunen

Stadtentwicklung und Digitalisierung

(BS) Die besten Ideen gewinnen: Zum sechsten Mal ruft die NRW.BANK Städte und Gemeinden zum NRW. BANK.-Ideenwettbewerb für Kommunen auf. Den Siegern winken Preisgelder in Höhe von insgesamt 60.000 Euro sowie wertvolle Ideen-Mining-Workshops. Gefragt sind Ideen und Konzepte rund um die Themen Digitalisierung, Ressourceneffizienz und Mobilität, die nachhaltig wirken sowie die Lebens- und Servicequalität in den Kommunen und Kreisen Nordrhein-Westfalens weiter steigern. Klimawandel und Umweltschutz, Digitalisierung und Innovation, Migration und Integration, die Modernisierung der Infrastrukturen, die Sicherung der öffentlichen Finanzen und die Schaffung bezahlbaren Wohnraums: Solchen Herausforderungen stellen sich die Kommunen und Kreise NordrheinWestfalens mit viel Engagement und Kreativität. Ihre guten Ideen sind es, die das Land voranbringen und denen der NRW.BANK.Ideenwettbewerb Aufmerksamkeit verschafft. Gesucht werden Projekte, die bereits umgesetzt sind oder für die zumindest ein Ratsbeschluss vorliegt.

Zur Nachahmung empfohlen Schirmherrin Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, ermuntert alle Akteure in Rathäusern und kommunalen Unternehmen, sich am Ideenwettbewerb zu beteiligen: “Empfehlen Sie Ihre Innovationen zur Nachahmung, stehen Sie im Mittelpunkt, lassen Sie unsere ganze Heimat von Ihren Ideen profitieren!”

Inspirierende Innovatoren Michael Stölting, Mitglied des Vorstands der NRW.BANK, ergänzt: “Als Förderbank für das Land fördern wir, was NRW bewegt – und unterstützen Kommunen mit Förderdarlehen, einer nach Produkten und Anbietern unabhängigen Förderberatung und eben auch mit dem Ideen-

wettbewerb. Dieser dient auch als Plattform zum Austausch. Denn davon leben Ideen: dass Innovatoren einander inspirieren.” Nach Abschluss des Ideenwettbewerbs stehen die eingereichten Vorschläge als Lösungsansätze auch anderen Kommunen zur Verfügung.

Preisgelder und Workshops Auf die drei besten Projekte warten Preisgelder in Höhe von 30.000, 20.000 und 10.000 Euro zur direkten Sachverwendung. Vier weitere Preisträger sichern sich Ideen-Mining-Workshops der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Dort können sie ihre Idee mit professioneller Unterstützung durch ein interdisziplinäres Team aus Studierenden und Wissenschaftlern sowie Beratern der NRW.BANK weiter ausarbeiten.

Mehr als 400 Ideen Der NRW.BANK.Ideenwettbewerb wird seit dem Jahr 2006

von der NRW.BANK veranstaltet. In den vergangenen fünf Wettbewerben wurden mehr als 400 Ideen, Konzepte und Projekte eingereicht und rund 70 Beiträge prämiert.

Über den Wettbewerb Der NRW.BANK.Ideenwettbewerb für Kommunen steht allen nordrhein-westfälischen Kommunen, Kreisen und kommunalen Unternehmen offen. Gesucht werden Ideen und Konzepte zu Themen wie Digitalisierung, Ressourceneffizienz und Mobilität. Die Bewerbungen können bis zum 29. Februar 2020 eingereicht werden. Alle Informationen zum Wettbewerb inklusive Teilnahmebedingungen und Anmeldung stehen online unter www.nrwbank.de/ ideenwettbewerb

von Dr. Ulrich Keilmann

Kurioserweise gibt es für die Aufgaben der Stadtentwicklung • keine allgemeingültige Definition, • keine verbindliche organisatorische Zuordnung und • keine gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren. Vielmehr schließt die Unterschiedlichkeit der örtlichen Rahmenbedingungen standardisierte Lösungen aus. Daher kann es für die Stadtentwicklung keine “Blaupausen” geben. Entsprechend ist der gemeindespezifisch individuelle Handlungsbedarf strukturiert über alle Interessengruppen der Stadtgesellschaft zu ermitteln und dieser an einem Leitbild oder an strategischen Zielen auszurichten. Unabhängig von den jeweiligen Rahmenbedingungen hat sich ein integrierter Ansatz der Stadtentwicklung bewährt. Hier werden verschiedene sektorale und thematische Zielsetzungen einbezogen und in systematisch angelegten Austausch- und Abstimmungsprozessen abgeglichen, um sie zu einer Gesamtzielsetzung der Stadtentwicklung zusammenzuführen. Die Digitalisierung hat auf alle Aufgaben- und Lebensbereiche einer Kommune Auswirkungen. So auch auf die Stadtentwicklung. “Smart Cities” nutzen Informations- und Kommunikationstechnologien, um auf der Basis von integrierten Entwicklungskonzepten kommunale Infrastrukturen zu verknüpfen, zum Beispiel Energie, Gebäude, Verkehr, Wasser und Abwasser.

Dr. Ulrich Keilmann leitet die Abteilung Überörtliche­Prü­fung kommunaler Körper­schaf­ten beim Hessischen Rechnungshof in Darmstadt. Foto: BS/privat

Der Begriff der integrierten Stadtentwicklung wird im Zeitalter der Digitalisierung in doppelter Hinsicht verändert. Zum einen führt die Digitalisierung zu einer stärkeren Vernetzung der Politik- und Handlungsfelder, zum anderen zu neuen und anderen Dialogund Beteiligungsprozessen.

Quelle: BS/Digitalstadt Darmstadt GmbH und Roland Berger

In diesem Kontext ist die Wissenschaftsstadt Darmstadt besonders hervorzuheben. Darmstadt gewann 2017 den Wettbewerb “Digitale Stadt”. Mit der Unterstützung von zahlreichen Partnerunternehmen der Ausrichter (u. a. Deutscher Städte- und Gemeindebund) wird die kreisfreie Stadt zu einer digitalen Modellstadt ausgebaut. Bereiche wie der

Verkehrssektor, die Energieversorgung, Schulen und das Gesundheitswesen sollen mit neuesten digitalen Technologien ausgerüstet werden. Zudem sollen künftig die öffentliche Verwaltung innovative Online-Anwendungen und der Handel intelligente Lieferdienste anbieten können. Zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen wurden drei Handlungsfelder benannt: • Mobilität und Umwelt, • Digitale Services und Gesellschaft sowie • Wirtschaft und Technologie. Durch eine strategische Bündelung soll eine zielorientierte Planung und Realisierung der Projekte mit einer integrierten Bürgerbeteiligung erarbeitet werden. Die bereits abgeschlossenen und aktuell geplanten Projekte sind unter www.digi talstadt-darmstadt. de abrufbar. Lesen Sie mehr zum Thema “Stadtentwicklung und Digitalisierung” im Kommunalbericht 2018, Hessischer Landtag, Drucksache 19/6812 vom 13. Dezember 2018, S. 266 ff. Der vollständige Kommunalbericht ist kostenfrei unter rechnungshof.hessen.de abrufbar.


Kommunalwirtschaft / Stadtwerke

Behörden Spiegel / November 2019

Wirren um E-Mobilität

G

efordert sind u. a. die städtischen Ordnungsdienste. Doch deren Eingriffsmöglichkeiten variieren und sind teils stark begrenzt. In der Hauptstadt Berlin etwa, die im Bundesvergleich mit den meisten Unfällen aufwartet, beschränken sich die Kompetenzen der insgesamt zwölf Berliner Ordnungsämter lediglich auf den ruhenden Verkehr. Geahndet werden Falschparker – zumal in den Gebieten rund um das Brandenburger Tor und das Holocaust-Mahnmal, die zu Sperrzonen erklärt wurden. Zuständig für die Kontrolle vor Ort sind die Verleihunternehmen, die mittels GPS-Tracking, des sogenannten “Geofencings”, verhindern sollen, dass der Leihvorgang in den ausgewiesenen Bereichen beendet wird. Alle anderen Maßnahmen zur Überwachung des innerstädtischen Verkehrs wie zum Beispiel Alkoholkontrollen obliegen der Berliner Polizei. Doch hat bekanntlich gerade diese seit geraumer Zeit mit anhaltendem Personalmangel zu kämpfen und wird an anderer Stelle weit dringlicher gebraucht. Die Ressourcen sind demnach begrenzt. Trotz allem sei eine

Ein Lagebild zur Kontrolle des E-Scooter-Verkehrs in deutschen Großstädten (BS/pet) Die Skepsis gegenüber E-Scootern ist bei den Deutschen laut einer Studie des Bitkom leicht gewachsen. Dabei zeigt sich eine klare Verteilung entlang demografischer Grenzen. Während sich die Hälfte der über 50-Jährigen für ein Verbot aussprechen, ist die jüngere Generation positiver gestimmt. Gut 50 Prozent gaben an, ganz auf das Auto verzichten zu wollen, gäbe es nur mehr Tretroller auf Deutschlands Straßen. Doch da liegt das Problem. Denn oft bedeutet der zahlenmäßige Zuwachs auch einen Anstieg des Risikopotenzials. Allein in NRW wurden bisher über 50 Unfälle gezählt. Angesichts solcher Zahlen erhebt sich die Frage, was die Kommunen für eine bessere Überwachung tun können. Ausweitung der Kompetenzen für die Ordnungsämter derzeit nicht in Planung, heißt es aus der Berliner Innenverwaltung.

rücksichtslose E-Scooter-Fahrer in verkehrsberuhigten Bereichen zum Anhalten zu zwingen oder des Gehwegs zu verweisen. Freilich in enger Abstimmung mit der Polizei. Die Maßnahmen zeigten bereits Wirkung, wie man beim Straßenverkehrsamt der Stadt Frankfurt versichert. Nach anfangs extrem hoher Beschwerdelage sei die Anzahl eingehender Klagen nunmehr wieder rückläufig, so ein Sprecher.

Eingriff in den fließenden Verkehr Ein anderes Bild ergibt sich in den Großstädten München und Frankfurt am Main. Beide besitzen neben einem regulären Ordnungsamt eigens für die Verkehrssicherheit eingerichtete Vollzugsorgane. In der bayerischen Landeshauptstadt ist das die Kommunale Verkehrsüberwachung (KVÜ), in Frankfurt das Straßenverkehrsamt bzw. die Städtische Verkehrspolizei. Obwohl auch sie in erster Linie auf den ruhenden Verkehr ausgelegt sind, besitzen beide Befugnis, im Zweifelsfall in den

Glasfaser in Sachsen-Anhalt Elbe-Heide und weitere Regionen liegen gut im Plan (BS/Hans Güldenpenning*) Beim Giganetz der ARGE Breitband im Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt geht es gut voran. Mit dem Spatenstich in der Verbandsgemeinde Elbe-Heide geht es nun weiter. Zuvor konnten die Tiefbauarbeiten in Bülstringen in der Verbandsgemeinde Flechtingen – knapp drei Monate nach Start – komplett abgeschlossen werden. In einigen Gemeinden und Städten des größten zusammenhängenden Glasfasernetzes Sachsen-Anhalts können somit noch vor Weihnachten die ersten Haushalte mit Glasfaser direkt bis ins Gebäude versorgt werden. Derzeit sind fast 300 Bauleute, Ingenieure und Spezialisten in allen acht Gemeinden für das neue Infrastrukturnetz aktiv. Das Projekt wird von den Bürgermeistern tatkräftig unterstützt: Stefan Müller, Bürgermeister der Einheitsgemeinde Niedere Börde: “Die Niedere Börde ist ein weitflächiger Raum und durch das Glasfasernetz können wir perspektivisch die Ortschaften in der Fläche miteinander verbinden. Nach drei Jahren der Vorbereitung und Planung konnten die Bauarbeiten beginnen. Die Anstrengungen für dieses wichtige kommunale Projekt haben sich gelohnt und ich freue mich, dass hier alle Beteiligten im guten Dialog stehen. So sollte das sein und so werden wir auch mit großen Schritten gemeinsam vorankommen. Allein in der Ortschaft Klein Ammensleben hatten sich vorab über 60 Prozent der Hauseigentümer für die Glasfaseranschlüsse registriert.” Holger Haupt, Breitbandbeauftragter der ARGE Breitband: “Der Ausbau mit Glasfaser ist ähnlich bedeutend wie in den 70er-Jahren der Ausbau des Trinkwassernetzes und es ist klar, dass es dabei keine Zeit zu verlieren gibt. Umso wichtiger sind der kommunale Zusammenhalt und die Vermeidung von Lückensituationen bei solch grundlegenden Infrastrukturen. Entsprechend positiv ist der Zuspruch in allen Mitgliedsgemeinden im ARGEGebiet und die breite Unterstützung der Bevölkerung.” In dem großflächigen Gebiet geht es darum, flächendeckend alle Mitgliedsgemeinden in mehr als hundert Orten zu versorgen. Nach Oschersleben, Bülstringen und der Verbandsgemeinde Flechtingen folgte die Verbandsgemeinde Elbe-Heide. Ende August 2019 gab es dort den ersten Spatenstich im Ortsteil Angern (Verbandsgemeinde Elbe-Heide). In der Region erstreckt sich die Tiefbautrasse über insgesamt knapp 45.000 Meter, über 200.000 Meter Glasfaserkabel werden verlegt. Ein neuer Technikstandort für das Giganetz im Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt wurde schon

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Ende Oktober gesetzt, weitere folgen. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Elbe-Heide, Thomas Schmette, kommentiert: “Ein wichtiger Meilenstein für uns: Der erste POP in der Verbandsgemeinde ist gesetzt! 500 garantierte Mbit/s werden damit ab 2020 Realität und dies ist nur der Anfang beim Einstieg in das Gigabitzeitalter.” Holger Haupt, Leiter der ARGE-Breitband, ergänzt: “In den acht Gemeinden und Verbandsgemeinden im Landkreis Börde haben sich die Bürgerinnen und Bürger für eine kommunale Datenautobahn, ein Glasfasernetz entschieden und das nimmt nun auch in ElbeHeide Gestalt an. Mit Hochdruck werden in alle Straßen die Leerrohre und Glasfaserkabel verlegt. Der 24. Oktober 2019 war für alle Beteiligten ein besonderer Tag, denn das Herzstück für die Verbandsgemeinde, die technische Schaltzentrale, wurde im Ortsteil Burgstall gesetzt. Dort laufen in wenigen Monaten alle Kabel aus der gesamten Mitgliedsgemeinde zusammen und so kann dann jedes Haus, das einen Vertrag gezeichnet hat, mit der Datenautobahn verbunden werden und mit Lichtgeschwindigkeit surfen.” *Hans Güldenpenning arbeitet als freier Journalist.

Der Standort Das Gebiet der Verbandsgemeinde Elbe-Heide erstreckt sich über 369,36 km2 mit über 13.000 Einwohnern in sieben Mitgliedsgemeinden. Demnächst erhalten dann die Haushalte und Unternehmen Glasfaseranschlüsse direkt ins Haus und werden an das kommunale Highspeed-Netz angeschlossen, welches von der DNS:NET betrieben wird. Mehr Infos: www.elbe-heide.de Über das Giganetz in SachsenAnhalt und die ARGE Breitband: www.giganetz-boerde.de

Seit dem Sommer rollen E-Scooter durch die Zentren vieler deutscher Innenstädte. Beliebt bei jungen Menschen, wünschen sich viele ältere Bürger stattdessen rigorose Verbote für die Fahrzeuge. Foto: BS/KristofTopolewski, pixabay.com

fließenden Verkehr einzugreifen und Verwarnungen auszusprechen. Die Vollmachten setzen bei stationären und mobilen

Kontrollen in Tempo-30-Zonen an, reichen aber auch darüber hinaus. So sind Städtische Verkehrspolizei und KVÜ autorisiert,

Bußgeldverhängung: Problemfall Datenschutz Doch sind proaktive Eingriffe wie in Frankfurt oder München im bundesweiten Vergleich eher die Ausnahme. Kernkompetenz der kommunalen Ordnungsdienste bleibt vielerorts der ruhende Verkehr, wenngleich auch

hier die Vorschriften seit Einführung der Tretroller deutlich anzogen wurden. Um der zunehmenden Belästigung durch sorglos abgestellte E-Scooter Einhalt zu gebieten, verhängen manche Kommunen inzwischen Verwarngelder. So auch die Stadt Köln, wo Falschparker mit einer Strafe von 15 Euro zur Kasse gebeten werden. Das mag in solchen Fällen, in denen die Personalien vor Ort festgestellt werden können, unproblematisch sein. Ist der Fahrer jedoch nicht zugegen, wird es deutlich schwieriger, die erforderlichen Informationen in Erfahrung zu bringen. Grund dafür sind rechtliche Unklarheiten bei der Aushändigung personenbezogener Daten. Zwar sind die Verleihunternehmen grundsätzlich in der Pflicht, Kundeninformationen bei Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung herauszugeben, allerdings zeigen sich manche Firmen derzeit noch immer zurückhaltend, wenn die Stadt mit einer entsprechenden Aufforderung an sie herantritt. Immerhin ein Anbieter hat bereits zugesagt, Personen, die durch wiederholte Vergehen aufgefallen sind, von der weiteren Nutzung auszuschließen.


Kommunalwirtschaft / Stadtwerke

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Gegen-Wind

L

aut einer Analyse der Fachagentur Wind an Land (FA Wind) war die Ausbausituation im ersten Quartal 2019 so schlecht wie seit der Jahrtausendwende nicht mehr. In den ersten Monaten des Jahres sind lediglich 41 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 134 Megawatt hinzugekommen. Im Vergleich zu den Vorgängerjahren ist der Markt somit um knapp 90 Prozent eingebrochen. “Gegenwärtig lahmt der Ausbau der Windenergie an Land. Die letzten vier Ausschreibungsrunden waren deutlich unterzeichnet. Damit bleibt der Ausbau sogar hinter dem Status quo des Ausbaupfades im EEG 2017 zurück – und ist weit entfernt von einem Ausbau auf 65 Prozent Erneuerbare Energien”, kritisiert der Bundesverband der Energieund Wasserwirtschaft (BDEW). Von Sitzblockaden und Mahnwachen einzelner Bürgerinitiativen bis hin zu Klagen von Umweltverbänden: Bundesweit sind derzeit über 1.000 Initiativen aktiv im Widerstand gegen Bebauungspläne mit Windkraftanlagen. Meist begründet mit Sorgen um die Lautstärke, um gesundheitliche Folgen durch den Infraschall oder um den Artenschutz. Aber auch die Ästhetik des Landschaftsbildes spielt eine Rolle. Die durchschnittliche Verfahrensdauer für die nötigen Genehmigungen hat sich laut FA Wind im Laufe der vergangenen Jahre so fast verdreifacht. Geschätzt wird, dass mindestens 750 Megawatt Leistung brachliegen, weil Klagen anhängig sind.

Behörden Spiegel / November 2019

Bürgerwiderstand gegen Offshore-Anlagen (BS/Katarina Heidrich) Seit Anfang des Jahres trifft sich die Bürgerinitiative “Freie Friedländer Wiese” jeden Samstag zu einer Mahnwache, um ein rund 250 Quadratkilometer großes Niederungsmoor in Mecklenburg-Vorpommern zu erhalten. Der Grund: Auf der Fläche sollen bis zu 16 Windräder mit einer Höhe von 238 Metern errichtet werden. Ein Einzelbeispiel für ein flächendeckendes Phänomen. Trotz breiter Zustimmung der Bevölkerung für den Ausbau Erneuerbarer Energien wächst der Widerstand gegen Windkraftanlagen. Aber auch rechtliche Rahmenbedingungen lassen noch zu wünschen übrig. Es entsteht der Eindruck, dass die Proteste von der Mehrheit der Bevölkerung getragen werden.

Laut heißt nicht gleich mehr Eine Akzeptanz-Umfrage von FA Wind zeichnet allerdings ein anderes Bild: Der Ausbau von Offshore-Windenergieanlagen wird konstant von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen. 82 Prozent erachten die Nutzung und den Ausbau der Windenergie als wichtig oder sehr wichtig. Und auch vor Ort ist die Akzeptanz laut Umfrage größer als gedacht: 78 Prozent der Befragten sind mit den bestehenden Windenergieanlagen in ihrem Wohnumfeld einverstanden. 70 Prozent derer ohne Anlagen im Wohnumfeld hätten ebenfalls keine Bedenken, falls dort welche gebaut werden würden. Zudem befürworten 72 Prozent aller Befragten, dass Bund, Länder und Gemeinden ausreichend Flächen für die Windenergie zur Verfügung stellen. Blickt man allerdings auf eine spezielle Gruppe unter den Befragten – nämlich die sogenannte “schweigende Mehrheit”, also diejenigen, die sich nicht öffentlich

in Debatten zu Windenergie vor Ort einbringen oder positionieren – zeigt sich eine noch größere Unterstützung. Hier befinden sogar 86 Prozent den Ausbau der Windenergie als wichtig bis sehr wichtig. 85 Prozent sind mit den Anlagen in ihrem direkten Umfeld einverstanden und 73 Prozent hätten keine großen Bedenken dagegen. “Diese Akzeptanz sollte auch in der politischen Debatte zum Tragen kommen und die mit der Windenergie verknüpften Chancen thematisiert werden. Windenergieprojekte, die verstanden werden und spürbar zur Entwicklung der ländlichen Räume beitragen, werden vor Ort nicht nur besser akzeptiert, sondern auch aktiv unterstützt.”, so Dr. Antje Wagenknecht, Geschäftsführerin der FA Wind.

Dezentrale Umsetzung der Energiewende Gerade die lokale Einbindung ist eine Möglichkeit, auch bei der “lauten Minderheit” größeren Zuspruch zu erzeugen. Das zeigt auch die FA Wind-Umfrage. 82 Prozent finden es für die Akzeptanz wichtig, dass die Gemeinden Einnahmen durch

Viele Windkraftgegner bringen den Artenschutz als Argument an. Tatsache ist: In Deutschland kommen weit mehr Vögel durch Stromleitungen zu Tode als durch Windanlagen. Foto: BS/Micha Trillhaase, stock.adobe.com

Windenergie zur Verbesserung der Lebensverhältnisse vor Ort einsetzen können. 66 Prozent befürworten die Einbindung lokaler Akteure und 65 Prozent finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger. Auch der BDEW fordert eine deutschlandweit einheitliche

Abgabe zugunsten von Standortund Anrainerkommunen, um diese an der Wertschöpfung zu beteiligen. Diese Abgabe sollte direkt im Haushalt der Kommune verbleiben, ein Abfluss über Umverteilungsmechanismen oder Verrechnungen mit anderen Zahlungsströmen vermieden werden. Diese verpflichtende Zahlung soll als Ergänzung zu der steigenden Zahl freiwilliger projektbezogener Maßnahmen dienen, wie etwa der Einrichtung von Bürgerstiftungen, finanzieller Beteiligungsformate wie Sparbriefe, Nachrangdarlehen oder Anrainerstromtarife, der Förderung lokaler Projekte sowie der Umsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen direkt vor Ort. Zudem spricht sich der Verband für die Einrichtung von Servicestellen auf Landesebene aus. Diese könnten Kommunen und Vorhabenträger dabei unterstützen, professionelle und zielführende Beteiligungs- und Dialog­formate durchzuführen. “Die sinkende Akzeptanz haben Bundes- und Landesregierungen als Vorwand genutzt, um den Windkraft-Ausbau vor die Wand

zu fahren. Statt neuer pauschaler Abstandsvorschriften müssen die Ausbaumengen an Land stark erhöht und die nötigen Flächen ausgewiesen werden”, fordert Olaf Bandt, Bundesgeschäftsführer beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht in seinem “Arbeitsplan Windenergie” Abstandsregelungen zur Wohnbebauung von 1.000 Metern vor und begründet sie gerade als Akzeptanzmaßnahme. Der Mindestabstand soll noch in diesem Jahr eingeführt werden. Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sieht diese pauschalen Regelungen kritisch. Sie würden die Ausbauflaute nur noch weiter verschärfen, denn Studien belegten, dass dadurch das Flächenpotenzial für Windenergie an Land um 20 bis 50 Prozent sinken könnte. Problematisch sei darüber hinaus der damit einhergehende Eingriff in laufende Genehmigungsverfahren und Regionalplanungen. Das Umweltbundesamt (UBA) schlägt als Alternative vor, bei der Planung von Windparks die standortspezifischen Gegebenheiten zu berücksichtigen – und so dem Schutz der Anwohner vor Lärm und anderen Beeinträchtigungen Rechnung zu tragen. Anders ist auch nicht der “schweigenden Mehrheit” zu erklären, warum der Windkraftausbau stockt, während gleichzeitig neue Steinkohlekraftwerke (“Datteln 4”) genehmigt werden, obwohl der Kohleausstieg bereits geplant ist.

Intelligent und vernetzt

Beteiligungsverwaltung Tag der Beteiligungsverwaltung 11.–12. Februar 2020, Hamburg

Vom passiven Verwalten zum aktiven Steuern www.beteiligungsverwaltung.org/anmeldung

Mobilität von morgen (BS/Claudia Cermak*) “Mobilität neu denken” – das ist Anspruch und Programm der Mobilitätsmesse ­Hypermotion, die vom 26. bis 28. November in Frankfurt stattfindet. Dafür will der Veranstalter Anbieter und Anwender zusammenbringen, die neue Standards setzen für die Mobilität von morgen. Die Zukunft gehört der Vernetzung und Kooperation. “Auf der Hypermotion bringen wir als erste Plattform für die digitale Transformation alle Verkehrsträger zusammen”, sagt Danilo Kirschner, Director Hypermotion bei der Messe Frankfurt. “Unser Ziel ist es, die Vernetzung innerhalb der Branche voranzutreiben, damit neue integrierte Lösungen für die Mobilität von morgen entstehen können.” Genau darauf ist das Hypermotion-Programm ausgerichtet.

Der Deutsche Mobilitätskongress findet unter dem Motto “Mobilität in Ballungsräumen – Chancen und Herausforderungen” erstmalig auf der Hypermotion statt. Um nachhaltige urbane Mobilität und digitale Vernetzung von Regionen geht es bei der smart mobility conference und namhafte Experten freuen sich auf die Diskussion zur Mobilität der Zukunft in städtischen Räumen im Urban Mobility Lab.

Für Vertreter von kommunalen und wissenschaftlichen Einrichtungen bietet der Veranstalter Tickets zum Sonderpreis. Mehr Informationen unter www.hypermotion-frankfurt.com *Claudia Cermak arbeitet im Bereich Marketingkommunikation Mobility & Logistics der Messe Frankfurt Exhibition GmbH.

Sporthallensanierung schnell und effizient Selbstklebender Kautschukboden auf altem Belag (BS/Doris Janik*) Sport- und Mehrzweckhallen – Sorgenkinder vieler deutscher Städte und Kommunen. Gerade die in den 1960er- und 70er-Jahren gebauten Objekte sind heute stark sanierungsbedürftig. Die größte Aufgabe bei der Renovierung der Hamburger Grundschule Richardstraße: die Sanierung des Hallenbodens, eines stark abgenutzten Linoleumbelags. Die mit dem Projekt beauftragten Architekten schlugen dem Bauherrn eine innovative Lösung vor: Statt den alten Belag herauszureißen und den Unterboden neu aufzubauen, wurde direkt auf das Linoleum der selbstklebende Kautschukboden noraplan sentica nTx verlegt. Im Vergleich zur konventionellen Nassverklebung entfallen durch die nora nTx-Technologie diverse Arbeitsschritte wie das Auftragen des Klebstoffs, die Untergrundvorbereitung sowie Trocknungs- und Wartezeiten.

­Minimierte Risiken “Wir haben uns für nora nTx entschieden, weil die Ausgangssituation in der Sporthalle nicht klar war”, erläutert Architektin Ellen

Die Hamburger Seitz-Sporthalle mit frisch verlegtem Kautschukboden noraplan sentica nTx. Foto: BS/Jochen Stüber Fotografie

Weidemeyer von Knaack & Prell Architekten. Denn unter dem Linoleumboden befindet sich ein Schwingboden. Da die Architekten dessen Zustand nicht beurteilen konnten, befürchteten sie, dass durch das Herausreißen des alten Belags gravierende Schäden an der Holzkonstruktion entstehen könnten. “Wir wären Gefahr gelaufen, gegebenenfalls einen neuen Schwingboden einbauen zu müssen. Dieses Risiko konnte durch die Verlegung von noraplan sentica nTx ausgeschlossen werden.” Der in der Seitz-Sporthalle ver-

legte hellgraue noraplan sentica nTx ist nach EN 14 904:2006-06 geprüft, erfüllt alle Anforderungen an Spielflächen und bietet durch seine Produkteigenschaften den bestmöglichen Kompromiss zwischen verschiedensten sportartspezifischen Ansprüchen wie Ballsprungverhalten, Rutschfestigkeit oder auch Widerstandsfähigkeit. Der Sportboden ist in vier verschiedenen Grau-, Blau- und Beigetönen erhältlich. *Doris Janik ist Pressereferentin bei der nora systems GmbH.


Digitaler Staat Behörden Spiegel

www.behoerdenspiegel.de

Berlin und Bonn / November 2019

Kreativ, agil und kollaborativ

KNAPP E-GovernmentAkzeptanz steigt

Start-up-Mentalität in Bundesbehörden

(BS/Dr. Eva-Charlotte Proll) Ende Oktober stellten das Tech4Germany Fellowship und die beteiligten Bundesministerien und -behörden die Ergebnisse ihrer Zusammenarbeit vor. Das (BS/wim) Laut dem jährlichen Fazit: Bessere Dienstleistungen durch Technologie und Design ermöglichen ansprechende Services und informative Angebote. E-Government Monitor der IniNach zweieinhalb Monaten Eintauchen in die Verwaltung haben 27 Digital-Talente von Tech4Germany als Entwickler, Designer und Produktmanager Digitalisierungsprojekte erarbeitetet, die nah am Nutzer sind. Zur Motivation der Beteiligten sagt die Leiterin von Tech4Germany, Sonja Anton: “Sinnhafte Arbeit ist der Punkt, der uns gemeinsam antreibt. Da hat der Staat viel zu bieten, man braucht nur die richtige Arbeitsumgebung und -kultur”. Kreativ, agil und kollaborativ haben die Fellows in sechs interdisziplinären Teams mit Beschäftigten aus Behörden und Ministerien, den sogenannten Digitalisierungslotsen, Digitalisierungsvorhaben umgesetzt. Bundesminister Prof. Dr. Helge Braun, Chef des Bundeskanzleramtes und Schirmherr des Fellowships, betonte, er sehe “mit Freude, dass aus Tech4Germany ein wachsendes Netzwerk an Menschen wird, die Probleme anpacken und Verwaltungsdienstleistungen verbessern wollen – für die Bürger und unser Land.

Kanzleramtsminister und Schirmherr Prof. Dr. Helge Braun lobte das Konzept von Tech4Germany, da sie das Digitale Wissen in Deutschland ausbauten. Fotos: BS/Auswärtiges Amt /Manuel Lehmann

Junge Digitaltalente kooperieren mit unseren Ministerien und IT-Dienstleistern und stecken sie mit ihrer Start-up-Mentalität an.” In der zweiten Runde waren die Projektpartner das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund), das Auswärtige Amt (AA), das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS).

Tech4Germany Tech4Germany ist die Technologie-Task Force für die Bundesregierung unter der Schirmherrschaft des Chefs des Bundeskanzleramts, Prof. Dr. Helge Braun. Tech4Germany bringt die landesweit besten Digital-Talente und kreativen Köpfe jedes Jahr in einem zwölfwöchigen Programm mit Behörden und Ministerien zusammen, um an Deutschlands größten digitalen Herausforderungen zu arbeiten. Im nächsten Jahr pilotiert das Team Work4Germany, ein zweites Weiterbildungs-Programm, in dem Nachwuchsführungskräfte über sechs Monate in Bundesministerien und -behörden integriert werden, um mit digitalen und überfachlichen Kompetenzen Digitalisierungs- und Innovationsbeauftrage zu unterstützen. Für beide Programme werden aktuell Partner aus Bundesministerien und -behörden gesucht.

Mit dem ITZBund arbeiteten die Fellows in drei Projekten: Das erste Team erarbeitete verschiedene Konzepte, damit der Zugang über bereits existierende digitale Identitäten möglich ist. Prototypisch wurde ein privater Identitätsanbieter in ein Nutzerkonto integriert. Das zweite Team konzipierte einen Click-Prototypen für eine E-Learning Lösung mit der Idee, wie die Oberfläche einer späteren Plattform aussehen könnte. Der Prototyp soll den Beschäftigten der Bundesverwaltung einen leichten Einstieg in die digitale Aktenverwaltung ermöglichen und adressiert den mit der Einführung der E-Akte einhergehenden Schulungsbedarf. Das dritte Team gestaltete mit dem ITZBund das Bedienerlebnis der Zentralen Rechnungseingangsplattform des Bundes neu und reduzierte so die Eingabezeit von 28 Minuten auf nur fünf Minuten pro Rechnung. Mit dem Auswärtigen Amt entwickelten die Fellows einen personalisierbaren Rotationsplaner, der den über 2.000 jährlich rotierenden Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes in einem zentralen Portal gut aufbereitete Informationen zur Verfügung stellt, ohne

dass diese ihren Auslandseinsatz noch auf Papier planen müssen. Für das BMAS entwickelten die Fellows und Behördenangehörigen ein prototypisches Konzept einer Online- und Datenplattform zur beruflichen Weiterbildung, auf der Informationen zu Weiterbildungs- und Fördermöglichkeiten zentral und nutzerfreundlich aufbereitet zu finden sind. Unter Einsatz von

Machine Learning werden spielerisch Orientierung und Selbsteinschätzung ermöglicht. Im Rahmen des Projekts mit dem BMBF erstellten die Digital-Talente ein komplementäres Online-Angebot für den Bundesbericht Forschung und Innovation. Weiterhin erarbeitete das Projektteam ein nutzerzentriertes und serviceorientiertes Konzept für digitale Berührungspunkte zwischen Bürgern und dem Bundesministerium. Christina Lang, Geschäftsführerin von Tech4Germany betont den Lerneffekt, der auch nach der diesjährigen Abschlussphase bei allen Beteiligten eingetreten ist: “Wir haben im diesjährigen Programm wieder enorm viel dazu gelernt. Die Entwicklung einer technischen Lösung ist nur ein Teil der gemeinsamen Herausforderung, genauso wichtig ist die Übersetzungsleistung, die die Fellows und Digitallotsen erbringen. Sie haben unheimlich schnell gelernt, unterschiedliche Interessengruppen für ergebnisorientierte Zusammenarbeit einzubinden”.

