Fakten, Hintergründe und Analysen für den Öffentlichen Dienst
ISSN 1437-8337
Nr. X / 35. Jg / 41. Woche
Berlin und Bonn / Oktober 2019
G 1805
www.behoerdenspiegel.de
Erkannt, angenommen und umgesetzt
Regionale Bezüge auch im Netz
Viel Flexibilität gefordert
Prof. Dr. Helge Braun zum Digitalisierungs- prozess ������������������������������������������������������� Seite 5
Torsten Voß über digitale Organisation statt Kameradschaft ������������������������������������������ Seite 40
Dr. Monika Gähler leitet das Zentrum für satellitengestützte Kriseninformation........ Seite 47
“Noch weitgehend hinreichend”
(BS/jf) Der bauliche Zustand der Bundespolizei-Dienststellen ist “unterschiedlich, kann aber insgesamt als für die Zwecke der Bundespolizei noch weitgehend hinreichend bewertet werden”. Dies teilte die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag mit. Allerdings seien auch defizitäre Zustände einzelner Liegenschaften bekannt, deren Beseitigung die Bundespolizei als Nutzer gegenüber den Liegenschaftseigentümern einfordere. Zudem bestehe ein fortlaufender Sanierungs- und Modernisierungsbedarf. Insgesamt nutzt die Bundespolizei über 480 Liegenschaften im gesamten Bundesgebiet. Eigentümer seien entweder die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) oder Dritte, die über die BImA der Bundespolizei Immobilien zur Verfügung stellten, sowie Verkehrsunternehmen auf der Basis des § 62 Bundespolizeigesetz.
Frankfurter Erklärung verabschiedet (BS/stb) Erstmals sind in Frankfurt am Main die für die Digitalisierung zuständigen Minister, Senatoren oder Staatsekretäre von Bund und Ländern zusammengekommen, um politische Aufgaben zum digitalen Wandel zu diskutieren. In ihrer Frankfurter Erklärung verständigten sie sich auf gemeinsames Handeln in fünf Schwerpunkten. Darunter der Einsatz für leistungsfähige digitale Infrastrukturen, die Unterstützung von Innovationen in der Wirtschaft und die Digitalisierung der Verwaltung. Nun sollen regelmäßige Treffen folgen. Die Initiative für den Austausch war von den Digitalministern Hessens, Bayerns und Schleswig-Holsteins ausgegangen. Vier Länder waren am ersten Gipfeltreffen nicht beteiligt: Berlin, Bremen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern.
Immun gegen Projektitis Nachhaltigkeit beim Auslaufen von kommunalen Projektförderungen (BS/Katarina Heidrich) Förderprogramme von Bund und Ländern haben meist einen ausgeprägten Apellcharakter. Erreicht werden die Ziele selten. Meistens ergeben sich in den Projekten während der Durchführung stetig neue Fragen, die nach einer Fortführung des Projektes verlangen. Doch dafür fehlen dann die notwendigen Gelder. Wie lassen sich solche Projekte, die im Rahmen von Förderungen entstanden sind, verstetigen? “Wat Nu?” ist nicht nur eine mit Rechtschreibfehler gekürzte Fassung dieser Frage, sondern ein Projekt von vier Gemeinden im Weltnaturerbe “Niedersächsisches Wattenmeer”. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projektes wurden Perspektiven erarbeitet, wie die Kommunen für Einheimische und Touristen gleichermaßen attraktiv bleiben. Neben gemeinsamen Problemen weise jede Gemeinde spezifische Herausforderungen auf und mit dem Projekt versuche man, in einem gemeinschaftlichen Prozess geeignete Lösungen zu erarbeiten, so der Bürgermeister der teilnehmenden Gemeinde Wangerland, Björn Mühlena (parteilos). Die mangelnde Finanzausstattung sowie der demografische Wandel seien Probleme des Wangerlands. Für Mühlena ist daher “der Blick von außen” von Bedeutung, um Aspekte hervorzuheben, die vor Ort nicht wahrgenommen werden. Das Beispiel zeigt: Die personellen sowie finanziellen Engpässe zwingen Städte und Gemeinden zur interkommunalen und interdisziplinären Zusammenarbeit. Die Alternative wäre, mit den befristeten investiven Fördermitteln Akteure vor Ort zu mobilisieren, die sich langfristig engagieren. Hier gilt es, anhand der Projekte zu unterscheiden, was Sinn macht.
