Behörden Spiegel Februar 2022

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Fakten, Hintergründe und Analysen für den Öffentlichen Dienst

ISSN 1437-8337

Nr. II / 38. Jg / 6. Woche

Berlin und Bonn / Februar 2022

Zunehmend von Extremisten dominiert Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius über die Corona-“Spaziergänge” �������������������������� Seite 7

Übertragung nicht ohne Weiteres möglich

(BS/mfe) Das Land SachsenAnhalt darf Bundesaufgaben nur dann an die Kommunen über­ tragen, wenn die Mehrkosten vorher ermittelt und ihre De­ ckung geregelt wurden. Das gilt sowohl für neue Aufgaben als auch für Änderungen bei be­ reits übertragenen Aufgaben. Darauf hat sich die Magdebur­ ger Landesregierung mit den kommunalen Spitzenverbänden geeinigt. Durch die sogenannte Konsultationsvereinbarung ist nun eindeutig geregelt, dass der sogenannte Konnexitätsgrund­ satz der Landesverfassung auch für übertragene Bundesaufgaben angewendet wird. Damit gilt der Grundsatz: Wer eine Leistung bestellt, muss diese auch bezah­ len. Die Konsultationsvereinba­ rung existiert bereits seit 2007 und wurde seither immer wieder erneuert und fortgeschrieben. Das wichtigste Gremium, das dort festgeschrieben ist, ist die Finanzstrukturreform.

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Digitalpakt beschleunigen

Langfristig geplant

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger zur digitalen Revolution ���������������������������� Seite 14

Peter Stuckmann zu seiner Arbeit als Referatsleiter bei der EU-Kommission ������������������������������ Seite 47

Als Staatsdiener vorangehen

Taskforce eingerichtet

(BS/mfe) Im Bundeskriminalamt (BKA) ist eine neue Taskforce zum Vorgehen gegen den Mes­ sengerdienst Telegram geschaffen worden. Denn die Diskussionen auf dieser Plattform werden im­ mer radikaler. Es gibt Bedro­ hungen und sogar Mordaufru­ fe. Mithilfe der Taskforce sollen solche strafrechtlich relevanten Taten künftig besser aufgeklärt und Tatverdächtige effektiver identifiziert werden. Das erfolgt in enger Abstimmung mit den Länderpolizeien sowie der Zen­ tralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Ge­ neralstaatsanwaltschaft Frank­ furt am Main. Zudem erhebt das BKA gemeinsam mit den Lan­ deskriminalämtern das Koope­ rationsverhalten von Telegram bei Löschungsanregungen sowie bei Bestandsdatenabfragen im Bereich der politisch motivierten Kriminalität. Hier zeigten sich die Telegram-Betreiber bislang sehr zurückhaltend und verweigerten oftmals die Zusammenarbeit mit den Behörden.

G 1805

Impfpflicht gegen Corona aber auch im Öffentlichen Dienst umstritten (BS/Marco Feldmann/Uwe Proll) Kein Thema wird derzeit so kontrovers diskutiert wie eine allgemeine Impfpflicht. Es ist ein heißes Eisen, auch im Öffentlichen Dienst. Dabei gab und gibt es allgemeine Pflichten, wie etwa die Wehrpflicht. Und auch beim Impfen gibt es eine Verpflichtung: gegen Masern. Dass jetzt aber Personalvertretungen massiv unter Druck geraten, weil sie für Teilbereiche eine Impfpflicht empfehlen, ist inakzeptabel. Denn die Angehörigen des Öffentlichen Dienstes müssen eine Vorbildfunktion einnehmen. Als Diener des Staates erfüllen Beamte ein Treueverhältnis auf Lebenszeit. Außerdem obliegt jeder und jedem von ihnen eine individuelle Gesunderhaltungs­ pflicht. Im Gegenzug können sie gegenüber ihrem Dienstherrn eine besondere Fürsorgepflicht geltend machen. Und das nicht nur im Krankheitsfall oder im Alter. Aus diesem Grunde ist es mehr als verwunderlich, dass Mitgliedern von Personalvertre­ tungsgremien im Bundesinnen­ ministerium (BMI) innerhalb ihrer eigenen Organisation Hass und Wut begegnen, wenn sie dem frü­ heren Ressortchef Horst Seehofer (CSU) per Mehrheitsbeschluss die Einführung einer Impfpflicht für die Vollzugsbeamten der Bundes­ polizei empfahlen. Es ist doch ge­ nau diese Gruppe, die besonders gefährdet ist, da sie tagtäglich im engen Kontakt auch mit dem polizeilichen Gegenüber ist. Dabei kommt es teilweise auch zu kör­ perlichen Auseinandersetzungen. Den Polizistinnen und Polizisten kann nie vorab klar sein, ob das Gegenüber geimpft, genesen oder womöglich hoch ansteckend ist. Umgekehrt dürfen Personalräte wegen einer möglichen Impfpflicht aber auch nicht in totale Oppo­ sition zu ihrer Behördenleitung gehen, wie es derzeit aus dem Feuerwehrbereich zu vernehmen ist. Wenn eine Impfpflicht einge­ führt wird, muss der Öffentliche

Noch existiert – auch für den Öffentlichen Dienst – keine Impfpflicht gegen das Corona-Virus. Auch wenn die Thematik äußerst umstritten ist, sollten die Beamtinnen und Beamten sowie die Tarifbeschäftigten mit gutem Beispiel vorangehen. Entscheidend ist zugleich aber auch eine zentrale Impfdatenbank. Österreich hat damit bereits sehr gute Erfahrungen gemacht. Foto: BS/Ralf, stock.adobe

Dienst Vorbild sein. Zudem ist eine Impfpflicht trotz hoher Im­ munisierungsquoten gerade im Öffentlichen Dienst mit viel “Kun­ denkontakt” besonders sinnvoll. Daran ändern auch die derzeit hohen Immunisierungsanteile bei den Behörden und Organisa­ tionen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) nichts. Die Bundespolizei weist bereits heute eine Immuni­

sierungsquote von 93 Prozent auf. Beim Zoll sind es rund 85 Prozent, bei der hessischen Polizei etwa 90 und bei Bayerns Polizei sogar 93 Prozent. Und Bundeswehrsol­ daten müssen sich wegen der Duldungspflicht generell gegen Corona impfen lassen. In der Ge­ samtbevölkerung sind laut Robert Koch-Institut (RKI) hingegen nur etwa 75 Prozent der Bürgerinnen

und Bürger mindestens einmal geimpft. Der Anteil der Geboos­ terten liegt derzeit sogar nur bei etwas über 52 Prozent (Stand Anfang Februar). Eine einrichtungsbezogene Impf­ pflicht, wie sie demnächst etwa im Rettungsdienst gilt, könnte auf den gesamten Öffentlichen Dienst übertragen werden. Andere eu­ ropäische Länder wie Frankreich

oder Italien haben es vorgemacht. Bei der Bundespolizei rechnet man intern mit höchstens 500 Mitarbeitern, also einem Prozent der Gesamtbelegschaft, die sich auch bei einer Impfpflicht der Vakzinierung verweigern wür­ den. Gegen diesen Personenkreis könnte der Dienstherr aufgrund der bereits erwähnten Gesund­ erhaltungspflicht gut vorgehen. Zudem wird es sich bei der all­ gemeinen Verpflichtung nur um eine Impfnachweispflicht handeln können. Das würde also bedeu­ ten, dass gegenüber dem Dienst­ herrn der vollständige Impfschutz innerhalb einer angemessenen Frist nachzuweisen wäre, um eventuellen disziplinarrechtlichen Konsequenzen zu entgehen. Hinzu kommt, dass eine all­ gemeine Impfpflicht nur dann wirklich effektiv und sinnvoll ist, wenn auch eine zentra­ le Impfdatenbank existiert. In Österreich gibt es ein solches Register, das trotz massiver da­ tenschutzrechtlicher Bedenken bislang gute Dienste erbracht hat, bereits. In Deutschland ist das nicht der Fall. Damit soll den Impfverweigerern – auch im Öffentlichen Dienst – nicht Recht gegeben werden. Doch solange die Bundesrepublik versucht, die Pandemie ohne Datenbasis in den Griff zu bekommen, bleibt das gesamte Unterfangen für viele fragwürdig.

Kommentar

Zuständigkeiten sind eine feine Sache (BS) Das Bundeskanzleramt wird kleiner – zumindest in der Zuständigkeit. Der Posten von Dorothee Bär (CSU) als Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung wurde nicht nachbesetzt und auch der Nationale Normenkontrollrat (NKR) wird nun dem Bundesjustizministerium (BMJ) zugeordnet. Ist das nun politisches Kalkül oder eine dringend notwendige Korrektur? Zuständigkeiten sind das zen­ trale Element im öffentlichen Recht. Welche Behörde zu ho­ heitlichem Handeln ermächtigt oder verpflichtet ist, wird über Zuständigkeiten geregelt. Wer zuständig ist, ist verantwortlich. Umgekehrt gilt genauso: keine Zuständigkeit, keine Verant­ wortung. Gibt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Zuständigkeiten für die wichtigen und richtigen Quer­ schnittsthemen Klimaschutz, Digitalisierung und Bürokra­ tieabbau damit ab? Unmittelbar ja. Das ist vordergründig nicht falsch, ist das Bundeskanz­ leramt doch vor allem bei der Ressortkoordinierung gefragt. Fachpolitisches gehört in die Bundesministerien. Was wo

genau landet, tarieren die Ko­ alitionsparteien im Rahmen der Regierungsbildung aus. Im Bundesinnenministerium (BMI) ist man beruhigt, dass kein eigenes Digitalministeri­ um gegründet wurde und die Zuständigkeit für die Digitali­ sierung der Verwaltung im ei­ genen Haus geblieben ist. Das heißt aber auch: Das BMI ist in erster Linie verantwortlich. Scheitert die Digitalisierung der Verwaltung, geht dies politisch primär zulasten von Innenmi­ nisterin Nancy Faeser (SPD) und natürlich Volker Wissing (FDP) der als Digitalminister in koordinierender Funktion tätig ist (vgl. S. 26). Gleiches gilt nun für den Bürokratieabbau. Dieser ist mit dem Organisationserlass

der Bundesregierung und der Verschiebung des NKR alleinige Aufgabe von Bundesjustizminis­ ter Dr. Marco Buschmann (FDP). Und für den Klimaschutz steht Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) als Bundeswirtschaftsund Klimaschutzminister in der Pflicht. Querschnittsaufgaben erfor­ dern jedoch ein hohes Maß an Koordinierung. Und damit ist das Bundeskanzleramt in der Pflicht und gerade bei diesen Themen gefordert. Denn letztlich bestimmt der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik und trägt für diese auch die Verantwor­ tung. Trotz des Ressortprinzips ist er damit ebenso zuständig.

Jörn Fieseler

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Inhalt

Seite 2

Behörden Spiegel /Februar 2022

Ob personell, strukturell oder juristisch – in verschiedensten Bereichen und Verwaltungsebenen stehen Neuausrichtungen an. Diese sollen Lücken schließen, Vorhandenes bündeln und zukünftige Herausforderungen in den Blick nehmen. Grafik: BS/ Julien Eichinger, stock.adobe.com

Neuausrichtung Unter Zugzwang

Maritime Cyber-Sicherheit im Aufbau

Weg vom verstaubten Image, hin zum Traumarbeitgeber .................... Seite 3

Einführung eigener Abteilungen geplant ........................................... Seite 34

Komplex statt einfach

Viele Punkte auf der Agenda

Hürden bei IT-Beschaffungen und wie leichter beschafft werden kann ....................................................................... Seite 9

Sebastian Hartmann über die künftige Politik der Inneren Sicherheit ...................................................................... Seite 39

Innenstädte wie vor 100 Jahren

Hochrisikomanagement soll ausgebaut werden

Im Nachgang der Pandemie müssen wir unseren Toleranzbereich anpassen ................................................................ Seite 13

Schleswig-Holstein will Landesverwaltungsgesetz reformieren ............................................ Seite 39

Bündelung light

Anpassung der Bundeswehrreform

Digitalminister Wissing wird vor allem Koordinierungsfähigkeiten beweisen müssen .................................. Seite 26

Zukunft des Sanitätsdienstes und der Streitkräftebasis .................... Seite 43

Innenspiegel

Innere und Äußere Sicherheit auch online Digitale und reale Veranstaltungen in diesem Jahr geplant (BS/df/mfe) Der Behörden Spiegel hat jüngst zum zweiten Mal den digitalen Katastrophenschutzkongress durchgeführt. Auch im übrigen Sicherheitsbereich steht das Jahr 2022 weiterhin im Zeichen des Digitalen. So findet am 22. Februar ein digitaler Polizeitag unter dem Titel “Künstliche Intelligenz: Kompetenzen – Anwendungen – Grenzen” statt. Und im Militärbereich sind neben dem 14-tägigen Podcast “Voices in Defence” insgesamt sechs Halbtagesveranstaltungen geplant. Dabei handelt es sich um Online-Konferenzen. Ihre Teilnahme zum digitalen Polizeitag zugesagt haben Nicole Steingaß, Staatssekretärin im Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz, sowie der Präsident der Zentralen Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS), Wilfried Karl. Gleiches gilt für Dr. Martin Thüne von der Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Dr. Matthias Leese vom Center for Security Studies an der ETH Zürich. Auch reale Polizei- sowie Brand- und Katastrophenschutztage wird es in 2022 wieder geben. Zudem ist ein digitaler Zolltag geplant. Höhepunkt ist der 25. Europäische Polizeikongress am 11. und 12. Mai in Berlin. Die “Defence Days” des Behörden Spiegel behandeln unter anderem die Themen Joint Fire Support – Wirkung im Ziel (16. Februar), Informationsversorgung fliegender Waffensysteme (10. März), Neuaufstellung der Territorialen Verteidigung (18. Mai) und den Aufbau der

POLIZEITAGE2022 22. Februar 2022 | Digital

DEFENCE DAYS Heer, Luftwaffe, Marine, CIR, Sanität und SKB

Systemhäuser Heer, Luftwaffe, Marine und CIR (27. Juli 2022). Gleiches gilt für Auslandseinsät-

ze der Bundeswehr – Lessons Learned (28. September) und Anforderungen an moderne Seeluft-

www.polizeitage.de

streitkräfte (14. Dezember). Die Teilnahme an den Defence Days ist kostenlos. Zusätzlich sind weitere Online-Veranstaltungen zu aktuellen Themen möglich. So wurde im vergangenen Jahr beispielsweise kurz nach dem Ende der Evakuierungsmission das Thema Afghanistan mit prominenten Rednern aufgegriffen. Die vergangenen Defence Days sowie die Sonderformate sind in der Mediathek von www.digitalerstaat.online abrufbar. Im Print-Bereich gibt der Behörden Spiegel zusätzlich zur Zeitung zum 26. März das Handbuch der Militärattachés heraus.

Außerdem sind weitere Themenhefte geplant, die sich in Magazin-Form mit Einzelaspekten befassen. Dazu zählen “Dimension Land” (Juni), die neuen Fähigkeiten europäischer Streitkräfte (August) und die Kommandos der Bundeswehr (September). Hinzu kommen das Begleitheft zur AFCEA-Fachausstellung zum 30. März sowie ein Sonderheft zur Nachhaltigkeit, das gemeinsam mit dem BDSV herausgegeben wird. Einen Höhepunkt der Aktivitäten im Bereich Verteidigung bildet schließlich die internationale Berliner Sicherheitskonferenz, die am 30. November und 1. Dezember stattfinden wird. Weitere Informationen unter www.polizeitage.de und www. digitaler-staat.online/programm/

Fotoquellen Seite 1 Foto 1: BS/Feldmann Foto 2: BS/Guido Bergmann, BMBF Foto 3: BS/privat

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Herausgeber und Chefredakteur Uwe Proll Leiter der Berliner Redaktion Jörn Fieseler Leiter der Bonner Redaktion Guido Gehrt Redaktion Marco Feldmann (Innere Sicherheit, Katastrophenschutz), Jörn Fieseler (Personal, Beschaffung, Vergabe), Dorothee Frank (Verteidigung, Wehrtechnik), Guido Gehrt (IT, ITK-Politik, Haushalt), Ann Kathrin Herweg (Online-Redaktion), Malin Jacobson (Kommunen, Online-Redaktion), Bennet Klawon (Katastrophenschutz), Tanja Klement (Online-Redaktion), Matthias Lorenz (Digitalisierung), Lora Köstler-Messaoudi (Haushalt, Finanzen), Dr. Gerd Portugall (Sicherheitspolitik), Tim Rotthaus (Online-Redaktion), Paul Schubert (IT, IT-Sicherheit), Benjamin Stiebel (IT, IT-Sicherheit), Büsra Tasdemir (OnlineRedaktion), Dr. Barbara Held (Innenpolitik), Gerd Lehmann (Sonderkorrespondent BOS) Parlamentsredaktion Berlin Tel. 030/726 26 22 12, Fax 030/726 26 22 10 Layout Beate Dach, Marvin Hoffmann, Karin Vierheller, Kerstin Wegner Verlag Bonn Anzeigen/Redaktion/Vertrieb Tel. 0228/970 97-0, Fax 0228/970 97 75 Verlag Berlin Redaktion/Vertrieb 10317 Berlin, Kaskelstr. 41 Tel. 030/55 74 12-0, Fax 030/55 74 12 57 Anzeigenleitung Helga Woll, gültige AnzeigenPreisliste Nr. 32/2021, Jahresabonnement (12 Ausgaben) 9,80 Euro (inkl. Porto und MwSt.) Bankverbindungen Volksbank Köln Bonn eG BAN: DE25 3806 0186 3015 6470 18 BIC: GENODED1BRS Postbank IBAN: DE24 3701 0050 0022 6905 09 BIC: PBNKDEFF Geschäftsführung Helga Woll Leitung Unternehmensentwicklung und Digitalisierung Dr. Eva-Charlotte Proll Vorsitz Herausgeber- und Programmbeirat Dr. August Hanning, Staatssekretär a. D. Reimar Scherz. Brigadegeneral a. D. Im Falle höherer Gewalt und Störungen des Arbeitsfriedens besteht kein Anspruch auf Belieferung. Für unverlangt eingesandte Manuskripte keine Gewähr. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Zeitung und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen (auch Werbeeinschaltungen) sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Auflagenkontrolle durch

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Aktuelles Öffentlicher Dienst Behörden Spiegel

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Berlin und Bonn / Februar 2022

KNAPP

Unter Zugzwang

Einstiegsamt angehoben

Weg vom verstaubten Image, hin zum Traumarbeitgeber

(BS/mfe) Bei der baden-würt-

(BS/Ann Kathrin Herweg) Viele Beschäftigte scheiden in den nächsten Jahren altersbedingt aus den Behörden aus. Es stehen bei Weitem nicht genug Nachwuchskräfte in den Startlö- tembergischen Polizei ist das chern, um die Lücke zu füllen, die die ausscheidenden Beschäftigten hinterlassen. Grund dafür ist nicht nur der demografische Wandel, auch die mangelnde Arbeitgeberattraktivität Einstiegsamt im mittleren Vollstellt ein großes Problem dar, das es nun dringend zu lösen gilt. zugsdienst angehoben worden. Mit dem demografischen Wandel sei es ein bisschen wie mit Weihnachten, findet Karoline Herrmann, Vorsitzende der Jugendorganisation des DBB Beamtenbunds und Tarifunion (DBB), “es kommt immer ganz plötzlich, obwohl es ja eigentlich schon relativ lange bekannt ist”. Viele Möglichkeiten, um gegen den demografischen Wandel vorzugehen, seien schon lange im Gespräch, aber immer noch nicht richtig angegangen worden und jetzt sei die Not richtig groß, kritisiert sie. Für junge Menschen sei der Öffentliche Dienst immer noch nicht der “Traumarbeitgeber”, weiß auch Tülin Sezgin, Recruiterin aus dem Bezirksamt Berlin-Neukölln. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass sich pandemiebedingt viele Menschen aus der Gastronomie oder Hotellerie für einen zweiten Bildungsweg im Öffentlichen Dienst interessieren. Für Menschen, die nach Sicherheit suchen, scheint der Öffentliche Dienst demnach ein attraktives Arbeitsumfeld zu sein. Die älteren Bewerberinnen und Bewerber erreiche man bereits, so die Recruiterin. Die jüngeren müsse man jedoch anders ansprechen. “Und da muss die öffentliche Verwaltung auch mal bei Instagram und auch mal bei TikTok vorbeischauen” erklärt Sezgin, die diesbezüglich mehr auf Social Media und weniger auf klassische Messen und Jobanzeigen setzt.

Authentisch sein Auch Kampagnen wie die in ihrer Behörde spielten bei der Personalgewinnung eine wichtige Rolle. Mit #typischneukölln zeigt sich das Bezirksamt bunt, vielfältig, interkulturell und divers. “Was für eine Sprache möchten wir sprechen? Was möchten wir ausstrahlen? Wie möchten wir

wahrgenommen werden? Wen möchten wir dadurch haben?” Das sind für die Recruiterin Fragen, die sich Behörden bei der Personalgewinnung stellen sollten. Das Ziel dabei: Die Gesellschaft spiegeln. Außerdem brauche es role models – echte Menschen aus dem eigenen Bezirk, keine Werbegesichter – die von ihrem Weg und den eigenen Erfahrungen berichten. Auf Ehrlichkeit legt die Recruiterin bei ihrer Arbeit großen Wert. Dazu gehört für sie auch, zu zeigen, dass die Behörden noch nicht perfekt sind, dass man aber auf dem Weg sei und dass man als junger Mensch Teil davon sein könne, etwas zu verändern. Von solchen Kampagnen wie der in Berlin-Neukölln und anderen gelungenen Projekten profitiert im Idealfall nicht nur die eigene Behörde. Um gute Ideen in die Fläche zu tragen, ist Austausch essenziell. Dieser wird im Deutschen Städtetag gelebt, erklärt Dr. Uda Bastians. Sie ist dort Beigeordnete und Leiterin des Dezernats Recht und Verwaltung. Man arbeitet hier nach der Devise: “Klauen ist erlaubt!”, so können Kommunen aus den positiven Erfahrungen genau wie aus den Fehlern anderer Kommunen lernen.

Gute Rahmen­bedingungen Doch nicht nur darauf, wie man sich als Arbeitgeber in der Öffentlichkeit darstellt kommt es an, auch die Rahmenbedingungen einer Beschäftigung müssen reizvoll sein. Bezahlung, Arbeitsbedingungen und Perspektiven müssten stimmen, findet Herrmann. Die Maßnahmen und Konzepte, an die sie dabei denkt, sind vielseitig: eine garantierte und unbefristete Übernahme für die jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mehr Flexibilität

aber punktet die Verwaltung mit der Sinnhaftigkeit der Arbeit. Es gehe nicht um shareholder value oder Gewinnmaximierung, sondern um das Gemeinwesen und das Zusammenleben vor Ort und damit um Lösungskompetenz statt um abstrakte Diskussionen. Die Verwaltung hat damit auch für junge Bewerberinnen und Bewerber so einiges zu bieten. Es müssten aber Vorurteile überwunden und die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes in die Welt getragen werden, so Bastians im Rahmen einer Diskussionsrunde auf der Behörden Spiegel-Plattform “NeueStadt.org”.

Politik in der Verantwortung Es fehlt kommunaler Nachwuchs: Um junge Menschen für die Arbeit im Öffentlichen Dienst zu begeistern, muss sich sowohl am Erscheinungsbild der Verwaltung als auch an den Arbeitsbedingungen in den Behörden einiges ändern. Foto: BS/hakinmhan, stock.adobe

und die Möglichkeit zu Sabbaticals, aber auch Langzeitarbeitszeitkonten, Freizeit statt Geld und mobiles Arbeiten. Die Ausbildung müsse ebenfalls fair entlohnt und zudem digitaler werden. Mit ÖPNV-Tickets für Auszubildende könne die öffentliche Verwaltung zusätzlich im Bereich Nachhaltigkeit punkten. Auch Weiterbildungsmöglichkeiten findet sie wichtig für junge Beschäftigte. “Echte Personalentwicklungskonzepte gibt es in den wenigsten Kommunen” bemängelt sie, und diese müssten dann auch noch gelebt werden. Ein ganz wichtiger Aspekt ist für die DBB Jugend-Vorsitzende Herrmann die Wertschätzung, die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern entgegenbringen sollten. Diese zeige sich dadurch, dass in Tarifverhandlungen faire Bedingungen geschaffen werden, aber auch im Umgang mit den Mitarbeitern während der Tarifverhandlungen. Was bei all den

Forderungen und Ideen nicht vergessen werden darf: Viele attraktive Rahmenbedingungen hat der Öffentliche Dienst schon jetzt. Das bedeutet für die Mitarbeitenden Vorteile, die es in der freien Wirtschaft so nicht gibt. “Wohl kein Wirtschaftsunternehmen bietet so viele Arbeitsbereiche”, erklärt Bastians. Neben familienfreundlichen und flexiblen Arbeitszeiten, sei beispielsweise auch das Azubi-Gehalt im Vergleich zu anderen Branchen vorne dabei. Man profitiere von einer hundertprozentigen Tarifabdeckung und niemand müsse sich Sorgen machen, sein Gehalt sei nicht rechtzeitig auf dem Konto. Weitere Vorteile sieht sie in der modernen und sich stets aktualisierende Entgeltordnung sowie darin, dass niemand als Einzelkämpfer mit seinem Arbeitgeber Bedingungen aushandeln müsse. Auch der Urlaubsanspruch liege weit über dem nach dem Bundesurlaubsgesetz. Vor allem

Um die Personalsituation in den Behörden zur verbessern, muss auch die Politik Verantwortung übernehmen und eingreifen. Doch bislang fehlt es an gesetzlichen Rahmenbedingungen, gerade im Bereich Digitales, erklärt Patricia Seelig, stellvertretende Bundesvorsitzende im Bundesbüro der Jungsozialisten und selbst Mitarbeiterin in einer kommunalen Verwaltung. Diese Rahmenbedingungen könne die Politik schaffen. Neben dem Recht auf mobiles Arbeiten oder Telearbeit sieht Seelig diesbezüglich Verbesserungspotenzial in den Bereichen Eingruppierung und Befristung, in der Verschlankung von Weiterbildung sowie in der finanziellen Ausstattung der Behörden. Auch kommunale Ratsmitglieder müssten hier hinschauen und “Druck machen”, fordert sie. Seelig stellt aber klar, dass nicht nur die Politik von außen den Rahmen vorgibt, sondern es auch innerhalb der Behörden ein neues Denken brauche. Politischer Rahmen und junge Leute, die gemeinsam den Generationenwandel einläuten, seien notwendig.

Dieses ist nunmehr A 8 (Polizeiobermeisterin beziehungsweise Polizeiobermeister) und nicht mehr A 7 (Polizeimeisterin beziehungsweise Polizeimeister). Dabei handelt es sich laut Innenministerium um ein Zeichen der Wertschätzung. Alle bereits eingestellten Polizeimeisterinnen und Polizeimeister wurden bereits zum Jahreswechsel zur Polizeiobermeisterin beziehungsweise zum Polizeiobermeister befördert. Das Amt A 7 für den Polizeivollzugsdienst wurde damit abgeschafft. So wurde auch eine Vereinbarung des Koalitionsvertrages umgesetzt. Es entstehen Personalmehrkosten von jährlich etwa 750.000 Euro.

Fast 6.400 Zuverlässigkeitsüberprüfungen (BS/mfe) Brandenburgs Verfassungsschutz hat im vergangenen Jahr erneut an vielen Zuverlässigkeitsüberprüfungen mitgewirkt. Insgesamt wurden 6.384 derartige Überprüfungen durchgeführt. 2019 waren es noch 9.436 Zuverlässigkeitsüberprüfungen. Werden dabei Datenbanktreffer festgestellt, wird die entsprechende Tätigkeit in der Regel untersagt. Landesinnenminister Michael Stübgen (CDU) wies zudem darauf hin, dass mit der geplanten Einführung eines Verfassungstreuechecks auch im Öffentlichen Dienst vergleichbare Überprüfungen vor einer Einstellung zum Standard werden sollen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf werde aktuell finalisiert. Eine solche Überprüfung, jedoch in anderer Form und Intensität, hatte es in der Vergangenheit in der Bundesrepublik schon einmal gegeben. Dies war zuzeiten der Rote Armee-Fraktion (RAF) der Fall (“Radikalenerlass”). Die Regelung wurde dann allerdings wieder abgeschafft.

→ 22. Februar 2022, WEBKONFERENZ

Tag der Beteiligungsverwaltung Vom passiven Verwalten zum aktiven Steuern

DER Treffpunkt für das Beteiligungsmanagement, öffentliche Unternehmen, Politik und Aufsichtsrat Weitere Informationen zur Veranstaltung sowie Online-Anmeldemöglichkeit unter: www.beteiligungsverwaltung.org


Aktuelles Öffentlicher Dienst

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Auf Platz zehn

Behörden Spiegel / Februar 2022

KOLUMNE

Wertschätzung – mehr als reine Methode!

Korruptionsregeln für Abgeordnete sollen geschärft werden

(BS) Mitarbeitende wollen gese-

(BS/Büsra Tasdemir) Quo vadis, Deutschland? Nirgendwohin. Im globalen Korruptionsindex von Transparency International (TI) steht Deutschland hen, wahr- und ernstgenommen mit 80 von 100 Punkten gut da; was die Korruptionsbekämpfung betrifft, tut sich allerdings seit Jahren ziemlich wenig. Im internationalen Korrup- werden. Kunden wollen Kommutionsranking von TI belegt Deutschland Platz zehn von 180 und steht weiterhin hinter den Spitzenreitern Dänemark, Neuseeland und Finnland. nikation auf Augenhöhe und vor Transparency International veröffentlicht jährlich einen Index und ist der weltweit bekannteste Korruptionsindikator. Die Organisation vergleicht international die in Wirtschaft, Politik, und Verwaltung wahrgenommene (nicht zahlen- oder fallbasiert) Korruption im öffentlichen Sektor auf einer Skala von null (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption). Ganz weit unten auf dem Index stehen fragile und autoritär regierte Staaten wie Somalia und Syrien. Staaten, die rechtsstaattliche und demokratische Institutionen beschneiden und Menschenreche verletzen, erleben eine steigende Korruptionswahrnehmung, heißt es in dem Bericht. Bemerkenswert sei jedoch auch, dass etablierte demokratische und rechtsstaatliche Länder, die jahrelang als internationale Vorreiter im Kampf gegen Korruption in Erscheinung getreten seien, in den vergangenen Jahren signifikante Rückschritte im Index gemacht hätten, wie z. B. Australien und Kanada. Beide stehen noch immer auf vorderen Plätzen, haben im Verlauf der vergangenen Jahre jedoch beide insgesamt zwölf bzw. zehn Punkte verloren.

Kritik an deutscher Korruptionsbekämpfung Was Deutschland betrifft, sieht die Organisation “massive Defizite” in vielen Bereichen. Besonders in der Politik und Verwaltung. “Seit sechs Jahren hat sich die Punktzahl Deutschlands nicht verbessert. Das zeigt, dass wir bei der Korruptionsbekämpfung leider kaum vorankommen. Nach einer Maskenaffäre war der Druck letztes Jahr zwar endlich hoch genug, um das Lobbyregister einzuführen und die Regeln zu Nebentätigkeiten von Abgeordneten zu verschärfen”, erklärte Hartmut Bäumer, Vorstandsvorsitzender von Transparency Deutschland. Doch damit nicht genug. TI fordert nach der Maskenaffäre schärfere Regeln gegen die Bestechung von Abgeordneten. Auch Vorfälle wie die Aserbaidschan-Affäre ließ die Organisation nicht ohne ein kritisches Urteil. Beide Vorfälle hätten ein bedenkliches Schlupfloch hinterlassen: “Trotz der enormen Empörung nach Bekanntwerden der Fälle persönlicher Bereiche-

Transparency hat den jährlichen Korruptionswahrnehmungsindex veröffentlicht. Die Organisation sieht massive Defizite vor allem in der Politik und Verwaltung.

rung konnten die betroffenen Abgeordneten am Ende strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden”, erklärte Bäumer weiter. Laut TI ist es mehr als unverständlich, dass Regeln für Beamte bisher schärfer seien als für Abgeordnete. Aufgrund dessen sollten schärfere Gesetz gelten bzw. bestehende Gesetze nachgeschärft werden, da das Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung bislang wirkungslos sei. So fordert die Organisation, dass es in vergleichbaren Fällen auch tatsächlich zu Verurteilungen kommen müsse. Die derzeitige Situation schüre nur die Politikverdrossenheit der Menschen. Der Druck, das Lobbyregister einzuführen und die Regeln zu Nebentätigkeiten von Abgeordneten zu verschärfen, sei nach der Maskenaffäre hoch gewesen. Doch grundsätzlich seien in vielen gesellschaftlichen Bereichen Defizite zu beobachten, z. B. in der Verwaltung. Dort gelte noch immer der Grundsatz des Amtsgeheimnisses, was dazu führe, dass die strafrechtliche Verantwortung von Unternehmen noch immer nicht ganz geregelt und Hinweisgeber nicht ausreichend geschützt seien. Diese Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch Unternehmen verhindere häufig die Aufklärung korrupter Verdachtsfälle, so die Organisation.

MELDUNG

Ungleichgewicht bei Spitzenbeamten im Bund (BS) 30 Jahre nach der Wiedervereinigung sind Spitzenbeamtinnen und -beamte aus den neueren Bundesländern nach wie vor unterrepräsentiert. Das belegt eine neue Studie der Universität Kassel. Unter den Staatssekretären und Abteilungsleitern finden sich kaum Menschen mit Wurzeln aus Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. In der letzten Legislatur unter Bundeskanzlerin Angela Merkel lag der Anteil bei rund einem Prozent. Aktuell gebe es nur eine Staatssekretärin, die in den genannten Bundesländern aufgewachsen sei: Die gebürtige Rostockerin Antje Draheim, Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Silvia Veit, Fachgebiet Public Management der Universität Kassel, aus dem Forschungsprojekt “Neue Eliten – etabliertes Personal”. An den Kabinettstischen sei das

Verhältnis etwas besser. In den vergangenen Legislaturen habe der Anteil von Bundesministerinnen und -ministern aus den neueren Bundesländern bei rund neun Prozent gelegen. Allerdings sei dieser Wert deutlich geringer als in den Legislaturen nach 1990. Aktuell gebe es mit Clara Geywitz und Steffi Lemke zwei Ministerinnen und mit Reem Alabali-Radovan, Carsten Schneider und Michael Keller drei weitere Personen unter den Beauftragten und parlamentarischen Staatssekretären / Staatsministern und damit weniger als neun Prozent. Das Team um Prof. Veit untersuchte 3.600 Karriere-Biographien von Regierungsmitgliedern und hohen Beamtinnen und Beamten in den Ministerien von der Kaiserzeit bis ins gegenwärtige Deutschland. Kern des 2017 gestarteten Forschungsprojektes ist die Frage, inwiefern Spitzenpersonal in zentralstaatlichen Ministerien nach politischen Umbrüchen beibehalten oder ausgetauscht wurde.

Foto: BS/clareich, pixabay.com

Klare Forderungen, mehr Transparenz Transparency Deutschland fordert, dass das Handeln eines Abgeordneten grundsätzlich strafbar werden sollte, wenn er seine Stellung als Mandatsträger zum eigenen Vorteil missbrauche. Die Strafbarkeit sollte am Umstand der Vorteilsannahme bei mandatsbezogenem Handeln greifen – und nicht nur im engeren Sinn bei der

Wahrnehmung des Mandats. Zudem sollte das Abgeordnetengesetz künftig auch private Provisionsgeschäfte mit dem Staat verbieten. Bereits im April letzten Jahres hatten die große Koalition sowie die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen angekündigt, die Transparenzregeln für Abgeordnete strenger zu fassen und auch kleinere Einkünfte aus Nebentätigkeiten und geringere Beteiligungen an Kapitalgesellschaften dann öffentlich zu machen. Nun plane die Ampel bereits eine Verschärfung: “Außerdem sollten das Lobbyregister nachgeschärft und die Kontakte von Lobbyisten in Bundesministerien veröffentlicht werden”, kündigte der SPD-Abgeordneter Johannes Fechner an. Es sei unumstritten, dass bestehende Grauzonen eingeschränkt werden müssten, sagte Bäumer. Er kritisiert außerdem, dass für eine strafrechtliche Relevanz eine dokumentierte Absprache erforderlich sei. “So dumm ist niemand, dass man das noch schriftlich festhält.” Wie die Ampel sich auf weiter gehende Schritte zu mehr Regeln und Transparenz beim Lobbyismus einigt, wird sich in der nächsten Zeit zeigen.

allem dort abgeholt werden, wo sie stehen. Gerade in Zeiten der Veränderung bekommt das menschliche Miteinander eine noch höhere Bedeutung. Reine Mechanik oder methodisches Handeln kann – wenn es als solches entlarvt wird, sogar kontraproduktiv wirken. Nur allzu gut ist mir noch in Erinnerung, als mein früherer Chef nach dem Besuch eines Führungsseminars mich überschwenglich lobte und ich innerlich kochte. Denn die Aktion, um die es ging, war eher Marke “einfaches kopieren und anwenden”. Der Effekt? Ich traute ihm nicht mehr über den Weg und war sehr enttäuscht. Und dabei ist es eigentlich ganz einfach. So fängt es bei Mitarbeitenden- oder Kundengesprächen schon mit aktivem Zuhören an. Eigenes Zurücknehmen, neugieriges Nachhaken und Wiedergeben des Gehörten zeigen dem Gegenüber, dass die Meinung gefragt ist und in die Entscheidung mit einbezogen wird. Das bedeutet jedoch nicht, zu allem “Ja und Amen” zu sagen! Bei Digitalisierungsprojekten reicht methodisch gut durchgeführtes Projektmanagement alleine ebenfalls nicht aus. Nur mit breit angelegtem und intensivem Veränderungsmanagement können Ängste und

Beate van Kempen ist IT-Architektin beim LVR Infokom. Foto BS/privat

Verharrungsmomente auf Kunden- oder Mitarbeitenden-Seite erkannt und aufgelöst werden. Das braucht viel Kommunikation und ernsthaften Umgang mit den jeweiligen Bedenken und Rückmeldungen. Das bedeutet, dass Entscheidungen einen thematischen Anker zu diesen Rückmeldungen erhalten. Was wurde berücksichtigt, was, am besten auch: warum nicht? Hier hilft nur ein offener und ehrlicher Dialog. Besonders schwierig, wenn langjährige Prozesse angepasst oder individualisierte Lösungen standardisiert werden sollen. Konsens ist hier nicht immer möglich. Echte Wertschätzung kann ihre Wirkung dann entfalten, wenn der Mensch wirklich im Mittelpunkt steht. Schauen wir also genau hin und sorgen bewusst für Gespräche auf echter(!) Augenhöhe.

Mehr Fortschritt wagen Korruptionsbekämpfung: echter Wille oder “Window Dressing”? (BS/Ingo Sorgatz) Die Themen Transparenz, Integrität und Korruptionsbekämpfung finden sich auch auf der Agenda der neuen Bundesregierung. Alles andere wäre nach Masken-, Berater-, Lobbyisten- oder Geldwäscheaffären der jüngeren Zeit auch höchst verwunderlich. Allerdings sollte man nicht – wie in manchen Medien leider immer wieder der Fall – Verwaltung und Politik pauschal über einen Kamm scheren. Was bei Mandatsträgern an Compliance-Verschärfungen geplant ist, gilt für Amtsträger schon längst. Es sind einige wenige “schwarze Schafe”, die gegen Regeln verstoßen und damit die Reputation des öffentlichen Sektors vergiften. Die kleine, sogenannte “petty corruption”, also die Vorteilsannahme, nimmt statistisch gesehen hierzulande kaum Raum ein. Bedrohlich erscheint dagegen der erhebliche Deliktsanstieg bei Bestechung und Bestechlichkeit von Amtsträgern, was auf die Existenz korruptiver Strukturen hindeutet, die nachhaltig schadhaft wirken. Letztere konsequent zu bekämpfen, erfordert allerdings auch die Ausstattung der Ermittlungsbehörden mit Befugnissen auf der Höhe der Zeit. Gerade an dieser Stelle bezweifeln Expertinnen und Experten aber, ob der angekündigte Fortschritt eingelöst wird.

Schwerpunkt strukturelle Korruption Bei der innerbehördlichen Korruptionsprävention dreht sich nach dem Empfinden vieler Beschäftigter die Diskussion immer wieder um kleine Zuwendungen, um Kalender, um vorweihnachtliche Lebkuchen bis hin zu Abschiedsgeschenken für Lehrer am Schuljahrsende. Es war vollkommen richtig, bei der Frage, wie die Neutralitätspflicht auch nach außen hin gelebt wird, einen Wandel der Compliance-Kultur anzustoßen. Indes treibt die Strafverfolgung zwischenzeitlich gewisse Stilblüten. So bestanden etwa 2019 75 Prozent der auf Nehmerseite (also durch Amtsträger) erlangten Vorteile in der kostenlosen Teilnahme an Veranstaltungen. Dahinter steckt nicht die große, die strukturelle Korruption. Entsprechend gering waren die durch Korruption erlangten Gewinne auf Geberseite, nämlich nur 64 Mio. Euro. 2020 schlug das Pendel umso deutlicher nach der anderen Seite aus. Das BKA vermeldete gegenüber 2019 einen Anstieg der Fälle von Bestechung um 66

Gesamtwert der erlangen Vorteile auf Geberseite* 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0

2016

2017

2018

2019

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* in Mio. Euro. Quelle: BKA; Darstellung: Sorgatz

Sehen wir somit vor lauter Awareness-Rising den sprichwörtlichen “Wald vor lauter Bäumen” nicht? Ob Korruptionsprävention in Vergabe-, Genehmigungs- oder Förderverfahren, ob Transparenzgesetze, Wettbewerbs- und Lobbyregister oder EU-Hinweisgeberrichtlinie: Wer hier die Regularien weiter ausbaut (was absolut begrüßenswert ist), der muss allerdings ein sehr hohes Maß an bürokratischem Erfüllungsaufwand mit bereitstellen. Das kann dazu führen, dass die hierfür administrativ einzusetzenden Ressourcen an anderer Stelle fehlen, nämlich dort, wo eigentlich konsequent repressiv vorgegangen werden müsste. Im Bereich polizeili-

Ingo Sorgatz, Erster Kriminalhauptkommissar und Diplomverwaltungswirt (FH), ist nach langer Tätigkeit im kriminalpolizeilichen Bereich seit mehreren Jahren für Interne Revision und Korruptionsprävention zuständig. Foto: BS/privat

Prozent und von Bestechlichkeit um 46 Prozent, gepaart mit einer inkriminierten Gewinnsumme von 460 Mio. Euro, was einen Anstieg von 618 Prozent bedeutet. Während also einerseits in Bezug auf die Masse der Beschäftigten ein Wandel zu mehr Awareness und Integrität vollzogen wurde, sehen wir uns andererseits mit gewaltigen Auswüchsen bei der strukturellen Korruption konfrontiert. Zumal das Dunkelfeld, das in diesem Deliktsbereich auf bis zu 90 Prozent geschätzt wird, in die Statistik gar nicht eingepreist ist.

Die “Quadratur des Kreises” Während Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen schon seit vielen Jahren erhebliche Ressourcen in die Korruptionsprävention investieren, scheinen an anderer Stelle die Kartelle besser denn je zu funktionieren.

cher Ermittlungsbefugnisse scheint sich eine offene Flanke zu bilden. Die FAZ beschrieb eine offenkundige Ambivalenz hinsichtlich der Ertüchtigung der Ermittlungsbehörden kürzlich mit der “Quadratur des Kreises”. Ähnlich äußern sich bereits erste Vertreter der Polizeigewerkschaften. Kurz gesagt: Wer polizeiliche Ermittlungsmöglichkeiten etwa aus Gründen des Datenschutzes nicht ausbaut oder sogar beschneidet, der kann auf der anderen Seite keine großen Ermittlungserfolge erwarten. Gerade bei den Korruptionsdelikten, die seit jeher ein großes Dunkelfeld und hochkonspirative Begehungsweisen kennzeichnen, sind polizeiliche Befugnisse in technischem wie operativem Sinne auf Augenhöhe mit den Tätern enorm wichtig. Insoweit gewährt Transparency International Deutschland e.V. der neuen Bundesregierung mit ihrer Einschätzung: “Die AmpelKoalition zeigt mit dem Koalitionsvertrag, dass sie die Bekämpfung von Korruption ernst nimmt”, einiges an Vorschusslorbeeren, deren wirksame Einlösung es erst abzuwarten gilt. Denn wagt man nicht auch auf repressiver Seite den Fortschritt, so funktionieren die Kartelle vielleicht weiter “wie geschmiert” und Korruptionsprävention und Transparenz bleiben das, als was Kritiker sie spöttisch bezeichnen: “Window Dressing”.

Lehrgang zum Thema Der Behörden Spiegel veranstaltet hierzu vom 28. März bis 1. April 2022 seinen Online-Zertifikatslehrgang als “E-Training AntiKorruptionsbeauftragte/-r in der öffentlichen Verwaltung”. Weitere Informationen und Anmeldung unter www.fuehrungskraefteforum.de, Suchwort: “Antikorruption”


Bund

Behörden Spiegel / Februar 2022

Behörden Spiegel: Herr Mahendran, wie ist das Kompetenzzentrum Open Data aufgebaut und was sind dessen Kernaufgaben? Thilak Mahendran: Das Kompetenzzentrum Open Data ist die Beratungseinheit des Bundes zur Identifikation, Aufbereitung und Bereitstellung von offenen Verwaltungsdaten der Bundesverwaltung. Entstanden ist es aus dem 1. Open-Data-Gesetz von 2017. Als fester Bestandteil des Bundesverwaltungsamts verfolgen wir das Ziel, die gesamte Bundesverwaltung anlassbezogen zu Open Data zu beraten und zu unterstützen. Wir stärken und beschleunigen den Kompetenzaufbau zu Open Data in der Bundesverwaltung und dienen als Bindeglied zwischen unterschiedlichen Stakeholdergruppen wie Bund, Ländern, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Behörden Spiegel: Wie sehen Ihre Unterstützungsangebote für die Bundesverwaltung konkret aus? Mahendran: Sie sind divers und breit. Unsere Beratung kann bei einer einfachen Mail mit einer bestimmten Fragestellung zu einer praktischen Herausforderung anfangen, etwa: “Ich möchte folgenden Datensatz veröffentlichen.” Aus dieser Anfrage kann dann ein Sensibilisierungsvortrag für die gesamte Behörde entstehen: “Was ist Open Data? Wie ist die rechtliche und technische Grundlage?” Im Bestfall

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Open Data nachhaltig denken BVA-Kompetenzzentrum berät mehr als 200 Behörden (BS) Das Kompetenzzentrum Open Data beim Bundesverwaltungsamt (BVA) in Köln berät Behörden und Ministerien beim Umgang mit großen, frei zugänglichen Verwaltungsdaten. Der Behörden Spiegel sprach mit dem Leiter des Kompetenzzentrums, Thilak Mahendran, über die Beratungsangebote, aber auch über die zukünftigen Potenziale von Open Data in der Bundesverwaltung. führen wir größere Workshops mit Behörden und Ministerien durch, um eine nachhaltige Open Data-Strategie aufzusetzen, die in die größere Digitalstrategie einfließt. Denn Open Data muss nachhaltig gedacht werden, um als Behörde mittel- und langfristig davon zu profitieren. Beim Kompetenzaufbau beobachten wir extrem unterschiedliche Wissensstände der Beschäftigten. Dem treten wir auf doppelte Weise entgegen. Zum einen bieten wir Unterstützungsmaterialien auf opendata.bund.de an, etwa das Open-Data-Handbuch. Das ist modular aufgebaut und erlaubt den Einstieg zu bestimmten Herausforderungen, unabhängig vom Reifegrad der Behörde. Zum anderen sind wir im engen Austausch mit der BAköV, um die Grundlagenwissensvermittlung strukturell aufzusetzen. Aktuelle Entwicklungen in der Open Data-Welt und Vertiefungen zu

Thilak Mahendran leitet das Kompetenzzentrum Open Data beim Bundesverwaltungsamt in Köln. Foto: BS/privat

spezifischen Themen führen wir in unserer Veranstaltungsreihe in Form von Fachforen durch. Diese sind offen für Bund, Länder, Kommunen und weitere relevante Gruppen. Behörden Spiegel: Wo liegen nach Ihrer Ansicht die besonderen Potenziale von Open Data? Mahendran: Ich sehe interne und externe Potenziale: Die Verwaltung selbst kann immens profitieren. Zum einen bedingt Open Data, dass Datenerhebungen digital erfolgen. Innerhalb und außerhalb der Behörde können

Daten so effizient abgerufen und ausgetauscht werden, z. B. zwischen Referaten oder Behörden. Zum anderen minimieren wir das Risiko der Mehrfacherhebung von Daten, was leider nach wie vor relativ häufig vorkommt. In unserem Handbuch zeigen wir auf, wie eine gesamtheitliche Übersicht zu Daten im eigenen Haus erstellt werden kann – Stichwort “interner Datenkatalog”. Kurzfristig sind wir dadurch in der Lage, daten- und evidenzbasiertes Handeln zu ermöglichen. Mittelund langfristig ermöglicht dieses digitale Grundgerüst auch Mehrwerte durch Automatisierung und Algorithmen. Extern, also außerhalb der Verwaltungswelt, gibt es schon viele spannende Beispiele dafür, wie Daten, die aus gesetzlichen Aufträgen entstehen, für neue Dienstleistungen eingesetzt werden können. Ein aktuelles Beispiel ist der Datenjournalismus, der Zahlen des Robert Koch-Instituts visualisiert und öffentlich zugänglich macht. Behörden Spiegel: Stellen Sie in letzter Zeit eine größere Aufgeschlossenheit der Behörden beim Thema Open Data fest oder ist hier noch sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten?

cher Stellen verbessern. Welche Rolle könnte das Kompetenzzentrum Open Data dabei spielen und was ist ggf. notwendig, damit es bei der Erreichung dieses Zieles noch besser unterstützen kann als heute?

Mahendran: Der Koalitionsvertrag enthält eine Vielzahl an Mahendran: Das fällt doch sehr notwendigen Impulsen zum Umunterschiedlich aus. Behörden, gang mit Verwaltungsdaten, die die eine längere Historie mit wir nur begrüßen können. Eines strukturierten Datenerhebun- unserer Ziele ist die Erhöhung gen vorweisen können, sehen die der Datenexpertise innerhalb der Mehrwerte bzw. profitieren bereits Bundesverwaltung, insbesondere davon. Hierzu zählen Wetter, Sta- die Expertise zu offenen Verwaltistik, Geografie oder Mobilität. tungsdaten. Wie erwähnt sind Auf der anderen Seite gibt es Be- wir in engem Austausch mit der hörden, die noch viel mit Stift, BAköV, um Fortbildungen zu Datenkompetenz und Open Data auf breiter Ebene “Datenaffine Mitarbeitende zu ermöglichen. Das 2. gibt es in jeder Behörde. Das Open-Data-Gesetz, das sind oft auch diejenigen, die im Sommer 2021 verabschiedet wurde, sieht Open Data anstoßen.” eine Open Data-KoordiPapier und Akten arbeiten. Dort nationsrolle in jeder Behörde vor. ist Überzeugungsarbeit notwen- Über dieses neue Netzwerk köndig: “Warum sollen wir unsere nen wir zielgerechte Methodiken Prozesse umstellen? Was haben und Informationen effektiv in die wir davon? Bedeutet das nicht Breite streuen. Die Beschäftigten, einfach mehr Arbeit und Belas- die die Koordinationsrolle übertung?” Was positiv zu erwähnen nehmen, erhalten so das Wissen ist: Datenaffine Mitarbeitende gibt und die Werkzeuge, um Open Daes in jeder Behörde. Das sind oft ta in ihren Häusern nachhaltig zu auch diejenigen, die Open Data betreiben. Aktuell sind wir erst ein anstoßen. Auf der Führungsebe- vierköpfiges Team, das mehr als ne wünsche ich mir noch mehr 200 Behörden berät. Wir müssen Bewusstsein für digitale Themen Anfragen also leider priorisieren. im Allgemeinen und Open Data Ab einem gewissen Punkt müssen wir auch sicherstellen können, im Spezifischen. dass unsere Infrastruktur den Behörden Spiegel: Die Ampel- effizienten Umgang mit großen Regierung will laut Koalitionsver- Datenmengen erlaubt. Denn aktrag die Datenexpertise öffentli- tuell ist das nicht der Fall.

Sicher im Dienst

Mit Umfragen gezielt recruiten

Gegen Gewalt am Arbeitsplatz

Start der Studie “Azubi-Recruiting Trends 2022”

(BS/akh) Bespuckt, beleidigt und angefeindet zu werden, das ist für Mitarbeitende im Öffentlichen Dienst mittlerweile bittere Realität geworden. Ob verbale oder körperliche Angriffe, das Spektrum an Übergriffen reicht weit und setzt die Beschäftigten massiv unter Druck. Für mehr Sicherheit im Dienst macht sich ein Präventionsnetzwerk in Nordrhein-Westfahlen stark.

(BS/bt) Auch im dritten Pandemiejahr stehen Fragen offen wie: Was ist der aktuelle Stand der Dinge im AzubiMarketing und -Recruiting? Wie finden künftige Azubis und ihre Ausbildungsstätte zusammen? Welche Medien nutzen Schülerinnen und Schüler für die Suche nach einem Ausbildungsplatz? Welche Rolle spielen Arbeitgeberbewertungen? Wie werden Vorstellungsgespräche in der Pandemie geführt und wie kommt das bei den Bewerberinnen und Bewerbern an?

Der Öffentliche Dienst ist ein vielfältiges Arbeitsumfeld, in dem allein in Nordrhein-Westfalen fast eine Million Menschen beschäftigt sind. Darunter fallen Einsatzund Rettungskräfte, Lehrerinnen und Lehrer sowie Erzieherinnen und Erzieher genau wie Polizeibeamte oder Mitarbeitende aus Ordnungsbehörden und dem öffentlichen Nahverkehr. Es muss etwas getan werden, um sie vor Übergriffen zu bewahren. “Der Öffentliche Dienst verdient unseren Schutz”, so der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU). “Schließlich sorgt er dafür, dass die Menschen in Nordrhein-Westfalen gut leben können; er ist eine Stütze unseres Gemeinwesens.” Für diesen Schutz setzt sich das Präventionsnetzwerk “Sicher im Dienst” ein – landesweit und ressortübergreifend. In seiner Form ist es damit bundesweit einmalig.

Schon 450 Mitglieder vertreten Die Mitglieder teilen innerhalb des Netzwerks ihre Erfahrungen mit dem Thema Gewalt am Arbeitsplatz miteinander. Das Ziel von “Sicher im Dienst” ist neben diesem Austausch die Zusammenarbeit bei der Gewaltvorsorge für Beschäftigte im Öffentlichen Dienst und gegebenenfalls auch bei der Nachsorge. Bereits 450 Mitglieder aus über 200 Behörden, Institutionen, Verbänden und Organisationen gehören dem Netzwerk an. Die Beschäftigung im oder für den Öffentlichen Dienst ist dabei Teilnahmevoraussetzung. “Wir beobachten, dass sowohl die Häufigkeit als auch die Qualität der Übergriffe zugenommen haben. Dem stellen wir uns entschieden entgegen: Der Öffentliche Dienst muss auch ein sicherer Dienst sein – und dazu leistet das Netzwerk einen star-

Angehörige des Öffentlichen Dienstes werden immer öfter physisch und psychisch angegriffen. Das wollen die Mitglieder eines neuen Netzwerkes nicht mehr ohne Weiteres hinnehmen. Foto: BS/S. Hofschlaeger, pixelio.de

ken, schützenden Beitrag” so Reul. Unter seiner Federführung wurde ein Präventionsleitfaden erstellt. Hier finden Beschäftigte aus dem Öffentlichen Dienst zielgruppenspezifische Handlungsempfehlungen, die ihnen helfen sollen, im Ernstfall mit Angriffen, Gewalt und Beleidigungen umzugehen. Zusätzlich enthält der Leitfaden eine Liste mit Ansprechpartnern. Auch Erklärungen zu bestehenden Rechtsgrundlagen wie zum Beispiel für mögliche Strafverfahren oder Entschädigungsansprüche sind enthalten. Führungskräfte bekommen in diesem Papier zudem speziell für sie hilfreiche Informationen, die sie dabei unterstützen, im Bereich Gewaltprävention ihrer Verantwortung gegenüber den Beschäftigten gerecht zu werden.

Online-Tool steht zur Verfügung Unter www.sicherimdienst.nrw können sich Interessierte über Gewalt im Öffentlichen Dienst

informieren und Erfahrungsberichte nachlesen. Die Netzwerkpartner können außerdem ein Online-Tool für den Austausch über Gewaltprävention nutzen. “Sicher im Dienst” ist nicht die einzige Initiative der nordrheinwestfälischen Landesregierung, die sich mit dem Schutz von Beschäftigten im Öffentlichen Dienst beschäftigt. Für Einsatzund Rettungskräfte gibt es seit dem Anfang dieses Jahres das “innovative Melde- und Erfassungssystem Gewaltübergriffe (IMEG)”. Betroffene Einsatzkräfte können dieses Portal nutzen, um sowohl körperliche Angriffe als auch verbale Übergriffe zu melden. Auch Sachbeschädigungen können hierüber mittgeteilt werden. Die Zahl der Übergriffe ist deutschlandweit dennoch immer noch hoch. Das gilt ganz besonders für die Vollzugskräfte der Polizei. Sie haben sehr oft mit Widerstandshandlungen zu tun. Daran haben auch Strafverschärfungen im Strafgesetzbuch nichts grundlegend geändert.

Unterstützen Eltern ihre Kinder bei der Suche nach einen Ausbildungsplatz? Zu diesen und weiteren Fragen will die Studie “Azubi-Recruiting Trends 2022” Antworten in Zahlen und in Form von individuellen Teilnehmerberichten geben. Die Studie ist eine doppelperspektivische: Das heißt, sowohl Azubis als auch Ausbildungsverantwortliche können ab sofort bis zum 31. März an der Online-Umfrage teilnehmen. Seit 2013 sammelt der Solinger Ausbildungsspezialist U-Form Testsysteme Jahr für Jahr wertvolle Fakten rund um das Thema Ausbildung, indem beiden Zielgruppen vergleichbare Fragen gestellt werden. Die Studie zeigt am Ende, was für angehende Azubis und Ausbildungsbetriebe wirklich zählt. Dabei werden jährlich neue Aspekte aus dem Azubi-Recruiting und -Marketing in den Mittelpunkt gestellt. Mit diesen Strategien kann ein Ausbildungsbetrieb viele potenzielle Auszubildende erreichen. Zusätzlich kann sich – anders als beim herkömmlichen Marketing – der Betrieb positiv nach außen hin positionieren. Bisher haben in den letzten neun Jahren über 38.000 Ausbildungsverantwortliche, Azubis, und Personen, die sich auf Ausbildungsplätze bewerben, teilgenommen. Bereits letztes Jahr zeigte sich, dass die Umfrage zur größten doppelperspektivischen Erhebung zu den Themen Ausbildung und Azubi-Recruiting in Deutschland zählt: Rund 5.625 Personen nahmen im vergangenen Jahr an der Studie teil. Die Fokusthemen lagen dabei auf dem Ausbildungsalltag in Zeiten der Pandemie, dem E-Learning oder digitalen Systemen. Mit der Umfrage wurde schnell klar: Es herrschte trübe Stimmung in der dualen Berufsausbildung und

große Unsicherheit, was den ­Berufseinstieg betrifft.

Bedürfnisse kommen nicht zusammen Dabei wurden wichtige Erkenntnisse gewonnen: Sechs von zehn Azubis haben während der Hochphase der Pandemie größtenteils ihre Ausbildung im Home Office absolviert, vier von zehn haben mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Home Office verbracht. Neun von zehn haben vor, noch weiter zur Schule zu gehen oder sich für ein Studium einzuschreiben. Viele gaben an, dass es ihnen schwerfalle, sich auf einen Ausbildungsplatz zu bewerben. Zudem gab es wenig Begeisterung bei digitalen Bewerbungsgesprächen. Die Mehrheit der Azubis zieht ein persönliches Gespräch vor, während mehr als die Hälfte der Ausbildungsgeber die Bewerbungsgespräche auch nach der Pandemie digital führen will. Dieses Jahr liegt der Studien­fokus auf Themen

wie der ­Besetzung von Ausbildungsplätzen, Nachhaltigkeit, dem Image der Ausbildung und dem Gendern. Ein Blick in die Studie aus dem Jahr 2013 soll unter anderem die Veränderungen und Themen im Wandel zeigen. "In diesem Jahr führen wir nun schon zum zehnten Mal die Studie in doppelperspektivischer Form durch. Wir freuen uns in diesem Jahr besonders darauf, zu zeigen, welche Aspekte sich im Lauf der Jahre stark verändert haben und welche seit Jahren relativ stabil sind," sagt Felicia Ullrich, die die Studie für U-Form Testsysteme initiiert und von Beginn an begleitet hat. Die Ergebnisse der Studie werden im Mai bekannt gegeben. Die Studie wird – wie im vergangenen Jahr – auch in diesem Jahr von Dr. Christoph Beck von der Hochschule Koblenz wissenschaftlich begleitet. Weitere Informationen zur Studie und zur Umfrage auf www. testsysteme.de/studie

MELDUNG

Queerschnittsaufgabe Klimaschutz (BS/mj) “Der Schutz des Klimas ist prioritäres Handlungsfeld der gesamten Bundesregierung”, heißt es in einer Antwort auf die Kritik seitends der CDU/CSU Fraktion in einer kleinen Anfrage, wonach die Aufteilung der Klimaschutzpolitik auf vier Bundesressorts (BMWK, AA, BMZ und BMUV) langwierige Abstimmungsprozesse und Kompetenzstreitigkeiten zur Folge haben werde. Um diesem Credo gerecht zu werden, haben laut Drucksache 20/462 alle Regierungsparteien “Klimaschutz für die 20. Legislaturperiode zu einer Querschnittsaufgabe gemacht”. Zudem gehe

man davon aus, dass die Neuordnung der Zuständigkeiten im Bereich des Klimaschutzes zu einer beschleunigten Erarbeitung und Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen und insgesamt zu einer Stärkung des Klimaschutzes in Deutschland und weltweit führen werde. Bezüglich der Fragen, wie die genannte Aufteilung den Klimaschutz fördere oder ob Gesetzesvorhaben zukünftig hinsichtlich ihrer Klimawirkungen seitens des BMWK geprüft würden, verwies die Bundesregierung auf laufende ressortübergreifende und -interne Abstimmungsprozesse.


Themenseite BAMF

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Das FIS des BAMF

A

ktuell bietet es den Nutzenden im BAMF eine einheitliche Plattform, die alle wichtigen Daten als Kennzahlen bedarfsgerecht und auf Abruf aus den operativen Fachverfahren bereitstellt. Dieses digitalisierte Berichtswesen ermöglicht die permanente Analyse der Prozesse zur Bestimmung von entscheidenden Zielsetzungen.

FIS als ControllingInstrument Das FIS im BAMF ist organisatorisch in der Referatsgruppe 23 “Zentrales Controlling, Behördenentwicklung, Statistik” der Abteilung 2 “Digitale Technologien, CIO, Innovationsmanagement, Controlling” angesiedelt. Die Ein- und Fortführung eines IT-Projektmanagements und Controllings sind wesentliche Voraussetzungen, um das BAMF in hohem Maße steuerbar und erfolgsfähig zu machen. Kerninhalte der Steuerungslogik sind die Ausrichtung an Wirkung (Output-Orientierung inklusive Sicherstellung der Qualität) und Wirtschaftlichkeit. Zudem ist ein hohes Maß an Transparenz über das operative Geschäft sicherzustellen. Diese Punkte sind für die Aufgabenerfüllung des Bundesamts entscheidend. Ohne ein geeignetes Controllingsystem sind ein angemessenes Monitoring und eine Optimierung der internen Prozesse nicht möglich. Dies würde zu ineffizienteren Prozessen führen, zu einer Reduktion der Steuerbarkeit und somit insgesamt zu einer geringeren Leistungsfähig-

Business Intelligence im Behördeneinsatz (BS) Bei einer so großen und wichtigen Behörde wie dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Hauptsitz in Nürnberg sowie seinen zahlreichen dezentralen Außenstellen fallen täglich immense, steuerungsrelevante Daten und Informationen an. Mit steigendem Interesse an aktuellen und steuerungsrelevanten Informationen, die an einem zentralen Ort gebündelt, automatisiert und zu jeder Zeit abrufbar sind, wachsen die Anforderungen an die kurzfristige Bereitstellung definierter Kennzahlen durch das Controlling. Das Führungsinformationssystem (FIS) des Bundesamtes leistet all dies und ist somit ein innovativer Vorreiter für den Einsatz von Business Intelligence in einer öffentlichen Einrichtung.

Die Stufen des Vorgehensmodells

das Controlling herangetragen wurden, die den Wunsch nach einer Automatisierung weiter verstärkten. Dies ließ sich nur durch ein IT-Tool sicherstellen und wurde mit FIS 1.0 im Jahr 2019 umgesetzt.

Für das Aufsetzen und die Integration des Fachverfahrens FIS wurden die fünf Stufen Anforderungsanalyse, Data Warehouse, Modellierung Framework Manager, Berichtswesen und Go Live durchlaufen. Jede dieser Stufen setzt sich aus den Pha-

Vor Einführung des FIS existierte eine Vielzahl an unterschiedlichen Controlling-Instrumenten und bereitgestellten Berichten. Diese speisten sich oft aus unterschiedlichen Quellen. Steuerungsinformationen wurden der Führungsebene des BAMF in Form von statischen Berichten durch das Controlling zur Verfügung gestellt, ohne dafür eine einheitliche Plattform zu nutzen. Der manuelle Import der Daten und die Aufbereitung der Zahlen mittels herkömmlicher Tabellenkalkulationsprogramme waren zeitaufwendig und fehleranfällig. Hinzu kam, dass regelmäßig weitere Informationsbedarfe aus Fachbereichen an

Dr. Hans-Eckhard Sommer, Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge

sen Planung, Analyse, Design, Implementierung, Test und Deployment zusammen. Kern der Anforderungsanalyse war die Erhebung fachlicher Anforderungen, die unter anderem eine Zusammenstellung aller aktuellen Berichte und die Definition der benötigten Kennzahlen umfasste. Des Weiteren wurden eine Quellsystemanalyse sowie die Erstellung eines semantischen Datenmodells durch ein neu gebildetes Projektteam übernommen. Die Anforderungsanalyse wurde durch einen Proof of Concept mit den Bestandteilen semantisches Datenmodell, Kennzahlensteckbrief, Grobkonzept und Prototyp abgeschlossen. In der Stufe Data Warehouse kam es zur Auswahl des ETLTools und der umfangreichen Entwicklung des ETL-Prozesses. Dieser bildet die Basis für die Sicherstellung kontinuierlicher Datenbereitstellung. Hierfür war neben der Anbindung an das Produktivsystem auch die Erstellung eines Historisierungskonzeptes nötig. Für die anschließende Stufe der Framework-Manager-Modellierung war es nötig, die Detaillierung von Dimensionen und Hierarchien durch die Einführung von Aggregationsebenen festzu-

tene Online-Schulungen und Tutorial-Videos erleichtert. Zum Schutz der anhand von FIS bereitgestellten, aggregierten Daten wurde ein umfangreiches Rollen- und Rechtekonzept entwickelt, um unterschiedlichen Nutzendenkreisen die passgenauen Informationen unter Einhaltung des Datenschutzes zugänglich zu machen. Im Rahmen einer Nutzendenumfrage stufte zudem die überwältigende Mehrheit der Teilnehmenden die FIS-Daten für die Steuerung in ihrem Aufgabenbereich als äußerst hilfreich ein. Die Nutzung erfolgt überwiegend wöchentlich sowie anlassbezogen. Größte Nutzendenzufriedenheit besteht bei den Punkten Darstellung und Verständlichkeit. Die Optimierung der Ladegeschwindigkeiten wird kontinuierlich verbessert. Das Business-Intelligence-Ins­ trument FIS passt sich damit perfekt in die Digitalisierungsagenda 2022 des BAMF ein und steht daher gleich für mehrere Aspekte der Modernisierung und Digitalisierung öffentlicher Organisationen. Dies zeigt sich auch an der Nominierung als Finalist des 19. eGovernmentWettbewerbs 2020 in der Kategorie “Bestes Modernisierungsprojekt” und dem Gewinn des 3. Platzes.

Statistik und Controlling – zwei Blickwinkel auf eine legen. Darüber hinaus wurde im operativen Bereich über das der entsprechenden Hardware Zahlenbasis im BAMF

die Berechnung von Kennzahlen konzipiert, um den Aufbau dimensionaler und relationaler Packages zu ermöglichen. Im Rahmen der Modellierung erfolgte auch die Umsetzung eines Berechtigungs-/Sicherheitskonzeptes. Während der Stufe Berichtswesen wurden erste Dashboards und Berichte erstellt. Neben der Analyse der Daten erfolgten auch der Aufbau dieser Endprodukte sowie deren Tests in enger Abstimmung mit den Fachbereichen. Nach Freigabe der Fachbereiche erfolgte mit der Stufe des Go Live die Portierung der entwickelten Berichte, Dashboards und der dazugehörigen Packages von der Abnahme auf die Produktionsumgebung. Die Veröffentlichung der Inhalte wird seither immer auch von einer InformationsE-Mail des FIS-Teams an die Nutzer begleitet.

Technische Umsetzung

Kein technisches Modell

Das Berichtswesen vor der Digitalisierung

In Zeiten von mobilem und flexiblem Arbeiten und weitreichender Digitalisierung ist es unabdingbar, alle steuerungsrelevanten Kennzahlen immer mit dabei und im Blick zu haben. FIS stellt hier ein gelungenes Beispiel dar, das zudem auf jedem digitalen Endgerät abrufbar ist.

Konzeption und Integration FIS

Aufbreitung aller relevanten Daten im BAMF-eigenen Data Warehouse

keit des Bundesamts. Steuerbarkeit und Führungsqualität sind entscheidend für die Arbeitseffizienz aller Organisationseinheiten, besonders auch für die dezentralen Außenstellen. Genauso ist auch die Qualität aller anderen Bereiche maßgeblich von einem regelmäßigen Controlling sowie Sachstandsberichten beeinflusst. Ohne einen geeigneten Überblick über Ziele und Zielerreichung kann eine effiziente Aufgabenerfüllung nicht erfolgen.

Behörden Spiegel / Februar 2022

Im Rahmen einer konsistenten Datenhaltung werden alle relevanten Daten aus den operativen Systemen über das BAMF-eigene Data Warehouse aufbereitet (siehe Abbildung links). Anschließend werden die Daten in Form von anwenderfreundlichen, dynamischen Dashboards und Berichten den Nutzenden auf unterschiedlichen Endgeräten zur Verfügung gestellt. Um das operative Tagesgeschäft direkt zu unterstützen, werden insbesondere den Führungskräften

Führungsinformationssystem (FIS) vollautomatisiert verschiedene, auf ihre Bedürfnisse angepasste Berichte und Dashboards wöchentlich, monatlich und in Einzelfällen auch täglich zur Verfügung gestellt. Zur interaktiven Aufbereitung können über Filter-Funktionen die vorgegebenen Ansichten im FIS auch individuell angepasst werden. Die Aktualisierung der Ansichten erfolgt dabei innerhalb weniger Sekunden. Insgesamt stehen mittlerweile 18 Dashboards und 12 Berichte für individuelle Analysen bereit. Das mit FIS bereitzustellende Informationsangebot wird durch die Aufnahme neuer Inhalte permanent erweitert.

ermöglicht dies eine qualitativ hochwertige Verarbeitung und Bereitstellung sehr großer Datenmengen. Zudem unterliegt das FIS einem Prozess der kontinuierlichen Verbesserung, den das Team mittels agiler Methoden wie der Arbeit mit Kanban-Boards, Sprints und Workshops mit beteiligten Fachbereichen und Nutzenden begleitet. Der Einstieg der Nutzenden in die Arbeit mit dem Führungsinformationssystem wird durch zusätzlich angebo-

Nutzung eines Dashboards mit Dummy-Werten auf dem iPad

Implementierung und Ausblick Das Projekt hat erfolgreich die Pilotphase durchlaufen und ist seit dem Jahr 2019 erfolgreich in der Nutzung über alle Geschäftseinheiten und Außenstellen. Die Amtsleitung sowie alle Abteilungs-, Gruppen- und Referatsleitungen nutzen regelmäßig die FIS-Daten. Neue Inhalte und Kennzahlen werden über regelmäßige Releases integriert. Um den stetig wachsenden Anforderungen nach Berichten, Dashboards und zu erschließenden Datenquellen gerecht zu werden, wurde bei der Implementierung von FIS bewusst auf moderne Techniken und Arbeitsweisen der agilen Softwareentwicklung zurückgegriffen. Neben

Alle Grafiken auf dieser Seite: BS/BAMF

Implementierungsschritte des FIS Implementierungsschritte bei der Einführung

Controlling

Bereitstellung der ControllingStandardInformationen als Excel-basierte Berichte

Agilität

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Konzeption

Mit den Referaten “Statistik und Datenanalyse” und dem Controlling bietet die Gruppe 23 “Zentrales Controlling, Behördenentwicklung, Statistik” unterschiedliche Blickwinkel auf die Geschäftszahlen des BAMF. Durch enge Abstimmungen, die Nutzung der gleichen Datenbasis aus dem Datawarehouse und eine klare Abgrenzung der Ausrichtung stehen diese nicht im Widerspruch, sondern ergänzen sich.