Hochkarätige Diskussion zu Tech4Germany (v.l.n.r.): Bundes-CIO Klaus Vitt, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Christian Luft, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Moderatorin Christina Lang, Geschäftsführerin von Tech4 Germany, Maria Gosse, Leiterin der Zentralabteilung im Auswärtigen Amt, Dr. Alfred Kranstedt, Direktor des ITZBund sowie Prof. Dr. Peter Parycek, Leiter des Kompetenzzentrum ÖFIT und Mitglied des Digitalrates der Bundesregierung.

tiative D21 sind die Deutschen wieder zufriedener mit den digitalen Dienstleistungen der Verwaltung. Die Studie kommt in diesem Jahr auf eine Nutzungsquote von 48 Prozent, was acht Prozent mehr als im Vorjahr sind, jedoch nur drei Prozent mehr als zu Beginn des D21 Monitors, der seit 2012 die Nutzung und Akzeptanz in Bezug auf digitale Dienste der Verwaltung analysiert. Für den IT-Beauftragten der Bundesregierung, Staatssekretär Klaus Vitt, sind die relativ stetigen Werte ein Erfolg, denn man dürfe “nicht vergessen, dass die Erwartungshaltung durch das Angebot großer Privatunternehmen wie Amazon und Facebook immer weiter steigt”. Um die Bürger dennoch weiter mitzunehmen, sei es wichtig, digitale Anwendungen möglichst einfach nutzbar zu machen. Denn eine Erkenntnis der Studie ist auch, dass die Nutzung digitaler Angebote viele Menschen überfordern kann, wenn die Dienste zu komplex aufgebaut sind.

Europa-Cloud Gaia-X vorgestellt (BS/stb) Die von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ins Spiel gebrachte europäische Cloud Gaia-X ist im Rahmen des Digitalgipfels in Dortmund näher vorgestellt worden. Altmaier will mit der länderübergreifenden Cloud-Lösung die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) in Europa voranbringen. Außerdem soll mit der Gemeinschaftslösung die Datenmacht von wenigen globalen Konzernen gebrochen werden. Ziel des Projekts ist eine vernetzte Dateninfrastruktur in Deutschland und Europa. Darüber sollen Daten sicher geteilt und zusammengeführt werden können, um bspw.Geschäftsmodelle auf Datenbasis zu fördern.

6. Zukunftskongress Bayern Schirmherrin und Keynote-Sprecherin: Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach

Digitale Verwaltung 2020

AUFBRUCH UMBRUCH DURCHBRUCH www.zukunftskongress.bayern [ #zkonbayern ]

13. Februar 2020 Haus der Bayerischen Wirtschaft München

Eine Veranstaltung des


Informationstechnologie

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S

o wurde eine Strategie für das digitale Leben in Rheinland-Pfalz erstellt und im April 2018 vorgestellt, die mit ihren insgesamt zwölf Themenfeldern, zu denen u. a. der Breitbandausbau, die Digitale Bildung und die Digitale Sicherheit gehören, aber auch Themen wie die Digitalisierung von Wirtschaft, Verwaltung sowie Gesundheit und Pflege, als Leitfaden für die Regierung bei der Digitalisierung des Landes dient. Bei der Umsetzung arbeiten alle Ressorts in ihren jeweiligen Bereichen bzw. gemeinsam an Lösungen für die digitalen Fragestellungen.

Zwei Frauen als digitale Speerspitzen Die Verantwortung für Koordination und Schnittstellenfunktion für die interdisziplinäre Umsetzung der Landesstrategie liegt dabei im Haus der Ministerpräsidentin Malu Dreyer, also in der Staatskanzlei des Landes. Dreyer, als Leiterin des Digitalisierungskabinetts, hat dort ihre Staatssekretärin und Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und für Europa, für Medien und Digitales Heike Raab zur Digitalkoordinatorin des Landes gemacht. In dieser Funktion arbeitet sie der Ministerpräsidentin direkt zu und hält die Fäden rund um den digitalen Wandel in ihren Händen. Um die Bemühungen sinnvoll steuern zu können, ist der digitalpolitischen Landeskoordinatorin Raab in der Staatskanzlei die Abteilung 4 “Medien und Digitales” unterstellt, in der sich zwei Referate um die Auf- und Vorbereitung des Digitalisierungskabinetts, des Landtags inklusive seiner Ausschüsse in Medien- und Digitalisierungsangelegenheiten sowie des Landesrates für digitale Entwicklung und Kultur kümmern. Aber auch die Förderung von Digitalprojekten und -maßnahmen, die Koordinierung die Medien- und IT-Netzwerke des Landes sowie die Bearbeitung von Digitalangelegenheiten aus Bundestag und Bundesrat werden hier durchgeführt. Eines der Kernthemen des Referats 244 ist dabei die bereits erwähnte “Strategie für das digitale Leben”. Hier wird daran gearbeitet, dass alle Ministerien des Landes in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen an der Erforschung und Umsetzung der Projekte und Maßnahmen aus der Strategie arbeiten. Bei themenübergreifenden Fragestellungen wird

Behörden Spiegel / November 2019

Zentral gelenkt und breit gefächert Digitalisierung in Rheinland-Pfalz als gesteuerte Gemeinschaftsaufgabe (BS/Wim Orth) Zu Beginn der laufenden Legislaturperiode war die Enttäuschung in vielen Lagern groß, dass wieder kein Digitalministerium im Kabinett der Bundesregierung vertreten war. Stattdessen bündelte die Regierung die Kompetenzen für das Querschnittsthema zentral im Kanzleramt und bildete mit dem Digitalkabinett ein Gremium, um die ressortübergreifenden Themen gemeinsam zu besprechen. Die Idee eines solchen Kabinetts war aber keineswegs neu, sondern wurde bereits im Jahr 2016 in Rheinland-Pfalz realisiert. Dort kam das bundesweit erste Digitalisierungskabinett zusammen, um die strukturellen, technischen und gesellschaftlichen Fragen rund um den digitalen Wandel ressortübergreifend auf oberster Ebene zu diskutieren und anzugehen. Seitdem ist dort mit Unterstützung von Bürgern und Experten viel Neues gewachsen.

Digitalisierungskabinett Leitung: Ministerpräsidentin Malu Dreyer

Netzbündnis Rheinland-Pfalz

beratendes Gremium von Expertinnen und Experten

Landesrat für digitale Entwicklung und Kultur

Staatskanzlei Rheinland-Pfalz Runder Tisch Mobilfunk Rheinland-Pfalz

Digitalkoordinatorin des Landes Stsin Heike Raab (Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und für Europa, für Medien und Digitales) Abteilung 4 “Medien und Digitales”

Ministerium des Innern und für Sport IT-Beauftragter der Landesregierung (CIO) Sts Randolf Stich Abteilung 9 “IT-Zentrastelle, Breitband” Referat 391 IT-Management und -Recht

Referat 242: Sitzungen des Landtags und seiner Ausschüsse in Medien- und Digitalisierungsangelegenheiten, Landesrat für digitale Entwicklung und Kultur

Referat 392: Ressortübergreifende Informationssicherheit Referat 393: Zentrale Steuerung, IT-Controlling, IT-Finanzsteuerung

“Strategie für das digitale Leben” = 12 Kernthemen für Digitalisierung

Referat 394: E-Government, Kooperation mit EU, Bund, Ländern und Kommunen Referat 396: E-Akte Dialog RLP, Digitalisierung der Vorgangsbearbeitung Referat 397: Breitband / Digitale Infrastrukturen; Breitband-Kompetenzzentrum Breitband-Kompetenzzentrum

hier auch die Koordination über Ressortgrenzen hinweg übernommen. Diese braucht es, um wichtige Themen über Häusergrenzen hinweg sinnvoll umsetzen zu können. So müssen bei der Digitalisierung im Bildungsbereich beispielsweise drei Ministerien koordiniert werden: Das Bildungsministerium zeichnet hauptverantwortlich für das Gesamtprojekt, zusätzlich haben aber auch das Innenministerium und das Wissenschaftsministerium zentrale Zuständigkeiten in der Sache. So ist das Innenministerium für die Breitbandversorgung der Schulen verantwortlich und das Wissenschaftsministerium für die Ausbildung kompetenter Lehrkräfte an den Univer-

Referat 244: Digitalisierungskabinett, Förderung und Umsetzung von Digitalprojekten und -maßnahmen, Digitalstrategie des Landes, Medien- und IT-Netzwerke in Rheinland-Pfalz, Bundestags- und Bundesratsangelegenheiten im Bereich Medien und Digitales

MdI, MWVLW, MSAGD, BM, MWWK, MUEEF, MFFJIV, FM, JM Umsetzung der in der Strategie aufgeführten Maßnahmen erfolgt unter Beteiligung aller Ressorts in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen.

sitäten des Landes. Ohne eine gesteuerte Verzahnung dieser ministeriellen Einzelkompetenzen kann die Digitalisierung des Bildungsbereiches daher kaum nachhaltig umgesetzt werden.

Sonderfall Breitbandausbau Neben der Bündelung der Koordinationskompetenz in der Staatskanzlei hat das Ministerium des Innern und für Sport eine digitale Sonderrolle inne. Hier werden in der Abteilung 9 “IT-Zentralstelle, Breitband” unter Verantwortung des IT-Beauftragten bzw. CIOs der Landesregierung, Staatssekretär Randolf Stich, die IT der Landesregierung und die dazugehörigen Prozesse, die vorhandene Breitbandinfra-

struktur des Landes und deren Ausbau sowie alle Themen rund um die Verwaltungsmodernisierung und das rheinland-pfälzischen E-Government zentral gemanagt. Bei Koordination und Umsetzung des Breitbandausbaus ist neben dem Referat 397 in der Abteilung 9 auch das Breitband-Kompetenzzentrum beteiligt, das als Stabstelle ebenfalls der IT-Zentralstelle angegliedert ist und als Dienstleister für Bürger und Kommunen gleichermaßen dient. So beschäftigt es beispielsweise regionale Breitbandberater, welche die Kommunen des Landes bei Breitbandprojekten begleiten und ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Grafik: BS/Hoffmann; Quelle: Staatskanzlei RLP

Neben den Koordinierungsstrukturen im Bereich der einzelnen Ressorts gibt es zudem den Landesbetrieb Daten und Information (LDI) als zentralen IT-Dienstleister des Landes. Hier werden effiziente Lösungen für die Landesverwaltung entwickelt und die technische Umsetzung der IT-Strategie des Landes gewährleistet. Neben der Dienstleisterrolle als Ansprechpartner für die Bereitstellung von Hochsicherheits- und Hochverfügbarkeitslösungen für Polizei, Justiz und andere Behörden ist im LDI zudem die Kopfstelle des Computer Emergency Response Teams, kurz “CERT-rlp”, für die Landesverwaltung RheinlandPfalz beheimatet.

Um den Ausbau der digitalen Infrastruktur durch durchlässige Strukturen effizienter zu gestalten, setzt die Landesregierung zudem auf gezielten Austausch mit Unternehmensvertretern und Experten bestimmter Themenbereiche sowie gesellschaftlichen Akteuren. Wichtigstes Gremium mit direkter beratender Funktion für das Digitalisierungskabinett ist dabei der “Landesrat für digitale Entwicklung und Kultur”, der seit 2013 existiert, vier Mal jährlich zusammenkommt und als Beispielgeber für den Digitalrat der Bundesregierung gesehen werden kann. Wie die Experten des Bundesgremiums sollen auch die elf Mitglieder in Rheinlandpfalz als Impuls- und Ratgeber im Bereich der Daten- und Netzpolitik agieren und die komplexen Debatten der Digitalisierung auf Faktenbasis erörtern. Neben dem Landesrat gibt es das “Netzbündnis Rheinland-Pfalz”, in dessen Rahmen die Ministerpräsidentin sowie Vertreter der Landesregierung, der kommunalen Spitzenverbände, der Kammern und der Telekommunikationskonzerne und deren Verbände einmal jährlich zusammenkommen, um in gemeinsamen Gesprächen und Verhandlungen die richtigen Voraussetzungen für den Ausbau der digitalen Infrastrukturen auf dem Weg zur GigabitGesellschaft zu erarbeiten. Zu diesem Thema gibt es seit Anfang 2019 auch einen zusätzlichen “Runden Tisch Mobilfunk”. Bei diesem kommt Ministerpräsidentin Dreyer gemeinsam mit ihrem Stellvertreter, dem Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Dr. Volker Wissing, mit Vorstandsvertretern der Netzbetreiber Deutsche Telekom, Telefónica sowie Vodafone zusammen, um über den weiteren Ausbau sowie die bisherige Versorgung des Mobilfunknetzes im Bundesland zu diskutieren. Als Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder ist die Medienpolitik als ein Aspekt der Digitalisierung für Ministerpräsidentin Dreyer ein besonderes Thema. Neben einer thematischen Fokussierung in die Staatskanzlei gibt es in Rheinland-Pfalz zudem auch einen “Runden Tisch Radio”, in dem die Landesbevollmächtigte für Medien und Digitales, unterstützt von der Landeszentrale für Medien und Kommunikation, mit den Hörfunkveranstaltern des Landes über die Digitalisierung des Hörfunks in Rheinland-Pfalz diskutiert.


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Digitaler Staat 2020 – agil, legitim und elegant Zukunftsfähige Antworten auf die Herausforderungen der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung müssen agil, legitim und elegant sein. Diese drei Begriffe setzt der Kongress Digitaler Staat 2020, zu dem erneut Innovatoren, Modernisierer und Trendsetter zu intensiven Diskussionen apa azusammenkommen. art rtt vitall vit Ein zentrales Thema wird dabei die laufende Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) sein, die der Verwaltungsdigitalisierung derzeit sehr viel Dynamik verleiht. Dabei soll auch die Frage diskutiert werden, was nach der Umsetzung des OZG geschehen soll, um den Weg in die digitale Zukunft der Verwaltung erfolgreich fortzuentwickeln. responsive e Dorothee n vve desig design n Die Schirmherrschaft des Kongresses haben erneut Bär,gStaatsministerinnfür Digitalisierung im Bundeskanzleramt, und Bremens Finanz-fle ga g am mifica ca ation o on exiib bel staatsrat Hans-Henning Lühr Übernommen. Die begleitende Fachausstellung und verschiedene Side-Events bieten zudem die Möglichkeit, sich umfassend über Angebote für die digitale Verwaltung zu informieren sowie Netzwerke zu knüpfen digiita d tal al und zu pflegen.

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Mehr Interaktion – le eg eg ga al Neue Formate der Fachforen

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Die Vielfältigkeit der Themen des Kongresses werden auch bei der Präsentation und Diskussion der Inhalte ihren Niederschlag finden. So werden in den Fachforen verschiedene Formate genutzt, um für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Informationsgewinn und Interaktivität bestmöglich zu verknüpfen.

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Werkstatt Labor Fachforum

www.digitaler-staat.org

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Eine Veranstaltung des


Informationstechnologie / ÖFIT

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Behörden Spiegel / November 2019

Regelmäßige Themenseite in Kooperation mit:

KOMPETENZZENTRUM ÖFFENTLICHE IT (ÖFIT)

November 2019

Effizienter Vollzug braucht maschinenverständliches Recht Die Umsetzung rechtlicher Regelungen kann mit beträchtlichem Aufwand verbunden sein. Dabei kann die reibungslose digitale Umsetzung eines Gesetzes die Arbeit der Verwaltung erheblich vereinfachen. So eröffnen sich je nach Regelungsgegenstand Möglichkeiten von der medienbruchfreien Bearbeitung bis hin zum vollständig automatisierten Erlass eines Verwaltungsaktes, wie er im Verwaltungsverfahrensgesetz inzwischen angelegt ist. Aktuell zeigen sich noch zahlreiche Herausforderungen für automatisierte Verwaltungsverfahren. Ein Blick auf die Grundlagen des Verwaltungshandelns erlaubt die Identifikation der Gründe. Verwaltungshandeln wird von Regeln gesteuert, die in Gesetzen und Verordnungen kodifiziert und auf konkrete Lebenssachverhalte angewendet werden. Für die Automatisierung ist also wesentlich, inwieweit sich rechtliche Vorschriften in Software abbilden lassen. Hierfür werden die Weichen bereits in der Frühphase eines Gesetzgebungsverfahrens gestellt. Nur wenn der Vollzug bereits beim Entwurf des Gesetztes mitgedacht wird, lassen sich Herausforderungen von Beginn an adressieren.

Gegenwärtig gestaltet sich die Übertragung von Rechtsvorschriften in Code als mehrstufiger Übersetzungsprozess Grafik: BS/ÖFIT unterschiedlicher Adressaten. Bereits heute spielen informationstechnische Systeme eine wichtige Rolle im Gesetzesvollzug. In der Rechtssetzung bleibt dies jedoch oft unberücksichtigt. Deshalb müssen nach der Veröffentlichung von Gesetzen die für den Vollzug erforderlichen Verfahrensschritte definiert und in IT-Systeme implementiert werden. Dieser nachträgliche Übersetzungsprozess ist aufwändig und fehleranfällig. Mitunter lassen sich durchgehend digitale Prozesse und automatisierte Verfahren gar nicht mehr gewährleisten und erfordern nachträgliche Rechtsanpassungen, wie aktuell auch die Erfahrungen aus den OZG-Laboren zeigen. Eine konsequente Berücksichtigung des späteren Vollzugs bei der Entstehung von Gesetzen hilft diesen Mehraufwand

zu vermeiden. Wird das Gesetz zugleich in einem maschinenverständlichen Format verfasst, lässt sich die Umsetzung in IT-Systeme mit geringem Aufwand realisieren und teilweise oder vollständig automatisiert ausführen. Ein solches Vorgehen birgt das Potenzial zur fehlerfreien Umsetzung und konsistenten Anwendung des Rechts. Eine der zentralen Herausforderungen für automatisierungstaugliche Gesetze liegt in der Rechtssprache selbst. Definitionen zentraler Begriffe können sich zwischen oder sogar innerhalb von Rechtsgebieten je nach Gesetz beträchtlich unterscheiden. Darüber hinaus sorgen unbestimmte Rechtsbegriffe für eine dynamische Anpassung des Regelungsinhaltes an technische oder gesellschaftliche Entwicklungen. Soll

der Gesetzestext in Softwarecode überführt werden, bedarf es jedoch eindeutiger Definitionen und festgelegter Kriterien. Eine grundlegende Erleichterung der digitalen Umsetzung entsteht dadurch, die begriffliche Vielfalt und Varianz durch Harmonisierung und die Verwendung eines festen Begriffsraums einzuhegen. Dies erleichtert das Verständnis für Maschine und Mensch gleichermaßen. Eindeutige Begriffsdefinitionen und die Standardisierung von Rechtsbegriffen erleichtern ihre Verknüpfung mit digitalen Nachweisen. So lassen sich jeder Definition und ihrer konkretisierenden Ausprägungen eines standardisierten Begriffs eine oder mehrere Datenquellen zuzuordnen. Der Begriff verweist dann eindeutig auf

digitale Registerfelder, Urkunden oder andere digitale Datenquellen. Wird der Begriff »Wohnsitz« beispielsweise über die Meldeadresse definiert, kann der Begriff mit dem Melderegister als Datenquelle verknüpft werden. Voraussetzung hierfür sind standardisierte technische Schnittstellen für den Austausch von Daten zwischen den beteiligten Behörden. Schon bei der Rechtsetzung kann die Verfügbarkeit von geeigneten Datenquellen berücksichtigt werden. Durch das Heranziehen bereits vorhandener statt der Erhebung neuer Daten kann der Erfüllungsaufwand deutlich gesenkt werden. Die Visualisierung von Entscheidungsregeln und Vollzugsprozessen ist ein wichtiger Baustein, um den Rechtsetzungsprozess auf einen digitalisierungsfreundlichen Vollzug auszurichten. Grafische Prozessmodelle visualisieren die Abfolge der Aktivitäten und Entscheidungen. Ihre übersichtliche Darstellung erleichtert die Kommunikation zwischen den Verfasser:innen von Regulierungen und den am Vollzug beteiligten Akteur:innen. Dies erlaubt eine frühe Einbindung interdisziplinär zusammengesetzter Teams, durch die möglichst viele der relevanten Regelungs- und Umsetzungsaspekte bereits im Entstehungsprozess berücksichtigt werden können. Wie Maschinenverständlichkeit des Rechts gelingen kann und welche weiteren Grundlagen für die (Teil-)Automatisierung der Rechtsanwendung geschaffen werden müssen, lesen Sie im Impulspapier “Recht Digital – Maschinenverständlich und automatisierbar”: www.oeffentliche-it.de/publikationen.

Die Digitale Souveränität aktiv zurückholen

Hamburg vorne

Regierung und Verwaltung sind aktuell zu abhängig von einzelnen Unternehmen

Elbmetropole führt Smart City Index an

(BS/Wim Orth) Im digitalen Raum steht der Staat aktuell vor einem schwer lösbaren Dilemma: Einerseits müssen Hetze, Desinformation und sonstige Straftaten trotz einem häufig anonymen Auftreten der Verursacher rechtmäßig verfolgt und geahndet werden. Andererseits besteht ebenso eine Vorsorge- und Schutzpflicht, dem Einzelnen die Möglichkeit zu geben, sich auch digital frei zu entfalten. Im Rahmen der Herbsttagung der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister, kurz Vitako, diskutierten Vertreter der kommunalen Ebene mit dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Ulrich Kelber, sowie der Digitalpolitikerin Elvan Korkmaz, MdB aus der SPDBundestagsfraktion, welche Hürden zu nehmen sind, um das Land im digitalen Raum souverän aufzustellen.

(BS/wim) Der Digitalverband Bitkom hat 81 Großstädte in puncto Digitalisierung untersucht. Zu erreichen war ein maximaler Gesamtwert “Smart City Index” von 100 Punkten. Mit 79,5 Punkten geht Hamburg als Gewinner hervor. Den zweiten und dritten Platz belegen Karlsruhe (69 Punkte) sowie Stuttgart (68,6 Punkte), wie eine Untersuchung von Bitkom Research ergab.

Für eine nachhaltige Datensouveränität und Datenfreiheit sieht Diplom-Informatiker Kelber dabei einen grundlegenden Datenschutz als wichtige Basis an. Zudem sei “das Gefühl des Unbeobachtet-seins eine Grundlage für den freien, pluralen digitalen Raum”, so der Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung. Um einen einheitlichen Rechtsrahmen für das ganze Land zu schaffen, müssten Rechtsbegriffe und IT-Standards harmonisiert werden. In diesem Zusammenhang müsse man auch prüfen, ob das aktuell diskutierte Datencockpit der Bundesregierung ausreiche, um die Menschen ausreichend vor ungewollten Datenzugriffen zu schützen. Denn das Datencockpit in seiner aktuellen Form zeige zwar an, welche Informationen welcher Behörde zur Verfügung stünden, die daraus abgeleiteten Daten, die man in einer Zweit- und Drittnutzung verarbeiten könnte, seien jedoch nicht erfasst, mahnt Kelber. Der Datenschützer sieht die Datenschutzgrundverordnung der Europäischen Union als wichtiges Werkzeug auf dem Weg zu einer Digitalen Souveränität, denn das Dokument schaffe einen verbindlichen Rechtsrahmen für alle Seiten. Nur mit einem solchen Rahmen erhielten die Bürger “überhaupt erst die Möglichkeit, die Nutzung ihrer Daten zu kontrollieren und tatsächlich zum Souverän zu werden”, so Kelber.

Sieht die digitale Daseinsvorsorge als Basis für digitale Souveränität und Grundrecht der Bürger an, für die der Staat zu sorgen habe: Elvan Korkmaz aus der SPD-Bundestagsfraktion. Foto: BS/Tobias Koch

Bevor man über die Gestaltung digitaler Souveränität spreche, müsse man diese allerdings erstmal zurückgewinnen. So sei der Bundestag als zentrales Organ der deutschen Demokratie aktuell höchst abhängig von Produkten des IT-Giganten Microsoft, bemängelte in diesem Zusammenhang Elvan Korkmaz, die als Gastgeberin von Parlamentarischer Seite aus in den Clubraum des Deutschen Bundestages geladen hatte. “Das ist keine digitale Souveränität, sondern stellt stattdessen die Handlungsfähigkeit und Freiheit des Hauses infrage”, erklärte Korkmaz. Die digitale Daseinsvorsorge sei ein Grundrecht der Bürger und gleichzeitig eine Pflicht, der der Staat nachzukommen habe. Dabei dürfe die “IT-Konsolidierung nicht zu einer Konsolidierung der bestehenden IT-Platzhirsche werden”, so die Digitalpo-

litikerin. Stattdessen müssten technische Kompetenzen aufgebaut und Regularien für die Anwendung freier Codes, offener Standards und interoperabler Systeme geschaffen werden, um bestehende Abhängigkeiten abzubauen. Zudem müsse der Staat die Hersteller zur Transparenz verpflichten, beispielsweise durch die Offenlegung von Quellcodes. Auch Hans-Henning Lühr, Staatsrat beim Bremer Finanzsenator und diesjähriger Vorsitzender des IT-Planungsrates, sieht mehr aktives Vorgehen von Seiten des Staates für notwendig an. Um eine echte staatliche Souveränität im digitalen Raum zu erreichen, brauche es vor allem reale Konsequenzen: “Bei uns in Bremen haben wir beispielsweise dafür gesorgt, dass Governikus wieder zu 100 Prozent in der Hand von Stadt und

Land liegt. Nur so haben wir die volle Kontrolle und können für die bestmögliche Sicherheit der Daten sorgen”, so Lühr. Um darüber auf bundesweiter Ebene zu diskutieren, habe man in diesem Jahr eine Tagung zur Digitalen Staatskunst ins Leben gerufen, die auch im kommenden Februar wieder ausgerichtet werde. Kernthema solle dann die digitale Daseinsvorsorge mit besonderem Fokus auf Datenschutz und Datenkontrolle sein. Aber nicht nur auf Bundesebene sollten diese Diskussionen geführt werden, forderte VitakoVorstand Dr. Johann Bizer. Der Vorstandsvorsitzende des norddeutschen Informations- und Kommunikationsdienstleisters Dataport forderte die Anwesenden dazu auf, auch im europäischen Rahmen zu denken und damit ein Gegengewicht aufzubauen, vor allem gegenüber den Vereinigten Staaten: “Es ist nicht auszuschließen, dass diese USamerikanische Administration im Handelsstreit damit droht, die Software amerikanischer Unternehmen in Europa stillzulegen”, so Bizer. Daher müssten die IT-Dienstleister der öffentlichen Verwaltung ihrer besonderen Verantwortung gerecht werden. Dazu gehöre einerseits, “durch Verhandlungsmacht Einfluss zu nehmen”, andererseits aber auch, auf Alternativen zu setzen: “Aber auch wenn wir eigene Lösungen bauen, schaffen wir das nur gemeinsam”, so das Vitako-Vorstandsmitglied.

In den Top Ten folgen Berlin (68,1 Punkte), München (67,7 Punkte), Heidelberg (65,6 Punkte), Bonn (62,4 Punkte), Köln (62,3 Punkte), Dortmund (61,7 Punkte) und Darmstadt (61,1 Punkte). Am Ende der Gesamtwertung rangieren Remscheid (27,4 Punkte), Bergisch Gladbach (21,7 Punkte) und Salzgitter (20,5 Punkte). “Eine große Überraschung ist, dass es nicht nur in Städten mit hoher Pro-Kopf-Verschuldung oder in strukturschwachen Regionen großen Nachholbedarf gibt. Wo aktuell noch Lethargie herrscht, wollen wir mit dem Smart City Index wachrütteln”, erklärte Bitkom-Präsident Achim Berg.

Mannheim hat die smarteste Verwaltung Für die Bewertung und Analyse wurden fünf verschiedene Themenfelder untersucht. Der Gesamtspitzenreiter führt in den Teilrankings der Themen Energie und Umwelt (61,4 Punkte) und Gesellschaft (89,3 Punkte). “Hamburg erreicht in allen fünf untersuchten Themenfeldern Spitzenwerte und ist damit ein Vorbild für viele Smart-City-Initiativen in Deutschland”, sagte Berg in diesem Zusammenhang. In dem Themenfeld smarteste Verwaltung belegt Mannheim mit 77,6 Punkten den ersten Platz. Beim Thema Mobilität liegt Stuttgart mit 97,0 Punkten vorne und die beste digitale Infrastruktur hat Köln (83,5 Punkte).

“Städte in Baden-Württemberg und Hessen schneiden im Mittel besser ab als der Durchschnitt. Keine Unterschiede gibt es zwischen den Städten in Ost- und Westdeutschland. Zwar verfügen ostdeutsche Städte über eine schlechtere digitale Infrastruktur, können das aber in der Gesamtwertung durch bessere Ergebnisse in gesellschaftlichen Aktivitäten ausgleichen” so Berg.

7.800 Datenpunkte erfasst Für den Smart City Index haben Experten von Bitkom Research insgesamt rund 7.800 Datenpunkte erfasst, überprüft und qualifiziert. Analysiert und bewertet wurden alle 81 Städte mit mindestens 100.000 Einwohnern in den fünf Themenbereichen Verwaltung, IT- und Telekommunikations-Infrastruktur, Energie und Umwelt, Mobilität sowie Gesellschaft. Die fünf Bereiche fächern sich in 35 Indikatoren auf, die wiederum aus insgesamt 96 Parametern bestehen – von Online-BürgerServices über Sharing-Angebote für Mobilität und intelligente Mülltonnen bis zur Breitbandverfügbarkeit. Vor Veröffentlichung wurde den Städten Gelegenheit gegeben, die Daten zu prüfen und zu ergänzen. Das vollständige Ranking der 81 deutschen Großstädte inklusive aller Ergebnisse in den Teilbereichen ist als interaktive Online-Karte unter www.bitkom. org/smart-city-index verfügbar.


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Foto: BS/Dell

Dell Technologies Forum 2019 in Berlin So sichern sich Kommunen ihren Vorsprung im digitalen Zeitalter Mehrmals im Jahr findet an unterschiedlichen Orten in ganz Deutschland das Dell Technologies Forum statt. Hier offeriert einer der w ­ eltweit führenden IT-Anbieter die Chance zum persönlichen Dialog von Experten für Experten – aktuell am 19. November 2019 in Berlin. Im Rahmen dieser eintägigen Veranstaltung haben diesmal neben Unternehmen auch Kliniken und Behörden die Gelegenheit, innovative­ Lösungen und Strategien zeitgemäßer IT-Transformation näher kennenzulernen. Im Fokus stehen dabei Themen wie nachhaltige ­Beschaffung, digitale Bildung sowie Datensicherheit.

D

ten berücksichtigt werden? Und konnte das Unternehmen den wie kann man ihren Lebenszy- Energieverbrauch seiner Proklus erhöhen? dukte um 60 Prozent verringern. Genau hier verfolgt Dell Tech- Denn sämtliche IT-Komponenten nologies eine konsequente Denk- sind auf Wiederverwertbarkeit weise. Schließlich erfüllen gerade ausgerichtet. Zudem wurden öffentliche Einrichtungen eine seit dem Jahr 2008 rund 45.000 enorme Vorbildfunktion und Tonnen recycelten Kunststoffs sollten aufgrund ihres Einflusses und zurückgewonnener Kohlemit gutem Beispiel vorangehen. fasern für die Produktion neuer Wann immer es um IT-Investiti- Produkte wiederverwertet. Es onen geht, dürfen im Zuge der ist also durchaus möglich, als “Digital City” – die digitale Auftragsvergabe nicht nur Fra- öffentliche Einrichtung einen Kommune der Zukunft gen der Kosten ausschlaggebend wettbewerbsfähigen Anschluss Sprich: Sie nutzt die techni- sein, sondern auch solche der ans digitale Zeitalter zu realisieschen Möglichkeiten für einen Nachhaltigkeit. Daher begrüßt ren und gleichzeitig Aspekte der optimierten Service für Bürgerin- Dell Technologies, dass auch Energieeffizienz zu wahren. Auf nen und Bürger, eine effiziente die Europäische Kommission dem Dell Technologies Forum in Organisation des Öffentlichen konkrete Maßnahmen ange- Berlin erfahren Entscheidungskündigt hat, träger von Behörden, wie sie diePersonenum nachhal- ses bislang oft vernachlässigte nahvertiges Handeln Potenzial in Zukunft optimaler kehrs, in“45 Milliarden Euro ITzu priorisieren ausschöpfen können. telligentes Investitionen bis zum (Europäische Als Corporate Sustainability Energie- und Jahr 2011– wo bleibt die Kommission, Director ist Louise Koch verGebäudema“Eine funkti- antwortlich für globale Belange nagement, Nachhaltigkeit?” onierende öf- von Dell Technologies. Neben reibungslose fentliche Auf- dieser Funktion ist sie VorsitAbläufe im Gesundheitswesen, der Bildung tragsvergabe in und für Europa”, zende des Nachhaltigkeitsrates und, und, und. Dieses Thema ist 3. Oktober 2017). des dänischen Verbandes der also ungemein vielschichtig. Die IT-Industrie. Louise Koch beAspekte Nachhaltigkeit, digitale Den Schulterschluss wagen kleidet überdies viele weitere – gemeinsam agieren Bildung und Datensicherheit Positionen an der Schnittstelle sind in diesem Kontext nur drei Wissen und Fortschritt leben eines aktiven Regierungsdialogs von insgesamt vielen Herausfor- von aktivem Wissensaustausch. zwischen IT-Anbietern und Komderungen einer “Digital City”. Auf Erst wenn Experten aus allen munen. Behörden haben auf dem Dell Technologies Forum in Bereichen den Schulterschluss dem Dell Technologies Forum Berlin bekommen insbesondere wagen und sich gemeinsam den die Möglichkeit eines professiVertreter von Behörden Einblick digitalen Herausforderungen onellen Gedankenaustausches unserer Zeit stellen, trägt Um- mit Louise Koch sowie weiteren in die facettenreichen Details. Das Thema Nachhaltigkeit ist denken Früchte und werden kompetenten Speakern. wichtiger denn je. In sämtli- Veränderungen nicht nur pure chen Bereichen unseres Lebens Absichtserklärung, sondern ge- Digitale Bildung – von ­Anfang am Puls der Zeit rücken Fragen eines verant- lebte Realität. wortungsvollen Umgangs mit In diesem Sinne definiert Dell Öffentliche IT-Transformation Ressourcen sowie einer Mini- Technologies klare Handlungs- hat viele Gesichter. Ein Verständmierung von Schadstoffausstoß aufforderungen an die öffentliche nis der digitalen Welt sowie der und Energieverbrauch zuneh- IT-Beschaffung. Man unterstützt Umgang mit entsprechenden mend in den Vordergrund – so internationaMedien beauch im IT-Sektor. Die dies- le Leitlinien stimmen heubezüglichen Ausgaben der öf- und teilt Erte nicht nur “Wissen aus erster fentlichen Hand liegen allein kenntnisse, unseren priHamd – Keynote-­ in der EU bis zum Jahr 2021 d i e d a b e i vaten, sondern Speaker Louise Koch” bei insgesamt geschätzten 45 helfen, auf auch den beMilliarden Euro. Höchste Zeit B a s i s v o n ruflichen Allalso, dem Faktor Nachhaltigkeit Best-Practitag. Überdies in diesem Zusammenhang mehr ce-Beispielen Zeichen in der wird das Vo­ranschreiten der DiAufmerksamkeit zu widmen: nachhaltigen IT-Transformation gitalisierung unsere Arbeitswelt Welche sozialen und ökologi- zu setzen und neue Maßstäbe weiterhin massiv verändern sowie schen Aspekte müssen bei der zu postulieren. Regional wie in- völlig neue Berufsbilder hervorBeschaffung von IT-Komponen- ternational. Seit dem Jahr 2012 bringen. Umso wichtiger, dass

as Schlagwort “Digital City” bzw. “Smart City” ist im öffentlichen Bereich heute ein oft genannter Begriff. Dahinter steht genau genommen eine Fülle an unterschiedlichen, komplexen Aufgabenstellungen. Denn zeitgemäße IT-Transformation bedeutet, dass eine Kommune sämtliche Prozesse und Arbeitsabläufe digitalisiert.

dieses Thema bereits im Rahmen der Ausbildung eine zentrale Rolle einnimmt, um Schülerinnen und Schüler für diesen Gedanken zu sensibilisieren und gezielt auf ihren zukünftigen globalen Weg vorzubereiten – idealerweise schon im Unterricht der Grundund Sekundarstufe.

und zwischen Lernenden, Eltern sowie Lehrern geteilt werden – ganz zu schweigen von einer stetigen Weiter- und Fortbildung der Lehrkräfte? Auf dem Dell Technologies Forum gewinnen Entscheider von Bildungseinrichtungen wertvolle Einsichten in Strategien für erfahrungsbasiertes digitales Lernen, das alle DigitalPakt Schule – 5,5 Mil- Beteiligten fit für die Zukunft liarden Euro in fünf Jahren macht und den Vorgaben des Dazu haben sich Bund und DigitalPakts Schule entspricht. Länder am 17. Mai 2019 auf Das digitale Zeitalter bedeuden DigitalPakt Schule geeinigt, tet für öffentliche Einrichtundessen Ziel es ist, die Digitalisie- gen permanent steigende neue rung an deutschen Schulen vo- Anforderungen. Nicht erst seit ranzutreiben. Inkrafttre5,5 Milliarden ten der DaEuro sollen t enschutz“Digital Security – Grundverhierfür in den wie lässt sich innovative o r d n u n g nächsten fünf Datensicherheit Jahren inves(DSGVO) im tiert werden. April 2016 ­realisieren?” Natürlich stesehen sich hen Bildungsauch Behöreinrichtungen in dieser Hinsicht den mit komplexen Fragen der vor immensen Herausforderun- Datensicherheit konfrontiert. gen. Denn das oft zitierte “vir- Bereits im Juni 2015 verabschietuelle Klassenzimmer” ist zwar dete der Bundestag zudem das in aller Munde, in den meisten IT-Sicherheitsgesetz, das BeSchulen jedoch noch lange nicht treiber Kritischer InfrastruktuRealität. Es reicht definitiv nicht, ren (KRITIS) diesbezüglich zur einzelne Notebooks oder inter- Einhaltung strenger Kriterien aktive Screens anzuschaffen, verpflichtet. Welche Konsequenda dies genau gesehen ledig- zen hat dies im Detail? Worauf lich Stückwerk wäre. Für eine muss man genau achten, um bei erfolgreiche IT-Transformation der Zurverfügungstellung sowie braucht man mehrere Kompo- dem Austausch von Informatinenten wie beispielsweise ein onen die aktuellen technischen flächendeckendes WLAN, inno- und gesetzlichen Standards zu vative Endgeräte für Lehrer und Schüler, schnelles Internet sowie eine hochperformante CloudAnbindung. Es bedarf also vielmehr eines ganzheitlichen Konzepts und einer leistungsstarken IT-Infrastruktur, die generellen Hier treffen Experten auf ExperFragestellungen entspricht und ten. Freuen Sie sich auf einen Dialog auf Augenhöhe zum unter Wahrung aller relevanten Thema IT-Transformation in BeAspekte den Weg ins digitale hörden. Das Event findet am 19. Zeitalter ebnet – selbstverständNovember 2019 in Berlin, STATIlich inklusive einer finanziellen ON Luckenwalder Straße 4 – 6, sowie langfristigen Investitionsvon 9 bis 18 Uhr statt und ist für und Planungssicherheit. alle Interessenten kostenfrei. Es Doch wie lassen sich alle Teilerwarten Sie zahlreiche Keynonehmer und technischen Komtes und spannende Breakoutponenten einbinden? Und wie Sessions. Weitere Informationen können nicht nur Lerninhalte, finden Sie im Internet. sondern auch Schülerdaten und Fortschritte zeitnah dokumentiert

erfüllen? Fragen der Sicherheit sind ein elementarer Bestandteil jeder IT-Transformation. Genau deshalb gibt es den “UP KRITIS” – eine öffentlich-private Kooperation zwischen Betreibern Kritischer IT-Infrastrukturen sowie den staatlich zuständigen Stellen. Erklärtes Ziel dieser Partnerschaft ist ein praxisnaher Wissenstransfer. Dazu zählen beispielsweise die Förderung robuster, datenrelevanter Prozesse, die Definition klarer Benchmarks, eine gemeinsame Einschätzung und Bewertung der damit verbundenen Risiken sowie Learnings in Sachen gezieltes Krisenmanagement. Kurz: Alle darin involvierten Organisationen, die im Raum Deutschland kritische IT-Umgebungen betreiben oder transformieren, profitieren in puncto Datensicherheit von einem gelebten, aktiven Erfahrungsaustausch und können rechtliche ebenso wie richtungsweisende Maßgaben umso besser erfüllen. Um an den strategisch-konzeptionellen Zielen und Projekten des “UP KRITIS” mitzuwirken, können alle Teilnehmer die Aufnahme in Arbeitskreise beantragen. Auf dem Dell Technologies Forum erfahren Unternehmen sowie Behörden und Kommunen, worauf sie in diesem Zusammenhang achten sollten, um ihren Anschluss ans digitale Zeitalter zu wahren.

