Fakten, Hintergründe und Analysen für den Öffentlichen Dienst
ISSN 1437-8337
G 1805
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de Alles dazu auf
Nr. VI / 37. Jg / 23. Woche
Berlin und Bonn / Juni 2021
n Seiten 13-16
www.behoerdenspiegel.de
Digital in die Zukunft
Auf Socken durchs Rathaus
Zwischen Einsatz und Konzept
Malu Dreyer über Unterstützung für Vereine bei der Digitalisierung.............. Seite 6
Im Gespräch mit “TikTok-Bürgermeister” Matthias Beer ������������������������������������������� Seite 17
Jörg Berner über seine Arbeit als Nautiker beim Havariekommando in Cuxhaven ....... Seite 51
Politik am Parlament vorbei
EU-Kommission setzt auf Homeoffice (BS/stb) Die EU-Kommission will auch nach der Corona-Pandemie verstärkt auf Arbeit von zu Hause setzen. Ein Großteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spreche sich für großzügige HomeofficeReglungen aus. Die Kommission greift das auf und will sich als flexiblerer und attraktiverer Arbeitgeber positionieren. Außerdem könnte durch Reduzierung der Büroflächen ein höherer dreistelliger Millionenbetrag eingespart werden. Bis 2030 soll die Hälfte der Gebäude geschlossen werden. So soll die Zahl der Liegenschaften am Hauptsitz in Brüssel von 49 auf 25 sinken. Mietverträge sollen auslaufen, jedoch auch neue, größere Gebäude gebaut werden, in die dann verschiedene Generaldirektionen zusammenziehen sollen.
Forschungsauftrag erteilt
(BS/mfe) Die Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport hat der Technischen Universität der Bundeshauptstadt den Auftrag für eine unabhängige Studie zu möglichem Rassismus und eventueller Diskriminierung bei der Landespolizei erteilt. Dieser soll bis zum 31. Mai kommenden Jahres umgesetzt werden. Die Untersuchung verfolgt insbesondere drei Untersuchungsziele. Sie soll die Wahrnehmung der Polizei durch von Rassismus und Diskriminierung betroffene Personengruppen analysieren, die Mechanismen im Polizeialltag sowie Gelegenheitsstrukturen in polizeilichen Prozessen beleuchten und die polizeilichen Organisationsstrukturen untersuchen. Die Studie ist Teil eines Elf-Punkte-Plans der Senatsinnenverwaltung zur internen Vorbeugung und Bekämpfung möglicher extremistischer Tendenzen aus dem vergangenen Jahr.
Stunde der Exekutive und strategische Prozessführung (BS/Uwe Proll) Wochen vor der Bundestagswahl stellt sich nicht nur die Frage, welche Mehrheit eine neue Bundesregierung trägt und eine Bundeskanzlerin oder einen Bundeskanzler wählt, sondern die auch für die nächste Legislaturperiode relevante Frage: Bleibt der Bundestag so schwach oder kann er im Klang der Verfassungsorgane, also neben Regierung, Verfassungsgericht, Bundesrat und Bundespräsident, zu der ihm zentralen Rolle als Gesetzgeber, dem Kernstück der parlamentarischen Demokratie, zu alter oder eben zu neuer Stärke wiederfinden, als der Ort, wo alle existenziellen Fragen nach öffentlicher Debatte entschieden werden? Die Bundesregierung hatte 2015 beschlossen, die Grenzen bedingungslos zu öffnen, ohne dass das Parlament dies während oder auch nach der Öffnung beschlossen hätte. Die weitreichenden Grundrechtseinschränkungen infolge der Corona-Pandemie wurden ebenso wenig im Parlament erörtert und beschlossen. Mittlerweile eingebrachte Korrekturen machen das legitimatorische Anfangsdefizit nicht wett. Aber nicht nur die Exekutive regiert ohne Parlament, auch die Judikative, hier das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), zeigt ein neues Rollenverständnis und ersetzt zunehmend Parlamentsentscheidungen durch aus seiner Sicht vertretbare eigene. So hebelte das BVerfG das nach langer parlamentarischer Diskussion und Aufhebung des Fraktionszwangs im Bundestag verabschiedete Gesetz zum strafbewehrten Verbot der geschäftsmäßigen Förderung zur Selbsttötung (§ 217 StGB) mit der Begründung aus: Die Möglichkeiten einer assistierten Selbsttötung seien faktisch entleert und damit auch das Persönlichkeitsrecht eingeschränkt. Weitere BVerfG-Urteile dieses Musters folgten. Das BVerfG versteht sich als selbstständiger politischer Akteur, strapaziert in seinen Auslegungen die Grenzen
Der Legislative wird der Raum auf dem politischen Schlachtfeld genommen. Sowohl seitens der Judikative als auch seitens der Exekutive hagelt es Schläge in Form von Nichtbeteiligung oder indem Gesetze für verfassungswidrig erklärt werden. Wie kann sich das Hohe Haus aus dieser Lage wieder erheben? Foto: BS/GChristo, stock.adobe.com
des Grundgesetzes. Ein weiteres Momentum für die Schwächung des Parlaments ist die sogenannte strategische Prozessführung. Diese Strategie fühlt sich zusätzlich legitimiert durch die Einführung der Musterfeststellungsklage 2018. Strategische
Prozessführung wird nun von Interessengruppen eingesetzt, um Entscheidungen zu treffen, die rechtliche, politische, wirtschaftliche und soziale Veränderungen weit über den Einzelfall hinaus bewirken sollen. Dies ist beim BND- und dem Urteil über
das Klimaschutzgesetz neulich geschehen. Politische Lobbygruppen engagierten Einzelkläger, um weitrechende Grundsatzentscheidungen durch das Gericht zu erzielen. Die eigentlich alleinige Machstellung der Legislative, im
Kommentar
Der Wandel ohne Werte
(BS) Die Welt ist im Wandel. Es zeigt sich in den Marktverschiebungen, im militärischen Kräfteverhältnis, in Forschung und Entwicklung. Asien strebt nach vorne, nicht nur China, auch Indien. Beides die bevölkerungs(BS/mj) Mit 14, 4 Millionen Euro reichsten Länder der Erde mit jeweils über einer Milliarde Menschen. Arabien investiert in eine Zeit nach Öl und fördert Baden-Württemberg das Gas. Russland will die Fehler Gorbatschows zurücknehmen und seine Machtstellung in Osteuropa sichern. neue, in Ulm angesiedelte Institut Die USA kämpfen um den Machterhalt und das Überleben einer demokratischen Werteordnung. Und Europa?