Konzeption des FIS Abstimmung der nötigen Kennzahlen und Dimensionen

Umstellung vom Wasserfallmodell auf agile Technik Sprints und kurze Release-Zyklen

Security

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Performance

vom FIS

Umfangreiches Rollen-RechteKonzept Einschränkung von Funktionalitäten

Sehr große Datenmengen Optimierung der Ladezeiten durch Performance Layer

Erweiterung

Akzeptanz

Folie 5

Gründung eines erweiterten Kernteams Durchführung von Workshops und Schulungen

Aufnahme neuer Inhalte Prozess der kontinuierlichen Verbesserung


Länder

Behörden Spiegel / Februar 2022

B

ehörden Spiegel: Es waren im Januar 200.000 Menschen – auch in vielen kleinen Städten –, die gegen die CoronaMaßnahmen auf die Straße gingen. Es sind Rechte und Rechtsextreme darunter, aber insgesamt eine diffuse Masse. Was sind Ihre Erkenntnisse? Boris Pistorius: Viele dieser Versammlungen wurden vorher bewusst nicht angezeigt. Es gibt aber eine Verpflichtung, Versammlungen vorher anzuzeigen. Diese Demonstrationen werden hingegen als sogenannte “Spaziergänge” deklariert. Die bewussten Nichtanmeldungen in Zusammenhang mit dem Framing als “Spaziergänge” haben die klare Botschaft: Wir scheren uns nicht um die staatlichen Regeln. Diese Rechtsbrüche werden von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Versammlungen bewusst mitgetragen. Diese Taktiken werden in den entsprechenden Gruppen bei Telegram offen diskutiert. Damit wird die Ablehnung des Staates und seiner Regeln offen gezeigt. Das lassen wir uns als Rechtsstaat nicht gefallen. Behörden Spiegel: Und wer beteiligt sich an diesen “Spaziergängen”? Pistorius: Diese Aktionen werden zunehmend von Extremisten unterwandert und auch organisatorisch zunehmend mitgestaltet. Dazu gehören Mitglieder der “Identitären Bewegung”, Rechtsextremisten, Reichsbürger und Verschwörungstheoretiker. Wir stellen fest, dass die Angehörigen dieser Gruppen immer aggressiver gegenüber der Polizei agieren. Dabei werden Polizistinnen und Polizisten nicht nur verbal angegriffen, sondern auch körperlich. Es wird immer häufiger von diesen kleinen Gruppen offen zu Gewalt und zum Umsturz des demokratischen Systems aufgerufen. Unser Staat wird dabei als angebliche “Corona-Diktatur” beschimpft. Das ist kein normales Demonstrationsverhalten und -geschehen. In Deutschland kann jede und jeder demonstrieren wofür und wogegen sie und er will, aber dabei müssen die notwendigen Regeln des Rechtsstaates eingehalten werden. Wenn das nicht passiert, greifen wir konsequent und niedrigschwellig ein.

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Zunehmend von Extremisten dominiert “Spaziergänger” interessieren sich oftmals nicht für staatliche Regeln (BS) Derzeit gibt es viel Protest gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Dabei kommt es teilweise sogar zu Gewalt. Und es werden kaum offiziell Demonstrationen angemeldet. Vielmehr finden sogenannte “Spaziergänge” statt. Davor warnt der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD). Denn hier würden immer stärker Extremisten das Geschehen beeinflussen. Die Fragen stellten Uwe Proll und Marco Feldmann. muss hart bestraft werden, weil es hier um die Gesundheit von Menschen geht. Boris Pistorius (SPD) aus Niedersachsen ist einer der dienstältesten Innenminister in Deutschland. Zudem ist er innerhalb der Innenministerkonferenz (IMK) Sprecher der sozialdemokratisch geführten Länder (“A-Länder”). Screenshot: BS/Feldmann

Behörden Spiegel: Wie soll polizeilich gegen nicht angemeldete Versammlungen oder die sogenannten “Spaziergänge” vorgegangen werden? Hier gab es verschiedene Ansätze in den Ländern. Pistorius: In Niedersachsen gehen wir sehr konsequent und zugleich mit Augenmaß gegen Verstöße bei diesen sogenannten “Spaziergängen” vor. Das gilt etwa für den Fall, dass kein MundNasen-Schutz getragen wird und die Abstände nicht eingehalten werden. Natürlich beachten die Polizeiführer vor Ort dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Unsere Polizei ist hier absolut handlungsfähig, das haben die vergangenen Wochen gezeigt.

gehen gegen Personen, die digitale Impfzertifikate oder analoge Impfpässe fälschen? Pistorius: Aus meiner Sicht sollte die Fälschung von Impfpässen künftig strafrechtlich als Urkundenfälschung betrachtet werden. Das Fälschen von Impfpässen

Behörden Spiegel: Sie sind Sprecher der SPD-geführten ALänder in der Innenministerkonferenz (IMK). Welche Punkte sind Ihnen wichtig? Pistorius: Besonders wichtig ist der Kampf gegen den Rechtsextremismus. Das ist derzeit die größte Gefahr für die Innere Sicherheit. Ein weiteres wichtiges Thema ist die baldige Weiterentwicklung des Katastrophenund Bevölkerungsschutzes mit Blick auf den Klimawandel und Angriffe auf unsere Kritischen Infrastrukturen. Darüber sind wir uns im Übrigen auch mit der neuen Bundesinnenministerin Nancy Faeser einig.

Behörden Spiegel: Kommunen und Krankenhäuser in Niedersachsen wurden schon von Cyber-Angriffen getroffen. Jetzt gibt es einen Ermittlungserfolg. Wie kam es dazu? Pistorius: Ausgangspunkt der Ermittlungen, die die niedersächsischen Behörden, die Polizeidirektion Hannover, in enger Kooperation mit Europol geführt haben, war der CyberAngriff auf die Stadtverwaltung von Neustadt am Rübenberge. Dieser hatte schwere Folgen für die Verwaltung der Stadt. Im Verlauf der Ermittlungen ergaben sich dann Hinweise zu einem VPN-Servernetzwerk. Darüber konnten Kriminelle die von ihnen verwendeten IPAdressen verschleiern, um – quasi mit Tarnkappe – soge-

nannte Ransomware-Angriffe auf Unternehmen, aber auch Kliniken oder Kritische Infrastrukturen wie Energieversorger auszuüben. Gemeinsam mit Europol ist es uns dann gelungen, mit insgesamt zwölf Sicherheitsbehörden aus zehn Staaten zu kooperieren, um den Server lahmzulegen. Darunter befanden sich auch das FBI und eine kanadische Sicherheitsbehörde. Behörden Spiegel: Was wurde da unternommen? Pistorius: In diesem Verbund ist es gelungen, diese Server mit zehntausenden, offenbar meist kriminellen, Nutzern herunterzufahren und ihre Angriffe zu blockieren. Zugleich gelang es, umfangreiche Daten für weitere Ermittlungen zu sichern. Das war ein großer Erfolg, auf den die zuständigen Ermittlerinnen und Ermittler zu Recht stolz sein können. Das gesamte Interview zwischen dem Behörden Spiegel-Chefredakteur und dem Minister findet sich in der Mediathek von “Digitaler Staat Online” unter www. digitaler-staat.online/mediathek/

E-TRAINING: Zuwendungsrecht und Zuwendungspraxis Grundlagen für Neu- und Quereinsteiger

Behörden Spiegel: Rechnen Sie bei Einführung einer Teil- oder kompletten Impfpflicht mit weiterer Radikalisierung? Pistorius: Ich wünsche mir eine schnelle Entscheidung über eine Impfpflicht. Der niedersächsische Verfassungsschutz geht davon aus, dass die Radikalisierung in den kommenden Wochen nochmals zunehmen wird. Zugleich wird mit einem Abflauen dieser Entwicklung gerechnet, sobald politisch endgültig über eine Impfpflicht entschieden ist. Behörden Spiegel: Braucht es aus Ihrer Sicht ein härteres Vor-

In diesem kompakten E-Training werden praxisorientiert und anhand von Fallbeispielen die grundlegenden Rechtsvorschriften sowie die Strukturen des Zuwendungsrechts erläutert. Es wird insbesondere aufgezeigt, wann eine Zuwendung vorliegt und unter welchen haushaltsrechtlichen Voraussetzungen Zuwendungen überhaupt bewilligt werden dürfen. Im Laufe der Veranstaltung kann auch auf besondere Interessen und Schwerpunkte der Teilnehmenden eingegangen werden. Dazu werden vor der Veranstaltung entsprechende Fragebögen versendet.

Dr. Trimbach folgt auf Küpper Neuer Brandenburger Landeswahlleiter (BS/mfe) Dr. Herbert Trimbach ist neuer Brandenburger Landeswahlleiter. Er tritt die Nachfolge Bruno Küppers an. Dieser hatte das Amt seit 2009 inne. Seitdem organisierte er die Durchführung von drei Landtags-, vier Bundestags- und drei Europawahlen sowie zwei Kommunalwahlen in Brandenburg. Parallel ist der neue Landeswahlleiter Trimbach auch Landesabstimmungsleiter. In dieser Funktion trägt er die Verantwortung für die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung von Volksbegehren und Volksentscheiden. Trimbach wurde 1954 geboren. Er studierte Rechtswissenschaften und Geschichte in Würzburg und Speyer. Nach der zweiten juristischen Staatsprüfung in München schloss er eine Promotion an. Währenddessen war er am Landgericht und bei der Staatsanwaltschaft Schweinfurt beschäftigt sowie für drei Jahre ins Bundesministerium der Justiz abgeordnet. 1992 wechselte Trimbach in das Justizministerium in Potsdam, 2007 an das brandenburgische Oberlandesgericht. Dort war er für Familienrechtsfragen zuständig. Im Jahr 2012 wurde Trimbach Leiter der Abteilung Polizei sowie Brand- und Katastrophenschutz im Potsdamer Innenministerium. Er fungierte auch als Leiter des Arbeitskreises fünf in der Innenministerkonferenz (IMK), dessen Mitglieder sich mit

THEMENÜBERBLICK: 1. und 2. Tag, jeweils 09:30–17:30 Uhr: • Zuwendungen im Sinne der §§ 23, 44 BHO • Voraussetzungen für die Gewährung von Zuwendungen inklusive des Erfordernisses der Erfolgskontrolle und der Bezüge zum europäischen Beihilferecht • Antrags- und Bewilligungsverfahren • Auszahlung der Zuwendung sowie Überwachung- und Nachweis der

Dr. Herbert Trimbach ist neuer Brandenburger Landeswahlleiter. Er war erst Ende letzten Jahres als Polizeiabteilungsleiter in den Ruhestand getreten.

Zuwendung • Widerruf- und Rücknahme des Zuwendungsbescheides, Rückforderung

Foto: BS/Ronny Wunderlich

Fragen des Katastrophen- und Bevölkerungsschutzes befassen. Sieben Jahre später übernahm er kurzzeitig die Leitung der für Wahlen zuständigen Abteilung zwei. 2020 wechselte er zurück als Leiter der Polizeiabteilung, bis er im vergangenen Jahr in den Ruhestand ging. Bei der Funktion des Landeswahlleiters handelt es sich um ein Ehrenamt. Dieses wird durch die Landesregierung und das Landtagspräsidium besetzt.

Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.fuehrungskraefte-forum.de; Suchworte „Grundlagenseminar Zuwendungsrecht“ Foto: ©Milan, stock.adobe.com


Finanzen

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or dem Hintergrund einer fehlenden parlamentarischen Mehrheit für die Regierungskoalition von Linken, SPD und Grünen war nach Auslaufen des Stabilitätspaktes eine für Thüringen bedeutende Frage, ob es unter diesen Mehrheitsverhältnissen gelingen würde, einen Haushalt aufzustellen. Rot-RotGrün fehlen im Erfurter Landtag vier Stimmen zur Mehrheit, die entweder von der CDU-Fraktion oder der FDP-Gruppe kommen könnten. Ende Januar einigte sich RotRot-Grün mit der CDU auf einen Landeshaushalt, mit schmerzhaften Vereinbarungen, wie Steffen Dittes, Fraktionsvorsitzender der Fraktion die Linke, nach einem 22-stündigen Verhandlungsmarathon erklärte.

Haushaltsvolumen sinkt Aufgrund der starken Intervention der CDU-Fraktion plant die rot-rot-grüne Landesregierung nun ihren neuen Haushalt mit einem geringeren Volumen als im Vorjahr. “Die CDU-Fraktion hat Rot-Rot-Grün zum Sparen gezwungen”, resümiert der CDUFraktionsvorsitzende Mario Voigt den 22-stündigen Verhandlungsmarathon zum Landeshaushalt. “Wir haben heute eine wichtige Hürde auf dem Weg zu einem Haushalt für Thüringen genommen. Das Haushaltsvolumen sinkt und der Politikwechsel für Thüringen kommt”, sagte Voigt. Die Landesregierung wird 2022 mit 11,9 Milliarden Euro weniger Geld ausgeben als 2021. Für 2022 hatte die Landesregierung mit deutlich mehr als zwölf Milliarden Euro geplant. Zudem muss die Landesregierung in 2022 eine Generationendividende erbringen: 330 Millionen müssen als sogenannte Globale Minderausgabe über die verschiedenen Ressorts hinweg eingespart werden. Zusätzlich sollen zum Jahresende 50 Millionen Euro Schulden aus Haushaltsresten getilgt werden. “Die CDU-Fraktion als Oppo-

“Zum Sparen gezwungen” Thüringen: Einigung mit der Opposition auf Haushalt (BS/lkm) Nach langwierigen Verhandlungen hat sich die rot-rot-grüne Regierungskoalition Ende Januar mit der CDU-Fraktion auf eine gemeinsame Zustimmung zum Haushalt geeinigt. Wenn der Haushalt Anfang Februar so beschlossen wird, ist er erste in der Bundesrepublik, der von einer Minderheitsregierung mit Beteiligung der Opposition zustande kam. sition der Mitbestimmung hat entscheidende Schwerpunkte gesetzt und dem Etat ihren Stempel aufgedrückt”, so Voigt weiter, dem die jährlich steigenden Haushaltsvolumina der Landesregierung ein Dorn im Auge waren. “Dieser Haushalt korrigiert die verfehlte Politik der vergangenen Jahre und setzt wieder richtige Signale in der Familien- und Wirtschaftspolitik sowie der Inneren Sicherheit und der Entwicklung des ländlichen Raumes”, brüstete sich Voigt nach dem Verhandlungsmarathon. Laut Dittes habe sich die Landesregierung jedoch keinesfalls den Haushalt von der CDU diktieren lassen: “Die Haushaltseinigung ist ein Kompromiss zwischen sehr unterschiedlichen Partnern, bei denen sich weder der eine durchgesetzt hat noch der andere eingeknickt ist.”

Finanzpolitische Sicherheit geschaffen Der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Hey, blickt trotz der Eingeständnisse an die CDU positiv auf die Haushaltsverhandlungen: “Wenn man trotz großer Differenzen einen Haushalt auf den Weg bringt, ist das ein gutes Zeichen. Alle Seiten mussten Zugeständnisse machen und jetzt müssen wir alles dafür tun, den Haushalt gleich Anfang Februar beschließen zu können.” Laut Hey konnten mit dem Haushalt auch wichtige sozialdemokratische Anliegen durchgesetzt werden. So habe die Praxisintegrierte Ausbildung (PIA) verstetigt werden können, mit der mehr Personal in Kindergärten gewonnen werden soll,

Anfang Februar sollen die weiteren Verhandlungen zum Haushalt im Landtag stattfinden. Rot-Rot-Grün hat sich mit der CDU bereits auf einen gemeinsamen Haushalt verständigt. Die FDP kündigte hingegen 57 Änderungsanträge für die Haushaltsberatungen an. Foto: BS/Lukas Götz, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

die Schulsozialarbeit sowie die örtliche Jugendförderung seien gestärkt und die Planungskosten für den zweigleisigen Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung gesichert worden. “Zudem stehen in der Corona-Krise den Kommunen insgesamt 130 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung”, betont Hey.

Rechtliche Bedenken Auch die Grünen-Fraktion bewertet die Einigung auf den Haushalt positiv, denn sie bedeute stabile Verhältnisse und finanzpolitische Sicherheit für das Land, die Kommunen und alle Institutionen. Man könne nun guten Gewissens in die abschließende Parlamentsberatung Anfang Februar gehen, so Astrid Rothe-Beinlich, Fraktionsvorsitzende der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Finanzausgleich erhöht sich deutlich Rheinland-Pfalz erstmals Geberland (BS/lkm) 2020 wurden unter den Ländern zur Angleichung der Lebensverhältnisse 14,7 Milliarden Euro verteilt. 2021 stieg der Finanzkraftausgleich auf mehr als 17 Milliarden Euro an. Berlin und Sachsen haben dieses Mal in absoluten Zahlen am meisten vom Finanzkraftausgleich profitiert. Die größten Geberländer sind nach wie vor Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. Das geht aus einer aktuellen Aufstellung des Bundes hervor. Insgesamt hatte der früher als Länderfinanzausgleich bezeichnete Umverteilungstopf ein Gesamtvolumen von 17,1 Milliarden Euro. Wegen des überproportionalen Wachstums der finanzstarken Geberländer stieg das Volumen des gesamten Finanzkraftausgleichs 2021 deutlich an. Bayern musste damit 2021 fast 1,3 Milliarden Euro mehr zahlen als 2020. Der Beitrag Hessens erhöhte sich um rund eine Milliarde Euro auf über 3,5 Milliarden Euro. Für BadenWürttemberg erhöhte sich die Ausgleichszahlung im Vergleich zum Vorjahr um 340 Millionen Euro. Erstmals ist mit 287 Millionen Euro auch Rheinland-Pfalz Geberland, wenn auch mit einem deutlich geringeren Volumen als die südlichen Bundesländer. Grund ist ein deutliches Plus bei den Steuereinnahmen, das nicht unwesentlich auf die Gewinne des in Mainz ansässigen Pharmaunternehmens Biontech zurückzuführen ist. Im Vorjahr hatte Rheinland-Pfalz noch 334 Millionen Euro aus dem Finanzausgleich bekommen. Einen Wechsel vom Geber- zum Nehmerland vollzog indes Nordrhein-Westfalen. Das Bundesland erhielt 2021 rund 200 Millionen Euro. Im Vorjahr hatte es als Geber noch 624 Millionen in den Finanzausgleich eingezahlt. Größtes Empfängerland ist wie

Behörden Spiegel / Februar 2022

auch schon in den Jahren zuvor, Berlin mit 3,6 Milliarden. Zweithöchster Empfänger war Sachsen mit 3,2 Milliarden, gefolgt von Sachsen-Anhalt mit rund zwei Milliarden Euro. Es folgen Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Thüringen mit jeweils knapp unter zwei Milliarden Euro. Pro Kopf bekam allerdingt Bremen mit 1.233 Euro das meiste Geld aus der Umverteilung, gefolgt von Berlin (983 Euro), Sachsen-Anhalt (911 Euro), Thüringen (879 Euro) und Mecklenburg-Vorpommern (823 Euro).

Belastung für Geberländer Der Länderfinanzausgleich soll die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Bundesländern ausgleichen und so einen Beitrag für gleichwertige Lebensverhältnisse leisten. Doch viele Geberländer fühlen sich vom Finanzausgleich benachteiligt. “Es ist richtig und wichtig, dass die finanzstarken Länder solidarisch sind und über den Finanzkraftausgleich Hilfe leisten. Aber die Beträge, die wenige Länder wie Hessen leisten müssen, sind erheblich. Positive Entwicklungen bei den Steuereinnahmen werden dadurch deutlich beschnitten. Konkret bedeutet das für Hessen: Mehr als 3,5 Milliarden Euro, die 2021 hier erwirtschaftet wurden, sind zur Unterstützung in ärmere Bundesländer geflossen. Das ist

natürlich auch eine starke Belastung für den Landeshaushalt”, kommentierte Hessens Finanzminister Michael Boddenberg die vorliegenden Berechnungen des Finanzkraftausgleichs für das vergangene Jahr. Besonders deutlich werde die Belastung Hessens an dem Pro-Kopf-Beitrag, der jetzt um rund 160 Euro höher liege als 2020 und damit einen weitaus größeren Zuwachs habe, als in den anderen traditionellen Zahlerländern. Pro Einwohner gingen über 560 Euro aus Hessen an ärmere Bundesländer, so Boddenberg weiter. Bayern zahlte in der Pro-KopfBetrachtung etwa 687 Euro pro Einwohner. Doch das größte Geberland Bayern hält sich seit einigen Jahren mit Kritik am Finanzkraftausgleich zurück, war doch Bayern selbst einmal Profiteur des Finanzausgleiches. Von 1950 bis 1987 bekam der Freistaat rund 3,4 Milliarden Euro aus dem Ausgleichstopf. Die Bayernpartei, eine Landespartei in Bayern, die die Wiedererlangung der Unabhängigkeit des Freistaates anstrebt, kritisierte die Umverteilung jedoch auf das Schärfste. Sie fordern einen “sofortigen Stopp dieser plünderungsähnlichen Maßnahmen”. Sie rechnet vor, dass in den 2010er-Jahren knapp 51 Milliarden aus dem Freistaat abgeflossen seien, davon knapp 40 Milliarden nach Berlin.

Die vereinbarte Globale Minderausgabe sieht Rot-Rot-Grün aber sehr kritisch. Der Globalen Minderausgabe in Höhe von 330 Millionen Euro stehen laut Dittes Mehrausgaben von 155 Millionen Euro entgegen. “Diese von der CDU eingeforderte Vereinbarung schmerzt, weil damit das Parlament der Landesregierung die eigene Gestaltungsverantwortung überträgt und diese nunmehr in dieser Höhe Gestaltungsmacht über den Haushalt ohne Beteiligung des Parlamentes hat. Zur

Konsolidierung eines Haushaltes ist eine Globale Minderausgabe das schlechtestmögliche Instrument, zumal sehr frühzeitig im Haushaltsjahr Steuerungsmöglichkeiten aus der Hand gegeben werden”, sagte Dittes. “Anstatt Kürzungen bei einzelnen Titeln vorzunehmen, wird mit einer Globalen Minderausgabe die Summe aller Ausgaben einer pauschalen Kürzung durch die Regierung unterzogen. Wir bezweifeln, dass eine solche Minderausgabe ab einer gewissen Höhe verfassungskonform ist, weil sie dann deutlich in das parlamentarische Budgetrecht eingreift”, erklärte Rothe-Beinlich. Die Grüne Landtagsfraktion plant deshalb ein Gutachten zur Verfassungsmäßigkeit der Globalen Minderausgabe. Mit dem Gutachten wolle man den Haushaltsbeschluss keinesfalls verzögern, betonte RotheBeinlich. Sollte sich im Ergebnis des Gutachtens herausstellen, dass die rechtlichen Bedenken an der Globalen Minderausgabe gerechtfertigt sind, würde man darauf nach Verabschiedung des Haushaltes mit einem Nachtragshaushalt reagieren. Sie verwies darauf, dass in Brandenburg bereits ein Gutachten veröffentlicht wurde, das die Zulässigkeit Globaler Minderausgaben ab einer gewissen Höhe für nicht

verfassungskonform erkläre. Aktuell plant Thüringen mit einer Globalen Minderausgabe von drei Prozent der Gesamtausgaben. Im Vergleich zu anderen Ländern ist das relativ viel. In den vergangenen Jahren hatte die Globale Minderausgabe beim Bund und den Ländern dem Brandenburger Gutachten zufolge ein Volumen von 0,28 Prozent bis zu 1,6 Prozent. Zwar sei es im Jahr 2021 zum Teil zu relativ deutlichen Steigerungen gekommen, die aber immer noch unterhalb eines Wertes von zwei Prozent gelegen hätten.

Sparen an falscher Stelle Die FDP-Fraktion kritisierte den Haushaltsentwurf von RotRot-Grün scharf. Offenbar sei es gelungen, die CDU "weichzuklopfen", erklärte Thomas Kemmerich, Sprecher der Freien Demokraten im Thüringer Landtag. Trotz der ausgehandelten Einsparungen dürfe die Minderheitsregierung mehr "verfrühstücken" als das Land einnehme. “Das ist kein großer Wurf, sondern ein fauler Kompromiss”, moniert Kemmerich. Noch dazu werde an der falschen Stelle gespart. Ideologiegetriebene Programme würden weiterhin finanziert, etwa das Landesaufnahmeprogramm sowie das Landesarbeitsprogramm. Die FDP hatte Einsparungen von 500 Millionen Euro zur Bedingung für ihre Zustimmung gemacht. Für die Haushaltsberatungen Anfang Februar kündigten die Liberalen 57 Änderungsanträge an. “Dazu gehören Kürzungsvorschläge ebenso wie gezielte Investitionen. Letztere sind selbstverständlich komplett gegenfinanziert”, so Kemmerich.

3.650 Euro pro Sekunde Schuldenuhr tickt jetzt langsamer (BS/lkm) Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat die Schuldenuhr Deutschlands umgestellt. Die Schuldenuhr in Berlin bildet nun ab, was Bund, Länder und Kommunen im laufenden Jahr planen: eine Netto-Kreditaufnahme von insgesamt 115 Milliarden Euro. Das entspricht einem sekündlichen Schuldenanstieg von 3.650 Euro – zuletzt waren es 8.740 Euro, im Jahr 2020 sogar 10.424 Euro. Insgesamt schätzt der Bund der Steuerzahler, dass Bund, Länder und Kommunen seit Ausbruch der Corona-Krise Anfang 2020 bis zu 400 Milliarden Euro zusätzliche Schulden gemacht und die Schulden des Staates damit auf 2.300 Milliarden Euro angestiegen seien. Für jeden einzelnen Bürger bedeute das eine Zunahme der Pro-Kopf-Verschuldung von rund 5.000 Euro innerhalb von nur zwei Jahren.

genbedingte Neuverschuldung im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse verzichten. Vier Bundesländer hätten sich zudem für eine Rückkehr zu Netto-Tilgungen entschieden. So plane Baden-Württemberg einen Schuldenabbau von knapp einer Milliarde Euro in diesem Jahr, gefolgt von Niedersachsen mit rund 700 Millionen Euro sowie Schleswig-Holstein und Thüringen.

Länder beginnen mit Schuldentilgung

Einsparungen angekündigt

Laut BdSt will sich der Bund auch 2022 weitgehend über Notlagenkredite finanzieren. Die meisten Länder hingegen würden jedoch auf eine notla-

Fast 90 Prozent der geplanten Neuverschuldung von Bund und Ländern würden somit auf die Bundesebene entfallen. BdStPräsident Reiner Holznagel, kritisiert den Bund scharf. In

Anbetracht der spürbaren Erholung der Wirtschaft sei damit zu rechnen, dass der Bund sein Steuer-Rekordniveau des Vorkrisenjahres 2019 erreichen werde. Ferne habe die Ampel-Koalition in ihrem Koalitionsvertrag Einsparungen angekündigt. “Doch bislang hat sie nur einen verfassungsrechtlich zweifelhaften Schuldenetat geliefert, der 60 Milliarden Euro Schulden für künftige Lieblingsprojekte auf die hohe Kante legen soll”, so Holznagel. Der Bund der Steuerzahler erwartet daher bereits mit dem Haushaltsentwurf für 2022 konkrete Schritte, um die Regeln der grundgesetzlichen Schuldenbremse wieder ernst zu nehmen.

SAVE the DATE Forum für Kämmerei und Kassenwesen, Beteiligungen, Personal, Organisation und Rechnungsprüfung

Kommunaler Finanzgipfel

14.–15. Juni 2022, GOP Varieté-Theater Bonn Weitere Informationen zur Veranstaltung sowie Online-Anmeldemöglichkeit unter: www.finanz-gipfel.de


Beschaffung / Vergaberecht

Behörden Spiegel / Februar 2022

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ine Rüge im Vergabeverfahren kann schnell geschehen. Dies legte Dr. Christine Maimann, Vorsitzende Richterin im Vergabesenat am Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, anschaulich auf dem Hamburger Vergabetag dar. Als Beispiel zog sie einen verhandelten Fall heran, in dem ein Bieter den Auftraggeber bei der Vergabe einer Leistung, die die Durchführung der Luftrettung an einem bestimmten Standort in NRW umfasste, mehrmals rügte. So rügte der Bieter unter anderem die Wahl des Verhandlungsverfahrens, die geforderten Nachweise und die Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien. An das Verfahren schloss sich ein Nachprüfungsverfahren an, das zugunsten des Auftragsgebers entschieden wurde. Damit ein solches Verfahren optimal verläuft, empfahl Maimann – natürlich neben der Beachtung aller gesetzlichen Vorgaben – eine gewissenhafte und gründliche Dokumentation des kompletten Verfahrens, um späteren Verfahren am besten begegnen zu können. Diese Dokumentation müsse kein literarisches oder langes Meisterwerk werden, sondern präzise jeden Schritt festhalten, um Rechtssicherheit zu bieten sowie den Richterinnen und Rich-

Was, wenn es schiefgeht? Zurücksetzung, Nachprüfung oder Aufhebung von Vergabeverfahren

tern eine leichtere Entscheidung zu ermöglichen.

Auslaufmodell Nachprüfung? Doch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Nachprüfverfahren angestrebt und im Sinne des Bieters erfolgreich entschieden wird, sinkt seit Jahren. “Zahlen lügen nicht”, sagte Prof. Dr. Heiko Höfler, Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei Oppenhoff und Partner. In den vergangenen zehn Jahren sei die Tendenz der erfolgreichen Verfahren für Bieter rückgängig. Ebenso würden die Streitigkeiten auf niedrigem Niveau abnehmen. Gleichzeitig steige die Verfahrensdauer. “Wir haben es anscheinend mit komplexeren Verfahren zu tun”, vermutete Höfler. Gleichzeitig steige die Zahl der Verfahren, die ohne einen Beschluss beendet worden seien. Er sieht mehrere Punkte für diese Entwicklung. Zum einen

Empfiehlt eine gewissenhafte Dokumentation, um Nachprüfungsverfahren zu erleichterm: Dr. Christine Maimann, Vorsitzende Richterin im Vergabesenat am OLG Düsseldorf.

as Land Hessen musste bekanntermaßen die Vergabe für ein Videokonferenzsystem für sämtliche öffentlichen Schulen im letzten Jahr wiederholen, nachdem der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Prof. Dr. Alexander Roßnagel, an der zuerst beschafften Lösung erhebliche Mängel beim Schutz personenbezogener Daten festgestellt hatte. Doch auch die neue Ausschreibung war nicht fehlerfrei, diesmal allerdings aus vergaberechtlicher Sicht, wie Dr. Gundula FehnsBöer, Richterin im Vergabesenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt/Main, auf dem Hamburger Vergabetag darstellte.

Intransparente Referenz Das Land hatte ein einheitliches System für alle rund 2.000 Schulen ausgeschrieben, um zwischen 200.000 und 450.000 Schülerinnen und Schüler gleichzeitig unterrichten zu können. Dazu wurde in den Vergabeunterlagen lediglich eine Referenz gefordert, mit der der potenzielle Auftragnehmer Bereitstellung, Betrieb und Support eines Systems für mindestens 10.000 Nutzer belegen sollte. Allerdings hatte es der Auftraggeber versäumt, in den Vergabeunterlagen die Eignungskriterien festzulegen, die durch eine Referenz zu belegen sind. Zwar könne eine solche ausreichen, wenn sie eindeutig sei. Dazu müsse es den Bietern möglich sein, aus der Beschreibung der beizubringenden Referenz Rückschlüsse ziehen zu können, welche Eignungskriterien damit abgeprüft werden sollen. Dies sei aufgrund der Mittelbarkeit der Referenz generell möglich, erläuterte Fehns-Böer. Damit habe sich ihr Senat der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf

stehe. Allerdings sei nicht auszuschließen, dass diese Obergrenze dem Auftraggeber zum Nachteil gereiche, wenn sich die Bieter an dieser Grenze zu stark orientieren würden, warnte Pfarr.

(BS/bk) Der Idealfall ist es nicht, aber manchmal laufen Vergabeverfahren nicht so, wie sie sollten. Die Gründe können dafür vielfältig sein. Doch auch wenn eine Ausschreibung scheitert oder es zu einem Nachprüfungsverfahren kommt, gibt es keinen Grund zur Panik. Es müssen jedoch einige Rückversetzung öfters sinnvoll Dinge beachtet werden.

Für Bieter erfolgreiche Nachprüfungsverfahren werden seit Jahren immer weniger, sagt Prof. Dr. Heiko Höfler. Screenshots: BS/Klawon

seien öffentliche Auftraggeber besser geworden. Das Know-how sei durch Datenbanken, bessere Personalausstattung sowie durch gestiegene Erfahrung im Zuge der regelmäßigen Vergabeverfahren gestiegen. Er sieht außerdem einen fehlenden gesetzgeberischen Willen für Nachprüfungsverfahren und eine ablehnende Haltung der Vergabekammern für diese Art von Verfahren. Letzteres wies Maimann jedoch entschieden zurück.

Erst mildere Mittel nutzen

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Aber ein Scheitern kann auch im Laufe eines Verfahrens für den Auftraggeber offensichtlich werden. Grundsätzlich sei ein Auftraggeber bei einem Vergabeverfahren zivilrechtlich nicht verpflichtet, den Auftrag zu vergeben, unterstrich Dr. Valeska Pfarr, Rechtsanwältin und Partnerin bei der Kanzlei

Menold Bezler. Dennoch dürfe ein Auftraggeber ein erfolgloses Verfahren nicht einfach im Sande verlaufen lassen, sondern es müsse formell aufgehoben werden. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen bzw. Aufhebungstatbestände sind nach § 63 I Vergabeverordnung (VgV) geregelt. Demnach kann ein Verfahren aufgehoben werden, wenn kein Angebot einging, dass den ausgeschriebenen Bedingungen entsprach, die Grundlage des Verfahrens sich wesentlich geändert hat, kein wirtschaftliches Ergebnis erzielt werden konnte oder wenn andere schwerwiegende Gründe vorliegen. Bei Bau-Vergabeverfahren ähneln sich die Tatbestände nach § 17 I VOB/A. Einzig der Tatbestand des fehlenden wirtschaftlichen Ergebnisses ist nicht extra aufgeführt. Dies falle aber unter die anderen schwerwiegende Grün-

den, sagte Pfarr. Doch gerade beim Tatbestand des fehlenden wirtschaftlichen Ergebnisses ist der Auftraggeber gefordert. Ein unwirtschaftliches Ergebnis liegt dann vor, wenn selbst das wirtschaftlichste Angebot erheblich über der ordnungsgemäßen Schätzung liegt. Diese Schätzung müsse realistisch und aktuell sein. Dass dies der Fall sei, müsse der Auftraggeber darlegen und beweisen können, so die Juristin. Diese Beweislast umfasse eine genaue Darstellung der Schätzung sowie der angewandten Methodik. Doch wann ist ein Angebot “erheblich” zu teuer? Wie so häufig in der deutschen Rechtsprechung gibt es keine festen Grenzen und es kommt immer auf den Einzelfall an. Als Alternative zur Umgehung dieser Problematik, könnte der Auftraggeber zu Beginn des Verfahrens eine Preisobergrenze festlegen. Dies hätte den Vorteil, dass Transparenz für den Bieter ent-

Erfolglose Verfahren sollten formell beendet werden, sagt Rechtsanwältin Dr. Valeska Pfarr.

Komplex statt einfach Hürden bei IT-Beschaffungen und wie leichter beschafft werden kann (BS/Jörn Fieseler) Ein Videokonferenzsystem auszuschreiben ist nicht ganz so einfach und selbst in Corona-Zeiten fehlerhaft, wenn Kriterien nicht sauber definiert werden. Diese Erfahrung musste im letzten Jahr das Land Hessen machen. Auch bei den Leistungen, die nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) bereitzustellen sind, sind die vergaberechtlichen Hürden sehr komplex. Bei Letzterem wird aktuell an einer Konstellation für Inhouse-Vergaben gearbeitet. Dabei könnte das Vergaberecht mit wenig Aufwand deutlich vereinfacht werden, mit einem Vorschlag aus der kommunalen Landschaft. angeschlossen. Das bedeute aber auch, dass der Bieter darauf vertrauen können müsse, dass der öffentliche Auftraggeber sich an das Vergaberecht halte. Im zugrunde liegenden Verfahren sei dies jedoch nicht möglich gewesen. Der Senat sah sich deshalb gezwungen, selbst ein Mindestverständnis für die Anforderungen des Videokonferenzsystems zu definieren. Ein Videokonferenzsystem müsse die Kommunikation in Bild und Ton von mindestens drei Teilnehmern in Echtzeit ermöglichen. Hier sollte die gleichzeitige Nutzung in zahlreichen “Klassenzimmern” mit ca. 30 sichtbaren Teilnehmern möglich sein und die Lösung browsergestützt funktionieren. Diese Anforderungen konnte der Bieter, der den Zuschlag erhalten sollte, mit seiner Referenz nicht erfüllen. Er hatte als Referenz eine Fernwartungssoftware für medizinische Geräte hinterlegt, die in über 70.000 Arztpraxen zum Einsatz kam. Diese Referenz reichte am Ende nicht, entschied das OLG Frankfurt (23.12.2021 – 11 Verg 6/21). Das Produkt sei eher für eine Ende-zu-Ende-Kommunikation ausgelegt und nicht für mehrere Gesprächsteilnehmer. Damit habe der Auftraggeber seinen Beurteilungsspielraum überschritten. Er habe diesen, räumte Fehns-Böer ein, aber nur im Rahmen des Vergaberechts. Zudem seien die

Ebenso sei eine Aufhebung möglich, wenn sich der Bedarf des Auftraggebers geändert habe. Dies könne bei besonders langen Verfahren der Fall sein. Wichtig sei aber, dass der Bedarf nicht fahrlässig durch den Auftraggeber verursacht worden sei. Eine Aufhebung sei also in Grenzen zulässig. Sie sollte aber immer die Ultima Ratio sein, betonte die Rechtsanwältin. Zwar seien Aufhebungen ohne die genannten Gründe möglich, aber schwierig. Dabei bestünde immer die Gefahr, dass die Bieter auf Schadensersatz aufgrund von entgangenem Gewinn oder den Kosten, die bei einer Beteiligung entstanden, klagen könnten. Vor einer Aufhebung müssten immer erst mildere Mittel wie eine Zurücksetzung des Vergabeverfahrens genutzt werden. Es dürfe jedoch nicht einfach das komplette Verfahren auf den Tag null gesetzt werden, mahnte Pfarr. Dies sei zwar möglich, komme aber einer faktischen Aufhebung gleich. Eine Rückversetzung komme nicht in Betracht, wenn kein Angebot oder kein Teilnahmeantrag eingereicht worden sei. Wichtig sei aber immer, dass man transparent arbeite und die Gründe für eine Aufhebung oder eine Zurücksetzung nenne. Die Ursachen für ein fehlgeschlagenes Verfahren lägen jedoch oft schon in der frühen Phase der Verfahrenskonzeption. Pfarr empfahl, auf die häufigen Fehler wie eine unrealistische Kostenschätzung, einen undurchdachten Beschaffungsbedarf oder eine unzureichende Marktübersicht zu achten.

den die Länder die digitalisierten Verwaltungsdienstleistungen als Software as a Service (SaaS) abrufen können. Gegen die Teilnahme der Kommunen am FIT-Store sprechen jedoch die Regelungen des § 108 GWB zur Inhouse-Vergabe, wie Schulz darstellte.

Komplexität der InhouseVergabe

Während Dr. Gundula Fehns-Böer, Richterin im Vergabesenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, die Fallstricke bei Eignungskriterien und Referenzen anhand der Beschaffung eines Videokonferenzsystems für Schulen erläuterte, stellte Sönke E. Schulz, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Schleswig-Holsteinischen Landkreistags, die komplizierten Fallkonstellationen der Inhouse-Vergabe bei den OZG-Leistungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen hin. Screenshot: BS/Fieseler

Anforderungen an die Referenz im Ergebnis zu intransparent. Das Verständnis des öffentlichen Auftraggebers, was er mit der Referenz prüfen wolle, müsse sich am durchschnittlichen Verständnis der Bieter orientieren. “Das wäre durch die positive Formulierung von Eignungskriterien vermeidbar gewesen”, betonte die Richterin.

Neue Ausschreibung nötig Zugleich kritisierte der Vergabesenat, dass ein weiterer wesentlicher Aspekt bei der Ausschreibung nicht beachtet worden sei. Die Ausschreibung sei wegen datenschutzrechtlicher Bedenken nötig geworden, in den Unterlagen hätten sich keine Anforderungen und Kriteri-

en diesbezüglich gefunden. Deshalb habe die Vergabekammer in erster Instanz richtig entschieden, ein objektives Beanstandungsverfahren durchzuführen und die Ausschreibung in den Zustand vor Veröffentlichung der Bekanntmachung zurückzuversetzen.

EfA-Prinzip und FIT-Store Deutlich anders und zugleich wesentlich komplexer ist die Rechtslage bei der Beschaffung von OZG-Leistungen. Knapp 600 Verwaltungsdienstleistungen müssen bis Ende des Jahres 2022 digitalisiert und in sämtlichen Kommunen ausgerollt sein. Was an sich schon eine Mammut-Aufgabe ist, wird durch die vergaberechtlichen Fragen bei

der Bereitstellung der Leistungen zusätzlich erschwert, berichtete Sönke E. Schulz, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied beim Schleswig-Holsteinischen Landkreistag. Zur Erläuterung: Die Verwaltungsleistungen werden von einem Bundesland in Zusammenarbeit mit dem Bund digitalisiert und nach dem sogenannten EfA-Prinzip, Einer für alle, den übrigen Ländern und sämtlichen Kommunen bereitgestellt. Dies soll vergaberechtsfrei ablaufen. Bund und Länder haben dazu die Föderale IT-Kooperation, kurz FITKO, gegründet. Diese wiederum hat den sogenannten FIT-Store eingerichtet, eine Plattform analog zu den Stores für Handy-Applikationen, über

Generell basiert die Nutzung des FIT-Stores auf zwei Verträgen. Einerseits schließt die FITKO mit den jeweiligen Ländern, die die Leistung entwickeln, einen Einstellungsvertrag ab. Hinzu kommt ein Nachnutzungsvertrag, der mit den übrigen Ländern geschlossen wird, damit diese die Leistungen abrufen dürfen. “Damit sind die Verhältnisse zwischen der FITKO und Bund und Ländern als deren Träger geregelt und die Voraussetzungen für eine Inhouse-Vergabe nach § 108 Abs. IV Nr. 1 bis 3 GWB von der Mutter an die Tochter klar erfüllt”, so Schulz. Ebenfalls rechtlich zulässig sei Inhouse-Vergabe, wenn mehrere Mütter Träger einer Tochtergesellschaft seien oder die Vergabe von der Mutter an eine Tochter der Tochter, von Schulz als Enkel bezeichnet, erfolge. Auch die umgekehrte Vergabe von der Tochter an die Mutter hält er für zulässig, ebenso die Inhouse-Vergabe unter zwei Tochterunternehmen (Schulz: “Schwesternvergabe”), obwohl es dazu aktuell keine Rechtsprechung des EuGH gebe. Damit nicht genug. Der Vertreter des Landkreistages im “echten Norden”, hält sogar die eigentlich rechtlich unzulässige DirektverFortsetzung auf Seite 10


Beschaffung / Vergaberecht

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Fortsetzung von Seite 9 gabe zwischen verschiedenen Müttern “übers Eck” mittels einer Tochter genauso für möglich wie die eigentlich unzulässige Direktvergabe unter Schwestern

werden oder ein gemeinsamer Dienstleister gegründet werden. Oder aber auf der Ebene der FITKO wird der Marktplatz govdigital als weiterer Träger aufgenommen. In diesem sind wiederum ein Großteil der Kommunen Mitglied. So liegt der Mitgliedsanteil in Ländern wie Nie-

die Handhabung des Vergabewesens zu vereinfachen. Eine andere wäre, das Recht selbst zu ändern. “Das Vergaberecht muss in seiner Struktur vereinfacht und praxisgerechter werde”, fordert Bernd Düsterdiek, Beigeordneter des Deutschen Städte- und Ge-

Diskutierten über vergaberechtliche Herausforderungen und mögliche Lösungen der Kommunen: Bernd Düsterdiek, Beigeordneter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), Martin Schellenberg, fachlicher Leiter des Hamburger Vergabetages, und Sönke E.-Schulz (v.l.). Screenshot: BS/Fieseler

oder Halbgeschwistern sowie die Inhouse-Vergabe von einem Enkel an die Großmutter. Entscheidend ist für den Juristen, dass die Voraussetzungen des § 108 GWB in sämtlichen Konstellationen erfüllt sind. Dazu gehöre, dass der öffentliche Auftraggeber eine ähnliche Kontrolle ausübe wie über seine eigenen Dienststellen, mehr als 80 Prozent der Tätigkeiten der beauftragten Unternehmen öffentliche Aufgaben seien sowie keine direkte private Kapitalbeteiligung bestehe.

Lücke: Kommunen All diese Konstellationen erfassen jedoch nicht die Kommunen. Diese sind nicht als Träger der FITKO vorgesehen. Damit sie dennoch die OZG-Leistungen vergaberechtsfrei anschaffen und nutzen können, sind verschiedene Optionen denkbar: Entweder organisierten die Länder für ihre jeweiligen Kommunen eine NachNach-Nutzung, nannte Schulz eine Möglichkeit. Dazu könnten neue kooperative Organisationsstrukturen zwischen Land und Kommunen institutionalisiert

dersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen ebenso wie in den Stadtstaaten bei 100 Prozent, gefolgt von Ländern wie BadenWürttemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen mit mehr als 90 Prozent. Während der Anteil der Mitgliedskommunen in Sachsen bei 54 Prozent liegt, gibt es aber auch Länder, in denen keine einzige Kommune Mitglied bei diesem Marktplatz ist (Brandenburg und RheinlandPfalz) oder nur sehr wenige wie im Saarland oder in SachsenAnhalt (jeweils zwei Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (16 Prozent). Letzteres wäre die einfachste Variante, zeigte die Diskussion unter den Teilnehmern des Hamburger Vergabetages. Fest steht auf jeden Fall eins: “Der Trend wird zu mehr Institutionalisierung gehen”, so Schulz abschließend.

Schwellenwerte anheben Das schließt auch professionellere Beschaffungsstrukturen ein, etwa durch die Bildung weiterer zentraler Vergabestellen. Dies ist aber nur eine Möglichkeit, um

meindebundes (DStGB). Die von Schulz aufgezeichneten Kooperationsformen, die de facto eine unzulässige Direktbeauftragung seien, sollten ermöglicht werden. Ebenso sollten Bündelungen forciert werden. Dazu sollten die EU-Schwellenwerte deutlich erhöht werden, fordert Düsterdiek, gerade im Liefer- und Dienstleistungsbereich. Wenn für soziale Dienstleistungen ein Schwellenwert von 750.000 Euro gelte, sollte überlegt werden, den derzeitigen Wert von 215.000 Euro auf diese Marke anzuheben. Auch die Schwellenwerte für die Vergabe von Planungsleistungen sollten auf diesen Wert erhöht und den Kommunen dadurch deutlich mehr Flexibilität ermöglicht werden. Entsprechend müssten auch die Werte für Bauvergaben angehoben werden, wobei der Beigeordnete des DStGB hier keinen konkreten Wert nannte. Nähme man eine Relation des Faktors drei an, käme ein Schwellenwert bei Bauvergaben von rund 15 Millionen Euro in Betracht.

Behörden Spiegel / Februar 2022

► Entscheidungen zum Vergaberecht ► ZUSCHLAG

Keine Vorabgestattung... ... im Anfangsstadium eines Großprojektes In Mecklenburg-Vorpommern ist ein Museumsneubau geplant, der mehrere Jahre in Anspruch nehmen soll. Doch schon um den Aushub der Baugrube gibt es einen komplizierten Streit über die Auftragsvergabe. In einem ersten Verfahren gingen nur Angebote ein, die der Auftraggeber für überteuert hielt und daher die Aufhebung anstrebte. Hiergegen wendet sich der Bestbieter mit einer ersten Nachprüfung, deren Ausgang noch offen ist. Zugleich ordnet der Auftraggeber die Baugrube nun dem vergaberechtsfreien 20-Prozent-Kontingent zu und schreibt den Auftrag neu aus. Dagegen wehrt sich der gleiche Bieter erneut: Die Kontingentzuordnung sei unzulässig nachgeschoben, der Auftrag unterliege weiterhin dem Vergaberecht und dürfe nicht vergeben werden, solange das erste Verfahren nicht abgeschlossen sei. Die Vergabekammer sieht dies anders und gestattet den vorzeitigen Zuschlag. Das OLG stellt das Zuschlagsverbot wieder her. Die Einwände des Bieters sind nicht offensichtlich unbegründet. Die bereits ungewöhnlich lange Verfahrensdauer selbst könne auch kein Interesse an einem vorzeitigen Zuschlag begründen. Die Einnahmeausfälle durch eine verspätete Inbetriebnahme könnten auch entgegen der Darlegung des Auftraggebers nicht in seine Insolvenz führen, weil ein Fehlbetrag aus dem Landeshaushalt ausgeglichen werde. Und vor allem: Die Baugrube steht ganz am Anfang des Projektes. Es ist nicht dargelegt, warum es im Verlauf der kommenden Jahre nicht möglich sein sollte, diesen Zeitverlust wieder aufzuholen. OLG Rostock (Beschl. v. 16.09.2021, Az.: 17 Verg 7/21)

MELDUNG

Trilog-Verfahren zum IPI (BS/jf) Noch vor Weihnachten hat das Europäische Parlament den Zweiten Bericht zum International Procurement Instrument (IPI) abgenommen, wie der vergaberechtliche Informationsdienst “vergabe spezial” berichtete. Seit neun Jahren dauert das dazuge-

hörige Gesetzgebungsverfahren. Doch die umfassende Weiterentwicklung des Vergaberechts machte diese lange Verfahrensdauer nötig. Daniel Caspary, parlamentarischer Berichterstatter der Europäischen Volkspartei (EVP),

Beratung für Bewerter und Bieter Ausschreibungen · Submissionen

sieht in dem IPI eine dringend benötigte Toolbox, mit welcher die Europäische Kommission auf zunehmend feindliche internationale Handelspraktiken reagieren könne. Deshalb dränge das Parlament auf die einheitliche Anwendung des IPI in den Mitgliedstaaten. Ähnlich wie beim europäischen Vergaberecht sollen auch für das International Procurement Instrument einheitliche europäische Schwellenwerte von mehreren Millionen Euro pro Auftrag gelten. Zudem sollen öffentliche Auftraggeber einem einheitlichen Katalog unterworfen werden. Mit dem IPI soll die Eingriffsmöglichkeit geschaffen werden, im laufenden Verfahren entweder Angebote von Bietern aus Drittstaaten gänzlich auszuschließen oder diese Bieter im Ranking per Zwang abzuwerten. Die politische Notwendigkeit des IPI wird durch Artikel 25 der Richtlinie 2014/24/EU deutlich. Dieser verbietet eine Ungleichbehandlung zwischen Staaten, die das General Procurement Agreement (GPA)unterzeichnet haben und den Staaten, die zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehören. Diesbezüglich hatte das OLGH Düsseldorf kürzlich entschieden, dass diese Regelung im Umkehrschluss keine Diskriminierung von Staaten zulassen, die das GPA nicht unterzeichnet haben. Die endgültige Fassung des IPI wird nun im Trilog-Verfahren zwischen Parlament, Rat und Kommission ausgehandelt werden.

► SPEKULATION

Geringer Wertverlust Kein Risiko für den Besteller Der Auftraggeber schrieb den Betrieb mehrer Regionalbuslinien aus. Dabei wurde unter anderem der Restwert der Busse abgefragt, mit denen die Bieter nach Ablauf der sechsjährigen Beauftragung kalkulieren. Der Auftraggeber ging offenbar davon aus, dass die bietenden Busunternehmen nach Ende der Laufzeit die dann für den Auftrag nicht mehr benötigten Fahrzeuge am freien Markt würden veräußern müssen. Eine Bietergemeinschaft aber kalkulierte anders. Sie will ihre Busse am Vertragsende nicht frei veräußern, sondern sie zu zuvor festgelegten Preisen an die einzelnen Unternehmen der Gemeinschaft abgeben, die die Busse dann für eigene Zwecke weiternutzen wollen. Deswegen war der Restwert vergleichsweise hoch angesetzt, was wegen besonders niedriger Abschreibung zu einem preislich besonders attraktiven Angebot führt. Das Angebot aber will der Auftraggeber nicht annehmen. Er bezweifelt die Restwertberechnung und fürchtet, dass der Bieter bei Leistungsmehrungen in den kommenden Jahren mit Hinweis auf den hohen Fahrzeugwert dann besonders hohe Nachträge fordern wird. Die Vergabekammer hält diese Be-

fürchtung für unzutreffend und daher einen Bieterausschluss wegen eines Spekulationsangebotes für unbegründet. Es war im Betriebsvertrag nämlich kein Automatismus angelegt, nachdem der Restwert zwingend zur Berechnungsgrundlage für Nachträge würde. Vielmehr sollten solche Nachträge frei verhandelt werden. Damit kann der Auftraggeber durch den hohen Restwert nicht übervorteilt werden – er hat bei Nachverhandlungen allenfalls einen schwereren Stand. VK Südbayern (Beschl. v. 27.10.2021, Az.: 3194.Z3-3-_0121-24)

► NACHPRÜFUNG

Verkalkuliert Nicht gegen den eigenen Zuschlag Der Bieter um einen Auftrag für Sicherheitsdienstleistungen hält die Risiken, die ihm der Auftraggeber aufbürdet, für nicht kalkulierbar. Die Vorgaben u. a. zur Personalstärke seien so unklar, dass mit ihnen kein Angebot sauber kalkuliert werden könne. Entsprechende Rügen trägt er auch gegenüber dem Auftraggeber vor, der jedoch nicht abhilft. Das schreckt den Bieter aber nicht davon ab, dennoch ein Angebot abzugeben – letztlich eines, das seiner Ansicht nach die Kalkulationsrisiken aber nicht hinreichend abbilden kann. Parallel dazu stellt er einen Nachprüfungsantrag, mit dem er verhindern will, dass auf ein Angebot, das ohne geeignete Kalkulationsgrundlage erstellt werden musste, ein Zuschlag erteilt wird. Womit er nicht gerechnet hat: Sein Angebot stellt sich für den Auftraggeber nach der Auswertung als das wirtschaftlichste heraus. Genau dies trägt der Auftraggeber vor der Vergabekammer vor: Er beabsichtige, diesem Bieter den Zuschlag zu erteilen. Für den Bieter ist das ein Problem, denn damit entfällt für ihn das Rechtsschutzinteresse, sagt die Vergabekammer. Ein Nachprüfungsverfahren diene dazu, ihn davor zu bewahren, im Rahmen des Vergabeverfahrens in eine rechtwidrig schlechte Position zu geraten. Er aber ist in der besten Position, die er erlangen kann: Er wird den Auftrag erhalten. Hätte er verhindern wollen, dass er am Ende einen Auftrag ausführen muss, den er nicht richtig kalkulieren konnte, hätte er nach der Rügezurückweisung parallel zur Nachprüfung kein Angebot abgeben dürfen. VK Baden-Württemberg (Beschl. v. 23.07.2021, Az.: 1 VK 44/21)

► BETRIEBSSYSTEM

Nur iPads gewünscht Android darf ausgeschlossen werden Im Rahmen des Digitalpaktes Schule will der Schulträger digitale Endgeräte für seine Schüler beschaffen, nämlich rund 600 Tablet-Computer. Er legt sich dabei auf Tablets des Betriebssystems iOS fest, weswegen nur Geräte des Herstellers Apple infrage kommen: iPads. Die Beschränkung auf diese Geräte begründet er im Vergabevermerk damit, dass bereits durch ein mehrere Jahre zuvor begonnenes Pilotprojekt eine IT-Infrastruktur auf Basis dieses Betriebssystems geschaffen worden sei, die inzwischen

mehrjährig erprobt sei und stabil liefe. Hiergegen wendet sich ein Bieter, der Andoid-basierte Tablets vertreibt. Er hält dem Schulträger vor, durch den Einsatz einer zusätzlichen Steuerungssoftware sei es möglich, gemischte Systeme von iOS und Android zu betreiben. Eine Verengung auf iOS sei daher nicht zulässig. Die Vergabekammer und nachfolgend auch das OLG folgen hingegen der Auffassung des Schulträgers, der vorträgt, dass die Erweiterung seiner Infrastruktur um eine bislang unbekannte zusätzliche Softwarekomponente für den Mischbetrieb einen erhöhten Wartungsaufwand und eine erhöhte Fehleranfälligkeit des Systems nach sich ziehen würde, wofür nicht einmal das nötige Personal zur Verfügung stünde. Schließlich hätten die Administratoren bisher nur iOS-Kenntnisse. Hinzu komme, dass zum Zeitpunkt der Vergabeentscheidung auch nicht alle für den Unterricht benötigte Programme als Android-Versionen verfügbar waren. Ob die Verengung auf iOS bei der Pilot-Vergabe zulässig war, spielt keine Rolle mehr, weil dieses vier Jahre zurückliegende Verfahren nicht mehr angegriffen werden kann. OLG Brandenburg (Beschl. v. 08.07.2021, Az.: 19 Verg 2/21)

► ABHILFE

Auflagen überflüssig... ...für den einsichtigen Auftraggeber Im Streit um die korrekterweise anzuwendende Vergabeordnung ging einem Bieter die Entscheidung der Vergabekammer nicht weit genug. Der Auftraggeber hatte die Lieferung von Pflastersteinen ursprünglich nach UVgO ausgeschrieben. Das war in jedem Falle fehlerhaft. Der Wert des Auftrags lag nämlich oberhalb der Schwelle für Lieferaufträge. Sind die Steine als Teil eines Bauauftrages anzusehen, hätten sie nur nach VOB/A unterschwellig beschafft werden können. Sind sie ein isolierter Lieferauftrag, wäre ein oberschwelliges Verfahren nach VgV erforderlich. Letzteres wäre nach Auffassung der Vergabekammer der richtige Weg gewesen, weswegen sie auch die Nachprüfung zuließ. Der Auftraggeber hatte sich nach Prüfung der Sachlage dazu entschlossen, im Nachprüfungsverfahren selbst zu beantragen, den zwischenzeitlich fehlerhaft erteilten Zuschlag als nichtig zu erklären, damit er das Verfahren korrekt wiederholen kann. Der Bieter verfolgt aber sein Ansinnen vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) weiter, dass dem Auftraggeber auch noch auferlegt werden solle, beim zweiten Versuch das korrekte Verfahren zu wählen. Damit scheitert er: Das für Beschwerden in Nachprüfungssachen in Bayern zuständige BayObLG sieht kein Bedürfnis mehr, dem Auftraggeber konkrete Auflagen zur Wahrung der Bieterrechte zu machen, wenn er seinen Fehler bereits erkannt und eingeräumt hat. BayObLG (Beschl. v. 08.11.2021, Az.: Verg 10/21)

Zusammenfassung der Entscheidungen: RA und FA für Vergaberecht Dr. Rainer Noch, München (Oppler Büchner PartGmbB)

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www.kulturstaatsministerin.de poststelle@bkm.bund.de

-13535 -1414 -13555

-4444 (GR, KT und KS) -2190 (BK Amt)

-13547

-13114

-13502 -13653

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Leitung wird wahrgenommen durch

Ingo Mix

MinDirig’n Dr. Stephanie Schulz-Hombach -43202

Projektgruppe EURO 2024; Sport und Kultur

MinR Dr. Peter Müller

Referat K 26 Hauptstadtkulturangelegenheiten

MinR Dr . Sebastian Saad

-44200

-44331

-44202

Referat K 25 Kultureinrichtungen in Ostdeutschland; kulturelle Förderung autochthoner Minderheiten; Investitionen für nationale Kultureinrichtungen

MinR Dr . Horst Claussen

Referat K 24 Zeitgenössische Kunst; (Museen; Ausstellungen; Künstlerförderung)

RD Dr. Christoph Faden

Geschäftsstelle Strukturreform Stiftung Preußischer Kulturbesitz

RD Gregor Kollmorgen

Referat K 23 Preußisches Erbe; Humboldt Forum

Martin Eifler

Referat K 22 Musik; Darstellende Künste

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Berlin: -44200 Referat K 21 Literatur und deutsche Sprache; Sekretariat Orden Pour le mérite

Dr. Nicole Zeddies

Ingo Mix

K2 Kunst und Kulturförderung

Leitung wird wahrgenommen durch

Projektgruppe Ausbau Kunstverwaltung des Bundes

RR Dr . Thorsten Kim Schreiweis

Projektgruppe Einführung der E-Akte

MinR Matthias Harbort

Referat K 16 Informationsmanagement; Deutsche Digitale Bibliothek

MinR Christian Freiesleben

Referat K 15 Innerer Dienst; Arbeitsschutzbeauftrage; Geheimschutzbeauftragter; Umwelt­ managementbeauftragter

MinR Bernd Gallep

Referat K 14 Haushalt; Beauftragter für den Haushalt (§ 9 BHO)

RD’n Sonja Heinke Zakowski RD’n Anja Kraus

Referat K 13 Organisation und Verwaltungsaufgaben

MinR’n Sabine Deres

Referat K 12 Personalangelegenheiten

MinR‘n Dr. Isabel Tillmann

Referat K 11 Kultur und Recht; Justitiariat; IFG Sponsoringbeauftragte/r

MinDirig’n Dr . Stephanie Schulz-Hombach Berlin: -43202

K1 Zentrale Angelegenheiten; Kultur und Recht

Persönliche Referentin ORR’n Laura Wenner Flötotto

Leitender Beamter MinDir Dr. Andreas Görgen

Foto: BS/Kristian Schuller

Berlin:-43112

-43100

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-43146

MinDirig Dr. Jan Ole Püschel MinR Frithjof Berger

Ko-Leitung

Projektgruppe EU-Ratspräsidentschaft 2020

MinR’n Manuela Kehlenbach

Referat K 36 Filmwirtschaft; internationale Angelegenheiten des Films

MinR’n Ulrike Schauz

-43112 -13657

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Referat K 35 Kulturelle Angelegenheiten des deutschen Films; Förderungen; Preise; Festivals; Audiovisuelles Erbe

MinR Dr. Christian Groni

Referat K 34 Internationale Zusammenarbeit Kultur; Protokoll; Europabeauftragter; Beauftragter für die deutsch französische Zusammenarbeit

Sandra Wemmel

Referat K 33 Kultur- und Kreativwirtschaft

MinR Oliver Schenk

Referat K 32 Grundsatzfragen Medien; Medienkompetenz

Wolfgang Wohnhas

Referat K 31 Internationale Zusammenarbeit im Medienbereich; Deutsche Welle; Rundfunk

MinDirig Dr. Jan Ole Püschel

K3 Medien und Film; Internationales

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MinR’n Maja Schweitzer

-44227

Referat K 47 Kulturgutverluste; Provenienzforschung

MinR Dr. Thomas Lindner

Referat K 46 SED-Unrecht

MinR‘n Dr. Susanne Olbertz

Referat K 45 Museen und kulturelle Vermittlung nach § 96 BVFG; Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung

RD’n Dr. Susanne Schoen Stefan Schmitt-Hüttebräuker

Forschungsbeauftragte der BKM

Referat K 44 Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa – Grundsatzfragen und Wissenschaftsförderung; Kulturforschung

MinR Jörg Frhr. v. Wangenheim

Referat K 43 Schriftliches Kulturgut; Archiv und Bibliothekswesen; Suchdienste; Sekretariat der Deutsch-Russischen Geschichtskommision

MinR‘n Dr. Britta Bopf

Referat K 42 Aufarbeitung des Nationalsozialismus

MinR Dr. Thomas Wagner

Referat K 41 Grundsatzfragen zur Geschichte und Erinnerung; Historische Museen; Politikergedenkstiftungen

Pers. Ref‘n.: ORR’n Dr. Henriette Whitmore von Breitenbuch -44366

MinDir‘n Maria Bering Berlin

K4 Geschichte; Erinnerung

Ständige Vertreterin des Leitenden Beamten

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MinDirig’n Dr. Kathrin Hahne

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Projektgruppe Corona Hilfen für Kultur und Medien Leitung wird wahrgenommen durch

MinR Christoph Schütt

Referat K 56 Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

MinR’n Katharina Cramer-Hadjidimos

Referat K 55 Allgemeine Grundsatzfragen Bau; Bauangelegenheiten und Baukultur

Dr. Ulrike Wendland

Geschäftsstelle des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz

MinR Titus Graf

Referat K 54 Denkmalschutz und Weltkulturerbe

MinR’n Dr. Katharina Knüppel

Referat K 53 Nationaler und internationaler Schutz von beweglichem Kulturgut

MinR Hagen Philipp Wolf

Beauftragter für Extremismus- und Antisemitismusprävention; Verbindung zu Religionsgemeinschaften

MinR’n Elisabeth Gorecki-Schöberl

Referat K 52 Kulturelle Bildung; Integration; Kultur in den Regionen und ländlichen Räumen

Olaf Gehrke

Gedenkmünzen und Sonderpostwertzeichen, Ordensangelegenheiten, Sonderaufgaben

Dr. Katharina Henschen

Referat K 51 Grundsatzfragen der Kulturpolitik; Verbindung zu Ländern, Kommunen und Kulturverbänden

Berlin: -44290

K5 Grundsatzfragen der Kulturpolitik; Denkmal- und Kulturgutschutz

Geschäftsstelle Innenrevision RD Martin Budsinowski -44312

MinDirig’n Dr. Kathrin Hahne

Parlaments und Kabinettsangelegenheiten MinR‘n Milena Rudolph -43170

Leitung Büro Staatsministerin Jesko von Samson

Leitung: Jesko von Samson

Leitungsstab

Grafik: Behörden Spiegel-Gruppe Quelle: Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien Stand: Februar 2022

Personelles

Ansprechperson für Korruptionsprävention OAR Tobias Lewe -0228 99 681 13510

Datenschutzbeauftragter OAR Alexander Oechsner -0228 99 681 13655

IT Sicherheitsbeauftragter OAR Alexander Oechsner -0228 99 68113655

Vertrauensperson der schwer­behinderten Menschen OAR Emmerich Schneider -0228 99 681 13794

Vorsitzender des Hauptpersonalrates RA Roman Edner -030 18 665 7032

Vorsitzender des Personalrates OAR Thomas Riedel -0228 99 681 13631

Servicebereiche Hauptbüro Benutzerservice Fahrbereitschaft

Notarzt / Feuerwehr:

[organisationseinheit]@bkm.bund.de z. B.: K13@bkm.bund.de

Internet: E Mail:

Hausanschrift: Potsdamer Platz 1 , 10785 Berlin Fernruf: 030 18 681 0 IVBB-Einwahl: 6 681 0

Hausanschrift: Köthener Straße 2 , 10963 Berlin Fernruf: 030 18 681 0 IVBB-Einwahl: 6 681 0

Dienstsitz Berlin Hausanschrift: Bundeskanzleramt, Willy Brandt Straße 1 , 10557 Berlin Fernruf: 030 18 400 0 IVBB Einwahl: 6 400 0

Dienstsitz Bonn Hausanschrift : Graurheindorfer Straße 198, 53117 Bonn Postanschrift: Postfach 17 02 86 , 53028 Bonn Lieferanschrift : Arminiusstraße 10 , 53117 Bonn Fernruf: 0228 99 681 0 IVBB-Einwahl: 6 681 0

Gleichstellungsbeauftragte Ingrid Merkelbach -13108

Projektgruppe Digitalisierung in Kultur und Medien MinDirig Dr. Robin Mishra -43201

Reden und Texte Stab 3 MinRMinR’n Caroline Waldeck

-43178

Staatsministerin Claudia Roth, MdB

-43187

Presse und Soziale Medien Stab 1 Dr. Joachim Riecker

Öffentlichkeitsarbeit und Internet, Stab 2 N N.

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien

-43201

Leitung: MinDirig Dr. Robin Mishra

Stabsstelle Kommunikation und Digitalisierung

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien

Behörden Spiegel / Februar 2022 Seite 11


Diplomaten Spiegel

Seite 12

A

uf den ersteren beiden, 35 km voneinander entfernten, Eilanden leben fünf Millionen Menschen, also 18 pro Quadratkilometer. Bei uns: 232. Kein Wunder, dass die Insulaner einen entspannten Lebensstil haben, Oscar – prämierte Filme wie “Der Herr der Ringe” (Peter Jackson) oder “Das Piano” (Jane Campion) drehen, den die BBC 2019 zum besten Film einer Regisseurin wählt. Höchst bemerkenswert ist auch das von der neuseeländischen Ministerpräsidentin Jacinda Ardern im selben Jahr präsentierte, weltweit erste “Wellbeing Budget”. Darin stellt sie das Wohlergehen ihrer Landsleute in den Mittelpunkt des Regierungshandelns und nicht nur “nackte” Wirtschaftsdaten. Eine Frau, ein Wort – auch im Dezember letzten Jahres. Da verkündet ihre stellvertretende Gesundheitsministerin Ayesha Verrall einen “historischen Tag für die Gesundheit unseres Volkes”. Neuseeland wird bis 2025 rauchfrei und den Verkauf von Zigaretten an zukünftige Generationen verbieten. Passend zu diesem Ambiente – Neuseeland belegt auch 2021, mit Dänemark und Finnland, den ersten Platz auf dem Korruptionswahrnehmungsindex, (Internationaler Korruptions- oder Bestechungsindex), so Transparency International im Januar dieses Jahres. Deutschland liegt auf Platz zehn (siehe Seite 4). Fast 20.000 km oder 30 Flugstunden entfernt findet sich auch in Berlin ein Stück dieses auf mehr Lebensqualität bauenden Staates – die neuseeländische Botschaft in der Friedrich- und Ecke Leipziger Straße. Hausherr ist dort seit Januar 2018 Rupert Thomas Holborow. Der heute 64-jährige Jurist dient zweimal als Diplomat in Australien (1986 – 89 und 2000 – 2004), Indonesien (1994 – 97) und als Hochkommissar in Indien (2008 – 2010). Zuletzt leitet er in Wellington die Wirtschaftsabteilung des Ministeriums, ist als Leitender Beamter für APEC (Asia-Pacific Economic Cooperation) tätig, arbeitet in den Abteilungen für Handelsverhandlungen und – zu Beginn seiner Karriere – als Privatsekretär des damaligen Handelsministers. Berlin ist für ihn die zweite Station als Botschafter (die erste war in New Delhi als “High Commissioner”) und würdiger Abschluss seiner über 40-jährigen diplomatischen Karriere. Dann sind für Holborow vier außergewöhnliche und schöne Jahre in einem Land zu Ende, das zu seinem seit 1953 enge, feste und vertrauensvolle Beziehungen mit vielen Gemeinsamkeiten unterhält. Beide Staaten “ticken” diplomatisch sehr ähnlich, stimmen in wichtigen Bereichen, wie etwa den Menschenrechten, der Medienfreiheit, dem Recht des Einzelnen und der Frauen überein, sodass es kaum Irritationen gibt. “Es war mir eine große Freude ,hier zu sein, es gab mehr als genug zu tun, wobei ich es immer als sehr angenehm empfand, wie schnell und unkompliziert ich mit den deutschen Partnern zurechtkam. Mein Team und ich tauschten uns intensiv über Fra-

Behörden Spiegel / Februar 2022

Auf Wiedersehen, Herr Botschafter Ein Gespräch mit dem ehemaligen Botschafter Neuseeland Rupert Holborows. (BS/ps) Neuseeland liegt “Down Under” in der südlichen Hemisphäre, unterhalb fast aller anderen Länder auf dem Globus, südöstlich von Australien. Es besteht aus zwei großen sowie 700 kleineren Inseln und ist etwa so groß wie Deutschland ohne Bayern.