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Informationstechnologie

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Behörden Spiegel / November 2019

Datenhoheit sichern

Vorbild Litauen

Die Suche nach der digitalen Souveränität des Staates

Steuererklärung in einer Minute

(BS/Horst Robertz) Nicht nur jeder Einzelne, auch der Staat selbst steht vor der Herausforderung, im Kontext der Digitalisierung seine Datenhoheit (BS/wim) Dass das Baltikum der Bundesrepublik in Sachen Verwaltungszu sichern. Dabei geht es um mehr als IT-Sicherheit – es geht um digitale Souveränität, die Schaffung des geeigneten Rahmens für Datenschutz digitalisierung ein ganzes Stück voraus ist, sollte inzwischen keine Neuund Selbstbestimmung über Daten. igkeit mehr sein. Deswegen haben die Veranstalter der Smart Country Convention nach ebenfalls stark digitalisierten Dänen im vergangenen Leistungsfähig­ hilfe eigener Schutzmaßnahmen, Jahr für 2019 Litauen als Partnerland mit ins Boot geholt. Staatliche Institutionen leiden

unter einem Vertrauensver­ lust – sowie unter wachsendem Misstrauen gegenüber anderen Staaten. Die Bedrohungslage ge­ genüber IT-Infrastrukturen hat sich in letzter Zeit durch neue Ge­ fahrenquellen und Geräte sowie Cyber Crime grundlegend gewan­ delt. Mit dem IT-Sicherheitsgesetz hat Deutschland bereits wichtige Schritte hin zu einer sichereren Infrastruktur getan. Das Misstrauen der Staaten manifestiert sich in einer IT-tech­ nischen Abgrenzung. Es werden Stimmen laut, die fordern, dass nur noch Technologien Vertrauen geschenkt werden soll, die im ei­ genen Land bzw. im europäischen Kontext entstanden sind. Doch eine solche Abwehr bestehender und international anerkannter Technologie ist keine sinnvolle Lösung. Denn zum einem sollten sich alle darüber bewusst sein, dass IT-Sicherheit eine globale Thematik ist, bei der das Know-

keit bestehender Lösungen heran­ kommen – bei höheren Kosten und längeren Pro­ Horst Robertz ist Director Public Sector & Healthcare jektzeiten. Hoff­ bei VMware. nungsvoll stimmt in diesem Zusam­ Foto: BS/VMware menhang die Tat­ sache, dass eine kleine Hintertür how vieler Kräfte definitiv mehr zu internationalen Partnerschaf­ erreichen kann als die Fähigkei­ ten offengeblieben ist. Eine empfehlenswerte Reaktion ten einer einzelnen Nation. Und zum anderen kann man schon auf die Bedrohungslage und den aus monetären und Kapazitäts­ Vertrauensverlust der Staaten gründen nicht die global vor­ untereinander wäre es, Koopera­ handenen IT-Technologien und tionen mit Anbietern einzugehen, Produkte, die Stand der Technik deren Produkte weit verbreitet sind, einfach nachbauen. Ich sind. Diese stellen die Grundlage sehe mit Skepsis, dass die Eu­ sicherer Infrastruktur, die dann ropäische Union sehr viel Geld durch spezielle nationale Lösun­ und auch Zeit in IT-Projekte in­ gen ergänzt wird. Den Rat, den vestiert, in denen ausschließlich man den Behörden hier geben europäischen Unternehmen au­ kann, ist, sich auf die innova­ tarke Produkte erzeugen sollen, tivsten und besten Produkte am die aber zumeist nicht an die Markt zu verlassen und sie mit­

Eine umfassendere Version des Beitrags finden Sie auf dem VMware Blog unter: blogs.vmware. com/EMEA/ .

Für Raunen im Publikum sorgte dabei die völlig selbstverständ­ lich vorgetragene Aussage des litauischen Außenministers Linas Antanas Linkevičius, dass die jährliche Steuererklärung für den durchschnittlichen Litauer Bür­ ger in ungefähr einer Minute ab­ geschlossen ist. Sämtliche Daten würden aus dem vorherigen Jahr übernommen und mithilfe von vollständig offenen und einheit­ lich verwalteten Bürgerdaten di­ gital auf Aktualität gegengeprüft. Anschließend müsse der Bürger nur noch selbst überprüfen, ob alles seine Richtigkeit hat, und könne entweder Angaben ändern oder die Erklärung vollständig digital einreichen. Vizekanzler Deividas Matulionis ergänzt, dass es die digitale Steu­ ererklärung in Litauen zudem bereits seit 15 Jahren gibt. Auch den für digitale Verwal­ tungsleistungen zwingend not­

Konsequente Automatisierung

E

in Beteiligungsmanage­ ment auf Landesebene hat dabei vor allem zum Ziel, ein nachhaltiges Management und Controlling zu etablieren. Da­ raus ergeben sich umfangreiche Anforderungen wie bspw. eine Beteiligungsverwaltung unter einheitlichen fachlichen, wirt­ schaftlichen und organisatori­ schen Gesichtspunkten sowie ein Beteiligungscontrolling, also die Steuerung anhand aussage­ fähiger Bilanzen und Leistungs­ daten. Weitere wichtige Faktoren sind die Beratung der Mandats­ träger zu Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten und dem Personalmanagement (Man­ datsbetreuung) sowie die Aus­ arbeitung von Richtlinien zur Auswahl des Personals und der Führungskräfte für die Beteili­ gungsgesellschaften. Zudem wird jährlich die Erstellung eines Be­ teiligungsberichts forciert, der die Öffentlichkeit mit ausgewählten Informationen zu den Beteiligun­ gen versorgt. “Eine hinreichende Ausstattung des Beteiligungsmanagements mit den erforderlichen Ressour­ cen ist notwendig, um den He­ rausforderungen strategischer

beispielsweise durch nationale individuelle Technologie an den Endpunkten oder über- wie un­ tergeordnete technische additive Ebenen, zu optimieren. Dieser Kompromiss zwischen bestmögli­ cher Technik und bestmöglichem Schutz auf der einen Seite und der Wahrung nationaler Interes­ sen auf der anderen Seite ist die Philosophie von VMware, die wir den Behörden und der öffentli­ chen Hand als gangbaren und sinnvollen Weg anbieten. Fazit: Sinnvoller als nationale Experimente sind Partnerschaf­ ten. Verwaltung und Industrie sollten offen und transparent miteinander kommunizieren und eine nachhaltige Gesamtstrategie verfolgen, an der sich alle Betei­ ligten orientieren können.

Mehr Transparenz in der Beteiligungsverwaltung der Länder (BS/Stephan Göttlicher) Alle 16 Bundesländer sind an Unternehmen beteiligt. Auch wenn je Bundesland unterschiedliche Akzentuierungen auftreten, so gibt es einen gemeinsamen Nenner: die Sicherung der Standortqualität und die Verbesserung der Standortfaktoren, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Beteiligungssteuerung gerecht werden zu können.” So eine der Handlungsempfehlungen, die das Präsidium des Deutschen Städtetages mit Blick auf ein er­ folgreiches Beteiligungsmanage­ ment identifiziert hat. Ergänzend möchte ich hinzufügen, dass eine adäquate IT-Unterstützung dabei unerlässlich ist.

So sieht adäquate IT-Unterstützung aus In der praktischen Ausgestal­ tung des Beteiligungsmanage­ ments ist neben der personellen Ausstattung auch die adäquate IT-Unterstützung anzuraten. Mit der fortschreitenden Digitalisie­ rung der Verwaltungsprozesse und zunehmend komplexen Compliance-Vorgaben steigen die Anforderungen. Zunächst sollte das IT-Verfah­ ren als Single Point of Informati­ on mit allen relevanten Details/

liche Änderungen müssen in einem unveränderlichen Protokoll doku­ mentiert werden. Stephan Göttlicher ist Business Development Manager Durch die voll­ Public Sector / Travel bei der automatische Be­ PASS Consulting Group. richtsgenerierung sind jederzeit qua­ Foto: BS/PASS Consulting Group litativ hochwertige Aussagen zu den Beteiligungen und Arbeitsvorgängen interagieren. deren Verhältnis zueinander (un­ Dies beinhaltet die automati­ mittelbare und mittelbare Quo­ sche, intelligente Sortierung von ten) möglich – auch außerhalb Daten und die Sicherstellung der Berichtszyklen. Sämtliche einer stimmigen, widerspruchs­ Compliance-Anforderungen, wie freien Perspektive auf die Betei­ z. B. die Nachvollziehbarkeit al­ ligungen. Durch Eingabe eines ler Datenpflegevorgänge und die Stichtags muss das Verfahren gesellschaftsrechtlich korrekte alle Inhalte mit der entspre­ Darstellung von Beteiligungsver­ chenden Gültigkeit anzeigen hältnissen, müssen abgebildet und für das Berichtswesen zur werden. Hilfreich ist dabei die Verfügung stellen. Dabei müssen sogenannte Konzernspinne, die Dateneinträge – auch rückwir­ einfach zu erzeugen ist und bei kend – korrigierbar sein. Sämt­ Änderungen am Beteiligungs­

geflecht automatisch angepasst wird. Das Beteiligungsmanagement ist auf die Zulieferung von Da­ ten aus den verbundenen Ge­ sellschaften angewiesen. In der Praxis sind diese Daten oftmals lückenhaft. Insofern muss das Verfahren in der Lage sein, auch aus unvollständigen Daten ein schlüssiges Gesamtbild abzulei­ ten. Das Verfahren sollte auch in der Lage sein, “Umgebungsda­ ten” (Wirtschaftsprüfer, weitere Gesellschafter etc.) zu den Be­ teiligungen zu verwalten. Zuge­ lieferte Dokumente (z. B. Bilan­ zen), müssen in einer Datenbank verwaltet und bei der Erstellung des Beteiligungsberichts auto­ matisch an der richtigen Stelle eingefügt werden. Danach muss das Verfahren in die bestehende Systemland­ schaft integriert werden. Hierfür sind bidirektionale Schnittstel­

wendigen, tiefgreifenden Daten­ schutz hat das Land offenbar im Griff. Laut Vizekanzler Matulionis ist das Land im ITU-Index für Cyber-Sicherheit in den letzten Jahren bis auf den vierten Rang geklettert – weltweit. Hierfür habe man die Cyber-Sicherheit kom­ plett in einer Einheit im Vertei­ digungsministerium konsolidiert.

EU-Mitgliedschaft als Treiber der Digitalisierung Ein wichtiger Faktor für die digitale Erfolgsgeschichte sei dabei die Osterweiterung der Europäischen Union gewesen: “Die EU-Mitgliedschaft hat po­ litische Barrieren abgebaut und die digitale Welt erlaubt uns, geografische und bürokratische Grenzen zu überwinden, in­ dem wir Wirtschaft und öffent­ liche Dienstleistungen ständig verbessern und erweitern”, so Matulionis.

len notwendig, die einen medi­ enbruchfreien Datenaustausch ermöglichen. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil das Betei­ ligungsmanagement in vielen Kommunen mithilfe von Excel realisiert wird. Insofern ist der Import von CSV-Dateien unab­ dingbare Voraussetzung für ein passendes Verfahren, gerade im Zuge der “Datenfütterung” zu Beginn der Umstellung.

Aufwand runter – Rechtssicherheit hoch Die – nicht abschließende – Aufzählung der Anforderun­ gen macht deutlich, dass eine organisatorische Abbildung mit Bürosoftware, Listen und Tabellen nicht das Mittel der Wahl für ein erfolgreiches Betei­ ligungsmanagement der Länder sein kann. Vielmehr sind eine passgenaue Analyse des Bedarfs und eine Entscheidung für ein leistungsfähiges und effizientes Verfahren notwendig. Denn nur durch eine konsequente Auto­ matisierung wird der Aufwand bei der Beteiligungsverwaltung und -steuerung gesenkt und eine hohe Rechtssicherheit si­ chergestellt.



Informationstechnologie

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“Der Rechner muss mit mir reden” Stadt Zeitz digitalisiert erfolgreich Beteiligungsmanagement (BS) Verwaltungsabläufe müssen immer effizienter organisiert und Personalressourcen geschont werden. Kerstin Hoffmann, Stabsstellen­ leiterin Controlling der Stadt Zeitz, zeigt, wie die Digitalisierung des Beteiligungsmanagements dabei helfen kann. Seit 2018 liegt das Beteiligungs­ management der Dom- und Residenzstadt Zeitz im Verant­ wortungsbereich einer einzigen Frau, Kerstin Hoffmann. Sie ist seit 2012 Leiterin der Stabsstelle Controlling und damit direkt dem Oberbürgermeister unterstellt. Als ehemalige Kämmerin begleite­ te sie 1991 bereits die Gründung der Eigengesellschaften und -be­ triebe und arbeitet seit über 20 Jahren eng mit den städtischen Unternehmen zusammen. Die Konsolidierung des städ­ tischen Haushaltes und die ge­ stiegenen Anforderungen der Aufsichtsbehörden veranlassten die Powerfrau dazu, das städti­ sche Beteiligungsmanagement auf eine ganzheitliche Soft­ warelösung umzustellen. Bereits in der Vergangenheit hatte Kerstin Hoffmann erste Schritte unternommen, das Stamm- und Finanzdatenma­ nagement zu digitalisieren. “Als unsere alte Software den Anfor­ derungen nicht mehr gerecht wurde, stand außer Frage, dass wir uns auf eine neue Anwendung konzentrieren”, erklärt Hoffmann. Ziel war es, ein System zu beschaffen, das Ad-hoc-Analysen und eine schnelle Stammdaten­ verwaltung ermöglicht. Mit der Beteiligungsmanagementplatt­ form fidas Software der Leipziger Saxess AG hat sie ein System gefunden, das diese Ansprüche

mir sehr wichtig.” Zum Umgang mit fidas Software resümiert sie: “Die Bedienung des Programms ist schnell erlernt und entlastet den Arbeitsalltag.” Ein weiteres Ziel war die soft­ waregestützte Erstellung des Beteiligungsberichts. Die Be­ dingungen: Ein automatischer Export als Word-Datei erlaubt spezielle Einfügungen in die Berichtsmaske. Zudem können Vorab-Auswertungen zur internen Verwendung im Word-Format weiterverarbeitet werden. Die Die im Süden Sachsen-Anhalts gelegene Stadt Zeitz hat das städtische neue Anwendung macht beides Beteiligungsmanagement auf eine ganzheitliche Softwarelösung umgestellt. möglich und erleichtert so die Foto: BS/Saxess AG Berichtserstellung. Aber nicht nur das stößt auf Begeisterung: erfüllt. Die Erwartungen waren einfachem Lizenzmodell, für die “Aufgrund der aussagekräftigen hoch: weniger Zeitaufwand, en­ kein Expertenwissen notwendig Grafiken liest sich der Beteili­ ger Kontakt zum Anbieter und ist”, so Hoffmann. “Ich sage im­ gungsbericht besser als zuvor. eine unkomplizierte Menüfüh­ mer, der Rechner muss mit mir Das kommt gut bei Bürgern, rung. “Ich wollte eine Lösung mit reden. Nutzerfreundlichkeit ist Stadträten und Unternehmen an”, freut sich Hoffmann. Die Ein­ zelkämpferin weiß, wie wichtig ein ausgereiftes Controlling für die Finanzwirtschaft und Haus­ haltspolitik einer Kommune ist: “Daher bauen wir die Nutzung des Systems weiter aus. Beispielswei­ se hilft es uns dabei, veränderte Gesellschaftsstrukturen zwischen den unterschiedlichen Akteuren abzustimmen. Das hat die Kom­ munikation auf ein völlig neues Level gehoben und bestärkt uns darin, dass wir mit unserem di­ gitalen Beteiligungsmanagement auf dem richtigen Weg sind.” Die Beteiligungsmanagementplattform fidas Foto: BS/Saxess AG

Behörden Spiegel / November 2019

Dortmund Declaration Erklärung auf Digitalgipfel veröffentlicht (BS/wim) Die Bundesregierung hat Ende Oktober ihren alljährlichen Digitalgipfel veranstaltet. In Dortmund ging es dabei rund um das Thema Daten und Plattformen für die digitale Zukunft. Im Rahmen des Gipfels wurde dabei unter Federführung des ausrichtenden Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eine sogenannte “Dortmund Declaration” mit digitalen Zielen der Regierung veröffentlicht. Um digitale Plattformen nach­ haltig mit Nutzen für die Allge­ meinheit aufbauen zu können und gleichzeitig die darin ver­ arbeiteten Daten bestmöglich zu schützen, werden darin drei Punkte besonders hervorgeho­ ben:

Umfassende ­Datensouveränität Erstens brauche es eine umfas­ sende Datensouveränität für alle Akteure der Gesellschaft sowie sichere Cloud-Lösungen, um Plattformen “Made in Europe” sinnvoll, sicher und zum Nut­ zen aller aufbauen und betrei­ ben zu können. Dabei müssten zudem “digitale Identitäten si­ cherer und vertrauensstiftende Datenteilungsverfahren gestärkt werden”, so die Erklärung. Nur mit solchen Möglichkeiten sei es beispielsweise möglich, die Potenziale Künstlicher Intelligenz vollständig auszuschöpfen.

Flächendeckendes ­Gigabitnetz Zweitens müsse das Gigabitnetz in Deutschland flächendeckend und leistungsstark ausgebaut werden “für eine wettbewerbs­

fähige Plattformökonomie in Deutschland”. Hier will der Bund gemeinsam mit den Telekom­ munikationsbetreibern daran arbeiten, die Gigabitnetze in die Fläche zu bringen und zudem bis Ende 2020 mindestens die 20 größten Städte mit dem neuen 5G-Standard auszustatten. Zu­ dem will die Regierung “durch investitions- und wettbewerbs­ freundliche Rahmenbedingungen und administrative Erleichterun­ gen den privatwirtschaftlichen Ausbau von Fest- und Mobil­ funknetzen weiter mit Nachdruck unterstützen”.

Bessere Rahmenbedingungen für Plattformökonomie Abschließend sieht die Regie­ rung für die Plattformökonomie einen Bedarf an Rahmenbe­ dingungen, die “insbesondere bürger- und industriebezogene Dienste und Lösungen für die Erleichterung unseres Alltags voranbringen”. Neben einem Zugang zu Finan­ zierungshilfen in der Wachstums­ phase brauche es hier zudem Rahmenbedingungen, die einen fairen Markt garantierten und Innovation förderten.

Blockchain in Behörden BiVD und NExT legen Whitepaper vor (BS/Dr. Hans-Günter Gaul*) Die Initiative Blockchain in der Verwaltung Deutschland (www.BiVD-Initiative.de) unter der Federführung des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW und Vertreter der Werkstatt Neue Technologien des Netzwerks Experten digitale Transformation der Verwaltung (www.NExT-Netz.de) haben als “Community-of-Practice Blockchain” vor Kurzem mit einem Whitepaper “Blockchain in der Verwaltung: Anwendungsbereiche und Herausforderungen” ein erstes vielversprechendes Arbeitsergebnis veröffentlicht. Dieses hebt sich erfrischend von den meisten anderen Veröffentli­ chungen ab, da es nicht nur die allbekannten Oberflächlichkeiten zum Thema Blockchain rezitiert, sondern die wichtigsten organi­ satorischen, technischen und juristischen Herausforderungen im Detail diskutiert. Dabei wer­ den einige Anwendungsbereiche vorgestellt, Herausforderungen im Bereich Governance, die mit einer behördenübergreifenden Blockchain-Lösung einhergehen, andiskutiert und detailliert über die technischen Herausforderun­ gen gesprochen. Die mit einer Dis­ tributed-Ledger-Technologie (DLT) einhergehenden rechtlichen As­ pekte werden ebenso besprochen. In bereits geplanten weiteren Ausarbeitungen sollen die im ersten Whitepaper ausgeführten Überlegungen erweitert und ins­ besondere aus dem juristischen

Der Behörden Spiegel ist Medienpartner des Netzwerks

Das Whitepaper steht auf den Webseiten des NExT-Netzwerks und der Initiative BiVD zum kostenfreien Download bereit. Grafik: BS/NeXT/BiVD

Blickwinkel vertieft sowie Erkennt­ nisse aus zukünftigen Projekten zur Erprobung und Validierung konkreter Lösungsansätze für DLT dokumentiert werden. * Dr. Hans-Günter Gaul, IT-Direktor bei der Bundesnotarkammer und Vorstand des NExT e. V.

IT als Treiber der Verwaltungsmodernisierung: Der Newsletter E-Government, Informationstechnologie und Politik des Behörden Spiegel

Anmeldung: www.behoerdenspiegel.de newsletter@behoerdenspiegel.de


Informationstechnologie

Behörden Spiegel / November 2019

N

icht nur die Investitionssumme in den Start-up-Sektor steigt stetig. Dem durchschnittlichen Start-up steht auch immer mehr Venture Capital zur Verfügung. Damit schwindet der Zugang zu Kapital als Wettbewerbsvorteil großer Unternehmen. Das Rüstungsunternehmen, von dem die Bundeswehr in 20 Jahren vitale Technologien zur Verteidigung unseres Landes beziehen wird, wurde höchstwahrscheinlich noch nicht gegründet. Ähnlich dürfte es sich in anderen Branchen verhalten, z. B. im Energieund Umwelt-, Mobilitäts- oder Finanzsektor. Fakt ist, dass das Start-up-Ökosystem zu einem Kerntreiber disruptiver Innovationen geworden ist. Selbstverständlich spielen auch traditionelle Akteure noch eine wichtige Rolle. Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Start-ups nimmt aber zu, wie unschwer an der Entwicklung von Venture-Capital-Investitionen zu erkennen ist. Unser aller Anspruch sollte ein moderner und effizienter Staat auf der Höhe der Zeit sein. Der öffentliche Sektor muss daher effektiven Zugang zu den Innovationen der Start-up-Szene haben. Die langwierigen und komplexen Entscheidungs- und Beschaffungsprozesse des öffentlichen Sektors stehen diesem Ziel jedoch entgegen.

Auch von der Arbeitsweise profitieren Wer glaubt, der Erfolg von Startups gehe zurück auf “drei Nerds, die die richtige Idee zum richtigen Zeitpunkt hatten”, oder auf die erhöhte Risikobereitschaft von Gründern und Investoren, unterschätzt das Start-up-Ökosystem gewaltig. Sicher gibt es, wie in jeder Branche, die unterschiedlichsten Ausprägungen. Die besten Start-ups sind jedoch hochprofessionelle Umsetzungsmaschinen. Mit der Agile-Bewegung sind Organisations- und Zusammenarbeitssystematiken entstanden, die unter ungewissen, sich schnell ändernden Rahmenbedingungen tradierten Organisations- und Kollaborationsformen weit überlegen sind. Der öffentliche Sektor ist gut beraten, stärker von den Erfahrungen und der Kultur des Startup-Ökosystems zu lernen, denn die heutige Verwaltungspraxis verkörpert oft genau das Gegenteil der Agile-Kultur und ist nicht mehr zeitgemäß. Damit ist nicht gemeint, dass alles, was der Staat macht, schlecht ist. Schon gar nicht ist damit gemeint, dass die Bediensteten des Staates unfähig seien. Im Gegenteil: Es geht darum, ihr vorhandenes Potenzial freizusetzen und effektiver zu nutzen. Der Erfahrungstransfer wird nachhaltig erst dann gelingen, wenn wir die Karrieresilos zwischen Staat und Start-ups (und anderen Bereichen) zugunsten

Innovationsstandort Deutschland stärken Der Staat sollte mehr von Start-ups einkaufen Serie des Bundeswehr Cyber Inno-

(BS/Marcel “Otto” Yon/Anja Theurer*) Die Politik konzipiert regelmäßig neue Förderinstrumente für Innovationen. Doch bei allen guten Bemühungen vation Hubs in Kooperation mit dem wird das Wesentliche oft übersehen: Entscheidend ist nicht, wie viel erfunden wird, sondern wie viel umgesetzt wird. Wenn der Innovationsstandort Behörden Spiegel. Deutschland erhalten bleiben soll, reicht es nicht, Anreize für Innovation zu setzen. Bei 44 Prozent Staatsquote ist der öffentliche Sektor ein bedeutender Marktteilnehmer, der auch für den eigenen Bedarf Innovationen nutzen muss. senkt für alle Marktteilnehmer Relation zum Anteil von Startups an der Schaffung neuer Arbeitsplätze; • der Anteil von Start-up-Gründerinnen und -Gründern in den Führungsetagen der Ministe­ rien und Ämter; • die Entscheidungs- und Umsetzungsgeschwindigkeit von innovativen Projekten, von der Idee bis zur Realisierung.

einer höheren Durchlässigkeit zwischen Karrierewegen überwinden. Hierbei sind Konzerne übrigens keine Vorbilder. Denn obwohl sie jedes Jahr Hunderte von Start-ups kaufen, gelingt es ihnen kaum, Gründertalente über die obligatorische Lock-upPeriode hinaus im Unternehmen zu halten.

Der Staat muss ein guter Kunde werden Der Vertriebszyklus für B2BProdukte (“business to business”) beträgt in Deutschland zwei bis drei Jahre. Das ist im Vergleich zu den USA oder Israel langsam – und ein Problem. Der Vertriebszyklus für B2G-Produkte (“business to government”) beträgt fünf bis zehn Jahre. Das ist bei einer Staatsquote von ca. 44 Prozent ein gewaltiges Problem. Um dieses Problem anzugehen, gründete das Verteidigungsministerium den Cyber Innovation Hub. Unsere Wirtschaftskraft liegt u. a. in unseren Exporten, durch die wir im Verhältnis zur Größe unseres Landes einen überproportionalen Wohlstand genießen. Produkte in der Frühphase – Innovationen – lassen sich nicht so einfach exportieren. Sie müssen dort entstehen, wo die Leitkunden (“Early Adopters”) sitzen. Denn die hohe Nutzerzentrierung und schnelle Iterationen zwischen Anbietern und Kunden sind zentrale Erfolgsfaktoren für Innovation. Dies gilt besonders für die prägende Startphase, bis die ersten zehn bis 20 Millionen Euro Umsatz erreicht sind. Wenn es in den USA leichter ist, ein Start-up aufzubauen, dann nicht, weil es dort weniger Gründungsbürokratie oder Abgaben gibt. Neben Marktgröße und Verfügbarkeit von Kapital sind primär die kürzeren Vertriebszyklen in B2B- und B2G-Märkten ausschlaggebend. Im Verwaltungshandeln ist nicht etwa die fehlende Innovationsbereitschaft der Beamten und Soldaten, sondern die komplexe Gesamtprozesskette aus Bedarfsfeststellung, Bereitstellung von Haushaltsmitteln und Beschaffung das zentrale Innovationshemmnis. Der Staat muss lernen, ein “guter Kunde” zu werden und Innovationen effektiver umzusetzen. Hieraus leiten sich drei relevante Key Performance Indicators (KPI) ab: • der Anteil aller staatlichen Beschaffungsvorgänge, die durch Start-ups bedient werden, in

Wirtschaft trifft Verwaltung MRN-Regionalkonferenz in Speyer (BS/pet) Am 21. November lädt die Metropolregion Rhein-Neckar (MRN) im Rahmen der 11. Regionalkonferenz “Wirtschaft trifft Verwaltung” zum Austausch über aktuelle Trends und Entwicklungen des E-Governments und andere Themen der digitalen Transformation nach Speyer. Die Veranstaltung wird sich rund um die Themenblöcke Digitalisierung und Verwaltungsvereinfachung aufstellen. So wird die Frage zu diskutieren sein, inwieweit ein kooperatives EGovernment in föderalen Strukturen zur Attraktivität des Standorts beitragen kann und welche Chancen sich daraus für die Wirtschaft ableiten. Fachvorträge und -foren werfen Schlaglichter auf praktische Annäherungen an das Onlinezugangsgesetz in den Digitalisierungslaboren der Region, den Wert von Geodaten und die Digitalisierung der städtischen Infrastrukturen.

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Impulse kommen in diesem Jahr u. a. von Stefan Dallinger, Landrat Rhein-Neckar-Keis, und Randolf Stich, Staatssekretär und CIO des Landes Rheinland-Pfalz. Im Rahmen einer von Guido Gehrt, Behörden Spiegel, moderierten Podiumsdiskussion werden Vertreter aus Wirtschaft und Verwaltung aus den drei MRN-Bundesländern Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz zudem die weiteren Perspektiven für die Kooperation von Wirtschaft und Verwaltung beim E-Government erörtern. Programm und kostenfreie Anmeldung unter www.m-r-n.com

Zusammenarbeit mit ­Start-ups intensivieren

Es reicht nicht, eine Idee zu haben, sie muss auch Realität werden. Mit dem Cyber Innovation Hub hat die Bundeswehr eine Einheit geschaffen, um Innovationen aus der Start-up-Welt schneller in die Hand ihrer Soldaten zu bringen.

Foto: BS/Bundeswehr Cyber Innovation Hub

Die konsequente Orientierung an Start-ups und diesen drei Kennzahlen würde nicht nur der Startup-Szene zugute kommen, sondern dem Innovationsstandort Deutschland insgesamt. Denn die Idee wäre nicht, Quoten und Subventionen für Start-ups zu schaffen. Wer die Zusammenarbeit mit Startups erleichtert und intensiviert,

bürokratiebasierte Marktschranken und fördert den Wettbewerb um die besten Ideen. Im Ergebnis muss der Staat auch in eigener Sache zeitnah und effizient Zugang zu den besten Innovationen und Produkten haben. Nur genau das ist heute nicht der Fall. *Marcel “Otto” Yon ist CEO und Anja Theurer CFO des Bundeswehr Cyber Innovation Hubs, der ersten Digital Innovation Unit eines Bundesministeriums. Mit der Initiative “Staat-up” engagieren sich die Autoren für den Einzug der agilen Kultur in den öffentlichen Sektor, die Befähigung von “Public Intrapreneurs” als Treiber von Veränderung und die Förderung der ­direkten Zusammenarbeit zwischen Staat und Start-ups. Die Autoren vertreten ihre persönliche Meinung, nicht die des BMVg. Kontakt: mitgestalten@staat-up.net


IT-Sicherheit

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Bürger ans Steuer?