Ulm sucht die Würfel
für Quantentechnologien. Als Teil des dortigen Instituts des Deutschen Zentrums für Luftund Raumfahrt e. V. (DLR) soll es Grundlage für den Bau eines eigenen, wettbewerbsfähigen Quantencomputers in Deutschland sein. Ziel sei es, einen deutschen Quantencomputer sowie entsprechende Software und Anwendungen zu entwickeln. Während Albert Einstein die Quantenmechanik mit dem Satz “Gott würfelt nicht” ablehnte, erklärte Stephen Hawking 1994 an der Uni Cambridge bei einer Debatte über Schwarze Löcher: “Einstein lag falsch, als er sagte “Gott würfelt nicht”. (...) Er hat die Würfel manchmal nur dorthin geworfen, wo wir sie nicht sehen.” Ob man in Ulm diese Würfel nun finden kann?
Europa ist reich. Den Bürgern geht es so gut wie kaum jemanden auf der Welt. Europa hat eine ausgezeichnete Wissenschaft. Es wurden mehr Corona-Impfstoffe entwickelt als in Asien. Europa hat eine florierende Wirtschaft, eine ausgezeichnete Bildung, einen hohen Lebensstandard. Es ist nur verständlich, dass jedes Land in Europa diesen Status zu erhalten versucht. Es ist allerdings ebenso verständlich, dass dem Rest der Welt dieser Erhalt des europäischen Reichtums weniger wert ist als die Verbesserung des Wohlstandes für den eigenen Staat oder die eigene Bevölkerung. Um etwas zu verändern, muss man auch etwas ändern. Und allein die Annahme, dass die Menschenrechte von
allen Ländern und Menschen als richtig und bedeutend angesehen werden, ist falsch. Dass Belarus eine Ryanair-Maschine zur Landung zwang, löste Empörung aus. Als der damalige Präsident der internationalen Polizeiorganisation Interpol, Meng Hongwei, bei einem Urlaub in seiner chinesischen Heimat im Jahr 2018 verhaftet wurde und seitdem ohne Kontakt zur Außenwelt festsitzt, wurde es als gegeben hingenommen. So ist China eben. Nur wenn China eben so ist, warum konnte ein Chinese überhaupt zum Präsidenten einer Polizeiorganisation gewählt werden? Und warum sitzt China im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen und hat ein Vetorecht im UN-Sicherheitsrat?
Die USA haben sich solche Fragen gestellt. Sie sind aus den Verträgen der alten bipolaren Weltordnung ausgetreten, da auch der beste START-Vertrag mit Russland nur zum Hemmschuh wird, solange sich nicht China und andere aufstrebende Staaten ebenfalls daran halten. Auf militärischer Ebene wollen die USA mit der NATO ein Bündnis jener Länder festigen, welche Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie als Werte besitzen. Damit diese Allianz zumindest den gewalttätigen Machthunger jener aufstrebenden Staaten in die Schranken weisen kann, die andere Prioritäten setzen. Und wo ist die europäische Vision? Dorothee Frank
Kein Impfmangel
Sinne der Volkssouveränität Gesetze zu erlassen, wird dadurch unterminiert. Mit anderen Worten: Was im gewählten Parlament nicht erreichbar ist, wird über strategische Prozessführung als Ersatz politischer Entscheidungen “juristisch” – im Grunde aber politisch – erreicht. Das widerspricht dem herkömmlichen gewaltenteilenden System, das Prozesse auf die Kompetenz der Judikative beschränkt, den Individualrechtsschutz zu sichern. Es erhebt Anspruch auf Grundsatzklärung und Rechtsfortschreibung. Das BVerfG trifft politische Entscheidungen, ohne der Legislative genügend Raum für eigene zu lassen. Die Richter sind auf Lebenszeit ernannt. In einem intransparenten Verfahren von Bundestag und Bundesrat werden sie bestimmt. Hier ist die Schnittstelle für ein selbstbewusstes Parlament. Statt in nicht öffentlichen Gremien (Richterwahlausschuss) wäre eine öffentliche Erörterung der in das höchste Richteramt zu berufenden Personen im Hohen Hause sinnvoll. Abschreckendes Beispiel sind die USA, wo der Präsident die Obersten Richter persönlich bestimmt, um damit über Jahre die Politik zu determinieren, ohne auf Mehrheiten in den gewählten Parlamenten achten zu müssen.