Der neuseeländische Botschafter Rupert Holborow (links). Plakette zur Erinnerung an die offizielle Eröffnung der Botschaft: Darin spiegeln sich die Flaggen von Neuseeland und Deutschland (rechts oben). Detail eines Türsturzes im Eingangsbereich der Botschaft – ein Zeichen, das traditionell über der Tür oder einem Fenster des Wharenui (Māori: Gemeinschafthaus) angebracht ist (rechts unten). BS/Botschaft Neuseelands.

Rezept der Botschaft Roasted Kumara-Pumpkin-Special

Zutaten für 4 Personen ½ Hokkaido Kürbis (Pumpkin), 1 Süßkartoffel (Kumara), 4 Kartoffeln, 1 Brokkoli, 1 Zwiebel, 1 Knoblauchzehe, Öl, Salz, Pfeffer, einige Kürbiskerne, 1 Esslöffel, Sonnenblumenkerne, 1 Esslöffel Zitrone, 4 Lammkoteletts Zubereitung: Das Gemüse (Kürbis, Kumara, Kartoffeln und Brokkoli) gut waschen. Den Kürbis halbieren, aushöhlen (die weichen Innenteil und die Kerne herausnehmen) und in größere Würfel/Stücke schneiden. Kumara und Kartoffeln schälen und ebenfalls in grobe Stücke schneiden. Nun noch den Brokkoli in einzelne Röschen

gen von gemeinsamem Interesse aus und fanden so Lösungen für die Probleme. Notwendig war es dabei, die deutsche Sichtweise verstehen und schätzen zu lernen, andererseits aber auch unsere Herangehensweise und Denkweise zu erläutern. Ganz allgemein war es für mich immer wichtig, anderen neuseeländischen Stellen diese Beziehungen zunutze zu machen, seien es unsere wissenschaftlichen Einrichtungen, Einwanderungs-, Tourismus-, Bildungs- oder Investitionsstellen. Das kann bedeuten, dass ich sie berate, ihnen helfe, Türen zu öffnen oder mit ihnen zusammenarbeite, um Botschaften und Positionen aus Neuseeland an die Zielgruppen zu vermitteln. In den letzten zwei Jahren haben wir uns angesichts der Pandemie intensiv mit Fragen der Gesundheits-

zerteilen, die Zwiebeln klein schneiden und den Knoblauch fein hacken. Die Koteletts kurz unter kaltem Wasser abwaschen, trocken tupfen und in Mehl wenden. Nun die Koteletts zusammen mit dem Gemüse im Ofen braten oder in heißem Öl in einer Pfanne nur kurz knusprig anbraten, salzen und pfeffern und danach in eine große feuerfeste Form geben und zusammen mit dem Gemüse im Backofen garen. Für das Gemüse den Ofen auf 180 -200 °C vorheizen. Zwiebeln und Knoblauch in etwas Öl anschmelzen (entweder im übrigen Bratfett der Koteletts oder in ca. 3-6 EL frischem Öl) und die Kürbis-, Kumara- und Kartoffel-Stücke

diplomatie befasst – mit dem Austausch von Informationen über Grenzkontrollsysteme und interne Abwehrmechanismen, mit der Verfolgung der Entwicklung von Impfstoffen und mit der Beobachtung von Überlegungen zu Therapeutika – alles mit dem Ziel, meiner Hauptstadt Erkenntnisse darüber zu vermitteln, wie Neuseeland diese traurige und schwierige Zeit überstehen kann.” Doch es muss weiter vorwärts gehen. Die Regierung Ardern blickt daher mit Interesse auf ein Freihandelsabkommen mit der EU. “Dazu brauchen wir die Unterstützung der Mitgliedsstaaten und Deutschland ist hier natürlich ein wichtiger Akteur. Dies hat natürlich auch eine kommerzielle Dimension, aber es ist viel strategischer als das. In einer Welt, die weniger wohl-

mit in das heiße Öl geben und bei relativ hoher Hitze braten). Das ganze nun ein paar Minuten von allen Seiten anbraten und den Brokkoli dazugeben. Das Gemüse sollte außen gold braun knusprig, innen aber noch fest (halbgar) sein. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und mit dem Fleisch in eine feuerfeste Form geben – falls nötig, noch etwas Öl nachgeben und auf mittlerer Schiene in den bereits vorgeheizten Ofen schieben. 5-10 Min. backen, damit es schön gar wird, die Sonnenblumen- und Kürbiskerne darüberstreuen und ca. 5 Min. überbacken.

habend, weniger frei, weniger gesund und sicher erscheint, strebt Neuseeland eine stärkere Architektur mit den Teilen der Welt an, mit denen es eine starke Werteübereinstimmung hat. Europa fällt in diese Kategorie und ein Freihandelsabkommen ist ein Mittel, um Neuseeland und Europa enger miteinander zu verbinden. Wir sind zuversichtlich, mit der EU ein nachhaltiges Abkommen zu schließen, das allen modernen Umwelt-, Arbeits- und Tierschutzstandards usw. entspricht. In einigen dieser Bereiche drängen wir die EU, ihr eigenes Anspruchsniveau zu erhöhen. Als kleines Land, das die höchsten Standards ohne Subventionen einhält, sehen wir uns als natürlichen und starken Freihandelspartner für die EU. Wir durften auf die starke Unterstützung der deutschen

Regierung zählen und freuen uns darauf, dass dies so bleibt. Sich darum und vieles andere mehr zu kümmern, war eine seiner Maxime der Arbeit in Berlin “als ehrlicher und effektiver Anwalt für die Interessen meines Landes”, so Botschafter Holborow. “Es geht aber auch darum, ein guter und kluger Zuhörer zu sein, denn ein Teil unserer Rolle besteht darin, unserer Regierung die Sichtweise des Gastlandes zu vermitteln, insbesondere dort, wo es Meinungsverschiedenheiten gibt, sodass ein vernünftiger, sachkundiger Dialog stattfinden kann, um Differenzen zu überbrücken. Es geht um Vernetzung und Kontakte – man muss wissen, wer einflussreich ist und wo die Entscheidungsfindung liegt, damit man mit den richtigen Leuten spricht. Und es geht darum, Beziehungen zu

Das magische Dorf Hobbiton, bekannt aus der "Herr der Ringe"-Trilogie, wurde speziell für die Verfilmung erbaut und liegt auf der Nordinsel Neuseelands, 180 km südöstlich von Auckland.

pflegen, sodass, wenn man Zugang zu einem wichtigen Thema braucht, wenn nicht heute oder morgen, jemand den Hörer abnimmt und sich bereit erklärt, einen kurzfristig zu treffen. Es geht auch darum, im “Gastland” das öffentliche Gesicht Neuseelands zu sein – es ist also wichtig, Präsenz zu zeigen, zur Verfügung zu stehen und hoffentlich freundlich und zuvorkommend anzukommen. Die vier Jahre hierzulande hat seine Sicht auf unser Land weniger verändert als “gefestigt”. “Ich habe ein besseres Verständnis für seine vielfältigen historischen Schichten bekommen, von denen einige dunkel sind (Neuseeland befand sich im Krieg mit Deutschland) und einige edel in Richtung und Absicht (und Neuseeland war wiederum in einige der Letzteren involviert – wir waren eine der sechs Nationen, die an der Berliner Luftbrücke 1949 beteiligt waren, um das damaligen West-Berlin offen und frei zu halten). Das Leben in Deutschland hat mich darin bestärkt, dass das heutige ein gutes Land ist – auch für die Welt. Wir wollen mehr von Deutschland in der Welt sehen und nicht weniger, weil es unseres Erachtens ein seriöser, konstruktiver Akteur ist, der, wie Neuseeland, Freude an Familie, Freunden, Natur und Umwelt hat. Deutschland hat “Gewicht”, nutzt seinen Einfluss gut – nicht nur im eigenen Interesse – und in vielen Bereichen “zurückhaltend”. Seine Politik ist nicht dramatisch, sondern substanziell und sachbezogen. Es bevorzugt den ernsthaften Diskurs. In der Wirtschaft gibt es eine außergewöhnliche Fülle von beeindruckenden “Hidden Champions” (relativ kleine, aber sehr erfolgreiche, unauffällige Unternehmen). Die öffentlichen Bediensteten sind umsichtig, ehrenhaft und leisten dem Staat gute Dienste. Deutschland zeigt sich als eine Gesellschaft, die sich kümmert. Einer meiner bleibenden Eindrücke von Deutschland ist der eines ernsthaften Akteurs, der seinen Einfluss in aller Ruhe und Bescheidenheit ausübt." Es war ein Privileg, hier in Berlin als Vertreter Neuseelands zu leben und zu versuchen, all diese Eigenschaften zu nutzen, um die gemeinsamen Interessen – von denen es viele gibt – voranzubringen. Ich werde es den Deutschen überlassen, ihre Ansichten über Neuseeland darzulegen – aber ich hoffe, mit einer gewissen Wärme und Zuneigung. Seit Januar dieses Jahres bin ich zurück in Neuseeland, und freue mich darauf, noch viel mehr von meinem Land zu erkunden – es sind viele Camping- und Trekking-Touren geplant. Meine Frau und ich hoffen, dass wir uns bei einer Reihe von Gemeinschaftsprojekten ehrenamtlich engagieren können.“ Letztes Wort – was möchten Sie noch sagen? “Lassen Sie mich dieses indigene Māori-Sprichwort vorschlagen: Na te whakarongo me te titiro ka puta mai te korero – durch Schauen und Zuhören erlangen wir Weisheit! Ein treffendes Sprichwort für jeden Diplomaten. Goodbye Sir.

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Kommune Behörden Spiegel

“Die Menschen haben sich daran gewöhnt, online einzukaufen”, erklärt Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), in einer Sendung der Veranstaltungsplattform NeueStadt.org und verweist auf den Umsatz des Online-Handels von rund 70 Milliarden Euro allein im Jahr 2021. Seine Einschätzung: “Die Stadt nach der Pandemie wird leerer sein, mit weniger Präsenzgeschäften.” Stephen Paul, Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen, geht sogar noch einen Schritt weiter und meint in einer Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung zur Lage der Innenstädte, die Bevölkerung verlerne, sich real zu begegnen. “Wir schreiben lieber als zu reden, machen Behördengänge online, statt aufs Rathaus zu gehen, und dann erschrecken viele, wenn sie in einen Laden gehen und dort angesprochen werden.” Božana Vrhovac, Forscherin im Bereich Stadtsystem-Gestaltung am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, sieht den Grund hierfür unter anderem darin, dass “das Servicegefälle zwischen OnlineHandel und Präsenzgeschäften, beispielsweise bei Öffnungszeiten oder Rücksendungen, fast unüberwindlich groß ist”. Hier sind ihrer Meinung nach politische Regularien dringend notwendig, der Markt schaffe das nicht selbst.

Mischung von Leben, ­Wohnen und Arbeiten Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und Innenstädte für Bürgerinnen und Bürger wieder attraktiv zu machen, gibt es beinahe so viele Lösungsansätze, wie es Städte in Deutschland gibt. Das ist auch nötig, da sich die Städte und ihre Problemstellungen stark voneinander unterscheiden. Daher muss sich laut Landsberg jede Kommune individuell überlegen, wie ihre Stadt der Zukunft aussehen soll. Ein paar Grundprinzipien gelten dabei seiner Meinung nach für fast alle Betroffenen: Es brauche mehr Grün und mehr Blau – sprich mehr Grünflächen und Wasser – in jeder Innenstadt, eine generell hohe Aufenthalts-

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Berlin und Bonn / Februar 2022

Innenstädte wie vor 100 Jahren Im Nachgang der Pandemie müssen wir unseren Toleranzbereich anpassen (BS/Malin Jacobson) 52,5 Prozent der Gastronomiebetriebe, 67,4 Prozent der Unternehmen aus der Veranstaltungswirtschaft und 73,2 Prozent der Reisebüros und -veranstalter sehen sich laut aktueller Umfrage des ifo Instituts in ihrer Existenz bedroht. Ob dies allein auf die Pandemie zurückgeht oder diese die Entwicklung nur beschleunigt hat – das Ergebnis bleibt das Gleiche: Viele innerstädtische Nutzungsflächen werden in naher Zukunft leer stehen.

KNAPP Förderung sozialen Wohnraums (BS/mj) Mit neuen Förderinstrumenten und höheren finanziellen Mitteln will Baden-Württemberg den sozialen Wohnungsbau 2022 verstärkt fördern. “Die Errichtung von bezahlbarem Wohnraum ist die soziale Frage unserer Zeit und die Landeswohnraumförderung ist das zentrale Werkzeug des Landes dafür”, erklärte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Die neue Konzeption des Förderprogramms Wohnungsbau BW beinhaltet die Anhebung des Festbetrags der berücksichtigungsfähigen Baukosten von 3.500 auf 4.000 Euro pro Quadratmeter. Laut Nicole Razavi, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, wolle man so dem Anstieg der Baukosten als auch der Mieten Rechnung tragen. Zudem ist eine Nachhaltigkeitszertifizierung geplant, um den Bau neuer Sozialwohnungen klimafreundlicher zu gestalten, und die mögliche Dauer der Sozialbindung wird auf bis zu 40 Jahre erhöht.

Absurde Mehrbelastung Belebte Innenstädte scheinen wie ein Bild aus längst vergangener Zeit – und hoffentlich naher Zukunft.

qualität und die Mischung von Leben, Wohnen und Arbeiten wie vor 100 Jahren. Dazu gehört laut Vrhovac, auch verstärkt Kinder und Jugendliche anzusprechen, beispielsweise durch Spielplätze oder andere attraktive Aufenthaltsräume. “Viele Geschäfte sind heute noch wie vor zwanzig Jahren. Aber die Jugendlichen heute sind anders, das muss sich auch in der Architektur und der städtebaulichen Sprache widerspiegeln.”

Toleranzbereich anpassen Wichtig sei zudem, sich von dem Gedanken zu verabschieden, die Innenstädte bestünden hauptsächlich aus Handel, meint die Forscherin. “Der Einzelhandel allein schafft es nicht, den Raum in den Innenstädten zu füllen, es braucht daneben auch Handwerker, Gastronomie und Kultur.” Die leeren Ladenlokale könnte

man zudem als kleine Markthallen, Arztpraxen oder Parkflächen nutzen, führt Stephen Paul aus. Und der Hauptgeschäftsführer des DStGB meint: “Dann kann der Leerstand auch eine Chance für Ballungsräume sein, um der Wohnungsnot zu begegnen.” Zumindest sofern die Menschen in einer Innenstadt wohnen wolten, in der Lärm-, Müll- und Lichtbelästigung durch verschiedenste Gewerbetreibende wieder zunähmen. “Im Nachgang der Pandemie müssen wir unseren Toleranzbereich anpassen und beispielsweise laute Kinder einfach akzeptieren”, meint Vrhovac hierzu.

Keine Änderungen forcieren Paul warnt davor, unüberlegt Änderungen zu erzwingen: “Wir dürfen nicht die Fehler der Vergangenheit machen und nun zu ideologisch auf die Nutzungs-

mischung pochen.” Vorherige Generationen hätten “autogerechte” und später “autofreie” Innenstädte forciert, stattdessen sollte der Wandel als langsamer und nachhaltiger Prozess stattfinden. Vor autofreien Innenstädten warnt auch Sebastian Schuster, Landrat des Rhein-Sieg-Kreises, im Gespräch mit Chefredakteur Uwe Proll (siehe hierzu Seite 24). “Wenn Sie mit dem Auto kommen, müssen sie irgendwo Parken können.” Sollte dann die Attraktivität der Innenstadt nicht hoch genug sein, werden seiner Meinung nach viele in Städte fahren, die mit dem Auto zugänglicher seien. Da sei es gut, dass die meisten Städte nicht nur fußgängerfreundlich, sondern sehr oft auch gut an den öffentlichen Personennahverkehr angebunden seien, meint Vrhovac. Dass sich nicht alles schnell und manches sogar gar nicht

Foto: BS/New Media Systems, stock.adobe.com

erneuern lässt, weiß aber auch die Forscherin. Gewerbegebiete werden ihrer Meinung nach auch weiterhin benötigt, da allein aus Platzgründen nicht alles in der Innenstadt angesiedelt werden könne – ein Baumarkt werde beispielsweise immer mehr Platz brauchen als ein Schuhgeschäft. Dabei spiele allerdings die Umsetzung eine wesentliche Rolle, in der zunehmend Aspekte wie Versiegelung, Baurohstoffe und Kreislaufaspekte in Betracht gezogen werden sollten. Ein Grund mehr, modulare Nutzungen in bereits bestehende Innenstadtimmobilien zu integrieren, sodass sie langfristig erhalten bleiben und Nutzungsänderungen zulassen, wie es in der Studie “#ELASTICITY – Experimentelle Innenstädte und öffentliche Räume der Zukunft” des Fraunhofer Instituts für Innovation empfohlen wird.

(BS/mj) Die kommunalen Spitzenverbände reagieren besorgt angesichts der derzeitigen Debatte um die Impfpflicht. Pit Clausen kritisiert die “absurde Mehrbelastung der Gesundheitsbehörden” welche das Gesetz zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht mit sich bringe. Auch Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, stört, dass Organisation und Umsetzung den Kommunen überantwortet werden soll. “Es ist nicht richtig, sich erst nach Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht Gedanken zu machen, wie denn die Umsetzung erfolgen soll.” Und Landrat Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages, beanstandet neben dem derzeitigen “Hin und Her” die mangelnde finanzielle Unterstützung: “Die Länder haben aber gegenüber den Kommunen im August 2020 eine Vollfinanzierung zugesagt, diese aber nicht umgesetzt.”

Zukunft – Stadt und Region

Die neue Veranstaltungsplattform des Behörden Spiegel

3U – unerwünscht, unverantwortlich, ungeimpft Die kommunale Verantwortung für ALLE 02.03.2022, 14.00-15.30 Uhr Mehr unter: www.neuestadt.org

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.org


Digitales Lernen

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Behörden Spiegel / Februar 2022

Digitalpakt beschleunigen Die digitale Revolution muss auch in unseren Schulen stattfinden (BS/Bettina Stark-Watzinger) Wir alle kennen das. Die erste Frage von jungen Menschen bei der Ankunft ist: Wie lautet das WLAN-Passwort? In ihren Schulen erübrigt sich diese Frage meist von selbst. Oft genug gibt es keinen WLAN-Zugang für die Schülerinnen und Schüler oder überhaupt WLAN. In vielen Klassenräumen hängen immer noch alte Kreidetafeln. Und wenn es Smartboards gibt, dann wissen immer noch nicht alle, sie richtig gut zu nutzen. Ganz zu schweigen vom Unterricht mithilfe von Laptops oder Tablets. Kinder und Jugendliche sind heute in der digitalen Welt zu Hause. Moderne Technik steht hoch im Kurs, viele Schüler besitzen ein Smartphone. In der Schule wirkt jedoch vieles wie ein Relikt aus alten Zeiten. Wir vergeben noch zu viel Potenzial, die Digitalisierung für individuelles Lernen zu nutzen. Um dies zu ändern, ging 2019 der Digitalpakt Schule mit fünf Milliarden Euro an den Start. Ziel war es, der Digitalisierung an den Schulen einen ordentlichen Schub zu geben. Das Geld aus dem Topf des Bundes sollte den Ländern helfen, die Infrastruktur für die digitale Bildung auf- und auszubauen. Dann kam Corona. Die Pandemie hat schonungslos offengelegt, wie groß die Defizite bei der Digitalisierung und der digitalen Bildung hierzulande sind. So fehlte häufig nicht nur die Infrastruktur, es fehlten auch die pädagogischen Konzepte für digitalen Unterricht. Es fehlten Endgeräte und Fachleute, die sich mit der Technik auskennen und sich darum kümmern. Und das in einer Zeit, in der die Schulen zeitweise flächendeckend und über Monate geschlossen waren. Gerade in der Grundschule ist ein halbes Jahr für

Schulen ankommen, es fließt zu langsam ab. Mitte 2021 war gerade Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) leitet mal gut ein Drittel das Bundesministerium für der GesamtsumBildung und Forschung. me abgerufen Foto: BS/Guido Bergmann, BMBF oder wenigstens konkret verplant – deutlich weniger als im Zeitplan vorgesehen. die Kinder eine lange Zeit. Da Wir sind also noch lange nicht geht es um Lernlücken, aber da, wo wir sein sollten und erst auch darum, dass bei einsamer recht nicht da, wo wir hinwollen. Zettelwirtschaft der Spaß am Als BundesbildungsministeLernen leidet. rin ist es mein Ziel, dass wir Der Bund hat den Digitalpakt den Digitalpakt beschleunigen deshalb im ersten Jahr der Pan- und entbürokratisieren. Dademie um 1,5 Milliarden Euro für werden sich Bund, Länder für Endgeräte und Administra- und Kommunen an einen Tisch toren aufgestockt. Insgesamt setzen, um Lösungen zu finstehen den Ländern nun 6,5 den. Wir müssen gemeinsam Milliarden Euro zur Verfügung, schauen, wo es Bremsklötze gibt um die Digitalisierung der Bil- und wie wir sie aus dem Weg dung voranzubringen. Das Geld räumen können. Dabei können muss allerdings auch bei den Standardverfahren zur Antrag-

stellung und Standardkonzepte zur Digitalisierung der Schulen helfen. Wir brauchen weniger Hürden und mehr Tempo bei diesem wichtigen Thema. Das sind wir den Schülerinnen und Schülern schuldig. Der nächste Bericht zum Digitalpakt Schule kommt im März. Es muss unser Ziel sein, dass bis dahin die Anlaufschwierigkeiten überwunden sind und alle Beteiligten die zusätzlichen Lasten durch die Pandemie besser in den Griff bekommen haben. Die Digitalisierung der Bildung muss einen großen Sprung machen. Deshalb wollen wir möglichst nahtlos anschließen und den mit dem Digitalpakt eingeschlagenen Weg fortsetzen. Die Länder und Schulträger brauchen Planungssicherheit. Im Koalitionsvertrag haben wir dafür einen Digitalpakt 2.0 mit einer Laufzeit bis 2030 vereinbart. Der laufende Digitalpakt ist auf die Förderung

von Investitionen beschränkt. Er zielt gewissermaßen auf die Grundausstattung der Schulen für digitale Bildung. Tatsächlich steckt hinter dem Übergang zu mehr digitaler Lehre von der Grund- bis zur Berufsschule aber ein fundamentaler Prozess, der Länder und Kommunen vor völlig neue und vor allem auch dauerhafte neue Aufgaben stellt. Hierzu gehört zum Beispiel neues Personal, das die Technik an den Schulen wartet. Die Kommunen berichten immer wieder, dass sie Schwierigkeiten haben, geeignete Fachkräfte zu finden, wenn sie keinen langfristigen Arbeitsvertrag anbieten können. Solche Anliegen wollen wir beim Digitalpakt 2.0 berücksichtigen. Die Pandemie hat es überdeutlich gemacht: Wir müssen die Aufgabenteilung bei der Bildung und insbesondere der Finanzierung unserer Schulen noch einmal überdenken. Es gibt gro-

ße Herausforderungen wie die Digitalisierung, die Länder und Kommunen nur gemeinsam mit dem Bund bewältigen können. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Zusammenarbeit mit allen Ebenen zu verbessern und zu einem Kooperationsangebot zu kommen. Eine Verfassungsänderung wäre sicher die klarste Lösung. Wir sind zu Gesprächen darüber bereit. Mit dem Digitalpakt 2.0 wollen wir die nächste Stufe bei der Digitalisierung der Bildung erreichen. Denn die digitale Revolution ist in vollem Gange. Sie muss auch in unseren Schulen in vollem Umfang stattfinden und das Zeitalter der Kreidetafel endgültig beenden. Bildung ist die Grundlage, damit unsere Kinder und Jugendlichen ein selbstbestimmtes Leben voller Chancen führen können. Als Chancenministerium arbeiten wir daran.

Deine Lernbox Gemeinsam gegen den Covid-Bildungs-Blues (BS/Dr. Melanie Seidenglanz) Die Covid-19-Pandemie hat Kinder und Jugendliche stark getroffen. In einer Phase ihres Lebens, in der Selbstfindung, die Peergroup und eigene Interessen von hoher Bedeutung sind, mussten sie lernen, mit Verzicht auf soziale Kontakte und weitgehenden Veränderungen sowie Herausforderungen im schulischen Bereich umzugehen. Homeschooling und Online-Unterricht haben hohe Erwartungen an die (intrinsische) Motivation der Schüler/-innen gestellt und setzten eine immense Selbstständigkeit im Erarbeiten der Inhalte voraus.

T

atsächlich waren sie in hohem Maße von der Unterstützung des Elternhauses abhängig. Mit der Rückkehr zum Unterricht vor Ort wurden nicht alle Hindernisse aus dem Weg geräumt. Themen wie digitale Kompetenzen, mentale Stärke oder pandemieverstärkte Bildungsungleichheiten stehen zunehmend im gesellschaftlichen Fokus. 2019 hat die Metropolregion Rhein-Neckar (MRN) die regionale Bildungsstrategie verabschiedet, die mit über 200 Organisationen entlang der gesamten Bildungskette, von der KiTa bis zum Lernen im Seniorenheim und unter intersektoraler Mitwirkung von Bildungsakteuren aus formaler Bildung, Wirtschaft, Politik, Stiftungen und NGOs, erarbeitet wurde. Die MRN umfasst 15 Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz und zeichnet sich damit durch eine sehr heterogene Bildungslandschaft aus. Ein Ziel der regionalen Bildungsstrategie ist ein chancengerechter Zugang zu Bildung. Um dieses Vorhaben gerade in der Pandemie zu unterstützen, wurde in Kooperation mit der BASF SE und weiteren Förderern wie MLP SE im Januar

Das Projekt in Aktion

2021 das Projekt “Deine Lernbox – alles drin für Schüler und Schülerinnen in der Metropolregion Rhein-Neckar” initiiert. Dieses Corona-Akuthilfeprogramm besteht aus Modulen der Sprachförderung, analogen/hybriden und digitalen Mentoringprogrammen, Hausaufgabenhilfe, Lernferien und Persönlichkeitstraining. Insbesondere Angebote zur emotionalen und psychischen Stärkung der Schüler/-innen wurden ge-

Foto: BS/ Kinderhelden

zielt in das Programm eingebettet. Für das Schuljahr 2022/2023 sollen erfolgreich erprobte Module durch neue Themen wie Bewegung sowie Bildung für nachhaltige Entwicklung ergänzt werden. Die MRN GmbH steuert das Projekt und hat die einzelnen Programm-Module im Dialog mit dem Lenkungskreis sowie neun beteiligten Maßnahmenträgern, die die jeweiligen Module vor Ort oder digital durchführen, ent-

Vom Skeptiker zum überzeugten Anwender Schritt für Schritt mit der Software “EduPage” (BS/Sebastian Fichner) Eine Software für alle Bereiche der Schulorganisation? Mit digitalem Klassenbuch, Stunden- und Vertretungsplan, Kalender und Messenger? Das klingt für viele Schulen fast zu schön, um wahr zu sein. Wie es geht, zeigt RAABE mit “EduPage”. Jede Neuerung erzeugt auch einen Widerstand, vor allem, wenn es um Digitalisierung geht. Als Experte für die Schulorganisationssoftware EduPage von RAABE weiß ich, dass es in den Schulen meist zwei Lager gibt: Die einen wünschen sich eine digitale Lösung, die ihnen die Arbeit erleichtert, die anderen wollen am liebsten alles beim Alten belassen. EduPage gelingt es, beides zu vereinen – mit einem großen Leistungs-

für Schritt an die Umstellung gewöhnt werden. So geschehen z. B. bei KolSebastian Fichner, Experte für ping, einem der die Schulorganisationssoftware EduPage von RAABE größten privaten Bildungsanbie Foto: BS/RAABE ter in BadenWürttemberg mit rund 60 Schul­ lizenzen. Für eine persönliche Beratung zu umfang und einem durchEduPage genügt eine E-Mail dachten Onboarding-Konzept, an s.fichner@raabe.de bei dem alle Beteiligten Schritt

Projektsteuerung war im ersten Projektjahr vonnöten, da Schulen 2021 Dr. Melanie Seidenglanz leitet das Projekt “Arbeitsmarkt lange geschlossen und Bildung” der Metropolwaren und innerregion Rhein-Neckar GmbH. halb der drei betei ligten BundeslänFoto: BS/MRN der nach Ende des Homeschoolings unterschiedliche Corona-Verordnunwickelt und implementiert. An gen galten. Ein Vorteil war, dass diesem Projekt im Zusammen- früh ein Fokus auf digitale und spiel von öffentlicher und privater insbesondere mehrere MaßHand mit Fokus auf Schüler/- nahmenanbieter gelegt wurde, innen in den Sozialräumen 4 da es bei den hauptamtlichen und 5 sind die Fachbereiche Scouts und Fellows einerseits, Jugendförderung und Bildung aber auch bei der Unterstützung der beiden Städte Mannheim und durch Volunteers andererseits Ludwigshafen beteiligt. Im Len- zwischenzeitlich zu Engpässen kungskreis, der das Projekt von kam. Eine weitere Erkenntnis Beginn an begleitet, sind auch ist, dass es sich im Sinne einer Vertreter des Regierungspräsidi- regionalen Bildungslandschaft ums Karlsruhe und das Zentrum lohnt, auf den frühzeitigen und für Schulentwicklung (ZSL), das engen Dialog mit allen Bildungsstaatliche Schulamt Mannheim akteuren vor Ort zu setzen, um für die baden-württembergische ein solch vielschichtiges Projekt Seite, Repräsentanten der Dienst- aufzusetzen. Lohnenswert ist die und Aufsichtsdirektion (ADD) für Integration einer vermittelnden, Rheinland-Pfalz, der Universität neutralen Instanz als Rückgrat, Mannheim für die Wissenschaft die die Bedarfe der Schulen sowie die Förderer eingebunden. vor Ort aufnimmt, kanalisiert Das Lernbox-Netzwerk besteht und mit den Maßnahmenträderzeit aus 25 Schulen. Von gern, Förderern und BildungsMannheim und Ludwigshafen experten des Lenkungskreises ausgehend hat ein punktueller abstimmt. Die Einbindung der Roll-out ins Umland, z. B. in Bedarfe der Schulen durch den den hessischen Teil der Region kontinuierlichen Austausch mit nach Viernheim oder auch in den den Schulleitern und SozialarRhein-Neckar-Kreis, begonnen. beitern ist dahingehend wichtig, Durch die unterschiedlichen Pro- um passgenau auf die neuen jektpartner und das vielfältige Erfordernisse reagieren zu könModulangebot ist es in kurzer nen. Die MRN GmbH hat hierbei Zeit gelungen, ein effizientes von ihrem breiten Netzwerk und Unterstützungsnetzwerk für ihrer Expertise in der Steuerung Schüler/-innen in der Region von Bildungsprojekten profitiert. aufzubauen. Bei der Entwicklung Der intensive Austausch und die der Projektmodule von “Deine Abstimmung mit anderen FörderLernbox” ist das gemeinsame programmen des Bundes oder der Anliegen von MRN GmbH und Bundesländer ist substanziell, BASF SE und weiteren Partnern, um gerade diejenigen Lücken den Schüler(inne)n Werkzeuge zu identifizieren, in die das an die Hand zu geben, mit denen Projekt vorstoßen soll, um somit sie die Herausforderungen der seinen Beitrag zur Bewältigung Covid-Krise meistern können. Die d i e s e r g e s e l l s c h a f t l i c h e n Relevanz digitalen Lernens wurde Herausforderung zu leisten. Die durch die Pandemie nochmals vertrauensvolle Zusammenarbeit verstärkt. Daher liegt ein Fokus und die engen Kontakte werden des Programms gerade auf dem sicherlich über das Projektende Erproben digitaler, extracur- hinaus bestehen bleiben. Das ricularer Angebote. Eine hohe Projekt ist auf eine hohe mediale Flexibilität und Agilität in der Resonanz und Nachfrage auch an

anderen Orten der Republik gestoßen, weil es bereits sehr früh in der Pandemie realisiert wurde und als ein gutes Praxisbeispiel dienen konnte. Mit Beginn des dritten Corona-Jahres zeigt sich allerdings deutlich, dass die Pandemie auch langfristige Folgen mit sich bringt und das ursprünglich als temporäres Akuthilfeprogramm angedachte Projekt zu kurz greift. Um die in der Pandemie entstandenen Lern- und Entwicklungsdefizite weiter mittel- und langfristig abzumildern, wäre eine nachhaltige Implementierung einzelner Module der Lernbox in die regionale Bildungslandschaft begrüßenswert, die die kommunalen sowie Landes- und Bundesprogramme gezielt vor Ort ergänzt. Dr. Melanie Seidenglanz ist Projektleiterin Arbeitsmarkt und Bildung der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH: melanie. seidenglanz@m-r-n.com Weitere Infos zum Projekt “Deine Lernbox” finden sich unter: https://www.m-r-n.com/was-wirtun/themen-und-projekte/projekte/Lernbox http://basf.com/ deine-lernbox

Infobox Die Metropolregion Rhein-Neckar GmbH (Mannheim) wurde 2006 gegründet. Ihre Gesellschafter sind neben dem Verband Region RheinNeckar und dem Verein Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar e. V. die Industrie- und Handelskammern Rhein-Neckar, Pfalz, Darmstadt sowie die Handwerkskammern Mannheim und Rhein-Main. Im Zusammenspiel mit diesen und vielen weiteren Akteuren koordiniert die Regionalentwicklungsgesellschaft die Projektarbeit in den Bereichen Digitalisierung und Verwaltungsvereinfachung, Energie, Innovationsförderung, Mobilität, Arbeitsmarkt, Bildung, Gesundheit und Kultur. Darüber hinaus leistet die Metropolregion Rhein-Neckar GmbH durch Standortmarketing und Öffentlichkeitsarbeit einen wichtigen Beitrag, um die Region Rhein-Neckar zu positionieren und bekannt zu machen.


Digitales Lernen

Behörden Spiegel / Februar 2022

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ie Schule zeichnet sich durch eine heterogene Schülerschaft aus. Die Schüler/-innen werden von multiprofessionellen Teams begleitet. Dazu gehören neben Lehrkräften auch Sonderpädagog(inn)en, Integrationshelfer/-innen sowie Sozialpädagog(inn)en. Das Konzept des selbstorganisierten Lernens mit seinen drei Bausteinen “Lernpläne”, “Lernbüros” und “Logbücher” war an der Schule bereits vor der Pandemie etabliert. Auch digital war die Gesamtschule bereits gut aufgestellt. In der Sekundarstufe II war die Digitalisierung bereits weit fortgeschritten. Alle Schüler/-innen verfügten über eigene iPads. Die Lehrkräfte arbeiteten schon seit vielen Jahren auf der Lernplattform “IServ” mit einem gemeinsamen Materialpool und auch die Schüler/-innen arbeiteten schon lange mit der Plattform.

Das Konzept Die Schule konnte im Distanzunterricht auf eine gute Basis zurückgreifen, denn alle Unterrichtsmaterialien sind seit Jahren gemeinsam von den Lehrkräften differenziert erstellt und digital verfügbar. Eine Basis, die allerdings an eine völlig neue Situation angepasst werden musste. Im Lockdown entschied die Schule, die vorhandene Tagesstruktur auch im Distanzlernen aufrechtzuerhalten. Dazu gehören virtuelle Klassenratsstunden,

Selbstorganisiertes Lernen ermöglichen Ein Praxisbeispiel aus Münster (BS/Käthe Kösters/Ulli Thöne) Der Städtischen Gesamtschule Münster-Mitte gelang es im ersten Lockdown, ihr Konzept des selbstorganisierten Lernens in den digitalen Raum zu überführen und dort weiterzuentwickeln. Damit hat sie in der Kategorie “Selbstorganisiertes Lernen ermöglichen” den Deutschen Schulpreis Spezial 2021 gewonnen. in denen die Woche geplant und besprochen wird, Unterrichtsstunden in Form von Videokonferenzen und freie Lernzeiten in digitalen Lernbüros.

Lernpläne In individuellen und digital abgelegten Lern- und Projektplänen legt jede/-r Schüler/-in Wochenziele für sich fest und strukturiert die Arbeitsprozesse. Die Pläne sind so angelegt, dass die Schüler/-innen nach gemeinsamen Einführungsstunden selbstständig an den Zielen arbeiten können und ihre erreichten Kompetenzen immer wieder reflektieren.

Lernbüros In den Lernbüros arbeiten die Schüler(inn)en selbstständig an ihren Lernplänen, in Räumen, in denen auch eine Fachlehrkraft ansprechbar ist und sie sich gleichzeitig mit anderen Schüler/-innen über die Aufgaben austauschen können. Fachlehrkräfte machen auch inhaltlich unterstützende Angebote, die die Schüler/-innen nutzen können. Arbeitsergebnis-

Kathi Kösters leitet die städtische Gesamtschule MünsterMitte.

Ulli Thöne ist die didaktische Leiterin der Schule und zuständig für konzeptionelle Anfragen, Fortbildungen und Sozialpädagog(inn)en.

Foto: BS/Lisa Hafeneger, GEMM

Foto: BS/Lisa Hafeneger, GEMM

se werden insbesondere in der Oberstufe auf die Lern-Plattform hochgeladen.

Logbücher In ihren persönlichen Logbüchern tragen die Schüler/-innen täglich ein, was sie in welchem Fach gelernt haben und was sie sich als nächstes vornehmen. Während der Corona-Pandemie wurde das Logbuch als Reflexions-, Dokumentations- und Planungsinstrument in ein digitales Format übertragen. Was zunächst als eine Strukturhilfe für das Lernen in der Schule gedacht war, wurde nun erweitert und angepasst, sodass es auch außerhalb der Schule als sinnvolles Instrument des selbstorgani-

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit Wie haben sich Schulen während der Corona-Pandemie digital weiterentwickelt? (BS/Tim Rotthaus) Die vierte Welle der Corona-Pandemie hat die Wirtschaft und das öffentliche Leben in Deutschland fast komplett zum Erliegen gebracht. Aber auch Schulen und andere Bildungseinrichtungen standen plötzlich vor großen Herausforderungen. Im zweiten von insgesamt sieben Fachforen des ersten Digital-Kongresses NeueStadt.org 2021 des Behörden Spiegel trafen sich Lehrer und Vertreter von Kommunen und Ländern, um sich über den Fortschritt des digitalen Lernens an deutschen Schulen auszutauschen. “Wir waren gar nicht auf diese Herausforderungen vorbereitet. Wir haben gemerkt, dass Schulpädagogik und Schulträgerschaft kaum Schnittstellen aufweisen. Daher mussten wir zu Anfang erst einmal gewisse Grundvoraussetzungen schaffen”, erklärte Henryk Pilz, Bürgermeister der Stadt Erkner im Landkreis Oder-Spree. Die Pandemie habe Löcher im System gezeigt, die nur schwierig hätten gestopft werden kkönnen, so Pilz. “Wir brauchen die Verankerung der Vermittlung digitaler Kompetenzen in allen Fächern”, forderte Thomas Riecke-Baulecke, Präsident des Zentrums für Schul-

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qualität und Lehrerbildung in Baden-Württemberg. Die Vermittlung dieser Kompetenzen muss sich seiner Meinung nach von der ersten bis zur letzten Klasse durchziehen und der Fächerkanon müsse entsprechend angepasst werden. Jedoch dürfe das Lehrpersonal nicht zurückgelassen werden. Nicole Wrana, Schulleiterin der Grundschule an der Bogenstraße in Solingen, erklärte, ihr Lehrpersonal sei hauptsächlich extern weitergebildet worden. Vor allem zu Beginn der Pandemie habe ihre Schule Angebote eines Wirtschaftspartners in Anspruch ge-

nommen.Zudem habe die Schule sehr früh ein digitales Konzept des individuellen Lernens mit System implementiert. Die Kinder arbeiteten digital an individuellen Plänen und könnten sich untereinander und mit dem Lehrpersonal austauschen. Auch werde ein großer Fokus auf die Vermittlung zukunftsträchtiger Technologien wie das Programmieren und die Benutzung von 3D-Druckern gelegt. “Eine Umsetzung dieser Art der Digitalisierung ist jedoch nicht ohne unsere Wirtschaftspartner und die Zusammenarbeit mit einem Gymnasium möglich gewesen”, fügte Wrana hinzu.

ClassPad Learning Die neue Lernsoftware für Mathematik von CASIO Laptop oder Tablet: ClassPad Learning, die neue Lern- und Übungssoftware für Mathematik zum Bearbeiten von Aufgaben im Unterricht, zu Hause und in der Nachhilfe von CASIO, funktioniert unabhängig vom Endgerät, direkt über den Browser.

Aufgaben für alle Die browserbasierte Lernsoftware bietet ca. 30.000 Mathematikaufgaben für die Klassenstufen eins bis 13. Sie unterstützt die wesentlichen mathematischen Bereiche wie Algebra, Arithmetik, Geometrie und Statistik und bietet Aufgaben für alle Schulformen.

Individuelles Lernen Neben den umfangreichen Inhalten erlauben durchdachte Lernen mit digitalen Hilfsmitteln Funktionen ein an den indiFoto: BS/MovingPix viduellen Stand angepasstes Lernen. Die Software gibt zu Motivation sorgt ein virtuelles den Lerneinheiten in drei Belohnungssystem. Schwierigkeitsstufen schrittweises Feedback und bietet Flexible Unterrichtsgestaltung Hilfen, Tipps und Hinweise an. Die automatische AufgaUmfangreiche Lernanalysen benkontrolle unterstützt da- zeigen den Lernstand und bei, selbstständig die richti- -fortschritt Einzelner sowie der ge Lösung zu erarbeiten. Für gesamten Klasse und ermögli-

chen so die gezielte Unterstützung schwacher und Förderung starker Schüler/-innen. Durch Live-Abstimmungen und Echtzeit-Feedback werden die Lernenden aktiv in den Unterricht eingebunden. Ein Plus für Lehrkräfte ist die Zeitersparnis durch Entlastung von Routineaufgaben wie Lernstands-Dokumentationen. Die Hausaufgabenkontrolle wird erleichtert – die Software zeigt an, ob und wie die Aufgaben bearbeitet wurden. Mehr Infos unter: classpad.academy Sie interessieren sich für kostenfreie Lizenzen und Supportmaßnahmen für Lehrkräfte oder das Projektschulprogramm? Kontaktieren sie gern das Educational Team von CASIO unter: education@casio.de

sierten Lernens erfahrbar wurde. Über das Logbuch erhalten die Schüler/-innen außerdem Feedback durch das Klassenteam. Im Wechselunterricht waren dann in allen Jahrgangsstufen völlig neue Settings des “Blended Learnings” gefragt. In der Sekundarstufe II bestand die Herausforderung vor allem darin, die Motivation aufrechtzuerhalten. Zu Beginn des neuen Schuljahres wurde mit allen Schüler(inn)en eine intensive Schulung durchgeführt, um die Medienkompetenz noch weiter zu fördern. Lehrkräfte professionalisieren sich schon seit vielen Jahren über regelmäßig stattfindende schulinterne Fortbildungen, die fast jeden

Dienstag, genau abgestimmt auf den Bedarf, meist von versierten Kolleg(inn)en angeboten werden. Das stärkt nebenbei den Zusammenhalt und den Teamgeist des Kollegiums und senkt die Schwelle, mal “nachzufragen”, deutlich. Vorhandende Konzepte des selbstorganisierten Lernens haben sich nicht nur bewährt, sondern konnten während der Pandemie weiterentwickelt werden. Dadurch verändert sich das Lernen an der städtischen Gesamtschule Münster-Mitte langfristig: Vor allem in der Sekundarstufe I haben alle Schüler/-innen gelernt, verstärkt mit digitalen Lernformen zu arbeiten. Für den Wechsel von Präsenz- und Dis-

tanzunterricht sind neue Lernsettings entstanden, die auch künftig Bestand haben sollen. Die Kompetenzen für das selbstorganisierte Lernen und für den Umgang mit den digitalen Medien wurden durch intensive Schulungen aller Schüler/-innen weiter ausgebaut. Die neue Praxis der kurzen internen “Fortbildungssnacks”, in denen versierte Kolleg(inn)en ihre Fähigkeiten im Umgang mit bestimmten digitalen Tools an die anderen weitergeben, will die Schule auch langfristig beibehalten. Die Schüler/-innen haben neue kooperative Lernformen im digitalen Raum gefunden, beispielweise in Kleingruppen per Video oder durch die Arbeit an gemeinsamen Dokumenten. Das projektorientierte Lernen wurde verstärkt und wird künftig auch auf die Kernfächer ausgeweitet. Um das Konzept im Distanzunterricht zu optimieren, aber auch schon vorher, wurden regelmäßig Schüler/-innen sowie Eltern in standardisierten Online-Umfragen befragt. Evaluation ist und bleibt daher ein wichtiges Element der Schulentwicklung. Gemeinsame Vereinbarungen, ob zum “Blended Learning”, zum Distanz- oder Präsenzunterricht, gewährleisten ein transparentes und gleichartiges Vorgehen im Kollegium. Das hat sich für alle Beteiligten nach wie vor als hilfreich erwiesen.

Webinar zu IT-Security am 17. Februar Warum die digitale Schule nur mit IT-Security funktioniert Tablets im Unterricht, digitale Hausaufgaben und online Lernplattformen haben den Schulalltag verändert. Doch die Gefahren durch Cyberkriminalität sind eine Herausforderung für Schulen und Bildungseinrichtungen. Insgesamt sind in der deutschen Wirtschaft laut Bitkom die Schäden durch Cyberattacken seit 2019 um 358 Prozent gestiegen. Schulen sind eines der leichtesten Ziele für Ransomware-Erpressungen und andere Hacker-Angriffe, denn die meisten verfügen über eine mangelhafte IT-Security. Hier muss Abhilfe geschaffen werden. Von unserer neuen Bundesregierung fordert beinahe die Hälfte der Deutschen eine Verbesserung des digitalen Bildungsangebots. Das zeigte eine Civey-Umfrage im Auftrag von Cisco. Möglich werden soll dies etwa über den DigitalPakt Schule, der Mittel zur Verfügung stellt. Um den neuen Anforderungen im Schulalltag gerecht zu werden, müssen IT-Sicherheitskonzepte von Anfang an mitgedacht werden. Die IT-Security muss zwei Bereiche abdecken: Das Lehren und Lernen in einer vernetzten Schule sowie die Arbeit und das Lernen außerhalb des Schulgebäudes. Das erfordert eine sichere und flexible Lernumgebung für Schulen vom WLAN bis zum Zugriff auf mobile Endgeräte. Vier Sektoren stehen dabei im Fokus: Benutzer, Endgeräte, das Netzwerk sowie Apps & Daten.

Digitale Lernumgebung einfach und störungsfrei verwalten Innerhalb einer vernetzten Schule kommt es darauf an, digitale Medien flexibel und sicher nutzen zu können. Schulen profitieren von der Anschaffung schuleigener mobiler Endgeräte. Gleichzeitig müssen Verwaltung und LehrerInnen in der Lage sein, ohne zusätzliches Fachpersonal die digitale Lernumgebung intuitiv, flexibel und datenschutzkonform zu managen und sicher zur Verfügung zu stellen. Auch

Aspekte wie der Jugendschutz und der richtige Umgang mit digitalen Medien sollte hierbei beachtet werden. Eine einfache Verwaltung und Kontrolle liefern die Lösungen von Cisco Meraki. Diese haben vom Benutzer über Endgeräte und Anwendungen bis hin zur Netzwerksicherheit alles im Blick. So können mögliche Fehlerquellen schnell entdeckt und behoben werden. Außerdem wird der Gesundheitszustand des Endgerätes kontinuierlich überprüft. So werden Angriffe frühzeitig erkannt und abgewehrt, bevor ein größerer Schaden entstehen kann.

Geschützter Zugriff – überall und jederzeit Die Arbeit außerhalb des Schulgebäudes erfolgt zumeist über mobile Endgeräte. Das reicht vom Zugriff auf ein Lernprogramm während eines Ausflugs bis zur Lehrkraft, die im Café um die Ecke den Unterricht vorbereitet. Die sichere Nutzung der Geräte muss unbedingt gewährleistet sein, um produktiv arbeiten zu können. Wie soll die Lehrkraft zum Beispiel auf der Klassenfahrt den geplanten Unterricht gestalten, wenn sie aufgrund eines ausschließlich lokal durchführbaren Sicherheitsupdates nicht auf die benötigten Materialien zugreifen kann?

Die Antwort lautet: mit einer Secure Client Lösung. Es muss eine lokale Durchsetzung der zentralen Verwaltung der Endgeräte erfolgen, inklusive Identitäts- und Rechtemanagement. Das heißt, SchülerInnen und Lehrkräfte durchlaufen eine Authentifizierung und Autorisierung. Danach können sie überall und jederzeit gesichert auf das Schulnetzwerk zugreifen. Kritische Daten und Applikationen können unabhängig davon, wo sie oder die NutzerInnen sich befinden, gesichert per Multifaktorauthentifizierung abgerufen werden: So erfordert beispielsweise eine Autorisierung neben einer Passworteingabe einen zweiten Faktor wie z. B. den Fingerscan. Wer den Schulalltag durch digitale Maßnahmen erleichtern und verbessern möchte, profitiert von einer umfassenden IT-Security. Welche Lösungen es zur Absicherung vor Ransomware-Attacken gibt und warum Schulen IT-Sicherheit von Anfang mitdenken sollten, erzählt Holger Müller, Cisco CTO & Lead Architect für Gesundheitswesen, Bildung, Länder und Kommunen in seinem Webinar “Digitalisierung der Schulen – Aber SICHER doch bitte!” am Donnerstag, 17. Februar, um 10 Uhr. Mehr dazu hier: cvent.me/ zk272l


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ie Jury hat damit gewürdigt, dass das erst 2008 gegründete Gymnasium die Herausforderungen der Corona-Pandemie beherzt aufgegriffen und als Chance der schulischen Weiterentwicklung genutzt hat. Verständlicherweise gab es auch am EGN kein lang diskutiertes und mit allen Gremien abgestimmtes Konzept für “Schulentwicklung unter Pandemiebedingungen”, sondern viele Entscheidungen mussten zügig und zeitnah getroffen werden. Dennoch gab es einige Voraussetzungen, die einen produktiven Umgang mit der Pandemiesituation ermöglicht haben. Zum einen gibt es an der Schule seit zehn Jahren einen intensiven Schulentwicklungsprozess, in dem – gesteuert von einer engagierten Schulentwicklungsgruppe – viele Kolleg(inn)en eine hohe Veränderungs- und Einsatzbereitschaft gezeigt haben. Zum anderen profitiert die Schule bis heute davon, dass der Schulträger bereits bei der Gründung der Schule 2008 erkannt hat, dass eine technisch zeitgemäße Ausstattung (damals bedeutete das: Activeboards in jedem Klassenraum) für schulisches Lernen unverzichtbar ist. Systematisch und professionell, insbesondere durch zwei grundständig ausgebildete Informatiklehrer und einen engagierten Schulassistenten, wurden die technischen Voraussetzungen im Laufe der letzten Jahre angepasst. Bereits seit 2012 arbeiten die Kolleginnen und Kollegen mit IServ als Schulserver. Begleitet wurde die technische Entwicklung stets durch zumeist kollegiumsinterne und damit an der konkreten Praxis ausgerichtete didaktische und methodische Fortbildungsmaßnahmen. Schließlich hat das gesamte Schulleitungsteam die Entscheidungsfreiheit, die das niedersächsische Kultusministerium insbesondere zu Beginn der Corona-Pandemie den Schulen gegeben hat, nicht als Belastung, sondern als sinnvollen Raum für die Gestaltung von Unterricht, Projekten und Schulleben aufgegriffen. Im März 2020 stand die Schule vor den gleichen Herausforderungen wie jede andere: Im Laufe einer Woche wurde ein erstes Konzept für digitalen Unterricht entwickelt, das in den folgenden Monaten immer wieder evaluiert und angepasst wurde. IServ, mit seinen vielfältigen Möglichkeiten, erwies sich als unverzichtbare, einheitliche Arbeitsplattform, die von allen Lehrer(inne)n und Schüler(inne)n (und mittlerweile auch Eltern) genutzt wurde und wird. Zunächst war insbesondere die Arbeit mit dem Aufgabentool

Lernen im digitalen Raum Tragfähige Netzwerke knüpfen (BS/Gabriele Obst) Das Evangelische Gymnasium Nordhorn (EGN) wurde 2021 als eine der sieben Preisträgerschulen in der Kategorie “Tragfähige Netzwerke knüpfen” mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet, der ganz im zeichen der Frage stand, wie Schulen sich in der Corona-Zeit bewährt haben. In der Laudatio der Jury des Deutschen Schulpreises hieß es: “Während der Schulbetrieb an den meisten Schulen in Deutschland durch die Corona-Pandemie deutlich eingeschränkt wurde, nutzte das Evangelische Gymnasium Nordhorn diese Zeit als Chance, die schulische Arbeit neu zu denken.”

2021 wurde das Evangelische Gymnasium Nordhorn (EGN) als eine der sieben Preisträgerschulen in der Kategorie “Tragfähige Netzwerke knüpfen” mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet. Grafik: BS/Manfred Steger, pixabay.com

Schüler bzw. jede Schülerin muss mindestens einmal am Tag “geseOberstudienrätin Dr. Gabriele Obst ist die Schulleiterin des hen” werden. ZuEvangelischen Gymnasiums gleich gab es feste Nordhorn und unter anderem Sprechstunden verantwortlich für die Schulmit den Klassenund Unterrichtsentwicklung. lehrerteams und den Tutor(inn)en, Foto: BS/Jens Schulze, Evangelischlutherische Landeskirche Hannover so dass auch die persönliche Situund der Videokonferenzfunktion ation der einzelnen Schüler/für alle Beteiligten neu. Deshalb innen im Blick blieb. Mit großer wurden Erklärfilme gedreht, auf Freude wurden alternative Fordie alle Zugriff hatten. Mithilfe men der Leistungsüberprüfung, des Schulservers konnte rasch ei- die im digitalen Raum möglich ne Abfrage durchgeführt werden, waren, entwickelt und die Freiinwiefern alle Schüler/-innen räume für schulisches Lernen zuhause über eine geeignete tech- kreativ genutzt. Neue Netzpartner nische Ausstattung verfügten; im digitalen Raum erweiterten wenn dies nicht der Fall war, die Unterrichtsangebote – wie wurde jeder – teilweise durch z. B. ein Chemiedidaktiker der Hilfe von Firmen aus der Region, Universität Osnabrück oder eine mit denen die Schule Koopera- Rabbinerin aus Berlin. Mit zunehmender Pandetionsbeziehungen pflegt – entsprechend ausgestattet. Zugleich miedauer zeigte sich auch am wurde das technische Equipment EGN, dass einige Schülerinnen in der Schule so angepasst, dass und Schüler mit dem digitalen die Schüler/-innen in der Not- Lernen Schwierigkeiten hatten betreuung am digitalen Lernen oder sich schon vorher vorhandeungehindert teilnehmen konnten. ne Schwierigkeiten verstärkten. Für das EGN stand als Prin- In Kooperation mit der örtlichen zip von Anfang an fest: Kein Evangelischen ErwachsenenUnterricht fällt aus und jeder bildung und der Volkshoch-

Die neue Art zu unterrichten Das Portal RAAbits Online im Erfahrungsbericht (BS) In der Corona-Pandemie wurde der Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung an vielen Schulen deutlich wie nie zuvor. Einige nutzten die Ausnahmesituation als Chance und stiegen auf digitale Lösungen wie das Portal RAAbits Online von RAABE um – so wie die Alexander-von-Humboldt-Schule Aßlar. Schon vor Corona arbeiteten mehrere Fachschaften in Aßlar mit den gedruckten RAABE -Unterrichtsmaterialien. Die Pandemie gab den Ausschlag, zu einer RAAbits-Online-Schullizenz zu wechseln. Unter www.raabits.de hatten alle Lehrkräfte nun Zugriff auf sofort einsetzbares Material für rund 15.000 Unterrichtsstunden in 20 Fächern. Fachschaften konnten auf gemeinsame Ablageordner zugreifen, was auch die Vertretungen erleichterte. Und interaktive Aufgaben erweiterten das Spektrum der Lernmöglichkeiten. Die Vorteile überzeugten das gesamte Kollegium: “Kinderleichte

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Unterrichtsmaterial digital auf www.raabits.de

Administration”, “ansprechend gestaltet und gut zu bearbeiten” und “definitiv eine Erleichterung!” lauteten die Rückmeldungen nach wenigen Monaten.

Foto: BS/RAABE

Für weitere Informationen genügt eine E-Mail an vertrieb.raabits@raabe.de oder ein Anruf unter 0711/629 00 28.

schule wurden Sommer- und Herbstschulen durchgeführt, auf die Schüler/-innen des 11. Jahrgangs als Lernbegleiter/innen vorbereitet wurden und Schüler/-innen mit Lernschwierigkeiten auch später während des zweiten Lockdowns unterstützten – ein wichtiger Beitrag zu unserem ersten Bildungsziel “Kompetenzen fördern”.

Nachdem klar war, dass das Studienpraktikum, das normalerweise an der Universität Göttingen durchgeführt wird, nicht in Präsenzform abzuhalten ist, wurde in kürzester Zeit eine digitale Studienorientierung entwickelt und durchgeführt. Die bestehenden Vernetzungen mit Universitäten wurden weiterentwickelt und in den digitalen Raum verlagert. Schule ist mehr als guter Unterricht – dieser zentrale Gedanke musste sich auch in Pandemiezeiten bewähren. Der zweite Leitbegriff des EGN, “Gemeinschaft stärken”, wurde in der Pandemiezeit mit Leben gefüllt: durch digitale Gremienarbeit, digitale Sportfeste, Weihnachtsfeiern, Gottesdienste und Andachten. Corona-Wochenberichte und ein tagesaktueller InstagramAccount hielten Eltern und Schüler stets auf dem Laufenden und sorgten für Transparenz. Für die Vernetzung der verschiedenen Aktivitäten sorgte eine bereits im März 2020 geschaffene CoronaTaskforce. Service Learning ist am EGN ein Baustein für den dritten Leitbegriff “Verantwortung übernehmen”. Im Jahrgang neun absolvieren alle Schüler/-innen ein sozial-diakonisches Praktikum. Unter Pandemiebedingungen war das in der üblichen Form nicht möglich und so wurden Alternativen gefunden: Schüler/-innen unterstützten besonders ältere Menschen als Einkaufshelfer,

packten in Zusammenarbeit mit einer evangelischen Kirchengemeinde hunderte von Weihnachtspäckchen oder veranstalteten ein Balkonkonzert vor einem Altenheim. Besonders beeindruckend war, dass ein Erasmus-Projekt mit dem Thema “Raum und Zeit im digitalen Zeitalter” digital gestartet ist. Auch unsere Schulpartnerschaften konnten am Leben gehalten werden – zumindest durch regelmäßigen virtuellen Austausch der verantwortlichen Lehrkräfte und durch Schüler/innen-Kontakte. Insbesondere im Projektunterricht im Rahmen unseres Ganztagskonzeptes versuchen wir “Individualität zu achten” – der vierte Leitbegriff des EGN. Schüler/-innen können aus einem vielfältigen Tableau unterschiedlichster Angebote wählen, die mit vielen Kooperationspartnern eng vernetzt sind. Auch hier bestand eine besondere Herausforderung darin, das Projektangebot zu digitalisieren – so wurde kurzerhand eine Garage zum Handballstudio umgebaut und das Projekt angeleitet in die Wohnzimmer übertragen. In einzelnen Fällen konnten Projektangebote sogar ausgebaut werden: ein Start Up-Unternehmen aus Göttingen bot digital ein Projekt an und führte es durch. Digitalität – so lautet die zentrale Erkenntnis aus der Pandemiezeit – unterstützt Vernetzung nicht nur, sondern befördert sie. Es gilt, auch nach der Corona-Pandemie den digitalen Raum als Lernraum der Schule und für die Schüler zu nutzen. Selbstverständlich sind bestimmte primäre Erfahrungen nicht durch digitales Lernen zu ersetzen, andererseits können im digitalen Raum Lernerfahrungen ermöglicht werden, die ansonsten unmöglich wären. Die Chancen, die damit verbunden sind, sollten nicht durch eine Haltung “Zurück zur Schule vor Corona” vertan werden.

Erfolgsmodell Bremen Open-Source-Lösung des Univention Corporate Servers (BS) Im Interview spricht Dr. Rainer Ballnus, Leiter der Stabsstelle Digitalisierung bei der Senatorin für Kinder und Bildung der Stadt Bremen, über digitale Bildung. Die Fragen Stelle ein Vertreter von Univention. Univention: Herr Dr. Ballnus, Sie sind in Bremen einer derjenigen, die für die Digital-Strategie verantwortlich sind. Wie haben Sie in der Corona-Krise gehandelt? Dr. Rainer Ballnus: Die Krise hat gezeigt, was strukturell schief läuft im deutschen Bildungssystem und wie wichtig die Digitalisierung ist. Wir mussten 2020 praktisch über Nacht Speicher und Systemkapazitäten kräftig erweitern. Und wir haben nach intensiven politischen Diskussionen alle Schüler/-innen und Lehrkräfte mit iPads ausgestattet. Damit stellten wir sicher, dass alle Nutzer/-innen mit gleichen Voraussetzungen starten und dass niemand durch seine sozialen oder finanziellen Verhältnisse benachteiligt wird. Univention: Das klingt nach einer enormen Aufbauarbeit. Ballnus: Wir konnten von einer guten Basis ausgehen, da wir in Bremen schon seit bald 20 Jahren strategisch und offensiv in eine moderne IT-Infrastruktur investieren. Sie umfasst WLAN an allen Schulen, schnelle Internetverbindungen und digitale Tafeln, schulische und dienstliche E-Mail-Adressen für alle Lernenden und Lehrkräfte, zentral verwaltet und unterstützt, damit die Lehrkräfte sich nicht mit fachfremden IT-Aufgaben beschäftigen müssen. Univention: Was macht Ihr Vorgehen so erfolgreich?

Sie den Kollegen(inn)en, die Sie um Rat bitten?

Dr. Rainer Ballnus ist Leiter der Stabsstelle Digitalisierung bei der Senatorin für Kinder und Bildung Bremen. Foto: BS/textstore

Ballnus: Eins war uns von Anfang an wichtig: Wir nehmen die staatliche Fürsorgepflicht sehr ernst und wollen die Hoheit über die Daten und digitalen Identitäten sicher bei uns bewahrt wissen, da es sich gerade bei Schülerdaten um sehr sensible Daten handelt. Dafür setzen wir auf die Open-Source-Lösung Univention Corporate Server (UCS). Und dank dem auf das Bildungswesen zugeschnittenen UCS@school werden die Schul-, Klassen- und Lerngruppenzugehörigkeiten automatisch abgeglichen und die Zugriffsrechte auf Lerninhalte und Kurse erteilt und verwaltet. In der 2021 erfolgten Umfrage der “Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft” (INSW) wurden wir für unsere digitalen Lernangebote am besten bewertet. Univention: Was empfehlen

Ballnus: Das Geld müsste inzwischen dank Digitalpakt und verschiedener Zusatzvereinbarungen mit dem BMBF in allen Ländern vorhanden sein. Am Anfang muss ein durchdachtes Konzept stehen, da sollte man sich an erfolgreichen Schulträgern orientieren. In Unternehmen ist es selbstverständlich, dass die Arbeitsmittel gestellt werden. Das muss auch für die Schulen gelten. BYOD ist eine Sackgasse, die nur zu digitalem Geräteturnen führt. Wir empfehlen, auf Leihgeräte für alle Schüler/-innen und Lehrkräfte zu setzen, die zentral verwaltet werden. Zwingend erforderlich ist ein zentrales Identitätsmanagement. Wir sehen es als unsere Aufgabe, die digitalen Identitäten der Schülerinnen und Schüler zu schützen, daher überlassen wir die zentrale Accountverwaltung nicht Apple, Google oder Microsoft, sondern verwenden besser kontrollierbare Lösungen wie die von Univention. Zur absolut notwendigen Infrastruktur gehören WLAN, schnelle Internetanbindung idealerweise mit Glasfaser sowie die digitale Ausstattung der Klassenräume mit Präsentationsmedien. Wer nur noch kleckert, wird scheitern. Angesichts der ausgereiften Konzepte und leistungsfähigen Geräte ist es an der Zeit, zu klotzen.


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as schoolTab-Bundle eröffnet die Möglichkeit, Klassen eins zu eins mit einem aktuellen Surface-Gerät auszustatten. Dieses Komplettpaket ist elternfinanziert, die Anschaffung der Endgeräte liegt also bei den Eltern. Schulen und Eltern erhalten beim schoolTab-Bundle darüber hinaus noch eine Rundumbetreuung komplett aus einer Hand.

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Digitale Lösungen für neue Lernräume Finanzierung, Lernräume und zuverlässige Partner (BS/Franziska Just*) Wie die Elternfinanzierung des Surface schoolTab-Bundles von Microsoft eine wirkungsvolle Verbindung mit zeitgemäßen Lernräumen eingeht: Der Wandel an Schulen bringt Analoges und Digitales zusammen. Zeitgemäßer Unterricht in zeitgemäßen Lernräumen ist ein Zusammenspiel aus analogen Möbeln in einer flexiblen Raumumgebung mit den passenden digitalen Endgeräten. Alle Themen des Wandels auf einmal anzugehen, ist für viele Schulen jedoch zu kostspielig.

Surface schoolTab-Bundle Einsteiger/-innen in den digitalen Unterricht können dieses Rundum-sorglos-Paket von Microsoft über die Gesellschaft für digitale Bildung (GfdB) einfach online bestellen. Die GfdB bietet zudem die Möglichkeit der Finanzierung, den Service sowie eine Absicherung im Schadensfall an. Das Einsteigerpaket besteht aus einem Klassensatz von jeweils einem Microsoft Surface Go 3 mit 64 GB Speicher, einem UAG Metropolis Case sowie der speziellen schoolProtect-Absicherung. Das Surface ist Tablet und Laptop in einem und kann so vielseitig und flexibel im Unterricht verwendet werden. Ob lesen oder Videos anschauen auf dem Tablet, schreiben im Laptop- oder Zeichnen im Studio-Modus – das Surface ist ein echtes Multitalent. Es passt sich jederzeit den speziellen Lernbedürfnissen der Schüler/-innen an.

Elternfinanzierung – eine nachhaltige Investition Damit alle Schüler/-innen am digitalen Unterricht teilnehmen können, braucht es eine Eins-zu-eins-Ausstattung mit digitalen Endgeräten. Hat aber jeder ein anderes Modell, gibt es oft Probleme wie fehlendes Zubehör oder unterschiedliche Ansprechpartner/-innen bei Fragen. Dadurch gestaltet sich die Organisation des digitalen Unterrichts unnötig zeitaufwendig. Die Surface-Geräte sind dagegen vorkonfiguriert. Im Notfall gibt es eine Servicestelle, die bei allen Anliegen erreichbar ist. Dieses kostengünstige Komplettpaket kann mit einer elternfinanzierten Ratenzahlung ab 16 Euro monatlich individuell abbezahlt werden. Mittels der flexiblen Null-Prozent-Finanzierung mit Laufzeiten von drei bis zu 36 Monaten können die Eltern ihre Kinder mit Surface-Geräten ausstatten. Dank der Zusammenarbeit mit der Santander Consumer Bank lässt sich der Ratenkauf einfach online abschließen. Als zweite Zahlungsoption gibt es den Sofortkauf mit drei Prozent Skonto. So lassen sich einheitliche Geräte für alle Schüler/-innen ermöglichen, die praktisch für die Gestaltung des digitalen Unterrichts sind und der Umsetzung der sozialen Gleichstellung in der Schule entsprechen.

Zuverlässige Partner Jedes Surface-Gerät aus dem schoolTab-Bundle hat mit der schoolProtect-Absicherung der Wertgarantie einen exklusiven

Präsentation der Erdkundereferate im flexiblen Klassenzimmer mit digitaler Tafel und Microsoft-Surface-Geräten.

Foto: BS/Stephanie Stoll

Durch die Elternfinanzierung des Surface schoolTab-Bundles von Microsoft haben alle Schüler/-innen dieser Klasse ein eigenes digitales Endgerät.

aus? Diese Frage können die Lernraumplaner/-innen von Flötotto Learning Spaces (FLS) beantworten. Zeitgemäße Lernräume sind großzügig und klar strukturiert. Die Farbgestaltung sollte eine beruhigende und anregende Wirkung zugleich haben und hilft den Schüler(inne)n dabei, sich zu konzentrieren. Eine digitale Tafel und Whiteboards bieten viel Schreib- und Präsentationsfläche. Lernräume von heute sind mit flexiblen Möbeln ausgestattet, denn digitaler Unterricht verlangt Anpassungsfähigkeit. Der Frontalunterricht und die klassische Ausrichtung zur Tafel spielen keine große Rolle mehr. Der Raum wird vielmehr zum dritten Pädagogen. Tische mit Rollen lassen sich leicht hinund herbewegen. So können Schüler/-innen sich nicht nur jederzeit in alle Richtungen den Präsentationsflächen zuwenden, sondern je nach Arbeitsaufgabe ganz einfach die Tische neu kombinieren und in verschiedenen Gruppen zusammenarbeiten. Sie lernen mal digital, mal analog und wechseln flexibel zwischen Tablet, Laptop oder Zeichenmodus mit digitalem Stift. Die zwei-in-einsGeräte von Microsoft bieten ihnen dabei Komfort und Mobilität. Auch Inklusionsschüler/-innen können die bestens integrierten Lerntools von Microsoft Education nutzen. Dank plastischem Reader, Barrierefreiheitsprüfung und Microsoft Translator werden die Fähigkeiten aller Schüler/innen gefördert.

Digitale Raumlösungen für eine innovative Lernkultur Digitaler Unterricht für alle Schüler/-innen braucht also eine Eins-zu-eins -Ausstattung mit Tablets sowie flexible Möbel und offen gestaltete Lernräume. In dieser durchdachten und motivierenden Lernumgebung ist das Lernklima positiv. Es bietet Freiraum für verschiedene Denkansätze, Kreativität, Kommunikation und sozialen Austausch. Der Klassenraum lässt sich je nach Lernkonzept oder aktuellem Projekt anpassen. Das ermöglicht Lehrer/-innen-zentrierte Unterrichtsphasen ebenso wie selbstbestimmtes Lernen und eigenverantwortliches Arbeiten oder einen schnellen Wechsel von individuellen zu kooperativen Lernformen. Die Lehrkräfte können hinsichtlich Zeiteinteilung, Arbeitsplatz, Lernort und Lernpartner/-in frei planen sowie mit verschiedenen Anforderungsniveaus auf unterschiedliche Leistungsfähigkeiten der Schüler/-innen reagieren. Es gibt viel Raum für praktisches, handlungsorientiertes, digitales, kreatives und bewegtes Lernen.

Foto: BS/Stephanie Stoll

Rundumschutz. Dieser sichert Schüler/-innen vor hohen Reparaturkosten ab, die zum Beispiel durch Flüssigkeit, Sturz- oder Elektronikschäden entstehen können. Je nach Servicevereinbarung gilt dieser Schutz für zwei bis fünf Jahre. Außerdem hat jedes

Gerät eine passende PremiumSchutzhülle, die in verschiedenen Ausführungen erhältlich ist. Im Reparaturfall gibt es keine Selbstbeteiligung. Über das

Online-Serviceportal kann man ganz einfach den Schaden des jeweiligen Gerätes melden. Die GfdB übernimmt die komplette Kommunikation und Abwick-

lung.