I

hre Vorstellungen von einem Datenschutzcockpit hat die Bundesregierung kürzlich im Rahmen des Digitalgipfels vorgestellt. Ziel ist es, personenbezogene Datenaustausche zwischen Behörden transparent zu machen, denen der Nutzer im Rahmen von Verwaltungsdienstleistungen zugestimmt hat. “Entsprechende Datenaustausche bzw. Registerabrufe sollen Nutzern als freiwillige Option angeboten werden, um im Sinne von Once-Only die Nachweisanforderungen dieser Online-Services zu erfüllen”, erklärte der Beauftragte für Informationstechnik der Bundesregierung und Staatsekretär im Bundesministerium des Innern (BMI), Klaus Vitt, dem Behörden Spiegel. Nutzer sollen so davon entlastet werden, Nachweise wie die Meldebescheinigung per Post dem digitalen Antrag hinterherzuschicken.

Attrappen und Dummys Konkret stellt man sich im BMI eine Anwendung vor, für die sich der Nutzer per eID-Funktion des Personalausweises anmeldet. Dort soll er eine Übersicht über Bewegungen seiner personenbezogenen Daten sowie Kontextinformationen vorfinden. Welchen Datenabfragen, zu welchen Zwecken hat er wann zugestimmt? Welche personenbezogenen Daten wurden abgerufen oder zwischen Behörden ausgetauscht? Die Informationen sollen nutzerfreundlich nach Lebenslagen strukturiert werden. Gezeigt wurde ein Mock-up, also eine digitale Attrappe einer App. Nun soll ab November ein Digitalisierungslabor folgen. Die Federführung liegt im Rahmen der OZG-Themenfeldplanung Querschnittsleistung beim Land Berlin. Beteiligt sind das BMI, das Bundeskanzleramt, Vertreter aus Datenschutzbehörden sowie die Länder Brandenburg, Bremen, Hamburg und Thüringen. Neben dem genauen Funktionsumfang und dem Design der Anwendung wird dort auch über ggf. notwendige Rechtsänderungen gesprochen werden müssen. Als Ergebnis des OZG-Digitalisierungslabors wird eine Zielvision in Form eines Klick-Dummys, also eines Vorführmodells, zu erwarten sein. Das wäre dann nicht das erste. Auch das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND) des Landes Schleswig-Holstein hat sich in Zusammenarbeit mit Capgemini im Rahmen einer technischen Machbarkeitsstudie schon an ei-

S

eit Herbst 2018 gilt die neue Verschlusssachenanweisung. Nun müssen auch Firewalls für den Geheimhaltungsgrad “VS – Nur für den Dienstgebrauch” (VS-NfD) zugelassen werden. Das ist gut im Sinne der Informationssicherheit, bedeutet aber auch Mehrarbeit beim BSI. Und die Verfahren sind langwierig. Um VS-NfD-Zulassungen schneller erteilen zu können, hat das Bundesamt das “qualifizierte Zulassungsverfahren” eingeführt. Nach einer Erprobungsphase und der Genehmigung durch das Bundesministerium des Innern sind nun die ersten Hersteller qualifiziert und Produkte zugelassen worden. Mit dem neuen Verfahren wurden die Abläufe nicht nur gestrafft. Übergeordnete Aspekte wie die Sicherheit der Entwicklungsprozesse eines Herstellers müssen nun nicht mehr für jede Produktzulassung erneut nachgewiesen werden.

Vertrauen ist Trumpf Das Verfahren besteht aus zwei Phasen. Zunächst weist der Hersteller in einer Prüfung dem BSI nach, dass seine Betriebsumgebung und seine Entwicklungs-

Behörden Spiegel / November 2019

Mit dem Datenschutzcockpit zu mehr Souveränität (BS/Benjamin Stiebel) Zwei Fliegen mit einer Klappe. Die könnte die Verwaltung mit einem “Datenschutzcockpit” schlagen. Sie könnte damit auf elegante, nutzerfreundliche Weise ein Gros ihrer Informations- und Auskunftspflichten im Datenschutzrecht abbilden. Und sie könnte Bürgern ein einfaches Werkzeug an die Hand geben, ihre Einwilligungen zum Datenaustausch zwischen Behörden zu verwalten – für die Umsetzung des OnceOnly-Prinzips ist das unverzichtbar. Der nicht mehr ganz so neuen Idee sind inzwischen erste Konzepte gefolgt. Für die erfolgreiche Umsetzung wird es aber einiges mehr brauchen als eine gut gemachte App. nem Klick-Dummy versucht. Das “Bürgerdatencockpit” (BDC) wäre das Angebot einer anschaulichen Darstellung der behördlichen Verarbeitung personenbezogener Daten. Das Ziel: den durch das Datenschutzrecht garantierten Auskunftsanspruch technisch umsetzen. “Wir brauchen dafür unbedingt einen niedrigschwelligen Ansatz”, erklärt Dr. Moritz Karg, Referatsleiter Grundsatzangelegenheiten Digitalisierung und E-Government im MELUND. Dem Nutzer solle damit eine Art Risikoabschätzung zur Datenverarbeitung seitens der Verwaltung ermöglicht werden. Das bisher übliche Modell für öffentliche und private Organisationen gleichermaßen besteht darin, ellenlange Datenschutzerklärungen zur Verfügung zu stellen und konkrete Auskunftsanfragen mit noch mehr Text zu beantworten. Dass verständlich und transparent anders wäre, liegt auf der Hand. “Im BDC würden die Zusammenhänge visuell und damit intuitiv und leichter verständlich dargestellt”, so Karg weiter. So ließe sich schnell ein Bauchgefühl entwickeln, inwieweit die Datenverarbeitung Risiken bergen könne. Kern des Klick-Dummys ist ein Schaubild, das Bezüge zwischen Nutzer, Datensätzen und Institutionen überblicksartig darstellt. Ein Klick auf die Schnittstellen zwischen diesen Elementen führt zu weiteren Informationen über Daten und Austausche. Wer weiter forschen will, kann sich von dort direkt zur jeweiligen gesetzlichen Grundlage für die Verarbeitung leiten lassen.

Waffengleichheit herstellen Die Überlegungen zum BDC spiegeln die Vorstellungen des Nationalen Normenkontrollrates (NKR) wider, der die Idee eines “Datencockpits” schon 2017 im Rahmen seines Gutachtens zur Registermodernisierung formuliert hatte. So erklärt NKR-Mitarbeiter Hannes Kühn, eine Stärkung der digitalen Verwaltung durch mehr Datenaustausch im Sinne des Once-Only-Prinzips bedeute aus Datenschutzsicht zunächst einmal eine Stärkung

Im Cockpit sitzen heißt Überblick und Kontrolle haben. In diese Position soll das Datenschutzcockpit bald auch Bürger bei der Datenverarbeitung durch Behörden versetzen. Foto: BS/Bluepilot, stock.adobe.com

der Datenverfügbarkeit beim Staat und damit eine steigende abstrakte Gefahr für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. “Die Idee hinter dem Datencockpit ist es, ein Stück weit

Waffengleichheit herzustellen”, so Kühn. “Bürger, aber auch Unternehmen sollen erkennen können, welche öffentliche Stelle welche Daten hält und wer wann welche Daten abgefragt hat. Diskutiert

werden muss noch, ob man im Datenschutzcockpit auch seine “Privacy-Einstellungen” global verwalten können sollte oder ob das in jedem Verwaltungsverfahren immer einzeln abgebildet werden muss.” Mittlerweile haben sich auch die Datenschutzaufsichtsbehörden offen für das Angebot eines Datencockpits ausgesprochen. Damit müsse das informationelle Machtgefälle zwischen Staat und Bürgern weitgehend aufgehoben und ihnen die Inanspruchnahme ihrer Rechte erleichtert werden, heißt es in einer Entschließung der Datenschutzkonferenz (DSK) vom September. Gleichzeitig erteilen die Datenschützer aber der Schaffung übergreifender Personenkennzeichen oder Identifikatoren im Rahmen der Registermodernisierung eine Abfuhr. Damit wenden Sie sich gegen Pläne des BMI. Dieses will ein Kerndatensystem für Grunddaten von Personen schaffen und mithilfe eines verlässlichen “Identifiers” Eindeutigkeit und Zuver-

lässigkeit über die dezentralen Register hinweg sicherstellen. Mögen sich über den Identifikator noch die Geister scheiden – ohne zuverlässige Daten und ein effizientes Identitätsmanagement in der Registerlandschaft wird es kein Once-Only und keine Transparenz bei der Datenverarbeitung geben. Ein Datenschutzcockpit als App oder Webanwendung kann am Ende nur das leisten, was die zugrundeliegenden Strukturen hergeben. Vor allem wird es Standardschnittstellen brauchen, mit denen das Datenschutzcockpit so in die IT-Landschaft aus Registern, Plattformen und Diensten eingebunden wird, dass es die gewünschten Informationen überhaupt anzeigen kann. “Den besten Einschlag hätte sicher eine komplette Einbindung des Datencockpits”, betont auch Frederick Richter, Vorstand der Stiftung Datenschutz. “Eine nur sektorale oder nur partielle Lösung würde den Gedanken zur Herstellung einer übergreifenden Datenhoheit der einzelnen Person nicht gerecht werden.” Offen ist, ob es gelingen wird, die verschiedenen Ansätze zu einer zentralen Lösung zusammenzuführen. Sonst könnten am Ende wie bei den Bürgerportalen und Servicekonten verschiedene Lösungen stehen, die technisch miteinander kommunizieren können müssen: eine weitere Komplikation im föderalen Digitalisierungsgeflecht.

Es wurde auch Zeit Beschleunigung der Erkennung und Reaktion auf Bedrohungen (BS/Dr. Volker Strecke*) Die heutigen Cyber-Angriffe sind in ihrer Komplexität und Häufigkeit beispiellos und mit der breiteren digitalen Transformation wächst die potenzielle Angriffsfläche für Unternehmen exponentiell. Mit dem Aufkommen der Cloud und einer immer mobileren Belegschaft können die Server und Endpunkte eines Unternehmens nicht mehr ausreichend geschützt werden und auch der verschlüsselte Datenverkehr wächst - sowohl intern als auch extern. Darüber hinaus erhöhen Cloud Services und Implementierungen die Produktivität und den Komfort, aber die Sicherheitsüberwachung und die allgegenwärtige Transparenz von Bedrohungen in diesen Umgebungen sind weiterhin eine Herausforderung. Was können Unternehmen also tun, um die beispiellosen Mengen an Bedrohungsdaten zu verwalten, die sie täglich bombardieren? Die Sichtbarkeit des Unternehmens muss nützlicher und handlungsfähiger gemacht werden. Das bedeutet, einen tiefen, umfassenden Einblick in die richtigen Assets und Ressourcen zu erhalten. Doch die Sichtbarkeit muss mit drei Dingen gepaart werden: Erstens: tiefere Einblicke und vollständigere Informationen für eine schnellere Erkennung und Reaktion. Zweitens: Ein breiteres Verständnis auf den gesamten Umfang einer Angriffskampagne

Drittens: Erhöhter Kontext, der für Ihr Team von unschätzbarem Wert ist, um zu priorisieren, welche Bedrohungen die wichtigsten sind. Diese Fähigkeiten sind für Sicherheitsoperationen von entscheidender Bedeutung, um die wahre Natur einer Bedrohung besser zu erkennen, selbstbewusst zu entscheiden, wie die Reaktion zu priorisieren ist, und dann auf der Grundlage dieser Entscheidung schnell Maßnahmen zu ergreifen. Bei RSA haben wir eine inte­ grierte Plattform von Technologien entwickelt, die darauf ausgelegt ist, diese Herausforderungen direkt anzugehen – die

RSA NetWitness Platform. Die Plattform bietet eine durchgängige Transparenz im gesamten Unternehmen. All dies geschieht von einer modularen Konsole aus. Mit der Integration von Geschäftskontexten zur besseren Risikobestimmung deckt die Lösung sofort die wichtigsten und risikoreichsten Bedrohungen im gesamten Unternehmen auf, optimiert Sicherheitsprozesse, um die Verweildauer von Angreifern drastisch zu verkürzen, und priorisiert die Reaktion auf die Bedrohungen, die für das Unternehmen am wichtigsten sind. Einzigartig ist, dass die RSA NetWitness Platform die aufgenommenen Daten – ob aus eige-

Schneller zulassen BSI und Hersteller straffen Verfahren im Geheimschutzbereich

nen Modulen oder aus anderen Produkten – mit umfangreichen, kontextbezogenen Metadaten über Geschäftskontext, Identität und Bedrohungsintelligenz durch einen patentierten Prozess ergänzt. Letztendlich verbindet die Plattform Geschäftskontext und Risiko mit den fortschrittlichsten Cyber-Sicherheitsfunktionen, um der gesamten Organisation dabei zu helfen, sicherere Entscheidungen zu treffen. *Dr. Volker Strecke ist Senior Business Development Manager IT-Security bei der Arrow ECS AG. Weitere Informationen oder Anfragen an rsa.ecs.de@arrow.com oder unter 089/93099 0

mit Fertigstellung unmittelbar vor.” Das Zulassungsverfahren könne dann sofort beginnen.

(BS/stb) Für IT-Produkte im Geheimschutzbereich gelten besondere Sicherheitsanforderungen. Sie können nur eingesetzt werden, wenn Sie durch Schneller und sicherer? das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) dafür zugelassen wurden. Das Verfahren ist aufwendig und zeitintensiv. Das ist Dass IT-Lösungen für den Genicht nur ärgerlich für Hersteller und Anwender, die lange auf neue Lösungen oder Updates warten müssen. Auch für die IT-Sicherheit ergeben heimschutzbereich nun schneller sich Risiken. Ein neues Verfahren erlaubt nun deutlich mehr Tempo. Und das, ohne die Anforderungen zu senken. durchgewunken würden, tue der prozesse den Sicherheitsanforderungen für VS-NfD genügen. Er wird dann als “qualifizierter Hersteller” eingestuft und genießt gewissermaßen einen Vertrauensvorsprung. In der zweiten Phase erfolgt die eigentliche VSNfD-Zulassung von Produkten oder Produkt-Updates, ohne dass die betrieblichen Rahmenbedingungen erneut auf den Prüfstand gestellt werden müssen. Die Herstellerqualifizierung muss alle drei Jahre wiederholt werden. Als erstes Unternehmen ist die genua GmbH als qualifizierter Hersteller eingestuft worden. Die Bundesdruckerei-Tochter hatte auch in der Konzeption und der Erprobungsphase mit dem BSI zusammengearbeitet. “Weil berechtigtes Vertrauen an die Stelle wiederholter, aufwendiger Abstimmungsrunden tritt, konnten wir den Zeitraum vom

Keine VS-NfD-Lösung ohne BSI-Zulassung. Mit einem gestrafften Verfahren sollen Weiterentwicklungen und neue Produkte die Kunden nun schneller erreichen können. Foto: BS/stadtratte, stock.adobe.com

Produkt-Release bis zur Zulassung von früher rund einem Jahr auf nur noch ein bis zwei Monate verkürzen”, berichtet genuaGeschäftsführer Matthias Ochs nach der Zulassung der ersten Produkte im neuen Verfahren. Mehr Tempo ermöglicht vor allem eine neue Herangehensweise an die Erstellung und Prüfung der Dokumentation. Grundsätzlich müssen Hersteller, neben ihrer allgemeinen Entwicklungsumgebung, Design und Funktionen ihrer VS-Nfd-Lösung detailliert beschreiben und Durchführung und Ergebnisse umfangreicher Tests und Schwachstellenanalysen dokumentieren. Eine Menge “Papierkram”, der vom Unternehmen erarbeitet und vom BSI geprüft werden muss. Sieht die Cyber-Sicherheitsbehörde bei einzelnen sicherheitsrelevanten Aspekten Klärungsbedarf, for-

dert sie weitere Informationen ein und prüft ggf. Quellcode oder Komponenten punktuell. Im klassischen Verfahren zieht sich die Abstimmung über Monate hin. Im qualifizierten Verfahren muss der Hersteller die vollständige Erstellung aller geforderten Berichte und Nachweise unter Einhaltung der zuvor geprüften Entwicklungsprozesse zusichern. Das Gros der Dokumente kann ohne kleinteilige Abstimmung beim Hersteller verbleiben und wird dem BSI nur auf Anfrage vorgelegt. Genua habe im Zuge der Vorbereitung auf das neue Verfahren auch seine eigenen Abläufe rund um die Dokumentation optimiert, erklärt Geschäftsführer Ochs. “Statt einer gebündelten Erstellung im Nachgang werden die Dokumente schon während des Entwicklungsprozesses automatisiert generiert und liegen

Sicherheit keinen Abbruch, meint Ochs. Für die Einstufung als qualifizierter Hersteller habe das BSI sogar noch etwas erhöhte Anforderungen, verglichen mit dem klassischen Verfahren, angesetzt. Dazu kommen, dass Sicherheit im hochdynamischen IT-Bereich auch eine Frage der Anpassungsund Innovationsgeschwindigkeit sei. “Kunden können nun deutlich schneller von neuen Technologien und Features profitieren.” Und: Auch umfangreiche Updates von Lösungen, die bereits im Einsatz sind, brauchen eine BSI-Zulassung, bevor sie eingespielt werden dürfen. Updates können auch Verbesserungen der IT-Sicherheitsarchitektur mit sich bringen, auf die die Kunden normalerweise gut und gerne ein halbes Jahr warten müssten. Im qualifizierten Verfahren verkürzt sich diese Zeit auf wenige Wochen.


IT-Sicherheit

Behörden Spiegel / November 2019

Seite 35

Der Countdown läuft

MELDUNG

EU-Kommission fordert mehr Engagement

Berliner Behörden brauchen konkrete Gesetze zum Umgang mit Daten

(BS/Dr. Thomas-Peter Gallon) Bei der Anpassung des Berliner Datenschutzgesetzes an die Europäische Grundverordnung hat der Landesgesetzgeber Mitte 2018 in Paragraf 3 eine, wie es in der Begründung heißt, “allgemeine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten” geschaffen (zur Einordnung dieser Auffangregel siehe auch Behörden Spiegel (BS/stb) Facebook, Google, MiOktober 2019, Seite 36). Allerdings hat er diese Handlungsbasis bis Mitte 2020 befristet. In der Begründung wird die Erwartung geäußert, dass bis zum Ablauf dieser Frist konkretere crosoft, Mozilla und Twitter sowie Grundlagen geschaffen werden, “die sich insbesondere aus dem bereichsspezifischen Recht ergeben können”. So langsam steuert die Zweijahresfrist jetzt schon auf ihr letztes Viertel zu. sieben Branchenverbände haben Was heißt das nun genau: “allgemeine” oder “spezifische” Grundlage, wenn man den Blick auf den Umgang mit Daten über Menschen richtet? Eine sehr allgemeine Grundlage steht in Artikel 6 der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) selbst: Danach darf man u. a. Daten verarbeiten, um eine Aufgabe zu erfüllen, die ihrerseits “im öffentlichen Interesse liegt” oder bei der Ausübung einer übertragenen öffentlichen Gewalt erfolgt. Dabei muss die Verarbeitung der Daten zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich sein. Und außerdem verlangt die DSGVO – die sonst ja unmittelbar als Gesetz gilt – an dieser Stelle nach einem konkreten Auftrag i. d. R. im nationalen Recht. Genau dafür hatte der Landesgesetzgeber nun Paragraf 3 des Berliner Datenschutzgesetzes geschaffen: “Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgabe oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde, erforderlich ist.” Da allerdings stellt sich die Frage: Wo ist das konkreter als die DSGVO? Liest man die beiden Textstellen genau, ist die Berliner Regelung im Grunde nur eine Wiederholung. Lediglich die Begrenzung auf die dienstliche Zuständigkeit bei der Wahrnehmung einer Aufgabe ist schärfer konturiert als im europarechtlichen Original. Eigentlich hat der Europäische Gerichtshof verboten, Textstellen einer Verordnung der EU im

einem der Erwägungsgründe der DSGVO. In Paragraf 3 des Berliner Datenschutzgesetzes haben wir bislang allerdings nur die Wiederholung und noch keine Ergänzung. Da steht schlicht nichts, was uns durch die Wiederholung aus der DSGVO verständlicher werden würde. Die spezifischen Aufträge zur Datenverarbeitung fehlen. Noch. Da geht also noch was. Das spezifischere Recht, das die DSGVO verlangt, wird durch die Befristung der Berliner Norm einfach auf die Zeitschiene gesetzt. So hat der Landesgesetzgeber also wohl recht pragmatisch auf die noch defizitäre Regelungslage reagiert.

Branchenspezifische Grundschutz-Profile machen Schule (BS/stb) Der IT-Grundschutz des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ist vor 25 Jahren erstmals veröffentlicht worden. Von einer einfachen FAQ-Sammlung hat er sich zu einem umfangreichen, aber auch sperrigen Wissensschatz der Informationssicherheit entwickelt. Mit der Rundum-Sanierung der letzten Jahre wollte das BSI den Grundschutz einsteigerfreundlicher machen. So mit der schlankeren Basisabsicherung oder mit der Möglichkeit, kontextbezogene Umsetzungsprofile zu erstellen. Davon machen immer mehr Branchen Gebrauch.

Profil für Hochschulen in Arbeit Die Idee: Anwendergruppen mit ähnlichen Einsatzszenarien können Grundschutz-Profile erstellen, die das Mammutwerk schablonenhaft auf speziellere Anforderungen herunterbrechen. Passende Bausteine aus dem Grundschutz-Kompendium werden übernommen, andere angepasst und ggf. eigene erstellt. Ein Einer-für-alle-Ansatz im Kleinen. “Aufwendige Anpassungen, die früher jede Organisation für sich hätte machen müssen, können nun einmal gemein-

Bereichsspezifische ­Grundlagen sind zu schaffen

Ein Beispiel für die geforderten “bereichsspezifischen” Grundlagen steht im Senatsentwurf zum LandesantidisDr. Thomas-Peter Gallon ist Mitarbeiter der Senatsverkriminierungsgewaltung für Justiz, Verbrausetz (LADG), das cherschutz und Antidiskrimi(bei Inkrafttreten) nierung Berlin. Dort setzt er die Antidiskrimiein Projekt zum Datenschutz nierungspolitik als Maßnahme der Organisaals Aufgabe im tionsentwicklung um. Gesetz verankert und (nach Artikel Foto: BS/privat 67 der Verfassung von Berlin) den Senat im entspreMitte 2020 ist die allgemeine Rechtsgrundlage des Berliner Datenschutzgesetzes Nun verlangt die DSGVO nach chenden Katalog des Allgemeinen als Handlungsbasis für Behörden hinfällig. Dann sollen eigentlich konkrete ihrem Erwägungsgrund 45 auf Zuständigkeitsgesetzes (AZG) als bereichsspezifische Grundlagen vorliegen. Foto: BS/Min Chiu, stock.adobe.com der anderen Seite auch kein den verantwortlichen Akteur diespezifisches Gesetz für jeden ser Aufgabe im Land Berlin benationalen Recht zu wiederho- realer Fall (Urteil v. 26.03.1985,­ individuellen Vorgang der Ver- stimmt. Zweck und Zuständigkeit len. Im Ursprung ging es dabei Az. 273/83). Bei der DSGVO lie- arbeitung von Daten über ein- sind hier klar. Die Details der Verum die Selektion. Wer Auszü- gen die Dinge etwas anders. Wo zelne Personen. Ein einzelnes arbeitung von Daten müssen dage übernimmt, lässt auch was die DSGVO eine Ergänzung im Gesetz, so heißt es auch in der bei nicht im Vordergrund stehen. weg. Und der Gerichtshof wollte nationalen Recht verlangt, darf Begründung zu Paragraf 3 des Der Countdown für die Schaffung ausschließen, dass ein Land das der nationale Gesetzgeber Auszüge aktuellen Berliner Datenschutz- solcher Rechtsgrundlagen läuft! Weggelassene des supranationa- aus der DSGVO übernehmen, um gesetzes, “kann für mehrere Verlen Gesetzes am Ende einfach au- seine Ergänzung jeweils “verständ- arbeitungsvorgänge … ausreiDieser Beitrag gibt die persönlißer Acht lässt. Zugrunde lag ein licher zu machen”. So heißt es in chend sein.” Demnach, so wird che Auffassung des Autors wieder.

Jeder nach seiner Façon

Mit dem IT-Grundschutz verfolgt das BSI einen Einer-für-alle-Ansatz. IT-Systeme in den meisten Organisationen gehen auf ähnliche Komponenten zurück, es gibt ähnliche infrastrukturelle Ansätze in den Netzwerken und es gibt ähnliche organisatorische Anforderungen. “Entsprechend sehen wir überall vergleichbare Herausforderungen und Gefährdungen für die Informationssicherheit”, erklärt Holger Schildt, Referatsleiter BSIStandards und IT-Grundschutz im BSI. “Die Idee ist also, Empfehlungen und Anforderungen zu formulieren, die für möglichst viele Anwender hilfreich sind.” Nur ist die heutige IT-Landschaft so groß und komplex, dass der Grundschutz in seiner Gesamtheit besonders Einsteiger und kleinere Organisationen schnell überfordert.

dort einfach gefolgert, können “auch abstrakte bzw. allgemeine Normen geschaffen werden”. Sie dürfen halt nur nicht genauso so abstrakt sein wie Artikel 6 der DSGVO selbst. Eine schlichte Wiederholung geht auch hier nicht. Denn in der DSGVO wird eine nationale Präzisierung gefordert, die insbesondere eine Rechtsgrundlage für den Zweck der jeweiligen Datenverarbeitung legt und insoweit eben spezifischer als die Verordnung ist.

schaftlich vorgenommen und dann vielen an die Hand gegeben werden”, so Schildt. So geschieht es derzeit für Hochschulen, organisiert durch die AG Informationssicherheit des Vereins Zentren für Kommunikationsverarbeitung in Forschung und Lehre. In einem ersten Schritt seien im Frühjahr dieses Jahres relevante Geschäftsprozesse ausgewählt worden, erzählt Bernhard Brandel von der Stabsstelle IT-Sicherheit der Katholischen Universität EichstättIngolstadt. Zu den Kronjuwelen im Hochschul-IT-Betrieb gehören neben üblichen Verwaltungssystemen speziellere Verfahren um Bewerbung, Zulassung und Prüfungswesen. Brandel: “In einem gemeinsamen Workshop mit dem BSI haben wir die konkreten Anwen­dungen, Komponenten, aber auch physische Faktoren wie Räume und Gebäude identifiziert und entsprechende Grundschutz-Bausteine bestimmt.” Diese sollen nun um anwenderbezogene Kommentare ergänzt und eine erste Rohfassung erstellt werden. Die finale Fassung soll im März 2020 verabschiedet werden. Ebenfalls in Planung ist derzeit ein Grundschutz-Profil für Chemieproduktionsanlagen, heißt es aus dem BSI. Bereits veröffentlicht sind unter anderen Profile für Handwerksbetriebe, Reedereien, große IT-Dienstleister und für oberste Landesbehörden. Den Anfang hatte letztes Jahr eine

Arbeitsgruppe mit Unterstützung der kommunalen Spitzenverbände mit dem Profil “Basis-Absicherung Kommunalverwaltung” gemacht (siehe Behörden Spiegel Mai 2018, Seite 47). Kürzlich erfolgte hier das erste Update auf Version 2.0.

Grundschutz wächst weiter Auch am IT-Grundschutz selbst wird dauernd gearbeitet. Als das BSI 1994 eine FAQ-Sammlung als erstes IT-Grundschutzhandbuch in einer Auflage von 100 Exemplaren veröffentlicht hatte, war die IT-Landschaft noch eine andere. Größere Netzwerke gab es nur in wenigen Organisationen, kommuniziert wurde noch viel schriftlich oder per Fax. CyberAngriffe waren eher als Szenarien bekannt, praktische Fälle eine Seltenheit. 25 Jahre später sehen wir einer ganzen Reihe von sich rasant entwickelnden und miteinander verschränkten Technologien entgegen: Big Data, Künstliche Intelligenz, Internet of Things, 5G, Quantum Computing. All das müsse auch in den Grundschutz einfließen, sagt BSI-Vizepräsident Dr. Gerhard Schabhüser anlässlich des Jubiläums. Schließlich suche sich ein Angreifer stets den leichtesten Zugang in ein vernetztes IT-Gefüge. “Der Umfang wird also steigen müssen. Die Kunst besteht darin, die einzelnen Bausteine so zu formulieren, dass Anwender sich schnell damit zurechtfinden.”

im Rahmen des Verhaltenskodex für den Bereich der Desinformation ihre ersten jährlichen Berichte vorgelegt. Die EU-Kommission begrüßt die Zusammenarbeit. Die bisherigen Maßnahmen gehen ihr aber nicht weit genug. Zwar hätten die Unternehmen Schritte ergriffen, die wirtschaftliche Anreize für Desinformation abschwächten und zu mehr Transparenz in der politischen Wahlwerbung führten. “Dennoch gibt es nach wie vor eine umfangreiche automatisierte Propaganda und Desinformation und in allen Bereichen des Kodex sind weitere Anstrengungen erforderlich”, wie die Kommissare Věra Jourová (Justiz), Julian King (Sicherheitsunion) und Marija Gabriel (digitale Wirtschaft) erklärten. Die Fortschritte der Unterzeichner seien sehr unterschiedlich und die Transparenzberichte gäben nur wenig Aufschluss über tatsächliche Auswirkungen der ergriffenen Maßnahmen, so die Kommissare. Nachholbedarf sehen sie besonders bei der Zusammenarbeit der Online-Plattformen mit unabhänigen Forschern, Faktenprüfern und den EU-Mitgliedsstaaten. Der bisher bereitgestellte Zugang zu Daten entspreche noch immer nicht den Bedürfnissen. Die EU-Kommission will bis Anfang 2020 ihre Bewertung der Wirksamkeit des Verhaltenskodex vorlegen. Einfließen sollen ein Bericht zu den Europawahlen 2019, Beiträge europäischer Medienaufsichtsstellen und je eine durch die Unternehmen und durch die Kommission beauftragte Bewertung durch einen Dritten.


Cyber Akademie

Seite 36

Behörden Spiegel / November 2019

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Neues aus der Cyber Akademie

November 2019

Praxis ist der beste Lehrer (CAk/stb) Der erste Anruf kommt um zehn vor sieben. Ein Vertriebsmitarbeiter könne sich nicht in eine betriebskritische SAP-Anwendung einloggen, meldet der First-Level-Support. Herr L. macht sich auf den Weg. Er hat Bereitschaftsdienst für das Rechenzentrums-Team des großen süddeutschen Automobilzulieferers. Dem üblichen Prozedere gemäß will L. zunächst einen Blick ins Notfall-Wiki werfen. Darin sind Prozesse sowie wichtige Verantwortliche und Kontakte festgehalten. Doch das Intranet ist nicht erreichbar. Als L. eine gespiegelte Version des Wikis von einem anderen Unternehmensstandort aus zum Laufen bekommen hat und beginnt, die dort vorgegebenen Schritte abzuarbeiten, kommen neue Anrufe: Weitere Mitarbeiter können sich nicht anmelden. Liegt womöglich ein Deadlock in der zugrundeliegenden Datenbank vor? L. wirft einen Blick auf die laufenden Prozesse. Wenn einer besonders viele Logs offenhält, könnte das auf eine Blockade hindeuten. Aber er findet keine Auffälligkeiten. Was L. als nächstes probiert, ist der obligatorische Neustart. SAP und Server fahren hoch. Die Datenbank nicht. Ein Blick in die Datenbank-Logs zeigt keine Auffälligkeiten außer dem Fehlstart. Die Fehlermeldung bringt den IT-Administrator nicht weiter. Inzwischen trudeln L.s Kollegen ein. Sofort werden Köpfe zusammengesteckt und beraten, wie die Fehlerursache weiter eingekreist werden kann. Welche Kollegen aus anderen IT-Teams können wichtige Informationen zuliefern? Sollte die Datenbank auf einen früheren Zeitpunkt wiederhergestellt werden? Kann das überhaupt gelingen, wenn sie sich nicht starten lässt? Schnell ist klar: Eine Wiederherstellung wäre zum jetzigen Zeitpunkt ein viel zu drastischer Schritt, denn damit

Zentrum für Informationssicherheit

Digitale Souveränität – Cyber-Risiken erkennen, analysieren und beheben

Wenn in der IT-Abteilung die Alarmglocken läuten, muss jeder wissen, was er zu tun hat. Wer im Ernstfall nichts dem Zufall überlassen will, sollte die Abläufe üben. Foto: CAk/©Joe Gough, stock.adobe.com würden gigantische Mengen an betriebskritischen Daten verloren gehen. Ein Kollege legt einen Major Incident an, eine elektronische Benachrichtigung über den Vorfall. Der Abteilungsleiter und der Sicherheitsbeauftragte des Unternehmens werden ins Boot geholt. Die Lage wird zunehmend kritisch Unterdessen forscht der Rest des Teams weiter nach der Ursache. Erneut gehen Meldungen aus dem First-Level-Support ein. Offenbar fallen nach und nach weitere SAP-Anwendungen aus. Das Team wird zunehmend angespannt. Prioritäten werden gesetzt, Theorien diskutiert, Systeme überprüft. Meldungen und Anfragen häufen sich. In Produktion und Vertrieb kann nun schon seit Stunden nicht richtig gearbeitet werden. Schließlich entdeckt ein Kollege im SIEM (Security Information and Event Management) eine ungewöhnliche nächtliche Anmeldung ins SAP. Dem Team wird klar: Sie haben hier nicht mit technischen Defekten oder Konfigurationsfehlern zu kämpfen, sondern mit einem Angriff – eine Art GAU für den IT-Betrieb

Glücklicherweise ist der Notfall nur fingiert. Das Szenario, dass die IT-Mitarbeiter ins Schwitzen bringt, ist eine auf den Automobilzuliefer zugeschnittene Notfallübung, die die Cyber Akademie dort durchgeführt hat. Am Ende des Tages haben die Kollegen den Angriff rekonstruiert, die Systeme bereinigt und den Normalbetrieb wieder aufgenommen. Und sie haben wichtige Lektionen gelernt. Kollegen, die erst später dazu kommen, müssen kurz und präzise alle bisherigen relevanten Ereignisse und durchgeführten Schritte mitgeteilt werden. Sonst besteht die Gefahr, dass Detailfragen immer wieder von Neuem diskutiert oder Maßnahmen doppelt durchgeführt werden. Entscheidungen und die Aufgabenverteilung müssen klar kommuniziert und festgehalten werden. Für betriebskritische Maßnahmen wie das Rücksetzen von Systemen oder Datenbeständen müssen Eskalationswege und Entscheidungskompetenzen zweifelsfrei feststehen. Theoretisch waren diese Dinge allen an der Inhouse-Übung Beteiligten zwar klar. Doch die Praxis ist häufig der bessere Lehrer.