Um weniger anfällig für schlecht umgesetzte Projekte zu werden, gilt es, die eigenen Anlagen zu entwickeln. Dabei hilft der Blick auf andere Projekte, um das Bild zu vervollkommnen. Foto: BS/qimono, Pixabay.com
Viele kommunale Aufgaben bieten sich an für regionale Kooperationen. Erfolgsfaktoren für solche Kooperationen sind laut Jan Trapp vom Deutschen Institut für Urbanistik (difu) eine Vertrauensbasis und Kommunikation, ein positiver Saldo (“Win-win”) sowie die Klarheit über Ziele. Festgehalten durch Vereinbarungen oder einen Vertrag. In anderen Bereichen, die per se nur eine Kommune betreffen, ist es sinnvoller, lokale Akteure
zu mobilisieren. Dazu zählen etwa Schulen, lokale Unternehmen, Vereine oder freie Träger. Die Einbindung der “einfachen” Zivilgesellschaft ist hingegen eher geeignet für kommunale Dienstleistungen im sozialen und kulturellen Bereich. Allerdings gilt zu beachten: “Das Ehrenamt kann die Daseinsvorsorge nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen”, betont Trapp. Das allein ist noch kein Garant für eine nachhaltige Versteti-
gung. Hinzu kommt die Finanzierungs- und Organisationslandschaft. Die Finanzierungsform von Projekten ist abhängig von deren Rentabilität, wie Trapp hervorhebt. Unrentable Maßnahmen sollten eher über alternative Ansätze finanziert werden. Beispielsweise über Fundraising, Stiftungen oder Crowdfunding. Auch Bürgergenossenschaften kommen infrage. Aber wie erfährt eine Kommune im tiefsten Brandenburg über-
Kommentar
Kommunale Sicherheit als Netzwerk
(BS) Die Bürgerschaft fühlt sich verunsichert, obwohl die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) alljährlich in allen Ländern wie im Bund zurückgehende Deliktzahlen vermeldet. Nun weiß aber jeder, dass eine Statistik Qualitätsstreit in erster Linie die Erwartungen des Auftraggebers erfüllt, also hier der Innenminister. Die PKS wird selbst von (BS/jf) Die Qualität der Kin- Polizeiexperten als jährliche Schönwetteransage gesehen. Tatsache ist jedoch, dass besonders im Bereich dertagesbetreuung sei in den der Schwerstkriminalität, also nicht nur im terroristischen und Clan-Bereich, ein Anstieg zu verzeichnen ist. letzten Jahren verbessert worden, Auch die Ausländerkriminalität nimmt in diesem Feld deutlich zu.
betont Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, mit Blick auf das “Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme 2019” der Bertelsmann Stiftung. Trotz der Einführung des Rechtsanspruchs auf Kindertagesbetreuung für Kinder unter drei Jahren und des damit verbundenen Platzausbaus habe die Qualität nicht gelitten. Stattdessen konnte ein Anstieg des pädagogischen Personals um 54 Prozent auf über 379.000 Beschäftigte im Jahr 2018 festgestellt werden. Anders Verdi. Die Gewerkschaft erkennt zwar eine positive Entwicklungstendenz an, trotzdem seien die Personalschlüssel vielerorts so, dass in zahlreichen Kitas keine kindgerechte Betreuung erfolgen könne.