Ein smartes Match Wie sieht eigentlich ein zeitgemäßes Klassenzimmer

*Franziska Just arbeitet für die Gesellschaft für digitale Bildung mbH.

Nähere Informationen zum Surface schoolTab-Bundle finden Sie hier: www.gdfb.de/surface.

Fit fürs digitale Zeitalter Wir stehen gerade erst am Anfang (BS/Andrea Schöb*) Die Digitalisierung betrifft uns alle. Sie verändert unser gesamtes gesellschaftliches Leben – wie wir kommunizieren, wie wir uns informieren, wie wir konsumieren, wie wir arbeiten und natürlich auch wie wir lernen und lehren. Schule als ein zentraler Bildungsort unserer Gesellschaft muss auf diese grundlegenden Veränderungen reagieren und auf die digitale Welt vorbereiten. Denn nur wer versteht, wie diese funktioniert, kann sie auch aktiv mitgestalten und sich verantwortungsvoll darin bewegen. So weit, so bekannt. Schon lange wird daher über Bildung in Zeiten der Digitalität und den Einsatz digitaler Medien im Unterricht diskutiert. Allein, es ging nur langsam voran. Einen einheitlichen “Digitalisierungs-Ruck”, der alle Schulen gleichermaßen erfasst hätte, gab es bisher nicht.

Neue Konzepte und Ideen

Eingaben über die Tastatur oder mit dem Stift Notizen machen – das Microsoft Surface passt sich jederzeit den speziellen Lernbedürfnissen der Schüler/-innen an. Foto: BS/Stephanie Stoll

Die Corona-Pandemie hat diese Versäumnisse offengelegt: Als der analoge Präsenzunterricht für alle plötzlich nicht mehr möglich war, brauchte es neue Konzepte und Ideen, um den

Bildungsauftrag auch im Distanz- und Hybridunterricht zu erfüllen. Die waren aber oftmals nicht vorhanden. In Verbindung mit dem plötzlichen Digitalisierungsschub, der die Schulen im Zuge der Pandemie erfasst hat, führte das laut einer im Juni 2021 vorgestellten repräsentativen Studie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft bei vielen Lehrkräften zu zusätzlichem Stress und enormer Mehrbelastung im Arbeitsalltag: Wie funktioniert digitalgestützter Unterricht? Wie müssen sich Lern- und Lehrkultur verändern?

Wie anfangen und mit welchen Materialien arbeiten? Die Liste der Herausforderungen ist lang.

Weitreichende Chancen Doch auch die Chancen, die sich aus dieser Situation ergeben haben, sind weitreichend. Besonders die Schüler/-innen haben durch den digitalgestützen Unterricht die Möglichkeit, neue Kompetenzen zu gewinnen. Selbstständig zu arbeiten und sich selbstständig zu strukturieren, ist für viele eine große Erfahrung. Auch die Fähigkeit zum kollaborativen Zusammenarbeiten in unterschiedlichen

Projekten und Teams zu unterschiedlichen Zeiten und der damit einhergehende erhöhte Bedarf an Kommunikation ist hervorzuheben. Die Corona-Pandemie war ein deutlicher Antreiber für die digitale Transformation der schulischen Bildung, doch auch über die Pandemie hinaus wird der digitalgestütze Unterricht von großer Bedeutung sein und sich stetig weiterentwickeln. Wir stehen gerade erst am Anfang. *Franziska Just arbeitet für die Gesellschaft für digitale Bildung mbH.


Personelles

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Steuern Sie als umsichtige Führungspersönlichkeit unsere Feuerwehr in die Zukunft!

Gestalten Sie als Führungspersönlichkeit die nachhaltige Entwicklung unserer Stadt in maßgeblicher Funktion mit!

Gestalten Sie in verantwortungsvoller Funktion die Weiterentwicklung unseres Jobcenters!

Die Barockstadt Ludwigsburg ist mit ihren rund 93.500 Einwohner*innen Teil der Metropolregion Stuttgart und zentraler Bestandteil einer der wirtschaftsstärksten Regionen Europas.

Die Stadt Bünde ist mit ihren rund 48.000 Einwohner*innen mittlere kreisangehörige Stadt im Kreis Herford. Sie befindet sich in der Region Ostwestfalen und liegt landschaftlich reizvoll am Rande des Wiehengebirges. Die städtebauliche Entwicklung der Stadt Bünde ist für uns von großer Bedeutung: In den nächsten Jahren gilt es, das Klimaschutzkonzept sowie den Verkehrsentwicklungsplan strategisch weiterzuentwickeln, das Integrierte Stadt-Entwicklungskonzept (ISEK) fortzuführen und wichtige Maßnahmen umzusetzen.

Als Amt Pro Arbeit-Jobcenter des Kreises Minden-Lübbecke sind wir für die gesamte Breite der Leistungsgewährung und der aktivierenden Beschäftigungsförderung aller Arbeitslosengeld-IIBezieher*innen (w/m/d) zuständig. Unser Ziel ist es, in Kooperation mit Firmen, weiteren Akteur*innen (w/m/d) des regionalen Arbeitsund Ausbildungsmarktes sowie Kommunen individuelle Beschäftigungsmöglichkeiten zu beschaffen. Unser Jobcenter gliedert sich in die drei Abteilungen Controlling, Abrechnung/Internes, Vermittlung und Leistung. Alle Leistungen des SGB II werden von den sechs Regionalteams in den Standorten Bad Oeynhausen, Espelkamp, Lübbecke, Minden, Petershagen und Porta Westfalica aus einer Hand erbracht.

Unsere leistungsstarke Feuerwehr besteht aus einer hauptamtlichen Abteilung mit 45 Kräften und acht freiwilligen Abteilungen mit aktuell ca. 250 aktiven Mitgliedern, einer Altersabteilung und der Jugendfeuerwehr. Haupt- und ehrenamtliche Kräfte übernehmen seit vielen Jahren gemeinsam und verlässlich eine Reihe wichtiger Aufgaben für unsere Stadt – mit hoher Professionalität und großem Engagement an 365 Tagen im Jahr. Wir suchen zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine gleichermaßen umsichtige wie kommunikationsstarke und führungserfahrene Persönlichkeit als

Fachbereichsleitung Feuerwehr und Bevölkerungsschutz (w/m/d) Mit dieser Stelle ist die Funktion als Kommandant*in der Feuerwehr verbunden. Die Eingruppierung erfolgt je nach Vorliegen der laufbahnrechtlichen Voraussetzungen bis A 14 LBesGBW. Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Maren Kammerer, Gianna Forcella oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen.

Wir suchen zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine führungs- und facherfahrene Persönlichkeit, die als

Technische Beigeordnete * Technischer Beigeordneter (w/m/d)

Sie sind motiviert, sich aktiv in die Entwicklung unseres Jobcenters einzubringen? Unterstützen Sie uns zum nächstmöglichen Zeitpunkt als

die Gestaltung unserer Stadt maßgeblich vorantreibt und die richtigen zukunftsorientierten Impulse setzt. Die Wahlzeit beträgt acht Jahre. Die Besoldung erfolgt nach Besoldungsgruppe B 2 LBesG NRW zuzüglich Aufwandsentschädigung. Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Dr. André Lerche, Johanna Emde und Waishna Jeyadevan zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

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Fachbereichsleitung Planung und Bau (w/m/d) Die Stelle ist organisatorisch direkt dem Ersten Stadtrat zugeordnet. Die Vergütung erfolgt nach Entgeltgruppe E15 TVöD oder Besoldungsgruppe A 15 HBesG. Es erwartet Sie, neben engagierten und freundlichen Mitarbeiter*innen, ein reges kulturelles Leben mit abwechslungsreichem Naturraum umgeben von moderner Infrastruktur.

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Stellvertretende Leitung (w/m/d) des Amtes Pro Arbeit-Jobcenter

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Kultur leben, Menschen bewegen – Ihre Visionen für Stroetmanns Fabrik! In der jungen, aufstrebenden Stadt Emsdetten mit ihren rund 36.000 Einwohner*innen wird der Kultur ein hoher Stellenwert zugeschrieben. In einem ehemaligen Textilfabrikgebäude angesiedelt ist Stroetmanns Fabrik hier der zentrale Treffpunkt für alle Bürger*innen und stellt ein Forum des sozialen und kulturellen Lebens in Emsdetten und der Region dar. Neben einem umfassenden Veranstaltungs-, Kultur- und Kursprogramm steht Stroetmanns Fabrik auch für soziokulturelle Kooperationen und Integrationskonzepte. Dank dieses offenen Konzeptes und hochqualitativer, teils staatlich geförderter Veranstaltungen und Projekte ist Stroetmanns Fabrik weit über die Stadtgrenzen Emsdettens bekannt und beliebt. Zur Fortschreibung unseres Erfolges suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine kreative und engagierte Persönlichkeit als

Geschäftsführung „Stroetmanns Fabrik“ (w/m/d)

Werden Sie das Gesicht unserer digitalen Transformation! Neben einem großen Verhandlungsspielraum bieten wir Ihnen die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten, Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, ein dynamisches Team sowie eine sinnstiftende Tätigkeit mit sichtbaren Erfolgen.

in Trägerschaft des Vereins Soziokulturelles Zentrum Emsdetten e.V.

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Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Désirée Verhaert, Raza Hoxhaj oder Julia Schwick zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Maren Kammerer, Gianna Forcella oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen.

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Personelles

Behörden Spiegel / Februar 2022

Positionieren Sie sich als Brücke zwischen Stadtverwaltung und Wirtschaft!

Die Stadt Herne sucht zum 01.07.2022 eine neue

Steuern Sie anspruchsvolle Bauprojekte der Stadt Bielefeld!

Die Große Kreisstadt Backnang ist mit ihren 38.000 Einwohner*innen ein pulsierendes Mittelzentrum in der Metropolregion Stuttgart. Sie ist ein attraktiver Ort zum Leben und Arbeiten – modern, offen, traditionsbewusst.

Leitung des Fachbereichs Tiefbau und Verkehr (w/m/d) Die Stelle ist mit einer Nebentätigkeit der technischen Geschäftsführung der SEH GmbH und Co. KG bzw. technische Vorständin/ technischer Vorstand der SEH AöR in Personalunion verknüpft. Mit rund 160.000 Einwohner*innen im Zentrum des Ruhrgebietes zählt Herne zu den Großstätten des Reviers und verfügt, neben einer verkehrsgünstigen Lage über ein vielfältiges Freizeit- und Kulturangebot bis hin zu Industriekultur und beeindruckender Architektur. Die Stadt Herne bietet unter anderem flexible Arbeitszeiten und die dauerhafte Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Neben einer hohen Arbeitsplatzgarantie, die die Planbarkeit der beruflichen Zukunft sichert, bestehen zahlreiche Möglichkeiten der Personalentwicklung. Begleitend werden Mitarbeitende mit einem aktiven Gesundheitsmanagement sowie bei der Nutzung nachhaltiger Mobilität unterstützt. Werden auch Sie Teil des Teams und prägen zusammen mit rund 3.000 Mitarbeitenden die Zukunft der Stadt Herne. Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Gianna Forcella, Maren Kammerer oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfmKarriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Mit ihrer herausragenden Infrastruktur bedient die Stadt Backnang die unterschiedlichsten Anforderungen verschiedener Investoren sowie Unternehmen und stellt so einen attraktiven Wirtschaftsstandort dar. Der Förderung und Entfaltung dieses Potentials wird in der Stadt Backnang ein hoher Stellenwert eingeräumt. Die Stabsstelle Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing ist dabei der zentrale Ansprechpartner und fördert maßgeblich die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der Murr-Metropole. Zur Fortschreibung unseres Erfolges suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine engagierte und kommunikationsstarke Persönlichkeit als

Leitung Stabsstelle Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing (w/m/d) In dieser attraktiven Position berichten Sie direkt an den Oberbürgermeister. Die Vergütung erfolgt nach A 13 bzw. EG 13 TVöD. Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Maren Kammerer, Gianna Forcella oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen.

Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de

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Gestalten Sie Zukunft – Übernehmen Sie Verantwortung für eine erfolgreiche Jugendarbeit in unserer Stadt!

Sie gehört zu den zehn Oberzentren in Hessen und bietet als Hochschulstadt und wichtiges Kultur- und Sportzentrum eine hohe Lebensqualität. Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine empathische und souveräne Führungspersönlichkeit als

Amtsleitung Jugendamt (w/m/d) Ihre hoch ausgeprägten Gestaltungsfähigkeiten und Ihr analytisches Denkvermögen nutzen Sie dazu, das Jugendamt der Stadt Wetzlar durch innovative Konzepte zukunftsorientiert weiterzuentwickeln.

Technische Betriebsleitung (w/m/d) des Immobilienservicebetriebes Die Stelle ist nach Besoldungsgruppe A 16 LBesG NRW besoldet. Tariflich Beschäftigte erhalten eine entsprechende außertarifliche Vergütung. Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Theresa Meister, Désirée Verhaert oder Julia Schwick zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfmKarriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen.

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Mit Ihrer Zahlenaffinität gehen Sie verantwortungsvoll mit unseren Finanzen um!

Als Amt Pro Arbeit-Jobcenter des Kreises Minden-Lübbecke sind wir für die gesamte Breite der Leistungsgewährung und der aktivierenden Beschäftigungsförderung aller Arbeitslosengeld-II-Bezieher*innen (w/m/d) zuständig. Unser Ziel ist es, in Kooperation mit Firmen, weiteren Akteur*innen (w/m/d) des regionalen Arbeits- und Ausbildungsmarktes sowie Kommunen individuelle Beschäftigungsmöglichkeiten zu beschaffen. Unser Jobcenter gliedert sich in die drei Abteilungen Controlling, Abrechnung/Internes, Vermittlung und Leistung. Alle Leistungen des SGB II werden von den sechs Regionalteams in den Standorten Bad Oeynhausen, Espelkamp, Lübbecke, Minden, Petershagen und Porta Westfalica aus einer Hand erbracht. Sie sind motiviert, die Zukunft unseres Jobcenters zu gestalten? Unterstützen Sie uns zum nächstmöglichen Zeitpunkt als

Die Stelle ist nach EG 15 TVöD bewertet. Die Leitungsfunktion wird gem. § 31 TVöD zunächst für zwei Jahre auf Probe übertragen.

Im Zuge einer Nachfolgeregelung suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine wegweisende und engagierte Führungspersönlichkeit als

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Setzen Sie als Führungskraft mit Ihrer Expertise weitreichende Impulse für die Zukunft unseres Jobcenters!

Die Stadt Wetzlar mit ihren rund 54.000 Einwohner*innen liegt als Kreisstadt des Lahn-Dill-Kreises im mittelhessischen Ballungsgebiet.

Die eigenbetriebsähnliche Einrichtung des Immobilienservicebetriebes (ISB) der Stadt Bielefeld bewirtschaftet mit ihren 800 Mitarbeitenden ein breitgefächertes Immobilienvermögen von rund 1.100 Gebäuden und 4.200 Hektar. Gemeinsam mit der Ersten Betriebsleitung sind die Kaufmännische und Technische Betriebsleitung für die ordnungsgemäße und wirtschaftliche Betriebsführung sowie die Weiterentwicklung des ISB verantwortlich. Zentrale Aufgabe des ISB für die kommenden Jahre wird die Realisierung eines umfangreichen Bauprogrammes sein. Bis 2030 sind Neubau-, Erweiterungs- und Sanierungsprojekte mit einem Bauvolumen von mehr als 900 Millionen Euro vorgesehen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

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Leitung (w/m/d) des Amtes Pro Arbeit-Jobcenter

Die Gemeinde Steinen liegt im schönen Wiesental des Südschwarzwaldes und ist Heimat von rund 10.000 Einwohner*innen. Sie ist verkehrsgünstig inmitten des Landkreises Lörrach im Dreiländereck gelegen und besitzt einen direkten Anschluss an die trinationale Regio-S-Bahn Basel. Aufgrund ihrer idyllischen Landschaft, der Vielzahl an gut ausgebauten Wander- und Radwegen sowie des umfassenden Angebotes an Schulen und Kindertagesstätten, stellt die Gemeinde Steinen einen attraktiven und familienfreundlichen Standort für jung und alt dar. Unterstützen Sie uns zum nächstmöglichen Zeitpunkt als

Kämmerin*Kämmerer (w/m/d) In dieser Funktion sind Sie gleichzeitig die Leitung des Rechnungsamtes. Das Rechnungsamt setzt sich aus den vier Sachgebieten Finanzmanagement, Haushalt und Controlling, Abgaben und Grundstücksmanagement sowie Kasse und Forderungsmanagement zusammen.

Die Besoldung/Vergütung dieser attraktiven Stelle erfolgt nach Besoldungsgruppe A 16 LBesG NRW bzw. EG 15Ü TVöD-V.

Diese herausgehobene Stelle wird entsprechend der persönlichen und fachlichen Qualifikation bis Besoldungsgruppe A 13 bzw. Entgeltgruppe 12 TVöD vergütet.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Details zu dieser Position finden Sie in Kürze auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Dr. André Lerche, Waishna Jeyadevan und Barbara Morschhaeuser zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Johanna Emde, Barbara Morschhaeuser und Waishna Jeyadevan zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Dr. André Lerche, Johanna Emde und Waishna Jeyadevan zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn. de zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

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Personelles

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Gestalten Sie mit Ihrer Expertise in einer wichtigen Querschnittsfunktion die Zukunft unseres Landkreises! Der Landkreis Gifhorn ist mit ca. 900 Mitarbeitenden ein großer und serviceorientierter Arbeitgeber. Er bietet vielfältige Einsatz- und Entwicklungschancen in einer modernen Verwaltung. Zudem nimmt er vielseitige und anspruchsvolle Aufgaben u. a. in den Bereichen Jugend und Soziales, Bauen und Umwelt, Öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie Gesundheit und Bildung wahr, um das Zusammenleben von rund 179.000 Einwohnerinnen und Einwohnern zu gestalten. Der Fachbereich Zentrale Dienste im Vorstandsbereich I beschäftigt sich mit wichtigen Querschnittsaufgaben rund um die Themen Personal und Digitalisierung. Dabei teilt sich der Fachbereich in die drei Abteilungen „Personal und Organisation“, „EDV“ und „Innerer Dienstbetrieb“ sowie den Bereich Rechtsangelegenheiten auf. Unterstützen Sie uns zum nächstmöglichen Zeitpunkt als

Fachbereichsleitung Zentrale Dienste (w/m/d)

Entwickeln Sie mit Gestaltungsmotivation und Umsicht das Wohnzimmer der Region!

Steuern Sie eigenverantwortlich ein wichtiges Großbauprojekt für unsere Region!

Die Stadt Wolfenbüttel kümmert sich als kommunaler Dienstleister um die öffentlichen Angelegenheiten im gesamten Stadtgebiet. 1.000 Beschäftigte bearbeiten Tag für Tag einen bunten Strauß an Themen für die rund 53.300 Bürgerinnen und Bürger Wolfenbüttels. Wir verstehen uns als historisch gewachsene und gleichermaßen weltoffene, freundliche und vielfältige Kreisstadt – als Wohnzimmer der Region.

Der Zweckverband RBB Restmüllheizkraftwerk Böblingen (RBB) betreibt seit 1999 das Restmüllheizkraftwerk in Böblingen. Die Hightech-Anlage ermöglicht eine kostengünstige Restmüllverwertung, langfristige Entsorgungssicherheit und eine dauerhafte, umweltfreundliche Energienutzung. Als ein weiterer Baustein soll auf dem Werksgelände eine Klärschlammverwertungsanlage zur Erzeugung klimafreundlicher Energie und zur Vorbereitung des Recyclings des essentiellen Rohstoffs Phosphor geplant und errrichtet werden. Daneben werden auch Projekt-Gedanken zur Wasserstofferzeugung und CO²-Abscheidung verfolgt, die auch im Zusammenhang mit der Klärschlammverwertungsanlage umgesetzt werden könnten. Bauherr ist die RBB Vermögensgesellschaft mbH & Co. KG.

Als eine der investitionsstärksten Gemeinden Niedersachsens möchten wir Zukunft gestalten – hierzu suchen wir eine motivierte und zuverlässige Führungskraft. Übernehmen Sie zum nächstmöglichen Zeitpunkt als

Stadtbaurätin * Stadtbaurat (w/m/d) die Verantwortung für das Dezernat „Stadtentwicklung und Bauen“. Die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit erfolgt für die Dauer von acht Jahren. Eine anschließende Wiederwahl ist möglich.

Diese attraktive Stelle ist nach A 15 NBesG bzw. Entgeltgruppe 14 TVöD bewertet. Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Johanna Emde, Dr. André Lerche und Waishna Jeyadevan zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de

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Wir bieten Ihnen eine Bezahlung nach Besoldungsgruppe B 3 NBesG sowie eine Dienstaufwandsentschädigung nach der NKBesVO. Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Raza Hoxhaj, Theresa Meister oder Julia Schwick zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfmKarriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Maren Kammerer und Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

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Sie haben Lust, Zukunft zu gestalten? Verwirklichen Sie ein ganzheitliches Personalmanagement bei der FH Aachen!

Die Kupferstadt Stolberg mit ihren 56.000 Einwohner*innen ist die zweitgrößte Kommune der Städteregion Aachen. Die im Dreiländereck von Deutschland, Belgien und den Niederlanden gelegene Stadt zeichnet sich durch ihre günstige Verkehrslage, die Nähe zu der Großstadt Aachen sowie einer sehr guten Bahnverbindung nach Aachen und in den Ballungsraum Köln/Bonn aus.

Bei uns steht Bildung im Vordergrund - mit über 14.500 Studierenden gehört die FH Aachen zu den größten Fachhochschulen in Deutschland.

Das Bauordnungsamt bildet gemeinsam mit dem Amt für Stadtentwicklung und Umwelt, dem Amt für Immobilienmanagement und technische Infrastruktur und dem technischen Betriebsamt das Dezernat Infrastruktur und Stadtentwicklung. Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine verantwortungsvolle und fachlich überzeugende Führungspersönlichkeit als

Leitung des Bauordnungsamtes einschließlich der Untere Denkmalbehörde (w/m/d) Die attraktive Stelle ist nach Entgeltgruppe 14 TVöD bzw. A 14 LBesG NRW bewertet. Details zu dieser Position finden Sie in Kürze auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Raza Hoxhaj, Désirée Verhaert und Julia Schwick zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfmKarriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Wir suchen im Rahmen des Projekts Klärschlammverwertung Böblingen (kbb) für den Bau unserer Klärschlammverwertungsanlage eine engagierte und kommunikationsstarke Persönlichkeit als

Projektleitung/-steuerung (w/m/d) Planung und Bau Klärschlammverwertungsanlage

Mit Ihnen als umsetzungsstarke Führungspersönlichkeit bringen wir die Stadt Stolberg voran!

Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de

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Entwerfen Sie die Zukunft der Goldstadt! Die Goldstadt Pforzheim, mit ihren 125.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, ist aufgrund ihrer Schmuck- und Uhrentradition auch als „die Schmuckmetropole“ bekannt.

Das Personaldezernat koordiniert alle HR-Prozesse für die rund 1.200 Beschäftigten in Lehre, Forschung und Verwaltung – es erwartet Sie somit ein breitgefächertes Aufgabengebiet: Von der Personalplanung über Personalsuche und -auswahl sowie Personalentwicklung bis hin zu Personalbetreuung und -controlling entwerfen Sie ein ganzheitliches und zukunftsfähiges Personalmanagement. Dabei verstehen Sie sich als professionelle*r Partner*in in allen Fragen der Personalarbeit. Im Zuge einer Nachfolgeregelung suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine gestaltungsstarke Führungspersönlichkeit als

Leitung des Personaldezernats (w/m/d) Diese attraktive Stelle wird nach A 15 LBesG NRW bzw. Entgeltgruppe 15 TV-L vergütet. Perspektivisch ist nach einer entsprechenden Einarbeitungszeit die zusätzliche Übernahme der Funktion der Vertretung des Kanzlers möglich. Details zu dieser Position finden Sie in Kürze auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Theresa Meister, Raza Hoxhaj oder Julia Schwick zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen.

Sie gilt als einer der attraktivsten Standorte des Landes Baden-Württemberg. Mit ihren etwa 3.000 Beschäftigten ist die Stadt Pforzheim eine der größten Arbeitgeberinnen der Region. Mit einem breiten fachlichen Spektrum koordiniert das Planungsamt vielfältige und komplexe Projekte der Stadtentwicklung. Zu den Aufgaben des Amtes gehört dabei auch ein umfangreiches städtebauliches Beratungsangebot für private Bauherrinnen und Bauherren, Architektinnen und Architekten sowie Investorinnen und Investoren. Auf der Basis verschiedener strategisch-planerischer Grundlagen gilt es, die Zukunft der Stadt zu entwerfen und zu entwickeln. Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine innovations- und teamorientierte Führungspersönlichkeit als

Leitung des Planungsamtes (w/m/d) Die Vergütung für diese attraktive Position erfolgt nach A16 LBesG BW. Tarifbeschäftigte werden entsprechend vergütet. Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Désirée Verhaert, Raza Hoxhaj oder Julia Schwick zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

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Behörden Spiegel / Februar 2022

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Kommunaler Haushalt

Behörden Spiegel / Februar 2022

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Kommunale Entschuldung in greifbarer Nähe

Studie zur kommunalen Förderlandschaft

Rheinland-Pfalz legt Entwurf zur Verfassungsänderung vor

Acht-Punkte-Plan für erfolgreiche Förderprogramme

(BS/lkm) Die rheinland-pfälzischen Landtagsfraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und der Freien (BS/lkm) Das Beratungsunternehmen PD – Berater der öffentlichen Hand GmbH hat in Kooperation mit dem Wähler wollen zur Landtagssitzung Mitte Februar gemeinsam einen Gesetzesentwurf zu einer Verfassungsände- Deutschen Städtetag eine Analyse zur kommunalen Förderlandschaft veröffentlicht. In der Studie wird ein rung zur Entlastung der Kommunen beim Schuldenabbau einbringen. Die Kommunen reagierten äußert positiv auf Acht-Punkte-Plan für eine Ausgestaltung von bedarfsgerechten Förderprogrammen vorgestellt. den fraktionsübergreifenden Entwurf, erwarten aber an der Erarbeitung des Gesetzesentwurfs beteiligt zu werden. Hintergrund ist, dass das Land die Hälfte der Liquiditätskredite der Kommunen übernehmen will. Um die nötige Rechtssicherheit für die Kommunen herzustellen, sei eine Anpassung des Artikels 117 der Landesverfassung nötig. “Seit Langem fordern die Kommunen in Rheinland-Pfalz eine dauerhafte Entschuldung. Die nunmehr angekündigte Verfassungsänderung ist ein wichtiger Schritt, damit die geplante Entlastung der rheinland-pfälzischen Kommunen von ihren Altschulden auch tatsächlich umgesetzt werden kann”, begrüßten die Vorsitzenden des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz (GStB), Bürgermeister Ralph Spiegler, Bürgermeister Aloysius Söhngen und Bürgermeister Steffen Antweiler, den fraktionsübergreifenden Entwurf. Mit der Entscheidung des Landes sollen die Kommunen dauerhaft entschuldet werden. Das Land will jenseits eines Sockelbetrages die Hälfte der kommunalen Liquiditätskredite, voraussichtlich bis zu drei Milliarden Euro, übernehmen. Sollte es auf Bundesebene ebenfalls zu einer Einigung über die Übernahme von Liquiditätskrediten kommen, werde diese vollständig den Kommunen zugutekommen. Mit der vorgeschlagenen Verfassungsänderung werde rechtssicher ermöglicht, dass das Land – oder juristische Personen, an denen es maßgeblich beteiligt ist – Liquiditätskredite der Kommunen übernehmen könne. Der neue Absatz diene der Klarstel-

lung, dass die Übernahme von kommunalen Liquiditätskrediten – anders als die Aufnahme eigener Kredite – nicht mit Einnahmen verbunden sei. Die Regelungen zum strukturellen Haushaltsausgleich blieben erhalten. In den laufenden Haushalten seien Zins- und Tilgungszahlungen zu berücksichtigen. Übernommen werden können Liquiditätskredite, die bis zum Stichtag 31. Dezember 2020 entstanden sind. Es reiche, dass die Schuld vor dem Stichtag entstanden sei. Die Schuldenübernahme könne sich auch auf nach dem Stichtag erfolgte Verlängerungen eines Liquiditätskredites beziehen, der vor dem Stichtag aufgenommen worden sei.

Konkretisierung mit den Kommunen Die konkrete Ausgestaltung der Übernahme soll nach einer Verfassungsänderung ein Umsetzungsgesetz regeln. Dies betreffe insbesondere die Ermittlung der betroffenen Kreditbestände, die Festlegung eines nicht zu übernehmenden Sockelbetrages, die Höhe des Anteils der Schuldenübernahme, die Anrechnung von Vermögenswerten und die Abbildung im Haushalt. Zugleich sollen Vorkehrungen zum Kommunalfinanzrecht getroffen werden, die ein erneutes Aufwachsen des Kreditbestandes verhindern sollen. “Wir erwarten, dass der GStB an der Erarbeitung des Gesetzesentwurfs maßgeblich beteiligt wird”, betonten die Kommunalvertreter. Es komme insbesondere auch

darauf an, dass die Ebene der Verbandsgemeinden berücksichtigt werde. “Nur wenn die Einheitskasse bei der Verbandsgemeinde wie die Liquiditätskredite im nicht-öffentlichen Bereich berücksichtigt wird, kann die tatsächliche Schuldensituation der Ortsgemeinden erfasst werden. Denn zahlreiche der 2.261 Ortsgemeinden nehmen einen Liquiditätskredit nicht gegenüber Banken auf, vielmehr bestehen die Schulden gegenüber der bei der Verbandsgemeinde für alle Ortsgemeinden geführten Einheitskasse.”, so die Vorsitzenden weiter. Rheinland-Pfalz habe nun ein wichtiges Signal gesetzt. Jetzt sei auch die Koalition in Berlin am Zug, ihre Beteiligung – wie im Koalitionsvertrag thematisiert – bei der Entschuldung einzubringen.

Auch Ursache der Verschuldung beseitigen Die Kommunalvertreter betonten, dass neben der Entschuldung auch die Ursache der Verschuldung angegangen werden müsse: “Für die Zukunft muss die Unterfinanzierung der Kommunen beendet und ihre Investitionsfähigkeit nachhaltig gestärkt werden. Ansonsten laufen wir Gefahr, schon bald wieder vor einem riesigen Schuldenberg zu stehen. Durch die aktuelle Reform des kommunalen Finanzausgleichs müssen alle Kommunen dauerhaft in die Lage versetzt werden, pflichtige und freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben zu erledigen, ohne dafür immer wieder Kredite aufnehmen zu müssen.”

In Deutschland gibt es für Kommunen eine Vielzahl unterschiedlicher Förderprogramme von verschiedenen Förderstellen. Oftmals rufen Kommunen diese dringend benötigten Fördermittel jedoch nicht ab. Gründe hierfür sind der Studie zufolge unter anderem fehlende Erfahrung in der Fördermittelbeantragung und mangelnde personelle Ressourcen. Von den 2.600 Förderprogrammen in der Förderdatenbank des Bundes sind knapp 900 für Kommunen bestimmt, darunter Programme der Bundesländer, des Bundes und der EU sowie sonstiger Förderstellen und Projektträger. Die Analyse der kommunalen Förderlandschaft mache deutlich, dass insbesondere strukturschwache Kommunen dringend benötigte Fördermittel oftmals nicht abriefen. Fast 60 Prozent der befragten Stellen gaben demnach an, bereits auf eine Beantragung von verfügbaren Fördermitteln verzichtet zu haben. Als Gründe werden vor allem der Mangel an Personal, die fehlende Erfahrung mit Fördermitteln und die zu große Auswahl an Förderprogrammen genannt. Komplizierte Antragsverfahren, zu kurze Programmlaufzeiten, ein zu hoher Eigenanteil und eine zeitintensive Umsetzung wurden als weitere Hemmnisse für eine Inanspruchnahme der Fördermittel angeführt. Für die Studie wurden 346 – Förderungen annehmende oder ausgebende – Vertreter und Vertreterinnen entsprechender Stellen befragt, 34 Führungskräfte

und Mitarbeitende von kommunalen Verwaltungen sowie weitere Förderexpertinnen und -experten interviewt. Auf Basis der Ergebnisse der Befragung haben die Autoren der Studie einen Acht-Punkte-Plan für erfolgreiche Förderprogramme abgeleitet: 1. Es gibt eine einheitliche Fördersprache. 2. Das Förderprogramm entspricht dem Bedarf und den Umsetzungsmöglichkeiten der Fördernehmenden. 3. Das Programm ist in der Förderlandschaft eindeutig verortet. 4. Informationen sind über eine zentrale Plattform verfügbar. 5. Jedes Programm verfügt über eine Lotsenfunktion. 6. Das Förderprogramm ist ergebnisorientiert und bietet Handlungsspielraum für verschiedene Umsetzungsvarianten. 7. Die Antrags- und Nachweispflichten entsprechen dem Grundsatz “So viel wie nötig und so wenig wie möglich”. 8. Die Höhe des Eigenanteils ist für den Fördernehmenden transparent. “Wir sind zuversichtlich, dass wir mit der Studie dazu beitragen können, die Wirkung von Förderprogrammen in den Kommunen zu verbessern”, erklärt Stéphane Beemelmans, Geschäftsführer der PD.

Kommunen erwarten einfachere Verfahren Für Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, kommt diese Untersuchung zum richtigen Zeitpunkt: “Der Koalitionsvertrag

der Ampel macht deutlich, dass die Kommunen in den nächsten Jahren massiv in Klimaschutz und Digitalisierung investieren müssen. Dafür brauchen sie jede Menge Geld. Gute Förderprogramme können dabei helfen. Dafür müssen wir Förderprogramme stärker bündeln, Förderinformationen verbessern und flexiblere Regelungen für die Umsetzung zulassen. Unsere gemeinsame Studie gibt hierfür wichtige Impulse.” Da vor allem finanzschwache und kleine Kommunen oft vor großen Hindernissen bei der Inanspruchnahme von Förderprogrammen stehen, sieht der Deutsche Städte- und Gemeindebund in sogenannten Investitions- bzw. Infrastrukturpauschalen eine Alternative. Sie könnten auch einen Beitrag zur Erreichung gleichwertiger Lebensverhältnisse leisten, da bislang vor allem leistungsstarke Kommunen an den Förderprogrammen partizipierten. Positiv bewerten die Kommunen daher das Vorhaben der Koalition, bei finanzschwachen Kommunen die Eigenanteile zu reduzieren oder durch andere Leistungen zu ersetzen. Insgesamt erwarten die Kommunen von der neuen Bundesregierung eine stärkere ressortübergreifende Zusammenarbeit und Bündelung der Programme auf Bundesebene, einheitliche und einfachere Antragsverfahren sowie gute Beratungsangebote für die Kommunen. Die Studie zur kommunalen Förderlandschaft steht auf der PDWebseite zum Download bereit: https://www.pd-g.de/.

“Sozialindex für Hessen”

Soziale Infrastrukturen und Leistungen von Dr. Ulrich Keilmann Die soziale Lage hat Auswirkungen auf die Kommunalfinanzen vor Ort. Bislang war es nicht gelungen, den Einfluss der Sozialstruktur auf die kommunalen Finanzbedarfe valide zu bestimmen. Zur Aufarbeitung und Analyse der Sozialausgaben haben wir mit wissenschaftlicher Unterstützung des Kompetenzzentrums für öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e.V. den “Sozialindex” für die hessischen Landkreise und kreisfreien Städte erarbeitet. Der Sozialindex bietet eine bisher einmalige Form der Zusammenfassung sozialer Problemlagen. Zu seiner Herleitung wurden die fiskalisch bedeutsamsten Teile der kommunalen Sozialausgaben einbezogen: • SGB II mit den Kosten der Unterkunft (KDU), • SGB VIII mit der stationären Jugendhilfe, • SGB XII mit der Hilfe zum Lebensunterhalt, der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen und der Hilfe zur Pflege.

Dr. Ulrich Keilmann leitet die Abteilung Überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften beim Hessischen Rechnungshof in Darmstadt. Foto: BS/privat

Durch die Verwendung der Daten der amtlichen Statistik ist der Sozialindex neutral sowie frei von subjektiven Bewertungen und Einschätzungen. Verwendet wurden die Daten des Vorkrisenjahres 2019. Das Ergebnis der Regressionsanalyse ist bemerkenswert. Grundsätzlich können rund 90 Prozent der Unterschiede in den tatsächlichen ProKopf-Sozialausgaben (netto) zwischen den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten in Hessen durch die jeweiligen Ausprägungen des Hessischen Sozialindex erklärt werden. Je Zehntelpunkt des Sozialindex Hessen (etwa von 1,5 auf 1,6) steigen die zu erwartenden Netto-Sozialausgaben um ca. 22

Quelle: BS/eigene Erhebungen, Rechnungshof Hessen; Stand: April 2021

Euro je Einwohner. Dennoch sind bei der Dateninterpretation methodische Grenzen zu beachten (wie etwa die geringe Anzahl von Datenpunkten: Berücksichtigt wurden die 21 Landkreise und fünf kreisfreien Städte Hessens). Bisher konnte die (mietgewichtete) Quote der Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II gut als Index der sozialen Problemlagen interpretiert und genutzt werden. Da der Bund seit 2020 einen dauerhaft erhöhten Anteil an den KDU-Leistungen des SGB II übernimmt, schrumpft das Gewicht der Grundsicherung für Arbeitssuchende an den kommunalen Sozialausgaben. Perspektivisch drängt sich demzufolge ein zusammengesetzter Index wie unser Sozialindex für Hessen nahezu auf. Lesen Sie mehr zum Thema “Sozialindex” im Großstädtebericht, Hessischer Landtag, Drucksache 20/6483 vom 19. November 2021, S. 12 ff. Eine ausführliche wissenschaftliche Herleitung mit detaillierter Methodik und Darstellung der Limitationen findet sich unter S. 182 ff. Der vollständige Bericht ist kostenfrei unter rechnungshof. hessen.de abrufbar.

Wir fördern nachhaltig und regional: Infrastruktur für Stadt und Land Fachkongress für die Öffentliche Hand Weimar | 23. & 24. März

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„Wir lernen jetzt für die digitale Zukunft. Und das soll Schule machen.“ Fördern, was NRW bewegt. Manfred vom Sondern, Chief Digital Officer von Gelsenkirchen, macht seine Heimatstadt zur digitalen Vorzeigekommune. Dazu gehören modern ausgestattete Schulen und Klassenzimmer mit interaktiven Whiteboards. Ermöglicht durch: die NRW.BANK – Förderbank für Nordrhein-Westfalen. Die ganze Geschichte unter: nrwbank.de/gelsenkirchen

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Kommunale Infrastruktur

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Behörden Spiegel / Februar 2022

Vier Fragen – vier Antworten Interview mit Marianne Krohnen, Bürgermeisterin der Gemeinde Geiselbach Foto: BS/Krohnen

Über 37 Jahre im Amt

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ehörden Spiegel: Wie kam es dazu, dass Sie 1984 überhaupt angetreten sind, und wie hat sich die Kommunalpolitik in den 37 Jahren, in denen Sie schon dabei sind verändert?

Krohnen: Im Mai sind es seit Amtsantritt sogar schon 38 Jahre. In der heutigen Zeit würde man vielleicht sagen, es gibt interessantere Berufe als den des Bürgermeisters. Damals war es bei uns in der Gemeinde Geiselbach schon so, dass sich keine Kandidaten zur Wahl zur Verfügung gestellt haben. Für diese Situation hat man dann versucht, Lösungen zu finden. Mein Mann ist Verwaltungsfachmann. Ihn konnte man aber nicht gewinnen, weil er aus seiner Verwaltung nicht freigekommen ist. Jedoch komme auch ich aus der Verwaltung. Insofern gab es dann die Idee, dass die Frau des eigentlichen Kandidaten doch auch geeignet wäre, dieses Amt zu erfüllen. Über diese Zeit sind natürlich auch Veränderungen festzustellen, dabei handelt es sich aber um eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung. War es damals noch mehr als ungewöhnlich, dass Frauen ein Bürgermeisteramt anstreben, so ist das in der heutigen Zeit ein ganz normaler Vorgang. Es entgeht meiner Aufmerksamkeit nicht, wie unterschiedlich heutzutage einzelne Gruppierungen unterwegs sind. Wir erleben in Geiselbach tagtäglich, dass Eingaben an uns gemacht werden, die mit der kommunalen Arbeit wenig oder nichts zu tun haben. In Ausnahmefällen kommt es vor, dass jemand einfach die gesetzlichen Strukturen und Vorgaben einer Gemeinde, die es in einem Rechtsstaat wie unserem gibt, nicht anerkennen will. Da erleben wir permanente Widersprüche. Deswegen ist es mir heute wichtig, dass wir in der Kommune neben unseren Pflichtaufgaben, die wir zu erfüllen haben, ein Zeichen für Demokratie setzen. Persönlich habe ich seit der ersten Kandidatur

Behörden Spiegel: Eine der größten Veränderungen der letzten Jahrzehnte innerhalb der Verwaltungen ist die Digitalisierung. Wie gehen Sie in der kleinen Gemeinde mit diesem Riesen-Thema um?

Krohnen: Angefangen hat es ja mit einer Schreibmaschine, dann mit der elektrischen Schreibmaschine, mit diesen ganz einfachen Dingen. Heutzutage geht es um das Onlinezugangsgesetz (OZG). Schon ein halbes Jahr nach dessen Verkündigung haben wir ein BürgerService-Portal eingerichtet. Heute können darüber bereits 30 Dienstleistungen online abgerufen werden. Das ist natürlich in erster Linie unseren guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung geschuldet, die immer neugierig waren auf neue Dinge und sich mit diesen auch sofort auseinandergesetzt haben. Natürlich müssen wir für die Nutzung des Angebots werben, denn Dienstleistungen online beanspruchen zu können, ist gerade in Corona-Zeiten sehr wichtig. Es spart darüber hinaus Zeit und Verwaltungswege. Diesen Veränderungen, die unabdingbar sind, muss man sich stets aufs Neue stellen. Trotzdem sehne ich die Zeit herbei, in der wieder mehr Personenverkehr in den Rathäusern stattfinden kann. Präsenz ist sehr wichtig für die Menschen. Nur im direkten Bürgerkontakt spürt man ihre Sorgen und Nöte. Deshalb ist auch der persönliche Austausch bedeutsam.

weitere Aufwärtsentwicklung von Tamm.” Bürgermeister Martin Bernhard freut sich über die Anerkennung der Entwicklung von Tamm in den letzten Jahrzehnten, die auf der Arbeit und dem Engagement der Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sowie Bürgerinnen und Bürger fuße. Wenn eine Gemeinde nach Einwohnerzahl, Siedlungsform und ihren kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnissen “städtisches Gepräge” trägt, kann sie laut Gemeindeordnung einen Antrag auf die Bezeichnung Stadt stellen. Mit mehr als 12.600 Einwohnern, verschiedenen Einkaufsmöglichkeiten, einem Bahnhof, einer Apotheke,

Arztpraxen, Bankfilialen, einer Post und einem Polizeiposten träfen diese Kriterien auf Tamm zu. Und Strobl ergänzt: “Die moderne Realschule mit mehr als 450 Schülerinnen und Schülern sowie zwei Grundschulen und acht Kindergärten sorgen für sehr gute Bildungs- und Betreuungsmöglichkeiten.” Auch die Erholungs-, Sport- und Freizeiteinrichtungen seien von überdurchschnittlicher Qualität. Mit fünf Industrie- und Gewerbegebieten mit überwiegend mittelständischen Betrieben ist der Ort laut dem Innenminister gut aufgestellt und auch ein wichtiger Standort für viele Arbeitsplätze.

Erfahrungen aus Dekaden der Kommunalpolitik (BS) Im Jahr 1984 sah die Welt noch anders aus. Deutschland war in zwei Staaten geteilt, von der Digitalisierung und vom Klimawandel hatten allenfalls wenige Experten schon etwas gehört. Seit 1984 ist auch Marianne Krohnen, die Bürgermeisterin der Gemeinde Geiselbach im Landkreis Aschaffenburg, im Amt. Sie ist damit eine der dienstältesten Bürgermeister Deutschlands. Von Veränderungen, Erfolgen und Herausforderungen ihrer langen Amtszeit erzählt sie im Interview. Die Fragen stellte Matthias Lorenz. immer hohe Zustimmungswerte erhalten. Behörden Spiegel: Was war der größte Erfolg, vielleicht aber auch die größte Herausforderung Ihrer bisherigen Amtszeit? Krohnen: Der größte Erfolg war sicherlich der Austritt aus der Verwaltungsgemeinschaft Schöllkrippen. In diese waren wir seit der Gebietsreform zum 1. Mai 1978 eingegliedert. Damals sind acht Gemeinden zusammengeordnet worden, die geschichtlich überhaupt nicht zusammengepasst haben. Geiselbach war eine der Gemeinden, die am weitesten vom Sitz der Verwaltungsgemeinschaft entfernt lag. Man war allein schon einen halben Tag unterwegs, um einen neuen Personalausweis zu beantragen und dann nochmal einen halben Tag, um ihn wieder abzuholen. Für die Bürgerinnen und Bürger war die Sache ein Herzensthema. Schon der vorherige Gemeinderat wollte aus dem ungeliebten Zusammenschluss austreten. Es gab in meiner ersten Amtszeit eine Abstimmung, bei der mehrheitlich darüber befunden wurde, dass wir die Eigenständigkeit wieder anstreben sollten. Die vollständige Eigenständigkeit ist uns zum 1. Januar 1994 gelungen. Zuerst haben wir die eigene Verwaltung aufgebaut. Wir konnten in hohem Tempo die gesamte örtliche Infrastruktur verbessern. Durch die eigene Verwaltung vor Ort konnten wir auch die Bürgernähe wieder leben: Wir arbeiten für die Menschen wieder viel schneller und effektiver, das Rathaus ist wieder Anlaufstelle auch für persönliche Probleme.

Knapp 38 Jahre Erfahrung als Bürgermeisterin: In dieser Zeit habe sich natürlich viel verändert, diese Veränderungen seien aber gesellschaftlicher Natur, sagt Marianne Krohnen. Foto: BS/Ben Kerckx, pixabay.com

Wir haben im Ort einen Arzt, einen Zahnarzt, eine Bäckerei, Schulen und Kindergärten. Über Bauleitpläne wurde jetzt durchgesetzt, dass auch ein Supermarkt angesiedelt wird. Wenn dies geschehen ist, gibt es im Ort wieder alle Einrichtungen der Daseinsvorsorge. Behörden Spiegel: Trotz dieser sehr positiven Erfahrungen: Gab es in den bald 38 Jahren Ihrer Amtszeit einen Punkt, an welchem Sie ernsthaft ans Aufhören gedacht haben? Krohnen: Hier kann ich unumwunden sagen: Nein, diesen Punkt gab es nie. Kommunalpolitik in einer kleinen Gemeinde mit unterdurchschnittlicher Steuerkraft setzt von vorneherein Grenzen. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass es Höhen und Tiefen in der Gemeindearbeit gibt. Dazu gehört auch, dass man die eine oder andere Entscheidung nach neuen Erkenntnissen oder Sichtweisen anders getroffen hätte. Je komplexer aber die Auf-

gabenstellungen sind, die es zu lösen gilt, desto interessanter ist es dann auch, wenn die Lösungen mit allen Entscheidungsträgern gefunden wurden. Dann war es auch wieder ein Highlight.

Ein Grund, warum ich dieses Amt so lange ausfüllen kann, liegt in der Tatsache, dass ich ehrenamtliche Bürgermeisterin bin. Dadurch konnte ich das Amt stets mit meiner Familie vereinbaren, was als hauptamtliche Bürgermeisterin so nicht möglich gewesen wäre. Damit will ich nicht sagen, dass meine Aufgaben weniger sind. Ich habe durch das Ehrenamt aber andere Freiheiten: Zum Beispiel muss ich mich nicht an feste Dienstzeiten halten, sondern kann meine Zeit frei gestalten. In dieser Freiheit liegt für mich persönlich der ganz große Mehrwert.

MELDUNG

Aufstieg zur Stadt (BS/mj) Tamm, bislang die größte nichtstädtische Gemeinde im baden-württembergischen Landkreis Ludwigsburg, darf ab dem 1. März 2022 die Bezeichnung Stadt tragen. Die Gemeinde Tamm hat Ende November 2021 offiziell den Antrag zur Stadterhebung Tamms beim Land Baden-Württemberg gestellt. Thomas Strobl, stellvertretender Ministerpräsident und Innenminister Baden-Württembergs, erklärte: “Die Gesamtstruktur der Gemeinde Tamm bringt das mit, was eine Stadt braucht. Die vorhandene Infrastruktur und auch die Lage zwischen Stuttgart und Heilbronn bieten gute Voraussetzungen für eine

Webkonferenz

Digitales Lernen rechtssicher gestalten 27.– 28. April 2022 E THE DAT SAVE

Weitere Informationen zur Veranstaltung sowie Online-Anmeldemöglichkeit unter www.schul-it-beschaffung.de

Fachliche Unterstützung

Foto: Viacheslav Iakobchuk/stock.adobe.com

Schul-IT-Beschaffertage


Behörden Spiegel / Februar 2022

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ehörden Spiegel: Welchen Umfang nehmen digitale Fortbildungsangebote derzeit im Vergleich zu Präsenzangeboten ein?

Kommunale Infrastruktur

Kurzfristig auf Bedarfe reagieren

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den nächsten Jahren und über Corona hinaus weiterentwickeln soll?

Die Pandemie veränderte das Fortbildungsangebot der DBB Akademie nachhaltig

Wer sagt eigentlich, dass öffentliche Baumaßnahmen immer teurer werden als geplant? GOLDBECK schafft Kostensicherheit!

deteringdesign.de

Geyer: Was definitiv bleiben wird, ist das Thema Web-SemiGeyer: Während vor der Pan- (BS) Mit Beginn der Pandemie mussten nicht nur Schulen und Universitäten auf Distanzlernen ausweichen, auch die Erwachsenenbildung der DBB nare und weiterhin werden wir demie Online-Schulungen so Akademie war gezwungen, auf digitale Formate umzustellen. Welche folgenden inhaltlichen, organisatorischen und technischen Neuerungen die testen, inwiefern hybride Verangut wie kein Thema bei uns letzten zwei Jahre mit sich gebracht haben, erläutern Volker Geyer, Vorsitzender der DBB Akademie, und Oliver Welte, Geschäftsführer der DBB staltungen für uns Sinn ergeben. Letztlich sind wir immer davon waren, haben wir in der Pan- Akademie, im Interview mit dem Behörden Spiegel. Die Fragen stellte Malin Jacobson. abhängig, was unsere Mitglieder demie unser Angebot komplett umgestellt. Zum einen bieten der Teilnehmenden gebraucht, und Kunden wünschen. Und wir nun wesentlich mehr Verum sich auf die Plattformen dem werden wir auch nachkomanstaltungen digital an, zum einstellen zu können. Da wa- men. Das bedeutet: Wir werden anderen stellen wir fest, dass ren beispielsweise Internetver- ein breiteres Fortbildungsangebot haben Kundinnen und Kunden sowie bindungen und dieses nicht stabil, Mitgliedsgewerkschaften und “Wir müssen schauen, Landesbünde dieses Angebot Teilnehmendigital, hywie sich der Fortbil­ stark annehmen. Daher sind de sind nicht brid und in Web-Seminare bereits ein fester reingekomdungsmarkt nach Corona Präsenz anBestandteil der Jahresplanung men oder bieten. Zuweiterentwickeln wird.” für 2022 und wir gehen davon aus der didem müssen aus, dass sich diese Entwickgitalen Verwir schauen, anstaltung rausgeflogen. Die- wie sich der Fortbildungsmarkt lung in den nächsten Jahren se Probleme haben wir heute nach Corona weiterentwickeln so fortsetzen wird. Sprich eine kaum noch. Was zudem noch wird. Bildungseinrichtung wie wir als DBB Akademie wird künftig imlange problematisch war und mer digitale Seminare zusätzlich teilweise auch nach wie vor Welte: Man könnte es einen zum normalen Angebot aus Präein Hindernis darstellt, ist die Mix der Möglichkeiten nennen. Frage, ob und wie Beschäftigte Digitale, hybride und reale Fortsenzveranstaltungen anbieten. des Öffentlichen Dienstes von bildungen bieten wir bereits an, ihrem Arbeitsplatz mit teils sehr was zukünftig noch hinzukomWelte: Für 2021 hatten wir starken Firewalls an unseren men soll, ist die Möglichkeit, rund 50 OnlineveranstaltunFortbildungsangeboten teilneh- eigenständig etwas online zu gen geplant, ohne zu wissen, ob und wie das angenommen wird. lernen, indem wir Lernvideos, men können. Schließlich haben wir dann aber Textmaterial und Aufgaben auf etwa 350 Onlineveranstaltungen Welte: Das erkennt man bei- unserer Moodle-Lernplattform durchgeführt. Das bedeutet, es spielsweise daran, dass rund 60 zur Verfügung stellen – abhängig passiert sehr viel unterjährig, Prozent aus dem Homeoffice an davon, was der Markt nachfragt. indem Gewerkschaften, Kununseren Veranstaltungen teil- Thematisch werden wir unseden oder Behörden mit Veran- Volker Geyer ist der Vorsitzende der DBB Akademie. nehmen. Neben Sicherheitsbe- re bisherigen Schwerpunkte im Oliver Welte ist der Geschäftsführer der DBB Akademie. staltungswünschen auf uns Foto: BS/Marco Urban Foto: BS/Kornelia Danetzki denken, die Zugänge zu unseren Dienstrecht, Tarifrecht, Personalzukommen. Plattformen verweigern, fehlt es vertretungsrecht, Datenschutz Geyer: Wir haben einige neue geführt. Vor Kurzem haben wir Geyer: Mittlerweile sind unsere auch oft an der nötigen Tech- sowie den Kommunikations-, Geyer: Mit unseren Web-Se- Themen in unser Repertoire auf- uns zudem vermehrt Manage- Dozenten geschult und wissen nik oder den Räumlichkeiten, Personal- und Führungsthemen minaren können wir also kurz- genommen, wie zum Beispiel mentthemen zugewandt, da mit mit den verschiedenen Systemen um sich für eine Fortbildung ausbauen. Mit neuen Themen, fristig auf Bedarfe reagieren, “Homeoffice im digitalen Zeital- der Digitalisierung nicht nur umzugehen, sodass nun unsere zurückziehen zu können. die auch für die Digitalisierung auch weil die Hintergrundpla- ter”, “Führung in der digitalen Computer eingeführt werden, Seminare ziemlich rund laufen. relevant sind, so wie in diesem nungen weniger aufwendig sind. Arbeitswelt” oder “Personalrats- sondern sich ganze Systeme än- Es hat seine Zeit gedauert, an Behörden Spiegel: Gibt es Jahr die Managementthemen, Man muss weder ein Hotel für arbeit digital”, sowie Fortbildun- dern und Verwaltungsprozesse diesen Punkt zu kommen, aber noch weitere Bestrebungen, werden wir unser SchulungsanÜbernachtung und Seminar- gen für unsere Referentinnen und -abläufe infrage gestellt wer- diese Zeit hat auch die Masse wie sich die DBB Akademie in gebot laufend erweitern. räume suchen noch müssen die und Referenten zur Durchfüh- den. In diesen Web-Seminaren Teilnehmenden größere Reisen rung und methodischen Ge- geht es dann vorrangig um agiles auf sich nehmen, was deren staltung eines Web-Seminars. Projektmanagement, ProzessHemmschwelle, sich anzumel- Diese waren vorher oft wenig gestaltung, -optimierung und den, erheblich senkt. Sowohl mit digitaler Bildung in Kontakt die allgemeine Umsetzung der Absagen als auch spontane Zu- gekommen und mussten für ihre Digitalisierung in der öffentlisagen lassen sich so viel einfa- Web-Seminare ihre Unterlagen chen Verwaltung. cher verwalten. Wenn ein neues neu aufbereiten, die Pausen anGeyer: In diesem Sinne sind Thema aufkommt, beispielswei- ders gestalten und kreative Wege se ein neuer Tarifvertrag oder die finden, die Teilnehmenden mit wir beispielsweise eine KoNovellierung des Bundesperso- einzubeziehen. Neu ist bei uns operation mit der Hochschule nalvertretungsgesetzes, können auch, dass wir nun Wissens- Gera-Eisenach eingegangen, in wir Seminare hierzu der wir Fortbildungen zum “Digitallotsen Esehr kurzfristig on“Die Möglichkeit, einfach Government” anbieten. line anbieten und Kolleginnen und Kolleunsere Mitglieder mal für zwei Stunden zusammenzu­ gen erhalten hier in vier können sich ganz kommen, hat man in der Präsenzwelt auch hybrid angeboteeinfach über die gar nicht.” nen Modulen eine Weineuesten Entwicklungen informieren. terbildung, mit der sie goldbeck.de/oeffentliche-auftraggeber Möchte ich beispielsweise Per- nuggets anbieten, wo in Form Digitalisierungsprozesse oder die sonalräte über Neuerungen im kurzer Web-Seminare von zwei Einführung von E-GovernmentBeamtenrecht oder Datenschutz bis drei Stunden wichtige Inhalte Anwendungen in ihrer Behörde informieren, können ihnen mit- komprimiert vermittelt werden. begleiten können. hilfe eines Web-Seminars die So etwas hatten wir früher nicht. Behörden Spiegel: Welche ErGrundzüge des neuen Rechts ganz einfach in zwei bis drei Welte: Die Möglichkeit, einfach fahrungen haben sie bezüglich Design, Bau und Service für öffentliche Auftraggeber Stunden erklärt werden, ohne mal für zwei Stunden zusam- der technischen Umsetzung ihrer Einfach, schnell und sicher. dass jemand dafür reisen muss. menzukommen, hat man in digitalen Angebote gemacht? der Präsenzwelt gar nicht. Und Behörden Spiegel: Wie war man kann sehr viele Menschen Welte: Es hat wild und chadas in der Vergangenheit, sprich, auf einmal zusammenholen, otisch angefangen! Im März wie hat sich das Angebot der eine Möglichkeit, die wir noch 2020 wusste noch niemand, DBB Akademie in den letzten gar nicht bis zum Ende aus- wie mit der Situation umzu- MELDUNG Jahren verändert? geschöpft haben, wenn man gehen ist und mit technischen bedenkt, dass man virtuell Komplikationen ist man damals Mehr Klimaschutz durch vernetzte Mobilität Geyer: Allgemein kommen problemlos 60, 80 oder mehr sehr gelassen umgegangen. Alle (BS/bt) Mobilitätsprojekt gestar- burg, Lüneburg und Cuxhaven es um die Organisation von Serwir in Deutschland eher aus Personen zu einer Informations- waren auch sehr interessiert tet: Mit dem Leitprojekt “Mobi- an neuen Lösungen für Betrie- vices sowie die Vernetzung von einer Kultur, in der man vie- veranstaltung zusammenholen daran, sich, die Systeme und litätsmanagment” leistet die be, Gewerbestandorte, Schulen Aktivitäten. Dadurch soll auch les gerne in Präsenz gemacht könnte. Wir arbeiten an einer generell etwas Neues auszu- Metropolregion Hamburg einen sowie ländliche Regionen. Das die Effizienz von Infrastrukturhat. Alle Meetings und Tagun- intensiveren Nutzung dieser probieren. Wir haben unsere weiteren Beitrag zum Gelingen Gesamtprojekt wird vom Ham- maßnahmen gesteigert werden: digitalen Schulungen dann zu der Mobilitätswende. Die Nut- burger Verkehrsverbund koor- Fuhrparkanalysen, Jobtickets, gen fanden immer real statt großen Online-Formate. und digitale Besprechungen Beginn vor allem mit Adobe zung nachhaltiger Verkehrsmittel diniert und wird mit bis zu 20 Anruf-Sammeltaxis, Informatiwaren kaum verbreitet – erst Behörden Spiegel: Können Connect durchgeführt. Dieses soll gefördert und die Pkw-Nut- Prozent aus Eigenmitteln und 80 onskampagnen und die Bünrecht nicht in der öffentlichen Sie Beispiele nennen, welche Tool hat irgendwann unseren zung verringert werden. Dies soll Prozent von der Metropolregion delung verschiedener ServiceVerwaltung, auch weil deren Themen bei den Fortbildungsteil- Anforderungen nicht mehr ge- mehr für den Klimaschutz bei- finanziell unterstützt. “Mit dem leistungen sollen zum Einsatz Digitalisierung weit hinter den nehmenden besonders gefragt nügt, sodass wir nach neun bis tragen. Im September 2021 hatte Projekt initiiert die Metropolregi- kommen. Um das Thema in der zehn Monaten zu Cisco Web­ die Metropolregion Hamburg das on Hamburg einen ganzheitlichen Region zu verankern, wurden üblichen Standards lag, sodass sind? wir nur wenige Web-Seminare Ex und Zoom gewechselt sind. neue Leitprojekt “Mobilitätsma- und länderübergreifenden An- vier kommunale Partner und ein durchgeführt haben. Der GroßWelte: Das sind vorrangig die Das sind auch die Plattformen, nagement/Kompetenzzentrum satz zum Mobilitätsmanagement Unternehmen zur Durchführung teil unsers Programms war bis Themen, die mit der Verände- mit denen wir heute bevorzugt Mobilität” beschlossen. Die ge- und fördert so eine nachhaltige sogenannter “Reallabore” gewonzum Frühjahr 2020 auf Präsenz rung der Arbeitswelt einherge- arbeiten. Letztendlich haben samte Laufzeit des Projekts be- Verkehrsmittelwahl in der Regi- nen: Mobilität in Betrieben, Mohen. Dazu gehören, wie schon wir uns aber darauf eingestellt trägt drei Jahre, die Ergebnisse on”, so die Projektkoordinatorin bilität an Gewerbestandorten, ausgelegt. Mobilität an Schulen und die genannt, Homeoffice im digitalen mit jeder Plattform, die es gibt, des Projekts sollen entsprechend Christina Röll. Neben der Planung der Infra- Mobilität auf dem Land. Damit Behörden Spiegel: Werden Zeitalter, arbeitsrechtliche Fra- arbeiten zu können. Manche bis 2024 feststehen. Ziel des einfach mehr Veranstaltungen di- gen – alles, was Arbeitnehmer, Behörden arbeiten mit BigBlue- Projektes ist, Verhaltensmuster struktur und dem Verkehrsma- werden bspw. Lösungen für die gital angeboten oder gab es auch Arbeitgeber und Personalräte Button, manche in Teams und bei der Verkehrsmittelwahl im nagement soll das Mobilitätsma- umweltfreundliche Mobilität in eine thematische Verschiebung unmittelbar betrifft – und Schu- manche haben eigene Plattfor- Alltag zu hinterfragen. Dabei ar- nagement als dritte Säule einer Unternehmen und deren Bezu Digitalthemen, in denen sich lungen für Dozentinnen und men, bei denen sich unsere Do- beiten vier Reallabore in Ham- nachhaltigen Verkehrsentwick- schäftigte oder ein adäquates die Tarifbeschäftigten fortbilden Dozenten. Letztere haben wir im zenten über einen Gastzugang burg, Neumünster und in den lung etabliert werden. Neben der ÖPNV-Angebot auf dem Land Kreisen Pinneberg, Stade, Har- Beratung und Qualifizierung geht erarbeitet. können? Jahr 2020 allein 50-mal durch- zuschalten.


Kommunale Sicherheit

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Verständlicher Frust

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ehörden Spiegel: Herr Landrat, ich denke an die Migrationskrise, die Pandemie und die Flutkatastrophe. Dann hatten Sie im Dezember auch noch einen längeren Stromausfall, von dem 40.000 Menschen betroffen waren. Ist der Rhein-Sieg-Kreis im Dauerkrisenmodus?

Sebastian Schuster: Das muss man so konstatieren. Durch die Flüchtlingskrise, die im ersten Jahr meiner Amtszeit begann, sind wir recht gut hindurchgekommen. Damals haben mich, den Neuling im Amt, viele gute Kräfte unterstützt, auf die ich mich heute noch verlassen kann. Dann kammen Corona, der Lockdown, das Testen, die Kontaktnachverfolgung und die Impfung. Kein einziges der deutschen kommunalen Gesundheitsämter war auch nur annähernd auf so etwas vorbereitet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dem Bereich des Gesundheitsamtes gehen auf dem Zahnfleisch. Ohne externe Kräfte und ohne die Unterstützung der Bundeswehr wären wir aufgeschmissen. Im Juli 2021 ereilte uns dann vor allem in den Kommunen Swisttal, Rheinbach und Meckenheim die Flutkatastrophe. Den Rhein-Sieg-Kreis hat es zwar nicht ganz so schlimm getroffen wie die Ahrregion oder Teile der Eifel, trotzdem haben wir neun Todesopfer zu beklagen. Aus all diesen Krisen haben wir Erfahrungen gesammelt, aus denen Konsequenzen abgeleitet und umgesetzt werden müssen. Diesen Weg beschreiten wir gerade.

Über einen Landkreis im Dauerkrisenmodus (BS) Der Rhein-Sieg-Kreis ist mit rund 600.000 Einwohnern die zehntgrößte Kommune Deutschlands. In den vergangenen Jahren beschäftigten viele Krisen den Kreis: Migration, Corona, die Flutkatastrophe und jüngst ein Stromausfall. Über den Umgang mit und die Lehren aus Krisen sprachen Uwe Proll und Matthias Lorenz mit dem Landrat des Rhein-Sieg-Kreises, dem CDU-Politiker Sebastian Schuster.

“Solche Katastrophen ­ machen keinen Halt vor ­kommunalen Grenzen.”

Sebastian Schuster ist seit 2014 der Landrat des Rhein-Sieg-Kreises.

Behörden Spiegel: Was war denn eine der ersten Erkenntnisse? Schuster: Ein Problem, was sich schon während der Flut gezeigt hat, welches wir aber bis zum Stromausfall noch nicht beheben konnten, sind fehlende Redundanzen. In einer so technisierten, zivilisierten Gesellschaft ist es nicht zu erklären, dass ein Brand in einem Verteilerhäuschen dazu führt, dass 24 Stunden lang 40.000 Menschen keinen Strom haben. Bei der Flutkatastrophe

waren es über 100.000 Menschen, die teilweise mehrere Wochen lang ohne Strom waren. Aber auch schon bei 24 Stunden trifft es kranke Menschen, hilflose Menschen, es trifft Apotheken, die den Impfstoff nicht mehr kühlen können, es trifft die Landwirtschaft, wo Kühe nicht mehr gemolken werden können. Wir brauchen also mehr Redundanzen. Behörden Spiegel: Es gehört zur Arbeit einer Landkreisverwaltung, Katastrophen verschiedenster Art zu meistern, natürlich

Meldesystem für Gewalt gegen Einsatzkräfte gestartet (BS/bk) Angriffe während der Ausübung ihres Dienstes hat mehreren Umfragen zufolge ein Großteil von Einsatzkräften in ihrer Berufslaufbahn mindestens einmal erlebt. Um diese Angriffe zu erfassen, startete in Nordrhein-Westfalen das Pilotprojekt “Innovativse Melde- und Erfassungssystem Gewaltübergriffe (IMEG)” für Einsatzkräfte des Rettungsdienstes und der Feuerwehr.

Daten sollen aussagekräftiger werden Diese Maßnahmen können unter anderem eine psychosoziale Nachbereitung, Unfallanzeigen oder Strafanträge sein. Dafür werden die eingegebenen Meldungen zunächst an die zuständige (Kreis-)Leitstelle geleitet. Abhängig von der Schwere des Übergriffs werden die Meldungen an einen sogenannten “Kümmerer” weitergeleitet, der weitere Schritte einleiten kann.

Behörden Spiegel: Zusammenarbeit ist ein gutes Stichwort: Weder die Migration noch das Virus noch das Wetter kennen Grenzen. Als Beobachter hat man jedoch den Eindruck, und bei der Jahrhundertflut war das deutlich zu sehen, dass die Zusammenarbeit aufgrund unterschiedlicher regionaler und lokaler Strukturen schwierig ist. So gab es Beispielsweise in Rheinland-Pfalz schnell einen zentralen Krisenstab, während man in NRW die Verantwortung mehr den örtlichen Krisenstäben überlassen wollte. Sollte es nicht einen Masterplan für solche Fälle geben?

Foto: BS/Matthias Lorenz

Unerlässliche Hilfe für die betroffenen Helfer

Einsatzkräfte können in dem System sowohl körperliche Angriffe als auch verbale und non-verbale Übergriffe sowie Sachbeschädigungen online und plattformunabhängig melden. Das IMEG soll schon vorhandene Meldeprozesse an den Feuer- und Rettungswachen ergänzen. Vielmehr sollen der Meldeweg vereinfacht und die Bearbeitung der Fälle beschleunigt werden. Das Innenministerium in Düsseldorf sieht das IMEG als eine flexible Ergänzung. So sollen je nach Schwere des gemeldeten Übergriffs verschiedene Maßnahmen greifen.

Behörden Spiegel / Februar 2022

“Dabei steht im Vordergrund, dass die betroffene Einsatzkraft nur einmal melden muss und als Betroffener nicht dadurch “bestraft” wird, mehrere unterschiedliche Dokumente auszufüllen. Hier werden Vorteile der Digitalisierung genutzt”, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Zudem sollen die Daten zu Übergriffen durch die Meldungen aussagekräftiger werden. Die Pilotphase des IMEG ist auf 18 Monate festgesetzt. Konkret ist das Meldesystem ein CIRS (Critical Incident Reporting System) angelehnt. In einem CIRS werden Meldungen von Unfällen und Beinah-Unfällen erfasst. “Die Nachsorge bei Übergriffen ist eine unerlässliche Hilfe für die betroffenen Helferinnen und Helfer. Wir sind es den Einsatzkräften schuldig, dass wir uns um sie kümmern. Die Erfahrung zeigt, dass es enorm wichtig ist, Hürden abzubauen, um Übergriffe zu melden. Das Meldesystem bietet eine schnelle und unkomplizierte Übermittlung sowie ganz konkrete Hilfsangebote für die Betroffenen”, erklärte

Übergriffe auf Einsatzkräfte sollen in NRW durch das “Innovative Melde- und Erfassungssystem Gewaltübergriffe” (IMEG) leichter gemeldet werden können. Foto: BS/cocoparisienne, pixabay.com

der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU).

Teil des Aktionsplans “Gemeinsam gegen Gewalt” Das IMEG ist Teil des Aktionsplans “Gemeinsam gegen Gewalt – Aktionsbündnis als Maßnahmenkatalog zum Schutz von Feuerwehr- und Rettungskräften”. Der Aktionsplan wurde schon 2019 veröffentlicht. An dem Plan waren das nordrheinwestfälische Ministerium des Innern, das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, die Komba Gewerkschaft NRW, die Unfallkasse NRW, der Verband der Feuerwehren NRW (VdF NRW), der Städtetag NRW, der Landkreistag NRW und der Städte- und Gemeindebund NRW beteiligt. “Durch die gewonnenen Informationen werden die Daten zu Übergriffen auf unsere Feuerwehr- und Rettungskräfte aussagekräftiger. Somit lassen sich notwendige Präventionsmaßnahmen stärker professionalisieren. Die Dienststellen sind darüber hinaus aufgefordert, sich noch intensiver mit der Thematik auseinanderzusetzen. Ziel ist es, den Schutz der Einsatzkräfte zu erhöhen und Übergriffe zu reduzieren”, sagte Andreas Hemsing, Landesvorsitzender der Komba Gewerkschaft NRW. Das Meldesystem soll zunächst in zwölf Kreisen und kreisfreien Städten getestet werden. Diese sind Bochum, Krefeld, Hamm, Duisburg und Düsseldorf sowie die Kreise Heinsberg, Herford, Mettmann, Lippe, MindenLübbecke, Warendorf und die Städteregion Aachen. Die Kosten des Systems werden in der Pilotphase vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales getragen.

auch eine Aufgabe der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Ist das eine Kompetenz, die sich eine Kommunalverwaltung wieder vermehrt aneignen muss? Schuster: Relativ zeitnah nach der Flutkatastrophe hat die nordrhein-westfälische Kommunalministerin Ina Scharrenbach zu mir gesagt: "Herr Landrat, die Konsequenz muss ein, dass alle Hauptverwaltungsbeamten, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Landrätinnen und Landräte, die neu ins Amt kommen, zu Beginn ihrer Amtszeit einen Kurs in Sachen Krisenmanagement machen müssen." Da bin ich völlig bei ihr. Die allermeisten, die ins Amt kommen, haben hier keine fachspezifischen Kenntnisse. Im Rhein-Sieg-Kreis haben wir uns zu Beginn dieses Jahres in diese Richtung auf den Weg gemacht. Es wird einen intensiven Kurs zum Thema nachhaltiges Krisenmanagement geben, diesen werde ich gemeinsam mit den Dezernenten und Mitarbeitenden aus bestimmten Fachbereichen, in erster Linie Bevölkerungs- und Katastrophenschutz, aber auch Gesundheit und Öffentlichkeitsarbeit absolvieren. Wenn ein Krisenstab tagt, sind schließlich ganz viele Bereiche dabei. Hierzu sind wir auch im engen Austausch mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, das ja glücklicherweise in unserer Nähe sitzt. Wir haben mit dem Bundesamt verabredet, dass wir an dieser Stelle eng zusammenarbeiten.