Kenne den Feind (CAk/jf/stb) Schon der chinesische Stratege Sunzi wusste: “Man muss den Feind kennen, um ihn schlagen zu können.” Was vor 2.500 Jahren schon seine Richtigkeit hatte, trifft auch im Kontext von Cyber-Sicherheit zu. Damals wie heute gehört dazu die Kenntnis über Angriffswege und -techniken – sprich die Strategie und Taktik des Gegners. Doch während diese vor über 2.000 Jahren einfach auszumachen waren, ist das in der digitalen Welt kein leichtes Unterfangen. Zwar lassen sich schon auf einfache Art und Weise Informationen gewinnen. Schon ein Blick in die Browserhistorie kann sehr aufschlussreich sein. Gerade an öffentlich zugänglichen Rechnern lassen sich so mitunter persönliche Log-in-Daten finden, etwa von Kundenkonten auf Online-Portalen, die entweder direkt gestohlen oder für weitere Hacking-Angriffe genutzt werden können. In den meisten Fällen nutzen Hacker jedoch kompliziertere Angriffswege und -techniken und versuchen, die eigenen Spuren zu verwischen. Wirkungsvolle IT-Sicherheitsmaßnahmen können daher nur getroffen werden, wenn man die Hacking-Methoden und -mittel potenzieller Angreifer kennt. Das gilt nicht nur für die Abwehr, sondern auch für die Ermittlung von Angreifern,

Best Practice EU-Datenschutzgrundverordnung 14.01.2020, Hannover Datenschutz-Praxis – Datenschutzaudits vorbereiten und durchführen 21.01.2020, Berlin Datenschutz-Praxis – Fahrplan für das erste Jahr als Datenschutzbeauftragte(r) 22.01.2020, Berlin Hacking-Methoden in der Praxis: Vorgehen des Angreifers und Schutzmaßnahmen 28.-29.01.2020, Düsseldorf Datenschutz-Praxis – IT-Grundlagen für Datenschutzbeauftragte 30.01.2020, Berlin Digitaler Ersthelfer 04.02.2020, Köln Hackerschule – Capture the Ice Cream 06.02.2020, Köln IT-Risikomanagement – Identifikation, Bewertung und Bewältigung von Risiken 18.02.2020, Berlin IT-Notfallplanung – vorausschauende Vorbereitung auf den IT-Notfall 19.-20.02.2020, Berlin Datenschutz bei der Polizei – EU-DSGVO, BDSG-Neu, RI-Richtlinie & Co. 03.-04.03.2020, Berlin Cyber Risk Management: Cyber-Risiken ermitteln, analysieren und bewerten 03.03.2020, Bonn Cyber Security Management: Cyber-Sicherheit praxisnah steuern 04.03.2020, Bonn

Wer kriminelle Hacker effektiv bekämpfen will, muss ihre Werkzeuge genau kennen.

wenn die Abwehr durchbrochen wurde. Doch die Bandbreite wächst mit Fortschreiten der technologischen Entwicklungen ständig. Selbst technisch weniger versierte Personen können mittlerweile leistungsfähige Hackingtools samt zugehörigen Supportleistungen (illegal) käuflich erwerben und per SQL-Injection, Man-in-the-Middle-Angriffen, Netzwerkenumeration, Keyloggern, Netzwerksniffern oder Session Hijacking fremde Systeme ausspionieren. Besonderes Kopfzerbrechen macht Ermittlern, dass professionelle Cyber-Kriminelle und Hobby-Hacker gleichermaßen ihre Identität verschleiern. Auch dafür gibt es heute nutzerfreundliche Lösungen. Nachrichten, Dateien oder ganze Festplatten lassen sich verschlüsseln. Das Tor-Netzwerk erlaubt anonymes Surfen im Netz und ist Fundament für Marktplätze, auf denen Käufer und Verkäufer komfortabel und überraschend zuverlässig illegale Güter aus-

Foto: CAk/mizar_21984, stock.adobe.com

tauschen können. Wie für alle IT-Systeme gilt aber auch in Bezug auf diese Werkzeuge: Einhundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. So ist es möglich, unsauber implementierte Verschlüsselung zu umgehen. Einige Ermittlungserfolge gegen Betreiber von Darknet-Marktplätzen gingen zum Teil auf Sicherheitslücken in Tor oder Fehlern seitens der Administratoren zurück. Mit Sunzi muss man den Feind kennen, um ihn schlagen zu können. Und manchmal schlägt man ihn am besten mit den eigenen Waffen. Welche Hackingtools und Methoden Cyber-Kriminelle verwenden, war Thema einer Inhouse-Schulung, die die Cyber-Akademie im Herbst bei einem Landeskriminalamt durchgeführt hat. Um Funktionsweisen von Darknet-Technologien und Kryptowährungen sowie um Grenzen der Anonymität von Kriminellen im Netz ging es in einer InhouseVeranstaltung der Cyber Akademie bei einer Sicherheitsbehörde des Bundes.

Benutzerberechtigungsmanagement – praxisnah und kompakt 05.03.2020, Bonn Zertifizierter Business Continuity Manager (mit TÜV Rheinland geprüfter Qualifikation) 09.-13.03.2020, Köln Datensicherheit und Datenschutz bei der Verarbeitung von Massendaten 10.03.2020, Berlin Mac-Forensik – digitale Spuren auf Mac-Systemen 10.-12.03.2020, Berlin

Weitere Informationen zu diesen und anderen Seminaren unter: www.cyber-akademie.de


Sicherheit & Verteidigung Behörden Spiegel

www.behoerdenspiegel.de

Berlin und Bonn / November 2019

Gegen PKK oder AKK?

KNAPP Neue Abteilung im BKA

Verteidigungsministerin ergreift Friedensinitiative für Syrien (BS/Dr. Gerd Portugall) Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat mit ihrem Vorschlag für eine international kontrollierte Sicherheitszone in Nordsyrien für Turbulenzen gesorgt – sowohl innenpolitisch als auch außen- und sicherheitspolitisch. Der Koalitionspartner SPD zeigt sich irritiert und der Bundeswehr-Verband kritisch; die Opposition lehnt den Vorschlag rundheraus ab, was aber nicht wirklich überraschen kann. Die Türkei begründet ihre Militäroperation “Friedensquelle” im Nachbarland mit dem jahrzehntelangen Kampf gegen die kommunistische Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Die Verteidigungsministerin erläuterte: “Wir müssen auf Dauer Strukturen schaffen, die eine Rückkehr der Flüchtlinge möglich machen und eine Lösung, die für Stabilität und Sicherheit in der Region steht.” Die CDUVorsitzende wirbt dabei ausdrücklich um die Unterstützung “aller beteiligten Konfliktparteien in der umkämpften Region”. Deutschland wolle mit Frankreich, Großbritannien, den Vereinigten Staaten sowie unter Einbeziehung der Türkei und Russlands über eine Lösung für Nordsyrien beraten. In dieser Auflistung fehlen allerdings der Iran und das syrische AssadRegime als zentrale Konfliktbeteiligte. Ziel müsse es sein, so KrampKarrenbauer, rasch eine dauerhafte Waffenruhe in der Region zu etablieren, um das Leid der betroffenen Zivilbevölkerung zu mindern und den Kampf gegen die sunnitische Terrormiliz des sogenannten “Islamischen Staates” (IS) konsequent fortführen zu können, so Kramp-Karrenbauer weiter. Die international kontrollierte Sicherheitszone solle dazu dienen, die Lage zu deeskalieren, den Kampf gegen den Terrorismus fortzusetzen und ein stabiles Umfeld für den zivilen Aufbau und die Fortsetzung des Verfassungsprozesses zu sichern. Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich auf dem jüngsten Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel zuversichtlich gezeigt, eine internationale Lösung für die Einrichtung einer Sicherheitszone in Nordsyrien zu finden. “Es wird noch ein schwieriger Weg, aber die ersten Schritte heute waren sehr ermutigend”, sagte die Ministerin nach den ersten Gesprächen.

“Mir geht es darum, dass wir eine gemeinsame Lösung finden. Eine, die die NATO auch zusammenhält.”

Unterstützung vom Europäischen Parlament Ausschließlich durch dauerhafte Strukturen für Sicherheit und Stabilität in der Region könne der Kampf gegen den IS fortgesetzt werden, betonte die deutsche Verteidigungsministerin immer wieder. Nur so könnten Flüchtlinge in ihr Heimatland zurückkehren. Die Sicherheitszone solle durch eine internationale Allianz unter Führung der Vereinten Nationen kontrolliert werden. “Es ist wichtig, Vertrauen in dieser Region zu schaffen. Und Vertrauen schafft man am besten dadurch, dass die Kontrolle möglicherweise auch über internationale Organisationen erfolgen kann”, sagte Kramp-Karrenbauer. Auch das Europäische Parlament hatte sich zur gleichen Zeit in einem Beschluss für die Einrichtung einer von der UNO verwalteten Sicherheitszone ausgesprochen. Im Norden von Syrien stehen sich kurdische Milizen, islamistische Terroristen, die syrischen Streitkräfte und die türkische Armee gegenüber. Der anatolische NATO-Partner war Anfang Oktober bei der von ihm so genannten “Operation Friedensquelle” militärisch ins südliche Nachbarland eingerückt. Derzeit gilt immer noch eine Waffenruhe, welche die Staatspräsidenten Russlands und der Türkei in Sotschi vereinbart hatten. Beide Staaten wollen, dass die kurdischen Milizen aus der Region abziehen. Gemeinsame russisch-türkische Patrouillen sollen dafür sorgen, dass nicht weitergekämpft werde. Eine nur von Russland und der Türkei kon-

Hat viel Überzeugungsarbeit im In- und Ausland zu leisten: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer – hier bei Bundeswehr-Soldaten während ihrer Antrittsreise in den Irak und Jordanien. Foto: BS/Bundeswehr, Neumann

trollierte Schutzzone könne keine dauerhafte Lösung sein, sagte Kramp-Karrenbauer: “Wir teilen die Meinung, dass die Situation mit dem Abkommen von Sotschi nicht auf Dauer die Basis für eine politische Lösung bietet.” Auch der türkische Verteidigungsminister hätte sich offen für eine internationales Vorgehen gezeigt.

Kritik vonseiten der SPD Außenminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich irritiert über das Vorpreschen seiner Kabinettskollegin und kritisierte ihre “SMS-Diplomatie”. Kramp-Karrenbauer hatte den Kollegen lediglich vorab per Kurzmitteilung informiert. Dr. Rolf Mützenich, seit Ende September Vorsitzender der SPDBundestagsfraktion und zuvor Stellvertretender Vorsitzender sei-

ner Fraktion für Außen-, Verteidigungs-, Menschenrechtspolitik und wirtschaftliche Zusammenarbeit, ging noch weiter: “Jeder muss für sich selbst prüfen, ob er noch Teil der NATO sein kann und will”, sagte Mützenich in einem Interview. “Das gilt auch und gerade für die Türkei.” Diese Position von Mützenich ist allerdings in seiner Partei und Fraktion nicht unumstritten. Außerdem kommt in diesen Fragen aus den Reihen der CDU/CSU teils heftige Kritik am Koalitionspartner.

Vorschläge des Außenministeriums Um Syrien längerfristig zu stabilisieren, komme es laut Auswärtigem Amt auf folgende, demonstrativ detaillierte Punkte

an: Ein Waffenstillstand sei die Grundvoraussetzung für ziviles Engagement und Versöhnung. Die vorübergehende Feuerpause müsse ein dauerhafter Zustand werden. Die geflüchteten Menschen vor Ort bräuchten unbedingt die notwendige humanitäre Hilfe im Sinne der UNHCR-Standards. Deutschland sei zweitgrößter Geber humanitärer Hilfe in Syrien und habe bereits 500 Millionen Euro für dieses Jahr zugesagt. Der syrische Staat solle Schritt für Schritt in einem politischen Prozess wiederaufgebaut werden. Deutschland mache sich für den Verhandlungsprozess in Genf stark, indem es ihn personell und finanziell unterstütze. Den Konflikt in Syrien könne die Internationale Gemeinschaft nur gemeinsam lösen. Daher sei es wichtig, dass sie sich auf einen gemeinsamen Fahrplan verständige und den UN-Prozess unterstütze. Stabilisierung werde schließlich erst dann möglich, wenn der Terrorismus in Syrien nachhaltig bekämpft sei. Außenminister Maas erklärte hierzu: “Der IS ist nicht vollständig besiegt und er nutzt auch jetzt schon jede Uneinigkeit, jedes Machtvakuum sofort zu seinen Gunsten aus.”

Auch für BSC 2019 relevant Der Syrienkonflikt wird auch eine Rolle spielen bei der diesjährigen Berliner Sicherheitskonferenz (BSC), zumal einerseits der Mittelmeer-Anrainer Italien Partnerland dieses 18. Kongresses zur Europäischen Sicherheit und Verteidigung ist. Andererseits kann man den Syrienkonflikt problemlos unter das diesjährige Thema der Konferenz subsummieren: “Europe and its external challenges – a 360° approach in uncertain times.”

(BS/mfe) Im Bundeskriminalamt (BKA) ist eine neue Abteilung eingerichtet worden. Sie trägt den Namen “Islamistisch motivierter Terrorismus/ Extremismus” (TE). Den personellen Grundstock der neuen Abteilung bilden zunächst Mitarbeiter der beiden BKAGruppen, die bereits in der Abteilung “Polizeilicher Staatsschutz” mit der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus befasst waren. Zudem sollen einige der vorgesehenen mehr als 1.000 neuen Stellen für das BKA in der neuen Abteilung eingerichtet werden. BKA-Präsident Holger Münch sagte dazu: “Die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus hat für das Bundeskriminalamt eine hohe Priorität.” Nur gemeinsam mit den Partnern in Bund und Ländern könne wirkungsvoll auf die Gefahren reagiert werden, die etwa von radikalisierten Einzeltätern, Rückkehrern und der anhaltenden Propaganda gegen westliche Staaten ausgehe. Mit der Einrichtung der neuen Abteilung gehe seine Behörde “einen weiteren wichtigen Schritt, die Rolle des Bundeskriminalamtes als Zentralstelle und Ermittlungsbehörde auszubauen und damit auch den Verbund der Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern bei der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus weiter zu stärken.”

IS-“Kalif” ist tot

(BS/por) Ende Oktober gelang es der “Delta Force”, der Elite-Einheit der U.S. Army, den selbsternannten “Kalifen” der sunnitischen Terrormiliz des sog. “Islamischen Staates” (IS), Abu Bakr al-Baghdadi, bei der Operation “Kayla Mueller” in Nordsyrien zu stellen. Benannt ist das Kommandounternehmen nach einer US-amerikanischen Menschenrechtsaktivistin, die 2015 vom IS ermordet wurde.


Innere Sicherheit

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Mannigfache Aufgaben

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ie Geschichte des BAFA beginnt mit der offiziellen Errichtung als Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft. Im Jahr 2001 erfolgte der Zusammenschluss mit dem seit 1992 eigenständigen Bundesausfuhramt zum Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. In der jüngeren Vergangenheit ist viel passiert, reflektieren die Aktivitäten des BAFA doch die Entwicklungen der Außenwirtschaftspolitik, der Wirtschaftsförderung und der Energiepolitik.

Dynamische Veränderungen Die dynamischen Veränderungen im Bereich der Exportkon­ trolle im BAFA sind ein Spiegelbild der außen- und sicherheitspolitischen Entwicklungen im nationalen und internationalen Kontext. Sowohl das in den zivilen Energiebereich hineinreichende Russland-Embargo, wie das vom Wiener Nuklearabkommen geprägte Iran-Embargo, haben umfangreiche, komplexe Prüffelder über den Bereich der klassischen

65 Jahre Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BS/Torsten Safarik) Am 9. Oktober dieses Jahres feierte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sein 65-jähriges Bestehen. 1954 gegründet, ist das BAFA heute als Universalbehörde der Bundesverwaltung ein wichtiger Partner für den Mittelstand, eine international anerkannte Fachbehörde der Exportkontrolle und eine bedeutende Stelle bei der Umsetzung der Energiepolitik der Bundesregierung. Exportkontrolle hinaus ergeben. Der Transfer von Technologien mit sensitivem Verwendungspotenzial stellt eine neue Kernaufgabe der Exportkontrolle dar. Das BAFA hat hierzu mit führenden Wissenschaftseinrichtungen die Initiative “Outreach to Academia” gestartet. Neue Technologien, wie z. B. Additive-Manufacturing, Künstliche Intelligenz und Quantentechnologie, stellen die technische Fachabteilung des Hauses vor neue Herausforderungen. Die Wirtschafts- und Mittelstandsförderung gehört seit jeher zum zentralen Aufgabenprofil des Hauses. Das BAFA fördert insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die sich

Problem schon lange bekannt Eine tragfähige Definition liefert das Center for Strategic and International Studies (CSIS). Sie lautet: “the use of computer network tools to shut down critical national infrastructures (e.g, energy, transportation, government operations) or to coerce or intimidate a government or civilian population.” Mit dieser erweiterten Auslegung sollte man in der Kriminalistik und auch in der deutschen Kriminalpolitik leben können. Wie real ist danach die Gefahrenlage tatsächlich? Das Max-Planck-Institut (MPI) zeichnete für den Europarat schon 2006/20007 ein “besorgniserregendes Bild” in seinem strafrechtlichen Gutachten zum Cyber-Terrorismus. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat zuletzt in der Herbsttagung 2013 den Cyber-Terrorismus thematisiert. 2014 warnten BKA-Staatsschützer im “Gefährdungslagebild: Politisch motivierte Kriminalität” (Verschlusssache) vor cyberterroristischen Attacken politisch motivierter Hacker, die in sensible Netze oder Kritische Infrastrukturen (KRITIS) eindringen und dort Manipulationen vornehmen, die weitreichende Folgen haben könnten.

Keine Erwähnung im Lagebild Beim Studium des BKA-Lagebildes Cyber Crime aus dem Jahre 2017 fällt dagegen auf, dass der Begriff Cyber-Terrorismus kein einziges Mal erwähnt wird. Der Nexus zur Organisierten Kriminalität (OK) hingegen wird in diesem

Fachkräftesicherung stehen im Mittelpunkt der Wirtschaftsförderung. Mit der UmTorsten Safarik ist seit Juni 2019 Präsident des Bundesweltprämie, auch amtes für Wirtschaft und Aus“Abwrackprämie” fuhrkontrolle. genannt, wurde das BAFA im Jahr Foto: BS/BAFA 2009 über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Die Prämie wurde in einem durch Globalisierung und Digitalisierung geprägten ausgezahlt, wenn ein altes FahrWettbewerbsumfeld behaupten zeug verschrottet und ein neues müssen. Die Unterstützung erworben wurde. Das Programm von KMU bei der Erschließung stellte mit einem Finanzvolumen von neuen Märkten im Ausland von fünf Mrd. Euro und zwei und die Förderangebote für Mio. geförderten Fahrzeugen eine Beratungsleistungen und zur wichtige konjunkturpolitische

Maßnahme dar.

Ideengeber rückt stärker in den Fokus In den vergangenen Jahren gewann der Energiebereich des Hauses zunehmend an Bedeutung. Mit der im BAFA angesiedelten Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) wurde im Jahr 2009 eine Einrichtung geschaffen, die als Ideengeber fungiert und das BMWi konzeptionell in Fragen der Energieeffizienz unterstützt. Die “Besondere Ausgleichsregelung”, d. h. die Begrenzung der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz für die stromkostenintensive Industrie, ist von hoher Bedeutung für

Versuch einer Bestandsaufnahme

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ie Bandbreite der Metaphern und Termini zum CyberTerrorismus reichen jedoch von “inhaltsloses Skandalthema” und/oder “Panikmache”, über “Electronic Pearl Harbor” bis hin zum Vergleich mit einem Raketenangriff oder dem globalen Terrorismus. Ähnlich verwirrend sieht es bei den Definitionen aus. Bis heute hat die internationale Staatengemeinschaft keine gemeinsam verbindliche Terrorismusdefinition finden können – und schon gar keine für den Cyber-Terrorismus. Sie sind entweder zu zielfixiert, zu technisch und eng oder pragmatischer, aber fraglich und vage. Vereinzelt wird sogar die Ansicht vertreten, dass Cyber-Terrorismus als neue, andere Form des Terrorismus sui generis gar nicht existieren könne, da es (bisher) nicht möglich sei, durch Angriffe im Internet die bestehenden Herrschaftsverhältnisse abzuschaffen und Herrschaftseliten zu beseitigen oder weil angeblich bis heute (noch) keine Menschen dadurch zu Tode gekommen seien.

Behörden Spiegel / November 2019

Cyber-Terrorismus – digital Waterloo oder Mythos? (BS/Uwe Kranz) Der Nexus zwischen den (virtuellen) dschihadistischen Netzwerken einerseits und der weltweiten technischen Entwicklung andererseits ist längst unübersehbar geworden. Das zeigt sich unter anderem an den Schnittmengen der Sozialen Medien, der rasanten Zunahme der Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen und den damit erlangten oder gesteigerten Fähigkeiten, weltweit signifikante terroristische Auftragsattacken auch durch Einzelpersonen oder Mikrozellen zu planen, zu unterstützen und durchführen zu lassen. Lagebild durchaus behandelt. Einige der Gefährdungsaspekte rufen geradezu danach, ob und in welchem Umfang Cyber-Terrorismus dahintersteht oder stehen könnte. Und vom Bundesinnenministerium (BMI) wird man derzeit flugs zur “normalen” CyberKriminalität zurückgeführt. 2015 gab der IT-Philosoph und Cyber War-Experte Sandro Gaycken eine schon damals höchst fragwürdige Entwarnung, als er sagte: “Terroristen beherrschen dieses Medium noch nicht so gut und sind auch nicht in der Lage, größere Entwicklungsabteilungen für Cyber-Angriffe aufzubauen.”

Trauriges Bild In dieser widersprüchlichen informationellen Gemengelage soll das beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) angesiedelte “Nationale Cyber-Abwehrzentrum (Cyber-AZ)” sachlich richtig informieren und koordinieren. Die jährlichen BSI-Berichte zur Lage der IT-Sicherheit in Deutschland vermitteln insgesamt jedoch ein eher trauriges Bild: Die Bedrohungen nehmen exorbitant zu, die Angreifer werden immer besser und professioneller, die Komplexität der globalen IT-Welt erschwert den Intrusionsschutz. Die bisherige Rechtssetzung für die Sicherheit der IT-Systeme hinkt hinterher und das Qualitätsmanagement fast aller Sicherheits- und Justizbehörden ist desaströs. Und das angesichts eines alarmierenden BSI-Berichts, wonach die allermeisten der 145 im Nationalen IT-Lagezentrum eingegangenen Sofort-Meldungen KRITIS betrafen, insbesondere die Versorgungssektoren IT, Telekommunikation und Energie – geradezu ein Menetekel. Die Verursacher der rund 800 Millionen Schadprogramme im vergangenen Jahr (täglich kommen fast 400.000 hinzu) blieben zudem meist im Dunkeln. Die allermeisten Cyber-Attacken sind wohl im erweiterten Bereich der Cyber-Kriminalität zu verorten. Ein nicht geringer Teil dürfte von ausländischen Diensten, gerne auch befreundeten Diensten, verursacht worden sein.

Phänomen stärker in den Blick nehmen Allerdings könnten sich unter den Angriffen auch Tests und Versuche terroristischer Grup-

die seit Juni 2013 sukzessiv veröffentlichten Papiere sorgfältig Der Terrorismusexperte des Behörden Spiegel, Uwe studiert haben Kranz, ist sich sicher, dass und dabei die Cyber-Terrorismus bereits Stärken der USexistiert. Und das auch in ÜberwachungsEuropa. techniken und Foto: BS/Dombrowsky die Schwachstellen ihrer eigenen Kommunikation erkannten. Ohne Zweifel: Der TerrorisSerie mus brauchte und braucht den TERRORZIELE (TEIL 36) Cyber-Raum für Werbung und Propaganda, Rekrutierung, Indoktrinierung und Mobilisierung pen befinden, mit denen sie den von Unterstützern, Kämpfern, “westlichen Feind” an seinen psychologische Kriegsführung, verwundbarsten Stellen treffen Netzwerkbildung, Präsentation wollen oder mit denen sie sich eigener Erfolge (Terror-PR), interschlicht finanzieren wollen oder ne Kommunikation, Anschlagsgar bereits finanziert haben. Der planung und -steuerung und Cyber-Terrorismus müsste viel für das weite Feld der Terrorfistärker betrachtet und beach- nanzierung. Dort sind die dertet werden. Dennoch vermeidet zeitigen Dreh- und Angelpunkte auch der BSI-Jahresbericht 2018 das Fundraising im kryptierten sorgsam den Begriff Cyber-Ter- Bereich des Messenger-Diensts rorismus. Telegram und der Einsatz von Andererseits: War es aber nicht Kryptowährungen. Bei einer solch geballten Terschon immer so, dass das “kriminalpolitische Establishment” rorpräsenz und -varianz im didrohende Sicherheitsgefahren gitalen Raum, in flexiblen Netzstets so lange negierte, klein- strukturen, in einem globalen redete und schönrechnete, bis Online-Operationsraum und mit sie sich nicht mehr leugnen lie- digitalen Operationsformen und ßen, ja geradezu manifestiert -techniken wäre es auch höchst hatten? Beispiele dafür gibt es verwunderlich, wenn Terroristen genug: Die OK als solche, die davor Halt machten, den Feind italienische, russische, vietna- direkt digital anzugreifen. mesische oder albanische Mafia, die arabische Clankriminalität, Oft online radikalisiert Zuwanderungskriminalität oder Viele Terroranschläge in Eudie islamistische Terrorgefahr. ropa waren in Syrien, Libyen, Waren das Internet und die So- Marokko oder Tunesien nicht zialen Medien für islamistische nur geplant worden. Das MaTerroristen eigentlich nicht schon drid-Attentat (März 2004), die immer das Ein und Alles? Und Anschläge in Paris (Januar und hat insbesondere jetzt, nach dem November 2015) oder der LkwVerlust des “physischen Kali- Mordanschlag von Anis Amri in fats”, deren Bedeutung nicht Berlin (Dezember 2016) sind nur sogar zugenommen? Waren es ein paar Beispiele, bei denen in früheren Kriegen noch Trom- die Attentäter entweder online peter und Trommler, die Armeen radikalisiert und/oder live, via anheizten und dirigierten, sind Internet, die Sozialen Medien es heute YouTube-Videos bezie- und die dort verfügbaren Komhungsweise -Bilder, Tweet-Salven munikationsplattformen von und Telegram-Direktiven. terroristischen Führungspersonen in anonymisierter oder Terroristen auf digitalen verschlüsselter Kommunikation Raum angewiesen bis zur Tatausführung angeleitet, Dass die Cyber-Dschihadisten gesteuert, koordiniert, logistisch wenige Monate nach den Veröf- unterstützt, oft auch noch in der fentlichungen über die Snowden- Nachtatphase beziehungsweise Enthüllungen begonnen haben, auf der Flucht, “betreut” wurden. Weitere Beispiele: Bereits im ihre Kommunikationstechniken deutlich zu verbessern, kann September 2015 wurde der Kokaum ein Zufall gewesen sein. sovare Ardit Ferizi, damals gerade Vieles spricht dafür, dass sie 20 Jahre alt, IT-Student in Ma-

laysia und führendes Mitglied der “Kosova Hacker‘s Security (KHS)”, festgenommen und in die USA ausgeliefert: Er war im Auftrag des Daesh in den Server eines US-Unternehmens eingebrochen und hatte die Personaldaten von 1.351 US-Militärangehörigen mit .gov- und .mil- Adressen entwendet (vollständiger Name, Adresse, Aufenthalt, Telefon, E-Mail, Passwörter etc.). Diese “Hitliste” stellte er seiner DaeshFührungsperson Junaid Hussain von der “Islamic State Hacking Division (ISHD)” zur Verfügung.

Nur milde bestraft Junaid Hussain war ein Hacker britisch-pakistanischer Herkunft und gründete schon zu Beginn dieses Jahrzehnts als Teenager eine eigene Gruppe. Er hackte Hunderte von Facebook-Seiten von Organisationen und Persönlichkeiten, die in seinen Augen zionistisch, rechtsextremistisch oder anti-islamisch waren. Er hackte sich im Auftrag der “Operation Free Palestine” in die israelischen Webfirmen One und Citynet ein und zog die Daten von 26.000 Kreditkarten ab. Im April 2012 startete er mit seinem Team sogar eine erfolgreiche DDoSAttacke gegen die Hotline des UKCounter-Terrorism-Command vom MI6, um damit gegen die Abschiebung einiger Terroristen in die USA zu demonstrieren. Er wurde ermittelt, festgenommen – und ungewöhnlich mild bestraft. Er holte im Gefängnis seine Bildungsabschlüsse nach und schrieb sich später an einer Londoner Universität ein, um IT

den Erhalt von Arbeitsplätzen und den Wirtschaftsstandort Deutschland. Der kürzlich vom Klimakabinett gefasste Beschluss zum Erreichen der Klimaschutzziele 2030 wird den Energiebereich des Hauses noch stärker in den Fokus rücken. Bereits seit 2016 wird der Erwerb von Elektrofahrzeugen durch den Umweltbonus unterstützt, der nun verlängert und ausgeweitet wird. Eine wichtige Rolle wird die energetische Gebäudesanierung spielen. Geplant ist, eine Vielzahl von Förderprogrammen in der neuen Bundesförderung für effiziente Gebäude zu konsolidieren und die Handhabung zu erleichtern. Somit wird künftig nur ein Antrag für diverse Effizienzmaßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung und für Erneuerbare Energien genügen. Schließlich wird das BAFA in Kürze mit einer neuen “Abwrackprämie” betraut sein: der “Abwrackprämie” für alte Ölheizungen – für eine erfolgreiche Energiewende.

zu studieren. Während seiner Haftzeit wurde Hussain noch stärker radikalisiert, nahm den Kampfnamen Abu Hussain alBritani an und ging Ende 2013 zum Daesh nach Syrien. In Raqqa gründete er mit anderen das mächtige englischsprachige Rekrutierungsbüro “The Legion” und stieg zum Leiter der “Islamic State Hacking Division (ISHD)” auf. Das Pentagon führte ihn sogar als Nummer drei aller Zielpersonen.

Durch Daesh weiterentwickelt Hussain und seine Gruppe leiteten eine Vielzahl von Aktionen angeblicher “lone-actor” in Großbritannien und vor allem in den USA. Als Führungsmitglied des “Cyber Caliphate” verbreitete er schließlich die von Ferizi übermittelte “Hitliste” über Soziale Netzwerke und drohte persönlich allen darin genannten Soldaten und Regierungsangestellten mit Anschlägen. Der Daesh baute das von Hussain weiterentwickelte Virtual Plotter Model (VPM) nach dessen Tod global weiter aus: Schon im Frühjahr 2017 zählte das Combating Terrorism Center der USMilitärakademie West Point 14 Terrorakte in den USA, in die 19 US-Bürger involviert waren, die alle durch “virtuelle Akteure” des Daesh rekrutiert, indoktriniert und angeleitet wurden. Für die Zeit von 2012 bis 2016 stellte eine wissenschaftliche Studie für Europa ähnlich erschreckende Ergebnisse vor. Sie sollte dringend aktualisiert werden. Spätestens seit 2014 erfüllten die terroristischen Aktivitäten des Daesh-Kämpfers Hussain, seiner ISHD und das global eingesetzte VPM des Daesh die Merkmale so ziemlich aller Cyber-Terrorismus-Definitionen. Kein Zweifel: Cyber-Terrorismus ist existent – auch in Europa.

MELDUNG

Mit Afrika auf Augenhöhe (BS/wim) Im Hinblick auf Migrationsbewegungen, den Klimawandel und sonstige globale Herausforderungen fordert Bundesentwicklungsminister Gerd Müller eine neue Qualität der Zusammenarbeit mit dem afrikanischen Kontinent. Um Frieden und Sicherheit zu schaffen, brauche es neben einer gemeinsamen Flüchtlings- und Migrationspolitik vor allem einen fairen Handelsaustausch, bei dem auch eine Erweiterung des Europäischen Wirtschaftsraumes in Richtung Nordafrikas in Betracht gezogen werden müsse. “Es darf keine reinen Subventionen mehr aus der

EU geben. Stattdessen muss in Afrika mit nachhaltigen Konzepten investiert werden”, so Müller. Vor allem Investitionen in Afrikas Jugend seien nötig, um diese mit ausreichender Bildung zu versorgen, damit auch in Afrika eine Form des Wohlstands gedeihen könne. Auf diese Weise könnte jungen Menschen die Möglichkeit gegeben werden, in Afrika ein gutes Leben zu führen und sich dort aktiv einzubringen, statt den Weg in Richtung Europa auf sich zu nehmen. Zentral sei es dabei aber, sich bewusst auf den ethnisch diversen Kontinent einzulassen, um “Afrika zu verstehen”, so Müller.


Innere Sicherheit

Behörden Spiegel / November 2019

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Veränderungen angekündigt

Waffen aus dem Copyshop

Bundespolizeigesetz soll novelliert werden

Gefahr für den Schützen

(BS/mfe) Die Bundespolizei wird sich in Kürze mit Reformen auseinandersetzen müssen. Geplant sind mehrere (BS/Gerd Lehmann) Nach dem Terroranschlag auf die Synagoge in Halle waren Befürchtungen zu vernehmen, gesetzliche Novellierungen, unter anderem des Bundespolizeigesetzes sowie der einschlägigen Laufbahnver- dass der kürzlich von dem amerikanischen Waffennarren und Aktivisten Cody Wilson proklamierte offizielle ordnung. Und auch im Bereich der Besoldung wird sich einiges tun. Beginn des Zeitalters der aus dem Internet herunterladbaren Waffen nun auch in Deutschland Realität werden könnte. Die Idee des texanischen Aktivisten: “Jeder Mensch soll sich mit einem 3D-Drucker seine eigenen teile für die Bundespolizei mit Waffen ausdrucken können – mithilfe entsprechender CAD-Dateien – frei verfügbar im Internet.” Ganz neu sich bringen werde. So sehe die sind Idee und Thema allerdings nicht.

Der Parlamentarische Staatssekretär im BMI, Stephan Mayer (M.), versprach gesetzgeberische Anpassungen. Foto: BS/Fieseler

Die Bundespolizei soll künftig verstärkt neue technische Möglichkeiten nutzen können, kündigte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium (BMI), Stephan Mayer (CSU), an. Als Beispiel nannte er die automatisierte Gesichtserkennung. Des Weiteren sei in der Überlegung, die Schleierfahndung auszudehnen und auch über den bisher geltenden 30-KilometerUmkreis rund um die deutschen Grenzen hinaus zu erlauben. Zudem sollte die Bundespolizei zusätzliche Kompetenzen im Bereich der Telekommunikationsüberwachung erhalten. Entsprechende Arbeiten im Ressort von Bundesinnenminister Horst Seehofer (ebenfalls CSU) fänden derzeit statt, so Mayer. Darüber hinaus solle bis Jahresende die überarbeitete Laufbahnverordnung für die Bundespolizei in Kraft treten. Hier sei unter anderem

die Möglichkeit eines verkürzten Aufstieges vom mittleren in den gehobenen Dienst vorgesehen.