Die neueste Veröffentlichung des NRW-Innenministeriums legt es offen. Messerattacken wurden in NRW im letzten Jahr gegen Flüchtlinge und Asylbewerber in 129 Fällen begangen. Meist in Flüchtlingsheimen. Auch 79 Polizisten wurden mit Messern attackiert, Schüler in 59 Fällen, Obdachlose in 15 und Lehrer in elf Fällen. Interessant: 38 Prozent der 3.562 Verdächtigen waren Ausländer. Das liegt deutlich über ihrem Bevölkerungsanteil. Interessant auch dabei, dass Türken mit 16,6 Prozent vorneweg lagen. Syrer mit 12,2, Rumänen mit 5,6 Prozent. Das alles verlangt ohne Zweifel mehr Polizei. Doch wenn es kurzfristig eben nicht mehr Polizei geben kann, weil die Ausbildung der Neuen
länger dauert, sollte die Polizei ihr kritisches Verhältnis zu den Kommunalen Ordnungsdiensten entspannen. Sie sind es nämlich, die mittlerweile an erster Stelle auf der Straße den Problemen ausgesetzt sind, weil eben keine Polizei da ist. Die Polizei steht diesen meist dürftig ausgebildeten und zudem schlecht besoldeten Kräften häufig ablehnend gegenüber. Ein Schulterschluss wäre sinnvoller. Kommunale Ordnungsdienste können durch die Polizei ausgebildet werden und dann mit ihr gemeinsame Sache in der öffentlichen Sicherheit machen. Die Kommunalen Ordnungsdienste wollen das, können aber manches Lied darüber singen, wie dies eben nicht funktioniert.
Städte und Gemeinden stellen immer mehr kommunale Ordnungskräfte ein, weil eben die Polizei aus der Fläche verschwunden ist. Es wäre gute Sitte, wenn nicht Pflicht der Polizei, sich diesen neuen Sicherheitskräften gegenüber als Unterstützer zu präsentieren. Ein Beispiel: Ein Großfeuerwerk läuft im Regelfalle ohne Polizei. Es werden kommunale Ordnungskräfte eingesetzt. Kommt es dann auf einem Parkplatz zu einem Blechschaden, rückt die Polizei an. Das ist eine geradezu irrwitzige Aufgabenteilung. Man muss diesen Realitäten ins Auge sehen, um zu verstehen, dass ein Netzwerk Sicherheit neu ausjustiert werden muss. R. Uwe Proll
Problem gelöst?
haupt vom Erfolg oder Misserfolg eines kommunalen Projektes aus dem Saarland? Das Kompetenzzentrum für Interkommunale Zusammenarbeit (KIKZ) in Wiesbaden hat für Hessen eine interaktive Karte online gestellt, auf der ausgewählte Projekte verzeichnet sind. Solch ein “Landschaftsbild” für alle kommunalen Projekte in Fördermaßmaßnahmen ist bundesweit notwendig. Über eine digitale Plattform mit verschiedenen Rastern – etwa eingeteilt nach Thema, Verortung oder Größe der Kommune – könnten andere Kommunen Inspiration, Know-how und gegebenenfalls Partner für gemeinsame Projekte finden. Allerdings sollte nach Auslaufen der Förderung zunächst geprüft werden, ob sich eine Weiterführung des Projektes überhaupt lohnt. Es muss nicht alles um jeden Preis verstetigt werden. Um die Frage zu beantworten “Wer profitiert, wer nicht?”, gewinnen Innovationsnetzwerke aus Politik, Unternehmen sowie Bildungs- und Forschungseinrichtungen an Bedeutung. Auch fehlgeschlagene Projekte bieten einen Lerneffekt, wie. Prof. Dr. Stefan Siedentop vom Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) unterstreicht. Für die braucht es ebenfalls eine digitale Plattform. Denn aus schlechten Erfahrungen lernt man nachhaltiger als aus guten.