Schuster: Zunächst einmal: Nach dem, was mir NRW-Innenminister Herbert Reul gesagt hat, war bei der Flut auch der sogenannte kleine Krisenstab in Düsseldorf einberufen, nämlich die Koordinierungsgruppe mit den Fachleuten aus den Ressorts. Sie haben aber völlig Recht: Solche Katastrophen machen keinen Halt vor kommunalen Grenzen. Zum Beispiel kam einer der Zuflüsse, die an der Ahr das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen gebracht haben, aus dem Rhein-Sieg-Kreis. Wir werden also, was kommunale, aber auch Landesgrenzen angeht, besser zusammenarbeiten müssen. Vor allem aber verlange ich auch von der übergeordneten Politik wie der Bezirks- oder der Landesregierung, dass uns klar gesagt wird, von welchen Extremen wir auszugehen haben. Was wir erlebt haben, war ein Hochwasser, was statistisch gesehen nur einmal in hundert Jahren vorkommt, HQ 100, oder sogar noch eine Stufe höher, ein HQ extrem. Wenn ich jetzt an den Wiederaufbau, aber auch an die Aufstellung eines neuen Regionalplans denke, müssen wir überlegen, wie man die Erkenntnisse mit einbezieht. Hier erwarte ich klare Vorgaben von der Bezirks- und Landesregierung. An denen fehlt es derzeit noch. Behörden Spiegel: Ein paar Jahre zurück liegt jetzt schon die Migrationskrise. Was haben Sie denn strukturell im Landkreis gemacht, um nach der Migration auch den Weg der Integration zu gehen? Schuster: Hier sind wir Projektkommune im Land. Es gibt ein sogenanntes kommunales Integrationsmanagement, kurz KIM. Es hat die Zielrichtung, die auslän-

derrechtlichen, leistungsrechtlichen und integrationsrelevanten Akteure im Bereich Migration und Integration, Soziales und Bildung in einer Kommune auf der Steuerungsebene koordinierend zu verbinden. Es geht darum, vor Ort in meinen 19 Städten und Gemeinden Migrations- und Integrationsprozesse erfolgreich miteinander zu verknüpfen und zu einer integrierten kommunalen Steuerung der örtlichen Integration von Eingewanderten zu kommen. Das Programm ist finanziell sehr gut ausgestattet. Zum Beispiel haben wir in dem Bereich einen nicht unerheblichen personellen Aufwuchs, damit die Menschen, die zu uns kommen, in ihren Integrationsbemühungen bestmöglich unterstützt und mitgenommen werden. Behörden Spiegel: Ein Problem während Corona, aber auch nach der Flutkatastrophe war die Tatsache, dass die Politik zwar große Summen an finanziellen Hilfen angekündigt hatte, das Geld dann aber nicht schnell floss oder nachträglich Konditionen und Antragsbedingungen geändert wurden. Warum ist es für den Staat nicht so einfach möglich, das Geld fließen zu lassen, wie es ja durchaus bei den privaten Spenden geschehen ist? Schuster: Meiner Meinung nach wird vor Ort auf der Basis der kommunalen Strukturen hervorragende Arbeit geleistet. Obwohl wir jetzt durch Corona seit fast zwei Jahren im Dauerstress sind und meine Leute teilweise auf dem Zahnfleisch laufen, gelingt es dennoch, weitere Krisen zu bearbeiten und damit umzugehen. Trotzdem spüren auch wir hier eine Frustration, die in der Bevölkerung vorhanden ist. Wenn ich nach Berlin oder Düsseldorf gucke, kann auch ich nicht immer nachvollziehen, was dort gemacht wird. Es fehlt meiner Meinung nach an einer Evaluierung der Geschehnisse. Das hat bei Corona nicht stattgefunden, das hat auch bei der Flut zu wenig stattgefunden. Beispiel Antrag-stellung nach der Flut: Das ging nur online, viele Menschen hatten aber überhaupt keinen Zugang zur EDV, die hatten noch nicht mal eine E-Mail-Adresse. Denen mussten wir kreiseigene E-Mail-Adressen zur Verfügung stellen, damit sie einen Online-Zugang hatten und dieses Formular loswerden konnten. Auch die Bewilligung durch die Bezirksregierung läuft nur sehr schleppend, weil denen auch das Personal fehlt. Wenn ich sehe, dass nach vier, fünf oder sechs Monaten Anträge noch unbearbeitet geschweige denn beschieden sind, dann verstehe ich den Frust der Bürgerinnen und Bürger.


Digitaler Staat Behörden Spiegel

Berlin und Bonn / Februar 2022

Sehnsuchtsort Cloud Microsoft, Google, Amazon – bald erlaubt (BS/Uwe Proll) Längst hat sich auch die Erstellung von Verschlusssachen geändert – alles wird digital erfasst. Doch noch immer werden VS-Papiere in Einzelfällen mit bewaffneten Kurieren durch die Republik gefahren, falls die Behörde nicht per Kabel unmittelbar an das Regierungsnetz angeschlossen ist. Es wäre jedoch ein Leichtes, diese Dokumente zu verschlüsseln und per Mail zu senden oder, noch einfacher, allen Beteiligten in einer gemeinsamen Cloud zugänglich zu machen. Doch zurecht traut der Staat den US-amerikanischen Marktführern trotz all derer Versicherungen, seit Jahren nicht mit US-Sicherheitsbehörden zusammenzuarbeiten, nicht. Denn aufgrund der Gesetzeslage in den USA (Cloud Act) können diese gar nicht anders, als Daten auf Verlangen von US-Behörden auszuliefern. Im Jahr 2020 stellte das BSI mit dem C5-Standard rote Linien auf, die eine Nutzung der marktgängigen Clouds der USAnbieter zumindest für alle VSDokumente infrage stellte. Daran gehalten haben sich schon wegen der Arbeitsökonomie nur die wenigsten Behörden. Ein dauerhaftes Ärgernis. Nun heißt seit mehreren Jahren das Ziel: Digitale Souveränität. Doch wie kann diese erreicht werden? Der Aufbau einer eigenen CloudInfrastruktur, die den technologischen Vorsprung der Hyperscaler – der eben auch zum alltäglichen Standard geworden ist – aufholen kann: aussichtslos. Schon die letzte Regierung hatte sich vor Jahren auf den Weg gemacht eine Lösung zu finden, welche die Leistungen der kommerziellen Cloud-Angebote mit dem Wunsch verbindet, diese sollten nur auf deutschen Rechenzentren laufen. Zähe jahrelange Verhandlungen mit Microsoft folgten. Ein erstes Projekt mit Microsoft und der Telekom (Stichwort Treuhändermodell) scheiterte. Die MS-Zentrale in Redmond hatte gerade beschlossen, eine global einheitliche Cloud-Strategie durchzuziehen, man wollte aus wirtschaftlichen Gründen keine Parallelprodukte entwickeln. So sind auch immer US-Rechenzentren im Spiel – für einen Staat, der seine Geheimnisse für sich behalten will, ein No Go!

Deutschland souverän – datensouverän Der Bund entwickelte also eine hybride Cloud-Strategie, welche die Nutzung der Hyperscaler-Angebote möglichst auf deutschem Boden sichern sollte. Parallel ist der vorsichtige Aufbau einer nationalen Cloud auf Basis von Open Source vorgesehen. Doch

besteht nun aus SAP, Arvato jedoch alle kritischen Stellen wie und Microsoft. Der US-Konzern zum Beispiel das Identitätsmaverkauft der SAP auf Basis einer nagement. Die Kooperation ist vermutlich auf drei Rechenzen- langfristig geplant und soll sowohl tren betriebenen Acer-Cloud al- den Public Sector wie auch andele Services aus MS365, die der re Kundschaft ansprechen. Die Bund bisher nutzt und so auch Partner rechnen damit, dass bis in Zukunft datensouverän nut- zu zwei Drittel der Kunden aus zen kann. Die Microsoft-Juristen der Wirtschaft kommen werden. haben einen Weg gefunden, auch die Lizenzen auf SAP temporär Risiken bleiben zu übertragen. Der Walldorfer Da wäre einmal das wirtschaftliKonzern ist der Besitzer des Ge- che Risiko für die Unternehmen. samtkonstrukts, welches damit 350 Millionen stehen schon auf dem deutschen Rechtsrahmen dem Zettel. Sollten “nur” 200.000 unteliegt. Dadurch wird es für Nutzer aus der Bundesverwalden US Cloud Act unerreichbar. tung die SAP-Microsoft-Cloud Der Dienstleister Arvato soll vor- nutzen, wäre kaum Rendite zu nehmlich in die Betriebsführung erwarten. Daher bemühen sich der Rechenzentren eingebunden derzeit alle Beteiligten, die Bundesländer und auch große Komwerden. Der Bund selbst wechselt als munen für die Nutzung der Cloud Kunde der Microsoft-Services in anzuwerben. Es gibt ehrgeizige der Cloud zum Vertragspartner Pläne: In zwei bis drei Jahren SAP. Innerhalb der Bundesre- sollen im günstigsten Fall bis zu gierung wird betont, dass SAP einer Million Nutzer die Dienste als deutsches Unternehmen sich in Anspruch nehmen. Eine weitere Hürde könnte das verpflichtet habe, die sogenannSchutz vor den räuberischen Blicken der USA: Deutschland will die Cloud-Technik ten roten Linien des BSI bei der Vergaberecht werden. Zwar ist US-amerikanischer Hyperscaler nutzen und trotzdem die Hoheit über die eigenen Nutzung von Cloud-Angeboten der Bund weder Auftraggeber von Daten behalten. Foto: BS/minka2507, pixabay.com auch für VS-Informationen ein- Microsoft oder SAP, doch bleibt er in einem Kundenverhältnis, das zuhalten. Parallel hat Google zusammen er auftragsrechtlich nach VergaLetzteres, so sind sich alle Ex- sich Microsoft dann doch bewegperten einig, wird Jahre in An- te. Frankreich und Deutschland mit der Deutschen Telekom als berecht begründen muss. Bisher spruch nehmen. Der Bedarf nach werden nicht die letzten Länder zweiter Akteur den Hut den Ring wurden Microsoft-Lizenzen mit der hohen Verfügbarkeit aller in Europa sein, die dieses Modell geworfen. Die Kooperationspart- dem Hinweis auf die sogenannte ner verfolgen dabei einen ande- “hinreichende Differenzierung” Services in einer Cloud-Lösung anwenden werden. In Deutschland sind nun in ren Ansatz als das Konkurrenz- freihändig definiert. Nun wechselt besteht aber schon jetzt. Trotz der Fokussierung des Koalitions- einem ersten Schritt Investi- Konsortium: Für den Betrieb aber vermutlich das Rechtsververtrags auf Open Source wird in tionen von 350 Millionen Eu- der Cloud werden im Normalfall hältnis von Microsoft zu SAP, dem Dokument deswegen auch ro erfolgt bzw. geplant. Damit deutsche Google-Rechenzentren dem neuen Rechtsrahmen der weiter von der hybriden Cloud- wird Deutschland vermutlich ab genutzt, T-Systems kontrolliert Cloud. Strategie gesprochen. März mit einer ersten Variante Nun scheint ein erster Durch- der Bundes-Cloud zwar nicht bruch gelungen. Frankreich hat technologisch, aber immerhin es mit der Firma Bleu vorgemacht. datensouverän! Das bedeutet, Der Behörden Spiegel veranstaltet am Donnerstag, 10. Februar, den Orange und Capgemini betreiben die bearbeiteten Daten werden für die französische Regierung zwar auf US-amerikanischen Thementag “Sehnsuchtsort Cloud” auf der Plattform Digitaler Staat ein nationales Cloud-Angebot Technologien gerechnet, es ist Online. Zu Gast ist unter anderem Harald Joos Abteilungsleiter “Informaauf Basis der Microsoft Acer. Der aber sichergestellt, dass sie in tionstechnik” im BMF. Außerdem veröffentlicht der Behörden Spiegel in Regierungsmarkt in Europa ist deutschen Rechenzentren ver- der kommenden Ausgabe einen Sonderteil zum Thema Cloud. ein Milliardengeschäft, sodass bleiben. Das erste Konsortium

Thementag “Sehnsuchtsort Cloud”

www.behoerdenspiegel.de

KNAPP Bayerns Digitalgesetz im Landtag (BS/lma) Das Gesetzentwurf zum Bayerischen Digitalgesetz liegt nun im Landtag des Freistaats. In erster Lesung wurde am 25. Januar über den Entwurf beraten. Laut dem bayerischen Staatsministerium für Digitales besteht der Gesetzentwurf aus drei Kernbausteinen. In einem ersten “Allgemeinen Teil” würden erstmals Digitalisierungsaufgaben des Freistaats gesetzlich definiert und wesentliche digitale Rechte der Bürgerinnen und Bürger verankert. Zweitens würde erstmals eine “Charta” digitaler Recht und Gewährleistungen verankert. Zuletzt beinhalte das geplante Gesetz ein umfassendes Programm zur Verwaltungsmodernisierung und zum Bürokratieabbau. Mit dem Gesetz werde das digitale Verfahren zum Regelfall, erklärt Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach.

Müller neuer Präsident der Bundesnetz­agentur (BS/tr) Klaus Müller soll neuer Präsident der Bundesnetzagentur werden. Damit folgt der 50-jährige Diplom-Volkswirt ab dem 1. März 2022 auf Jochen Homann, der zehn Jahre lang als Präsident die Bundesnetzagentur geleitet hat. Müller, welcher seit 2014 Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes und seit 2021 Präsident des Europäischen Verbraucherverbandes BEUC war, soll nun die Führung der Agentur übernehmen. “Er kennt das politische Parkett ausgezeichnet, weiß eine Behörde zu führen. Er ist der richtige Kandidat, um beide Ziele zu verwirklichen: die Umsetzung von Klimaschutz und Energiewende ebenso wie die Digitalisierung. Beide Fragen sind für eine erfolgreiche Zukunft des Standorts Deutschland entscheidend”, erklärte der niedersächsische Energie- und Klimaschutzminister und Vorsitzender des Beirates bei der Bundesnetzagentur, Olaf Lies.


Informationstechnologie

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Behörden Spiegel / Februar 2022

Behörden Spiegel: Herr Heinz, Sie arbeiten seit fast 30 Jahren im BVA. Wie hat sich die Behörde nach Ihrer Wahrnehmung in diesem Zeitraum verändert?

Auf die richtige Mischung kommt es an

Heinz: Die Behörde hat sich in den vergangenen 30 Jahren laufend und massiv verändert. Als ich 1992 im BVA angefangen habe, war die Aufnahme der Aussiedler die größte Herausforderung im Haus. Ich habe selbst an der Aufgabe gearbeitet, jährlich wurden bis zu 400.000 Aussiedlerinnen und Aussiedler nach einem schriftlichen Verfahren in Deutschland aufgenommen und auf die Bundesländer verteilt. Ein weiterer wegweisender Schritt für das Bundesverwaltungsamt erfolgte in den späten 90er-Jahren, als das Dienstleistungszentrum gegründet wurde. Dort sind Aufgaben wie Bezüge oder Beihilfebearbeitung für andere Behörden zentral gebündelt worden, die so wirtschaftlicher durchgeführt werden konnten. Dies hat dann zu zwei großen Fusionen in den Jahren 2013 und 2017 geführt. So wurden uns zunächst im Jahr 2013 die Dienstleistungsaufgaben aus der Bundeswehrverwaltung samt der rund 1.300 Beschäftigten sowie neun Standorten übertragen. Im Jahr 2017 fusionierten wir dann für den gleichen Aufgabenbereich mit großen Teilen des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV). Dadurch vergrößerte sich das BVA um weitere rund 1.500 Personen und ist auf mittlerweile insgesamt 23 Standorte im gesamten Bundesgebiet gewachsen. Wirtschaftlichkeit und Kundenorientierung sind für uns sehr wichtig. Wir haben bereits in den 90er-Jahren damit begonnen, unseren Kunden digitale Angebote zu machen. So haben wir beispielsweise im Bereich BAföGRückzahlung ein komplett papierloses Verfahren etabliert. Ein aktuelles Beispiel für digitale Leistungen ist die seit Herbst 2021 verfügbare Beihilfe-App, welche die Kommunikation mit den Beihilfeberechtigten auf ein neues Niveau hebt und so einfach und komfortabel ist, wie es die Nutzenden sonst nur von AppAngeboten aus der Wirtschaft kennen. Eine Schlüsselrolle hat das BVA beim Registermodernisierungs-

(BS) Die vergangenen zwei “Corona-Jahre” haben viele Organisationen geprägt, Abläufe verändert und insbesondere digitalisiert. Wohl dem, der dabei bereits auf einen digitalen Grundstock und entsprechende Prozesse zurückgreifen konnte, wie etwa das Bundesverwaltungsamt (BVA) Über die gesammelten Erfahrungen sprach der Behörden Spiegel mit BVA-Vizepräsident Erwin Heinz und Stefan Mensching, der als Vorstand der MACH AG Entwicklungen sowohl im eigenen Haus als auch bei den Kunden beobachten konnte. Das Interview führte Guido Gehrt.

Homeoffice oder Telearbeit in Reinform gehört nicht die Zukunft

gesetz, für dessen Umsetzung wir gemeinsam mit Partnern zuständig sind – ein Kernthema der Verwaltungsdigitalisierung. Ziel ist die Umsetzung des OnceOnly-Prinzips. Das heißt: Register sollen miteinander so vernetzt werden, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht immer wieder ihre Daten bei unterschiedlichen Stellen angeben müssen, obwohl sie an anderen Stellen in der Verwaltung bereits bekannt sind. Behörden Spiegel: Inwieweit hat die Pandemie den Digitalisierungsprozess im BVA beschleunigt? Heinz: Homeoffice ist im BVA jahrzehntelange, gelebte Praxis. Durch Corona ist von heute auf morgen der Gesundheitsschutz der Beschäftigten ins Zentrum unseres Handelns gerückt. Im BVA wird nicht nur in Einzel-,

“Homeoffice ist im BVA jahrzehntelange, gelebte Praxis.” Erwin Heinz

sondern auch in Mehrpersonenbüros gearbeitet. In der Pandemie mussten wir die räumliche Situation jedoch so verändern, dass tatsächlich nur noch eine Einzelbelegung der Büros zulässig war. In einigen Bereichen dominieren leider noch Papierakten. Deshalb haben wir die Beschäftigten schnell mit entsprechender Hardware ausgestattet, damit auch von zu Hause gearbeitet werden konnte. Zudem wurden abschließbare Koffer für den Aktentransport beschafft. Durch Aufteilung der Arbeitsprozesse wurden die Akten zunächst zu Hause bearbeitet und dann die Ergebnisse wieder in Absprache mit den Kolleginnen und Kollegen im Büro in die jeweiligen Fachverfahren überführt. Wir haben viel zur Verbesserung der Rahmenbedingungen getan. Gleichzeitig ist das Bewusstsein bei den

Erwin Heinz ist seit August 2021 Vizepräsident des Bundesverwaltungsamtes in Köln.

Stefan Mensching ist bei der Lübecker MACH AG Vorstand für die Bereiche Technologie und Beratung.

Foto: BS/BVA

Foto: BS/MACH

Beschäftigten weiter gewachsen, dass ein weiterer Ausbau der Digitalisierung der gesamten fachlichen Prozesse und Verfahren erforderlich ist, schon um uns krisenfest zu machen. Für die Führungskräfte war das übrigens auch eine neue Situation, in großem Umfang nicht mehr ihre Beschäftigten um sich zu haben. Das hat einen Lernprozess ausgelöst, was Führen auf Distanz tatsächlich bedeutet. Behörden Spiegel: Dieses Kofferbeispiel ist ein sehr schöner Beleg für situatives, flexibles Handeln. Aber was von diesen Ad hoc-Maßnahmen wird bleiben, wenn alle Beschäftigten wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können? Heinz: Ich glaube, dass das mobile Arbeiten in Form eines Mischmodells zwischen Arbeit im Büro und der Arbeit von zu Hause oder einem anderen Ort bleiben wird. Dieses hybride Modell haben die Beschäftigten sehr schätzen gelernt. Ich glaube deshalb auch nicht, dass reines, ausschließliches Homeoffice ein Zukunftsmodell sein wird. Wir werden auch weiter entsprechende Gebäude – dann mit smarten Bürokonzepten – haben, weil der

sich dann auch Projektverschiebungen um diverse Monate, weil die Organisation einfach nicht arbeitsfähig war. Die zweite und größte Gruppe unserer Kunden war mittelmäßig vorbereitet. In diesen Fällen konnten wir Termine remote weiter durchführen, da die Beschäftigten ihre Aufgaben zum Teil aus dem Homeoffice erfüllen und zum Teil ins Büro fahren mussten, um Zahlläufe zu organisieren oder Einblick in Papierakten zu nehmen. Die dritte Gruppe waren die Vorzeigekunden, die schon weitgehend auf eine E-Akte, einen digitalen Rechnungs- oder Beschaffungsworkflow umgestellt hatten. Diese konnten problemlos auf einen kompletten Homeoffice-Betrieb umsteigen. Hier war dann zumeist die Erkenntnis: Gut, dass wir diesen Schritt rechtzeitig gegangen sind. Jetzt zahlt es sich doppelt aus und wir können gut von zu Hause arbeiten. Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung (DIfE)

Wunsch der Beschäftigten nach Interaktion mit ihren Kolleginnen und Kollegen Face to Face ein ganz dringendes Bedürfnis ist. Auch das hat die CoronaPandemie gezeigt. Dazu zählen natürlich das Flurgespräch, aber z. B. auch Beurteilungsund Kooperationsgespräche, die mit den Beschäftigten zu führen sind. Diese formalisierte Kommunikation über “eine “Das Onboarding ist Kachel” zu führen, halte sicherlich in digitalen Zeiten ich für suboptimal. Denn hierbei ist es ganz wichein schwieriges Thema.” tig, persönliche Reaktionen Stefan Mensching wahrzunehmen und da­rauf zu reagieren. Das gelingt über hatte bereits vor Corona geplant, eine Videoschalte viel schlechter sein Finanzwesen digitaler und fortschrittlicher zu gestalten. Mitals im persönlichen Gespräch. ten in der Pandemie erarbeitete Behörden Spiegel: Herr Men- das DIfE dann gemeinsam mit sching, wie haben Ihre Kunden MACH einen ganzheitlichen, elekden Lockdown gemeistert? tronischen Beschaffungs- und Rechnungsworkflow mit einem Mensching: Wenn ich mich an integrierten Berichtswesen und den Anfang der Pandemie zu- führte in diesem Zuge ein neues rückerinnere, dann würde ich ERP-System ein. Entstanden ist wie ein Jurist antworten: “Das ein Zahlenwerk für die Beschäfkam ganz darauf an.” Es gab tigten in Echtzeit, ohne eine ÜberKunden, die mit ihrer Hardware setzung in Dritt-Systeme. Fast große Probleme hatten. Viele Ab- 2.000 E-Rechnungs- und rund teilungen meldeten sich beim 1.450 E-Beschaffungsprozesse IT-Referat und forderten kurz- hat das DIfE in den ersten drei fristig Laptops in großer Stück- Monaten mit der MACH-Software zahl, um anschließend erstaunt bearbeitet. Das schafft echte Arfestzustellen, dass diese gar nicht beitserleichterung in Zeiten der verfügbar waren. Hier ergaben Pandemie und darüber hinaus.

Heinz: Auch für uns war es ein großes Glück, dass wir in der Pandemie nicht bei null angefangen haben. Wir hatten Anfang 2020 bereits Telearbeitsplätze im vierstelligen Bereich. Telearbeit war bei den Führungskräften nicht ausnahmslos beliebt, da es ein gewisses Maß an Unsicherheit gab, ob die Aufgabenerledigung in gleicher Menge und Qualität stattfindet wie im Büro. Ich glaube, die Pandemie hat viele Zweifler eines Besseren belehrt. Natürlich müssen Führungskräfte z. B. bei der Organisation von Referatsbesprechungen mehr Dinge beachten. Auch die Technik muss passen und funktionieren und letztlich muss auch organisiert werden, dass wir auch bei Telearbeit gerade in den Dienstleistungsbereichen für unsere Kunden ansprechbar sind. Das bedeutet: Auch die Teams müssen sich ein Stück weit intensiver abstimmen, was die Kundenbetreuung angeht. Das ist klassische Führungs- und Organisationsaufgabe der Teams, hier Lösungen zu finden, d. h. auch mehr Selbstverantwortung. Das hybride Arbeiten hat in der Pandemie den Praxistest für mich sehr gut bestanden. Darauf können wir aufbauen. Behörden Spiegel: Eine besondere Herausforderung in Pandemiezeiten ist sicherlich die Inte­ gration neuer Mitarbeiter. Welche Erfahrungen haben Sie bei MACH gesammelt? Mensching: Das Onboarding ist sicherlich in digitalen Zeiten ein schwieriges Thema. Bei uns durchlaufen regelmäßig durchschnittlich 15 – 20 neue Beschäftigte ein Ausbildungsprogramm, in dem normalerweise das Netzwerk für die nächsten Jahre entsteht. Wir haben versucht, immer im Rahmen des Erlaubten, in möglichst großen Räumen mit viel Lüften hier auch Präsenztermine durchzuführen, um die Leute physisch zusammenzubringen, das Menschliche erlebbar zu machen und die Netzwerkbildung zu unterstützen. Diese Schulungen waren fast der einzige Anlass, zu dem wir ins Büro gegangen sind. Wir haben zwar auch komplett digitale Ausbildungsprogramme zum Onboarding durchgeführt, aber da fehlte dann eben das Teambuilding.

Bündelung light Digitalminister Wissing wird vor allem Koordinierungsfähigkeiten beweisen müssen (BS/Matthias Lorenz) Mit dem Organisationserlass der Bundesregierung wurde bei den Digitalisierungszuständigkeiten einiges hin und her getauscht, anderes blieb beim Alten. Obwohl es nun ein Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gibt, verbleiben einige wichtige Digitalthemen federführend bei anderen Ressorts, wie die IT-Konsolidierung oder die IT-Sicherheit. Eine echte Kompetenzbündelung, wie es einige Akteure vor der Bundestagswahl gefordert hatten, gibt es nicht.

A

uch wenn es Volker Wissing bei einem seiner ersten öffentlichen Auftritte in der Funktion als Digitalminister auf der Jahresauftaktveranstaltung des Verbands der Internetwirtschaft eco nicht zugeben wollte: Die digitalen Zuständigkeiten sind innerhalb der Bundesregierung auch knapp zwei Monate nach deren Antritt noch nicht restlos geklärt. Medienberichten zufolge werde es in dieser Hinsicht möglicherweise erst Anfang der dritten Februarwoche Klarheit geben. “Wir haben Klarheit”, lautete da­g egen Wissings Botschaft. Schließlich sei der Organisationserlass von Bundeskanzler Olaf Scholz ja bereits abgeschlossen. Er erkenne in dem Erlass eine Bündelung der Digitalthemen in seinem Ressort. Gleichzeitig sei er froh, dass die Digitalisierung auch in anderen Häusern verortet sei. “Es braucht ja oft sehr fachspezifische Kenntnisse, nehmen Sie als Beispiel die Digitalisierung des Gesundheitswesens”, erklärt der FDP-Politiker. Hier wolle er kein Vormund sein. Er verspricht jedoch, darauf zu achten, dass

die Digitalisierung in den anderen Ressorts auch umgesetzt werde. “Da werden wir auch nerven.”

Zuständigkeiten: noch vieles unklar Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender des eco-Verbandes, sieht im Gegensatz zum Minister die Zuständigkeiten noch nicht restlos geklärt. Bei einigen Details warte man darauf, wo genau die Zuständigkeiten liegen würden. “Hier ist noch vieles unklar”, so Süme. Er fordert die AmpelRegierung auf, nun schnellstmöglich eine Digitalstrategie zu verabschieden, damit Klarheit über ihre Digitalisierungsvorhaben herrsche. Laut Wissing ist in dieser Hinsicht noch nichts spruchreif. Klar sei aber, dass auch das neue Digitalbudget dieser Strategie angepasst werden müsse. Für sein Ressort kündigte der Minister die Erarbeitung einer Gigabitstrategie noch im ersten Quartal dieses Jahres an. Doch eine umfassende Digitalstrategie lässt damit zunächst weiter auf sich warten. Die neue Vorsitzende des Digitalausschus-

ses im Bundestag, Tabea Rößner (Grüne), hat hierfür auch eine Erklärung: “Die Digitalstrategie soll anders aussehen als die vorherigen.” Anstatt einfach nur die Digitalthemen der Ressorts nacheinander abzuarbeiten, wolle man ein übergreifendes Dokument erstellen. Die Strategie müsse in sich konsistent werden, deswegen müsse es Abstimmungsprozesse geben. Auch für den Digitalausschuss sind die genauen Zuständigkeiten noch unklar. Dies liegt daran, dass die Bundestagsausschüsse in der Regel die Zuständigkeiten der Bundesministerien widerspiegeln. Heißt: Solange die Zuständigkeiten der Ressorts noch nicht restlos geklärt sind, müssen auch die Ausschüsse auf ihre genaue Zuständigkeitsverteilung noch warten. Mit der neuen Legislaturperiode hat der Digitalausschuss aber auf jeden Fall eine Aufwertung erfahren: “Wir haben jetzt die Federführung für bestimmte Themen inne”, erläutert Rößner. Die Ausschussvorsitzende nennt hier zum Beispiel den Breitbandausbau und die Telekom-

munikation sowie die nationale und internationale Digitalpolitik. Für bestimmte Themen kann sie sich darüber hinaus auch die Co-Federführung gemeinsam mit anderen Ausschüssen vorstellen. Auf jeden Fall brauche der Digitalausschuss ein eigenes Sekretariat und einen eigenen Tagungsraum, um effektiv arbeiten zu können.

Viele Köche… So zeigt sich: Die Digitalpolitik wird in Deutschland auch zukünftig viel aus Abstimmungsprozessen bestehen. Verschiedene Bundestagsauschüsse werden zusammenarbeiten müssen, genauso wie verschiedene Ressorts. Gute Koordinierung wird deswegen wichtig sein. Einbezogen werden müssen auch die verschiedenen föderalen Ebenen, Stichwort OZG-Umsetzung. Immerhin: “Eine gute Bund-LänderKoordinierung ist mir ein sehr wichtiges Anliegen”, sagt Rößner. Dies sei insbesondere relevant, damit Deutschland auch gegenüber der EU, die inzwischen in Sachen Digitales viel beschließe,

Steht vor großen Aufgaben, doch vor welchen genau? Der neue Minister für Digitales und Verkehr, Volker Wissing. Foto: BS/eco e. V.

geschlossen auftrete. “Auf dieser Ebene hat Deutschland in der Vergangenheit nicht immer mit einer Stimme gesprochen”, bemängelt die Digital-Politikerin. Der Koordinierungsaufwand scheint schon an diesem Punkt immens. Mehrere Bundesressorts, alle föderalen Ebenen sowie die Ausschüsse müssen sich abstimmen. Eco-Vorstandsvorsitzender Süme merkt an: “Bei der Digitalisierung muss man möglichst viele Stakeholder in

die Gesetzgebung mit einbeziehen.” Er nennt zum Beispiel die Wirtschaft, die Wissenschaft und die Zivilgesellschaft. Am Digitalisierungsrezept für die Bundesrepublik werden also auch weiterhin viele Köche arbeiten. Welche Auswirkungen das hat, wird sich zeigen. Insgesamt wird aber schon jetzt deutlich: Die Digitalisierung Deutschlands ist und bleibt ein Querschnittsthema. So begreift sie auch die neue Bundesregierung, wie auch Volker Wissing betont. Trotzdem hatte sich im Vorfeld der Bundestagswahl vor allem die FDP eine Bündelung der Digitalthemen in einem Ressort gewünscht. Auch wenn der Minister nun sagt, man habe die Kompetenzen innerhalb der Bundesregierung neu gebündelt: Faktisch lassen sich dafür recht wenig Belege finden. Ja, das BMDV hat im Vergleich zum alten Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur neue Zuständigkeiten bekommen. Vieles ist aber beim Alten geblieben oder wurde schlicht umverteilt. Allenfalls also eine “Bündelung light”.


Informationstechnologie

Behörden Spiegel / Februar 2022

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Europäisches Parlament beschließt DSA

Investition in Mobility-Know-how

Verbesserungsvorschläge kommen aus Deutschland

Die Materna-Gruppe kauft das Unternehmen TraffGo Road

(BS/lma) Das Europäische Parlament hat den Digital Service Act (DSA) mit breiter Mehrheit beschlossen. (BS/Christine Siepe*) Die Materna-Gruppe hat das Krefelder Unternehmen TraffGo Road GmbH übernommen, Damit ist der Weg frei für Verhandlungen mit den EU-Mitgliedsstaaten. Wird das Gesetz letztendlich verab- das auf IT-Lösungen für die Verarbeitung von Verkehrsdaten spezialisiert ist. schiedet, treten weitreichende Regelungen für Online-Plattformen in Kraft. Im Detail enthält das vom Parlament verabschiedete Gesetzespaket Vorschriften zur Bekämpfung illegaler Waren, Dienste und Inhalte im Internet. Dazu zählten unter anderem klar definierte Verfahren zu deren Entfernung, erklärte das Parlament in einer Mitteilung. So müssten Anbieter von Hosting-Diensten auf Meldungen möglicher illegaler Inhalte sofort reagieren und, wenn nötig, diese entfernen. Dabei müssten sie allerdings die Grundrechte wie das Recht auf freie Meinungsäußerung beachten. Sehr große OnlinePlattformen würden besonders in die Pflicht genommen, weil illegale oder schädliche Inhalte über sie besonders gut verbreitet werden könnten, heißt es.

Änderungen beschlossen Das Parlament hat auch Änderungen am Kommissionvorschlag vorgenommen. Die wohl gravierendste legt fest, dass Nutzerinnen und Nutzer die Möglichkeit bekommen, von Plattformen Schadensersatz zu verlangen, falls diese ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkommen sollten und dadurch Schäden entstehen. “Es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass das, was offline illegal ist, auch online illegal ist. Wir müssen sicherstellen, dass wir digitale Regeln zum Nutzen der Verbraucher und Bürger einführen”, sagt Christel Schaldemose, die Leiterin des Verhandlungsteams für das Parlament (Fraktion der Sozialdemokraten). Die europäische Kommission begrüßte das Votum des Parlaments. “Europa ist der erste

Kontinent der Welt, der eine umfassende Reform unseres digitalen Raums in Angriff nimmt”, erklärte der EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton. Man sei dabei, durch den DSA und den Digital Markets Act den digitalen Raum sowohl in Bezug auf gesellschaftliche als auch auf wirtschaftliche Aspekte neu zu ordnen. Breton hofft, dass der europäische rechtliche Rahmen zum Maßstab für Demokratien auf der ganzen Welt wird.

es klar definierte Löschfristen für illegale Inhalte geben. Für einen besseren Jugendschutz schlägt die Digitalministerin die verpflichtende Einführung eines Jugendschutz-Cockpits für Eltern vor. Diese könnten darüber dann bestimmte Filtereinstellungen in den entsprechenden Plattformen vornehmen. “Das Gesetz muss aber von Anfang an auch schlagkräftig sein, sonst läuft es Gefahr, zu einem Papiertiger zu werden”, sagt die CSU-Politikerin.

Zustimmung aus Deutschland Medienfreiheits- und -vielfaltsschutz weiter erhöhen Auch in Deutschland stieß der

Beschluss des Europäischen Parlaments auf Zustimmung. “Der DSA stärkt Verbraucherinnen und Verbraucher in der digitalen Welt und schafft einen EUweiten, harmonisierten Rechtsrahmen für Diensteanbieter und Plattformen – durch klare Regeln für den Umgang mit illegalen Inhalten und mehr Transparenz”, kommentiert Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Digitalverbands Bitkom. Der DSA müsse so ausgestaltet werden, dass er im globalen Maßstab Standards setze. Für die anstehenden Trilog-Verhandlungen zwischen Kommission, Rat und Parlament erhofft sich Rohleder, dass die Balance zwischen hohem Verbraucherschutz und Förderung europäischer Unternehmen und Start Ups gelingen werde. Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach erklärte, die Regulierung sei ein überfälliger Schritt. Mit der nun beschlossenen Version des DSA habe man bereits viel erreicht. Allerdings fordert Gerlach Nachschärfungen: So müsse

Die Kulturstaatsministerin der Bundesregierung, Claudia Roth (Grüne), zeigte sich zufrieden mit der vom Europäischen Parlament beschlossenen Version des DSA. Beim Kommissionsvorschlag habe die Notwendigkeit bestanden, Änderungen vorzunehmen, insbesondere im Hinblick auf Meinungs- und Pressefreiheit. “Deshalb wirbt die Bundesregierung zusammen mit den Ländern intensiv dafür, für journalistischredaktionelle Inhalte im Digital Service Act eine Privilegierung zu erreichen, damit große Plattformen nicht ausschließlich auf der Grundlage ihrer privaten Regeln über die Verbreitung und Zugänglichkeit von journalistischen Inhalten entscheiden”, erläutert Roth. Der jetzige Beschluss gehe genau in diese Richtung, da dieser vorsehe, dass Plattformen die Meinungsfreiheit sowie die Medienvielfalt und -freiheit in ihren AGBs berücksichtigen müssten. Dieser Schutz müsse in den nun anstehenden Trilog-Verhandlungen noch weiter erhöht werden.

Materna ist im Markt für Mobility-Lösungen erfolgreich tätig und hat bereits gemeinsam mit der TraffGo Road für die Autobahn GmbH des Bundes die Verkehrszentrale Deutschland (VZD) entwickelt, die künftig bundesweit das Verkehrsmanagement koordiniert – gemeinsam mit den acht weiteren Verkehrszentralen. Mit dem Zukauf von TraffGo Road baut Materna die Position in diesem Marktsegment nachhaltig weiter aus und adressiert Kunden wie Bundesbehörden, Landesverwaltungen sowie Städte und Gemeinden in einem gemeinsamen Marktangang. “TraffGo Road verfügt über hochspezialisiertes Know-how im Umfeld von Mobility-Lösungen, mit dem wir unser Portfolio gezielt weiter ausbauen, wie zum Beispiel in Richtung Geoinformationssysteme und “Floating Car Data”-Analyse. Das sehr gute Markt- und Partnernetzwerk der TraffGo werden wir im Sinne unseres Partner-Ecosystems gemeinsam weiter stärken”, erläutert Martin Wibbe, CEO der Materna-Gruppe. “Die TraffGo Road GmbH hat sich in den letzten 20 Jahren in vielen Projekten einen guten Ruf erarbeitet. Als Teil der MaternaGruppe kann sich TraffGo vor allem auf die strategische und inhaltliche Ausgestaltung des Portfolios konzentrieren”, begründet Dr. Joachim Wahle, geschäftsführender Gesellschafter der TraffGo Road GmbH, den Verkauf. Die TraffGo Road GmbH wurde 2001 von Dr. Joachim Wahle gegründet. Das Unternehmen entwickelt intelligente IT-Konzepte und IT-Lösungen für Kommu-

Vertragsunterzeichnung zwischen Materna und TraffGo Road (v.l.n.r.): Michael Hagedorn (Geschäftsbereichsleiter Public Sector bei Materna), Rechtsanwalt Holger van Ooy (TraffGo), Dr. Joachim Wahle (Geschäftsführer TraffGo Road), Martin Wibbe (CEO Materna-Gruppe), Paul Lange (Materna) Foto: BS/Materna

nen und Landesverwaltungen im Bereich multimodaler Verkehrsinformationen sowie für die automatisierte Aufbereitung, Auswertung und Visualisierung großer Verkehrsdatenbanken. Das Krefelder Unternehmen greift immer wieder innovative Konzepte auf und setzt diese um, beispielsweise mit dem Bezahllotsen, um “Knöllchen” direkt mobil über PayPal oder andere Payment-Services zu bezahlen. Seit Oktober 2021 betreibt TraffGo für die Freie und Hansestadt Hamburg smarte Ladezonen (Projekt Smala), in denen die Lieferwagen KurzzeitParkplätze vorbuchen können. TraffGo Road arbeitet für Kunden wie die Autobahn GmbH des Bundes, die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz sowie Verkehrsministerien verschiedener Bundesländer. Für Smartparking, eine Initiative für digitale Parkraumbewirtschaftung, betreut die TraffGo Road HandyParken in über 250 Städten in Deutschland und Österreich. Innovative Verkehrskonzepte benötigen eine Vielzahl von Daten aus

unterschiedlichsten Quellen. Damit die verschiedenen Akteure vom Bundesverkehrsministerium über Landesbehörden, Kommunen und private Verbände bis hin zu Bahnbetreibern, Logistikunternehmen und der Automobilwirtschaft ihre Daten zum gegenseitigen Nutzen austauschen können, bedarf es innovativer IT-Lösungen, um die Daten intelligent zu verarbeiten, aufzubereiten und zu visualisieren. In diesem Markt für MobilityLösungen ist Materna bereits heute erfolgreich tätig und verstärkt das Engagement durch den Zukauf von TraffGo. Eines der wichtigsten Projekte von Materna bei MobilityLösungen ist der MobilitätsdatenMarktplatz, über den die verschiedenen Akteure wie Bund, Länder, Kommunen und private Anbieter Verkehrsinformationen zum gegenseitigen Nutzen austauschen können. Ein weiteres Projekt ist die Verkehrszentrale Deutschland, die seit Dezember 2021 online ist. *Christine Siepe leitet die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Materna.

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WEBINAR: Open Data für Kommunen und Kreise: Besser planen und steuern mit öffentlichen Daten 2. März 2022, 10:00 – 13:00 Uhr

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OZG

Behörden Spiegel / Februar 2022

Neuer Schwung für das OZG

D

amit die OZG-Umsetzung dennoch zum Erfolg wird, hat Rheinland-Pfalz zum Beginn des Jahres seine Umsetzungsstrategie angepasst und die Weichen für den weiteren Prozess neu justiert. Das rheinland-pfälzische Digitalisierungsministerium und die kommunalen Spitzenverbände in Rheinland-Pfalz haben gemeinsam Meilensteine beschlossen, wie der weitere Weg der Umsetzung des OZG 2022 gemeinsam beschritten werden soll. Land und Kommunen sind dabei von dem Grundsatz geleitet, dass sich der weitere OZG-Prozess an der Perspektive der Nutzerinnen und Nutzer orientieren muss. Kern der aktualisierten Meilensteinplanung ist daher eine eigenständige und zielgerichtete Priorisierung der umzusetzenden digitalen Lösungen.

Neue Meilensteinplanung Mit der neuen Meilensteinplanung setzen wir auf eine Strategie der zwei Geschwindigkeiten: Während die große Masse der 575 OZG-Leistungen um oder nach dem gesetzlich festgeschriebenen Stichtag nach und nach im Ziel ankommen wird, sollen zentrale Online-Services mit Hochdruck vorangetrieben und noch vor Ende 2022 die Ziellinie erreicht haben. Dafür gilt es, eine Priorisierung der vorrangig zu digitalisierenden Verwaltungsdienstleistungen vorzunehmen, fertige Einer-für-Alle-Prozesse unmittelbar und flächendeckend einzuführen und damit eine konsequente Ausrichtung an der Lebenswirklichkeit der Nutzerinnen und Nutzer zu organisieren. Denn die digitale Transformation der öffentlichen Verwaltung wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie von den Menschen im

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Der rheinland-pfälzische Weg zur digitalen Verwaltung (BS/Fedor Ruhose) Auf dem Weg zum digitalen Staat ist das Jahr 2022 ein zentraler Meilenstein. Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes biegt auf die Zielgerade ein. Bund, Länder und Kommunen werden darin verpflichtet, bis Ende 2022 alle Verwaltungsleistungen auch digital anzubieten. Doch bei der Mammutaufgabe Verwaltungsdigitalisierung zeichnet sich bereits heute ab: Trotz des gesamtstaatlichen Kraftakts im föderalen Zusammenspiel von Bund, Ländern und Kommunen wird es nicht gelingen, alle 575 OZG-Leistungen zum Stichtag 31. Dezember 2022 über die Ziellinie zu bringen – Einer-für-Alle-Prinzip hin oder her. Die Aufgabe auf der Bundesebene ist daher klar: Der durch das Onlinezugangsgesetz vorgegebene Zeitplan bedarf einer Aktualisierung. Land getragen wird. Ob das digitale Verwaltungsangebot angenommen wird und die hohen Erwartungen erfüllen kann, hängt maßgeblich von der Qualität und der Verfügbarkeit der angebotenen Leistungen sowie den tatsächlichen Bedürfnissen ab, die die Menschen und Unternehmen im Land haben. Für die weitere Umsetzung und Evaluierung der Meilensteinplanung muss daher neben den technischen Voraussetzungen auch inhaltlich nachgeschärft werden. Land und Kommunen flankieren daher die technische Meilensteinplanung mit einer inhaltlichen Priorisierung. Indem Land und Kommunen eine eigenständige Priorisierung der digitalen Lösungen vornehmen und in der gemeinsamen Meilensteinplanung verankern, entsteht neuer Schwung im OZG-Prozess. Ziel der getroffenen Vereinbarungen ist es, den Menschen im Land zum Stichtag 31. Dezember 2022 überall in Rheinland-Pfalz ein vergleichbares Angebot an digitalen Verwaltungsleistungen zur Verfügung zu stellen, das sich an ihrer konkreten Lebenswelt orientiert. Durch die zielgerichtete Priorisierung entsteht darüber hinaus ein unmittelbarer Mehrwert für die beteiligten Landes- und Kommunalverwaltungen, deren Ressourcenbedarf sich durch die

Automatisierung stark nachgefragter Routinedienstleistungen so bereits zu einem frühen Zeitpunkt im Umsetzungsprozess deutlich reduziert. Die an die aktuellen Gegebenheiten angepasste OZG-Meilensteinplanung bildet die Grundlage für eine strukturierte Projektdurchführung auch über 2022 hinaus – von der Konzeption über die Bereitstellung von Technik bis hin zur Einführung fertiger Einer-für-alle-Prozesse. Die technische Meilensteinplanung basiert auf vier Projektphasen, an deren Umsetzung fortlaufend und parallel gearbeitet wird. Um eine strukturierte, am aktuellen Stand orientierte Steuerung zu gewährleisten, werden die Landesregierung und die kommunalen Spitzenverbände in den OZG-Projekten ein fortlaufendes und enges Monitoring der OZGMeilensteinplanung verfolgen. Insbesondere werden im ersten Quartal 2022 die Erfahrungen der rheinland-pfälzischen Pilotkommunen in die weitere Meilensteinplanung einfließen und Schlussfolgerungen für die notwendige Betreuungsinfrastruktur beim Landesbetrieb Daten und Informationen gezogen. Den Aufbau der Betreuungsstruktur als Voraussetzung für eine reibungslose Inbetriebsetzung gilt es dabei besonders zu beachten.

Thüringen. Die in diesen Ländern erarbeiteten VerFedor Ruhose ist CDO/ CIO des Landes Rheinlandfahren stellen sich Pfalz und Staatssekretär im die Länder wechMinisterium für Arbeit, Soselseitig zur Verfüziales, Transformation und gung und sichern Digitalisierung des Landes so auch ein Stück Rheinland-Pfalz. Unabhängigkeit im OZG-UmsetFoto: BS/MASTD,Peter Pulkowski zungsprozess. Davon profitieren Land und Kommunen haben hier auch andere Bundesländer: Eigeteilte Verantwortungen. ne Nachnutzung ist dank der Bei der inhaltlichen Priorisie- konsequenten Plattformstrategie rung legen wir mit Blick auf das jederzeit technisch möglich, soZieldatum 31. Dezember 2022 dass Pilotprojekte nur in einem den Fokus auf diejenigen Online- Land erfolgen müssen. Services, die einen erkennbaren, direkten Nutzen für die Menschen Blick über den OZG-Stichtag hinaus richten im Land haben und in ihren Alltagserfahrungen mit Ämtern und Die VerwaltungsdigitalisieBehörden die größte Rolle spie- rung bleibt auch über die aklen. Daneben werden die OZG- tuelle OZG-Umsetzung hinaus Lösungen priorisiert, die zur För- ein hochkomplexer Prozess, der derung des Wirtschaftslebens höchste Anforderungen an die von besonderer Bedeutung sind. Planungs- und SteuerungsinRheinland-Pfalz verfolgt dabei stanzen aller beteiligten staatlieine Priorisierung entlang von Le- chen Ebenen stellt – im Bund, in benslagen – etwa die Bündelung den Ländern und auf der komaller notwendigen An- und Um- munalen Ebene. Umso wichtimeldungen für neu Zugezogene ger ist es bereits jetzt, den Blick oder aller Verwaltungsvorgänge, über den OZG-Stichtag hinaus die zur Anmeldung eines neuen zu richten und die Weichen für Gewerbes durch einen Gewerbe- die vollständige und durchgäntreibenden gehören. Dafür nutzt gige Digitalisierung aller VerRheinland-Pfalz auch die enge waltungsleistungen zu stellen. Abstimmung im OZG-Verbund Dafür bedarf es auf Bundesebene Mitte mit Hessen, Saarland und eines OZG-Fortführungsgeset-

zes – eines OZG 2.0 –, das die Herausforderungen angeht, die sich im aktuellen Prozess zeigen. Insbesondere die Ende-zu-EndeDigitalisierung von Verwaltungsprozessen auf der kommunalen Ebene, die weitere Verbesserungen mit sich bringt, muss einen anderen Zeitplan erhalten. Darüber hinaus brauchen wir mit dem Bund eine Verständigung über die Folgefinanzierung der Verwaltungsdigitalisierung, die sich an den bereitgestellten Mitteln des Corona-Konjunkturpakets orientieren muss. Die digitale Transformation der öffentlichen Verwaltung endet somit nicht mit der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes, sie bleibt eine Daueraufgabe aller staatlichen Ebenen. Die Chancen der Digitalisierung müssen wir weiter nutzen, um die Modernisierung unseres öffentlichen Gemeinwesens konsequent weiter voranzutreiben. Eine so verstandene Fortschreibung des Online-Zugangsgesetzes sollte die Digitalisierungskompetenz des Staates nicht als zu erreichenden Aggregatszustand, sondern als Veränderungskompetenz der öffentlichen Hand hin zu einem modernen und leistungsfähigen Staat verstehen. Denn ein modernes Land braucht einen modernen Staat, der auch digital handlungsfähig ist.

OZG: In Thüringen wächst die Ungeduld

Schriftform fällt

CIO Schubert mahnt die Kommunen

NRW beschließt neues Digitalisierungsgesetz

(BS/Matthias Lorenz) In weniger als einem Jahr läuft die Frist zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) ab, ab Jahresbeginn 2023 müssen die meisten Verwaltungsdienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger auch online verfügbar sein. Angesichts dieses zunehmenden Zeitdrucks wächst die Ungeduld bei den Beteiligten. Zumindest war diese Ungeduld dem Thüringer Finanzstaatssekretär und Landes-CIO, Dr. Hartmut Schubert, auf der Regierungsmedienkonferenz anlässlich der Tagung des Thüringer Digitalkabinetts deutlich anzumerken. “Mittlerweile ist es bundesweit so, dass alle Beteiligten Zweifel daran haben, dass der Termin zu halten ist”, stellte Schubert gleich zu Beginn seiner Ausführungen fest. Für Thüringen macht er diese Zweifel vor allem an zwei Entwicklungen fest. Zum einen hat er die Sorge, dass Einerfür-Alle(EfA)-Leistungen nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden, also jene Leistungen, die ein Bundesland federführend für alle anderen entwickeln soll. Die Bereitstellung bleibe “hinter den Erwartungen zurück”. Zum zweiten bemängelt Schubert die mangelnde Einführung von bereits entwickelten Leistungen in den Kommunen.

Frist für EfA-Leistungen Um der ersten Entwicklung zu begegnen, setzt man in Thüringen zukünftig auf das Motto “Dann machen wir es eben selbst”. Laut Schubert beschloss das Digitalkabinett für EfA-Leistungen noch eine Galgenfrist bis zum 31. Mai. Sollten EfA-Leistungen dann noch nicht vorliegen, werde der Freistaat die Leistung selbst entwickeln, kündigte der CIO an. Damit wäre die Idee von EfA, nämlich bundesweit möglichst einheitliche Leistungen zu haben, allerdings passé. Zumindest entstünden Thüringen durch das Vorgehen keine nennenswerten Mehrkosten, so das Versprechen Schuberts. Zwar zahle der Bund die Entwicklungskosten für EfALeistungen, die Thüringen dann selbst übernehmen müsste. Andererseits rechnet der CIO für diesen Fall mit geringeren Betriebs- und Weiterentwicklungskosten. Einen Grund für die oft schleppende Entwicklung von EfA-

Leistungen sieht Schubert bei den Fachverfahrensherstellern. Für die Verwaltung sei nämlich entscheidend, dass Leistungen medienbruchfrei abgewickelt werden könnten, nicht nur, wie es das OZG vorsehe, dass die Leistung dem Nutzer elektronisch angeboten werden müsse. “Hier gibt es noch Probleme mit Fachverfahrensherstellern, die ihre Schnittstellen nicht preisgeben”, berichtet Schubert und kündigt an, auf diese den Druck zu erhöhen. Würden die Schnittstellen nicht freigegeben, werde die Leistung neu ausgeschrieben, und der betroffene Hersteller sei dann im Zweifel “weg vom Fenster”.

(BS/lma) Der nordrhein-westfälische Landtag hat das “Gesetz zur Stärkung der medienbruchfreien Digitalisierung” beschlossen. Das zuständige nordrhein-westfälische Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie (MWIDE) hält das Gesetz für einen Meilenstein im Gesetzgebungsprogramm der Landesregierung zur Förderung Trotzdem werden nicht alle die kommunalen Verwaltungen. der Digitalisierung der Verwaltung.

Leistungen von Beginn an volldigital zur Verfügung stehen, auch wenn sich gemäß Schuberts Analyse nur dann ein wirklicher Gewinn für die Kommunen ergebe. Nichtsdestotrotz appelliert der CIO an die Kommunen, die digitalen Leistungen nun auch wirklich einzuführen. “Wir stellen ihnen ja alles kostenfrei zur Verfügung.” Es gebe die Basisdienste, EfA-Leistungen sowie personelle und finanzielle Unterstützung. “Es ist aber noch nicht in allen Verwaltungen angekommen, dass man sich der Sache annehmen muss.” In einer Hinsicht stellt sich Schubert aber schützend vor

Auf die Frage, ob Nutzerinnen und Nutzer ab 2023 Ansprüche gegen die Verwaltung geltend machen könnten, sofern eine Leistung nicht elektronisch verfügbar sei, sagt er: “Es wird nicht dazu kommen, dass Bürger gegen Kommunen vorgehen.” Dies sagt er aber nicht etwa aus dem Glauben heraus, dass alle Dienstleistungen rechtzeitig verfügbar werden. Vielmehr fordert er an dieser Stelle Änderungen im OZG, damit es nicht zu solchen Fällen komme. Schubert spricht in diesem Kontext von “Nachschärfungen”. Ehrlicher wäre an dieser Stelle allerdings der Begriff “Entschärfung”.

Konkret sorgt das Gesetz dafür, dass sofort Schriftformerfordernisse in rund 100 Fachgesetzen und -verordnungen abgebaut werden, erklärt das Ministerium. Dadurch werde nicht nur das Verwaltungshandeln effizienter, sondern auch Unternehmen würden entlastet. “Digitale Fortschritte laufen ins Leere, solange Gesetze und Verordnungen lediglich die analoge Welt abbilden und weiter auf Papier-Unterschriften oder persönlichem Erscheinen beharren”, sagt NRWs Digitalminister Prof. Andreas Pinkwart (FDP). Nur wenn das Recht digitalfreundlich sei, könnten die Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen in vollem Umfang von der Verwaltungsdigitalisierung profitieren.

Experimentierklausel kommt Daneben wird mit dem Gesetz eine Experimentierklausel eingeführt. Dadurch könnten der Ministerpräsident und die Landesministerien Bereiche festlegen, in denen sie zur Erprobung digitaler Arbeitsweisen in der Verwaltung Ausnahmen von Zuständigkeitsund Formvorschriften zuließen, heißt es seitens des MWIDE weiter. Kommunen hätten hier ein Antragsrecht, um Vorschläge aus ihren konkreten Erfahrungen vor Ort zu machen. Laut Prof. Andreas Meyer-Falcke, dem CIO der nordrhein-westfälischen Landesregierung, ist dieses Antragsrecht zentral, denn: “Über die Kommunen erreichen uns die praktischen Verbesserungsvorschläge der Bürgerinnen, Bürger Der Umsetzungsdruck wächst. Der Thüringer CIO Dr. Hartmut Schubert appelliert deswegen an die Thüringer Kommunen und Unternehmen. Wir werden (hier die Wartburg bei Eisenach), OZG-Leistungen auch zu implementieren. Foto: BS/Klaus Dieter vom Wangenheim, pixabay den Kommunen daher zeitnah

praktische Hinweise zur Nutzung der Experimentierklausel zur Verfügung stellen.” Zusätzlich sieht das Gesetz vor, dass Bürger und Unternehmen der Landesregierung direkt Anregungen geben können, falls sie Schriftformerfordernisse in ihrem Alltag erleben, die sie für entbehrlich halten. Hierfür will die Landesregierung ein zentrales Meldeverfahren etablieren.

Beteiligungsportal wurde genutzt Wie das MWIDE weiter mitteilt, wurde die Erarbeitung des Gesetzentwurfs für ein Pilotprojekt genutzt. Die Bürger NRWs hatten demnach erstmals die Chance, sich über das neue zentrale Beteiligungsportal des Landes an dem Entwurf zu beteiligen. Das Portal “Beteiligung.NRW” sei nunmehr im E-Government-Gesetz NRW verankert, um darüber im Regelfall alle elektronischen Öffentlichkeitsbeteiligungen durchzuführen und die rechtssichere Produktivsetzung Ende Februar 2022 zu gewährleisten. Ab diesem Zeitpunkt stehe das Portal allen Behörden des Landes und der Kommunen kostenlos für ihre Beteiligungsverfahren zur Verfügung. Die Landesregierung erhofft sich von dem neuen Gesetz weiteren Schwung für die Verwaltungsdigitalisierung. Aktuell belaufe sich die Anzahl der mindestens lokal angebotenen Online-Dienste für Einzelleistungen in den Städten und Gemeinden von NordrheinWestfalen auf 2.282 und die Zahl der Leistungsbündel auf 331, schreibt das MWIDE.


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Behörden Spiegel / Februar 2022

Auf der Zielgeraden

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Behörden Spiegel / Februar 2022

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eID-Transaktionen von Januar 2020 bis November 2021

(BS/lma/gg) Willkommen im Jahr 2022, auf der Zielgeraden des Onlinezugangsgesetzes. Wie viel noch zu tun ist, damit die Digitalisierung der Verwaltungsdienstleistungen nicht auf den letzten Metern ins Stocken gerät, zeigen unsere Grafiken und die Aussagen von OZG-Umsetzungsverantwortlichen. In 14 Themenfeldern müssen über 575 Leistungen digital verfügbar gemacht werden. Pro Themenfeld sind ein bis zwei Bundesländer sowie ein Bundesressort themenfeldführend. Damit eine Leistung im Sinne des OZG als digitalisiert gilt, muss sie mindestens Reifegrad 2 erreichen. Dies ist bei der Mehrheit der Leistungen noch nicht der Fall. Damit die Digitalisierung der Verwaltung darüber hinaus als Erfolg gelten kann, müssen die digitalen Leistungen von den Bürgerinnen und Bürgern auch genutzt werden. Hier muss ebenfalls noch Überzeugungsarbeit geleistet werden, wie das Beispiel eID-Transaktionen zeigt: Die Benutzerzahlen der digitalen Funktion des Personalausweises steigen zwar an, jedoch auf einem niedrigen Niveau. Es bleibt also viel zu tun.

302.966

286.897

302.914

316.565 286.345

284.401

295.369

313.095 315.285 287.227

263.366

194.029

Daten zum Reifegradmodell

160.531

Im Rahmen der OZG-Umsetzung zu digitalisierende Verwaltungsleistungen in Prozent

133.699

148.843

170.240

159.137

179.381

197.964

205.604

220.955

98.614 95.476

0/1

43, 13 %

3 / 4

Reifegrad 0 Keine Informationen online verfügbar Reifegrad 1 Die Lesitungsbeschreibung ist online verfügbar und das PDF steht als Download zum Ausdruck zur Verfügung.

2

15, 64 %

Stichwort: Ziel in Sicht Das OZG war die richtige Initialzündung, die durchgehende und nutzerzentrierte Digitalisierung von Verwaltung wird uns aber dauerhaft beschäftigen. Digitale Anträge müssen aus dem Blickwinkel der Antragsteller gestaltet sein, die digitalen Verfahren für die Abarbeitung müssen für die Mitarbeiter der Verwaltung einen klaren Mehrwert bringen. Nicht zuletzt mit der Registermodernisierung haben wir die Chance, Verwaltungsprozesse zu optimieren, Digitalisierung für eine effizientere Verwaltung zu nutzen und auch die Antragstellung von Mehrfachangaben und Daten zu befreien.

Reifegrad 3 Die Online-Leistung kann digital abgewickelt werden. Reifegrad 3 Die Once-Only-Beantragung ist online möglich. Daten und Nachweise werden aus Registern der Verwaltung abgerufen.

41, 24 %

Reifegrad 2 Eine Online-Beantragung ist grundsätzlich möglich. Nachweise können regelmäßig noch nicht online übermittelt werden.

Ina-Maria Ulbrich Staatssekretärin im Ministerium für Inneres, Bau und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern, CIO der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern

Dr. Uda Bastians Beigeordnete Dezernat Recht und Verwaltung, Deutscher Städtetag

Foto: BS/Ministerium für Inneres, Bau und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern

Foto: BS/Deutscher Städtetag

Stichwort: Fristgerechte Umsetzung Jede Diskussion zur fristgerechten Umsetzung des OZG muss länderübergreifend mit Blick auf das “Digitalisierungsprogramm föderal” geführt werden. Denn alle Länder müssen den Fokus jetzt auf die Schaffung von Online-Diensten legen, die nach dem “Einer für alle”-Prinzip nachgenutzt werden können. NRW hat hierfür technische sowie vergabe- und datenschutzrechtliche Standards entwickelt. Wenn wir diese zur Basis unserer gemeinschaftlichen Anstrengungen machen, können wir bis Ende 2022 noch viel erreichen. Stichwort: Herausforderung Die Technik ist weniger problematisch als die Einigung auf einen gemeinsamen Standard. Denn die IT-Landschaft in Landes- und Kommunalbehörden ist kaum harmonisiert, was die OZG-Umsetzung Prof. Dr. Andreas Meyer-Falcke nach dem “Einer für alle”-Prinzip auch auf Landesebene erschwert. CIO der Landesregierung Wer “Einer für alle” sagt, muss auch “Alle für einen” sagen – nämlich Nordrhein-Westfalen alle für einen Standard. Nur ein gemeinsamer Standard ermöglicht Foto: BS/M. Hermenau, MWIDE NRW eine schnell skalierende Entwicklung von Online-Services unter Einbeziehung aller verfügbaren IT-Dienstleister-Ressourcen.

Stichwort: Flächendeckende Basisdienste Zur formalen OZG-Umsetzung sind vier Basisdienste erforderlich: ein Verwaltungsportal, die Nutzerkonten, ein Postfach und eine Bezahlkomponente. Diese muss und wird jedes Land und der Bund anbieten. Darüber hinaus wird mit dem einheitlichen Organisationskonto der erste Basisdienst zentral bereitgestellt. Der Dokumentensafe und der Statusmonitor sollen als Komfortfunktionen folgen. Damit soll das Nutzererlebnis weiter verbessert werden. Stichwort: Nachfolgegesetz Verwaltungsdigitalisierung ist eine Daueraufgabe, die nicht mit der OZG-Frist endet. 2022 werden die Weichen für eine Weiterentwicklung gestellt werden, um mit einem “OZG 2.0” einen nahtlosen Übergang für eine weitere Digitalisierung der Verwaltung zu schaffen. Der Koalitionsvertrag im Bund enthält zudem neue Anforderungen an die Verwaltungsservices.

Dr. Markus Richter Staatssekretär im Bundesministerium des Innern und für Heimat, CIO der Bundesregierung

Stichwort: Das große Ganze Die OZG-Umsetzung ist mehr als die Summe ihrer Teile. Denn das Ziel ist eine lückenlose Digitalisierung von der Bürgerin bis hin zum Sachbearbeiter. Dazu braucht es eine nahtlose Anbindung der Fachverfahren sowie der entsprechenden Register. Das geht jedoch nur mit einer länderübergreifenden Infrastruktur – hier muss der Bund liefern! Stichwort: Flächendeckung Der Freistaat Bayern unterstützt die Kommunen mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket. So fördern wir Online-Verwaltungsleistungen über das “Digitale Rathaus” und bieten über den BayernStore fertige Anträge an. Mit Informationsveranstaltungen für Kommunen sorgen wir zudem für einen flächendeckenden Kompetenzaufbau. Zusätzlich belohnen wir mit der Auszeichnung “Digitales Amt” all jene Kommunen, die schon besonders weit auf dem Weg der OZG-Umsetzung sind. Damit die OZG-Umsetzung ein Erfolg in der Fläche wird, müssen die Kommunen selbst ambitioniert vorangehen.

” ” Judith Gerlach Bayerische Staatsministerin für Digitales Foto: BS/Staatsministerium für Digitales Bayern

Foto: BS/Henning Schacht

Stichwort: Kernschwierigkeit Die Landkreise stehen vor der Herausforderung, sich mit ihrem jeweiligen Land über die Bedingungen für eine Nutzung von OZG-Leistungen zu einigen. Hier sind derzeit finanzielle, (vergabe-)rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen regelmäßig noch nicht abschließend geklärt. Dies kann und wird verschiedentlich dazu führen, dass sich Landkreise nachvollziehbar für eine Eigenbeauftragung dritter, auch privater IT-Dienstleister entscheiden. Stichwort: Lehren für die Zukunft IT-Projekte werden in Deutschland immer noch bottom-down aufgesetzt. Die Definition und Entwicklung von Standards wird damit auf die lange Bank geschoben. Dies gilt für den OZG-Umsetzungsprozess ebenso wie für andere Großprojekte (z. B. Registermodernisierung, Cloud). So digitalisiert global niemand mehr. Um hier in einen zukunftsfähigen und innovativen Bottom-up-Prozess zu gelangen, muss die kommunale Vollzugsebene wirksam in die Entscheidungsfindung auf Bundesebene integriert werden.

Dr. Ariane Berger Leiterin Digitalisierung beim Deutschen Landkreistag Foto: BS/Deutscher Landkreistag

Stichwort: Programm-Management Im gemeinsamen OZG-Programm-Management mit dem BMI bringen wir als FITKO die unterschiedlichen Perspektiven zusammen. Mit unseren verschiedenen Informations- und Austauschveranstaltungen zum Beispiel ermöglichen wir den beteiligten Akteuren, sich zielgerichtet über aktuelle Themen der OZG-Umsetzung zu informieren und sich auch über OZG-Themen hinaus zu vernetzen. Damit schaffen wir Transparenz im gesamten Umsetzungsprozess und fördern die Zusammenarbeit über alle föderalen Ebenen hinweg. Stichwort: Strukturentwicklung Die FITKO wird ihren Beitrag dazu leisten, alle von ihr etablierten Strukturen aus der OZG-Umsetzung, die einen Mehrwert für die föderale Gemeinschaft erbringen, dauerhaft zu erhalten und fortzuentwickeln.

Stichwort: Einbindung der Kommunen Ohne die Städte geht es nicht – in den Kommunen werden rd. 75 Prozent der Verwaltungsleistungen erbracht, insbesondere die besonders stark nachgefragten. Die Kommunen wollen mitwirken und verfügen über die notwendige Expertise. Die Qualität der Einbindung hängt jedoch sehr vom jeweiligen Bundesland ab. Auch die kommunalen Informationsbedarfe und die Mitwirkungswünsche variieren – je nach OZG-Umsetzungsfahrplan im Land, aber auch abhängig von der Größe der Kommune und den Abstimmungsnotwendigkeiten mit weiteren beteiligten Akteuren. Viele offene Fragen werden derzeit leider weder vom Bund noch von den Ländern beantwortet – z. B. die Frage nach der Kostentragung ab 2023. Stichwort: Einer für alle Der Grundgedanke des EfA-Prinzips ist gut. Wir müssen mit Ressourcen haushalten und dürfen das Rad nicht ständig neu erfinden. Aber derzeit gibt es zu viele Unklarheiten. Die Städte wissen nicht, mit welchen finanziellen Folgen sie EfA-Leistungen bis zum Ablauf der OZG-Umsetzungsfrist Ende 2022 und ab 2023 nutzen können. Müssen die Städte Eigenanteile leisten? Werden sich Kostenanteile ab 2023 verändern? Das muss geklärt sein, um Haushalte aufzustellen und planen zu können.

Stichwort: Top-down vs. Bottom-up Ohne den so ausgeprägten Bottom-up-Ansatz wären wir bislang mit der OZG-Umsetzung in Baden-Württemberg nicht da, wo wir heute sind. Vor allen Dingen in der Anfangsphase der Corona-Pandemie haben engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (des Innenministeriums, der Kommunen und unserer IT-Dienstleister) viele Leistungen eigeninitiativ mit unserem Low-Code-Tool namens Universalprozess digitalisiert. Daraus ist eine Bewegung entstanden, die dezentral bis heute mehr als 200 Online-Dienste im Reifegrad 3 erstellt hat. Gleichzeitig wurde das Minimal-Viable-Product (MVP) vom Universalprozess stetig verbessert und erlaubt nun eine vollwertige Leistungsdigitalisierung sowie die Anbindung von Fachverfahren. Mit diesem Ansatz konnten wir viele Menschen überzeugen und somit auch den ersten Platz beim E-Government-Wettbewerb in der Kategorie “Bestes Projekt zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes 2020” belegen.

Stefan Krebs Ministerialdirektor, CDO/CIO der Landesregierung BadenWürttemberg Foto: BS/Laurence Chaperon

Themenfelder und federführende Bundesländer Arbeit & Ruhestand

Bauen & Wohnen

Bildung

Ein- & Auswanderung

Engagement & Hobby

Familie & Kind

Forschung & Förderung

Nordrhein-Westfalen

Mecklenburg-Vorpommern

Sachsen und Sachsen-Anhalt

Brandenburg

Nordrhein-Westfalen

Bremen

Bayern

” Dr. Annette Schmidt Präsidentin der FITKO (Föderale IT-Kooperation)

Gesundheit

Mobilität & Reisen

Querschnittsleistungen

Recht & Ordnung

Steuern & Zoll

Umwelt

Unternehmensführung & -entwicklung

keine Federführung

Niedersachsen & Sachsen

Baden-Württemberg & Hessen

Berlin

Sachsen

Hessen

Rheinland-Pfalz & Schleswig-Holstein

Hamburg

Saarland & Thüringen

Foto: BS/FITKO

Quellen: BS/OZG-Transformationsplattform, Ressorts (TF-Federführung), Stand 19.01.2022; OZG-Dashboard; OZG-Informationsplattform

Grafiken: BS/Hoffmann unter Verwendung von r0b_,stock.adobe.com; Wizatnicko, stock.adobe.com; Onidji, stock.adobe.com


Informationstechnologie

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Behörden Spiegel / Februar 2022

Mehr Agilität wagen

Die richtige Norm finden

Schlüssel zur erfolgreichen digitalen Verwaltung

Ein erster Überblick verschafft Orientierung

(BS/André Henke) Ist Agilität der Schlüssel zum Erfolg für die Verwaltung? Aktuell spielt das Thema Agilisierung der Verwaltung auch im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition eine gewichtige Rolle. Agilität ist für die Verwaltung ein Zukunftsthema, das national und international zunehmend an Bedeutung gewinnt. Um im Zuge dieser Entwicklung den Informationsaustausch – von der Verwaltung für die Verwaltung – voranzutreiben, werde ich im Rahmen einer Artikelserie über das Programm digitale Verwaltung Niedersachsen und der damit verbundene agile Transformation berichten.