Internationales Engagement weiter ausbauen Mayer plädierte zudem für eine verstärkte Polizeipräsenz im öffentlichen Raum sowie eine noch stärkere Beteiligung der Bundespolizei an internationalen Polizeimissionen, auch unter dem Dach der EU-Grenzschutzagentur Frontex. Außerdem kündigte der Parlamentarische Staatssekretär eine Erhöhung der Sachmittel für die Bundespolizei um 380 Millionen Euro in den kommenden drei Jahren und weiteres Geld für die Verbesserung der persönlichen Schutzausstattung der Beamten der Bundespolizei an. Mayer zeigte sich überzeugt, dass das geplante Besoldungsstrukturenmodernisierungsgesetz (BesStMG) zahlreiche Vor-

Regelung unter anderem eine Erhöhung der Polizeizulage bei der Bundespolizei um 40 Prozent sowie einen Anstieg des Auslandsverwendungszuschlags vor. Der CSU-Politiker musste zugleich jedoch einräumen, dass für die Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage zunächst keine parlamentarische Mehrheit gefunden werden konnte. Ein solcher Schritt hätte den Bund jährlich mit 54 Millionen Euro belastet. Derzeit ist die Polizeizulage nur in drei von 16 Bundesländern ruhegehaltfähig, darunter Bayern und Nordrhein-Westfalen. Hier können die Polizeigewerkschaften also auch in Zukunft ihren Druck auf die Politik aufrechterhalten. Die Grünen-Bundestagsfraktion plädiert bereits für die Ruhegehaltfähigkeit der Polizeizulage auch bei der Bundespolizei. Ihre innenpolitische Sprecherin Dr. Irene Mihalic begrüßte zwar die Verabschiedung des neuen BesStMG und die “längst überfällige Erhöhung der Polizeizulage”. Sie kritisierte aber: “Jedoch bleibt die Bundesregierung auf der Hälfte des Weges stehen, wenn die nun erhöhte Polizeizulage in der Pension nicht berücksichtigt wird.” Der Polizeiberuf bringe spezielle Belastungen mit sich, die oft weit über die Dienstzeit hinausreichten. “Deshalb muss die zu Recht ausgezahlte Polizeizulage sich auch entsprechend auf das Ruhegeld auswirken”, verlangte Mihalic.

“Offene Antwort” der Energiewirtschaft Zuteilung der 450-MHz-Frequenzen verlangt (BS/Gerd Lehmann/Uwe Proll) Der von mehr als 200 Unternehmen unter Führung des Energieverbandes BDEW und des Stadtwerkeverbandes VKU jüngst verschickte Brief in Sachen Zuteilung von Frequenzen ist in erster Linie wohl als Antwort auf den offenen Brief zu verstehen, mit dem sich der Präsident der Bundesanstalt für den Digitalfunk der BOS (BDBOS) vor Kurzem an die Politik und die Öffentlichkeit wandte (siehe Behörden Spiegel Oktober 2019, Seite 41). Das Verfassen “offener Briefe” durch einen Behördenleiter war schon überraschend. Nicht minder gilt das für die Tatsache, dass die “offene Antwort” jetzt ebenfalls publiziert wurde. In seinem Schreiben hatte der Präsident der BDBOS, Andreas Gegenfurtner, vorgeschlagen, mit den zur Debatte stehenden Frequenzen ein Netz zu betreiben, das den Energieversorgern auch teilweise zur Verfügung stünde. Zu den Unterzeichnern der nunmehr vorliegenden “offenen Antwort” der Energie- und Wasserwirtschaft gehören der Stromnetz-Primus E.on, die Unternehmen der Thüga-Gruppe, die Westnetz von Innogy und das Gros der Stadtwerke. Laut BDEW versorgen die Firmen hinter dem Schreiben drei Viertel aller Stromnetzanschlüsse in Deutschland. In dem Schreiben wird erneut die Zuteilung der freiwerdenden Frequenzen im 450-MHz-Bereich ausschließlich für Anwendungen der Energie- und Wasserwirtschaft begründet und eingefordert. “Um die Klimaziele zu erreichen und die Energiewende zum Erfolg zu führen, muss die Energiewirtschaft die notwendigen Instrumente erhalten, zu denen insbesondere eine sichere und hochverfügbare Kommunikationslösung gehört”, heißt es in dem Schreiben. Als Beleg für den Bedarf und die Eignung der 450-MHz-Frequenzen wird unter anderem auf das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie veröffentlichte Gutachten zur Digitalisierung der Energiewende und das Votum des Beirates der Bundesnetzagentur

verwiesen. Der Beirat der BNetzA hatte sich in der Sitzung am 23. September 2019 einstimmig für die Nutzung der 450-MHzFrequenzen für Anwendungen der Energiewirtschaft ausgesprochen.

Immer noch kein Konzept Die Energie- und Wasserwirtschaft stellt in ihrer Replik nicht infrage, dass die BOS neben dem bestehenden BOS-Digitalfunknetz für Sprachkommunikation einen Bedarf an Breitbandkommunikation und den hierfür geeigneten Frequenzen haben. So sei allerdings verwunderlich, dass für die den BOS bereits Ende 2017 von der BNetzA zugeteilten 2 x 8 MHz im 700-MHz-Frequenzband bislang kein Konzept für die Errichtung eines BOS-BreitbandBasisdatennetzes vorliege. Das sei eine Erkenntnis, die die Energieversorger bei ihren Gesprächen mit der BDBOS und dem Bundesinnenministerium (BMI) in den letzten Monaten gewonnen hätten. Das bei diesen Gesprächen unterbreitete Angebot der BDBOS an die Energiewirtschaft, ein von ihr betriebenes 450-MHz-Funknetz mitnutzen zu können, ist von der Energiewirtschaft inzwischen geprüft worden. In der “offenen Antwort” der Energie- und Wasserwirtschaft heißt es: “Aus technischen, wirtschaftlichen, zeitlichen, rechtlichen und sicherheitspolitischen Gründen ist eine solche Mitnutzung nicht zielführend.” Die Verteilnetzbetreiber müssen hinsichtlich der Schwarzfallfestigkeit der eingesetzten Telekommunikationsdienste EU-rechtliche Vorgaben

beachten und umsetzen. Diese Vorgaben würden die Abwicklung der kritischen Datenverkehre der Energieversorger über ein von der BDBOS mit den 450-MHz-Frequenzen errichtetes und betriebenes LTE-Basisnetz ausschließen. Wann die BNetzA das Frequenzvergabeverfahren starten kann, ist nach wie vor ungewiss. Aufgrund der widerstreitenden Interessen hängt das Verfahren seit zwei Jahren auf der Stufe der Frequenzplanänderung. Offene Briefe haben mächtig Staub aufgewirbelt. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und das BMI sind von einer Einigung weit entfernt. Seit Ende Mai dieses Jahres steht das Gutachten der aus der WIK-Consult GmbH und P3 communications GmbH bestehenden Arbeitsgemeinschaft aus, das nunmehr im November erwartet wird. Ob das Gutachten zur Lösung beitragen kann, ist fraglich. Denn es herrschen zwischen den Gutachtern Kontroversen über die Gewichtung einzelner Fakten.

Politische Lösung erforderlich Es wird wohl nur eine politische Lösung geben können. Um die Ansprüche der Energieversorger und der BDBOS gleichermaßen zu erfüllen, müssen neue Argumente und Lösungen her. Für eine der beiden Nutzergruppen müssen neue Frequenzbereiche her, deren Vergabe per se staatlich erfolgt. Zurzeit steht der 600-MHz-Bereich zur Disposition. Frequenzen sind nicht nur ein Wirtschaftsgut, das sich bestmöglich versteigern lässt, sondern auch ein Teil der Daseinsvorsorge.

Bereits 2013 stellte der Texaner Pläne für eine Waffe aus dem 3DDrucker ins Netz. Die Plastikpistole “Librator” löste weltweit Befürchtungen aus: Nicht nur, weil sich mit den digitalen Bauplänen quasi jeder eine Waffe beschaffen kann, sondern auch, weil eine Pistole aus Kunststoff von klassischen Metalldetektoren an Sicherheitsschleusen nicht ohne Weiteres erkannt wird. Die Befürchtungen erwiesen sich bislang als unbegründet. Eine Waffe besteht im Wesentlichen aus einem Lauf samt Patronenlager, aus einem Verschlussstück und einem Schlagbolzen. Dem Verschluss und dem Patronenlager muss bei der Konstruktion einer Waffe besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Bei der Zündung einer Patrone entwickelt sich je nach Ladung der Munition ein Gasdruck, der das Projektil aus dem Lauf treibt. Dieser Gasdruck ist selbst bei schwachen Ladungen sehr hoch. Wenn Verschluss und Patronenlager für die Munition zu schwach ausgelegt sind, besteht Lebensjahr für den Schützen. Bislang hielten die beim 3D-Druck verwendeten Kunststoffe selbst dem geringsten Druck einer Kleinkaliberpatrone nicht stand. Tests ausgedruckter “Kunststoff-Pistolen” haben gezeigt, dass diese nicht präzise schießen oder bereits beim ersten Schuss auseinanderfliegen. Die explosive Kraft beim Abfeuern einer Kugel ist schlicht zu stark für die heute verfügbaren Kunststoffe. Aus vorstehenden Gründen setzt die Waffenbauerszene nun auf Hybridwaffen, die Metallteile für Lauf und Kammer mit Plastikteilen für das Magazin oder den Schaft der Waffe kombinieren. Der Attentäter von Halle, Stephan B., nutzte eine komplett aus Metallteilen bestehende “Luty SMG 9 mm Parabellum” und eine auch mit Plastikteilen aus dem 3D-Drucker gebaute Luty-Maschinenpistole. Den 3D-Drucker für das Hybrid-Modell entdeckten die Ermittler in den Wohnräumen des Attentäters. Die Vorlagen für die Waffen in Halle stammen aus dem Internet-Nachlass des britischen Waffen-Aktivisten Philip Luty, der allerdings die 3D-Drucker-Ära nicht mehr erlebte. Er starb 2011 an den Folgen einer Krebserkrankung. Sehr präzise schossen diese selbst gebastelten Waffen aber nicht. Mehrfache Ladehemmungen

verhinderten ein größeres Blutbad. Ein kompletter Metall-3D-Druck von Waffen scheidet aus Kostengründen wohl auch in Zukunft aus. Die günstigsten Metall-3DDrucker kosten über hunderttausend Euro, hochwertige 3D-MetallLaserdrucker, die das selektive Laserschmelzen (SLM) nutzen, mindestens eine halbe Million Euro. Theoretisch könnten Waffenfanatiker natürlich versuchen, eine CAD-Datei an einen 3D-Druck Serviceanbieter zu schicken und sich das Bauteil ausdrucken und zuschicken zu lassen. Eine solche “Waffe aus dem Copyshop” setzt allerdings voraus, dass der Dienstleister nicht erkennt, um welches Bauteil es sich handelt. Ein solches Vorgehen ist mit einem hohen Entdeckungsrisiko verbunden. Auch wenn künftig sichere und präzisere Waffen komplett im 3DDruckverfahren gefertigt werden könnten, weil Kunststoffe immer höheren Temperaturen widerstehen und auch größerem Druck standhalten als bislang, ist zu bezweifeln, dass Waffen aus dem 3D-Drucker in absehbarer Zeit State of the Art sein werden und eine reale Bedrohung darstellen könnten.

Herkömmliche Beschaffungswege sind leichter Nicht auszuschließen ist natürlich, dass der Attentäter von Halle den einen oder anderen Waffennarren zum Experimentieren mit dem 3D-Druck von Waffen animiert hat. Kriminelle oder potenzielle Amokläufer kommen aber auf herkömmlichen Wegen viel einfacher an bessere Waffen heran. Weltweit blüht der Markt mit illegalen Waffen zu Spottpreisen. Im Balkanraum sind ältere Kalaschnikows schon für 50 Dollar zu haben. Für wenig mehr als hundert Euro kann man sich illegal eine Waffe samt Munition “hinter dem Bahnhof” auch in Deutschland besorgen. Der Preis für einen geeigneten 3D-Drucker und das benötigte Druckmaterial liegt deutlich darüber. Wer sich eine 3D-Waffe druckt und damit schießen will, muss sich sowieso “hinter den Bahnhof” begeben. Munition lässt sich nicht ausdrucken. Sie kann nur illegal erworben werden. Zudem wird auch das attraktive Geschäft des Umbaus von Schreckschusspisto-

len zu scharfen Waffen und das Zusammensetzen von Einzelteilen – quasi aus dem Baumarkt – zu funktionstüchtigen Gewehren weiterhin Anhänger finden. Auch im Portfolio des Attentäters von Halle befand sich eine solche Schrotflinte einfachster Bauart (12 gauge Slambang-shotgun). Rechtlich gibt es keinen Unterschied zwischen Waffen aus dem 3D-Drucker und anderen Eigenbauten. Nach dem deutschen Waffengesetz erfordert die nichtgewerbsmäßige Herstellung von Waffen eine Erlaubnis (§ 26 WaffG). Diese gilt immer nur zeitlich befristet und für eine bestimmte Anzahl von Schusswaffen. Für den Erwerb und Besitz von Munition bedarf es der Eintragung in eine Waffenbesitzkarte bzw. eines Munitionserwerbsscheins (§ 10 WaffG). Verstöße gegen das Waffengesetz werden mit Freiheitsstrafen von einem Jahr bis zu fünf Jahren – in schweren Fällen bis zu zehn Jahren – geahndet. Das im Jahr 2017 zuletzt geänderte deutsche Waffengesetz weist jedoch eine Lücke auf. Es verbietet nicht, digitale Vorlagen für Schusswaffen herzustellen und zu verbreiten. Ein Handlungsansatz wäre folglich, auch die Erstellung und Verbreitung solcher Vorlagen unter Erlaubnisvorbehalt zu stellen. Solange ein solcher Erlaubnisvorbehalt aber nur in Deutschland bestehen würde, wäre es ein ziemlich stumpfes Schwert und nur bedingt geeignet, den illegalen Waffenbau schon in der Planungsphase zu unterbinden. Nachdem der amerikanische Präsident und Waffenbefürworter Donald Trump im Juni 2018 das von der ObamaRegierung erlassene Verbot der Verbreitung von 3D-Bauplänen für Waffen außer Kraft gesetzt hatte, will nun das Online-Netzwerk Facebook das Verbreiten von Bauplänen für Schusswaffen aus dem 3D-Drucker unterbinden. Aus dem deutschen Bundestag ist zu hören, dass sich alle Parteien einig seien, dass das Waffengesetz wegen Waffen aus dem 3D-Drucker nicht verschärft werden muss. Im Übrigen zeigt ein Blick in die Kriminalstatistik, dass legale und illegale Schusswaffen in Deutschland bei der Kriminalität bislang keine große Rolle spielen, die häufigsten Tatmittel sind Messer und stumpfe Gewalteinwirkung.


Zahlen & Daten

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Behörden Spiegel / November 2019

Hinter Gittern (BS) Die Zahl der Gefängnisinsassen ist seit den 2000-er Jahren deutlich zurückgegangen. 2018 saßen rund 10.000 Häftlinge weniger ein als im Jahr 2000. Allerdings auch 6.000 mehr als im Jahr 1995. Dabei hat der Großteil der Verurteilten eher kurze Haftstrafen. Fast 60 Prozent muss bis zu zwei Jahre einsitzen. Von einer Entwarnung für das Personal in den Justizvollzugsanstalten kann dennoch keine Rede sein. Noch immer stehen zu wenige Beamte zu vielen Gefangenen gegenüber. Und ein weiteres Detail fällt auf: Unter den jungen Häftlingen ist der Anteil derer, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben, besonders hoch.

Strafgefangene in Deutschland nach Alter 2009 20.069

60.000 50.000

40 Jahre und mehr

2000 32.336

40.000

2016 26.106

30.000

Strafart und -dauer (zum 31.03.2018)

3,5 % lebenslang

0

91,6 % 9

7,2 % 5 Jahre bis einschl. 15 Jahre

Freiheitsstrafe F

- 19,3 %

2000 12.853

10.000

Sicherungsverwahrung

Jugendstrafe 2)

25 bis 40 Jahre

20.000

1,1 %

7,3 %

2016 17.328

- 13,7 %

unter 25 Jahre 1995

2000

2009

2010

2011

1)

2018 6.990

- 45,6 %

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

Quelle: Statistisches Bundesamt 2018, Fachserie 10, Reihe 4.1 Rechtspflege, Strafvollzug 2018

davon Freiheitsstrafen

Strafgefangene nach Nationalität am 31.03.2018

34,5 % bis einschl. 9 Monate

20,5 % 2 Jahre bis einschl. 5 Jahre

25 bis einschl. unter 40 Jahre

unter 25 Jahre

40 Jahre und älter

25,9 % 9 Monate bis einschl 2 Jahre 1) Einschl. der zu Jugendstrafe Verurteilten, die gemäß § 89b JGG aus dem Jugendstrafvollzug ausgenommen sind. 1965 und 1970 Zuchthaus, Gefängnis, Einschließung, Strafarrest und Haft. 2) Einschl. Freiheitsstrafe bei Verurteilten, die gemäß § 114 JGG in der Jugendstrafanstalt vollzogen wird. Quelle: Statistisches Bundesamt 2018, Fachserie 10, Reihe 4.1 Rechtspflege, Strafvollzug 2018

61,4 %

38,6 %

Deutsche

67,1 %

Ausländer / Staatenlose

Deutsche

32,9 %

Ausländer / Staatenlose

72,2 %

Deutsche

27,8 %

Ausländer / Staatenlose

Quelle: Statistisches Bundesamt 2018, Fachserie 10, Reihe 4.1 Rechtspflege, Strafvollzug 2018

Strafgefangene in den Bundesländern (zum 31.03.2018)

Personal in den Justizvollzugsanstalten 2018 BW BY BE BB HB HH HE MV NI NW RP SL SN ST SH TH

5.472 8.335 3.188 1.008 537 1.314 3.620 905 3.984 12.896 2.604 633 2.852 1.370 962 1.277 13.000

10.400

7.800

5.200

2.600

0

Quelle: Statistisches Bundesamt 2018, Fachserie 10, Reihe 4.1 Rechtspflege, Strafvollzug 2018

Illustration: BS/Dach; unter Verwendung von © ilyakalinin, stock.adobe.com ; © artinspiring, stock.adobe.com

4.075 5.675 2.880 960 385 1.505 2.955 735 3.715 8.670 2.065 460 1.835 995 940 955 0

2.600

5.200

7.800

10.400

13.000

Quelle: Statistisches Bundesamt 2019, Fachserie 14 Reihe 6, Personal des Öffentlichen Dienstes 2018

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Katastrophenschutz

Behörden Spiegel / November 2019

KOMMENTAR

Digitale Technologien im Rettungsdienst

Novellierung des ZSKG dringend erforderlich! Die Welt verändert sich zunehmend rasant. Nicht nur der Einzug der Digitalisierung, sondern auch die Auswirkungen des Klimawandels und der Einfluss einer angespannten weltpolitischen Sicherheitslage sind in Deutschland deutlich spürbar. In der Folge verändern sich auch die Herausforderungen der Gefahrenabwehr. Die Verwundbarkeit unserer technologisch hoch entwickelten Gesellschaft, beispielsweise durch einen langanhaltenden großflächigen Stromausfall, rückt bereits seit einigen Jahren zunehmend in die Betrachtung möglicher Szenarien. Neben möglichen punktuellen und regionalen Schadenslagen wächst auch die Wahrscheinlichkeit von großflächigen Zerstörungen landesweiter bzw. länderübergreifender Infrastrukturen. Diese veränderte Ausgangslage hat bereits in den vergangenen Jahren zu einem neuen Bewusstsein geführt. Das zwischen Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam entwickelte Verständnis des Zivil- und Katastrophenschutzes als ganzheitliche Aufgabe “Bevölkerungsschutz” bildet die richtige Voraussetzung für eine effektive Gefahrenabwehr, muss in der Folge aber weiter geschärft und in den Zuständigkeiten verlässlich und kooperativ bearbeitet werden. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist die

Vorsorge und Vorbereitung auf mögliche Katastrophenlagen. Dies schließt auch die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung ein, für deren Ertüchtigung die deutschen Feuerwehren als tragende Säule des Bevölkerungsschutzes derzeit keinen klaren Auftrag haben. Gerade sie sind es aber, die flächendeckend in der Gesellschaft verankert sind und auf kommunaler Ebene den ersten Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes stellen. Das ZSKG stellt neben den Katastrophenschutzgesetzen der Länder die zentrale rechtliche Grundlage unseres Handelns im Bevölkerungsschutz dar. Bisher werden die Feuerwehren in diesem Gesetz mit keinem Wort erwähnt. Angesichts der novellierten Konzeption Zivile Verteidigung (KZV), der zunehmenden Bedeutung des EU-Katastrophenschutzverfahrens und vor dem Hinter-

grund einer sich weiter dynamisch verändernden Sicherheitslage erscheint es sinnvoll, ein den aktuellen und für die Zukunft absehbaren Erfordernissen angepasstes bundesweites Konzept für die Gefahrenabwehr im Zivilund Katastrophenschutz zu entwickeln. Dieses muss die handelnden Akteure und ihre Zuständigkeiten klar benennen, eine ausgewogene und verlässliche Finanzierung regeln sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen länderübergreifenden, nationalen und internationalen Einsatz schaffen. Lassen Sie uns gemeinsam an der Umsetzung dieser Aufgabe arbeiten.

Karsten Homrighausen ist seit August 2018 Berliner Landesbranddirektor.

Zahlreiche Vorteile Fernerkundung im Katastrophenschutz sehr hilfreich (BS/mfe) Die Erderkundung mithilfe von Satelliten trägt zu einer effektiven Frühwarnung vor Großschadensereignissen bei. Durch die Auswertung der entsprechenden Daten und Bilder können unter anderem Hochwässer und Waldbrände frühzeitig erkannt und bekämpft werden. Besonders hilfreich ist das CopernicusProgramm der Europäischen Union. Dies unterstreicht Prof. Dr. Martin Socher, Referatsleiter im sächsischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium. Das Programm biete Behörden des Katastrophen- und Bevölkerungsschutzes zwei Angebote. Zum einen gebe es das “Rapid Mapping”. Dabei handele es sich um die Bereitstellung von Karteninformationen innerhalb von Stunden oder Tagen. Zum anderen existiere das “Risk-andRecovery-Mapping”. Hier würden anhand von Satellitendaten aufbereitete und geprüfte Informationen innerhalb von Wochen oder Monaten zur Verfügung gestellt. Im Freistaat Sachsen werde auf die Copernicus-Unterstützung vor allem zur Analyse von Hochwasserlagen zurückgegriffen. Die Anwendung sei sehr gut nutzbar und biete durch die kostenfreie Nutzung von Satellitendaten ein hohes Potenzial an Erkenntnisgewinn. Außerdem ermögliche sie die flächige Erfassung von Umweltinformationen sowie die grenzüberschreitende Analyse zur zeitlichen und räumlichen Entwicklung eines Hochwassers, so Socher. Des Weiteren könn-

ten mithilfe von Copernicus das Hochwasser-Risikomanagement, die Raumordnung und der Katastrophenschutz unterstützt werden.

Noch Nachholbedarf Fernerkundung bringe für die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) allerdings nur dann Vorteile mit sich, wenn dort auch Personal vorhanden sei, das die entsprechenden Informationen und Daten auch effektiv und angemessen auswerten könne, gibt Sven Dunkel zu bedenken. Aus Sicht des Leiters der Gefahrenabwehr- und Einsatzplanung bei der Branddirektion Frankfurt am Main ist diese Voraussetzung jedoch noch nicht bei allen deutschen Feuerwehren erfüllt.

Starkregenrisikomanagement zwingend erforderlich Als eine weitere Herausforderung für die Feuerwehren, neben ausreichend geschultem Personal für die Auswertung von Satelliten- und anderen georeferenzierten Daten, macht Florian Kerl

vom sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie kommunale, kleinteilige Starkregenereignisse aus. Um diesen wirksam begegnen zu können, brauche es zwingend ein Starkregenrisikomanagement. Dabei handele es sich um einen zyklischen Prozess bestehend aus den Elementen Vorsorge, Situationsbewältigung und Nachsorge. Die Folgen solcher Niederschläge könnten nur im Zusammenwirken verschiedener Akteure gemeistert werden. Es handele sich um eine kommunale Gemeinschaftsaufgabe, meint Tilo Sahlbach von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig. Das Besondere an ihnen seien zudem die sehr kurze Vorwarnzeit und die nur bedingt vorhandene Möglichkeit zur effektiven Vorhersage, unterstreicht Dr. Andy Philipp vom sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Um hier dennoch möglichst gut warnen zu können, habe seine Behörde ein System entwickelt, das speziell auf kleine Einzugsgebiete (weniger als 200 Quadratkilometer) zugeschnitten sei.

MELDUNG

Umbau in Rostock abgeschlossen (BS/mfe) Der Umbau des früheren Brandlabors im Rostocker Fischereihafen zur Ausbildungsstätte für die Berufsfeuerwehren Mecklenburg-Vorpommerns ist beendet. Das ehemalige Gebäude des alten Brandlabors mit zwei Brandversuchsräumen wurde neu gestaltet. Aus den Tanklagern wurden Seminar- und Schulungsräume. Die früheren Brandversuchsräume werden nun als Werkstatt sowie als Lagerflächen für Ausbildungskleidung und Übungsgeräte genutzt. Innenminister

Lorenz Caffier (CDU) sagte: “Ich freue mich, dass wir dieses Modell gemeinsam so unkompliziert umsetzen konnten und dass der Ausbildungskomplex zum Beispiel auch für Fortbildungen der Freiwilligen Feuerwehren der Stadt genutzt werden kann.” Die Ausbildung der größten Feuerwehren Mecklenburg-Vorpommerns sei damit gesichert und befinde ich in der Rostocker Liegenschaft in guten Händen, so der Ressortchef weiter. In anderen Bundesländern ist die flächendeckende Aus- und Fort-

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bildung von Feuerwehrkräften, insbesondere Frewilligen Feuerwehrleuten, oftmals schwierig. So ist etwa in Nordrhein-Westfalen das Institut der Feuerwehr (IdF) in Münster, wo zahlreiche Ausund Fortbildungslehrgänge stattfinden, sehr stark nachgefragt und rasch ausgebucht. Speziell für Freiwillige Feuerwehrleute stellt dies ein Problem dar. Denn sie sind damit nicht nur örtlich, sondern auch zeitlich massiv eingeschränkt. Dies geht dann im schlimmsten Fall zulasten ihrer Weiterbildung.

Wie digitale Vernetzung die notfallmedizinische Versorgung verbessern kann (BS/Randolf Stich) Die Digitalisierung hält auch bei der notfallmedizinischen Versorgung Einzug. Dabei sind Planung, einheitliche Standards und abgestimmte Prozesse von hoher Relevanz. Warum die Digitalisierung insbesondere an der Schnittstelle zwischen Rettungsdienst und Krankenhaus Vorteile bringt, zeigt der folgende Fallbericht. Notfallsanitäter Lars S. und sein Kollege Michael N. werden spätabends zu einer 74-jährigen Patientin in einem kleinen Ort im Landkreis Kaiserslautern alarmiert, die zu Hause gestürzt ist. Die wichtigsten Informationen zum Einsatz werden von der Integrierten Leitstelle mit dem Alarm parallel – natürlich verschlüsselt – auf den Tablet-PC des Rettungswagens gesendet. Mit einem solchen Tablet-PCSystem sind in Rheinland-Pfalz alle Rettungswagen und NotarztEinsatzfahrzeuge ausgestattet. Nach neun Minuten erreicht der Rettungswagen die Einsatzstelle. Frau B. war nach der Rückkehr von einem längeren Spaziergang bei schwülwarmem Sommerwetter plötzlich übel geworden. Auf dem Weg zur Toilette trat Schwindel hinzu, aufgrund dessen sie zu Fall kam. Die erste orientierende körperliche Untersuchung zeigt lediglich Schürfwunden. Lars S. fällt beim Check der Vitalfunktionen allerdings ein beschleunigter und unregelmäßiger Puls auf. Zudem ist Frau B. etwas kurzatmig und verspürt eine leichte Enge in der Brust. Im Elektrokardiogramm (EKG) zeigt sich eine bislang nicht bekannte Herzrhythmusstörung. Lars S. dokumentiert die Angaben zur Vorgeschichte mittels einer Checkliste auf dem mitgeführten Tablet-PC. Die parallel erhobenen Vitaldaten werden automatisch in die Einsatzdokumentation übertragen – dies hilft dem Rettungsteam, sich auf die Behandlung der Patienten zu konzentrieren. Der Blutdruck ist leicht, der Puls deutlich erhöht. Lars S. beruhigt die Patientin, legt ihr einen venösen Zugang und verabreicht ihr Sauerstoff, woraufhin sich der Zustand von Frau B. langsam bessert. Noch in der Wohnung überträgt das Rettungsteam das EKG über das im EKG-Monitor eingebaute Mobilfunkmodem in das regionale Kardiologische Zentrum, welches im Rahmen eines Pilotprojekts einen 24-stündigen Telekonsildienst für den Rettungsdienst anbietet. Der diensthabende Kardiologe begutachtet das EKG und rät telefonisch zur direkten Aufnahme auf die sogenannte Chest Pain Unit (CPU), einer Spezialstation für Patienten mit akutem Brustschmerz, sowie zur Gabe von gerinnungshemmenden Medikamenten. Die Gabe dieser Medikamente fällt in RheinlandPfalz entsprechend einer Standardarbeitsanweisung (SOP) des Ärztlichen Leiters Rettungsdienst in das Kompetenzprofil von Notfallsanitätern. Lars S. verabreicht die Gerinnungshemmer und er-

Mithilfe digitaler Vernetzung kann in der Klinik bereits alles individuell für die Patienten vorbereitet werden, während diese sich noch auf dem Weg befinden. Foto: BS/Hans/pixabay.com

Technologien im Rettungsdienst. Speziell im ländlichen Raum ist es von erheblicher Bedeutung, rasch zu entscheiden, ob Patienten in die nahe gelegene örtliche Klinik oder in ein entfernteres Zentrum transportiert werden müssen. Die in diesem seit Sommer 2018 laufenden Pilotprojekt realisierte telemedizinische Unterstützung des Rettungsdienstes hat sich sehr bewährt. So konnte z.B. die Zeit bis zum Beginn einer Herzkatheteruntersuchung bei Patienten, die einen akuten Herzinfarkt erlitten haben, um Randolf Stich ist Staatssekrebeinahe 25% vertär und Amtschef im Ministemindert werden. rium des Innern und für Sport Daher soll dieses des Landes Rheinland-Pfalz. System nun weiFoto: BS/MdI RLP, Torsten Silz ter ausgebaut und landesweit in die Routine überführt werden. Von den Notallsanitäter die Klinik und beteiligten Partnern wird das Probringen Frau B. direkt auf die jekt bereits heute als Erfolg geseCPU, wo dank der Vorinformatio- hen. In der vom rheinland-pfälnen bereits alles für die Aufnahme zischen Ministerium des Innern der Patientin vorbereit ist. Nach und für Sport (MdI) eingerichteten einer Ultraschalluntersuchung Arbeitsgruppe “Telekonsultatides Herzens wird aufgrund des on im Rettungsdienst” arbeiten Verdachts auf eine erhebliche Ver- unter der Leitung von Priv.-Doz. engung eines Herzkranzgefäßes Dr. Thomas Luiz vom Fraunhofer entschieden, Frau B. unverzüglich IESE in Kaiserslautern neben dem einer Herzkatheteruntersuchung MdI die Hilfsorganisationen ASB, zu unterziehen. Hierbei kann in- DRK, JUH und MHD, die Ärztlinerhalb kürzester Zeit ein großes chen Leiter Rettungsdienst und Herzkranzgefäß aufgedehnt und die Krankenkassen gemeinsam mit einer Gefäßstützte, einem am Ziel, die flächendeckende retsog. Stent, versorgt werden. Be- tungsdienstliche Versorgung mitreits am nächsten Tag geht es hilfe digitaler Technologien noch Frau B. so gut, dass sie auf die schneller und sicherer zu machen. Normalstation verlegt werden Andere, vom MdI eingerichtete, kann. Nach weiteren vier Tagen notfallmedizinische Arbeitsgrupwird Frau B. mit der Verordnung pen erarbeiten derzeit weitere Digerinnungshemmender Medika- gitalprojekte, so z. B. eine bessere mente beschwerdefrei nach Hause Vernetzung von Rettungsdienst, Katastrophenschutz und Kliniken entlassen. Dieser Fallbericht zeigt ein- beim sogenannten Massenanfall drucksvoll die Vorteile digitaler von Verletzten (MANV). hebt dabei weiterhin regelmäßig die Vitalwerte. Auf die Nachalarmierung des Notarztes kann bei stabilen Vitalwerten verzichtet werden. Auf dem Transport verlangsamt sich der Puls weiter, bleibt aber unregelmäßig. Unterwegs wird ein weiteres EKG an die Klinik gesendet. In der Klinik können die Ärztinnen und Ärzte die übermittelten Aufzeichnungen auf einem Monitor einsehen. Nach 13 Minuten erreichen die

MELDUNG

Reform der Notfallversorgung nötig? (BS/kh) Union und SPD hatten eine Änderung am Notfallsanitätergesetz (NotSanG) angestrebt. Ziel war es, die Berufsgruppe zu befähigen, im Rahmen von standardisierten Vorgaben (SOPs) heilkundliche Maßnahmen auf Anordnung eines Arztes vornehmen zu dürfen. Dies sollte Rechtssicherheit herstellen. Allerdings gibt es in den Fraktionen nun Zweifel. Der Antrag wurde von beiden Parteien gemeinsam wieder zurückgenommen, da es Bedenken gebe, er würde doch nicht zur erwünschten Rechtssicherheit führen. Auch der Fachanwalt für Medizinrecht und Lehrbeauftragter der Ruhr-Universität Bochum, Jörg Müssig, sieht die Rolle der Notfallsanitäter in einer recht-

lichen Grauzone. Die geplante Reform ändere daran aber nichts. Die Entscheidung über das “Ob” von Maßnahmen verbleibe weiterhin beim Arzt, während die Durchführungsverantwortung für das “Wie” auf die Sanitäter als Delegationsempfänger fiele. Auch sei eine Gesetzesänderung nicht notwendig, da es sich eher um eine gefühlte als reelle Rechtsunsicherheit handele, so Müssig. “Wir führen keine Strukturdebatte”, appelliert MdB Michael Kuffer (CSU), der selbst jahrelang im Rettungsdienst sowie im Katastrophen- und Zivilschutz tätig war. Die Frage nach dem Heilkundevorbehalt bleibe aber weiterhin offen. Die primär betroffenen Ärzteverbände sind

in der Frage der Kompetenzzuweisung an Notfallsanitäter gespalten. Während die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) mehrheitlich Notfallsanitäter durchaus in der Lage sieht, aufgrund ihrer Ausbildung auch schon vor Eintreffen des Notarztes selbstständig auch mit invasiven Methoden zu helfen, sind die anästhesistischen Verbände (DGAI, BDA) sowie die chirurgischen Ärztevereinigungen wie der Berufsverband der Chirurgen (BDC) und die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) gegen eine ausdrückliche Zuweisung heilkundlicher Kompetenzen an die Notfallsanitäter.


Wehrtechnik

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ehörden Spiegel: Sie haben als Leitthema diese Jahres “digitale Kompetenz und Konvergenz” gewählt. Was bedeutet “digitale Konvergenz” für AFCEA?