(BS/Dirk Weingarten) Auch bei der Suche nach der (wohl) richtigen Norm ist es wie im richtigen Leben. Manche können miteinander, andere wiederum nicht. Mache bedingen einander, wiederum andere nicht. Abhilfe schafft ein erster Überblick. Also: Wer spielt alles mit? Der Global player ist die “Datenschutz-Grundverordnung” (DSGVO); bei der es übrigens bis zum heutigen Tag noch keine einheitliche Schreibweise gibt; mal mit, mal ohne Bindestrich, mal ein “EU” davor, meist jedoch nicht. Die DSGVO steht über den Dingen.

Mit viel Beharrlichkeit, etwas Glück und großem Vertrauen der Landesregierung haben wir gemeinsam eine Erfolgsgeschichte geschrieben – einschlägige Beratungsunternehmen nennen es “Leuchtturm der Verwaltung”. Obwohl unser Projekt noch nicht abgeschlossen ist, möchte ich hier den Weg darlegen, mit dem wir einen großen Schritt in Richtung einer agilen Verwaltung gegangen sind. Dabei zeige ich, wie man Agilität im kleinen, persönlichen und im behördenübergreifenden Rahmen einsetzen kann, um erfolgreich die Weichen für die Zukunft zu stellen. In diesem Artikel teile ich meine Erfahrungswerte, wann es Zeit wird, neue Wege zu beschreiten, und möchte Schritt für Schritt einen möglichen Weg aufzeigen, die Herausforderungen von Großvorhaben in einer durch Volatilität, Ungewissheit, Komplexität und Ambiguität (VUKA) geprägten Welt erfolgreich zu bewältigen. Durch die Erfordernisse in der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) entsteht in vielen Verwaltungen und Institutionen die Notwendigkeit für schnelles Handlungs- und Entscheidungsstrukturen. Daher galt es nun im ersten Schritt das passende agile Framework zu finden. Seit mehr als zehn Jahren beschäftige ich mich damit, Best Practices aus agilen Frameworks in der Verwaltung zu implementieren. Im Programm Digitale Verwaltung Niedersachsen (DVN) traf ich nun aber auf ein ungleich komplexeres Großvorhaben, welches aus über zehn Projekten mit über 100

sind die relevanten Entscheider, die ich von meinem André Henke, Programmleitung Digitale Verwaltung Plan überzeugen Niedersachsen, Niedersächsimuss und wie sches Ministerium für Inneres schaffe ich es, eine und Sport schnelle Entscheidung, den “agilen Foto BS/Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport Weg” zu gehen, in kurzer Zeit herbeizuführen? Für mich sind das Personen, die die notwendige Entscheidungskompetenz und -befugnis innebehalten, um Transformationsprozesse mit einschneidender Auswirkung auf die betroffene Organisation zu verantworten und, im besten Falle, dauerhaft gemeinsam den Transformationsprozess mit voranzutreiben. Darüber hinaus benötigte ich für DVN einen Vertrauensvorschuss und eine Mitarbeitenden und einer Viel- permanente Rückendeckung zahl von Stakeholdern besteht. im Rahmen des TransformatiFür solche Vorhaben bietet sich onsprozesses mit seinen Höhen insbesondere das Scaled Agile und Tiefen. An dieser Stelle gebührt dem Framework (SAFe) an. SAFe ist das international in der Wirtschaft CIO des Landes Niedersachsen, und im öffentlichen Sektor am Dr. Horst Baier, ein großer Dank weitesten verbreitete Framework für das Vertrauen und die schnelfür skalierte Agilität. Nach meinen le Entscheidung: “Sie bekommen Erfahrungen ist SAFe ausgezeich- ein LACE und wir machen SAFe.” net geeignet, um die agile TransWie das LACE (Lean Agile Center formation der Verwaltung erfolg- of Excellence) hilft, ein Programm reich zu ermöglichen. Es gibt klare mit enormer Komplexität mit Rollen und Zuständigkeiten sowie Transparenz, Synchronisation eine öffentlich zugängliche Doku- und Taktung zu bewältigen und mentation. Darüber hinaus sind wie es möglich ist, innerhalb von die Rollen und Zuständigkeiten drei Tagen für ein Quartal über geeignet, sie auf die Verwaltung zu 2.600 Arbeitspakete zu identifiübertragen, ohne gleich etablierte zieren und zwischen 17 Projekten Strukturen verwerfen zu müssen. mehrere hundert Abhängigkeiten Die zweite Überlegung von über- abzustimmen, wird in Teil 2 dieragender Bedeutung war: Wer ser Serie erörtert.

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MELDUNG

Pack ma’s! 8. Zukunftskongress Bayern als Webkonferenz (BS/gg) “Oans, Zwoa, Zack, OZG is! Mit neuem Schwung in die digitale Verwaltung”: So lautet das Motto des mittlerweile 8. Zukunftskongresses Bayern (www.zukunftskongress.bayern), den der Behörden Spiegel in Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium für Digitales

E

und dem IT-Referat der Landeshauptstadt München sowie der Unterstützung zahlreicher Partner am 17. Februar 2022 veranstaltet. Pandemiebedingt findet das Event auch in diesem Jahr als Webkonferenz statt. Im Hauptprogramm erwartet die Teilnehmenden u. a. eine Key-

note der Schirmherrin Judith Gerlach, Digitalministerin des Freistaats. Zudem sorgen kurze Thesen-Pitches zu verschiedenen Themen unter der Überschrift “Pack ma’s” dafür, den Schwung aus dem Programmtitel auch in die Vorträge und Diskussionen des Kongresses zu übertragen.

Die DSGVO schützt als “Verbraucherschutzgesetz” in erster Linie jede natürliche Person, deren personenbezogene Daten verarbeitet werden, und ist so gut wie immer anwendbar. Nur zwei Ausnahmen sind erwähnenswert: Die Datenverarbeitung dient ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken (Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO; sog. Haushaltsausnahme), welche eng auszulegen sind. Oder eine zuständige Behörde verarbeitet personenbezogene Daten zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit (Art. 2 Abs. 2 lit. d DSGVO). Die erste Ausnahme kommt dienstlich niemals in Betracht, da sie ausgeschlossen ist, sobald “jeglicher Bezug zu einer beruflichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit” besteht. Die zweite ist polizeirechtlich relevant, da sie die überwiegenden polizeilichen Bereiche abdeckt. Hier kommt dann die Richtlinie 2016/680/EU, sog. JI-Richtlinie, ins Spiel. Außer: Wird die Polizei etwa aufgrund des Polizeigesetzes zum “Schutz privater Rechte” tätig, wie bei einer fahrlässigen Sachbeschädigung mit sodann polizeilich veranlasstem Personalienaustausch, ist dies kein Fall der JI-Richtlinie. Ebenso, wenn die Polizei als Arbeitgeber oder Vertragspartner tätig wird, um etwa neue Waffen, Uniformen oder Technik anzuschaffen. Dann sind die Vorgaben der DSGVO, samt der Polizeigesetze tonangebend. “Neben” der DSGVO die als EUVerordnung unmittelbar ihre Geltung entfaltet, hat der europäische Gesetzgeber die JI-Richtlinie erlassen. EU-Richtlinien bedürfen jedoch der Umsetzung und gelten nicht unmittelbar. In Deutschland wurde diese durch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), im Rahmen mancher Landesdatenschutzgesetze (LDSGe), manchmal auch durch Landespolizeigesetze (LPGe), aber auch durch gänzlich neue oder andere Gesetze (z. B. StPO) umgesetzt. Innerhalb des BDSG, mancher LDSGe, aber auch mancher LPGe widmet sich sodann

lung einer rechtlichen Verpflichtung handeln oder für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich sein, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde. Die Mitgliedsstaaten haben dadurch die Möglichkeit, spezifische Anforderungen für die Verarbeitung sowie sonstige Maßnahmen präziser zu bestimmen, um eine rechtmäßige Verarbeitung zu gewährleisten. Von dieser Möglichkeit haben sowohl der Bund, aber auch die Länder Gebrauch gemacht. So in Form neuer Ermächtigungsgrundlagen, aber auch in Ausgestaltung der durch die DSGVO gelassenen “Öffnungsklauseln”. Unter “Öffnungsklauseln” sind thematische Bereiche der DSGVO zu verstehen, bei denen diese ausdrücklich oder auch versteckt innerhalb ihrer Artikel die Möglichkeit nationaler Ergänzungen, Ausgestaltungen, aber auch der Einschränkungen bietet. Neben den LDSGs sind diese Ermächtigungsgrundlagen, respektive “Öffnungsklauselausgestaltungen” in den LPGs, exemplarisch auch in den §§ 32a ff AO, § 35 SGB I, §§ 67 ff SGB X oder auch §§ 86 ff AufenthG zu finden.

Dirk Weingarten, Erster Polizeihauptkommissar, Ass. jur. und zertifizierte Fachkraft für Datenschutz, ist seit über zwölf Jahren behördlicher Datenschutzbeauftragter (bDSB) bei der Polizei Hessen und koordiniert seit über zehn Jahren die bDSBn der Polizei Hessen. Foto BS/HöMS

'DWHQVFKXW] LQ GHU 3ROL]HL 7HLO 1250(1 jeweils ein “eigener Gesetzesteil” der notwendigen Umsetzung. Es kommt aber auch vor, dass das ganze LDSG im Sinne der Umsetzung der Richtlinie für grundsätzlich anwendbar erklärt wird. Eine Einheitlichkeit ist nicht zu erkennen. Diese “JI-RichtlinienUmsetzungsbereiche” stehen sodann auf der gleichen Stufe wie die DSGVO. Randbemerkung: Die Umsetzung für den Justizbereich haben manche Länder über die jeweiligen LDSGe vorgenommen, manche haben dazu spezielle Justizvollzugsdatenschutzgesetze geschaffen.

Auf der Suche nach dem richtigen Gesetz – vereinfachte Darstellung –

DSGVO Bereichsspezifischer Datenschutz, umgesetzt durch: Teile des BDSG, der LDSGe, der LPGe oder andere/neue Gesetze

Ent weder

oder

Die DSGVO ihrerseits bietet gem. Art. 6 Abs. 2, 3 den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, bereichsspezifische gesetzliche Regelungen zu erlassen. Inhaltlich muss es sich dabei um die Verarbeitung personenbezogener Daten zur Erfül-

Digitales Spannungsfeld

benso wirkt sich der Fachkräftemangel auf den öffentlichen Sektor aus und schränkt verfügbare Ressourcen ein – bei gleichzeitig wachsenden Anforderungen und Erwartungen der Bürger an digitale Dienstleistun- (BS) Die Herausforderungen bei der Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung bei Bund, Ländern und Kommunen sind ungeachtet der Fortgen. Zudem erfordern neue und schritte der letzten Jahre und der Bemühungen im Onlinezugangsgesetz (OZG) weiterhin spürbar. sich ändernde rechtliche AnforEs stellt sich unweigerlich die digitalen Bürgerservices realisiederungen mehr Geschwindigkeit Frage, wie die Behörden die am- ren. Schnelle Erfolge lassen sich und Agilität bei der Realisierung digitaler Angebote. bitionierten Ziele erreichen und bereits durch Spezialisten in den In diesem Dreieck der Herauswas dafür benötigt wird. Als Ba- Fachverfahren ohne Programforderungen sind die Erwartunsis wird eine Technologie- und mierkenntnisse erzielen. gen der Bürgerinnen und Bürger Die Plattform muss sich dabei Digitalisierungsplattform, mit besonders entscheidend, da sie welcher sich eine Vielzahl an An- nahtlos in bestehende Technolomittlerweile von Amazon & Co. wendungsfällen abdecken lässt, gielandschaften einbinden lassen, benötigt. Durch eine intelligente damit der Wert bereits besteheneine bestimmte Qualität digitaler Aggregation der gesamten Daten, der Lösungen gesteigert werden Dienstleistungen gewohnt sind. Sie wollen immer genau wissen, unterschiedlicher Systeme und kann und bereits geleistete Aufwie der Stand ihres Vorgangs Dreieck der Herausforderungen bei der Digitalisierung in der öffentlichen Fachanwendungen können so- wände nicht verworfen werden ist, wer ihn bearbeitet und wie Verwaltung bei Bund, Ländern und Kommunen Grafik: BS/ServiceNow mit die Leistungen für die Bürger müssen. lange die Bearbeitung in der Regel Ende zu Ende abgebildet werden. Zusätzlich sollte die Plattform dauert. Um diese Erwartungen nicht überwindet, führt dies uneine erweiterte Self-Service Funk• die Bearbeitungszeiten an digitale Dienstleistungen zu weigerlich zu immer längeren tionalität ermöglichen. Denn nur durch Automatisierung Einsatz von Low-Code und No-Code erfüllen, muss sich die öffentli- Bearbeitungszeiten, unzufrieso wird der Bürger in die Lage verund Teil-Automatisierung zu verringern, Während Low-Code und No- setzt, Anfragen selbstständig und che Verwaltung technologisch denen Bürgern und allgemeiner • die Transparenz des Bear- Code bei vielen Unternehmen fallabschließend zu bearbeiten. öffnen und organisatorisch zu Frustration bei den betroffenen beitungsstands für Bürger bereits verstärkt eingesetzt wer- Gleichzeitig wird die Anfragelast einem öffentlichen Service-Center Dienststellen, die keinen Zugang und des Auslastungsgrades den, haben diese in der öffent- reduziert. für ihre Bürgerinnen und Bürger zu den benötigten Werkzeugen für Mitarbeiter zu gewähr- lichen Verwaltung noch nicht transformieren. haben. Um dieser Negativ-SpiUm einen möglichst hohen Grad rale zu begegnen, kommt es auf Einzug finden können. Mit diesen an Transparenz zu bewerkstellileisten, Ursache zeigt Wirkung entschiedenes Handeln und eine • den Digitalisierungsgrad Werkzeugen lässt sich jedoch die gen, sollte die Plattform idealerund die Umsetzungsge- geforderte Geschwindigkeit und weise als zentrale Plattform in die Wenn die öffentliche Verwal- konkrete strategische Agenda schwindigkeit zu erhöhen. Agilität bei der Entwicklung von Vorgänge mit einem einheitlichen tung diesen Digitalisierungsstau an, um

Gesetzliche Anforderungen, hohe Erwartungen und knappe Ressourcen

JI-Richtlinie, umgesetzt durch: Teile des BDSG, der LDSGe, der LPGe oder Teile neue(r)/ander(r) Gesetze

Vereinfacht: Die DSGVO gilt für alle und jeden. Die LDSGe nutzen grundsätzlich öffentliche Stellen innerhalb der Länder, das BDSG öffentliche Stellen des Bundes und bundesweit alle nicht öffentlichen Stellen.

Datenmodell und einheitlicher Ablaufarchitektur nahtlos in die bereits bestehende Landschaft integriert werden.

Referenzprojekte zeigen Mehrwerte auf Der konkret erzielbare Mehrwert spielt bei öffentlichen Digitalisierungsprojekten ebenso eine sehr wichtige Rolle. Dabei können Referenzprojekte eine gute Indikation geben. So konnte beispielsweise eine Gemeinde kurz nach der Einführung ihrer Portallösung über 30 Prozent aller Bürgeranfragen über Selbst-Service erledigen? Ebenso konnten in anderen Projekten über 20 bis 30 Prozent kürzere Bearbeitungszeiten von Anfragen erzielt werden. Die Anwendungsfälle sind dabei sehr mannigfaltig und erlauben eine schnelle Reaktion auf aktuelle Herausforderungen. So konnte die Stadt Genf beispielsweise Im Rahmen der Pandemie-Förderung innerhalb von sechs Wochen ein Portal für die Beantragung von Förderungen zur Unterstützung von Künstlern umsetzen: www. servicenow.de/blogs/2021/ die-stadt-genf-unterstutzt-kunstund-kultur-durch-das-servicenowportal.html.


Informationstechnologie

Behörden Spiegel / Februar 2022

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Ausschreibungen der BWI

Server- & HyperconvergedProdukte

Beschaffung von Server- & Hyperconverged-Produkten sowie der zugehörigen Wartungs- und Supportleistungen. 955 Mio. Euro – Q1 2022

Fast zwei Milliarden für 2022

(BS/df/lma) Am 28. Dezember 2021 war der 15. Jahrestag der Herkules-Verträge, der Geburtsstunde der BWI. Ihr Kerngeschäft ist seitdem, die IT-Infrastruktur der Bundeswehr zu modernisieren und auf einen gemeinsamen Standard zu bringen. Hierfür wird ihr vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages ein Budget genehmigt, das sie dann unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten im freien Wettbewerb vergeben kann. Diese Summe ist nicht gerade klein, fast zwei Milliarden Euro stehen für 2022 bereit. Bewerber können sich auf der Vergabeplattform der BWI unter VMware Software-Überlassung/Pflege vergabeplattform.bwi.de über die aktuell anstehenden Ausschreibungen sowie die Teilnahmebedingungen informieren. Hier folgen die für 2022 und Consulting für den Produkt- noch offenen Vorhaben in der Reihenfolge der Auftragssumme. katalog VMware. 150 Mio. Euro – Q1 2022

Rahmen des Projekts. Beschaffung von Software-Lizenzen und Support. 4,8 Mio. Euro – Q2 2022

Workflow-Engine

Workflow-Tool für den primären Einsatz mit SharePoint-onPremise-Umgebung. Es soll in erster Linie eine ergänzende Lösung zu den in SharePoint vorhandenen Out-of-the-BoxWorkflows gefunden werden, die es geschulten Anwendern intuitiv und ohne Programmierkenntnisse ermöglicht, Workflows zu erstellen. Darüber hinaus wird aber auch die Einsatzmöglichkeit des Produktes zur Modellierung und Abbildung von komplexen Geschäftsprozessen bewertet. 103 Mio. Euro – Q1 2022

Social Media für ExtranetBw

Webanwendung Social Media, die im ExtranetBw vom Service Social Media bereitgestellt wird. Die Service-Entwicklung erfolgt im Rahmen des Projekts. Beschaffung von Software-Lizenzen und Support. 3,6 Mio. Euro – Q2 2022

Steuerberatung

Steuerprüfung und -beratung. 2,4 Mio. Euro – Q1 2022

Hochverfügbare Speichersysteme

Beschaffung von hochverfügbaren Speichersystemen auf Basis von physischen und virtuellen Produkten sowie der zugehörigen Wartungs- und Supportleistungen. 100 Mio. Euro – Q1 2022

Innovations-Experimente

Durchführung verschiedener Experimente in Bezug auf Hardware, Software und Services inklusive Teststellung und Leihgabe von Hardware/Software zur Aufrechterhaltung und kontinuierlichen Verbesserung der Innovationsund Leistungsfähigkeit der BWI und deren Portfolio. 56,3 Mio. Euro – Q1 2022

Breitbandanbindung DMZ Bördeland

Bereitstellung einer Breitbandanbindung mit Skalierung von 100GBit bis 1TBit. 39,7 Mio. Euro – Q1 2022

RAS-SW-Lösung

Softwarelösung, die den RemoteAccess-Zugriff ermöglicht (BSIzugelassen). 35 Mio. Euro – Q2 2022

Solution Development

Entwicklung von Design und Lösungen gemäß BWI-ServicesEntwicklungsframework für die IT-Plattform von Endkunden. 27 Mio. Euro – Q3 2022

Adobe

Acrobat Standard / Professional Adobe Creative Cloud und weitere Produkte zur Bild-, Video- und Tonbearbeitung. 18 Mio. Euro – Q2 2022

ZSan – APC Sanitäts­ bereich

Beschaffung von Hardware für die IT-Unterstützung in der Gesundheitsversorgung der Bundeswehr. 15 Mio. Euro – Q2 2022

ZSan – Hardwarebeschaffung Gesundheitssystem

Beschaffung von Scannern/Druckern für die IT-Unterstützung in der Gesundheitsversorgung der Bundeswehr. 15 Mio. Euro – Q2 2022

Virenschutz (Client & Server)

Virenschutz auf PCs und Servern, für SharePoint, NAS und

Standortausstattung

Sondermobiliar und Zubehör für Besprechungsräume und CoWorking-Spaces. 2 Mio. Euro – Q4 2026

IT- und Kommunikationsmittel erfordern einen durchgehenden Modernisierungsprozess. Diesen leistet die BWI für die Bundeswehr. Foto: BS/Bundeswehr, Marco Dorow

virtuelle Cloud-Systeme durch die Virenschutzlösung Symantec Endpoint Protection (SEP). 14 Mio. Euro – Q2 2022

Personalvermittlungsleistungen

Personalvermittlung für ITFachkräfte, Kaufmännische und Executive-Positionen. 12 Mio. Euro – Q1 2022

Wach- und Empfangsdienste 2022

Neuausschreibung wegen Aufnahme neuer Standorte in Berlin und Frankfurt, die nicht über die vorhandenen Regionallose abgedeckt sind. 11,4 Mio. Euro – Q2 2022

Identity and Access Management

Identity and Access Management, Verwaltung von Identitäten für den IT-Betrieb. One Identity. Neubeschaffung. 11 Mio. Euro – Q1 2022

Samsung Knox Suite

Überlassung von Samsung Knox Suite sowie die Realisierungsplanung, Umsetzung/Migration und Support. 10 Mio. Euro – Q2 2022

Audioanlagen für Hörsäle

Beschaffung von Audioanlagen sowie der zugehörigen Wartungs- und Supportleistungen für die Hörsäle des Projektes MAT (Mobile Ausbildungstechnik). 7 ,2 Mio. Euro – Q3 2022

DNS-Server

DNS (Domain-Name-System) Server, Hard-, Software und Supportleistungen. 6 Mio. Euro – Q1 2022

Mobilfunkendgeräte (Smartphones, Tablets)

Bezug von Mobilfunkendgeräten sowie von dazugehörigen Instandhaltungs- und Pflegeleistungen. 5 Mio. Euro – Q4 2022

Secure Cloud Share für ExtranetBw

Webanwendung, die im Extra-

netBw vom Service Secure Cloud Share bereitgestellt wird. Die Service-Entwicklung erfolgt im

Demonstrator 5G Campus-Lösung

Aufbau eines 5G-Campus-NetzDemonstrators mit Radio-, Coreund Transportnetz sowie Integration in ein Campus-LAN. 1,6 Mio. Euro – Q4 2022

SMS-Versand

Bereitstellung einer Anbindung an einen SMS-Server für den Versand und den Erhalt von SMS-Nachrichten. 1,3 Mio. Euro – Q1 2023

Service für Avaya Telekommunikations­ systeme

Lieferung inklusive Montage und Inbetriebsetzung von Erweiterungen und Änderungen der bestehenden Telekommunikationsanlagen-Infrastruktur. 0,9 Mio. Euro – Q1 2022

xMatters

Cloudbasierte Lösung zur Umsetzung des Notfallplanmanagements. 0,9 Mio. Euro – Q4 2022

Jahresabschlussprüfung

Durchführung der Jahresabschlussprüfungen der BWI. 0,67 Mio. Euro – Q2 2022

DatenschutzmanagementTool

Beschaffung einer Software zur Unterstützung der BWI im Datenschutzmanagement (VVT, DSK, Management von Betroffenenrechten, Datenschutzverletzungen und Prozessen). 0,5 Mio. Euro – Q1 2022

Ablage- und Austauschplattform

Plattform zum sowohl internen als auch externen Datenaustausch. 0,45 Mio. Euro – Q1 2022


IT-Sicherheit

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as Gefahrenpotenzial der Manipulation der IT auf See ist riesig. Durch Cyber-Angriffe auf Navigations- und Steuerungssysteme können Schiffe Blockaden auf Hauptschiffahrtswegen auslösen und eine nachhaltige Störung des internationalen Warenverkehrs nach sich ziehen. Das kann dabei nicht nur Störungen für die Wirtschaft, sondern auch Schäden für Personen und Umwelt zur Folge haben. Durch die Zunahme von autonomem Fahren auf See stellen CyberSzenarien eine große Gefahr für die maritime Sicherheit dar. Mit dem Verwaltungsabkommen wollen die drei Partner ihre Zusammenarbeit abstimmen. Dabei legt ein gemeinsames Gremium die Ziele für ein Kalenderjahr fest, verteilt die erforderlichen Aufgaben und Projekte und evaluiert die Ergebnisse im Jahresturnus. “Ziel ist die Einführung von technologischen Sicherheitsstandarts, die Cyber-Risiken reduzieren”, erklärt die Präsidentin des BSH, Dr. Karin Kammann-Klippstein. Das Fachwissen dafür, liege natürlich beim BSI, sagt Dr. Gerhard Schabhüser, Vizepräsident der Bundesoberbehörde: “Wir wollen Wissen und Erfahrungen zur Informationssicherheit für Reedereien und Unternehmen der deutschen Seeschifffahrt teilen und einen erfolgreichen digitalen Wandel in der Schifffahrt mitgestalten”, so Schabhüser am Tag der Unterzeichnung der Verwaltungsvereinbarung.

BSI ohne nautischen Blickwinkel Die BSH ist in die Planung federführend involviert. Sie gilt als die zentrale maritime Behörde in Deutschland. Die über 1.000 Beschäftigten sind in den Dienstposten Hamburg, Rostock und auf fünf Schiffen in Deutschland verteilt. Das Bundesamt ist im präventiven Bereich tätig und

Behörden Spiegel / Februar 2022

Maritime Cyber-Sicherheit im Aufbau Einführung eigener Abteilungen geplant (BS/Paul Schubert) “Die Vernetzung der globalisierten Welt nimmt immer mehr zu, das gilt auch für die Seeschifffahrt”, meint Oliver Kaus vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Durch den verstärkten Einsatz von IT erhöhten sich allerdings auch die Risiken für Cyber-Angriffe, folgert der Berufsseemann. Durch die im September 2021 vorgestellte Verwaltungsvereinbarung des BSH, des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft, Post-Logistik und Telekommunikation (BG Verkehr) soll die maritime Cyber-Sicherheit besser koordiniert und gestärkt werden. Ein eigener Dienstposten ist trotz der Relevanz aber erst noch in Planung. keine Law-Enforcement-Behörde und konzentriert sich in der Arbeit auf die Abwendung von Sicherheitsvorfällen. Die Abteilung “Abwehr äußerer Gefahren auf See” beschäftigt sich neben Terrorismusbekämpfung, Piraterie und anderen sicherheitsrelevanten Ereignisse wie dem Bergen eines Schiffes auch mit der Cyber-Security. “Die klassische Gefahrenabwehr richtet sich gegen Terrorismus und Piraterie. Der Grundgedanke damals war,

kommen wir und die BG Verkehr helfend ins Spiel”, erklärt Kaus.

SMS als umfangreiches Sicherheitspaket

Große Bedeutung in der Cyber-Sicherheit auf See hat das SMS, das sogenannte Safety Management System. Dies stellt ein System dar, welches zur Organisation von Sicherheitsmaßnahmen auf Schiffen unterhalten wird. Ein SMS wird benötigt, weil die internationale Seeschifffahrtsorganisation IMO (International Maritime Organization) im “Ein 9/11 auf See muss um jeden International Safety Management Code Preis verhindert werden.” (ISM) die Etablierung eines SMS verpflichdass ein 9/11 auf See um jeden tend vorschreibt. Anders als das Preis verhindern werden soll”, Information Security Management erklärt Oliver Kaus, Nautischer System (ISMS) umschließt es alInspektor aus der Abteilung Ab- le sicherheitsrelevanten Aspekte wehr äußerer Gefahren auf See eines Schiffes und nicht nur die beim BSH. Die IT-Sicherheit sei IT. “Fahrgastschiffe in internatiodabei das jüngste Tätigkeitsfeld: naler-, einige in nationaler Fahrt “Auf diesem Gebiet gibt es noch und Frachtschiffe ab 500 BRZ keinen eigenen Dienstposten, (Bruttoraumzahl) sind verpflichtet, der soll erst kommen. Allerdings ein SMS einzuführen und aufsind wir bereits in Kontakt mit rechtzuerhalten”, so Tilo Berger Reedereien und Behörden wie von der Dienststelle Schiffssicherdem BSI und der BG Verkehr”, heit der BG Verkehr. Dies schließe sagt er. Kaus ist froh, dass die entsprechende Maßnahmen mit Entscheidungsträger die Rele- ein, wie Schulungen der Leute vanz der IT-Sicherheit erkannt an Bord, Verfahrenserstellung, haben und dieser mehr Raum Steuerung der Maschinendaten, geben: “Ich bin Nautiker und interne Audits, Maintencance an Kapitän, kein IT-Experte. Dafür Bord des Schiffes und den Umgang haben wir das BSI, die haben mit IT- oder auch der OT-Technik die Fachleute.” Ganz alleine kön- (operational technology): “Das SMS ne das BSI die Sache natürlich ist als ganzheitlicher Ansatz zu nicht lösen: “Das BSI benötigt betrachten, alle Sicherheitsaspekden nautischen Blickwinkel, da te an Bord des Schiffes werden

involviert, inklusive der CyberSicherheit. Das gilt allerdings nicht nur für Schiffe, sondern auch für Reedereien und deren Organisationsstruktur”, erklärt Berger. Des Weiteren sei die BG Verkehr für die Überprüfung und Auditierung der SMS zuständig: “Allerdings können wir die Aufgabe auch von anerkannten Klassifikationsgesellschaften durchführen lassen”, stellt der Referatsleiter dar.

Große Reedereien fallen unter KRITIS Allerdings fallen nicht alle maritimen Einheiten unter die alleinige Zuständigkeit des BSH oder der BG Verkehr. Reedereien ab einer bestimmten Größe fallen unter die KRITIS-Verordnung und unterliegen damit einer Meldepflicht gegenüber dem BSI. “Davon betroffen sind allerdings nur sehr große Reedereien, die kleinen müssen auf dem Papier keine Meldung

abgeben”, erklärt Berger. Kleine Reedereien, welche nicht unter die Verordnung fallen und keine eigene IT-Abteilung haben, werden allerdings nicht allein gelassen, versichert Kaus: “Da unterstützen wir mit Handlungsempfehlungen, aber das ist nur ein kleiner Teil unserer Arbeit.” Dass die IT-Sicherheit im maritimen Bereich zum aktuellen Zeitpunkt nur mitbetreut wird, ordnet Berger als wenig problematisch ein: “Es ist ja im Prinzip eine eigenständige Lösung. Die großen Reedereien haben ihre eigenen Sicherheits-Management-Systeme. Man muss kein zweites System dafür aufbauen, das bringt ja auch nichts. Wir haben seit über 25 Jahren verpflichtende Systeme und die haben sich bewährt”, so der Referatsleiter der Dienststelle Schiffssicherheit. Auch die UNOrganisation in der Seeschifffahrt, die IMO, habe der Cyber Security

eine höhere Bedeutung zugeschrieben, erklärt Berger. Im Jahr 2017 hatte die IMO in einer Resolution auf die steigende Gefahr durch Cyber-Attacken im maritimen Bereich hingewiesen und Reedereien aufgefordert, ihre Präventionsmaßnahmen zu verstärken. Trotzdem verbleibt die maritime Cyber-Sicherheit in den Behörden des BSI, der BG Verkehr und dem BSH in seinen alten Strukturen – trotz der Verwaltungsvereinbarung. Perspektivisch ist ab 2023 ein eigener Dienstposten geplant, welcher sich ausschließlich der Cyber-Sicherheit verschreibt. Derzeit kann Oliver Kaus in seiner Arbeit aber noch über keine erhöhte Aktivität bei IT-Vorfällen berichten. Bleibt nur zu hoffen, dass die aktuellen Maßnahmen des “Mitbetreuens” erst mal ausreichen und kein “9/11 auf See” nötig sein wird, um weitergehende Präventionsmittel zu ergreifen.

Transparente und unverrückbare Daten Blockchain als sicherer Nachweis für spezifische Dokumente und Verfahren (BS/Peter Niehues) Mithilfe einer Blockchain können unterschiedliche Organisationen bei einer sicheren und verteilten Datenhaltung zusammenwirken. Für unterschiedliche Anwendungsfelder der öffentlichen Verwaltung kann das eine geeignete Lösung sein. Voraussetzung für entsprechende Projekte und Anwendungen ist eine vertrauenswürdige und transparente Blockchain-Infrastruktur. In der govdigital-Blockchain stellen sieben öffentliche IT-Dienstleister eine solche Infrastruktur für die deutsche Verwaltung bereit. Die Blockchain ist ein auf unabhängige Akteure verteiltes System. Darin betreiben erst einmal verschiedene Organisationen jeder für sich einen “BlockchainKnoten” – und gewährleisten so gleichsam im Verbund wie auch unabhängig in ihrer jeweiligen technischen Umgebung den Betrieb des Gesamtsystems. Dieser Umstand kann auf das Vertrauen von Adressaten und Stakeholdern einzahlen: Die Daten werden nicht mehr allein durch eine öffentliche Institution an einem einzigen Standort gesichert. Stattdessen hält eine überschaubare Gruppe unabhängiger und integrer öffentlicher Dienstleister die Daten innerhalb Deutschlands bereit. In einer Public Blockchain kann jeder, egal ob Bürger/-in, Unternehmen oder Verwaltung, die Unverfälschbarkeit der Daten überprüfen. Das mag erst mal wenig vertraulich wirken. Dem Nutzenden kann damit aber prinzipiell eine Metaebene transparent gemacht werden – was der Staat mit seinen Daten macht und ob etwas gespeichert wird. Ein Mehrwert für die öffentliche Nachprüfbarkeit, ohne die Sicherheit der Daten oder den Datenschutz einzuschränken.

Melde-, Kataster- und Ordnungswesen Im Vergleich zu bekannten großen Cloud-Systemen ist die Blockchain allerdings wenig geeignet, um große Datenmengen wie etwa Filme, Fotos oder Musik zu speichern. Blockchain ist vielmehr ­eine Technik, um bestmöglich kleine “Datenschnipsel” abzulegen, für die es besonders wichtig ist, dass sie ab der Speicherung niemals verändert wurden. Hierfür gut geeignet sind Dokumente wie Nachweise und Berechtigungen, bei denen der Bedarf besteht, dass sie nicht manipuliert oder gefälscht wurden und gleichzeitig öffentlich überprüfbar sein sollen. Darunter fallen in der Verwaltung z. B. Identifikationsnachweise, Parkausweise, Fischerei- und Führerschein, Katastereinträge, Gesundheitszeugnisse und Wohnungsgeberbestätigung. Der mögliche Nutzen für den Ein-

satz muss jeweils immer geprüft werden. Die Entwicklung in der Wirtschaft zeigt, dass die BlockchainTechnik langfristig in einigen Bereichen so selbstverständlich zum Einsatz kommen kann, wie uns heute E-Mail, Messengerund Cloud-Anwendungen begleiten. Das gilt bereits für einige Bereiche von Gewerbe und Industrie. Bei Nachweisen etwa in der Liefer- und Kühlkette von Produkten und Lebensmitteln ist eine sichere Dokumentation elementar. Gemeinsame manipulationssichere Verfahren erzielen hier bereits deutliche Kosten- und Zeiteinsparungen.

Erfahrungen aus der Wirtschaft nutzen Während aber der große Hype in der Wirtschaft schon etwas nachlässt, beginnt die Verwaltung gerade erst damit, sich der Möglichkeiten dieser Technik bewusst zu werden. Im klassischen “Hype Cycle” – der die Entwicklung vom erstmaligen Erscheinen über den Hype bis zur Etablierung von Technologien beschreibt – läuft die öffentliche Hand der Wirtschaft hinterher. Aus diesem scheinbaren Nachteil lassen sich aber Vorteile ziehen. So konnten die Mitglieder der govdigital-Genossenschaft beim Aufbau ihrer Blockchain-Infrastruktur bereits auf vielfältige Erfahrungen zurückgreifen. Es gab etwa die wohl überlegte Entscheidung, eine spezielle Form des Konsensalgorithmus Proof-of-Stake (PoS), den sogenannten Proofof-Authority (PoA), zu verwenden. Die langjährige Weiterentwicklung von Blockchains ermöglicht es zudem, bestehende Bausteine kurzerhand auszuprobieren und für die eigenen Aufgaben zu adaptieren. Seit die Sicherheitslücke im Java-Framework “log4j” bekannt geworden ist, sind zahlreiche Organisationen in Wirtschaft, Gesellschaft und Staat betroffen. Wie steht es dabei um die produktive Blockchain der govdigital? Nach

Peter Niehues ist Enterprise Architekt bei der govdigital eG. Er greift auf jahrzehntelange Erfahrungen im Sektor öffentliche IT bei der regio iT zurück. Foto: BS/govdigital eG

mehrmaliger Überprüfung ist festzuhalten: Sowohl die Integrität der Daten als auch die zugesagten Verfügbarkeiten der Blockchain waren zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Die Verfügbarkeit der govdigitalBlockchain basiert auf mehreren Pfeilern. Einerseits handelt es sich um ein dezentrales System, in dem sieben BSI-zertifizierte öffentliche Rechenzentren an verschiedenen Standorten in Deutschland einen Knoten betreiben. Eine mögliche Gefährdung einzelner Knoten würde keine Gefährdung der Blockchain insgesamt bedeuten. Zum anderen fußt die Technik auf einer Verkettung von Hash-Werten, die nicht verändert werden können, ohne dass es aufseiten der Knoten-Betreiber auffällt – das schließt Manipulationen aus. Selbst wenn die Blockchain in unsicherer, womöglich kompromittierter Umgebung laufen sollte, wäre auch hier die Integrität der Daten davon nicht betroffen.

Vorteile an geeigneter Stelle nutzen Wir dürfen Blockchain nicht überfrachten und auf der Suche nach geeigneten Anwendungen nicht als ultimativen Heilsbringer ansehen. Wir müssen uns jedes Mal die Frage stellen, ob Blockchain mit ihren überragenden Eigenschaften in puncto Sicherheit genauso als effizientes und effektives Instrument taugt. Oder ob die Lösung nicht mit einfacheren und womöglich kostengünstigeren Verfahren zu finden ist. Wenn dabei aber nur eine Handvoll maßgeblicher Anwendungen übrigbleiben, kann das einen wichtigen Baustein für eine sichere Digitalisierung der Verwaltung liefern.


IT-Sicherheit

Behörden Spiegel / Februar 2022

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ie Betroffenen sind laut dem DRK vor allem vermisste Personen, ihre Familien, unbegleitete oder von ihren Eltern getrennte Kinder, Inhaftierte und von bewaffneten Konflikten, Naturkatastrophen oder Migration Betroffene, die Leistungen von der Rotkreuz- oder Rothalbmondbewegung erhalten. Diese Daten wurden zusammengetragen, um die Wiedervereinigung der Familien mit dem Programm "Restoring Family Links" zu ermöglichen. Des Weiteren wurden Login-Daten von 2.000 Mitarbeitenden und Freiwilligen des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds – die in Programmen zur Familienzusammenführung und Vermisstensuche beschäftigt sind – erbeutet. Auch der deutsche Ableger der Rotkreuz-Gesellschaft sei von der Attacke betroffen gewesen. In Deutschland seien der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes e. V. (DRK-Suchdienst) und seine sich anschließenden digitalen Systeme nicht mehr handlungsfähig.

Angriff auf die Schwächsten der Schwachen Das IKRK sei entsetzt angesichts der Attacke, die vor allem die Schwächsten in der Welt träfe, sagte IKRK-Generaldirektor Robert Mardini: “Ein Angriff auf die Daten von Vermissten macht die Qual und das Leid der Familien noch schwerer zu ertragen. Wir sind alle

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IKRK schwer durch Cyber-Angriff betroffen Persönliche Daten von 515.000 Personen entwendet

(BS/Paul Schubert/Bennet Klawon) Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ist von Cyber-Kriminellen angegriffen worden. Dabei wurden personenbezogene Daten wie Namen, Orte und Kontaktinformationen von über 515.000 Personen weltweit gehackt. Das IKRK hat die kompromittierenden Server abgeschaltet und kann bis zur Wiederherstellung der Systeme nicht mehr auf Fallinformationen zugreifen oder sie bearbeiten. Bisher ist nicht bekannt, wer hinter dem Angriff steckt. Das IKRK ruft die Hacker/-innen dazu auf, die Daten nicht öffentlich zu machen. nen. Bis zur Wiederherstellung der Systeme könnten die Fälle weder abgerufen noch bearbeitet werden. Aufgrund der Segmentierung der Verfahren, habe das Abgreifen weiterer Daten allerdings verhindert werden können, teilte das DRK mit.

Informationen in falschen Händen sehr gefährlich

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) wurde Opfer eines Cyber-Angriffs. Auch der deutsche Ableger, das DRK, ist vom Angriff nicht verschont geblieben. Foto: BS/Katharina Wieland Müller, www.pixelio.de

ratlos, warum diese humanitären Informationen gezielt angegriffen und kompromittiert wurden.” Mardini forderte die Hacker/-innen dazu auf, weitere Schäden von den Betroffenen abzuwenden: “Bitte tun Sie das Richtige. Teilen, verkaufen, streuen oder verwenden sie diese Daten nicht.” Nach Anga-

ben des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) ist das IKRK im Bereich Cyber-Abwehr eigentlich professionell aufgestellt. Die Nationale Rotkreuz-Gesellschaft teilte mit, dass ein externes Unternehmen jährlich die Systeme überprüft. Allerdings handele es sich bei der Attacke um einen “direkten

Angriff auf das IKRK und nicht auf das Unternehmen, dass die Daten hostet”, so Dr. Annkatrin Tritschoks vom DRK. Als Folge des Angriffs habe sich das IKRK gezwungen gesehen, die kompromittierten Server abzuschalten, weil die Integrität der Server nicht mehr gewährleistet werden kön-

Auch das Recht des humanitären Schutzes und der Unterstützung seien gefährdet, sagte Tritschoks.

Weitere Entwicklung unklar Bisher sei nicht bekannt, wer hinter dem Angriff stecke. Weder das IKRK noch das DRK seien in Kontakt mit den Hackern gewesen. Auch Lösegeld sei bisher keines gefordert worden. Aktuell werde das Anwendungsprotokoll überprüft, um die Auswirkungen des Angriffs weiter nachvollziehen zu können. Nichtsdestotrotz ruft die Organisation zur Schlichtung auf: “Das IKRK ist bereit, direkt und vertraulich mit denjenigen zu

Das DRK zeigt sich besorgt, dass die Informationen in bösartiger Form verwenden werden könnten: “Sollten diese Daten missbräuchlich verwendet werden oder in die falschen Hände gelangen, könnten sie gegebenenfalls von Staaten, nicht“Diese Cyber-Attacken sind eine staatlichen Gruppierungen oder extreme Verletzung der Privatsphäre Einzelpersonen geund der Sicherheit der Betroffenen, nutzt werden, um die vor Krieg und Naturkatastrophen diese Menschen zu kontaktieren fliehen mussten.” beziehungsweise zu finden und Schaden anzu- sprechen, die für diesen Angriff richten.” Darüber hinaus seien verantwortlich sind, um sie davon die Cyber-Attacken eine “extreme zu überzeugen, unsere humaniVerletzung der Privatsphäre und täre Arbeit zu respektieren”, heißt der Sicherheit der Betroffenen". es von der Rotkreuz-Bewegung.

Ukraine offline

Cyber-Netzwerk aufgedeckt

Massive Cyber-Attacke auf Websiten der Regierung

Internationale Zusammenarbeit führt zu Ermittlungserfolg

(BS/Paul Schubert) Mehrere Webseiten der ukrainischen Regierung sind im Januar Ziel eines Cyber-Angriffs (BS/sp) Die Polizeidirektion Hannover und die Staatsanwaltschaft Verden haben in Kooperation ein Cybergeworden. Mehrere Internetpräsenzen seien abgeschaltet worden, teilten Regierungsvertreter auf Social Netzwerk zerschlagen. An den Ermittlungen waren neun Länder beteiligt. Das Netzwerk soll an weiteren Media mit. Die Ukraine macht für den Angriff Russland und Belarus als Urheber verantwortlich. Die deutsche Angriffen beteiligt gewesen sein. Regierung bot ihre Hilfe in einer solchen “schweren Cyber-Krise” an, heißt es aus dem Auswärtigen Amt (AA). Betroffen waren unter anderem die Online-Präsenzen des ukrainischen Bildungs- und Forschungsministeriums, des Außenministeriums, des Kabinetts und sogar des Katastrophenschutzministeriums. In der Ukraine wurde eine auf Cyber-Angriffe spezialisierte Einheit mit dem Fall beauftragt und fandet nun zusammen mit dem Inlandsgeheimdienst SBU und der Cyber-Polizei nach den Täter/-innen. Aus dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) heißt es, dass etwa 70 staatliche Stellen vom Angriff in der Nacht vom 13. auf den 14. Januar betroffen gewesen seien. Einige OnlinePortale seien von Defacements, also grafischen Manipulationen betroffen gewesen. Vorübergehend sei auf den Websites in ukrainischer, russischer und polnischer Sprache zu lesen gewesen, dass alle Daten auf dem Computer zerstört seien. Des Weiteren seien vorübergehend die Worte “Habt Angst und

rechnet mit dem Schlimmsten” auf den Websites erschienen. Einen Abfluss von Daten soll es nicht gegeben haben und auch öffentlich zugängliche Inhalte seien wieder vollumfänglich verfügbar, teilte der staatliche ukrainische Dienst für Informationssicherheit mit.

Bisher keine Reaktion auf Hilfsangebot Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) ließ verlauten, dass vier Tage nach dem Angriff etwa 95 Prozent der betroffenen Systeme wieder arbeitsfähig gewesen seien. Bereits frühzeitig nach dem Angriff bot die Bundesrepublik Deutschland dem Land Unterstützung an. Konkret habe die Bundesregierung Amtshilfe durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) angeboten. Dies sei möglich, weil es sich bei den betroffenen Stellen um zivile Behördeninfrastruktur gehandelt habe. Hilfestellung

Oft gehen Cyber-Angriffe auch mit Defacements, also grafischen Veränderungen einher. Im Fall des Cyber-Angriffs auf ukrainische Regierungsseiten wurden die Websites derart manipuliert, dass kurzzeitig die Worte “Habt Angst und rechnet mit dem Schlimmsten” in verschiedenen Sprachen auf den Internetpräsenzen erschienen. Foto: BS/Mudassar Iqbal, pixabay.com

hätte durch Bereitstellen sicherer Telekommunikation und Aufklärung durch forensische Analysen geschehen können. Bisher sei auf die angebotene Hilfe aber noch nicht reagiert worden. Das Innenministerium geht davon aus, dass “kurzfristig auch damit nicht mehr gerechnet werden sollte". Auch die Europäische Union befasst sich aktuell mit den Cyber-Angriffen auf die ukrainische Regierung und berät über konkrete Unterstützung. Dabei gehe es vor allem um Hilfe bei technischen Fragen, Expertenaustausche und eine intensivierte Kooperation zwischen der EU-Cybersicherheitsagentur ENISA und der Ukraine.

Nicht der erste Angriff auf ukrainische Infrastruktur Cyber-Angriffe auf ukrainische Regierungsstellen seien in jüngerer Zeit immer häufiger vorgekommen, so eine Vertreterin des Auswärtigen Amtes. Diese hätten auch erhebliche Auswirkungen auf die staatliche Infrastruktur, wie Cyber-Attacken auf Elektrizitätswerke gezeigt hätten. Des Weiteren teilte die Vertreterin mit, dass die Angriffe im Gesamtkontext der erhöhten Spannung mit der russischen Föderation zu betrachten seien. Aktuell gebe es jedoch keine Anzeichen einer weitergehenden Eskalation Russlands, teilte die Zentrale des Auswärtigen Dienstes mit. Dennoch sei man beunruhigt über den massiven russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine. Der Cyber-Angriff habe allerdings keine unmittelbaren Auswirkungen auf Deutschland, da keine Indikatoren hätten festgestellt werden können, die “Ereignisse in ähnlicher Form in Deutschland begünstigten” heißt es vom BMI: “Bei dem konkreten Angriff wird zudem nicht angenommen, dass er sich weltweit verbreite und Schaden anrichtet”, so ein Vertreter des Bundesinnenministeriums.

Von Europol ist zu hören, dass die Kriminellen die Infrastruktur des Dienstes VPNLab.net für die Cyber-Operationen genutzt hätten. Mithilfe von VPN-Netzwerken können Nutzende anonym und verschlüsselt miteinander kommunizieren. Für Cyber-Kriminelle sind diese Dienste attraktiv, weil sie einen abgesicherten Zugang zum Internet garantieren. Des Weiteren soll die HackerGruppe mutmaßlich für den Angriff auf die Stadtverwaltung Neustadt am Rübenberge im Jahr 2019 verantwortlich sein. Durch den Angriff waren damals die Computer der Stadt funktionsunfähig gemacht worden. Die Verwaltung der Stadt war bis ins erste Quartal 2020 nicht in der Lage gewesen, einzelne digitale Dienstleistungen anzubieten. Des Weiteren wird die Gruppe verdächtigt, Attacken auf die ITSysteme von Krankenhäusern durchgeführt zu haben. Durch die Kooperation der Behörden sei es nun gelungen, das kriminelle Netzwerk mit Serverstandorten in zehn Länder zu blockieren. Die Orte sind von den Kriminellen genutzt worden, um verschlüsselt

Die Zerschlagung von Cyber-Crime-Vereinigungen verlangt länderübergreifende Kooperation. Da die Kriminellen oft über mehrere Länder verteilt agieren, ist eine gute Koordination der beteiligten Behörden maßgeblich für den Erfolg der Ermittlungen. Foto: BS/Tumisu, pixabay.com

miteinander zu kommunizieren. An der Operation waren neben Deutschland unter anderem auch Frankreich, Tschechien, Großbritannien, die Ukraine und die USA involviert. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) lobte die Rolle der Ermittler/-innen: “Es zeigt, dass wir als Sicherheitsbehörden dazu in der Lage sind, schwerkriminellen Cyber-Netzwerken

das Handwerk zu legen.” Pistorius teilte mit, dass es bereits die ersten Festnahmen gegeben habe. Der Präsident der Polizeidirektion Hannover, Volker Kluwe, erklärte, dass die im Netzwerk gespeicherten Daten gesichert und demnächst ausgewertet würden. Ferner sagte Kluwe, dass während der zweijährigen Ermittlungszeit rund 100 Cyber-Attacken verhindern worden seien.

MELDUNG

Nordkoreas Hacker erbeuten Kryptogeld in Millionenhöhe (BS/sp) Cyber-Kriminelle aus Nordkorea haben im letzten Jahr Bitcoin, Ether und Altcoins im Wert von etwa 400 Millionen US-Dollar gestohlen. Die größten Beträge wurden bei sieben Einbrüchen in Kryptowährungsbörsen und Investmentfirmen erbeutet. Dabei handelt es sich um eine Steigerung von 100 Millionen US-Dollar im Vergleich zu den Diebstählen aus 2020. In den letzten fünf Jahren wird von einem Diebstahlbetrag von etwa 1,5 Milliarden Dollar ausgegangen. Die bekannteste nordkoreanische Hacker-Gruppe Lazarus, soll maßgeblich an den Angriffen beteiligt gewesen sein. Die Vereinten Nationen gehen davon

aus, dass mit dem erbeuteten Geld hauptsächlich Kim Jonguns Atomwaffen- und Raketenprogramme finanziert werden. Das Blockchain-Analyseunternehmen Chainanalysis, welches den Bericht zu Nordkoreas Cyber-Attacken veröffentlicht hat, geht von einer systematischen, staatlich-gestützten Cyber-Angriffspolitik des Landes aus. Nordkorea habe nach der Erbeutung des Geldes mit einer sorgfältigen Geldwäsche begonnen, um seine Taten zu vertuschen und das Geld auf den Markt zu bringen, urteilte der Bericht. Insgesamt hätten sich die Hacker-Gruppierungen um Lazarus und weitere als fortgeschrittene, anhaltende und

systematische Bedrohung für die Kryptowährungsindustrie im letzten Jahr etabliert. Auch die NATO geht davon aus, dass sich Nordkoreas Geheimdienst mit Phishing, Ransomware und anderen kriminellen Handlungen finanziert. Diese Attacken könnten im schlimmsten Fall dazu führen, das ganze Nationen in die Knie gezwungen werden könnten. Unterstützung bei einem Cyber-Angriff bis hin zu einem Cyberwar kann von der NATO wohl nicht erwartet werden, da dafür der Artikel 5 (kollektive Verteidigung) auszurufen wäre. Offen sei man dafür, Wiederaufbauhilfen nach einem vollendenten Cyber-Angriff einzuleiten, ließ die NATO verlauten.


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Sicherheit & Verteidigung Behörden Spiegel

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Berlin und Bonn / Februar 2022

Rund 1.700 Fälle allein in Nordrhein-Westfalen Fälschungen von Impfnachweisen sind ein riesiges Problem

KNAPP

Cyber-Angriff als Szenario der LÜKEX 22 (BS/bk) Die Vorbereitungen für

(BS/Marco Feldmann) Erst seit Kurzem ist jedes Vorweisen eines gefälschten Corona-Impfzertifikates strafbar. Hierfür bedurfte es zunächst einer Reform des Strafgesetzbuches (StGB). die Übung LÜKEX 22 haben beNun sind die polizeilich bekannt gewordenen Fälle massiv angestiegen. Und das nicht nur in Nordrhein-Westfalen. Bundesweit gibt es bereits über 10.000 Ermittlungsverfahren. gonnen. Das Szenario der neunWolfgang Hermanns, Abteilungsleiter für strategische Kriminalitätsbekämpfung im Düsseldorfer Landeskriminalamt (LKA), berichtet, dass seine Behörde allein zwischen Ende November und Ende Dezember letzten Jahres rund 1.700 derartige Delikte verzeichnet habe. Und dabei dürfte es sich nur um die Spitze des Eisberges handeln, zumal derzeit auch der Handel mit gefälschten Genesenenausweisen zunimmt. Denn Hermanns geht von einem großen Dunkelfeld aus. Vor allem bei diesem Kriminalitätsphänomen seien die Polizeibehörden auf Anzeigen angewiesen, etwa von Apothekerinnen und Apothekern. Zumal es hier kaum Hürden oder Zugangsvoraussetzungen für Kriminelle gebe, die polizeiliche Ermittlungsarbeit aber schwierig sei.

zung stünde der Landesdatenschutzbeauftragte bundesweit allein da. Der Datenschutz sei hier eine hohe Hürde. “Überbordender Datenschutz gefährdet hier Menschenleben, weil Infektionsketten nicht erkannt werden”, warnt Braun.

Bundesrepublik hinkt hinterher

Rechtsunsicherheit für Apotheker Für Apotheker seien Impfzertifikatsfälschungen nur schwer zu erkennen, gibt Dr. Martin Braun zu bedenken. Hierfür brauche es teilweise detektivische Fähigkeiten, so der Präsident der Landesapothekenkammer Baden-Württemberg. Er erklärt: “Es ist fast unmöglich, die Echtheit der gelben Impfpässe nachzuweisen.” Denn sie seien nicht fälschungssicher und enthielten keine Wasserzeichen. Außerdem seien die Chargenkleber und Arztunterschriften leicht zu fälschen. Gefälschte Impfpässe werden im Netz für rund 150 Euro angeboten. Hinzu komme, dass es einen riesigen Ansturm auf die Apotheken für die Ausstellung digitaler Impfzertifikate gegeben habe und die dafür erforderliche Infrastruktur habe sehr schnell aufgebaut werden müssen. Hier seien viele technische Lücken bis heute nicht geschlossen worden.

Apothekerinnen und Apotheker entdecken immer öfter gefälschte Impfpässe. Sie können die Täterinnen und Täter jedoch nicht immer anzeigen. Tun sie das dennoch, drohen ihnen teilweise straf- und berufsrechtliche Konsequenzen. Foto: BS/senadesign, stock.adobe.com

So sei die Sperrung deutscher Zertifikate durch ausländische Fälschungen umgehbar, aber auch durch korrekte Chargennummern aus dem Ausland. Auch finde kein Austausch gesperrter Zertifikatsinfomationen mit anderen Staaten statt. Und es gebe noch ein weiteres Problem, erläuterte Braun. Unter Umständen machten sich Apotheker aufgrund der ihnen obliegenden Schweigepflicht wegen der Verletzung von Pri-

vatgeheimnissen (Paragraf 203a StGB) strafbar, wenn sie nach Fälschungsversuchen Strafan­ zeige erstatteten. In Baden-Württemberg drohen ihnen hier nach einer entsprechenden Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft zwar keine straf- oder berufsrechtlichen Konsequenzen mehr. Diese Unsicherheit sei aber noch nicht in allen Bundesländern beseitigt, kritisiert Braun, der davon ausgeht, dass etwa fünf bis zwölf Prozent aller digi-

talen Impfzertifikate im Ländle gefälscht sind. Begünstigend wirke sich außerdem aus, dass in Baden-Württemberg personenbezogene Daten und Gesundheitsdaten “nicht miteinander verheiratet werden” dürften, so Braun bei einer Diskussionsrunde auf der Behörden Spiegel-Plattform NeueStadt.org. Dadurch sei keine Speicherung entsprechender Datensätze in den Systemen der Apotheker möglich. Mit dieser Einschät-

Auch Thorsten Urbanski, Leiter der TeleTrusT-Initiative “IT Security made in EU”, bemängelt den rigiden Datenschutz in diesem Bereich. Er kritisiert zudem, dass Deutschland bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens im internationalen Vergleich stark hinterherhinke. Die diesbezüglichen Versäumnisse (analoger Impfausweis, mehrere unterschiedliche Corona-Warn- und Kontroll-Applikationen) müssten dringend angegangen werden. Hierfür brauche es unbedingt bundeseinheitliche Vorgaben. Aus Urbanskis Sicht gibt es mit Blick auf die Corona-Impfungen und die entsprechenden Nachweise ein Kernproblem: “Der gesamte Prozess ist nicht digital gedacht worden.” Seines Erachtens müssten die Institutionen, die die digitalen Impfzertifikate ausstellen, deutlich aufgewertet werden. Für sinnvoll hält er zudem eine Live-Überprüfung digitaler Impfnachweise in Form einer Plausibilitätsprüfung. Der Präsident der baden-württembergischen Landesapothekerkammer Dr. Braun wünscht sich hingegen etwas anderes. Seiner Meinung nach sollten digitale Impfzertifikate unmittelbar nach der Impfung ausgestellt werden. Und zwar von der- oder demjenigen, der das Vakzin verabreicht hat. Die gesamte Diskussionsrunde findet sich in der Mediathek auf www.neuestadt.org.

25. Europäischer Polizeikongress

ten länder- und ressortübergreifenden Krisenmanagementübung wird ein “Cyber-Angriff auf das Regierungshandeln” sein. Bei der diesmaligen Übung stehen die Notfallmechanismen der CyberSicherheitsstrukturen und Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsfunktionen im Vordergrund. An der Übung, die vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) geplant, durchgeführt und ausgewertet wird, werden alle Bundesländer sowie über 30 Bundesbehörden teilnehmen. Der fachliche Partner bei der Konzeption ist das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Die Übung findet am 23. und 24. November 2022 statt.

Survivor R wird neuer Sonderwagen

(BS/mfe) Rheinmetall stattet die Bundespolizei und die Bereitschaftspolizeien der Länder mit neuem Einsatzfahrzeug aus. Das Unternehmen hat vom Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums (BeschA) den Zuschlag für die neuen Sonderwagen fünf erhalten. Zum Einsatz kommen werden Fahrzeuge vom Typ Survivor R. Der Auftrag umfasst eine feste Liefermenge von 55 Fahrzeugen in den Varianten für die Bundespolizei sowie für die Bereitschaftspolizeien der Länder. Zehn Fahrzeuge gehen an die Bundespolizei. Die übrigen 45 sind für die Bereitschaftspolizeien der Länder bestimmt. Das Auftragsvolumen beläuft sich auf mindestens eine zweistellige Millionensumme. In einem ersten Schritt ist noch für dieses Jahr die Lieferung von zwei Musterfahrzeugen geplant. Die Auslieferung der Serienfahrzeuge beginnt voraussichtlich im kommenden Jahr und soll 2026 abgeschlossen sein.

2G+

Präsenzveranstaltung unter 2G+-Regel. Anpassungen erfolgen situationsbedingt.

Jubiläumskongress 11.—12. Mai 2022 Neuer Veranstaltungsort 2022:

Foto (links): © Sliver, stock.adobe.com

hub27 Berlin

www.europaeischer-polizeikongress.de

Eine Veranstaltung des


Innere Sicherheit

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B

ehörden Spiegel: Herr Generaldirektor, der österreichische Verfassungsschutz ist grundlegend neu aufgebaut worden. Was wurde reformiert und weshalb?

Dr. Franz Ruf: Die Vorgängerorganisation der neuen Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), war beinahe 20 Jahre alt. Da waren Reformen nötig. Den entsprechenden Auftrag hat der damalige Bundesminister für Inneres schon Anfang 2020 erteilt. Gründe hierfür waren unter anderem die geänderten Bedrohungslagen in einer globalisierten Welt sowie die zutage getretenen Mängel im alten BVT und die daraus resultierenden Nachteile in der internationalen Zusammenarbeit. In einem konsequenten Reformprozess wurden alle im Parlament vertretenen politischen Parteien mit einbezogen. Und es ist gelungen, mit einer breiten politischen Mehrheit die neue Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst einzurichten. Behörden Spiegel: In der neuen Behörde, der DSN, soll es eine klare Trennung des polizeilichen Staatsschutzes und des Nachrichtendienstes geben. Wie soll das gelingen? Ruf: Unser Fokus lag auf einer klaren Trennung zwischen Staatsschutz und Nachrichtendienst, einer Verbesserung der materiellen und personellen Sicherheit und der Erhöhung der nachrichtendienstlichen Kompetenzen. Im neuen Staatsschutz- und Nachrichtendienstgesetz ist sowohl eine gesetzliche als auch eine organisatorische Trennung zwischen Staatsschutz und Nachrichtendienst vorgesehen. In der neuen Behörde wird an der Spitze der Direktor stehen. Unterhalb haben wir zwei stellvertretende Direktoren eingerichtet. Einer ist für den Staatsschutz und der andere für den Nachrichtendienst zuständig. Dem Staatsschutz obliegen die Aufgaben zum vorbeugenden Schutz vor verfassungsgefährdenden Angriffen, die Gefahrenabwehr und die kriminalpolizeiliche Aufklärungsarbeit gemeinsam mit den Justizbehörden. Der Nach-

D

och dieser Ansatz birgt Forschern zufolge Probleme. Denn so entstünden nicht nur neue Formen polizeilicher Wissens­produktion, die neue Fähigkeiten der Beschäftigten und neues Know-how aufseiten der Behörden erforderten. Vielmehr bestehe auch die Gefahr von technisch bedingten sogenannten “blind spots”, meint Dr. Simon Egbert. Der wissenschaftliche Mitarbeiter an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld sieht durch Big Data und Machine Learning im Sicherheitsbereich Probleme mit Blick auf die Zweckbindung der erhobenen Daten sowie in Bezug auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Als “Türöffner für die Datafizierung der Polizeiarbeit” sieht der Wissenschaftler den Ansatz des Predictive Policings. Bei diesem aus seiner Sicht soziotechnischen Prozess handelt es sich um die “polizeiliche Anwendung von Verfahren algorithmischer Datenverarbeitung”. Ziele seien die Generierung und Umsetzung operativer Prognosen mit Blick auf personenbezogene Risiken beziehungsweise Zeiten und Orte zukünftiger Kriminalität. Hierfür werde der sogenannte Near-repeat-Ansatz verwendet. Diesem zufolge handeln professionelle Einbrecher rational und neigen dazu, kurz nach ihrer ersten Tat erneut in der Umgebung zuzuschlagen. Die genutzten Algorithmen arbeiten dabei mit Triggern und Anti-Triggern. Auffällig aus Egberts Sicht ist bezüglich Predictive Policing, dass jene

Behörden Spiegel / Februar 2022

Deutlichere Trennung der Aufgabenbereiche Österreich hat sein Verfassungsschutzsystem grundlegend reformiert

bei der Gefahrenerforschung einen wichtigen Teil einnimmt. Behörden Spiegel: Aber das Demonstrationsrecht ist doch auch ein Grundrecht.

(BS) Das ehemalige österreichische Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusabwehr (BVT) war in einige Skandale verwickelt. Nicht zuletzt deshalb gab es tiefgreifende Reformen. Wie diese ausgestaltet wurden, erläutert der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit im ös- Ruf: Ja, das stimmt. Deshalb terreichischen Bundesministerium für Inneres. Das Interview mit Mag. Dr. Franz Ruf, MA, führte der Herausgeber und Chefredakteur des Behörden haben wir auch immer eine InteSpiegel, Uwe Proll. ressensabwägung vorzunehmen.

“In den nächsten vier bis fünf Jahren werden wir das Personal Schritt für Schritt beinahe verdoppeln. Diese Aufstockung ist ein wichtiger Beitrag zur Professionalisierung des Verfassungsschutzes.” Mag. Dr. Franz Ruf, MA, ist Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit im österreichischen Bundesministerium für Inneres. Foto: BS/Bundesministerium für Inneres

richtendienst hingegen hat die Gewinnung und Analyse von Informationen und Bedrohungen, die terroristisch, ideologisch oder religiös motiviert sind, zum Ziel. Und in der Mitte werden beide Bereiche durch das gemeinsame Informations- und Lagezentrum verbunden. Behörden Spiegel: Für die DSN sollen auch neue Ausbildungsund Zugangserfordernisse eta­bliert werden. Wie weit sind Sie da? Ruf: Gemäß den internationalen Standards haben wir eine erweiterte Vertrauenswürdigkeitsprüfung gesetzlich verankert. Es gibt ein dreistufiges Personalrekrutierungsverfahren, bei dem die erste Stufe anonym abläuft. Dabei handelt es sich um eine computerunterstützte Eignungsdiagnostik. Anschließend folgt die zweite Stufe, ein psychologisches Interview. Und an dritter Stelle steht dann ein Fachgespräch mit der Bewerberin oder dem Bewerber. Das ist ein sogenanntes Hearing. Darüber hinaus haben wir eine Grundausbildung verankert, die fünf Monate dauert und die aufbauend ist für einen weiterführenden Master-Studiengang.

Behörden Spiegel: Wird es auch mehr Personal für die DSN geben? Ruf: In den nächsten vier bis fünf Jahren werden wir das Personal Schritt für Schritt beinahe verdoppeln. Diese Aufstockung ist ein wichtiger Beitrag zur Professionalisierung des Verfassungsschutzes. Das klare Ziel der neuen DSN ist es, als attraktive Organisation wahrgenommen zu werden und die Qualität weiter zu steigern. Wir haben auch bei den Aufgabenbeschreibungen klare und detaillierte Profile erstellt. Darüber hinaus haben wir besonderen Wert auf eine neue Form der wissenschaftlichen Kooperation und Zusammenarbeit gelegt. Auch die Vernetzung ist wichtig. Denn es besteht ein großer Bedarf an struktureller Forschung und evidenzbasierten Analysen. Behörden Spiegel: Hat sich auch das Gefahrenpotenzial, dem sich die Direktion widmet, verdoppelt? Oder war das frühere BVT zuvor personell unterbesetzt? Ruf: Wir haben ein erhöhtes Gefährdungspotenzial. Das hat

sich auch beim Terroranschlag in Wien im November 2020 gezeigt. Im Bereich der Kritik gegen die Corona-Maßnahmen haben wir zudem eine deutliche Polarisierung und Radikalisierung, die sich teilweise in einem Gewaltpotenzial niederschlägt. Aus diesem Grund ist es wichtig, eine moderne und zukunftsorientierte Organisation aufzustellen. Und diese braucht mehr Personal. Behörden Spiegel: Durch das Handeln des früheren BVT ist Vertrauen verloren gegangen. Wie soll das zurückgewonnen werden? Ruf: Das Vertrauen der internationalen Partner, aber auch der österreichischen Bevölkerung ist ein ganz wichtiges Element. Wir haben, wie bereits geschildert, internationale Standards breit in die neue Organisation eingeführt und eine Vernetzung mit Forschung und Wissenschaft zustande gebracht. Damit beschreiten wir einen modernen und zukunftsorientierten Weg. Wir haben in den letzten Monaten viele Gespräche und Konferenzen mit den internationalen Partnern geführt. Dabei haben wir für unsere neue Organisation, für das

Modell, das wir gewählt haben, auch viel Anerkennung erhalten und erfahren. Wir werden in einem kontinuierlichen Prozess zeigen, dass Österreich mit der neuen Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst ein verlässlicher Partner ist. Behörden Spiegel: Gibt es denn noch andere Evaluierungselemente, zum Beispiel aus dem parlamentarisch-politischen Bereich? Ruf: Ja, wir haben auch ein neues Gremium im Parlament eingerichtet. In dieser unabhängigen Kommission erfolgen auch der Informationsaustausch und die Berichtslegung an den geheimen Unterausschuss des Innenausschusses. Behörden Spiegel: Wie groß ist in Österreich eigentlich die Szene der Corona-Leugner und wie setzt sie sich zusammen? Ruf: Die Pandemie hat neue Irrationalitäten hervorgebracht. Neben einer Polarisierung stellen wir auch eine Radikalisierung fest. Insbesondere bei Demonstrationen gegen die CoronaMaßnahmen zeigt sich, dass einschlägige Gruppierungen die Corona-Maßnahmen-Leugner und Impfgegner für ihre eigenen Zwecke instrumentalisieren. Da sind Neonazis und andere Rechtsradikale, Staatsverweigerer und Hooligans aktiv. Dabei stellen wir auch Einschüchterungen, Drohungen und mitunter auch Gewalt fest, die sich nicht nur gegen Polizeibedienstete, sondern auch gegen Angehörige der Gesundheitsberufe und gegen Journalistinnen und Journalisten richtet. Insofern haben wir eine herausfordernde Situation, in der der Verfassungsschutz, hier die neue Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, gerade

Multidimensionale Analysen gefragt Polizeilicher Trend hin zur Vernetzung und Datafizierung (BS/Marco Feldmann) Während die Polizei in der Vergangenheit nur Vorhersage-Anwendungen gegen Wohnungseinbrüche verwendet hat, setzen die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) nun vermehrt auf eine multidimensionale algorithmische Datenanalyse. Immer wichtiger werden datenbankübergreifende Analysen. Und diese sollen möglichst nur auf einer Oberfläche stattfinden.

Im Kampf gegen Wohnungseinbruch findet Predictive Policing bereits Anwendung. Inzwischen sind die Polizeien technisch aber schon deutlich weiter. Das kann jedoch auch zu Problemen führen. Foto: BS/Tim Reckmann, pixelio.de

Bundesländer, in denen solche Software Verwendung findet, inzwischen vor allem Eigenentwicklungen und keine kommerziellen Lösungen mehr nutzten. Dieses Deliktfeld eigne sich jedoch sehr gut für automatisierte Auswerteverfahren, gibt Dr. Matthias Leese zu bedenken. Als weitere KI-Anwendungsbereiche für die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) identifiziert der Senior Researcher am Center for Security Studies der ETH Zürich die Gesichts- sowie die Verhaltenserkennung. Thomas Gerth vom Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg zeigt

sich überzeugt, dass KI alle gesellschaftlichen Bereiche, und damit auch die Arbeit der Polizei, verändern werde. Allerdings werde die Technik immer nur unterstützen und nie selbst Entscheidungen treffen. Dies werde auch in Zukunft weiterhin den Polizistinnen und Polizisten obliegen. Auch werde der KI-Einsatz, durch den nur eine Vorfilterung der großen Datenmengen stattfinde, nicht am Datenschutz scheitern. Als Problem machte Gerth vielmehr die riesigen Datenmengen aus, die in zahlreichen Ermittlungsverfahren anfallen. Denn heutzutage gebe es kaum noch eine Straftat,

bei der digitale Spuren keine Rolle spielten. Da die Polizei durch die Digitalisierungswelle getrieben sei, müsse sie ein souveräner KI-Nutzer und eventuell auch KI-Entwickler werden. Zugleich sollte ein Recht für den CyberRaum entwickelt werden, meint Dr. Astrid Bötticher, Postdoc an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Es komme entscheidend darauf an, dass die Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden digital und technologisch souverän seien, so die promovierte Philosophin und studierte Politologin. Aus ihrer Sicht ist “Predictive Policing” zur Vorhersage mit Blick auf Wohnungseinbruchdiebstahl, wie sie in mehreren Bundesländern bereits Verwendung findet, nur eine sehr schwache KI.