Fleischmann: Wir haben dieses Thema gewählt vor dem Hintergrund, dass es uns im Wesentlichen um grundlegendes Wissen über Chancen und Gefahren der Digitalisierung und um das Zusammenwirken der Systeme und die Anwendung Künstlicher Intelligenz in heutigen und zukünftigen IT-Systemen geht. Der Fortschritt im Bereich der IT geht unheimlich schnell vonstatten. Wir brauchen daher immens viel Kommunikation, weil wir in vielen Bereichen feststellen, dass uns die Fachexpertise fehlt. Und da leistet AFCEA einen wichtigen Beitrag. “Konvergenz” haben wir in das Jahresthema eingebaut, weil die Systeme mehr und mehr zusammenwachsen. Mit zunehmender Verbesserung der Leistungsfähigkeit “intelligenter” Systeme nehmen der Grad der Automatisierung und damit die Geschwindigkeit der Operationsführung zu. Daraus leiten sich auch nicht-technische Überlegungen ab – wo liegen moralische und rechtliche Grenzen im Umgang mit technischen Fähigkeiten, wie sieht der politische Rahmen aus? Lernende, multimodale Schnittstellen werden die Mensch-MaschineInteraktion drastisch verändern. Mit welchen Anpassungen – von Technik an den Menschen bzw. des Menschen an die Technik – muss sich die Gesellschaft zukünftig auseinandersetzen. Das Bestreben, die Leistungsfähigkeit von KI-basierten Systemen auf der Skala von der manuellen Steuerung bis zur vollständigen Autonomie immer weiter zu verschieben, erfordert einerseits Klarheit über die zu erwartende technische Machbarkeit und andererseits Klarheit über die Verantwortung bei der Verwendung. Wir haben das Jahresthema mit “im Zeitalter intelligenter Systeme” ergänzt, weil wir zunehmend in die Automatisierung kommen und mit entsprechenden Algorithmen praktisch neue Verfahren und Wege beschreiten. Insofern haben wir ein Thema aufgesetzt, das vom Spektrum her breit ist und auch das Portfolio insbesondere von AFCEA inhaltlich abgedeckt. Für alle unsere Mitglieder und natürlich auch für unsere Partner, Behörden, öffent-

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ank elektronischer Unterstützungs- und Gegenmaßnahmen, Flugkörperwarner und Schlepptäuschkörper soll das “Praetorian”-System den Eurofighter und seine Besatzung zuverlässig gegen HightechBedrohungen schützen. Die Präsentation erfolgte auf der EuroDASS-Nutzerkonferenz “Future Capability”, an der wichtige Vertreter von Militär und Industrie aus Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien teilgenommen haben. Das bestehende DASS-System schützt den Eurofighter vor Bedrohungen wie zum Beispiel vor infrarotgesteuerten (beziehungsweise wärmesuchenden) oder radargelenkten Flugkörpern. Integrierte Sensoren und Störausrüstung bieten zudem Lageinformationen und eine digitale Tarnkappenfunktion, die durch moderne elektronische Täuschungsmechanismen gewährleistet wird. Das System ist bereits seit mehr als 20 Jahren zum Schutz der Besatzungen im Einsatz, unter anderem bei Friedensmissionen in Libyen und Syrien.

Sich weiterentwickelnde Bedrohungen Allerdings könnte die traditionelle Ausrichtung des Eurofighters auf Luftüberlegenheit künftig

Behörden Spiegel / November 2019

AFCEA leistet wichtige Beiträge

erfolgreich sind Sie da als AFCEA?

Dessen Vorsitzender steht Rede und Antwort (BS) Das Anwenderforum für Fernmeldetechnik, Computer, Elektronik und Automatisierung (AFCEA) Bonn e. V. umfasst als gemeinnützig anerkannter Verein ohne kommerzielle Interessen über 1.000 persönliche und mehr als 100 Firmenmitglieder. Es hat sich der Zielsetzung verschrieben, seinen Mitgliedern und der interessierten Öffentlichkeit ein Spezialforum moderner Informations- und Kommunikationstechnologie zu bieten. Seit Juni 2018 ist Brigadegeneral Armin Fleischmann dessen Vorsitzender. In dieser Eigenschaft gab er dieses Interview. Die Fragen stellte R. Uwe Proll, Chefredakteur und Herausgeber des Behörden Spiegel. liche Verwaltungen und Wissenschaft ist dies ein interessanter Andockpunkt an AFCEA. Behörden Spiegel: Was bedeutet die Unterscheidung in weiße und grüne IT? Fleischmann: Das ist eher eine historisch gewachsene Betrachtung aus der Bundeswehr. Unter der weißen IT verstand man die administrative IT, die man in der Regel mit der BWI GmbH assoziiert. Mit der grünen IT bezeichnete man die Einsatz-IT, mit der man in Einsätze geht. Das sind in der Regel auch Spezialanfertigungen, die den besonderen Bedingungen der Einsätze genügen müssen. Die Bundeswehr arbeitet nach der ITStrategie des Bundesministeriums der Verteidigung aktiv daran, weiße und grüne IT wieder zu einem gemeinsamen IT-System der Bundeswehr zu vereinen. Behörden Spiegel: Was bleibt eigentlich von traditionellen Organisationsformen und auch Denkweisen übrig, wenn man wirklich die Digitalisierung konsequent zu Ende denkt? Wie reagiert AFCEA auf diese gewaltigen Anschübe, besonders durch die frühere Ministerin von der Leyen? Haben Sie Programmpunkte, Präsentationsweisen und auch selbst Themen geändert? Fleischmann: AFCEA hat schon immer thematisch in die Zukunft geblickt, wenn man sich die Themen der letzten Jahre anschaut. Digitalisierung wird vieles verändern, auch manches, was man sich heute noch nicht vorstellen kann. Wir, als gemeinnützige, unabhängige und neutrale Plattform versuchen dabei, in einem offenen Informationsaustausch verschiedene Player zusammenzubringen und wir haben natürlich weiterhin auch ein Interesse, Zukunftsthemen im Bereich IKT aktiv zu unterstützen. So haben wir z. B. im letzten Jahr 5G-Aktivitäten verschiedener Ressorts unterstützt. Wir denken also grundsätzlich zukunftsorientiert, ressortübergreifend und versuchen,

“Ich glaube nicht, dass sich die Rolle von AFCEA ändern muss”, sagte dessen Vorsitzender, Brigadegeneral Fleischmann, im Interview. Foto: BS/Portugall

unser Programm und die Themenfelder danach auszurichten. Wenn Sie zum Beispiel unser Jahresprogramm anschauen, haben wir mit dem öffentlichen Bereich mehrere Veranstaltungen. Wir haben Fachveranstaltungen zu KI-Systemen oder über die Verteidigungsindustrie und so weiter. Auch z. B. Themen wie “Übernehmen Algorithmen die Führung?”, “Gefechtsstände 4.0” oder zu “Cyber-Verteidigung”. Also ein breites Spektrum, wo sich die Leute vernetzen können, wo wir interessante Vorträge mit Externen haben, die auch über Ethik oder rechtliche Aspekte vortragen. Ziel ist doch, Diskussionen über Impulse anzuregen, sodass man letztlich zu sach- und fachgerechten Entscheidungen kommt. Behörden Spiegel: Muss sich die Rolle von AFCEA in der Zukunft ändern? Fleischmann: Ich glaube nicht, dass sich die Rolle von AFCEA ändern muss, aber ich glaube, dass solche gemeinnützigen, unabhängigen Vereine unheimlich wichtig für die Meinungsbildung sind, weil wir sehen, dass sich der Markt mit Monopolisten entwickelt. Behörden Spiegel: Auf der Anwenderseite?

Fleischmann: Auf Anwenderund Providerseite. Und ich glaube, dass eine unabhängige, fachliche oder wissenschaftliche Beratung in diesen Zeiten wirklich notwendig ist. Es ist wichtig, ein neutrales Netzwerk zu haben, weil natürlich auch sehr viel Lobbyarbeit überall betrieben wird: im politischen Raum und in vielen anderen Bereichen.

Behörden Spiegel: AFCEA Bonn ist das erfolgreichste Chapter in Deutschland. Jetzt gibt es auch wieder eines in München, was reaktiviert wurde. Jetzt stelle ich fest: AFCEA Bonn macht in Ko­blenz große Veranstaltungen und AFCEA macht in Berlin Veranstaltungen. Ist AFCEA Bonn jetzt AFCEA Deutschland oder wie muss man das verstehen?

ungefähr 35.000 Mitglieder. Davon sind die europäischen Chapter etwa 3.500 Mitglieder stark. Das Bonner Chapter ist in Deutschland das größte in Europa, mit über 1.000 Mitgliedern. Das Chapter München ist in den letzten Jahren wieder “reanimiert” worden von der Universität der Bundeswehr München und von den dortigen Ämterbehörden. Wir arbeiten hier sehr kooperativ zusammen und unterstützen uns gegenseitig. Der stellvertretende Vorsitzende in München ist auch ein Kamerad von mir, Brigadegeneral Schlösser. Wir haben gestern erst telefoniert, d. h. wir stimmen uns auch untereinander ab. Wir führen auch Veranstaltungen in Berlin durch, wie z. B. mit den Young AFCEAN oder einen Parlamentarischen Abend, steuern dies aber von Bonn aus. Zu einem eigenen Chapter in Berlin haben wir uns noch nicht durchgerungen. Wir sind ein kleiner, ehrenamtlicher Verein mit einem kleinen Vorstand. Für uns ist das auch eine Kostenfrage. Und auch wir müssen Schwerpunkte bilden und der ist derzeit im Großraum Bonn.

Fleischmann: Ich fange mal mit unserer Internetadresse an: www.afcea.de. Da könnte man jetzt natürlich meinen, wir seien AFCEA Deutschland. Wenn man von AFCEA International ausgeht:

Behörden Spiegel: Sie haben mit den “Young AFCEANs” den Versuch unternommen, auch Nachwuchskräfte zu generieren – sowohl in der Industrie als auch auf der Behördenseite oder bei der Bundeswehr. Wie

Behörden Spiegel: Was ist für das Jahresprogramm 2020 geplant? Fleischmann: Wir werden 2020 mit dem Thema Digitalisierung weitermachen und den Schwerpunkt auf Best Practice im Bereich Digitalisierung setzen.

Vielerlei Bedrohungen

Fleischmann: Da können wir noch besser werden. Wir haben gerade erst wieder gute junge Leute gewinnen können. Einer davon wurde jetzt bei den “Young AFCEANs International” ausgezeichnet. Wir haben da eine gute, solide Basis. Das Schöne daran ist: Es haben auch viele junge Leute Interesse an AFCEA, weil wir ein neutrales Netzwerk bilden und Kontakte herstellen. Wenn ich also als “Young AFCEAN” bei AFCEA Mitglied bin, habe ich die Möglichkeit, auch mal mit Firmen, Behörden, oder Wissenschaftlichen Instituten ins Gespräch zu kommen. Wir haben sehr viele interessante Programme für die “Young AFCEANs”. Da laufen zwei, drei Fachveranstaltungen im Jahr, wo es z. B. darum geht: Wie bewerbe ich mich? Wie geht der Umstieg von der Bundeswehr oder aus dem Öffentlichen Dienst in die Wirtschaft vonstatten? Auf was muss ich achten? Das sind wichtige Punkte, die oftmals ganz interessant sind für so eine Klientel. Wir haben auch mit der Bundeswehr einen guten Fundus an Leuten, die wir für “Young AFCEANs” gewinnen und interessieren können. Behörden Spiegel: Es gibt ja dieses Cyber Security Cluster Bonn e. V. Ist das aus Ihrer Sicht eine attraktive und sinnvolle Aktivität? Würden Sie diese in Zukunft unterstützen? Fleischmann: Ich habe demnächst mit dem Vorstand von Cyber Security Cluster Bonn e. V. ein Treffen, weil wir beabsichtigen, ab nächstem Jahr gemeinsame Veranstaltungen durchzuführen. Seitens AFCEA habe ich das Mandat, uns einzubringen. Wir haben intern beschlossen, dass wir eine Kooperation mit dem Cyber Security Cluster Bonn e. V. eingehen wollen. Eine Herausforderung ist auch, solche Kooperationen mit Leben – sprich mit Inhalten – zu füllen. Aktuell haben wir zwei aktive Kooperationen mit dem Deutschen Bundeswehrverband und mit dem Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Jetzt kommt noch der Cyber Security Cluster Bonn e. V. dazu. Das sind die, die momentan auf der Agenda stehen für dieses und für nächstes Jahr.

ISR-Funktionen (“Intelligence, Surveillance and Reconnaissance”) auf dem Gefechtsfeld – wie etwa präzises Zielen und moderne Freund-Feind-Erkennung.

Konsortium stellt Konzept für künftiges EF-Selbstschutzsystem vor

(BS/Dr. Gerd Portugall) Das EuroDASS-Konsortium hat sein Konzept “Praetorian Evolution” für den künftigen Kampfflugzeug-Selbstschutz vorgestellt. Modernisierung nach KostenDas Konsortium stellt unter Beteiligung von vier Ländern das System “Praetorian” für den Eurofighter “Typhoon” her. Es besteht aus den Unternehmen effizienz Elettronica, Hensoldt, Indra und dem Konsortialführer Leonardo. Im Hinblick auf die Weiterentwick-

Das komplexe “Praetorian-Evolution”-System soll den Eurofighter zukünftig schützen.

angesichts der sich schnell weiterentwickelnden Bedrohungen in der Luft und auf dem Land beziehungsweise Wasser, etwa in Form von integrierten Luftverteidigungssystemen (IADS), infrage gestellt werden. Daher beinhaltet das neue “Praetorian-Evolution”-

Konzept einen Fahrplan, mit dem das Mehrzweck-Kampfflugzeug seine Schutzfunktion auch in den kommenden Jahrzehnten beibehalten soll. Dieses Konzept wird neben dem herkömmlichen Schutz zudem auch noch andere Selbst-

schutzaspekte einbeziehen. Auf dem Gefechtsfeld der Zukunft werden dem Eurofighter zusätzliche Aufgaben zukommen. Deshalb muss auch sein Selbstschutzsystem leistungsfähiger sein, damit der Kampfjet auch neben den Plattformen der 5. Generation

Grafik: BS/Hensoldt

und der Zukunft im Zentrum der Mischflottenverbände steht. Das Programm von “Praetorian Evolution” umfasst eine Reihe neuer und hochentwickelter Fähigkeiten, darunter die elektronische Kampfführung im Multi-Plattform-Verbund sowie

lung von “Praetorian” zur Erfüllung dieser künftigen Anforderungen sind sich die EuroDASS-Partner einig, dass diese grundlegende Modernisierung nach den Grundsätzen der Kosteneffizienz erfolgen muss. Die digitale Architektur von “Praetorian Evolution” macht nicht nur künftige Upgrades möglich, sondern optimiert zudem die Lebenszykluskosten. In diesem Zusammenhang werden auch die neuen Hardware-seitigen Fortschritte implementiert, um die Zuverlässigkeit zu steigern und die Notwendigkeit integrierter logistischer Unterstützung zu reduzieren. Die offizielle Konzeptvorstellung erfolgte im Nachgang zu der im Lauf des Jahres ergangenen Ankündigung der LTE-Studie (“Long-Term Evolution”) für das “Praetorian”-System. Mit der Studie sollen langfristig nutzbare technische Lösungen sowie Mittel und Wege erarbeitet werden, mit denen sich die künftige Modernisierbarkeit der Plattform sicherstellen lässt.


Behörden Spiegel / November 2019

D

ies vorausschickend, bekräftigen beide Regierungen ihren Willen, die Ausfuhrkontrollen für Rüstungsgüter, die ihrer bilateralen staatlichen und industriellen Zusammenarbeit entspringen, zu verringern und so den Erfolg derartiger bilateraler Rüstungsprogramme zu sichern und deutsch-französische Industriepartnerschaften zu erleichtern. Betrachtet man die Regelungen des Abkommens im Einzelnen, so geschieht dies in deutlichem Rückgriff auf das bereits im Jahr 1972 von den damaligen Verteidigungsministern Helmut Schmidt und Michel Debré vereinbarte Abkommen, welches für einen bestimmten Kreis von deutsch-französischen Rüstungsprojekten schon damals eine Harmonisierung der entsprechenden Rüstungsexportkontrollpraxis zwischen beiden Ländern vorsah. Mit dem Auslaufen der damals definierten Programme, aber auch manchen politisch divergierenden Sichtweisen hat sich nun die Frage einer Neuauflage dieses Schmidt-Debré-Abkommens geradezu aufgedrängt. Was nun beinhaltet das neue Abkommen, welches der Öffentlichkeit am 25.10.2019 vorgestellt wurde? Artikel 1 des Abkommens bezieht sich auf “Regierungsseitige Gemeinschaftsprojekte und ihre Untersysteme”, worunter Projekte wie die seit einiger Zeit viel diskutierten Programme eines “Future Combat Air Systems” (FCAS) oder eines “Main Ground Combat Systems” (MGCS) zu verstehen sind. Bei solchen Programmen wollen sich die Partner – also die Regierungen – frühzeitig über etwaige Exportmöglichkeiten und deren generelle Bewertung austauschen. Generell verpflichten sich die beiden Regierungen untereinander, einer Exportabsicht des jeweils anderen Landes

Wehrtechnik

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Abkommen über Ausfuhrkontrollen Die Sicht der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BS/Dr. Hans Christoph Atzpodien) Gemäß Mitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) vom 25.10.2019 ist am 23.10.2019 das in den letzten Monaten zwischen den Regierungen Deutschlands und Frankreichs ausgehandelte “Abkommen über Ausfuhrkontrollen im Rüstungsbereich” in Kraft getreten. In seiner Präambel bezieht sich das Abkommen auf die für beide Länder gleichermaßen geltenden supranationalen Vereinbarungen, nämlich den Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP des Rates der EU vom 08.12.2008 in der aktuellen Fassung vom 16.09.2019 sowie auf den Vertrag über Waffenhandel vom 02.04.2013, auf den deutsch-französischen Zusammenarbeitsvertrag von Aachen vom 22.01.2019, außerdem aber auch auf ihre jeweiligen nationalen Regelungen zur Rüstungsexportkontrolle. schließen. Auch hierfür gilt der politische Wille beider RegieDr. Hans Christoph Atzpodien ist Hauptgeschäftsführer des rungen, der ExBundesverbands der Deutportabsicht des schen Sicherheits- und Veranderen Landes teidigungsindustrie (BDSV). nur im Ausnahmefall – nämlich Foto: BS/BDSV bei unmittelbaren Interessen nicht zu widersprechen. Eine oder Gründen der nationalen Ausnahme von dieser generel- Sicherheit – zu widersprechen len Tolerierungspflicht soll nur (wiederum nach Konsultation dann gegeben sein, wenn sich etc.). das andere Land auf seine unmittelbaren Interessen oder sei- Neuland betreten ne nationale Sicherheit beruft. Wirkliches Neuland haben Dies löst jedoch einen vorherigen beide Seiten mit Artikel 3 des Konsultationsprozess aus, wofür Abkommens betreten, dem sog. wiederum ein entsprechendes “De-Minimis”-Grundsatz. HierHigh-Level-Gremium installiert nach sollen von einem Hersteller werden soll, welches in Artikel der einen Vertragspartei entwi4 des Abkommens näher gere- ckelte Rüstungsgüter, soweit gelt wird. Außerdem muss sich sie weder unter Artikel 1 oder das widersprechende Land um Artikel 2 des Abkommens fallen, anderweitige Lösungen zur Er- sofern sie in Rüstungssysteme möglichung der Exportabsicht eines Herstellers der anderen Vertragspartei integriert werden bemühen. Eine ähnliche Regelung wie – in Artikel 3 als “Zulieferteile” für “Regierungsseitige Gemein- bezeichnet –, dann keiner eigeschaftsprojekte” findet sich in nen RüstungsexportkontrollbeArtikel 2 des Abkommens auch urteilung unterliegen, wenn der für “Rüstungsgüter aus indus- Zulieferanteil nicht mehr als 20 trieller Zusammenarbeit”. Ge- Prozent des Wertes des von dem meint sind hier unter anderem anderen Hersteller produzierten auch solche Initiativen, die zum Gesamtsystems beinhaltet. Die Beispiel unter dem “European entsprechende Genehmigung für Defence Fund” (EDF) von der den Zulieferanteil ist – wie es in Industrie selbst ausgehen und Artikel 3 heißt – unverzüglich zu dabei deutsche und französi- erteilen. Der 20-Prozent-Schwelsche Rüstungsunternehmen ein- lenwert findet sich in Anlage 1

zu dem o. g. Abkommen, wo unter anderen auch geregelt wird, dass sich der Gesamtwert als Bezugsgröße ohne Nebenleistungen wie Schulung, Instandhaltung etc. versteht. Ferner wird in der Anlage 1 auch die bereits aus Artikel 1 und 2 des Abkommens bekannte Widerspruchsmöglichkeit aus Gründen der unmittelbaren Interessen oder der nationalen Sicherheit eingeräumt. Findet die De-Minimis-Regelung Anwendung, dann ist allein die für die Genehmigung des Gesamtsystems verantwortliche Regierung für die Einhaltung der ausfuhrrechtlichen Bestimmungen inklusive der Endverbleibskontrolle zuständig. Nicht zuletzt aufgrund vorweglaufender “Begleitmusik” aus französischen Medien verband sich mit dieser De-Minimis-Regelung bei der deutschen Verteidigungsindustrie die Sorge, sie könne hier gleichsam “systemisch” in die unangemessene Rolle eines Juniorpartners zur französischen Konkurrenz gedrängt werden. Nach Durchsicht des Abkommens kann insoweit jedoch weitestgehend “Entwarnung” gegeben werden. Dies liegt vor allem daran, dass in einer weiteren Anlage zum Abkommen (Anlage 2) die dort aufgelisteten, als Kriegswaffen einzustufenden Produkte ausdrücklich aus der Anwendung der De-MinimisRegelung ausgenommen werden. Aus Sicht der deutschen Vertei-

digungsindustrie sind die Regelungen des Abkommens alles in allem ein Schritt in die richtige Richtung, nämlich insbesondere zwischen engen Verbündeten bei Fragen des Rüstungsexportes bewusst aufeinander zuzugehen und politisch eine weitgehende Harmonisierung der anzuwendenden Maßstäbe anzustreben, auch wenn die generellen Sichtweisen zum Rüstungsexport nach wie vor in Deutschland und Frankreich deutlich auseinandergehen. Während Deutschland vor allem den sensiblen Export in sog. Drittländer (also andere als EU-, NATO- oder NATO-gleichgestellte Länder) bewusst restriktiv handhabt, steht Frankreich zum Export seiner Rüstungsgüter als

einem zentralen strategischen Interesse und einem wichtigen Element seiner Außen- und Sicherheitspolitik. Daher wird in der Praxis sehr viel davon abhängen, wie vor allem die deutsche Bundesregierung in ihrer gegenwärtigen Zusammensetzung mit den Ausnahmetatbeständen umgehen wird, die das Abkommen im Bedarfsfall einräumt. Was in diesem Zusammenhang “unmittelbare Interessen” und Belange der “nationalen Sicherheit” sind, wenn es im konkreten Fall um gemeinsames Handeln zusammen mit Frankreich geht, wird in der konkreten Ausfüllung am Ende entscheidend sein. Ein enger Austausch und Konsultationsprozess mögen hier zur Annäherung beitragen. Ohne den auf Konsens gerichteten politischen Willen zur Gemeinsamkeit gerade auch von deutscher Regierungsseite wird es aber nicht gehen. Dies gilt es heute wie aber auch für künftige Bundesregierungen zu beherzigen. Wenn dies gelingt, kann auch die deutsche Sicherheits- und Verteidigungsindustrie mit dem Abkommen leben.

Dieses Jahr wurde erstmals ein FCAS-Modell in Originalgröße der Öffentlichkeit in Le Bourget vorgestellt. Foto: BS/Portugall


Verteidigung

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“Technolution”

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llerdings! Technologie fordert die Akzeptanz des Menschen. Daraus resultierende Verände­ rungsprozesse finden mit einer sehr hohen und stetig zuneh­ menden Geschwindigkeit statt. Diese Prozesse unterliegen einer permanenten Veränderung – ei­ nen Status quo wird es in der be­ kannten Form nicht mehr geben. “Agil” lautet die neue Devise. Erst wenn der Mensch den (persönli­ chen) Nutzen der Digitalisierung für sich erkennt und lebt, ist der Weg geebnet, damit Produktivität für die Gemeinschaft gesteigert wird. Dabei verschmelzen reale und virtuelle Welt immer mehr, Infor­ mationen sind ortsunabhängig, mobil und jederzeit verfügbar. Dies eröffnet vielfältige neue Chancen für die Luftwaffe, die Bundeswehr und unsere Ge­ sellschaft. So sind laut Generalleutnant Dr. Ansgar Rieks, Stellvertreter des Inspekteurs der Luftwaffe und Beauftragter des Inspekteurs der Luftwaffe für Digitalisierung, nicht nur Fähigkeiten, Struk­ turen, Prozesse und Strategien im Zuge der Digitalisierung der Bundeswehr wichtige Gesichts­ punkte, sondern auch Werte und Überzeugungen. Diese seien auch für die jungen Menschen wichtig, deren Expertise bei der Digitalisierung der Streitkräf­ te von hoher Bedeutung sind: “Wir müssen die Digitalisierung unserer Luftwaffe systematisch in allen ihren Facetten einbezie­ hen und steuern. Das bezieht übrigens alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Luftwaffe ebenso ein wie die Bundeswehr als Ganzes und unsere Partner außerhalb”, so General Rieks. Gerade die Luftwaffe, als hochtechnologische Organisationsein­ heit innerhalb der Bundeswehr, würde mit einer Verlangsamung

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or- und ausgestellt wurden logistische und taktische Fahrzeuge von Mercedes-Benz. Innerhalb von Daimler Trucks ist der Bereich MBS verantwortlich für die Entwicklung und Pro­ duktion der Sonderfahrzeuge, wie u. a. der Baureihen Unimog (Universal-Motor-Gerät) und des klassische Offroad-Truck-Hau­ benwagen Zetros. Als Highlight und Weltpremiere stellte Daimler den Zetros New Generation mit Euro-III- bis EuroV-Motoren vor, dessen Produk­ tion gerade angelaufen ist. Mit Impulsvorträgen aus Wirtschaft und Verteidigung wurden Lösun­ gen aus den aktuellen Angeboten erläutert und den Anforderungen der Truppe gegenübergestellt. Erwähnt wurde u. a. das Mis­ sion Mobility Upgrade (MMU), eine Lösung für den Betrieb von Lkws mit Euro-VI-Antrieben in Einsatzgebieten, in denen nur “schlechte” Kraftstoffe mit hohen Schwefel- und Fremdstoffanteilen verfügbar sind. Vernetzung, Autonomie, verteilte Dienste und elektrische Antriebe wurden im Hinblick auf fahrerund systemgesteuerte Fahrzeu­ ge zukunftsorientiert diskutiert und die Herausforderungen von Automatisierungen hinsichtlich der logistischen Umfelder und Situationen in Einsatzgebieten erläutert. Im Rahmen des um­ fangreichen Partner-Netzwerkes von Mercedes-Benz erläuterte u. a. auch ein Vertreter der Firma Diehl, Dipl. Ing.-Jürgen Köberle, die Entwicklung sowie den Stand laufender Testphasen für den Einbau ihrer Komponenten und in verschiedenartige takti­ sche Fahrzeuge mit verschiede­ nen Verwendungsszenarien auf Mercedes-Benz-Plattformen. Die Baureihen aus ziviler Groß­ serienproduktion haben sich im zivilen und Verteidigungsumfeld bewährt. Das gesamte Spek­trum an logistischen Fahrzeugen für Anwendungen im Verteidigungs­

Behörden Spiegel / November 2019

Die Luftwaffe wird digital integriert (BS/Oberst d. R. Jürgen Imhoff*) Digitalisierung ist die DNA und fester Bestandteil aller Prozesse der Luftwaffe. Die Luftfahrt ist führend, wenn es sich um Themen der “Technolution” handelt: die Verknüpfung von Technologie und Innovation. Luftfahrt ist der Lackmustest für die Alltagstauglichkeit – haben sich Innovationen in der Luftfahrt standardisiert und durchgesetzt, ist der Verfügbarkeit im Alltag der Weg geebnet.

Die Luftwaffe setzt heute schon in großem Umfang auf digitale Technik: Mehr als 80 Rechner arbeiten im Eurofighter “Typhoon”. Foto: BS/Portugall

dieser Entwicklung die Zukunfts­ fähigkeit aufs Spiel setzen. Hier gilt es, Schlüsseltechnologien und Innovationen zu erkennen, zu fördern und zum Einsatz zu bringen. Entscheidungs- und Handlungsfreiheit machen dabei den Kern der in diesem Zusam­ menhang geforderten digitalen Souveränität aus. Doch in Zeiten globaler Datenströme bemessen sich diese nicht an nationalen Grenzen, sondern an techno­ logischen Kompetenzen: dem notwendigen Wissen für unab­ hängige Entscheidungen und den erforderlichen Fähigkeiten für selbstbestimmtes Handeln.

Die Luftwaffe setzt heute schon in großem Umfang auf digitale Technik.

Digitalisierung auf dem Vormarsch Künstliche Intelligenz (KI), “Mixed Reality” und der Einsatz von Drohnen sind einige Projekte und Themen, die bereits ange­ dacht und erprobt werden. Der größte Nutzen aus diesen EinzelMaßnahmen der Digitalisierung ergibt sich durch die Vermeidung einer isolierten Betrachtung (sog. Silo-Denken). Vielmehr geht es darum, eine durchgängige Stra­ tegie und Plattform zu etablieren,

die auch eine Veränderung der Handlungsweisen einbezieht. Um diesen Aspekt zu verdeutli­ chen, betrachten wir das Beispiel der proaktiven Instandsetzung und Wartung. Eine große He­ rausforderung ist das Manage­ ment von Wartung, Reparatur und Überholung von militäri­ schen Gütern (u. a. Fahrzeuge, Flugzeuge, Schiffe, Waffensys­ teme, Roboter etc.). Hier kön­ nen Algorithmen der Prediktiven Analyse helfen, Ausfallzeiten zu reduzieren, und das bei gleich­ zeitiger Kostensenkung. Zustände von Geräten und Systemen wie Treibwerken etc. werden hier­

zu kontinuierlich über das Netz überwacht. Dank des maschi­ nellen Lernens können proaktiv Warnzeichen erkannt werden, die zu einem Geräteausfall führen. Außerdem können optimale Service-Level und -Intervalle auf Basis der tatsächlichen und vorhergesagten Nutzung getroffen werden. Anleitungen für tatsäch­ liche Instandsetzungsarbeiten können dann mittels der “MixedReality”-Brille “Hololens” direkt zu dem realen Objekt eingeblen­ det werden. So können bspw. bei Arbeiten an einem Triebwerk oder an der Hydraulik die Arbeits­ schritte und die zu bearbeitenden Bauteile angezeigt und durch die Brille virtuell umrandet werden. Zusätzlich kann das Sichtfeld der Brille “remote” geteilt wer­ den, sodass andere Experten an anderen Orten mit einbezogen werden können. Was wird anhand dieses Bei­ spiels deutlich? Nur der Einsatz einer vernetzten, hochleistungs­ fähigen IT-Infrastruktur treibt die Fähigkeiten dank des integrativen Ansatzes, der Methoden der KI und der massiven Skaleneffekte einen entscheidenden Schritt wei­ ter. Alle Einzelsysteme kommuni­ zieren über ein gemeinsames Netz und können mithilfe des “Inte­ rnets der Dinge” (IoT) miteinander Informationen austauschen. Allen Akteuren, Sensoren, der Führung und den Effektoren wird ermög­ licht, auf die Fähigkeiten der an­ deren zuzugreifen und sie je nach Bedarf zu nutzen. Dieser Ansatz

Mercedes-Benz DVE 2019 Zukunftsorientierte Leistungsschau (BS/Björn Trotzki*) Ende Oktober präsentierte MBS (Mercedes-Benz Special Trucks) auf dem Daimler-Offroad-Gelände Ötigheim im Rahmen der Leistungsschau DVE (Defence Vehicle Experience) 2019 sein Produktspektrum von der G-Klasse über hochgeländegängige Unimogs und Zetros bis zu Schwerlast-Lkw und Sattelzugmaschinen. Gäste aus dem Bereich Beschaffung, Verteidigung und Industrie konnten sich nach einer dynamischen Leistungsschau sämtlicher Fahrzeuge auch selbst hinter das Steuer setzen oder auf dem werkseigenen Off-Road-Parcours mitfahren. Das einzigartige Raumkonzept ermöglicht für MedEvac-Aufgaben (Medizinische Evakuierungen) die Integration einer Trage, um Verletzte schnell aus unmittel­ baren Gefahrenzonen zu bergen. Alternativ lässt sich das agile Fahrzeug mit Sitzen für bis zu sechs Soldaten inklusive ihrer Ausrüstung ausstatten. Die ver­ bleibende Zulademöglichkeit für Ausrüstung, Gerät und Verpfle­ gung ermöglicht auch längere Patrouilleneinsätze.

Unimog U 4023 Sanitätsfahrzeug Der sehr agile U 4023 mit um­ fangreich medizinischer Ausrüs­ tung ausgestattetem Kofferaufbau und Sanitätsinneneinrichtung der Firma Binz steht beispielhaft

Der Arocs 2643 LS 6x4 der Lkw-Baureihe der Marke Mercedes-Benz der Daimler AG

bereich deckt Mercedes-Benz mit den Baureihen Actros, Arocs, Atego, Unimog, Zetros, Sprinter und G-Klasse ab. Die Produktpa­ lette war auf der DVE (Defence Vehicle Experience) in Ötigheim ausgestellt.

Mercedes-Benz Zetros, neue Generation Die 2. Generation dieses auf Halt­ barkeit und einfache Bedienung hin entwickelten Fahrzeugkon­ zepts ist auf die Anforderungen in den Märkten außerhalb Europas ausgerichtet. Der neue Zetros bietet weiterhin die besonderen konzeptbedingten Vorzüge eines Hauben-Lkw, gepaart mit ausge­

prägter Robustheit und Gelän­ degängigkeit. So werden künftig alle Zetros von einem besonders leistungsstarken, aber robusten Reihensechszylindermotor mit 12,8 Liter Hubraum angetrieben. Die neue Generation des Zetros wird zunächst als Dreiachser mit Allrad in Emissionsstufe Euro III eingeführt. Weitere Varianten als Zwei- und Dreiachsers (4x4, 4x2, 6x2) in den Emissionsstufen Euro III und Euro V folgen in den nächsten Monaten. Der Start der Produktion der 2. Generation des für schwere Einsätze ausgelegten Haubenwagens erfolgte im Okto­ ber dieses Jahres.

fördert synergetische Effekte und ermöglicht zudem Reaktionen auf Situationen, die nicht vor­ hergesehen werden konnten und welche die Einzelsysteme mit dem zugehörigen Einsatzfokus für sich allein genommen nicht adressie­ ren können. Diese Korrelation von Informationen ist insbesondere in den neuen Handlungsfeldern der Luftwaffe erforderlich. Fazit: Die Digitalisierung er­ weitert den Operationsraum der Luftwaffe um vollkommen neue Möglichkeiten. Für die Erstel­ lung eines einheitlichen, hoch­ qualitativen und konsistenten Lagebildes ist die Vernetzung von Menschen, Geräten, Waffensys­ temen etc. ebenso notwendig wie die einheitliche Abbildung dieser Hauptprozesse der Luftwaffe auf einer zukunftsorientieren offenen Architektur. Setzt die Luftwaffe auf einer solchen Basis auf, so stellt die­ se zugleich eine solide Basis für vernetzte Konfliktvermeidung, -bewältigung, -eindämmung und -lösung dar, da eine solche Plattform eine Gesamtstrategie, u. a. über die Handlungsfelder Militär, Wirtschaft, Diplomatie, Entwicklungshilfe, Rechtswesen, Verwaltung und Finanzierung, ermöglicht. Daten aus diesen unterschiedlichen Bereichen können in Echtzeit, skalierbar und mit Mehrwert versehen auf­ bereitet, verknüpft und intelli­ gent miteinander in Beziehung gesetzt werden. Die zielgerichtete Bereitstellung für definierte An­ wendergruppen über Rollen- und Rechtekonzepte sowie mit siche­ ren Verschlüsselungsmethoden versehen, ist hierbei ein weiteres Schlüsselelement. *Oberst Jürgen Imhoff ist Reservist im Kommando Luftwaffe, in der Industrie leitet er ein internationales Team bei Microsoft.

für die Eignung des U 4023 zur Nutzung als geländegängiges Am­ bulanzfahrzeug. Der U 4023 San ist ein Prototyp für das geländegän­ gige, ungeschützte Krankentrans­ portfahrzeug der Bundeswehr. Weiter vorgestellt wurden bei der DVE 2019 die geländegängigen Fahrzeuge der Arocs-Baureihe, welche mit schadstoffarmen Eu­ ro-VI-Motoren ausgestattet sind und die Basis für verschiedene logistische Anwendungen sind. Die Mercedes-Benz-Qualität wurde auch bei den auf der DVE 2019 vor­ gestellten, mehreren verschiedenen Varianten des Unimogs (U 5000, U 5023 und U 4023) dargestellt; nahezu jedes Gelände können die weitverbreiteten und sowohl im zivilen Einsatz stehenden als auch den militärischen Anforderungen gerecht werdenden Arbeitstiere queren. Mercedes-Benz zeigte mit sei­ nem MBS-Bereich auf der DVE 2019 eine zukunftssichere Ent­ wicklung von geländegängigen Sonderfahrzeugen, welche dem weltweiten Netzwerk anspruchs­ voller Bedarfsträger aus den ver­ schiedensten Nutzungsbereichen gerecht wird.

Fotos: BS/Portugall

Mobilität für Spezialkräfte Besondere Aufmerksamkeit der Besucher fiel auf das bei der DVE 2019 vorgestellte Mercedes-Benz G 300 CDI MRV (Multi-Role-Ve­ hicle). Auf Basis des hochmobilen LAPV-6.1-Fahrgestells hat Mer­ cedes-Benz ein offenes Fahrzeug für Spezialkräfte mit Minenschutz und einem hüfthohen ballisti­ schen Schutz realisiert. Das oben offene Fahrzeug mit einer Höchstgeschwindigkeit von über 120 km/h kann für vielfältige Aufgaben von Spezialkräften aus­ gerüstet werden. Durch den Ent­ fall des geschützten Dachs steht der verfügbare Raum für eine höhere Nutzlast zur Verfügung.

Der Mercedes-Benz G 300 CDI MRV (Multi-Role-Vehicle) für Spezialeinheiten wie das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr


Melden Sie sich zu Europas führ ender Veranstal Sicherheit und tung für Verteidigung au f www.euro-defe nce.eu an!

26. – 27. November 2019 Vienna House Andel’s Berlin Bilder von der BSC 2018

Europe and its external challenges – a 360° approach in uncertain times Partnerland BSC 2019: Italien Highlights im Hauptprogramm, u. a. > HIGH-LEVEL-DEBATTE: Europäische Sicherheit und regionale Stabilität – Kohärenz in Zeiten des epochalen Übergangs? > HIGH-LEVEL-INTERVIEW: Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates – Frauen, Frieden und Sicherheit > MILITÄRISCHES HIGH-LEVEL-FORUM: Mittelmeer und Nordafrika – Streben nach regionaler Stabilität zur Verbesserung der europäischen Sicherheit > FORUM ZUKÜNFTIGE STREITKRÄFTE: Die europäische Verteidigungsarchitektur – Herausforderungen und Schwachstellen im Vergleich zu Innovation

Fachforen, u. a. > PESCO – ein wichtiger Schritt der EU-Verteidigungsstrategie > Streitkräfte – multinationale Verbände in einem 360°-Ansatz > Terrorismus – die Zukunft der Bekämpfung der globalen Bedrohung > Digitalisierung versus Cyber-Bedrohungen – Multidomain-Operationen im Rahmen der digitalen Kriegsführung > Mobile Militäroperationen – neue Technologien für die Führung > Rüstungskontrolle – wie kann man ein neues Wettrüsten in Europa verhindern? > Konfliktszenarien der Zukunft – die Auswirkungen der Digitalisierung

150 Top-Refenten, u. a.

Lorenzo Guerini Verteidigungsminister von Italien

Miroslav Lajc̆ák Minister für Äußere und Europäische Angelegenheiten der Slowakischen Republik

General Enzo Vecciarelli Generalstabschef der Italienischen Streitkräfte

Botschafterin Susanne Baumann Beauftragte der Bundesregierung für Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle

Ine Marie Eriksen Søreide Außenministerin von Norwegen

Dr. Peter Tauber MdB Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung

General Claudio Graziano Vorsitzender des Militärausschusses der Europäischen Union

Niels Annen MdB Staatsminister beim Bundesminister des Auswärtigen

Dr. Judit Varga Ministerin für Justiz und Europäische Angelegenheiten von Ungarn

General Eberhard Zorn Generalinspekteur der Bundeswehr

Weitere Informationen und Anmeldung  www.euro-defence.eu Veranstalter

Fotos: Dombrowsky; Bundeswehr 2018, BPA, Kugler; BMEIA; kormany.hu; privat


Verteidigung

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as Atlantische Bündnis schaut vor allem mit Sorge auf Russland. Botschafter Dr. Hans-Dieter Lucas, Ständiger Vertreter der Bundesrepublik im Nordatlantikrat in Brüssel, wies darauf hin, dass der größte Staat der Erde ein “sehr, sehr schwieriger Nachbar” sei. Aber: “Gerade bei wachsenden Spannungen bedarf es des Dialoges – auch wenn dieser schwierig ist”, so der deutsche NATO-Botschafter. Ein weiterer wichtiger Faktor sei “das Erscheinen Chinas im euro-atlantischen Raum als eigenständiger sicherheitspolitischer Akteur”, betonte der Diplomat. Ein “schwieriger Verbündeter” sei die Türkei, wie man aktuell aufgrund der Militäroffensive in Nordsyrien erleben müsse. Aber: Das Land am Bosporus “bleibt von großer strategischer Bedeutung”, so Dr. Lucas weiter. Aber: Die von Präsident Erdogan befohlene Militäroperation gegen die Kurden “ist für mich ein Überfall der Türkei auf Syrien”, so Hellmich. Dabei habe Europa bisher “keine gute Figur gemacht.” Sebastian Hartmann, Bundestagsabgeordneter und Vorsitzer der NRW-SPD, ergänzte, dass die türkische Aktion “unvereinbar mit europäischen Werten” sei.

Behörden Spiegel / November 2019

Einiges Europa gefordert Petersberger Sicherheitsgespräche 2019 (BS/Dr. Gerd Portugall) “Wir erleben eine Krise des Multilateralismus und Europa befindet sich in Turbulenzen.” Diese wenig ermutigende Lagediagnose erstellte Wolfgang Hellmich, SPD-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, Mitte Oktober bei den Petersberger Sicherheitsgesprächen. Der einzige Ausweg: “Wir brauchen ein einiges Europa.” Und: “Wir brauchen auch die Vereinigten Staaten für die Einigkeit der NATO”, so der Sozialdemokrat.

Großübung “Defender 2020” Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis (SKB) und Nationaler Territorialer Befehlshaber, berichtete von den Vorbereitungen zur NATO-Großübung “Defender 2020”. Im Mittelpunkt werden dabei die US-Streitkräfte stehen: 17.000 GIs, die bereits in Europa stationiert sind, werden mit Masse durch Deutschland in Richtung Polen und Baltikum verlegt. Zudem stoßen noch 20.000 weitere US-Soldaten hinzu, die von Nordamerika aus über den Atlantik herangeführt werden. General Schelleis verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass

Erste Diskussionsrunde auf dem Petersberg (v.l.n.r.): Oberst a. D. Hans-Joachim Schaprian (Moderator), Dr. Hans-Dieter Lucas (deutscher NATO-Botschafter), Wolfgang Hellmich, MdB (Vorsitzender des Verteidigungsausschusses) und Prof. Dr. Johannes Varwick (Präsident der GSP). Foto: BS/Portugall

es sich um eine andere Dimension handele als während des Kalten Krieges. 1988 seien im Rahmen der REFORGER-Übung (“Return of Forces to Germany”) 125.000 US-Soldaten nach Europa verlegt worden. Aber immerhin sei “Defender 2020” die größte ame-

reagieren werde. “Wir wollen die öffentliche Diskussion”; diese sei auch ausdrücklich “Teil der Übung”, so der Inspekteur der SKB. Über "Herausforderungen in der Bündnisverteidigung für die NATO" referierte Generalleutnant

Jürgen Knappe, Kommandeur des “Joint Support and Enabeling Commands” (JSEC) in Ulm. Im Juni des vergangenen Jahres hatten die NATO-Mitglieder zugestimmt, in Ulm eines der beiden neuen Kommandos der Allianz – das JSEC, das andere ist das

AfD und Bundeswehr

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ie AfD ist die größte frei gewählte Oppositionspartei im Deutschen Bundestag. Das erlaubt die Frage, wieso es Aufsehen erregt, wenn ein ehemalig hoher Staatsdiener und früheres CDU-Mitglied in diese Partei eintritt und sich um ein Wahlamt (Oberbürgermeister von Hannover) bewirbt? Müsste sich nicht vielmehr die moralische Rigidität der Besorgten hinterfragen lassen, mit der in simplem Freund-Feind-Schema verurteilt und insbesondere auch vorverurteilt wird? In der Berichterstattung über Generalleutnant a. D. Joachim Wundrak wird auch ein 50-seitiges Positionspapier (“Streitkraft Bundeswehr”) des Arbeitskreises Verteidigung (AK12) der AfD-Fraktion behandelt. Der Arbeitskreis besteht aus zehn Mitgliedern, alle verfügen über militärischen oder polizeilichen Hintergrund. Die Kritik von drei Spiegel-Redakteuren präsentiert die herkömmlichen Argumente von Journalisten, die ihre nichtexistente Erfahrung mit einer nationalen Verteidigungsstrategie durch “Political Correctness” ausgleichen müssen. Um es deutlich zu sagen: die AfD hat kein ministeriell verwertbares Strategiepapier vorgelegen können, dies ginge über ihre Qualifikation hinaus. Es ist aber das erste Mal, vermutlich seit Aufstellung der Bundeswehr, dass eine interessierte Öffentlichkeit in einem verständlichen Papier nachlesen kann, welche allgemeinen Aspekte zur Aufrechterhaltung einer Armee überhaupt bedacht werden müssten. Klar ist auch, dass das Papier vor Pathos strotzt und Einzelphänomene auflistet, die völlig abzulehnen sind. Ein eklatantes Beispiel ist die Forderung nach “unabhängiger Militärjustiz”.

rikanische Truppenverlegung seit einem Vierteljahrhundert. “Die gute Nachricht lautet: Die zivilmilitärische Zusammenarbeit (ZMZ) läuft sehr gut.” Abzuwarten bleibe, wie die deutsche Bevölkerung auf die damit verbundenen Behinderungen und Belastungen

Ohne garantierte Meinungsvielfalt geht die Demokratie zugrunde! (BS/Oberst a. D. Wolf Poulet) Eine typisch deutsch zu nennende Politposse aus dem Sommer des Jahres: Ein Ex-Generalleutnant der Luftwaffe outet sich nach 44-jähriger Dienstzeit im September des vergangenen Jahres als Mitglied der Alternative für Deutschland (AfD). Kritiker reagieren reflexhaft mit “Political Correctness” – aus den Medien wie auch einzelne Generale. dürfen sicherlich einer Versachlichung. Viel könnte erreicht werden, wenn das Parlament die Aufhebung der seit Jahrzehnten obsoleten und sehr teuren Aufspaltung in “Streitkräfte” und “Bundeswehrverwaltung” verfügen würde. Hier liegt – allein schon im Beschaffungswesen – ein milliardenschweres Sparpotenzial brach, das aber vermutlich aus ideologischen Gründen nicht aus seinem Tabu-Status entlassen werden wird – es geht um die Abschaffung von Art. 87a und b Grundgesetz (GG). AK12 hat angekündigt, zu jedem der 15 Handlungsfelder (zum Beispiel Haushalt, Reservisten) zeitnah ein ausführliches Positionspapier zu veröffentlichen. Die AfD wird mit einer breiten und peniblen Begutachtung rechnen müssen.

Wolf Poulet war 30 Jahre lang Berufssoldat, zuletzt als Oberst im Generalstabsdienst der Bundeswehr. Poulet ist heute Geschäftsführender Direktor einer internationalen Beratungsfirma. Foto: BS/Privat

Als Politikberater konnte ich in Südamerika und Afrika viele Armeen/Polizeikräfte aus der Nähe betrachten. In fast allen Ländern ermöglicht die Militärjustiz, dass Menschenrechtsverbrechen und Korruption Überhand nehmen und dass kriminell handelndes Personal in den allermeisten Fällen straffrei bleibt.

Stärkung des Wehrwillens? Die Forderung der AfD, dass sich die Bundesregierung für “die Stärkung des Wehrwillens” innerhalb der Bundeswehr und “der gesamten Bevölkerung” einsetzt, ist in jedem normalen Land selbstverständlich. Im Deutschland der "Schamabwehr" als Folge des Schuldsyndroms nach der Hitler-Diktatur gilt dies aber nicht. Das Ziel der AfD ist die Wiederherstellung der verlorenen Verteidigungsbereitschaft, genauso wie die Garantie der “staatlichen Selbstbehauptung.” Einzelne “heroisch” gelagerte Aussagen wie “Die Ausbildung unserer Soldaten entscheidet über Sieg oder Niederlage im Gefecht” erscheinen eher trivial und be-

Landtagswahl in Thüringen Das gute Wahlergebnis der Partei in Thüringen (23,5 Prozent) sollte in Bezug auf die Motivation zur Wahlentscheidung nicht überschätzt werden. Nach der ARDMorgenmagazin-Umfrage am 28. Oktober lag die Entscheidung der Wähler zugunsten der AfD zu 75 Prozent (!) in der “Enttäuschung” über die Politik allgemein. Bei allen anderen Parteien war der Faktor "Überzeugung" und damit die

Bindung an die gewählte Partei höher als bei AfD-Wählern. Möglicherweise sind viele AfD-Wähler weniger an Höckes rückwärtsbezogenes Traditionsverständnis gebunden als vielmehr an ihre selbst gewonnene politische Einstellung. Damit sind sie als Protest- und Frustwähler auch potenzielle Wechselwähler. Hier liegt eine nicht zu unterschätzende Verpflichtung (und Chance) anderer Parteien, nämlich durch Transparenz und Vermeidung der unsäglichen Schönrederei und “Political Correctness” den Bürgern die Fakten zu erläutern. Die verschiedenen AfD-Fraktionen und -Parteigliederungen scheinen intern erhebliche Spannungen zwischen dem weiter erstarkten “Höcke/Kalbitz”-Flügel und den konservativ-bürgerlichen Gruppierungen auszutragen. Anfragen zu einer “TendenzEinschätzung” wurden nicht beantwortet. Allerdings ist die Schweigsamkeit der “NormalKonservativen,” von Unsicherheit bezüglich der weiteren Entwicklung des “Mainstreams” innerhalb der AfD geprägt. Wird der rechtsradikale Flügel den Auftrieb aus den letzten drei Landtagswahlen nutzen können, um die “Lufthoheit” über weitere, auch westdeutsche (und personalstärkere!), Landesparteien erweitern zu können? Wer nach der Thüringen-Wahl den TV-Interviews von Herrn Höcke zuhörte, konnte feststellen, dass der “Wolf Kreide gefressen hat” und “bürgerlich”

formulierte. Man darf gespannt sein, ob und inwieweit diese Zurückhaltung von Dauer sein wird.

Faktor Geschichte Auch wenn der Verfassungsschutz inzwischen nicht mehr nur von Einzelfällen, sondern von rechtsorientierten Strukturen ausgeht, kann man die Bundestagsabgeordneten des AK12 wie auch die Mehrzahl der übrigen Ex-Militärs oder Polizisten innerhalb der AfD auf dem Boden der “freiheitlich demokratischen Grundordnung” verorten. Das personifizierte Idol des Militärs ist und bleibt Oberst i. G. Graf Stauffenberg. Sein Ethos war im Jahr 1944 nicht demokratisch im heutigen Sinne, sondern damals auf das für ihn “heilige Deutschland” gerichtet. Das Ethos der Berufs- und Zeitsoldaten ist jedoch greifbar: das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Eine zentrale Frage bleibt offen, bei “durchaus nachvollziehbarer Ablehnung und dem Frust” über die unvollkommene Politikgestaltung unserer Regierung: Wie ist es möglich, dass man nach Kenntnis der grauenvollen Geschichte des III. Reiches bei rassistisch gefärbten Aussprüchen in Begeisterung ausbricht? Hat keiner der Zeitgenossen/-innen erlebt, dass Großvater und Vater als Soldaten in zwei Weltkriegen dem Land dienen mussten und danach Faschismus und Rassismus als total wahnsinnige Verbrechen ablehnten?

“Joint Force Command Norfolk” (JFCNF) in den USA – einzurichten, das bei Aktivierung dem militärstrategischen NATO-Hauptquartier “Supreme Headquarters Allied Powers Europe” (SHAPE) untersteht und für Truppen- und Materialtransporte sowie deren Schutz und Einsatzbefähigung in Europa verantwortlich zeichnet. Kurz darauf begann in der Ulmer Wilhelmsburg-Kaserne ein Aufstellungsstab seine Arbeit. Bis Oktober 2021 soll das JSEC seine volle Einsatzbereitschaft herstellen. Deutschland hatte angeboten, als Rahmennation das “Kommandozentrum für den rückwärtigen Raum” zu übernehmen. Mit der Sicherstellung der Handlungsfähigkeit im rückwärtigem Raum stellt das JSEC auch die Operationsfähigkeit des SACEUR sicher. “Wenn man im Spannungs- oder Krisenfall schnell Truppenbewegungen über große Strecken innerhalb Europas unternehmen muss, dann muss das genau geplant sein und mit großer Geschwindigkeit und Effizienz vor sich gehen”, hatte die damalige Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen den Auftrag des neuen NATO-Kommandos umschrieben. Mitte Oktober hatten – wie in den Vorjahren – die Gesellschaft für Sicherheitspolitik e. V. (GSP), der SPD-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Hellmich sowie die Karl-Theodor-Molinari-Stiftung (TKMS) des Deutschen Bundeswehrverbandes zu den 15. Petersberger Gesprächen zur (äußeren) Sicherheit geladen. Dieses Jahr lautete das Thema der Veranstaltung “Bündnisverteidigung heute: NATO und EU unter Druck.” Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Hellmich ist auch Mitglied im Beirat der Berliner Sicherheitskonferenz (BSC), die wieder Ende November in der Bundeshauptstadt stattfinden wird.

Es geht um die Bundeswehr, die nach Urteil des Wehrbeauftragten (SPD) und der überwiegenden Mehrheit von Kommentatoren des befreundeten Auslands, nach 14-j-ähriger Verantwortung durch eine CDU-geführte Regierung als nicht mehr verteidigungsfähig angesehen wird. Hinzu kommt, dass die heutige SPD-Führung sich fast ausnahmslos als Widersacher des einzigen Sozialdemokraten – Bundeskanzler a. D. Helmut Schmidt – versteht, der jemals ein tiefgreifendes Verständnis von Verteidigung und Strategie formulieren konnte. Welcher Politiker hat das nachgelesen: “Auch heute und in Zukunft haben wir Deutschen es dringend nötig, die Lage der Welt, die Lage Europas und unsere eigene Lage methodisch zu analysieren, um unsere eigene politische und militärische Strategie zu fundieren.” Nicht zuletzt Helmut Schmidts Intervention bei den US-Präsidenten Carter und Reagan zur Begründung der Nachrüstung (später umgesetzt durch Helmut Kohl) hat US-Präsident Bush Senior dazu bewogen, der Wiedervereinigung zuzustimmen. Hat man jemals gehört, dass die SPD darüber Stolz gezeigt hat? Oder hätte man sich doch lieber nach Osten orientiert? Zurück zur AfD: Der Chefredakteur der Neuen Zürcher Zeitung, Eric Gujer, sieht die AfD auf dem Weg zur Splitterpartei, wenn es ihr nicht gelingt, die “moderaten Rechten” anzusprechen. Gujer vertraut den Deutschen: “Eine Partei, die mit dem Nationalsozialismus und seinen Wiedergängern kokettiert, wird auf Dauer nur eine Randexistenz in der Bundesrepublik sein.” Ich bin da noch skeptisch – aber vielleicht hat man von den Bergen des Südens her eine realistischere Ansicht unserer zerrissenen Gesellschaft.


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Behörden Spiegel / November 2019

Der Selfmade-Naturschützer

aber dafür mehr Überzeugungs­ erbert Schnabels Tag be­ arbeit. Seine Aufgabe beschreibt ginnt mit einem Ärgernis. er so: “Ich muss stetig mit den Durch eine Baustelle auf der Bundesstraße 96 wird der Ver­ Bewohnern und Landnutzern kehr momentan umgeleitet und in Kontakt stehen, die Ziele des die umliegenden Landstraßen Biosphärenreservates erklären erbeben täglich unter dem Don­ (BS/Katarina Heidrich) Wie können wir unsere Naturressourcen nutzen, ohne sie endgültig zu verbrauchen oder zu schädigen? Dieser Frage geht und so Vermittler zwischen den nern mehrerer Hundert Lkws. Herbert Schnabel als Leiter der Naturwacht im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft Tag für Tag nach. Der begeisterte Menschen vor Ort und der Ver­ Doch nicht der Lärm stört den Naturliebhaber, der 2020 in den Ruhestand geht, hat den Naturschutz seit seiner Jugend mitgestaltet – und wird ihm auch in Zukunft treu bleiben. waltung sein.” Naturschutzwart, sondern die Gemeinsamer Naturschutz vielen toten Ringelnattern, die seitdem auf einer stark frequen­ Die Zusammenarbeit mit den tierten Nebenstraße zu beklagen Landnutzern ist sehr eng: Teich­ sind: 53 überfahrene Schlan­ wirte, Landwirte, Waldbesitzer gen hat er bis jetzt dort gezählt. auf der einen und Jäger auf der Zählen: Das ist eine der vielen anderen Seite. Die Beratung zu Schwerpunkttätigkeiten, die mit Förderprogrammen für eine nach­ haltige Landnutzung ist eines der der Arbeit in einem Biosphärenre­ Aufgabengebiete. Aber auch mit servat einhergehen. Das Reservat im Nordosten Sachsens umfasst den Gemeinden und Vereinen aus insgesamt rund 30.000 Hektar den umliegenden Orten herrscht Fläche, wovon etwa 13.000 Hek­ noch immer eine enge Koopera­ tar als Naturschutzschutzgebiet tion. Der Aufbau touristischer Strukturen in der Region ging ausgewiesen sind. In der teich­ reichsten Region Deutschlands von Anfang an einher mit Na­ gibt es über 1.000 kleinere Teiche turschutzmaßnahmen und der und Seen, die meist künstlich an­ Umweltbildung. Mit der Auszeich­ nung Biosphärenreservats-Part­ gelegt wurden. Über ein System aus Gräben und Rohrleitungen ner werden seit dem Jahr 2016 sind sie miteinander verbunden. darüber hinaus BeherbergungsHier im sogenannten “Land der und Gastronomiebetriebe sowie tausend Teiche” werden bereits Anbieter von Ferienwohnungen seit dem 13. Jahrhundert Speise­ gewürdigt, welche in einem be­ fische produziert – allen voran der sonderen Maß zur Förderung regi­ Karpfen. Wenn im Herbst beim onaler Wirtschaftskreisläufe, zur alljährlichen Abfischen die “Ern­ Schonung der Umwelt und zur te” des Jahres eingeholt wird, ist Erhaltung der Kulturlandschaft auch Schnabel mit an Bord. Zum beitragen. Der Veranstaltungs­ kalender des Reservats, der als einen, um festzustellen, wie sich einfaches Faltblatt begann, ist Teichbewirtschaftung und Pflege­ heute jedes Jahr prall gefüllt. Von maßnahmen auf die Artenvielfalt auswirken – und natürlich zum Filmabenden, Buchlesungen und Vortragsreihen über Angelcamps, Zählen. Insbesondere im West­ Radtouren und Exkursionen bis teil des Reservates, welcher zu zu den verschiedensten Festen Schnabels Zuständigkeitsbereich gehört, dokumentiert er akribisch Vom Elektriker zum Naturschutzwart: Herbert Schnabel ist seit 1993 im UNESCO-Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft tätig. und Aktionstagen – wie den Fi­ die verschiedenen Wasserpflan­ Fotos: BS/Heidrich scherfesten oder dem Tomatentag – ist alles dabei. Besonders für zen, Wasserinsekten, Mollusken, Krebse und Wildfische, um einen richtet Schnabel. “Insbesondere Umweltbelastungen diese mit kommen oder Erfahrungen aus können, um die Mindestgröße Kinder gibt es viele Angebote und Überblick über deren allgemeine das draußen Arbeiten hat mir sich bringen”, fasst Schnabel die dem ehrenamtlichen Naturschutz von 30.000 Hektar zu erfüllen. Ferienprogramme. So half SchnaEin Kriterium, welches für die bel seit 2015 u. a. mit, das JuniorEntwicklung zu erhalten. gefallen. Bei Reparaturarbeiten zwei Seiten seiner beruflichen mitbringen.” Anerkennung als Biosphärenre­ Ranger-Programm für Neun- bis Mit dem Zählen begann auch an Freileitungen konnte man so Laufbahn zusammen. Braunkohle wurde noch bis Vom Elektriker zum Ranger servat durch die UNESCO besteht. 15-jährige im Biosphärenreservat der berufliche Werdegang des wunderbar von oben in den Wald Naturschutz­ hineinschauen 1991 in der Brikettfabrik Zeiß­ Am 1. November 1993 war es Für jedes Dorf mussten Pläne zu etablieren. Der erwachsene wartes. Geboren und viele Tiere holz gepresst, die “bis zum letz­ dann soweit: sein Einstieg in den inklusive Untersuchungen zur Ranger setzt sehr auf den Nach­ 1956 in Witti­ ganz nah beob­ ten Tag modernisiert wurde, weil hauptamtlichen Naturschutz im Naturausstattung, zum Denk­ wuchs, wenn es um Naturschutz “Fernglas, Foto­ chenau, einer achten.” Durch man immer gehofft hat, es geht Biosphärenreservat Oberlausitzer malschutz und zu Bau- und Ge­ geht, und hat Freude daran, sein apparat, Fahrrad. sächsischen die Arbeit in weiter. Aber es ging nicht weiter.” Heide- und Teichlandschaft. Das werbegebieten angefertigt werden, Wissen weiterzugeben. der Brikettfa­ Schließlich wurde die Brikettfa­ Problem allerdings war, dass es da­ um die typischen Dorfstrukturen Die Verbindung von Natur und Kleinstadt, ist Mehr brauchte man b r i k k o n n t e brik stillgelegt und abgerissen. mals noch keine Ausbildung zum zu erhalten. Obwohl damals noch Kultur ist Schnabels Leidenschaft. Schnabel in nicht.” Zeißholz (da­ sich Schnabel Auch Schnabel war bis zuletzt Naturwächter oder für die Gebiets­ viel intensiver notwendig, gehört Seit seinem Antritt als Natur­ mals Kreis Ho­ die Grundaus­ dort, weil er aufgrund seiner betreuung gab. a u c h h e u t e schutzwart hat er insgesamt 510 yerswerda im Bezirk Cottbus) rüstung für seine spätere Kar­ Tätigkeit im Betriebsrat der Un­ Also hatte der noch die Ge­ Wanderungen durchgeführt, da­ “Ich muss Vermittler groß geworden und in Oßling zur riere zulegen. “So hatte ich eine kündbarkeit unterlag. Nun war damalige Leiter bietsbetreuung von 78 Radwanderungen, und zwischen den Schule gegangen. Das Dorf ist schöne Ausstattung. Fernglas, es erneut an der Zeit, sich um­ in bester Do-itzu den Schwer­ 470 Vorträge gehalten. Woher punktaufgaben er das so genau weiß? Weil er heute Ortsteil der Stadt Berns­ Fotoapparat, Fahrrad. Mehr zuorientieren – und im Grunde yourself-Manier Menschen vor der Ranger im gerne zählt und dokumentiert. dorf im Landkreis Bautzen. In brauchte man nicht”, erklärt er war klar, in welche Richtung selbst ein Pro­ Ort und der der 8. Klasse begann er sich in schmunzelnd. Neben der Arbeit es gehen würde. Mit der Wende gramm erstellt Biosphärenre­ In seiner Anfangszeit vermisste Verwaltung sein.” und Schulungen einer Schülerarbeitsgemeinschaft servat. Dessen der Naturschutzwart, dass das mit seinen sechs Ansatz ist die Reservat keinen Jahresbericht “Naturschutz” am Museum der Westlausitz in Kamenz zu betä­ Mitarbeitern abgehalten. Rund Integration des Naturschutzes erstellt, also begann er selbst da­ tigen und “das Wissen über die ein halbes Jahr dauerte die inter­ in die Landnutzung. Dafür war mit. Seit dem Jahr 2000 schreibt Natur zu erlernen”, wie er sich ne Ausbildung zum Ranger – ein Schnabel viel in den umliegenden der Ranger Monatsberichte für heute erinnert. Weil damals Leute Begriff, der damals noch nicht Gemeinden unterwegs und hat die Naturwacht und fasst diese in für die internationale Wasser­ gebräuchlich war. Heute hingegen Vorträge über die Besonderhei­ einem Jahresbericht zusammen. vogelzählung in den Lausitzer sind in allen Großschutzgebieten ten der Naturausstattung und In diesem Jahr wird der ange­ Teichgebieten gebraucht wur­ Deutschlands Ranger tätig. Noch die neuen Ideen für eine nach­ hende Pensionär seinen letzten ein Begriff, der zur damaligen Zeit haltige Entwicklung im Reservat verfassen. Was er dann mit seiner den, hatte das Museum junge nicht weit verbreitet war: Reservat. gehalten. Inzwischen besteht das neu gewonnen Freizeit anstellen Naturschützer mit dem Schwer­ “Schon der Name Reservat hat Biosphärenreservat seit über 20 möchte? Darauf gibt es nur eine punkt Wasservögel ausgebildet. viele in der Gegend abgeschreckt. Jahren. Aufklärungsarbeit muss Antwort: “Viel in der Natur un­ Im Laufe der Zeit übernahm der Man fragte: Was, jetzt sollen wir Schnabel heute weniger leisten, terwegs sein.” junge Naturfreund, der sich an­ plötzlich in einem Reservat leben? fänglich eher für das Wild inter­ Was wollt ihr hier überhaupt ma­ essierte, immer mehr Zählgebiete in der Region. “Das heißt, ich chen und was dürfen wir dann war eigentlich schon in meiner eigentlich noch?”, erinnert sich Jugendzeit als ehrenamtlicher Schnabel an die Anfänge. Seine Naturschutzhelfer und Orni­ Aufgabe war es, Aufklärungsar­ thologe ausgebildet”, fasst er beit zu betreiben. So wollte er den (BS/kh) Das UNESCOzusammen. Menschen die Ängste nehmen, Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und dass sie etwa bei der weiteren Ent­ Die Wende kam mit der Teichlandschaft ist das wicklung ausgeschlossen würden Wende einzige Biosphärenreser– verständliche Sorgen einer Bevöl­ vat Sachsens und eines kerungsgruppe, die sich plötzlich Um dem Naturschutz haupt­ der größten Teichgebiean neue gesetzliche Vorschriften, beruflich nachzugehen, war te Deutschlands. Bereits es allerdings noch ein länge­ Mitten in der Natur: Schnabels Arbeitsplatz im Westteil des Reservates. Auch neue Lebensformen und Bedin­ 1990 wurde der zentrale rer Weg. Nach Abschluss der Schreibtischarbeit gehört zu den Aufgaben eines Rangers. gungen anpassen musste. 10. Klasse wollte Schnabel ei­ So gab es in der Anfangszeit des Teil des gleichnamigen Naturraumes aufgrund gentlich eine Berufsausbildung als Elektriker absolvierte der kamen viele Überlegungen zum Reservates auch einige Widerstän­ seiner einzigartigen Namit Abitur machen. Doch dann spätere Naturschutzwart einen übergreifenden Naturschutz auf de und Vorbehalte zu überwin­ turausstattung als Landschaftsschutzgebiet von zentraler Bedeutung verstarben seine Eltern und er Lehrgang für Schutzgebietsbe­ und es gab Pläne, die Natur­ den. Das obersorbische Klitten unter Schutz gestellt. 1994 erfolgte die einstweilige Sicherstellung als musste umdisponieren, um sich treuung an der Zentralen Lehr­ schutzgebiete künftig hauptamt­ im Landkreis Görlitz wollte nicht Biosphärenreservat. 1996 wurde die Anerkennung als 13. UNESCOfinanziell über Wasser halten zu stätte für Naturschutz der DDR lich betreuen zu lassen. Als der komplett in das Gebiet eingeglie­ Biosphärenreservat in Deutschland nach dem Programm “Der Mensch können. “Also habe ich erst mal an der Müritz. Diese Einrichtung Naturliebhaber von Freunden dert werden, weshalb die geplanten und die Biosphäre” ausgesprochen. Wichtigster Grundsatz ist es, die ein Handwerk gelernt”, erzählt war die einzige Schulungsstätte beim Landratsamt erfuhr, dass Abgrenzungen nochmals geändert Erhaltung der Naturvielfalt mit dem wirtschaftlichen Erwerb in Einder Naturschutzwart pragma­ dieser Art in der DDR. “Ich war im Biosphärenreservat Personal werden mussten. Zum Hinter­ klang zu bringen. Von der Gesamtfläche von 30.102 Hektar ist knapp tisch. Als Betriebselektriker “in schon früh im ehrenamtlichen für den Aufbau einer Naturwacht grund: Klitten sollte zu DDR-Zeiten die Hälfte heute Naturschutzgebiet. Fast 2.000 Hektar der Fläche der Kohle”, genauer gesagt in Naturschutzdienst der Kreise gesucht wird, war für ihn gleich abgebaggert werden und mit der sind ehemalige Braunkohlentagebaugebiete. Das Reservat zählt rund der Brikettfabrik Zeißholz. “Hier Hoyerswerda und Kamenz enga­ klar: “Da werde ich mich bewer­ Wende “hatte man gerade erst 9.200 Einwohner, die in einem zweisprachigen Gebiet leben – neben konnte ich aber zumindest aus giert. Bei der Arbeit in Brikett­ ben, das wäre ja das Idealste für seine Freiheit errungen”, erklärt deutsch wird auch sorbisch gesprochen. der Ferne ab und zu noch den fabriken und im Tagebau habe mich. Es wurden sechs Personen Schnabel. Man habe für das Reser­ Blick in die Natur genießen”, be­ ich aber auch gesehen, welche gesucht, die aus grünen Berufen vat andere Gemeinden gewinnen

Herbert Schnabel ist Naturschutzwart im Biosphärenreservat

UNESCO-Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft



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