Einbruchszahlen haben deutlich abgenommen Unstrittig dürfte allerdings der positive Beitrag der Technik, die eine Assistenz für den polizeilichen Wachdienst darstellt und eine ausreichende Datenmenge benötigt, mit Blick auf den Rückgang der Fälle des Wohnungseinbruchdiebstahls sein. Hier ist seit Jahren eine Abnahme zu verzeichnen.

Wurden hiervon laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) 2019 noch 87.145 Fälle erfasst, waren es 2020 “nur” noch 75.023 Fälle. Auch die Zahl der Versuche nahm von 39.466 auf 35.054 Fälle ab. Zudem gab es weniger Tatverdächtige (2019: 11.638; 2020: 10.996). Keine Veränderungen zeigten sich bei der Tatsache, dass die meisten Fälle in Städten mit mindestens 500.000 Einwohnern verzeichnet werden. Ebenfalls relativ konstant geblieben sind die Aufklärungsquoten (2019: 17,4 Prozent; 2020: 17,6 Prozent) sowie der Anteil nicht deutscher Tatverdächtiger (2019: 39,1 Prozent; 2020: 37,8 Prozent). Zieht man Daten des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) heran, sind dort alle Kennzahlen bereits seit 2014 fast kontinuierlich rückläufig. Dies gilt sowohl für die Anzahl der Wohnungseinbrüche als auch für die dafür aufgewendeten Versicherungsleistungen und die Kosten je Einbruch. So wurden dort 2014 noch etwa 170.000 Wohnungseinbrüche (ohne Fahrraddiebstahl, Diebstahl von Hausrat, aus Kfz und ähnliche Schadensursachen) verzeichnet, die etwa 500 Millio-

Auf der einen Seite steht dabei das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und auf der anderen Seite der Schutz vor der Pandemie. Auf der Grundlage dieser Abwägung entscheiden dann jeweils die Sicherheits- und die Versammlungsbehörden. Behörden Spiegel: Wie offensiv geht Österreichs Polizei bei AntiCorona-Demonstrationen gegen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten vor?

Ruf: Wir haben klassische ordnungspolizeiliche Einheiten wie die Einsatzeinheiten der Polizei im Einsatz. Zugleich sind wir aber sehr frühzeitig dazu übergegangen, auch Kommunikationsteams der Polizei in die Versammlungen zu entsenden. Die Mitglieder dieser Teams sprechen Versammlungsteilnehmer, die sich nicht an die CoronaSchutzmaßnahmen halten, an und bitten sie um Einhaltung der Maßnahmen. Wenn dann Einsicht gezeigt wird, belassen wir es dabei. Anderenfalls wird natürlich, sofern es die polizeiliche Lage zulässt, konsequent eingeschritten. Und Verwaltungsübertretungen, so heißen in Österreich Ordnungswidrigkeiten, werden auch konsequent zur Anzeige gebracht. Behörden Spiegel: Wird sich dieses Demonstrationsgeschehen nach dem Abflauen oder dem Ende der Pandemie legen? Ruf: Wir als Polizei sind für den Schutz und für die Sicherheit der Menschen da. Insofern tragen wir eine große Verantwortung und dieser Verantwortung kommen wir auch nach. Wir werden sehen, wie die weitere Entwicklung vonstattengeht. Wir hoffen, dass wir die derzeitige Welle gut überstehen werden und sich die Pandemie dann legt.

nen Euro Versicherungsleistung nach sich zogen. Die Kosten pro Einbruch beliefen sich demnach damals auf 2.950 Euro. 2020 gab es danach nur noch 85.000 Wohnungseinbrüche mit einer Gesamtversicherungsleistungen von 220 Millionen Euro. Die Kosten pro Einbruch betrugen 2.600 Euro. Zu diesem Rückgang beigetragen haben dürften auch verstärkte Sicherungsmaßnahmen der Immobilieneigentümer. Die KfW-Bank hat dazu vom 1. Januar bis 30. September letzten Jahres rund 46.000 Maßnahmen zum Einbruchschutz finanziell gefördert, in den allermeisten Fällen durch Zuschüsse. Dafür wurden rund 32 Millionen Euro ausgereicht. Auch außerhalb dieser Förderung gab es Investitionen zur Einbruchsvorbeugung, sowohl mithilfe von mechanischen als auch von elektronischen geprüften und zertifizierten Lösungen. Hilfreich war auch die intensivierte internationale und grenzüberschreitende Zusammenarbeit in diesem Kriminalitätsbereich. Dadurch konnten reisende Täter und Banden (zumindest teilweise) zurückgedrängt werden. Ebenfalls Einfluss hatte die CoronaPandemie, insbesondere durch die damit einhergehenden Kontaktund Reisebeschränkungen sowie durch die vermehrte Anwesenheit der Bewohner in ihren Immobilien tagsüber. Hierdurch erhöhte sich das Entdeckungsrisiko erheblich. Auch dadurch gingen die Zahlen zurück.


Innere Sicherheit

Behörden Spiegel / Februar 2022

Behörden Spiegel: Die AmpelKoalition hat im Koalitionsvertrag angekündigt, dass sie das Land modernisieren und liberalisieren will. Was bedeutet das? Sebastian Hartmann: Der Koalitionsvertrag von FDP, Grünen und SPD sieht eine Modernisierung der Sicherheitsarchitektur im Bereich der Innenpolitik vor. Aber auch Liberalisierungen, zum Beispiel mit Blick auf die Gesellschaftspolitik, das Staatsangehörigkeitsrecht, Fragen von Migration und Einwanderung oder der Fachkräfte- und Arbeitskräftezuwanderung. Für den Bereich der Innenpolitik ist das Leitbild einer modernen Staatsverwaltung zu ergänzen. Dies reicht von Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger in einem demokratischen Rechtsstaat, Personalgewinnung bis hin zur Führungskultur in Behörden. All das sind Herausforderungen der Innenpolitik. Ein spannendes wie weites Feld. Behörden Spiegel: Es soll eine Sicherheitsbilanz gezogen werden. Wie stellen Sie sich das politisch vor? Hartmann: Wir müssen schauen, ob der Staat ausreichend Befugnisse und Möglichkeiten hat, tatsächlich Sicherheit in allen Bereichen zu gewährleisten. Wir haben zum Beispiel neue Herausforderungen im Cyber-Raum. Das kann die Kritischen Infrastrukturen (KRITIS) betreffen, wo Cyber-Angriffe beispielsweise die Handlungsfähigkeit des Staates bedrohen können. Auch wenn Bürgerinnen und Bürger Opfer einer Cyber-Straftat werden, muss der Staat in der Lage sein, eine effektive Strafverfolgung zu gewährleisten. Ebenso ist zu prüfen, ob bestehende Befugnisse in der Form erforderlich sind, die wir aktuell haben. Deshalb müssen wir uns den Sicherheitsbereich immer mit der Maßgabe anschauen, dass wir mehr Sicherheit ermöglichen und effiziente Rechtsdurchsetzung sicherstellen wollen. Unsere Sicherheitsbehörden müssen effektiv und optimal aufgestellt sein. Unter Umständen wird

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Viele Punkte auf der Agenda Sebastian Hartmann über die künftige Politik der Inneren Sicherheit (BS) Sebastian Hartmann ist der neue Innenpolitische Sprecher der Sozialdemokraten im Deutschen Bundestag. In diesem Politikfeld gibt es einiges anzupacken. Was ihm besonders wichtig ist, erläutert er im Interview mit dem Behörden Spiegel. Die Fragen stellten Uwe Proll und Bennet Klawon. das neue gesetzgeberische Maßnahmen erfordern sowie mehr Investitionen oder ein anderes Aufstellen von Personal. Behörden Spiegel: Sie haben erwähnt, man müsse auch prüfen, ob die Befugnisse, die den Sicherheitsbehörden in den letzten Jahren an die Hand gegeben wurden, die notwendig seien. Kann man das so verstehen, dass es da eventuell auch Rücknahmen geben könnte? Hartmann: Es geht darum, ob die vorhandenen Grundlagen tatsächlich nutzbar sind - immer mit der Maßgabe, dass wir Bürgerinnen und Bürger in unserem Land sowohl analogen als auch im digitalen Raum schützen wollen. Hier wird es auf das Zusammenspiel ankommen. Das ist etwas, worin wir geübt sind. Aber wir kennen zum Beispiel bei neuen Phänomen-Bereichen – Stichwort Radikalisierungstendenzen im Netz – die Frage: Wie wollen wir denn Recht durchsetzen, wenn plötzlich ein Mordaufruf gegen ein Kommunalpolitiker gepostet wird und bestimmte Plattformbetreiber nicht der Löschverpflichtung oder der Kooperation mit Behörden nachkommen? Das kann in beide Richtungen gehen. Sind wir in der Lage, eine effektive Strafverfolgung zu ermöglichen? Umgekehrt: Sind Befugnisse, die angefordert worden sind, gar nicht genutzt worden und wie gehen wir mit Datenbeständen um, die angelegt werden, aber nicht nutzbar sind? Das ist ein 360-Grad-Blick, den wir wagen werden. Behörden Spiegel: Der Koalitionsvertrag beschreibt relativ konkret, was die Vorhaben für die Bundespolizei sind. Sie soll unter anderem keine Kompetenz bei der Telekommunikationsüberwa-

chung (TKÜ) bekommen. Wie soll ein neues Bundespolizeigesetz aussehen? Hartmann: Das Bundespolizeigesetz müssen wir anpacken. Wir haben es uns das letzte Mal in den 1990er-Jahren angeschaut und sollten es nicht auf die Fragen von Quellen-TKÜ reduzieren. Hier muss man sehen, dass die Kombination der Sicherheitsbehörden auf Bundesebene eine andere ist. Und wir sollten dann nicht in Streit mit den Ländern geraten, was die Strafverfolgungskompetenzen angeht. Wir müssen uns die Frage stellen: Benötigt die Bundespolizei als Sonderpolizei das? Bestimmte Aufgaben, die die Bundespolizei nicht erledigt, erledigen zum Beispiel Landespolizeien. Wir müssen ebenso das Bundeskriminalamt (BKA) und den Verfassungsschutz entsprechend aufstellen. Und dann schauen wir uns an, was bei der Bundespolizei von Bedeutung ist. Die Quellen-TKÜ gehört aus unserer Sicht nicht dazu. Das kann man an anderer Stelle, wo wir es auch schon normiert haben, regeln. Behörden Spiegel: Wie wird es mit dem Bundespolizeibeauftragten weitergehen? Hartmann: Der Bundespolizeibeauftragte soll eine Anlaufstelle für diejenigen, die bei der Polizei beschäftigt sind, als auch für Bürgerinnen und Bürger sein. Um es klar und deutlich zu sagen, wie es unsere Bundesinnenministerin Nancy Faeser, schon klarstellte: Es gibt für Extremismus in Polizeibehörden keinen Platz. Aber es sind viele Beschäftigte, die sich auch darauf verlassen, dass der Dienstherr das deutlich macht. Es sind Menschen, die sich wirklich fest auf dem Boden unseres Grundge-

Hochrisikomanagement ausbauen Schleswig-Holstein will Landesverwaltungsgesetz reformieren

Sebastian Hartmann ist Bundestagsabgeordneter für den Rhein-Sieg-Kreis und Innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Foto: BS/Klawon

setzes befinden. Sie sind diejenigen, die die Rechtsdurchsetzung sicherstellen. Sie sind diejenigen, die sich bewusst für unseren Staat entschieden haben. Da darf auch kein Zweifel sein. Ein solcher Bundespolizeibeauftragter wird dafür sorgen, dass wir ein objektives Bild bekommen und dass jeglichen Extremismusbestrebungen ausgehend von einem modernen Leitbild ein Riegel vorgeschoben wird. Dies wurde schon in den letzten Jahren angestoßen. Die Wenigen, die gegen das Grundgesetz vorgehen, müssen wir identifizieren. Behörden Spiegel: Ein Instrument dafür ist die serielle Sicherheitsüberprüfung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Einige Bundesländer wie etwa Nordrhein-Westfalen machen das schon. Wie wird das konkret aussehen? Hartmann: Vorgelagert ist die ganz klare Ansage, dass es keinen Platz für Extremistinnen und Extremisten in deutschen Behörden gibt und insbesondere nicht in deutschen Sicherheitsbehörden. Wer für diesen Staat Verantwortung übernimmt und trägt, kann nicht gleichzeitig die Verfassung verneinen und feindlich gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung sein. Das ist nicht akzeptabel. Es gibt dafür im Bereich der Sicherheitsbehörden keine Toleranz und kein Verhandlungsraum.

(BS/mfe) Das schleswig-holsteinische Landeskabinett hat den Voraussetzungen für den notwendigen Ausbau des Hochrisikomanagements zum besseren Schutz von Frauen vor Gewalt zugestimmt. Ein Entwurf zur Änderung des Landesverwaltungsgesetzes sieht dazu eine Weiterentwicklung der Datenübermittlungsbefugnisse zwischen der Polizei und Hilfs- oder Opferschutzorganisationen sowie Beratungsstellen vor. Hier Behörden Spiegel: Was ist konkret zu tun? gibt es bislang noch Defizite. Bisher dürfen personenbezogene Daten nur übermittelt werden, wenn dies im Einzelfall zur Abwehr einer bevorstehenden konkreten Gefahr erforderlich ist. Diese Hürde stehe einer effektiven Zusammenarbeit zwischen der Polizei und Hilfs- oder Opferschutzorganisationen und Beratungsstellen zum Schutz von Frauen vor Gewalt im Weg, so Innenministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack (CDU). “Wir wollen den Frauen ja helfen, bevor ihnen unmittelbar Gewalt droht. Wirklich gute Lösungen findet man nicht in solchen psychischen Ausnahmesituationen. Da muss man früher ansetzen. Und das können wir mit dieser Gesetzesänderung”, so die Ministerin. Ein wirksames Hochrisikomanagement verlange, dass möglichst alle relevanten Informationen zusammengefasst und systematisch ausgewertet werden dürften. “Das packen wir jetzt an”, unterstrich die Kieler Ressortchefin. Denn gerade Fälle schwerster Gewalt in Partnerschaften fänden selten unangekündigt statt. “Oft hat eine betroffene Frau schon einmal Hilfe gesucht oder andere Behörden beziehungsweise

Einrichtungen haben Kenntnis von der Situation. Künftig soll es mit Zustimmung der betroffenen Frau möglich sein, dass alle beteiligten Institutionen und Organisationen auf die gleichen Informationen zugreifen dürfen. Auf der Grundlage können sie dann zusammenarbeiten, um gemeinsam für die Frau – und gegebenenfalls deren Kinder – die beste Lösung zu finden”, erläuterte Sütterlin-Waack. Der Gesetzentwurf wird nun dem Landtag zur Beratung übersandt. Die Reform soll noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten.

GdP kann sich noch mehr vorstellen Von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) kommen grundsätzlich lobende Worte für die Novelle. Ihr stellvertretender Landesvorsitzender Sven Neumann hätte sich aber gewünscht, dass ein Informationsaustausch generell möglich würde. Vorgesehen ist das jedoch nur für den Bereich der häuslichen Gewalt, nicht aber zum Beispiel im Hinblick auf jugendliche Intensivtäter. Er erklärte: “Dieser Datenaustausch stellt die Grundbedingung einer erfolgreichen interdiszipli-

nären Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Netzwerkpartnern dar. Angemessen ist angesichts der Bedeutung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch die Aufnahme eines ausdrücklichen Zustimmungserfordernisses der gefährdeten Person sowie der Hinweis auf im Einzelfall entgegenstehende schutzwürdige Interessen betroffener Personen.” Allerdings gehöre diese Normierung in den Regelungskomplex über die Verarbeitung personenbezogener Daten. “Allein dadurch können eine problematische Zerfaserung des Gesetzes verhindert und zugleich auch andere bedeutende Deliktsfelder erfasst werden”, so Neumann. Der Gewerkschafter kritisiert zugleich, dass Ausführungsbestimmungen über die Fesselung von Personen, wo aus GdP-Sicht weiterhin eine Regelungslücke besteht, immer noch nicht angepasst wurden. Und das, obwohl der Entwurf zu diesen internen Ausführungsbestimmungen schon seit mehreren Monaten vorliege. “Die Interpretation der zum Teil neugefassten Vollzugsbestimmungen darf nicht den handelnden Beamten aufgebürdet werden”, meint Neumann.

Hartmann: Es müssen alle Instrumentarien genutzt werden. Unsere Bundesinnenministerin hat sehr deutlich gesagt, dass es die Handhabe dagegen geben muss. Wir haben im Koalitionsvertrag ein neues positives Leitbild für die Polizei formuliert. Dies umfasst ein Abbild der Gesellschaft, eine andere Führungskultur sowie die Ermöglichung von Durchlässigkeit zwischen Wirtschaft und Behörden. Das ist ein weiteres Ausschlusskriterium. Wer das nicht akzeptiert, hat natürlich insgesamt ein Problem damit, wie unsere liberale demokratische Gesellschaft aufgestellt ist. Wir werden deshalb die Möglichkeiten der Sicherheitsüberprüfungen nutzen. Wir brauchen einen entsprechenden Aufklärungswillen aller Teile aller Einheiten. Da

extremismus ist. Wir haben genaue Aufklärung darüber, wo welche Gewaltpotenziale vorhanden sind. Deswegen ist es klar einzuordnen, dass die größte Gefahr von Rechtsextremismus ausgeht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass man bei anderen extremistischen Bestrebungen nicht genau hinschaut oder neue Phänomenbereiche, die die staatlichen Institutionen und ihrer Repräsentanten delegitimieren und verächtlichmachen, nicht im Blick hat. Es gibt also kein blindes Auge. Behörden Spiegel: Sie sprechen von den sogenannten Querdenkern und Corona-Leugnern, die gegen die Corona-Maßnahmen demonstrieren. Diese Demonstrationen werden teilweise von Rechtsradikalen gekapert und instrumentalisiert. Dennoch nehmen auch ganz normale Bürgerinnen und Bürger daran teil. Wie kann man denn diese adressieren?

Hartmann: Das Demonstrationsrecht ist in einem demokratischen Rechtsstaat ein hohes Gut. Es gilt, es zu schützen und auch in Corona-Zeiten sicherzustellen. Es “Es ist klar einzuordnen, gehört zum demodass die größte Gefahr von kratischen Miteinander dazu, dass man Rechtsextremismus ausgeht.” abweichende Meidarf es keinen falsch verstan- nungen deutlich machen kann, denen Korpsgedanken geben, auch durch eine Demonstration. es intern zu klären. Denn wir In Pandemiezeiten ist das mit haben in der Vergangenheit lei- Schutzauflagen möglich, auch der gesehen, dass das Gegenteil angesichts von Inzidenzen von über 1.000. Doch klar ist auch: eingetreten ist. Wo Gewalt beginnt, endet das Behörden Spiegel: Besteht Versammlungsrecht. Es ist die nicht die Gefahr eines General- eigene Entscheidung jedes Menschen, neben wen er sich auf verdachts? einer Demonstration stellt. Wenn Hartmann: Abschließend möch- man neben jemandem steht, der te ich nochmal klarstellen: Wir eine offene rechte Gesinnung reden über eine erdrückende und hat, den Holocaust leugnet oder überwältigende Mehrheit, die klar gezielt Polizistinnen und Polizismit beiden Füßen auf dem Boden ten angreift, muss derjenige sich unserer Gesetze steht. All diejeni- fragen, ob dies Teil der eigenen gen, die sich an die Regeln halten, politischen Gesinnung ist. verdienen es, dass wir eine NullBehörden Spiegel: Es sind also Toleranz-Strategie fahren. Denn diejenigen sind nachher Opfer nicht nur die Sicherheitsbehörden gesellschaftlicher Diskussionen, gefragt? die zu Unrecht gegen sie geführt Hartmann: Kurzum, das ist etwerden. was, was wir zivilgesellschaftlich Behörden Spiegel: Wird das miteinander verhandeln müsSchwergewicht der Bekämpfung sen. Das darf man nicht bei den des Extremismus jetzt in dieser Sicherheitsbehörden abladen. Legislaturperiode auf der rechten Wenn wir einen neuen PhänoSeite liegen, das heißt bleiben wir menbereich feststellen, der nicht zum Phänomenbereich links oder auf dem linken Auge blind? rechts zuzuordnen ist, dann muss Hartmann: Keine extremisti- man sich damit auseinandersetsche Bestrebung wird geringge- zen. Das Demonstrationsrecht schätzt, ob das der politische, muss geschützt werden, doch islamistische Terror, der Links- Gewalt ist außerhalb dessen, was extremismus oder der Rechts- verhandelbar ist.

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Innere Sicherheit

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enn sogenannte Stachelhalsbänder sind künftig in der Aus- und Fortbildung sowie beim Training der Tiere nicht mehr statthaft. Es gibt bislang keine Bereichsausnahme für die BOS. Sie wurde im Nachgang zum parlamentarischen Verfahren von dem für Tierschutz zuständigen Bundeslandwirtschaftsministerium auch explizit abgelehnt. Das Land Niedersachsen hat nun jedoch eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Tierschutzgesetzes eingebracht. Sie hat zum Ziel, eine Ausnahmevorschrift aufzunehmen, wodurch es den diensthundführenden Behörden der Länder und des Bundes in engen Grenzen auch künftig möglich wäre, bei der Ausbildung der Tiere im Einzelfall gezielte und kurzfristige Reize zu setzen, um ein bestimmtes Verhalten des Hundes herbeizuführen. Bislang ist es laut Tierschutzgesetz verboten, ein Tier auszubilden oder zu trainieren, sofern damit erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind. Die Initiative wird nun in den Gremien des Bundesrates behandelt. Federführend ist dabei der Agrarausschuss, mitberatend ist zudem der Innenausschuss beteiligt.

Keine adäquate Alternative? Derzeit besteht Rechtsunsicherheit. Die Behörden gehen unterschiedlich vor. Das kritisiert der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Dietmar Schilff. Er sagt: “Diese Rechtsunsicherheit versetzt die Diensthundeführer in eine schwierige Lage. Einerseits dürfen sie auf keinen Fall in eine Lage geraten, in der sie womöglich rechtswidrig handeln, andererseits gibt es in manchen Situationen oder polizeilichen Einsatzbereichen bisher keine sachgemäßen und sicheren Alternativen zur Verwendung von Korrekturhalsbändern als letztem Erziehungs- und Führungsinstrument für Diensthunde.” Er fordert trotz der niedersächsischen Bundesratsinitiative: “Angesichts eines womöglich mehrere Monate andauernden Gesetzgebungsverfahrens brauchen wir für unsere Kolleginnen und Kollegen sowie ihre vierbeinigen Partner jedoch eine schnelle, bundesweit einheitliche, rechtsverbindliche Regelung.” Denn es handele sich um ein bundesweites Problem, von dem auch der Zoll und die Bundeswehr betroffen seien. Teilweise dürften Diensthunde – betroffen sind ausschließlich Schutz- und keine Spürhunde – schon nicht mehr eingesetzt werden.

Auf den Hund gekommen Streit um geänderte Tierschutz-Hundeverordnung bei den Polizeien (BS/Marco Feldmann) Seit Kurzem gilt eine neue Tierschutz-Hundeverordnung. Ihr zufolge ist es nunmehr verboten, bei der Ausbildung, bei der Erziehung oder beim Training von Hunden Stachelhalsbänder oder andere für die Hunde schmerzhafte Mittel zu verwenden. Das stellt die Verantwortlichen für das Diensthundewesen bei mehreren Polizeien und anderen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) vor große Herausforderungen. Damit sind lang genutzte Ausbildungs- und Trainingsmöglichkeiten obsolet. Prof. Dr. Jens Bülte, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschaftsund Steuerstrafrecht an der Universität Mannheim, hält die GdP-Einschätzung, wonach es in einigen Situationen bislang keine anderen geeigneten Mittel als die Stachelhalsbänder gebe, für juristisch problematisch. Er betont: “Die Tierschutz-Hundeverordnung konkretisiert nur das Tierschutzgesetz. Danach machen sich Verantwortliche, die beim Tiertraining gezielt mit Schmerzen arbeiten, relativ schnell strafbar.” Aus diesem Grunde konstatiert er: “Stachelhalsbänder sind meines Erachtens in der Ausbildung und im Hundetraining definitiv nicht mehr zulässig. Und auch im Einsatz dürften sie nur im Ausnahmefall erlaubt sein, sofern sie nach einer Interessenabwägung die einzige Möglichkeit sind, schwerwiegende Nachteile zu verhindern.” Er gibt jedoch zu bedenken, dass die Reaktion der Hunde dann schwer vorhersehbar sein könnte, wenn sie die Verwendung dieses Mittels, das im Einsatzfall rechtlich zulässig sein kann, nicht gewohnt seien. Von einer Art Bereichsausnahme für die BOS hält Bülte nichts.

Diametral unterschiedliche Aussagen Seitens der Bundespolizei heißt es unterdessen offiziell, dass die rechtliche Änderung selbstverständlich berücksichtigt werde und ihr sämtliche Diensthunde zur Verfügung stünden. Von der operativen Ebene ist anderes zu vernehmen. Demnach gibt es aktuell massive Probleme. Einige Schutzhunde stünden bereits “auf Rot” und dürften nicht mehr eingesetzt werden. Denn eigentlich ist in der verbindlichen Dienstvorschrift BRAS 170 festgelegt, dass Diensthunde nicht mehr eingesetzt werden dürfen, wenn sie drei Monate lang keine Fortbildung mehr absolviert haben. In Berlin ist die Ausbildung der 49 Schutzhunde vorübergehend ausgesetzt worden. Der Einsatzdienst ist jedoch nicht betroffen. Die zuständige Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport will nun Übergangsregelungen erlassen. Denn die Schutz-

von Polizeihunden grundlegend zu überarbeiten.” Der Einsatz von Stachelhalsbändern sei untrennbar mit der weitgehenden Praxis verbunden, Tiere auf dem freien Markt einzukaufen. “Diese zugekauften Tiere sind zwar widerstandsfähig und energisch, zeigen aber häufig unerwünschte Verhaltensweisen.” Deshalb müsse die Aufzucht von Hunden von der Polizei selbst gewährleistet werden.

Eigene Zucht

Polizeihunden dürfen in der Aus- und Fortbildung sowie beim Training keine Stachelhalsbänder mehr umgelegt werden. Das hat unterschiedliche Auswirkungen auf das Diensthundwesen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) in Bund und Ländern. Foto: BS/fantareis, pixabay.com

hunde seien für die Landespolizei unverzichtbar. Deshalb müsse für ihre Ausbildung eine dauerhafte und klare Lösung gefunden werden, heißt es. Zur Bundesratsinitiative Niedersachsens wollte sich dort allerdings niemand äußern, da hierzu Gespräche zwischen Bund und Ländern liefen. In Bayern, wo in Einklang mit der neuen Rechtslage bis auf Weiteres bei der Ausbildung, Erziehung sowie beim Training der Tiere auf den Einsatz von Stachelhalsbändern und ähnlich schmerzhaften Mitteln verzichtet wird, wurden bislang keine Hunde aus dem Dienst genommen. Die weiteren Auswirkungen der rechtlichen Novellierung befinden sich noch in der Prüfung. Eine Auflösung des Diensthundewesens ist nicht vorgesehen.

Keine Rechtsverbindlichkeit für Polizei? Brandenburgs Polizei besitzt eigenen Angaben zufolge derzeit 66 Diensthunde, von denen aktuell 63 über eine Schutzhundausbildung verfügen oder aktuell ausgebildet werden. Die Ausbildung respektive der Einsatz der Schutzhunde werde unter Beachtung der Vorgaben des Tierschutzes fortgesetzt. Dabei werde in jedem Einzelfall das

Immer mehr Aufrufe Elektronisches Polizeirevier wird deutlich häufiger genutzt (BS/mfe) Die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen-Anhalt haben das elektronische Polizeirevier, kurz E-Revier, zuletzt deutlich häufiger genutzt. 2021 gingen fast 31.400 Anzeigen darüber ein. Hinzu kamen auch mehr als 2.000 Hinweise und knapp 750 Fragen. Insgesamt gingen 34.600 Meldungen per E-Revier ein. Das waren fast acht Mal so viele wie im Jahr 2020, als insgesamt 4.340 Meldungen eingingen, darunter gut 3.900 Anzeigen. Innenministerin Dr. Tamara Zieschang (CDU) sagte dazu: “Durch die Einführung und ständige Weiterentwicklung des E-Reviers ist es den Bürgerinnen und Bürgern möglich, unkompliziert von zu Hause aus mit der Polizei in Kontakt zu treten. Diese kontaktlose Kommunikation ist gerade jetzt in der Corona-Pandemie ein Gewinn, da sie zusätzliche Wege erspart." Das E-Revier existiert in Sachsen-Anhalt seit Februar 2005. Seither wurde es mehrfach erweitert. Im Jahr 2020 wurde das ERevier 2.0 mit einer Vielzahl neuer Funktionen eingeführt. Seither kann das E-Revier beispielsweise direkt im Landesportal SachsenAnhalt angesteuert werden, um

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In Sachsen-Anhalt wird das E-Revier von den Bürgern stark nachgefragt. Foto: BS/Anne Garti, pixelio.de

den Bürgern einen digitalen Anlaufpunkt für Kommunikation mit der Polizei neben anderen digitalen Angeboten der Landespolizei zu ermöglichen. Die Bevölkerung hat so die Möglichkeit, online eine Anzeige zu erstatten, der Polizei einen Hinweis zu geben, eine Frage zu stellen, sich zu bedanken oder sich zu beschweren. Die dabei von den Bürgern erfassten Daten können mithil-

fe einer modular entwickelten Software im Vorgangsbearbeitungssystem der Landespolizei weiterverarbeitet werden, ohne dass die Polizei diese Daten neu erfassen muss. Darüber hinaus haben die Bürger die Möglichkeit, zusätzliche Fotos und Dokumente hochzuladen, um ihre Anzeigen und Meldungen entsprechend zu ergänzen. Von dieser neuen Funktion des E-Reviers machten die Bürgerinnen und Bürger rege Gebrauch: Im Jahr 2021 wurden bei mehr als jeder zweiten elektronisch gestellten Anzeige hochgeladene Dateien ergänzt. Insgesamt wurden bei mehr als 18.300 Anzeigen fast 60.000 Dateien hochgeladen. Auch in zahlreichen anderen Bundesländern, darunter Berlin und NordrheinWestfalen, erfreuen sich die Online-Wachen oder vergleichbare Angebote großer Beliebtheit.

für den Hund am wenigsten belastende Mittel zum Erreichen des Ausbildungszieles eingesetzt. Die Nutzung von Erziehungshalsbändern zur Ausbildung, die in der Mark in diesem Bereich offenbar weiterhin verwendet werden, und beim Einsatz der Diensthunde erfolge ausschließlich durch fachlich geschulte und sachkundige Bedienstete, und zwar nur dann, wenn das für dienstliche Zwecke notwendig sei, keine anderen geeigneten Mittel und Methoden nutzbar seien und das auch nur, um im Einzelfall gezielte und kurzfristige Reize zu setzen. Alternative Mittel und Methoden würden kontinuierlich geprüft, heißt es aus dem Polizeipräsidium. Dort ist man zudem der Auffassung, dass die Verbindlichkeit zur Anwendung der novellierten Vorschrift in der Tierschutz-Hundeverordnung auf das Diensthundwesen der Polizei nicht gegeben zu sein scheint. Bei der baden-württembergischen Polizei werden Stachelhalsbänder nur noch im Einsatzgeschehen genutzt. In Bremen hat Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) den Bremer Polizeipräsidenten Dirk Fasse und den Direktor der Ortspolizeibehörde Bremerhaven, Harry Götze, gebeten, das Diensthundwesen künftig ohne den Einsatz von Stachelhalsbändern zu gewährleisten. Die Initiative Niedersachsens wird abgelehnt. Mäurer macht deutlich: “Es ist Zeit, das System der Ausbildung

In Nordrhein-Westfalen ist dies bereits weitgehend der Fall. Hier existiert eine landeseigene Zucht. Bei Tieren, die von hier stammen, könnten von Anfang an die Wege der Konditionierung bestimmt werden. Daher sei eine Aus- und Fortbildung mit positiver Verstärkung regelmäßig erfolgreich. Zugleich könne deshalb schon seit Jahren bei der zentralen Fortbildung erfolgreich auf den Einsatz von Stachelhalsbändern verzichtet werden. Nur bei einer sehr geringen Anzahl der insgesamt etwa 360 Diensthunde müsse überprüft werden, ob sie sie mittel- oder langfristig aus dem Dienst genommen werden müssten, ist aus dem Düsseldorfer Innenministerium zu vernehmen. In MecklenburgVorpommern pausiert der Einsatz von Diensthunden mit der Spezialisierung Schutzhund unterdessen komplett. Betroffen sind 36 Tiere. Sie kommen bis auf Weiteres nicht für den schutzpolizeilichen Dienst zum Einsatz. Aus Niedersachsen ist zu vernehmen, dass bis zur Wirksamkeit der Gesetzesänderungen im Diensthundwesen der Landespolizei Stachelhalsbänder eingesetzt wurden. Dies sei bei besonderen Einsatzlagen der Fall gewesen, etwa bei Fußballspielen oder gewaltsamen Versammlungen. In den meisten Einsatzsituationen sei jedoch auf dieses Mittel verzichtet worden. Die Folgen des nun geltenden Verbotes würden sich nicht umgehend, sondern sukzessive in den nächsten Monaten zeigen. Daher prüften die Polizeibehörden fortlaufend die Einsatzfähigkeit der Tiere. Zudem werde das Zentrale Diensthundwesen, das für die Aus- und Fortbildung der Tiere zuständig sei, gemeinsam mit den Polizeibehörden ein alternatives Konditionierungskonzept erarbeiten. Dabei müsse darauf geachtet werden, dass keine Halsbänder

oder andere Konditionierungsmethoden zum Einsatz kämen, die in ihrer Wirkung mit dem Stachelhalsband gleichzusetzen seien. Hinsichtlich der Kontrollierbarkeit und Vorbereitung der Hunde sei es derzeit allerdings fraglich, ob zuverlässige und rechtlich zulässig alternative Mittel gefunden werden könnten. Für die Änderung beziehungsweise Anpassung der Aus- und Fortbildungskonzepte wird im Hannoveraner Innenministerium jedoch ein Zeitrahmen von eineinhalb bis zwei Jahren für erforderlich gehalten. Nach ersten Einschätzungen sei davon auszugehen, dass etwa 60 Prozent der circa 220 bei der niedersächsischen Polizei eingesetzten Diensthunde ausgemustert werden müssen. Zur Feststellung verifizierbarer Zahlen erheben die Polizeibehörden nun monatlich die Anzahl von Hunden, die singulär als Spezial- beziehungsweise Schutzhund oder dual als Schutz- und Spezialhund eingesetzt werden können. Gleiches gilt für die Zahl der Tiere, die nicht mehr eingesetzt werden können. Die Zollverwaltung verfügt derzeit über rund 340 Diensthunde. Etwa 60 Prozent von ihnen sind reine Spürhunde, beim Rest handelt es sich um kombinierte Zollhunde. Sie verfügen über eine Ausbildung als Spürhund und eine Zusatzqualifikation als Schutzhund. Über reine Schutzhunde verfügt der Zoll nicht. Derzeit findet eine Einzelfallprüfung aller Zollhunde mit Blick auf ihre künftige Verwendung im Einsatzgeschehen statt. Die kombinierten Zollhunde kommen laut Generalzolldirektion derzeit auch weiterhin – vorbehaltlich des Ergebnisses der Einzelfallüberprüfung – zum Einsatz. Im Geschäftsbereich der Bundeswehr sind aktuell 252 Diensthunde im Einsatz. Circa 200 von ihnen haben eine Schutzdienstausbildung, die laut dem Kommando Streitkräftebasis nun aber nur noch eingeschränkt erfolgen kann. Insgesamt seien die Ausbildung, die Erziehung und das Training von Diensthunden nicht mehr vollumfänglich möglich. Aus diesem Grunde erstellten Bundesinnenministerium (BMI), Bundesfinanzministerium (BMF) und Bundesverteidigungsministerium (BMVg) als die drei diensthundführenden Bundesressorts derzeit ein gemeinsames Positionspapier. Es dürfte aber nur eine Frage der Zeit sein, bis die Diskussion auch auf die Polizeipferde übergreift. Insbesondere wenn man das Verbandsklagerecht von Tierschutzorganisationen bedenkt. Im neuen Innovation Lab der nordrhein-westfälischen Polizei wird unterdessen bereits ein hundeähnlicher Roboter erprobt.

Zuständig für den Zoll Hölscher neue Staatssekretärin im BMF (BS/mfe) Prof. Dr. Luise Hölscher ist neue beamtete Staatssekretärin für Zoll, Steuern und föderale Finanzbeziehungen im Bundesfinanzministerium (BMF). Die 50-jährige gebürtige Münsteranerin studierte von 1990 bis 1994 Betriebswirtschaftslehre an der Universität Osnabrück und erwarb dort einen Abschluss als Diplom-Kauffrau. Von 1994 bis 1997 absolvierte sie ein Promotionsstudium und arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Universitäten Osnabrück und ErlangenNürnberg. Anschließend hatte Hölscher bis 2004 verschiedene Lehraufträge, Lehrstuhlvertretungen und Privatdozenturen inne. 1997 promovierte sie und absolvierte anschließend eine Habilitation im Fach Betriebswirtschaftslehre an der FriedrichAlexander-Universität ErlangenNürnberg. Von 2003 bis 2004 war Hölscher Fachreferentin für Steuern, Haushalt und Finanzen beim Wirtschaftsrat der CDU sowie Managerin in der Steuerberatung

Prof. Dr. Luise Hölscher ist neue Staatssekretärin für Zollangelegenheiten im Bundesfinanzministerium (BMF). Foto: BS/Bundesministerium

der Finanzen, Photothek

bei der Ernst & Young GmbH in Nürnberg. Danach arbeitete sie bis 2010 als Professorin für

Accounting & Taxation an der Frankfurt School of Finance and Management. Anschließend war Hölscher drei Jahre lang Staatssekretärin im hessischen Finanzministerium. Daran schloss sich eine Tätigkeit als Vizepräsidentin und Chief Administration Officer bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) in London an. 2018 war sie als Senior Advisor bei der Boston Consulting Group in Frankfurt am Main und Berlin tätig. Vor ihrer Berufung ins BMF war ­Hölscher zuletzt Vorstand bei der SRH Holding SdbR in Heidelberg.


Katastrophenschutz

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avon waren die Expertinnen und Experten der europäische Rettungsorganisationen und Regulatoren auf der Tagung der Public Safety Critical Communications Europe (PSC-E) überzeugt. Die PSC-E ist ein Zusammenschluss von Unternehmen der Kommunikationsbranche, einschlägigen Forschungs -institutionen und europäischen Rettungsorganisationen. Alarmierungstechnologien für Bevölkerung und Einsatzkräfte sind dabei lebenswichtige Voraussetzungen für eine adäquate Reaktion in Gefahrensituationen. Jo Lynch vom zuständigen Body of European Regulators for Electronic Communications (BEREC) warb in diesem Zusammenhang für die Umsetzung der EU-Richtlinie 2018/1971 zum “European Electronic Communications Code (EECC)”, deren Artikel 110 die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, bis spätestens 2022 flächendeckend moderne elektronische Bevölkerungswarnsysteme zu etablieren.

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Klimawandel als Katastrophenfaktor Europäische Rettungsorganisationen und Regulatoren diskutieren Krisenkommunikation (BS/Dr. Babara Held) Die Flut- und Sturmkatastrophen der letzten Jahre haben einen deutlichen Eindruck hinterlassen. Nicht nur im weit entfernten Haiti, sondern mitten in Europa bedrohten Naturkatastrophen Leben und Eigentum der Bevölkerung. Aufgrund des Klimawandels müssten wir in Zukunft mit noch mehr Extremwetterlagen rechnen, so die Prognose. Europa müsse sich vorbereiten, sowohl als Union wie auch auf Landesebene. wandel auseinandersetzen und uns mit modernen Technologien vorbereiten", so Uwe Kippnich. Aber: “Das wird ein Marathon, kein Sprint!” Die wachsende Bedeutung von Satelliten-Diensten bei Krisenintervention unterstrich auch Rita Rinaldo von der European Space Agency ESA, die gleich eine ganze Reihe von unterschiedlichen Projekten und europäischen Initiativen vorstellte. Für den Ernstfall brauchten die BOS ein “einheitliches, resilientes, in Echtzeit funktionierendes, smartes Informationsnetzwerk”.

Auf das Unerwartete vorbereiten

Einsatz und Forschung verknüpfen “Modern” ist hier als Cell Broadcasting, d. h. als automatisierte Warnung über Mobilfunknetze und Mobiltelefone definiert, die alle gefährdeten Personen in einem Krisengebiet erreicht und mit wichtigen Informationen versorgt. Wenn begründet, sind auch alternative Regelungen möglich. BEREC unterstütze die Umsetzung der Richtlinie mit "Guidelines", so Jo Lynch, die methodische Hilfe für den Aufbau benötigter Infrastrukturen und Prozesse im jeweiligen Mitgliedsstaat böten. Viele Staaten haben von dem Angebot bereits Gebrauch gemacht und Artikel 110 EECC umgesetzt, berichtete der BEREC-Vertreter. Deutschland gehört noch nicht dazu, wird aber nach den Problemen mit den Warnketten während der Flutkatastrophe dieses Sommers jetzt wohl nachziehen. Eine andere Initiative der Europäischen Kommission befinde sich noch in der Planungsphase, berichtete Felix Bloch von der Generaldirektion ECHO (Europäischer Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe). Ziel sei es hier,

David Lund (links), CEO der Public Safety Critical Communications Europe (PSC-E), diskutierte mit europäischen Rettungsorganisationen und Regulatoren in Brüssel über Bevölkerungsschutz und Krisenkommunikation im Zeichen des Klimawandels. Foto: BS/Dr. Barbara Held

ein paneuropäisches Wissensnetzwerk zu bilden, in dem sich die Mitgliedsstaaten sowohl über den Stand der Forschung wie auch über praktische Erfahrungen bei der Krisenbewältigung austauschen könnten. Damit solle einerseits die Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten verbessert werden. Andererseits wolle man den Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Praxis des Katastrophenschutzes beschleunigen. Aus Deutschland war Uwe Kippnich vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) der PSC-EKonferenz zugeschaltet, der mit eindrucksvollen Fotos von den Einsätzen im Ahrtal zu berichten wusste. Das BRK habe dazu mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) eng zusammengearbeitet und schon am Morgen nach der nächtlichen Flut mit Bildern aus dem Hubschrauber Aufklärungsarbeit

geleistet. Erst aus der Luft sei das wahre Ausmaß der Katastrophe erkennbar geworden und ein entsprechender Alarm ausgelöst worden.

Ganzheitliches Lagebild schaffen Bei der Schadensevaluierung und Wiederaufbauplanung spielte die Aufklärung aus der Luft ebenfalls eine wichtige Rolle. Da kamen nicht nur Hubschrauber, sondern auch Drohnen zum Einsatz, deren Aufnahmen zusammen mit Satelliteninformationen und Karten ein realistisches Lagebild ergaben. Kippnich verwies in diesem Zusammenhang auf das deutsch-österreichische Verbundprojekt AIFER, das maschinelle Lernverfahren einsetzt, um Informationen aus Satelliten-, Luftbild- und Drohnendaten sowie aus Geosozialen Medien automatisiert zu extrahieren und intelligent zu fusionieren.

Bessere digitale Patientenversorgung 2,5 Millionen Euro für elektronische Einsatzdokumentation (BS/bk) In Thüringen sollen die Einsätze der Notfallrettung und die Krankentransporte zukünftig elektronisch in den jeweiligen Einsatzprotokollen dokumentiert werden. Dies sieht der Landesrettungsdienstplan für Thüringen vor. Die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen (KVT) hat deshalb vom thüringischen Innenministerium einen Zuwendungsbescheid zur Einführung eines Systems zur "Mobilelektronischen Einsatzdokumentation im Rettungsdienst" (MEDiRett) erhalten. Die KVT übernimmt die Koordination des Einführungsprojekts, da die Vereinigung schon Erfahrungen bei einem vergleichbaren System gesammelt hat. Für die Realisierung konnten mit einem Großteil der für die Rettungsdiensteinheiten zuständigen kommunalen Aufgabenträger schon Kooperationsvereinbarungen getroffen werden. Das Projekt wird mit 2,5 Millionen Euro gefördert und läuft bis Ende 2023.

Das Dokumentationssystem wird zunächst in den Rettungsdienstbereichen der Städte Jena und Weimar sowie des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt, des SaaleHolzland-Kreises und des Rettungsdienstzweckverbandes Ostthüringen eingeführt. Damit werden im Bereich Ostthüringen bereits etwa 90 der rund 265 Kranken- und Rettungstransportwagen in dem Freistaat mit MEDiRett ausgestattet.

Georg Maier (SPD) (links), Innenminister von Thüringen, überreichte einen Zuwendungsbescheid in Höhe von 2,5 Millionen Euro an Dr. med. Thomas Schröter, 2. Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen (KVT), für die Einführung eines Einsatzdokumentationssystems. Foto: BS/Matthias Streit, KVT

Alle boden- und luftgebundenen Rettungsfahrzeuge sollen mit der erforderlichen Hard- und Software ausgestattet werden.

Das so erzielte gesamtheitliche Lagebild soll künftig den BOS Entscheidungen in Krisenfällen erleichtern. Noch ist man aber erst in der Erprobungsphase. "Wir müssen uns mit dem Klima-

Frankreich trug seinerseits “Lessons Learned” bei. Mercedes Aguerre vom Französischen Roten Kreuz berichtete von den furchtbaren Hitzewellen, die im Jahr 2003 national zu fast 20.000 Toten führten. Als Reaktion darauf und in der Erwartung, dass sich einerseits die Hitzewellen künftig häufen werden, während die Bevölkerung immer älter und damit gebrechlicher wird, hat sich das Französische Rote Kreuz eine “Strategie 2030” gegeben, die unter anderem ei-

nen Hitzewellenplan beinhaltet. Dessen Maßnahmen – u. a. Neuaufstellung und Training der freiwilligen Helferinnen und Helfer - hätten sich im heißen Sommer von 2019 bereits sehr bewährt, berichtete Mercedes Aguerre. Man könne aber nicht alles vorausplanen: “Wir müssen für das Unerwartete vorbereitet sein!”

App für Krisensituationen in Produktion Ein EU-Projekt, an dessen 19 Mitglieder umfassenden Konsortium PSC-E mitwirkt, stellte Marie-Christine Bonnamour von der PSC-E vor. Das kürzlich gestartete CORE-Vorhaben soll bis 2024 ein gemeinsames europäisches Verständnis von Krisenprävention und -management entwickeln. Anhand von sechs Fallstudien zu Katastrophen aus aller Welt will man Empfehlungen für politische Strategien und Handlungsanweisungen ableiten. Unter anderem soll auch eine App für Krisensituationen produziert werden. Über eines war man sich in Brüssel jedenfalls einig: Die nächste Katastrophe kommt bestimmt.

Arbeit aufgenommen EZMW in Bonn angesiedelt (BS/bk) Eine Zweigstelle des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW) hat seine Arbeit in der Bundesstadt Bonn aufgenommen. Von anfänglich 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern soll der neue Standort auf über 150 anwachsen. Doch bis dahin vergeht noch etwas Zeit. Die ersten Mitarbeiter des Zentrums sind in Gebäuden des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) untergekommen. Bis die EZMW-Angestellten in ihr eigenes Gebäude ziehen, müssen sie sich noch etwas gedulden. Der Campus, der für das EZMW gebaut wird, soll voraussichtlich 2026 fertiggestellt werden. Der Komplex soll neben einem Bürogebäude auch einen Konferenzbau und ein Betriebsrestaurant umfassen. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) beteiligt sich an den Kosten für den Aufbau des neuen Standorts. Die jährlichen Kosten belaufen sich auf ca. 6 Mio. Euro. Hierbei sind auch die Kosten für den Betrieb des neuen EZMW-Campus in Bonn enthalten. Die einmalig anfallenden Kosten betragen ca. 7 Mio. Euro. Mit rund 11 Mio. Euro jährlichem Beitrag ist Deutschland der bei-

tragsstärkste Mitgliedstaat des EZMW. Der neue Standort wird vor allem im Rahmen des Erdbeobachtungsprogramms “Copernicus” und der EU-Digital- Strategie “Destination Earth” tätig. Diese Programme dienen zur Beobachtung des Klimawandels und Anpassung an diesen. Der Standort Bonn hat sich in einem Wettbewerb gegen acht Mitbewerber durchsetzen können. Das EZMW ist ein unabhängiges zwischen-

staatliches Forschungsinstitut und wird von 35 Staaten getragen. Im Fokus des Instituts stehen vor allem Klimaforschung und Anpassung an den Klimawandel. Das EZMW ist außerdem, wie der Name schon sagt, im Bereich der globalen Mittelfristvorhersagen tätig. Die Ergebnisse und Daten werden europäischen nationalen Wetterdiensten, wie dem Deutschen Wetterdienst (DWD), zur Verfügung gestellt.

Der Campus, der in Bonn rund 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beherbergen soll, soll voraussichtlich 2026 fertiggestellt werden. Foto: BS/Render Vision, Entwurf: SL/A Architekten

Sicherer Informationsfluss Ziel der Umstellung ist es, eventuelle Informationsbrüche zu unterbinden und die Versorgung der Patienten zu verbessern. Zusätzlich zu der Dokumentation soll das System eine statistische Nachbereitung des Einsatzgeschehens ermöglichen. Die Ergebnisse der statistischen Erfassung sollen in die Weiterentwicklung der präklinischen Versorgung einfließen. Diese Weiterentwicklung umfasst die Planung von Rettungswachestandorten oder die Rettungsmittelvorhaltung. “Ich freue mich, dass mit MEDiRett bald ein weiteres wertvolles Instrument zur Digitalisierung der Rettungskette zur Verfügung steht. Der Informationsgewinn, den das System bietet, vereinfacht den Austausch zwischen Rettungsdienst und medizinischen Versorgungseinrichtungen deutlich und hilft, Leben zu retten”, erklärte der thüringische Innenminister Georg Maier (SPD).

MELDUNG

DFeuG kritisiert Sparpläne (BS/bk) Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG) kritisiert die Haushaltsplanungen des Hamburger Senats, nach denen über 50 Millionen Euro bei Feuerwehr und Polizei eingespart werden sollen. Aufgrund von altersbedingten und anderweitig begründeten Abgängen müsse ein anderer Weg eingeschlagen werden, um dem hohen Personalbedarf Rechnung zu tragen, fordert die Gewerkschaft. Schon in der Vergangenheit seien auf Kosten des Personals Einsparungen umgesetzt worden. So seien Sonderzahlungen wie das Weihnachtsgeld oder andere Zuschläge kompromisslos gestrichen worden. Gerade die fehlende Vergütung bei Notfallsanitäterinnen und -sanitätern rücke dabei in den Vordergrund. Ab dem Inkrafttre-

ten des neuen Rettungsdienst­ gesetztes im nächsten Jahr dürftem nur noch Notfallsanitäter als Einsatzleiter auf dem Rettungswagen eingesetzt werden. Diese Qualifikation habe ursprünglich jede Feuerwehrbeamtin und jeder Feuerwehrbeamte in den ersten zwei Jahren der Tätigkeit im Einsatzdienst automatisch erhalten, da dies Teil der Ausbildung sei. Seit dem Jahr 2014 sei dies so jedoch nicht mehr möglich. Es müsse dazu noch eine zusätzliche dreijährige Ausbildung absolviert werden. Die zusätzliche Arbeitsbelastung und der erhöhte Aufwand würden jedoch nicht vergütet. Dies habe zur Folge, dass der nächste Lehrgang zum Notfallsanitäter bei der Berufsfeuerwehr Hamburg nicht zustande gekommen sei.

"Es ist den Kollegen nicht zu verübeln, dass sie diese zusätzliche Qualifikation nicht anstreben, solange sie für ihr persönliches Leben keinen Mehrwehrt dafür haben. Hier ist es an der Zeit, vonseiten der Politik zu handeln und diesen zusätzlichen Beruf innerhalb der Feuerwehr attraktiv zu gestalten! Es gibt in anderen Bundesländern verschiedene Modelle wie zum Beispiel die direkte Beförderung in das Statusamt A9, mit dem die Fahrzeugführerstellen auf dem RTW auch ausgeschrieben sind, jedoch dauert die Beförderung dahin zu lange", erklärte dazu Jan Heinrich, DFeuGLandesverbandsvorsitzender in Hamburg. Eine Alternative sei eine entsprechende Zulage für den NFS, welche dann auch ruhegehaltsfähig sein solle, so der DFeuG-Vorsitzende.


Katastrophenschutz

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Behörden Spiegel: Im vergangenen Jahr sprachen wir über das Vorhaben “EU-Wissensnetzwerk”. Was ist der jetzige Stand des Vorhabens?

Behörden Spiegel / Februar 2022

Kapazitätsentwicklung im Vordergrund EU-Wissensnetzwerk gestartet

Dr. Felix Bloch: Damals hatte (BS) Das EU-Wissensnetzwerk der EU-Kommission ist offiziell gestartet. In dem Netzwerk sollen Forschung und Einsatzerfahrungen zusammenfließen, um einen wirklichen Mehrwert ich gehofft, dass in der zweiten für den Katastrophenschutz zu erzeugen. Man wolle keine trockenen Sitzungen, sagt Dr. Felix Bloch, Referatsleiter “Knowledge Network and Evidence-based policy“ in der GeneraldiJahreshälfte die Konturen des rektion Europäischer Katastrophenschutz und Humanitäre Hilfe (ECHO). Die Fragen stellte Bennet Klawon. EU-Wissensnetzwerks erkennbar sein werden. Dank der breiten Netzwerk zunächst auf zwei Säu- die zwei erwähnten Säulen in leichtern, auf der dann alle releBloch: Die bewährten “MODEX”Unterstützung der EU-Mitglieds- len – einerseits der praktischen einem Netzwerk zusammenarbeivanten EU-finanzierten Projekte und “Full-scale”-Übungen sind ja staaten ist dies auch tatsächlich Kapazitätsentwicklung, womit ten und sich gegenseitig unterversammelt sein sollen. Ich stelle in der Tat nunmehr ein fester Begelungen: Am 7. Dezember hat wir in erster Linie die gemeinsa- stützen. Neue Erkenntnisse aus mir diese Plattform wie eine Art standteil des Wissensnetzwerks. der zuständige EU-Kommissar men Katastrophenschutzübun- der Forschung sollen die Kapazi“EU-Projekt-Hub” vor, durch den Und es ist richtig, dass diese dann die Vernetzung erleichtert ebenfalls unter der Pandemie Janez Lenarčič gemeinsam mit gen und die Lehrgänge im Blick tätsentwicklungen stärken und wird. der slowenischen Ratspräsident- haben, und zweitens der wissen- effektiver machen. Gleichzeitig gelitten haben. Nach anfänglischaft, im Rahmen einer Online- schaftlichen Begleitung, die auf sollen Erfahrungen aus Katacher Zurückhaltung gehen wir Behörden Spiegel: Wie soll der nun aber, natürlich mit der nöVeranstaltung den Startschuss dem schon bestehenden Disaster strophen und Einsätzen neue DaAustausch im europäischen Ka- tigen Umsicht, dahin, dass die geben. Das Wissensnetzten und Fragestellungen für die tastrophenschutz vorangetrieben Übungen wieder durchgeführt Forschungsstellen liefern. Daher werk gibt es nun ganz “Wir wollen ja praktisch werden? offiziell: Mit Durchfühsind wir derzeit auch dabei, aus werden. Schließlich ist die Panrelevante Ergebnisse sehen der bereits genannten Webseite demie nun ein Teil unserer Einrungsbeschluss Nr. und nicht nur trockene Bloch: Über die Vernetzung satzrealität. Daher ist es richtig, eine Kooperationsplattform auf2021/1956 der EUzubauen, die dann die praktische der Projekte hinaus sollen auch die Übungen auch unter PandeKommission ist es in den Sitzungen!” Arbeit unterstützen wird. andere EU-Aktivitäten besser miebedingungen durchzuführen. Kanon der Instrumente vernetzt werden. Zum Beispiel: Schließlich muss auch geübt des EU-Katastrophenschutzver- Risk Management Knowledge Behörden Spiegel: Gibt es Dr. Felix Bloch ist seit Oktober 2019 Derzeit stehen die Übungen, die werden, Einsätze während einer fahrens aufgenommen worden. Centre (DRMKC) der GemeinsaLeiter des Referats “Knowledge Net- Lehrgänge, das Expertenaus- Pandemie durch entsprechende Eine eigens geschaffene Webseite men EU-Forschungsstelle (JRC) schon konkrete Projekte? work and Evidence-based policy“ in Sicherheitsliefert nicht nur Updates zum in Ispra, Italien, aufbaut. Der Bloch: Ja, inzwischen haben wir der Generaldirektion Europäischer maßnahmen Wissensnetzwerk selber, son- Verwaltungsrat hat sich nun im “Neue Erkenntnisse aus der sicher abzudern stellt auch ein “Gateway” Dezember formell konstituiert mit einem relativ bescheidenen Katastrophenschutz und Humanitäre Forschung sollen die KapazitätsFoto: BS/privat wickeln und zu den einzelnen Komponenten und wird nun zunächst die stra- Budget gezielt einige Projekte Hilfe (ECHO). entwicklungen stärken.” des Wissensnetzwerks dar. tegischen Ziele des Netzwerks finanzieren können. Allen diehierbei weausarbeiten. der die Einsen “Partnerschaftsprojekten” ist rende Netzwerke in Bezug auf Behörden Spiegel: Wie ist das der Vernetzungsgedanke gemein- einen gemeinsamen Themenbe- tauschprogramm, das Lessons- satzkräfte noch das betroffene Learned-Programm relativ isoliert Land zusätzlich zu gefährden. Netzwerk aufgebaut? Behörden Spiegel: Was soll sam. Ich will hier beispielhaft reich zusammen. in Zukunft noch alles passieren? etwa das Projekt NEMAUSUS nebeneinander. Dabei ist gerade Dieses Jahr planen wir immerBloch: In organisatorischer Behörden Spiegel: Wie können dort die Vernetzung so wichtig! hin insgesamt 19 Übungen, von herausgreifen, an dem auch das Hinsicht haben wir einen VerBloch: Neben dem organisato- Technische Hilfswerk (THW) be- sich interessierte Katastrophen- Das Wissensnetzwerk verknüpft Waldbränden, Hochwasser bis waltungsrat geschaffen, in dem rischen Aufbau sind für uns na- teiligt ist: Hier geht es um die schutzorganisationen an dem diese Programme systemisch und hin zu medizinischen Notstänneben der EU-Kommission auch türlich vor allem die Aktivitäten Entwicklung einer Konzeption Netzwerk beteiligen? trägt dazu bei, dass Gelerntes den. Durch die Pandemie haben auch gelehrt wird. wir aber auch unser Portfolio die jeweilige rotierende EU-Rats- und die konkreten Werkzeuge dezentraler Exzellenzzentren, die Bloch: In erster Linie über die präsidentschaft den Ko-Vorsitz des Netzwerks interessant. Wir verschiedenen Risiken abdecken, an Übungsformaten erweitert, Behörden Spiegel: In der Coro- z. B. stellen inzwischen “Virinnehat. Dies war uns sehr wollen ja praktisch relevante Er- all dies am Beispiel eines Wald- Projekte. Diesbezüglich müssen wichtig, damit die gemeinsame gebnisse sehen und nicht nur tro- brandbekämpfungszentrums in wir transparenter werden? Wer na-Pandemie wurden die fehlen- tual-Reality”-Übungen ein zuVerantwortung für das Wissens- ckene Sitzungen! Der Mehrwert Südfrankreich durchgespielt. Mit macht was? Was gibt es schon, den Katastrophenschutzübungen sätzliches Tool dar mit dem wir netzwerk auch institutionell ab- des Wissensnetzwerks besteht diesem Ansatz bringen wir ver- wie kann man sich einbringen? kritisiert. Was will das Netzwerk Einsatzkräfte auf Einsätze vorgebildet ist. Zudem steht das ja unter anderem darin, dass schiedene Akteure und existie- All dies wird die IT-Plattform er- in diesem Bereich unternehmen? bereiten können.

Stäbe in der Hochwasserkatastrophe

MELDUNG

DRF-Bilanz: über 38.000-mal abgehoben

Ungünstige Bedingungen für die Führungssysteme (BS/Dr. Dominic Gißler) Nach der Hochwasserkatastrophe vom Juli 2021 in Teilen Westdeutschlands herrscht quer durch Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Medien Konsens, dass aus diesem Ereignis für die Zukunft gelernt werden müsse. Die Kritiken beziehen sich auf das Fehlen bzw. das Nichtfunktionieren durchgängiger Katastrophen(schutz)planungen von der Risikoanalyse über Prävention, Reaktion bis hin zur Einsatzdurchführung bezüglich baulich-technologischer, rechtlich-organisatorischer und personaler Aspekte. Stäbe im Bevölkerungsschutz stehen bei der Bewältigung außergewöhnlicher Ereignisse allgemein an Schlüsselstellen (siehe dazu Behörden Spiegel 12/2021, S. 62). Im Fall der Hochwasserkatastrophe gebührt diesen Führungsorganen daher ein besonderes Augenmerk. Eine Arbeitsgruppe der “Expertenkommission Starkregen” der Vereinigung zur Förderung des deutschen Brandschutzes e.V. (vfdb) hat die Stabsarbeit in den Blick genommen. Grundlage waren die Rückmeldungen von rund 2.500 befragten Einsatzkräften und die öffentlich bekannten Ereignisverläufe. Überblicksartig zusammengefasst konnten die operativ-taktischen Stäbe der Einsatzleitung Starkregen aufgrund ihrer Konstitution unter den ungünstigen Rahmenbedingen eines Maximalereignisses der Komplexität des Einsatzes in relevanten Zeitabschnitten nicht ausreichend begegnen. Das Führungssystem war damit in den ersten Wochen nicht leistungsfähig genug. Ursache waren Probleme, die alle Elemente betrafen (Organisation, Führungspersonen, Techniken, Technologien, Inhalte). Besonders ungünstig war, dass Kommunikationsmittel ausgefallen waren. Schwierigkeiten bei der Informationsübermittlung und der Informationsverarbeitung führten in Verbindung mit Personalwechseln und abweichenden Führungsverständnissen dazu, dass auf Ebene der operativ-taktischen Einsatzleitung erst stark verzögert ein korrektes Situationsbewusstsein erlangt werden konnte. Als Gründe werden u. a. die unterschiedlich eingeführten Feuerwehr-Dienstvorschriften 100, das Fehlen übergeordne-

Dr. Dominic Gißler ist Vertretungsprofessor für nationalen und internationalen Bevölkerungsschutz an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin. Er forscht zur Leistungsfähigkeit von Führungssystemen und publiziert zur Stabsarbeit. Als Gründer von Stabstraining.de berät und trainiert er Stäbe aus Gefahrenabwehr und Krisenmanagement. Er ist Sprecher der Arbeitsgruppe Stabsarbeit in der Expertenkommission der vfdb zur Untersuchung der Hochwasserkatastrophe vom Juli 2021. Foto: BS/privat

ter Stellen, die ordnend hätten wirken können, uneinheitliche Informationsmanagementsysteme, Stabssoftwares, IT- und Kommunikationsmittel sowie ungünstige Schicht- bzw. Personalwechselmodi gesehen. Diese Probleme haben die Erbringung von Führungsleistungen just in dem Zeitabschnitt erschwert, in dem der Einsatz von unten nach oben anwuchs und daher die größte Ordnungs- und Organisationsleistung zu erbringen gewesen wäre. Weil Vorbereitungen entweder nicht vorhanden oder zu gering dimensioniert waren bzw. aufgrund eigener Betroffenheit nicht griffen, hätte eine übergeordnete Stelle von oben nach unten bei der Führung kompensieren müssen. Dies blieb offenkundig aus oder erfolgte zu spät. Es fehlte in relevanten Zeitabschnitten eine entscheidende Ordnungskraft, die ausreichendes Potenzial hätte freisetzen können, um Aufgaben, Räume und Ressourcen zielgerichtet zu ordnen. Zwar verbesserten sich Strukturen und Abläufe im Einsatzverlauf, aber das anfänglich erkennbare Maß überstieg die erwartbaren Anlaufschwierigkeiten deutlich. Zusammengefasst kann zum operativ-taktischen

Einsatzteil gesagt werden, dass das Führungssystem zu Beginn unzureichend funktioniert hat. In Folge war der Ressourceneinsatz wahrscheinlich nicht so effizient wie vernünftigerweise möglich. Inwiefern die Effektivität des Einsatzes hinter den Möglichkeiten zurückblieb, also ob mehr Schäden hätten abgewehrt werden können, bedarf einer gesonderten Untersuchung. Die Konstitution von Führungssystemen muss sich am Horizont der zu erwartenden Ereignisse in ihrer maximalen Ausprägung bemessen. Unter Einbeziehung aller Aspekte und unter Würdigung der ungünstigen Bedingungen wird befunden, dass das Führungssystem den Ansprüchen, die aus der Stellung der Stäbe Bevölkerungsschutzsystem resultieren (u. a. Universalinstrument, oberste Instanz, Daseinsfürsorge) nicht gerecht wurde. Um für Ereignisse ähnlicher Tragweite besser gerüstet zu sein, wird Handlungsbedarf in u. a. drei Feldern gesehen: Die Feuerwehr-Dienstvorschrift 100 als länderübergreifende Grundlage für die Führung von Großeinsätzen und Katastrophen bedarf der Weiterentwicklung. Zur Sicherstellung eines ausreichenden Personalkörpers für die Stabsar-

beit ist eine aktive Personalpolitik für Ehren-, Neben- und Hauptamt erforderlich. Und letztlich muss im Bevölkerungsschutz ein Modus der vorausschauenden Weiterentwicklung eingenommen werden. Die Leistungsfähigkeit des Bevölkerungsschutzes und seiner Stäbe sollte vorbereitend vergleichbar wie bei Managementsystemen gesteuert, gemessen und berichtet werden.

(BS/bk) Die DRF Luftrettung konnte im vergangenen Jahr einen Einsatzzuwachs von vier Prozent von 36.586 auf 38.076 Einsätze für Hubschrauber und Flugzeuge verzeichnen. Von den über 38.000 Einsätzen wurden die Hubschrauber der DRF Luftrettung 37.834-mal zu Notfalleinsätzen sowie Intensivtransporten alarmiert. Die zwei Ambulanzflugzeuge hoben im vergangenen Jahr 242-mal für Rückholungen ab. Dabei wurden 69 Länder angeflogen. Hauptgründe für die Alarmierungen waren wie in den vergangenen Jahren auch Patienten mit Herz-

Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkten, Schlaganfällen sowie Unfälle. In 881 Fällen führte die DRF Luftrettung 2021 Intensivtransporte von Corona-Erkrankten durch. Die DRF Luftrettung konnte im vergangenen Jahr trotzdem ihre Fähigkeiten weiterentwickeln. So konnten zwei zusätzliche Hubschrauber für den Katastrophenfall bereitgestellt werden. Außerdem schritt die Modernisierung der H145-Flotte vom Vierblattauf den Fünfblattrotor voran. Ebenso startete die Ausbildung zum Berufshubschrauberpiloten durch die eigene Akademie.

Stärkung des Katastrophenschutzes nötig Katastrophenschutz an die Schulen! (BS/bk) Es brauche zwingend eine Stärkung des Katastrophenschutzes, forderten Vertreterinnen und Vertreter der beiden Landesverbände des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Baden-Württemberg. Das Fazit zogen die Verantwortlichen nach dem halbjährigen Einsatz von über 1.300 Helferinnen und Helfern im von der Flutkatastrophe betroffenen Gebiet in Rheinland-Pfalz. Der Einsatz im Ahrtal habe gezeigt, wie wichtig ein gut funktionierender, modern ausgestatteter Katastrophenschutz in Deutschland sei. “Für die Zukunft ist eine deutliche Stärkung des Katastrophenschutzes erforderlich”, erklärte Barbara Bosch, Präsidentin des DRK-Landesverbandes Baden-Württemberg. Sie fordert, dass die Bevölkerung stärker in den Katastrophenschutz miteinbezogen werden muss. Die Bevölkerung müsse ein Bewusstsein für Bedrohungslagen und das Wissen um richtiges Verhalten im Katastrophenfall entwickeln. Deshalb forderte Bosch: “Der Katastrophenschutz muss an die Schulen.” Es gehe darum, dass die Menschen auf Notfallsituationen vorbereitet seien und ihren Angehörigen und Nachbarn helfen könnten, bis organisierte Hilfe eintreffe. Zur Vorbereitung würden schon Kurse in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt

Die Landesverbände des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Baden-Württemberg haben nach der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz eine Verbesserung des Katastrophenschutzes angemahnt. Foto: BS/Marion Müller, DRK

für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) für Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher angeboten. Dem kann sich Jochen Gläser, Präsident des DRK-Landesverbandes Badisches Rotes Kreuz, sich anschließen. Er betonte jedoch auch: “Notwendig

sind aber auch gute und einheitliche Einsatzstrukturen und gutes Material.” Gläser kritisierte in diesem Zusammenhang die “teilweise sehr unterschiedlichen Regelungen in den Bundesländern”. Diese Uneinheitlichkeit habe sich als problematisch erwiesen.


Verteidigung

Behörden Spiegel / Februar 2022

Anpassung der Bundeswehrreform

MELDUNGEN

Reform der Beschaffung – X.O (BS/df) Einen Schwerpunkt ihrer Amtszeit setzt Verteidigungsministerin Christine Lambrecht bei der Modernisierung des Beschaffungswesens, damit die Bundeswehr ihre Systeme wieder vollumfänglich und zeitgerecht erhält, statt mit Altsystemen in Obsoleszenzen zu laufen. Hierfür reiste die Ministerin Mitte Januar nach Koblenz ins BAAINBw, um sich dort mit dessen Präsidentin und den Abteilungsleitern zu treffen. Gabriele Korb, Präsidentin des BAAINBw, präsentierte bei dem Treffen verschiedene Maßnahmen, die ihr Haus erarbeitet hat. So könnte eine Erhöhung der Betragsgrenze für Direktvergaben von 1.000 auf 5.000 Euro durchaus Erleichterungen bringen. Auch eine Überprüfung der Schwelle von 25 Mio. Euro für die Befassung des Haushaltsausschusses wurde angesprochen. “Verschiedene Projektleiter aus allen Abteilungen des Amtes berichteten der Ministerin in einer weiteren Runde am Beispiel ihrer

eigenen Projekte über Hürden und Herausforderungen im Rahmen ihrer jeweiligen Beschaffungsprojekte und machten aus ihrer Perspektive gleich Vorschläge zur Verbesserung des Beschaffungsablaufs am Beispiel dieser Projekte”, berichtete das BMVg von dem Besuch. “Immer wieder vorgetragene Anliegen der Verantwortlichen waren die Verbesserung von verlässlichen Planungsgrundlagen sowie die gesicherte und nachhaltige Finanzierung der jeweiligen Projekte.” Ein Problem ist sicherlich auch in der Struktur des BAAINBw zu sehen, die durch die aktuelle Präsidentin maßgeblich mitgestaltet wurde. So verschob sich der Fokus von der Ausstattung der Soldaten hin zu juristisch unanfechtbaren Verfahren und Verträgen. Selbstverständlich müssen Verträge einwandfrei sein, nur ist die Beschaffung eigentlich das Erfolgskennzeichen des BAAINBw, nicht die Absicherung. Vor allem nicht die persönliche.

Tägliche Prüfung dank des Datenschutzes (BS/df) Anfang Januar meldete die Bundeswehr: “Rund 94 Prozent der Truppe sind immunisiert.” Dies war dank der Aufnahme der Covid-19-Schutzimpfung in das duldungspflichtige Impfschema der Bundeswehr möglich. Dies gilt im Übrigen ebenfalls für Reservistendienstleistende. “Auch sie unterliegen dem Soldatengesetz, wenn sie Dienst leisten”, schreibt die Bundeswehr. “Vor der nächsten Einberufung sollten sie sich daher um einen vollständigen Impfstatus kümmern.” Für wen dies allerdings weiterhin nicht gilt, sind die über 81.000 zivilen Mitarbeiter. Diese unterliegen weder einer Impfpflicht noch darf der Impfstatus erfasst werden – aus Gründen des Datenschutzes. Da allerdings auch das BMVg vor dem Gesetz ein Arbeitgeber ist, unterliegt es den neuesten Kontrollregeln. Dadurch ergibt sich eine durchaus seltsam zu nennende Situation, wie der Behörden Spiegel erfahren konnte. Vor dem Betreten der Gebäude wird der Status

(geimpft, getestet, genesen) geprüft, was bei Soldaten dank der Duldungspflicht zeitnah eigentlich überflüssig sein müsste. Die Ergebnisse dieser Prüfung dürfen allerdings zum Schutz der Daten der zivilen Mitarbeiter nicht zentral erfasst oder elektronisch gespeichert werden, so dass dieses zeit- und personal-aufwändige Verfahren sich jeden Tag wiederholen muss. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bestätigte gegenüber dem Behörden Spiegel: “Mit Wirksamwerden der 3G-Arbeitsstättenverordnung wird vor Betreten einer militärischen Liegenschaft der gültige 3G-Status eines/einer jeden Beschäftigten (zivil/militärisch) erhoben. Dazu zählt neben dem Status genesen oder getestet auch der Status geimpft. Eine Impfquote für die zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Geschäftsbereich des BMVg wird dabei jedoch aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erhoben.”

Bürokratieabbau in der Einsatzflottille 1 (BS/df) “Bürokratie ist unabdingbar, um komplexe Strukturen zu managen. Wenn sie aber überbordet, verkehrt sich der eigentliche Zweck ins Gegenteil – dann wird die Leistungsfähigkeit einer Organisation nicht länger gefördert, sondern vielmehr beeinträchtigt”, lautet eine der Kernaussagen des Projektteams Adminimum in seinem internen Konzept. Bei Adminimum handelt es sich um ein Projekt zur Entschlackung der über die Jahrzehnte entstandenen Bürokratie, das bereits 2020 in der Einsatzflottille 1 gestartet wurde. Die Ideen, wie dies geschehen könnte, stammten von den Soldaten. Die Umsetzung soll in einzelnen Projekten geschehen, beispielsweise durch Implementierung eines Tools zur effektiveren, digitalen Materialerhaltung oder einer App zur besseren Zusammenarbeit. “Das Projektteam hat ein ausgeklügeltes Medienkonzept erstellt,

um die Idee zu verbreiten. Priorität ist dabei, möglichst zahlreiche Anwenderinnen und Anwender zu gewinnen. Eigens gefertigte Videos, Plakate und Handzettel schaffen also Aufmerksamkeit, bevor es an die Umsetzung geht”, beschreibt die Bundeswehr. Ein verständliches, einfach zu nutzendes Prüfschema sowie eingängige Prinzipien sollen eine effektive Hilfestellung zum Bürokratieabbau leisten. “Ab Ende des ersten Halbjahrs 2022 wird Adminimum in der Einsatzflottille 1 mit ihren Verbänden als tägliche Handlungsempfehlung in den Dienst übernommen”, schreibt die Bundeswehr. “Es wird dort eine aus der Truppe kommende Ergänzung zu dem vom Ministerium angestrebten Empowerment darstellen. Oberstes Ziel beider Programme: die Bundeswehr mithilfe von Schwarmintelligenz handlungsfähiger zu machen.”

Vollständiger Haushaltsvollzug 2021 (BS/df) Ende Januar meldete das BMVg: “Volle Ausgabe des Verteidigungshaushalts 2021.” Was sich dahinter verbirgt: Es wurden alle eingeplanten Mittel auch tatsächlich ausgegeben und nicht, wie in den vergangenen Jahren oftmals, aufgrund verschleppter Beschaffungsvorgänge und nicht vorhandener Verträge wieder an den Bundeshaushalt zurückgegeben. 2021 standen dem Verteidigungshaushalt ins-

gesamt 46,93 Milliarden Euro zur Verfügung. Und wie die Bundeswehr meldet: “Nach dem vorläufigen Jahresabschluss konnten die bereitgestellten Haushaltsmittel vollständig in die Bundeswehr investiert werden.” Neben den bekannten Großprojekten sind es allerdings vor allem die kleineren Beschaffungsvorhaben, welche die Bundeswehr am Laufen halten, mit sehr vielen einzelnen Verträgen.

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Zukunft des Sanitätsdienstes und der Streitkräftebasis (BS/Dorothee Frank) Die neue Verteidigungsministerin soll mit der von ihrer Vorgängerin angestoßenen Bundeswehrreform nicht vollumfänglich zufrieden sein, konnte der Behörden Spiegel aus gut unterrichteten Kreisen erfahren. Besonders die Auflösung der militärischen Organisationsbereiche Streitkräftebasis (SKB) und Sanitätsdienst wird wahrscheinlich nicht durchgeführt. Zumindest nach aktuellem Informationsstand. Es hatte seinerzeit bereits viel Kritik an der Bundeswehrreform gegeben, die am 18. Mai 2021 der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Zum einen wegen des gewählten Zeitpunkts, da es ungewöhnlich ist, eine so umfassende Reform ein halbes Jahr vor einem Regierungswechsel anzustoßen. Und zum anderen bezüglich der geplanten Auflösung der beiden militärischen Organisationsbereiche (milOrgBer). Schließlich hatten sowohl der Sanitätsdienst als auch die SKB in den vergangenen zwei Jahren Herausragendes geleistet.

Flexibel im Einsatz In der Pandemie half der Sanitätsdienst der Bundeswehr nicht nur während der gesamten Impfkampagne, auch wurde medizinisches Gerät in Krisengebiete geflogen und die lokalen Kräfte daran ausgebildet. Hinzu kam die Versorgung von Intensivpatienten im In- und Ausland. Besondere Beachtung fand zudem der Einsatz des Sanitätsdienstes in Portugal, wo 54 Soldatinnen und Soldaten im Frühjahr 2021 kurzfristig eine Coronavirus-Intensivstation in Lissabon aufbauten und fast zwei Monate lang betrieben, als die pandemische Lage in dem Land eskalierte. Bei der Hochwasserkatastrophe im Sommer 2021 waren Soldaten des Sanitätsdienstes als erste Bundeswehreinheit vor Ort. Mitten in der Nacht, noch während des Dauerregens und bevor der Katastrophenalarm überhaupt flächendeckend ausgerufen war.

Kaltstartfähig trotz Dauerbelastung Die Streitkräftebasis (SKB) leistete bei der Hochwasserkatastrophe ebenfalls herausragende Hilfe. Sie koordinierte schnell und wirksam die Bundeswehreinheiten und verlegte die benötigten Einheiten inklusive Großgerät sofort in die betroffenen Gebiete. Die SKB bewies dabei wieder einmal ihre “Kaltstartfähigkeit”, diese bei der Bundeswehr so hoch geschätzte Flexibilität. Ihre Durchhaltefähigkeit in schwierigen Zeiten – mitten in einer Pandemie inklusive Kran-

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht im Gespräch mit Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis, und der Kommandeurin des Logistikbataillons 172, Oberstleutnant Anja Buresch-Hamann. Foto: BS/Bundeswehr, Maximilian Schulz

kenständen auch in den eigenen Reihen – beweist die SKB wiederum in der seit fast zwei Jahren andauernden Corona-Amtshilfe, für die zudem ein hoher Koordinierungsaufwand mit den Kommunen besteht. Für Dezember 2021 wurde das Kontingent aufgestockt, auf 17.500 Soldaten. Prozentual befinden sich also fast zehn Prozent der Bundeswehr in der Amtshilfe, koordiniert und organisiert durch die SKB. Da diese den Einsatz in Deutschland so hervorragend durchführt und dementsprechend keine Berichte über Fehler oder Versäumnisse erscheinen, wird gerne vergessen, was für eine Dauerleistung hier erbracht wird.

Vorteile der Eigenständigkeit Dass die ehemalige Verteidigungsministerin gerade diese beiden mit erfolgreichsten militärischen Organisationsbereiche auflösen wollte, stieß dementsprechend auf allen politischen und den meisten militärischen Ebenen auf großes Unverständnis. Zudem wurde der Status als eigenständiger militärischer Organisationsbereich sowohl beim dem Sanitätsdienst als auch bei

der Streitkräftebasis aus gutem Grund eingeführt. Beide Bereiche fanden in den klassischen Teilstreitkräften nicht die Beachtung, die sie benötigen. Im Heer wird ein Arzt oder ein Logistiker niemals auf derselben Stufe stehen wie ein Panzergrenadier, obwohl sowohl der Arzt als auch der Logistiker für den Einsatz durchaus entscheidender sein können. Die Diskriminierung fängt bei der Personalentwicklung an und endet bei der Ausstattung. Schließlich ist ein Kampfhubschrauber doch irgendwie schicker als ein Lkw und Großgeräte sind insgesamt schicker als Spezialschraubenschlüssel. Aus diesem Grund wurde auch vor wenigen Jahren die IT aus den Teilstreitkräften und militärischen Organisationsbereichen in das CIR ausgelagert, denn was ist schon ein Führungsunterstützer mit seinen Kabeltrommeln gegen einen Kommandosoldaten des KSK.

Limitierende Elemente Dabei waren sowohl die medizinische als auch logistische Versorgbarkeit in den vergangenen Jahren die limitierenden

Elemente der Einsätze. Weshalb in dem Eckpunktepapier zur Bundeswehrreform, das die damalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, sehr kurzfristig auf den Weg brachten, sowohl SKB als auch Sanitätsdienst aufgelöst werden und in den klassischen Teilstreitkräften aufgehen sollten. Ungeachtet der Tatsache, dass die Limitierung sich durch einen Mangel an Menschen – Spezialisten – und Material ergab, nicht aus der Unfähigkeit der Führung der genannten militärischen Organisationsbereiche. Dieser Mangel dürfte sich durch eine Auflösung von SKB und Sanitätsdienst eher verschlimmern als verbessern. Weshalb die Ministerin den Prozess aktuell auf den Prüfstand stellt. Ein Problem gibt es damit allerdings doch: Das Eckpunktepapier war eine Vorlage sowohl der damaligen Ministerin als auch des aktuellen Generalinspekteurs. Ob eine Abkehr von seinen Reformplänen auch einem Vertrauensverlust in die Person gleichkommt, wird sich zeigen.

Schweigen ist Gold Rücktritt des Inspekteurs Marine (BS/df) Mitte Januar trat der Inspekteur Marine, Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach, als Inspekteur zurück. Während einer per Livestream im Internet übertragenen Diskussionsrunde eines indischen Think Tanks redete der Inspekteur sich augenscheinlich in Rage und machte dabei Aussagen, die er vielleicht als Privatperson hätte tätigen können, nicht aber in Uniform und als offizieller Vertreter der Deutschen Marine. Zeitnah nach dem Auftritt entschuldigte sich der Inspekteur auf Twitter: “Meine sicherheitspolitischen Äußerungen in einer Talkrunde eines Think Tanks in Indien gaben meine persönliche Meinung für diesen Moment vor Ort wieder. Sie entsprechen in keinster Weise der offiziellen Position des BMVg.” Dank moderner Kommunikationsmittel und des Lifestreams waren diese Bemerkungen allerdings bereits in der Welt. Drei seiner Aussagen lösten vor allem Kritik aus: 1. Der Westen und die NATO bräuchten Russland, um gemeinsam gegen China anzukommen, weshalb Russland als Partner und nicht Gegner behandelt werden sollte. (“Even we, India, Germany, we need Russia. Because we need Russia against China.”) 2. Russland zeige aktuell keine aggressiven Eroberungsversuche, sondern fordere nur den Respekt ein, den es als große Nation auch verdiene. (“What he

[Putin] really wants is respect. He wants on eyelevel, he wants respect. […] It is easy to even give him the respect he really demands and probably also deserves.”) 3. Die Krim gehöre nun zu Russland und das würde so bleiben. (“The Crimean peninsula is gone, it will never come back. This is a fact.”) Jede dieser drei Aussagen widerspricht der offiziellen Linie der aktuellen Bundesregierung. Weil sie zudem öffentlich getätigt wurden, kamen zuerst die aufgeregten Beschwerden ukrainischer Offizieller – inklusive dem obligatorischen Vergleich mit der Zeit des Nationalsozialismus – und die anschließende Versicherung der Bundesregierung, dass diese Äußerungen nicht die Linie der deutschen Politik seien. Die Einschätzung zur Krim wäre wahrscheinlich noch verzeihbar gewesen, ist aus internen Kreisen zu hören. Russland in der aktuellen angespannten Lage als Partner

zu fordern, war hingegen nicht tragbar. Da der Posten des Inspekteurs neben dem militärischen immer auch ein gewichtiges politisches Element beinhaltet, bat Vizeadmiral Schönbach um seine Freistellung. “Ich habe soeben die Frau Bundesministerin der Verteidigung gebeten, mich von meinen Aufgaben und Pflichten als Inspekteur der Marine mit sofortiger Wirkung zu entbinden”, erklärte Vizeadmiral Schönbach direkt einen Tag nach dem verhängnisvollen Interview. “Meine in Indien gemachten, unbedachten Äußerungen zu Sicherheits- und Militärpolitik lasten zunehmend auf meinem Amt. Um weiteren Schaden von der Deutschen Marine, der Bundeswehr, vor allem aber der Bundesrepublik Deutschland zu nehmen, halte ich diesen Schritt für geboten. Frau Bundesministerin hat mein Gesuch angenommen. Der Befehlshaber der Flotte und Stellvertreter des Inspekteurs der Marine, Konteradmiral Kaack, führt bis

zu einer Nachfolgeentscheidung die Deutsche Marine.” Die berufliche Zukunft von Vizeadmiral Schönbach ist aktuell noch unklar. Mit 56 ist er eigentlich zu jung für eine Pensionierung, andererseits ist dies bei seiner Position und seinem Dienstgrad ohne Begründung jederzeit möglich. In der Bundeswehr kann er wohl nicht mehr eingesetzt werden, da jede andere Position, außer GI und Stv. GI, einer Degradierung gleichkäme. Und diese wäre auch innerhalb der Bundeswehr nicht zu vertreten, da er sich keines direkten Fehlverhaltens schuldig gemacht hat. Die Alternative ist normalerweise eine Versetzung in die NATO, was in der Kürze der Zeit bei einem Drei-Sterne-Posten nicht einfach ist. Ebenso unklar ist aktuell, ob Konteradmiral Jan Christian Kaack nur vorübergehend die Dienstgeschäfte mit übernimmt oder zum neuen Inspekteur Marine ernannt wird.


Wehrtechnik

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Die (Luft-)Verteidigung der eigenen Grenzen Der lange Weg zu den früheren Fähigkeiten

MELDUNGEN

Ukraine folgt dem üblichen Drehbuch

(BS/Dorothee Frank) Die Ukraine reagiert auf den schwelenden Konflikt mit Mobilisierung und Aufrüstung, nachdem ihr der internationale Zusammenhalt ein zu unsicheres Pfund zu sein scheint. Mehrere Länder liefern Panzerabwehrwaffen, vor allem Javelin. Neben der Panzerabwehr soll auch die Luftverteidigung ausgebaut werden, wofür die bereits gelieferten Stinger kaum ausreichen. Es braucht modernere, größere Systeme, über die auch Deutschland nur begrenzt verfügt. Es ist kein großes Geheimnis: Die deutsche Luftverteidigung ist aktuell in einem schlechten Zustand. Bei der Luftverteidigung sind dabei im Kern drei große Bereiche zu betrachten: Abwehr ballistischer Langstreckenraketen, Abwehr von Flugzeugen und ihnen ähnelnden unbemannten Systemen sowie Lenkflugkörpern, Nächstbereichsverteidigung gegen Hubschrauber sowie tieffliegenden Systeme.

Raketenabwehr Die Abwehr ballistischer Langstreckenraketen ist gewissermaßen die Königsdisziplin, da es sich bei diesen fast ausschließlich um nuklear bestückte Wirkmittel handelt, die ganze Städte ausradieren können. Die Bekämpfung sollte im sogenannten Upper Tier, also außerhalb der Atmosphäre, mit einem Direkttreffer geschehen, damit kein nuklearer Fallout trotz Vernichtung der Rakete Schaden anrichtet. Für diese Königsdisziplin sollte MEADS kommen, später in TLVS umgewandelt. Doch es kam nicht. Aktuell verfügt Deutschland über zwölf Patriot-Systeme, die ab 1989 der Bundeswehr zuliefen. Viel hängt allerdings vom Lenkflugkörper ab: Modernisierte Patriots könnten mit dem ursprünglich für MEADS entwickelten Lenkflugkörper PAC-3 MSE die Raketenabwehr sehr gut übernehmen. Weshalb im vergangenen 13. Rüstungsbericht vom Mai 2021 auch zu lesen war: “Im fachlichen Vorschlag des BMVg an das Parlament zur zukünftigen Ausrichtung der bodengebundenen Luftverteidigung wird TLVS planerisch als nachrangig gegenüber der Modernisierung Patriot und dem Luftverteidigungssystem Nah- und Nächstbereichsschutz bewertet.” Allerdings sind die Lenkflugkörper PAC-3 MSE teuer und müssten über einen Foreign Military Sale der USA beschafft werden. Im 14. Rüstungsbericht, der am 13. Januar 2022 veröffentlicht wurde, taucht der Name PAC-3 MSE noch nicht einmal mehr auf. Stattdessen ist dort in Bezug zu TLVS zu lesen: “Da erst mit Aufstellung des Haushaltes 2022/55. Finanzplan hinsichtlich der Finanzierung und in Folge zum weiteren Vorgehen im Projekt TLVS entschieden wird, ruhen die beiden Vergabeverfahren für die Realisierung TLVS mit der Bietergemeinschaft TLVS und der Diehl Defence sowie der Foreign Military Sales Case mit der US-Regierung.” Es gibt also vorerst keine ballistische Raketenabwehr für Deutschland.

Behörden Spiegel / Februar 2022

(BS/df) Nach Ansichten der US-Regierung spitzt sich die Situation in der Ukraine zu. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Rear Admiral (ret.) John F. Kirby, sagte, das aktuelle Vorgehen folge demselben Drehbuch, das bereits 2014 bei der Besetzung der Krim zu sehen war. “Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen: Wir haben Informationen, die darauf hindeuten, dass Russland bereits aktiv daran arbeitet, einen Vorwand für eine mögliche Invasion zu schaffen”, sagte Kirby. “Wir haben Informationen, dass sie eine Gruppe von Agenten in Stellung gebracht haben, um eine False Flag Operation durchzuführen. Also eine Operation, die wie ein Angriff auf Russland oder die russischsprachigen Menschen in der Ukraine aussehen soll, als Vorwand für einen Einmarsch.

Außerdem haben wir Hinweise darauf, dass staatliche russische Influencer damit beginnen, ukrainische Provokationen zu erfinden, sowohl in staatlichen als auch in Sozialen Medien, um wiederum im Voraus zu versuchen, einen Vorwand für einen Einmarsch zu liefern.” Kirby betonte: “Wir haben dieses Vorgehen bezogen auf russische Geheimaktivitäten schon einmal gesehen. Es könnte sich um eine Mischung aus verschiedenen Personen innerhalb der russischen Regierung handeln, sei es aus dem Geheimdienst, den Sicherheitsdiensten oder sogar dem Militär. Sie verbinden ihr Personal oft in einem solchen Ausmaß, dass die Grenzen nicht unbedingt klar sind, wem diese bei der Durchführung einiger dieser verdeckten und geheimen Operationen konkret unterstellt sind.”

Waffenlieferungen an die Ukraine

Das Flugabwehrraketengeschwader 1 “Schleswig-Holstein” mit Patriot auf der NATO Missile Firing Installation (NAMFI) auf Kreta Foto: BS/Bundeswehr, Nurgün Ekmekcibasi

Klassische Luftverteidigung Nun wird auch Russland die Ukraine wahrscheinlich nicht mit nuklear-ballistischen Raketen angreifen, viel wahrscheinlicher ist der reine Einsatz der Luftwaffe. Um Flugzeuge abzuwehren, braucht es einen Flächenschutz, den auch die deutschen PatriotSysteme leisten könnten, obwohl es hierfür eine größere Stückzahl bräuchte. Im Rahmen der MEADS-Entwicklung war allerdings auch ein deutsches Unternehmen damit beauftragt worden, ein modulares, verlegefähiges, modernes und günstiges Luftverteidigungssystem zu entwickeln. Diehl Defence erfüllte diesen Auftrag und schloss 2014 die Entwicklung von IRIS-T SL (Surface Launched) ab. Das System gibt es in zwei Versionen. IRIS-T SLS (short range) nutzt als Wirkmittel den Lenkflugkörper, der auch bei der Luftwaffe im Einsatz ist. IRIS-T SLM (medium range) nutzt eine für die bodengebundene Luftverteidigung optimierte Version des IRIS-T-Lenkflugkörpers. IRIS-T SL ist ein vollständiges Luftverteidigungssystem, das aus den Komponenten Feuerleitzentrale, Radar und FlugkörperStartgerät sowie einem kompletten integrierten Logistik- und Support-Konzept besteht. Der Erstkäufer von IRIS-T SLS war

Schweden, gefolgt von Ägypten und Norwegen. Schweden hatte dabei als erstes Land erfolgreich nationale Technologien für “seine” IRIS-T SLS genutzt und dadurch den modularen und integrationsfähigen Aufbau des deutschen Systems bewiesen. Die Version IRIS-T SLM war ein deutscher Wunsch, der Ende 2021 einen weiteren Meilenstein erreichen konnte. In mehreren Testschüssen stellte es unter realistischen Einsatzbedingungen seine Leistungsfähigkeit unter Beweis und erfüllte die Erwartungen in vollem Umfang. “Die Schüsse dienten dem Nachweis der technischen und operationellen Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems entsprechend der Erwartungshaltung von Kun­den und Märkten”, so das Unternehmen.

Vorhaben Nah- und Nächstbereichsschutz Da TLVS weiter ruht, ist IRIST SL nun Teil des deutschen Vorhabens Nah- und Nächstbereichsschutz (NNbS), mit dem die Fähigkeitslücke in der mobilen Luftverteidigung geschlossen werden soll. Das Projekt wird in mehreren Phasen realisiert. Innerhalb des Teilprojektes 1 “Erstbefähigung Land” steht die Beschaffung von Fahrzeugen zum Schutz vor Feuerwaffen, Lenkflugkörpern, Raketen, Marsch-

flugkörpern und unbemannten Fluggeräten an, also das Spektrum von IRIS-T SL. Vorgesehen ist ein Umfang von vier Feuereinheiten, die Ausschreibung erfolgt voraussichtlich noch in diesem Jahr. Hiermit würde der Schutz von drei Brigaden und Divisionstruppen einer Division möglich, so die Einschätzung der Bundeswehr. Die Beschaffung des Teilprojekts 1 wird 600 bis 700 Millionen Euro kosten. Als Gesamtkosten werden 1,3 Milliarden Euro geschätzt, wobei hier die Lebenslaufkosten mit enthalten sind. Was IRIS-T SL für all jene Länder, die in ihren Luftwaffen bereits IRIS-T haben, besonders interessant macht, ist die Wiederverwendbarkeit der Lenkflugkörper. Wenn das Verfallsdatum für die Luftwaffen-Lenkflugkörper abgelaufen ist, könnten sie für die Luftverteidigung weiterverwendet werden. Dieselbe kostengünstige Zweitverwertung des Lenkflugkörpers ist auch für die Züge kurzer Reichweite vorgesehen. Hierfür soll IRIS-T SL auf einem Eagle integriert werden. Der Eagle 6 × 6 soll dabei vier IRIS-T SL durch eine extra Rahmenkonstruktion tragen können. Allerdings ist die IRIS-T mit einem Gewicht von 90 kg und etwa drei Metern Länge ein großer Lenkflugkörper, der beim Eagle ein zusätzliches Nachladefahrzeug erforderlich machen würde.

(BS/df) Welche Aussagen bezüglich des Ukraine-Konflikts offiziell zu treffen sind, da sind sich Bundesregierung, NATO und EU einig. Welche Handlungen sich daraus ergeben, ist allerdings weder eindeutig noch koordiniert. So hat Deutschland ein besonderes Problem mit der Lieferung von Waffen in potenzielle Krisenund Kriegsgebiete. Ein weiteres Problem hat Deutschland damit, dass die Bevölkerung durchaus auf das russische Gas angewiesen ist – und über diesen Hahn entscheidet Putin. Während Deutschland also darauf besteht, nur nicht letale Wirkmittel an die Ukraine zu liefern, sehen andere Nationen in genau diesen Rüstungsexporten ein wichtiges Mittel zur Ertüchtigung der ukrainischen Streitkräfte und somit Abschreckung Russlands. So plant Estland die Lieferung von Panzerabwehrsystemen Javelin und 122mm-Haubitzen.

Litauen hat Flugabwehrraketen Stinger zugesagt, Tschechien 152mm-Artilleriemunition. Die USA werden ebenfalls Javelin und Munition liefern, Großbritannien Panzerabwehrwaffen der neuen Generation. Die Niederlande verlegen F-35 Kampfflugzeuge nach Bulgarien für Schutzaufgaben. Und Deutschland? Außenministerin Annalena Baerbock sagte Mitte Januar der Ukraine zu, dass Mitarbeiter des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) den ukrainischen Behörden bei der Aufklärung der Urheber des Cyber-Angriffs helfen sollen. Des Weiteren soll das BSI sogar ukrainische Cyber-Abwehrkräfte ausbilden. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht sagte zudem, Deutschland werde der Ukraine im Februar ein komplettes Feldlazarett inklusive Ausbildung liefern. Ganz unbeteiligt bleibt Deutschland also nicht.

Vereinbarungen NATO-Ukraine (BS/df) Die NATO Communications and Information Agency (NCI Agency) und die Ukraine haben am 17. Januar eine neue Vereinbarung über die Fortsetzung ihrer Zusammenarbeit bei technologiebezogenen Projekten unterzeichnet. Die Beziehungen zwischen der NATO und der Ukraine reichen bis in die frühen 1990er Jahre zurück, beschreibt die NCI Agency. Die Zusammenarbeit habe sich im Laufe der Zeit weiter vertieft und sei für beide Seiten von Vorteil. So leiste die Ukraine einen aktiven und wichtigen Beitrag zu Operationen und Missionen unter NATO-Führung.

“Wir haben mehrere Jahre lang erfolgreich mit der Ukraine zusammengearbeitet, wichtige Fähigkeiten bereitgestellt und Wissen ausgetauscht”, sagte der Generaldirektor der NCI Agency, Ludwig Decamps. “Im Rahmen dieses erneuerten Abkommens werden wir unsere Zusammenarbeit mit der Ukraine vertiefen, um sie bei der Modernisierung ihrer Informationstechnologie und Kommunikationsdienste zu unterstützen und gleichzeitig Bereiche zu identifizieren, in denen Schulungen für ihr Personal erforderlich sind. Unsere Experten sind bereit, diese wichtige Partnerschaft fortzusetzen.”

Start von Allied Spirit (BS/df) Am 21. Januar 2022 be-

“Im Fortschreiten von Allied Spirit

lied Spirit 22. Allied Spirit soll die Integration von Verbündeten und Partnern in einer wettbewerbsorientierten Gefechtsübungsumgebung realisieren. Vom 21. Januar bis zum 5. Februar üben hierfür rund 5.200 Soldatinnen und Soldaten aus 15 Nationen, darunter Deutschland, Großbritannien, Kosovo, Italien, Lettland, Litauen, Moldawien, Niederlande, Polen, Portugal, Slowenien, Spanien, Türkei, Ungarn und die USA. “Im Gegensatz zu den SaberJunction- und Combined-Resolve-Übungsserien im JMRC, bei denen US-Einheiten die Kernarbeit leisten und dabei von Verbündeten und Partnern unterstützt werden, steht bei Allied Spirit eine alliierte Einheit im Mittelpunkt der Ausbildung”, beschreibt Sgt. Cory Reese vom 7th Army Training Command.

von US-amerikanischen und alliierten Einheiten in die Übung integriert, um die Möglichkeiten zur Durchführung von Divisionsplanungen und -manövern zu verbessern.” Die Übung wird von der 1. Panzerdivision des Deutschen Heeres geleitet, deren Stab die Führung einer multinationalen Brigade und anderer Elemente übernimmt. Die 1. Panzerdivision ist Teil des 1. Deutsch-Niederländischen Korps der NATO. Allied Spirit ist in erster Linie eine Brigade-Übung, in der komplexe und vor allem multinationale Landkampfoperationen in realistischen Szenaren durchgeführt werden, wofür eine sichere und vor allen Dingen interoperable Kommunikation über alle NATOKanäle hinweg gewährleistet sein muss.

Sachstand in der Bundeswehr gann in Hohenfels die Übung Al- wurden Divisionshauptquartiere

Für Schweden wurde der IRIS-T SLS Launcher erfolgreich auf den Bandvagn 410 von Hägglunds integriert. Foto: BS/Diehl Defence

Die Bundeswehr listet in der Übersicht ihrer Luftverteidigungssysteme neben den zwölf Patriots nur noch das Leichte Flugabwehrsystem (LeFlaSys) Ozelot auf Wiesel 2 Basis, das Flugabwehrsystem Mantis und die Fliegerfaust 2 Stinger auf. Die Patriots benötigen eine Modernisierung, um auf den neuesten Stand der Technik zu kommen. Und weder die Sensorik noch die mitgeführten Stinger-Abwehrraketen des Ozelots sind auf technologisch hochstehende Bedrohungen ausgelegt. Vom nicht mobilen Mantis existieren wiederum nur zwei Stück. Es gibt in der Bundeswehr also aktuell keine Systeme, mit denen eine gleichwertige Luftwaffe abgewehrt werden könnte. Es müssten die Amerikaner zu Hilfe eilen.


Behörden Spiegel / Februar 2022

MELDUNGEN

Rüstungsbericht und materielle Einsatzbereitschaft

(BS/df) Mitte Januar haben der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, und Staatssekretär Benedikt Zimmer den 14. Rüstungsbericht und den Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr II/2021 vorgestellt. “Auf dem Weg zur Wiedererlangung der Fähigkeiten der Bundeswehr entsprechend den Vorgaben des Weißbuchs von 2016 und der Konzeption der Bundeswehr von 2018 sowie entlang des Fähigkeitsprofils der Bundeswehr wurden planerische Meilensteine erreicht”, ist in dem Rüstungsbericht zu lesen. Demnach wurden im vergangenen Jahr 8,7 Mrd. Euro in militärische Beschaffungen, 4,5 Mrd. Euro in die Materialerhaltung, 3,4 Mrd. Euro in Betreiberlösungen sowie 1,7 Mrd. Euro in die Wehrforschung, Entwicklung, Erprobung (FEE) investiert. In diesem Zeitraum bewilligte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zudem Projekte für insgesamt 23,3 Mrd. Euro. Im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 31. Oktober 2021 liefen der Bundeswehr an Waffensystemen aus Kategorie-A-Projekten eine Fregatte Klasse 125, zwei NH90 TTH, drei NH90 NTH (Sea Lion) sowie drei Schützenpanzer Puma zu. Insgesamt erfährt der Leser in dem 14. Rüstungsbericht allerdings wenig Neues gegenüber der Vorgängerversion.

Die materielle Einsatzbereitschaft befindet sich laut dem zeitgleich veröffentlichten Bericht ebenfalls auf einem guten Weg, um die Fähigkeiten vor der Ära von der Leyen wiederzuerlangen. “Die materielle Einsatzbereitschaft aller 71 Hauptwaffensysteme hat sich im Berichtszeitraum insgesamt verstetigt und in einigen Bereichen leicht verbessert”, schreibt der Generalinspekteur in seinem Überblick. “Sie liegt mit durchschnittlich 77 Prozent geringfügig über den 76 Prozent aus dem letzten Bericht. Unsere Zielgröße von 70 Prozentdurchschnittlicher materieller Einsatzbereitschaft übertrafen hierbei 38 Hauptwaffensysteme, elf lagen unter 50 Prozent (davon sechs Altsysteme). Die durchschnittliche materielle Einsatzbereitschaft von Kampffahrzeugen lag bei 71 Prozent, für Kampfeinheiten der Marine bei 72 Prozent, für die Kampfund Transportflugzeuge bei 65 Prozent, für alle Unterstützungsfahrzeuge (Logistik, Sanität und CIR) bei 82 Prozent und bei den Hubschraubern weiterhin bei 40 Prozent.” Was allerdings nicht vergessen werden darf, ist, dass die Einsatzbereitschaft in diesem Bericht nicht vom Gesamtbestand gerechnet wird, sondern vom Verfügungsbestand. Nehmen wir als Beispiel die 350 Pumas, wo der Verfügungsbestand aktuell bei 236 Pumas liegt. 75 Prozent entsprechen dann 177 tatsächlich einsatzbereiten Pumas.

Technologiesprung beim U212 CD (BS/df) Das deutsch-norwegische U-Boot-Projekt U212 CD wird eine voll-digitale Sensorsuite von Hensoldt erhalten. Der Auftrag umfasst sechs optronische Systeme, bestehend aus einem Optronikmastsystem OMS 150, einem OMS 300 sowie jeweils einem Panorama-Überwachungssystem i360°OS für die sechs U-Boote der norwegischen und deutschen Marine. Es handelt sich dabei um einen Technologiesprung, bei dem die traditionelle Direktsicht eines Periskopsystems durch eine digitale und laut Hersteller “rumpfundurchdringende” Systemlösung abgelöst wird. Die Kombination aus OMS 150 und OMS 300 wird für die Klasse U212 CD zum ersten Mal reali-

siert. Das OMS 150 wird dabei in seiner multispektralen Ausführung als Such- und Überwachungs-Optronikmast eingesetzt. Der Stealth-Optronikmast OMS 300 übernimmt die sogenannte “Attack”-Funktion. Die Entwickler bei Hensoldt haben mit dem OMS 300 zudem einen visuell und über Radar schwer detektierbaren Optronikmast geschaffen. Hensoldt Optronics-Geschäftsführer Andreas Hülle sagt: “Mit dieser Kombination erhalten die neuen U-Boote eine SensorAusstattung, die höchste Detektionsfähigkeiten auch bei schlechter Sicht mit einem hohen Automatisierungsgrad verbindet und damit die Handlungs- und Überlebensfähigkeit der Boote wesentlich verbessert.”

Mörser-Modernisierung (BS/df) Die Mörserwaffensysteme der Bundeswehr werden einer Modernisierung unterzogen. Nach dem Upgrade sollen die Waffenanlagen in der Lage sein, die Mörsermunition der neuen Generation (NG) verschießen zu können. Hierfür werden die Rohre mit Liderungsringen ausgestattet. Bereits 2021 hatte das Unternehmen Rheinmetall Multispektralnebel-Mörserpatronen DM75 NG und Infrarot-LeuchtMörserpatronen DM56 NG an die Bundeswehr ausgeliefert.

Zudem erhält die Bundeswehr neue 120mm-Mörsermunition. Die von Rheinmetall neu entwickelte Munitionsfamilie besitzt eine verbesserte Präzision und Reichweite. Die Patronen sind mit einer neuen Generation an Wirkmassen ausgestattet und verfügen über ein neu entwickeltes Treibladungssystem. Der Auftrag für die Modernisierung und die zusätzliche Munition, der bis 2023 abgeschlossen sein soll, ging Mitte Januar an Rheinmetall.

Combat Management System für schwedische Minenjäger (BS/df) Die schwedische Marine erhält das Combat Management System (CMS) Albatross von Elbit Systems. Albatross ist ein skalierbares CMS mit offener Architektur, das den Bedienern ein gemeinsames operatives Bild zur Verfügung stellt. Dabei werden die Daten der Unter- und Überwassersensoren als Echtzeitdaten, Live-Videostreaming und Bilddaten in einem Lagebild zusammengeführt, was den operativen Handlungsspielraum erweitert, die Flexibilität erhöht und eine effektive Entscheidungsfindung ermöglicht.

Albatross soll innerhalb der nächsten 34 Monaten auf den Minenjägern der SPÅRÖ-Klasse integriert werden. Tobias Wennberg, General Manager von Elbit Systems Schweden, sagte anlässlich des Auftrags: “Wir freuen uns über das Vertrauen, das die schwedische Verteidigungsmaterialverwaltung und die schwedischen Streitkräfte in unsere Lösungen setzen. Wir als Unternehmen sehen eine wachsende Nachfrage nach unserem Marineportfolio.” Die Vernetzung aller Einheiten der Marine könnte der nächste Schritt sein.

Wehrtechnik

Seite 45

Kommunikation in der Landes- und Bündnisverteidigung Ableitungen für die Bundeswehr aus der Starkregenlage (BS/Oberst i.G. Michael Volkmer*) Nach der Starkregenlage im Juli 2021 kam es zu großflächigen Überschwemmungen mit über 180 Toten, katastrophalen Folgen für Mensch und Umwelt. Rund 200.000 Menschen waren von zentralen Versorgungsleistungen abgeschnitten. Führen, zielgerichtetes Reagieren und das Informieren der Bevölkerung durch lokale Krisenstäbe waren entscheidend. Stromausfälle führten u. a. zu flächendeckenden Ausfällen der digitalen (IP-basierten) Kommunikationsinfrastruktur. Vielfach war die Infrastruktur der Krisenstäbe selbst durch das Hochwasser betroffen, was ein Ausweichen erforderlich machte. Die für das lokale Krisenmanagement zuständigen Stellen waren in diesen Tagen mit diffusen Lagebildern konfrontiert. Mit dem Digitalfunk BOS existiert in Deutschland ein modernes digitales Kommunikationsnetz, das speziell für die “Blaulichtorganisationen” durch die Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben bereitgestellt wird. Aber auch dieses Netz hatte mit Ausfällen regionaler Sende- und Empfangsanlagen zu kämpfen. Viele Einsatzkräfte, die im Raum mobil unterwegs waren, waren ohne Kommunikationsanbindung und konnten untereinander und mit Krisenstäben nicht kommunizieren.

Eine Koordinierung kann im Einsatz nur mit funktionierender Kommunikation wirksam erreicht werden. Foto: BS/Bundeswehr, Tom Twardy

Führungsfähigkeit in der Landes- und Bündnisverteidigung Im Szenario der Landes- und Bündnisverteidigung ist es erforderlich, die für die Sicherstellung der Kernführungsfähigkeit der Streitkräfte benötigten IT-Netze und -Systeme (Kernfähigkeiten IT) robust und durchhaltefähig (resilient) bereitzustellen. Diese Forderungen dürfen sich nicht nur auf die militärische Verteidigung und militärische Kräfte beschränken, sondern sie müssen alle staatlichen Organe und Institutionen der Zivilverteidigung mit einbeziehen. Die Starkregenlage im Juli 2021 machte wie unter einem Brennglas sichtbar, wie in einer gesamtstaatlichen Krise – im Extremfall bis hin zum Verteidigungsfall – zivile Organisationen und Bundeswehr zusammenarbeiten müssen. Sie hat auch deutlich aufgezeigt, wo dringender Handlungsbedarf besteht. Die Herausforderungen für den Erhalt der Führungsfähigkeit in einem Szenario der Landesund Bündnisverteidigung sind vergleichbar mit denen in der Starkregenlage: • großflächige Beschädigungen oder Zerstörungen von (IT-)Infrastrukturen, • flächendeckende und langanhaltende Ausfälle von Stromnetzen und öffentlichen sowie staatlichen Mobilfunk-, Telefon- und Internetinfrastrukturen, • Nichtverfügbarkeit von Lagebildern für Einsatzzentren und -kräfte in einer dynamischen und komplexen, existenziellen Lage. Im Verteidigungsfall kann eine mögliche direkte Einwirkung durch einen militärischen Gegner, sei es kinetisch durch Waffeneinsatz, Cyber-Angriffe oder elektronischen Kampf, die Lage zusätzlich verschärfen. Die zuverlässige Bereitstellung von Informations- und Kommunikationssystemen in einem solchen “Contested Environment” zur Sicherstellung der Führungsfähigkeit der Bundeswehr und für alle Organe und Institutionen der Zivilverteidigung ist eine Ressortund Bund-Länder-übergreifende Aufgabe.

Kommunikationssysteme der Bundeswehr Die Bundeswehr ist aufgrund ihres Auftrages auf ein Szenar mit nicht vorhandenen bzw. stark eingeschränkten Kommunikationsinfrastrukturen grundsätzlich vorbereitet. Gerade bei der Landes- und Bündnisverteidigung muss eine autarke (von

Soldaten unterstützten die Hilfskräfte auch durch den Bau von provisorischen Brücken. Foto: BS/Bundeswehr, EKT

kommerziellen Betreibern weitgehend unabhängige) Kommunikationsfähigkeit als Grundlage für eine bruchfreie Zusammenarbeit aller Beteiligten garantiert sein. Allerdings sind derzeit die Abhängigkeiten von digitalen kommerziellen Kommunikationsinfrastrukturen in Deutschland hoch. Neben ihren traditionellen Truppenfunksystemen verfügt die Bundeswehr u.a. über eigene Satellitenkommunikationsgeräte und -systeme, die während der Flutkatastrophe sehr schnell für zivile Krisenstäbe und Einsatzkräfte bereitgestellt werden konnten. Mit der Beschaffung neuer taktischer Kommunikationssysteme hat die Bundeswehr einen zukunftsfähigen Weg für ein eigenes, schnell aufbaubares digitales Mobilfunknetz eingeschlagen. Mit dem neuen System Zellulare Netze verlegefähig (ZNV) wird die Bundeswehr ab 2023 über eigene Fähigkeiten mittels hochbeweglicher Basisstationen in Containersowie “Kistenlösungen” verfügen, die mit dem Digitalfunk BOS interoperabel sind. Dies ist ein wesentlicher Schritt hin zu resilienten Kommunikationsnetzen bei Landes- und Bündnisverteidigung, die aber auch im Rahmen von subsidiären Unterstützungsleistungen im Katastrophenfall zum Einsatz kommen können.

Autarke und resiliente Informations- und Kommunika­tionssysteme Die privaten und öffentlichen IP-basierten Kommunikationsnetze und -systeme sind aktuell nur sehr eingeschränkt für hohe Verfügbarkeiten bei großflächigen und tagelangen Stromausfällen ausgebaut. Für die Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationssysteme der Bundeswehr lassen sich auch aus der Stark­ regenkatastrophe im Juli 2021 einige Ableitungen festhalten: 1. Ein umfassendes Lagebild ist sowohl in der Landes- und Bündnisverteidigung als auch für existenzielle Krisen- und Katastrophenlagen erforderlich. Dieses ist resilient und ressortübergreifend zu führen. Dafür sind ein-

geübte Strukturen und Prozesse zwingende Voraussetzung. 2. Die missionskritische ortsfeste IT-Infrastruktur sowie Führungseinrichtungen sind so resilient und in Teilen georedundant auszuplanen, dass jederzeit eine Kernführungsfähigkeit gewährleistet werden kann. Eine ressortübergreifende Vermaschung von Führungszentren schafft im Katastrophenfall und in der Landes- und Bündnisverteidigung Resilienz. 3. Die Bereitstellung der dafür notwendigen IT-Services ist unabhängiger von öffentlichen Stromnetzen und zivilen Telekommunikationsnetzen zu gestalten. Stationäre, mobile und verlegefähige Sende- und Empfangsanlagen müssen bei Stromausfällen tagelang autark weiterbetrieben werden können. 4. Vorrangschaltungen für bestimmte Nutzerkreise/-gruppen müssen schnell eingerichtet werden können, damit bei überlasteten Netzen lageabhängig priorisiert werden kann. 5. Mobilfunksysteme der Bundeswehr sind so auszulegen, dass sie das Digitalfunknetz BOS ad hoc und komplementär erweitern oder punktuell auch unter extremen Bedingungen ersetzen können. 6. Eine Erhöhung von Netzabdeckungen in funkkritischer Geografie (wie z. B. im Ahrtal) muss durch einfach zu betreibende “fliegende” Systeme (Ballons, Zeppeline, Drohnen etc.) ermöglicht werden. 7. Künftig müssen redundante Notfall-, Informations- und Kommunikationssysteme Ausfälle von Primärnetzen ad hoc anteilig kompensieren können. 8. Das Zusammenwirken der Bundeswehr mit BOS-Kräften und IT-Betriebsstellen muss regelmäßig geübt werden. 9. Für den Einsatz in Deutschland müssen breitbandfähige Frequenzbänder (vgl. 5G-Netze) exklusiv für “Blaulichtkräfte” und die Bundeswehr bereitgestellt werden, um die Führungsfähigkeit bei Landes- und Bündnisverteidigung sowie bei Krisen- und Großschadensereignissen sicherstellen zu können. Die Bedarfe der Sicherheitsbehörden müssen insbesondere bei einer möglichen

Lizenzvergabe im derzeitigen Rundfunkband (470 – 694 MHz) adäquat berücksichtigt werden. So müssen z. B. Systeme von BOS und Bundeswehr interoperabel sein, aber auch ad hoc mit voller Leistungsfähigkeit parallel nebeneinander betrieben werden können. Ohne entsprechende Frequenzzuweisungen kann weder ein autarker Digitalfunk BOS noch das neue Mobilfunknetz der Bundeswehr das in einer Krise deutlich erhöhte Kommunikationsaufkommen stabil decken.

Zusammenfassung Die Flutkatastrophe im Juli 2021 hat deutlich gezeigt, dass für eine erfolgreiche Krisenbewältigung erprobte Krisen-(Führungs-)stäbe, robust verfügbare Kommunikationsmittel, eingeübte Führungsund Krisenverfahren sowie ein erprobtes Krisen- und Informationsmanagement auf allen Ebenen bereitstehen müssen. Die schnelle und stabile Informationsweitergabe zwischen den Führungseinrichtungen sowie Einsatz- und Rettungskräften aus Bund, Ländern, Kreisen und Kommunen ist ein entscheidender Erfolgsfaktor in der gesamtstaatlichen Krisenbewältigung und damit auch bei der Landes- und Bündnisverteidigung. Fallen die hierfür notwendigen Kommunikationsnetze in Gänze aus, werden Führungsvorgänge und die Erstellung von Lagebildern unmöglich oder erheblich verzögert. Flächendeckende Notfallnetze beim Totalausfall der Primärnetze existieren nicht (mehr). Die Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen ist vor dem Hintergrund der gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge zugunsten der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) und der Bundeswehr zu priorisieren (z. B. Zuweisung von Frequenzen). Dabei sollten sich alle staatlichen Akteure mit Sicherheitsaufgaben auf die Führungsfähigkeit am fordernsten Szenar Landesverteidigung ausrichten. Ziel muss sein, dass auf Grundlage stabiler und hochverfügbarer Netze Führungseinrichtungen und Einsatzstäbe führungsfähig bleiben. Führungsorganisationen und -verfahren müssen etabliert sein und regelmäßig beübt werden. Nur so kann schnell reagiert werden, nur so können die richtigen Kräfte zur richtigen Zeit am richtigen Ort eingesetzt werden. Denn nur wer führungsfähig ist, ist in einer kritischen Lage relevant und kann handeln. *Oberst i.G. Michael Volkmer, Referatsleiter CIT II 1, BMVg Zum Thema siehe auch Artikel "Hilfe bei der Hoch­ wasserlage 2021" auf Seite 46 in dieser Ausgabe.


Wehrtechnik

Seite 46

Hilfe bei der Hochwasserlage 2021

Behörden Spiegel / Februar 2022

MELDUNGEN

Atomuhren zur Reduzierung der GPS-Abhängigkeit

Erfahrungen aus einem Einsatz in zerstörtem Gelände

(BS/Dr. Hesse*) Wie stabil sind die Hänge nach dem Hochwasser noch? Welche Infrastruktur wurde in welchem Maße durch das Hochwasser in Mitleidenschaft gezogen? Die schnelle und fachkundige Beantwortung dieser und vieler weitere Fragen war drängend direkt nach dem Hochwasser (BS/df) Angesichts der steigen­ tenversorgung und somit auch in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021: für Betroffene, Anwohner und Einsatzkräfte. den Zahl an Satelliten sowie der ohne GPS agieren können, will

D

as in Euskirchen lie­ gende Zentrum für Geo­ informationswesen der Bundes­ wehr (ZGeoBw), das sich mitten im Hochwasserkrisengebiet be­ fand, hält Expertise für die Be­ antwortung eben solcher Fragen bereit und brachte diese unmit­ telbar ein. Da die Liegenschaften des ZGeoBw, die Generalmajor-Frei­ herr-von-Gersdorff-Kaserne und die Mercator-Kaserne, selbst nicht vom Hochwasser betroffen waren, konnten bereits ab dem 15. Juli zeitweise bis zu 83 Zentrumsan­ gehörige zeitgleich im Rahmen der Soforthilfe und später, im Zeit­ raum vom 23. bis 27. Juli 2021, als Teil der Amtshilfe eingesetzt werden, um bei der Bewältigung der Schadenslage nach den Un­ wettern zu unterstützten.

Soldatinnen und Soldaten des ZGeoBw arbeiteten an der Seite der zivilen Hilfskräfte und Einwohner von Bad Münstereifel. Foto: BS/ZGeoBw

Ersthilfe in zerstörtem Gebiet In Bad Münstereifel wurde eine zentrale Anlaufstelle für Kräfte der Bundeswehr im Raum ein­ gerichtet. Von hier aus wurden die Informationsweitergabe an die eigenen Kräfte und die Ver­ bindungsaufnahme zu zivilen Hilfskräften koordiniert, da in den ersten Tagen der Katastrophe kei­ ne Mobilfunkanbindung möglich war. Da die Infrastruktur in der engen Altstadt von Bad Münste­ reifel nahezu vollständig zerstört war, konnte hier kein schweres Gerät eingesetzt werden. In Bad Münstereifel halfen die Solda­ tinnen und Soldaten gemeinsam mit den zivilen Hilfskräften, die Straßen zugänglich zu machen. Neben Personal stellte das ZGeoBw einer Vielzahl an Ma­ terial (u. a. SEA 20 KW, Vermes­ sungsgerät) sowie geländegängige Transportfahrzeuge (u. a. Eagle; Widder; UTF 5, 10 und 15) bereit. Im Stadtteil Arloff wurden 15-Ton­ ner zur Schuttbeseitigung und für Aufräumarbeiten eingesetzt, um die Infrastruktur schnellstmöglich für Rettungswege wieder nutz­ bar zu machen. Weiter wurden Transportkapazitäten zur Eva­ kuierung von Personal und für den Abtransport von Material aus den überschwemmten Gebieten zur Verfügung gestellt.

Lagebilder für die Helfer Als Reachback-Komponente ar­ beiteten ab dem 19. Juli 2021 bis zu 25 Zentrumsangehörige zeit­ gleich für die fachliche GeoInfoUnterstützung. Es wurden insge­ samt 35 Fachaufträge bearbeitet. Diese erstreckten sich von der Erstellung von Wetterberichten und -vorhersagen für die Bun­ desländer Nordrhein-Westfalen

Vorbereitungen verschiedener Streitkräfte, die Ressource Welt­ raum im Notfall für den Gegner ausschalten zu können, ist die Abhängigkeit militärischer Syste­ me vom GPS durchaus schwierig. Während sich die Geolokation durch Koordinaten, Beleuchter oder Suchköpfe ersetzen lässt, ist dies bei der ebenfalls durch GPS synchronisierten Zeit nicht möglich. “Die Synchronisierung der Zeit in der modernen Kriegsführung – bis auf Milliardstel und Bil­ lionstel Sekunden genau – ist entscheidend für den Erfolg der Mission. Hightech-Raketen, -Sen­ soren, -Flugzeuge, -Schiffe und -Artillerie sind auf Atomuhren auf GPS-Satelliten angewiesen, die eine Zeitgenauigkeit im Nano­ sekundenbereich gewährleisten”, beschreibt die amerikanische Rüstungsforschungsagentur DARPA das Problem. “Ein Zeitfeh­ ler von nur ein paar Milliardstel Sekunden kann dazu führen, dass die Positionierung um einen Meter oder mehr abweicht. Wenn GPS von einem Gegner gestört wird, würde sich die Zeitsynchro­ nisation schnell verschlechtern und militärische Operationen gefährden.” Damit die amerikanischen Streitkräfte in Zukunft weiterhin in Umgebungen ohne Satelli­

die DARPA mit der Finanzierung des Programms Robust Optical Clock Network (ROCkN) robuste optische Atomuhren mit geringer Größe, geringem Gewicht und geringem Stromverbrauch ent­ wickeln. “Das Ziel ist es, die optischen Atomuhren von den aktuell be­ stehenden, aufwendigen Labor­ konfigurationen in kleine und robuste Versionen zu überführen, die auch außerhalb des Labors eingesetzt werden können”, sag­ te Tatjana Curcic, ProgrammManagerin im Defense Sciences Office der DARPA. “Wenn wir erfolgreich sind, würden diese optischen Uhren eine 100-fache Steigerung der Präzision bzw. eine Verringerung des Zeitfehlers im Vergleich zu den bestehenden Mikrowellen-Atomuhren bieten und eine verbesserte Beibehal­ tung der Zeitgenauigkeit im Na­ nosekundenbereich von einigen Stunden bis zu einem Monat demonstrieren.” In einem ersten Schritt sollen die Forscher eine tragbare op­ tische Atomuhr entwerfen, die in ein Kampfflugzeug oder ei­ nen Satelliten passt und eine Genauigkeit von Pikosekunden (Billionstelsekunden) für 100 Se­ kunden bietet. Erste Ergebnisse sollen innerhalb der nächsten zwei Jahre vorliegen.

Weitere Amphibienfahrzeuge für das U.S. Marine Corps

Vergleiche des Zustandes der Infrastruktur über Erstellung von Luft- und Satellitenbildkarten vor und nach dem Hochwasser. Bild: BS/ZGeoBw

und Rheinland-Pfalz inklusive Prognosen zur Hochwassersitu­ ation und der Pegelstände durch die Meteorologen bis zur Vertei­ lung von ca. 20.000 gedruckten Karten. Um die Einsatzkräfte zu koordinieren und auch verschie­ dene Hilfskräfte zu verbinden, wurden in den Stäben und Lage­ zentren des Hochwassergebietes topografische Karten benötigt. Da es im Katastrophen­gebiet zum Teil keinen Strom und keine Internetverbindung gab, konnten keine digitalen Karten zum Ein­ satz kommen. Insgesamt wurden in den ersten beiden Tagen nach Beginn der Katastrophe über 14.000 Kartenblätter verteilt, die genau für so einen Fall vom

Lage im Katastrophengebiet (BS/df) Die Flutkatastrophe geschah in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 und traf vor allem die Region Trier, das Erft- und Ahrtal. Während nach über einem halben Jahr die Evaluation des Einsatzes für die Bundeswehr nahezu abgeschlossen ist und Lehren für die Zukunft gezogen werden, befinden sich die betroffenen Gebiete weiterhin im Ausnahmezustand. Nicht jeder hat Heizung, Infrastruktur ist bei weitem noch nicht aufgebaut. Bürokratische Hürden behindern überall. So stammen viele Gebäude an der Ahr aus dem 19. Jahrhundert. Diese hatten Bestandsschutz, was bedeutet, dass beispielsweise die Brandschutztreppen nicht ganz so breit sein müssen, wie bei heutigen Gebäuden vorgeschrieben. Wenn allerdings zu viel neu gemacht wird, erlischt der Bestandsschutz an einem Gebäude. Und wenn sehr viel an einem Gebäude zerstört ist, dann muss auch sehr viel erneuert werden. Aber es gibt noch weitere Sperren, die der Staat den von der Katarstrophe getroffenen Menschen in den Weg legt. Spenden dürfen dank des deutschen Spendenrechts nicht an Unternehmen ausgezahlt werden, eine Novellierung dieses Gesetzes ist nicht vorgesehen. Staatliche Hilfsgelder können oft nur beantragt werden, wenn ein halbes Buch an Formularen eingereicht wird. Auch der Wiederaufbau geht nur mit halber Kraft voran. Statt neuer Stellen zum Management des Wiederaufbaus zu schaffen, wurden diese teilweise mit Pensionären und Rentnern im Ehrenamt besetzt. Die Katastrophe ist den Regionen weiterhin deutlich anzusehen. Der Staat muss hier noch viel lernen – und damit ist nicht die Bundeswehr gemeint.

gesamten deutschen Staatsgebiet im Kartenlager in Euskirchen vorgehalten werden. Schwer­ punkte waren die Kartenblätter Neuenahr und Euskirchen. Der Einsatz von Hilfskräften ohne Ortskenntnis im Raum bedurfte einer guten Kartengrundlage. Hierzu wurden sowohl detaillierte Karten im Maßstab 1:5.000 als auch topografische Karten und Luftbildkarten zur Verfügung gestellt, um den Einsatzkräften eine gute Grundlage zur Orien­ tierung an die Hand zu geben. Darüber hinaus wurden Karten und Informationen über das Geo­ informationsportal des ZGeoBw digital als Downloads bereitge­ stellt. Das ZGeoBw fertigte zudem Luft- und Satellitenbildkarten von verschiedenen Überschwem­ mungsgebieten vor und nach dem Hochwasser an. Auf Grundlage der Bildaufnahmen aus TornadoFlügen sowie eigener Drohnen­ aufnahmen wurden Karten vom betroffenen Gebiet erstellt, auf denen der Zustand von Brücken − aktiv, inaktiv, unbekannter Zustand, zerstört – dargestellt wurde, um einen Überblick über die aktuelle Nutzbarkeit von Infrastruktur nach dem Hochwasser für die Hilfskräfte bereitzustellen.

Sicherheit des Geländes Bad Münstereifel war eines der Gebiete, welches am schwersten durch die Hochwasserkatastro­ phe betroffen war und ist. Ein geologisches Erkundungsteam des ZGeoBw prüfte im Rahmen der Amtshilfe in Bad Münstereifel Brücken auf Befahrbarkeit und bewertete die Hangstabilität, um mögliche Hangrutschungen zu orten. Die Fachleute der Ein­ satzgeologie und der Einsatz­ vermessung waren vor Ort, um

Georisiken im Raum zu bewerten, Brückenvermessungen vorzu­ nehmen und den örtlichen Be­ hörden zur Seite zu stehen, da die hohe Anzahl an zerstörten Gebäuden und Brücken durch die zivilen Kräfte nicht zu bewerk­ stelligen war. Es wurden Mes­ sungen zu Erdrutschungen und Geländeverschiebungen angefer­ tigt und die Untergrundstabilität untersucht sowie beurteilt, um weitere Risiken zu identifizieren. In Schönau und Schleiden wur­ den Hangrutschungsmessungen vorgenommen, Pegelmessstellen an der Ahr für das THW errichtet und Ankerplatten aufgemessen sowie Brücken- und Bauwerks­ monitoring durchgeführt. In Erft­ stadt erfolgten die Schadensauf­ nahme an der NATO-Pipeline sowie Untergrundsondierungen für das Landeskommando Nord­ rhein-Westfalen. Die Geologen bewerteten außerdem Georisiken bei einer Untertageanlage bei Mechernich.

Unterstützung trotz eigener Betroffenheit Obwohl 158 von 1.000 Angehö­ rigen des ZGeoBw am Standort Euskirchen unmittelbar sowie eine Vielzahl weiterer mittelbar vom Hochwasser betroffen waren, konnte das ZGeoBw mit seiner fachlichen Expertise sowie sei­ nem Personal und Material auf diese Weise vielfältige Hilfe in der und für die Region leisten. *Dr. Franziska Hesse, Pressearbeit - Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr Zum Thema siehe auch Artikel "Kommunikation in der Landesund Bündnisverteidigung" auf Seite 45 in dieser Ausgabe.

(BS/df) Das U.S. Marine Corps erhält 33 weitere Amphibienfahr­ zeuge (Amphibious Combat Ve­ hicles – ACV) durch Aufstockung des zweiten Loses. Bereits im Dezember 2020 wurde die erste Option für die ACV-Produktion in vollem Umfang (Los 1) für die ersten 36 Fahrzeuge und im Februar 2021 die zweite Opti­ on für weitere 36 Fahrzeuge an das Unternehmen BAE Systems vergeben, das gemeinsam mit IVECO Defence Vehicles diese Amphibienfahrzeuge entwickelte und herstellt. Die Lieferung von zwei Vari­ anten der ACV-Fahrzeugfamilie

an das Marine Corps wurden bereits beauftragt: die ACV-Per­ sonentransportvariante (ACV-P) und die ACV-Kommandoariante (ACV-C). BAE Systems erhielt zudem einen Konstruktions- und Entwicklungsauftrag für eine Va­ riante mit 30-mm-Kanone (ACV30). Weiterhin befindet sich ein Bergungsfahrzeug (ACV-R) in der Planung. Das U.S. Marine Corps beauf­ tragte zudem eine Studie, um die Integration von unbemannten Systemen bzw. die Verbringung und Steuerung eines Schwarms durch eine weitere ACV-Variante zu prüfen.

Frankreich realisiert erste national zugelassene Plattform (BS/df) Mitte Januar stellte Tha­ les die erste rein französische Kollaborationsplattform vor, die zur Verarbeitung von einge­ stuften Informationen zugelas­ sen ist. Sichere Anwendungen auf der Plattform unterstützen neue hybride (physische und virtuelle) Arbeitsverfahren so­ wie kollaborative Räume für die Benutzer. “TrustNet Restricted” ist somit die erste Thales-CloudLösung für den vertraulichen Bereich. Alle Dienste können mit je­ dem Informationssystem mit eingeschränktem Zugang ver­ netzt werden, wobei Lösungen wie der “Secure Collaboration Hub – Restricted” von Ercom,

dessen Akkreditierung für den eingestuften Zugang allerdings noch aussteht, zum Einsatz kom­ men, der Audio- und Videokon­ ferenzen, Bildschirmfreigabe, Messaging und die gemeinsame Nutzung von Dokumenten unterstützt. Die Plattform wurde von Thales in enger Zusammenarbeit mit der französischen Agentur für die Sicherheit von Informationssys­ temen (ANSSI) und dem französi­ schen Verteidigungsministerium entwickelt, bevor sie nun die offizielle Zulassung für “Coun­ try Eyes Only” und “Restricted” bekam. Sie ist aktuell die einzige Plattform in Frankreich, die diese Zulassungen erhalten hat.

Frankreich beschafft BarracudaTarnsysteme (BS/df) Die französische Rüs­ tungsbeschaffungsbehörde DGA hat mit Saab einen Rahmenver­ trag über die Lieferung von mul­ tispektralen Barracuda-Tarnsys­ temen unterzeichnet. Der Vertrag umfasst dabei sowohl die Liefe­ rung neuer Tarnsysteme als auch eine Phase der Systemanpassung in Zusammenarbeit mit der DGA. Das französische Programm hat Pioniercharakter und ist in ver­ schiedene Kooperationsphasen gegliedert. Neben der Lieferung

der Tarnsysteme für die Einsatz­ gebiete des französischen Heeres umfasst der Auftrag zudem eine gemeinsame Arbeitsphase, in der die Barracuda-Tarnlösungen speziell an die Einsatzanforde­ rungen des französischen Heeres angepasst werden, sodass die Tarnung genau dem benötigten Spektrum und den Spezifikati­ onen entspricht. Der Vertrag hat eine Laufzeit von acht Jahren und sieht jährliche Lieferungen vor.


Behörden Spiegel / Februar 2022

Von Aachen nach Paris Die Karrierewahl war keineswegs elterlicherseits vorgegeben. Stuckmann wuchs als Einzelkind in einer kulturell interessierten Familie auf. “Mein Vater war Geisteswissenschaftler – Anglistik und Germanistik”, erzählt er. Die Mutter war Bankkauffrau. Das Thema IT und Telekommunikation habe ihn interessiert, aber der “typische Bastler”, wie man ihn in diesen Bereichen oft findet, sei er nie gewesen. Vielmehr habe er sich für das “Big Picture” interessiert, wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Aspekte der Technologie inklusive. Dieses Interesse steckte mit hinter dem Entschluss, das Start Up aufzugeben und bei Orange in Paris anzuheuern, um bei der Entwicklung von Standards für einen großen Netzbetreiber mitzuwirken. Private Überlegungen spielten bei der Entscheidung, nach Paris zu gehen, allerdings auch eine Rolle. Seine inzwischen geschiedene Ehefrau Sylvie, eine Juristin, hatte Peter Stuckmann schon zu Promotionszeiten kennengelernt. Sie ist Französin: “Ich bin damals zeitweise zwischen Paris und Aachen gependelt.” Trotz der Begeisterung für Paris habe das Paar sich schon früh das belgische Brüssel als Lebensmittelpunkt vorstellen können, das geografisch wie kulturell einen guten Kompromiss zwischen Paris und Aachen darstelle. Zudem sei die Kommission mit ihren weitreichenden Möglichkeiten im Research-Management von Zukunftstechnologien ein interessanter Arbeitgeber gewesen: “Wir hatten ja schon durch unser Forschungsprogramm in Aachen gute Kontakte zu den Kollegen von der Europäischen Kommission.” Folgerichtig hatte Stuckmann noch zu seinen Aachener Zeiten an einem “Concours”, dem Personalauswahlverfahren der europäischen Institutionen, teilgenommen.

Umfangreiches und langwieriges Verfahren Diese regelmäßig ausgeschriebenen EU-Auswahlwettbewerbe testen die Kandidatinnen und Kandidaten aus den Mitgliedstaaten in einem komplizierten mehrstufigen Verfahren auf schriftlicher wie mündlicher Basis. Wer besteht, erhält schließlich einen Rangplatz auf einer sogenannten Eignungsliste – aber damit

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Langfristig geplant

S

chon auf den ersten Blick sieht das nach einer erfolgreichen Ingenieursbiografie aus, die sich entlang dem Grundthema mobile Nachrichtentechnik zielgerichtet Schritt für Schritt entwickelt hat. Peter Stuckmann wurde 1973 im Sauerland geboren, wo er in Lüdenscheid bis zum Abitur mit 18 Jahren das Gymnasium besuchte. Danach ging es zum Studium der Elektrotechnik und Informationstechnik an die RWTH Aachen. 1999 schloss er mit dem Titel DiplomIngenieur ab. 2003 folgte eine von der Universität ausgezeichnete Promotion zum Thema: “Traffic engineering concepts for cellular packet radio networks”. Das Forschungsteam an der RWTH habe damals erstmals die Übertragung von Daten über die Funkschnittstelle entwickelt, erzählt Peter Stuckmann: “Als ich dazu kam, ging es überwiegend um die Evolution der GSM-Netze, damit Daten übertragen werden können. Wir haben Simulatoren gebaut und Tools entwickelt, damit der Netzaufbau letztendlich geplant werden kann.” Die akademischen Aktivitäten mündeten in der Gründung des universitätsnahen Start Ups AixCom GmbH, das die entwickelten Produkte vermarktete. Die Aktivitäten von AixCom wurden dann von P3, der späteren Umlaut SE übernommen und sind damit heutzutage in Accenture aufgegangen.

Letzte Seite

Eine deutsche Karriere in Europa (BS/Dr. Barbara Held) Als promovierter Ingenieur kam Peter Stuckmann 2004 zur Europäischen Kommission. Dem Anfang als Projektleiter in der damaligen Generaldirektion Informationsgesellschaft und Medien (DG Infso) folgten verschiedene Verwendungen bei der Nachfolgeorganisation. Heute ist er Referatsleiter “Kommunikationsnetze der Zukunft” und stellvertretender Direktor in der Abteilung Netze der Zukunft in der Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien (DG Connect).

Fahrradfahren als sportlicher Ausgleich hinzugekommen. Der Brüsseler Stadtwald Bois de la Cambre ist nicht weit von seiner Wohnung entfernt und bietet die Möglichkeit zu ausgedehnten Ausfahrten im Grünen. Für den Weg ins Kommissionsbüro komme das Fahrrad weniger infrage, weil der Dresscode der Kommission mit sportlicher Betätigung nicht immer kompatibel sei.

Ein Typ für das Home Office

Peter Stuckmann ist Referatsleiter innerhalb der Europäischen Kommission. Dabei ist er für die Kommunikationsnetze der Zukunft zuständig.

noch lange keine Anstellung. Der Listenplatz ist erst die Voraussetzung dafür, sich bei den EU-Institutionen bewerben zu dürfen. “Aber man kann sich ja nie darauf verlassen, dass das klappt”, fasst Stuckmann die Erfahrung vieler Aspiranten zusammen. Deshalb habe er parallel seine Karriere in Paris betrieben: “Ich wäre auch gern noch ein paar Jahre bei Orange geblieben. Es war interessant und hat Spaß gemacht.” Aber dann kam die Nachricht aus Brüssel, und seit 2004 arbeitet er nun als Beamter in der Europäischen Kommission in der Digitalpolitik. Und damit hat seine Ingenieurskarriere eine andere Richtung genommen.

Ein- und Aufstieg bei der Kommission “Ich habe im Bereich Mobilfunk angefangen”, erzählt Stuckmann rückblickend auf seine Projektleiterzeit. Das ist auch der Bereich, in dem er derzeit wieder arbeitet. Innerhalb der DG Connect ist er dann von den technisch-wissenschaftlichen hin zu überwiegend rechtlichpolitischen Themen gewechselt. Zwischen 2010 und 2012 arbeitete der EU-Beamte an der neuen EU-Roaming-Verordnung mit, durch die die Roaming-Gebühren zwischen den Mitgliedstaaten abgeschafft wurden. Die Befriedigung ist unverkennbar: “Da haben wir für die Bürgerinnen und Bürger der Union wirklich etwas erreicht.” Danach war er zwischen 2012 und 2015 als Sachgebietsleiter für europäische Frequenzpolitik verantwortlich. In der Folge wurde das Themenspektrum wieder deutlich breiter: Von 2015 bis 2017 begleitete Stuckmann als Assistent den DG-ConnectGeneraldirektor Roberto Viola, der auch heute noch diese Generaldirektion leitet. Die Zusammenarbeit mit dem damals für DG Connect zuständigen Kommissar Günther Oettinger (CDU) hat er als angenehm in Erinnerung: “Er ist sehr kollegial.” Damals hatte die DG Connect mit Oettingers Kabinett die digitale Binnenmarktstrategie für die Union entwickelt, die Europa für den Wettbewerb in der globalen digitalen Welt fit machen soll. Technologie-Regulierung und Politik sind inzwischen seine

persönlichen Interessensgebiete: “Wenn man die technische Seite der Dinge versteht, kann man da etwas beitragen.”

Digitalpolitik für Europa Seit 2017 ist Stuckmann nunmehr Leiter des Referats “Konnektivitätssysteme der Zukunft”, das die Politik-Strategie sowie Forschungs- und Ausbauförderung der Kommission für 5G und 6G maßgeblich gestaltet. Die Aufgaben der DG Connect hätten sich seit seinen Anfängen in der Kommission grundlegend verändert, stellt er fest. Als er dort anfing, betrieb das Referat, das er heute leitet, hauptsächlich Forschungs- und Entwicklungsförderung. Das ist unter dem aktuellen “Horizon Europe-Programm” nur noch Teil der Arbeit. Heute stehen der Auf- und Ausbau der Netze, zum Beispiel von 5G über die Connecting Europe Facility (CEF), auch im Vordergrund. Ziel ist es, die internationale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Anbieter und Netzbetreiber sowie die digitale Souveränität Europas zu etablieren und auszubauen. Seit Anfang 2021 ist Stuckmann zusätzlich stellvertretender Direktor der Abteilung “Netze der

Zukunft”. Heute blickt er auf ganze 17 Jahre in Brüssel zurück, die längste Zeit, die Stuckmann je an einem Ort gelebt hat. Nach wie vor fühlt er sich wohl hier. Aber Flämisch habe er bisher dennoch nicht gelernt, antwortet Stuckmann auf die entsprechende Nachfrage. Er lernt lieber Italienisch, um sich bei Urlauben im Süden gut verständigen zu können. Dabei ist Brüssel offiziell zweisprachig – Französisch und Flämisch. Allerdings werden rechtlich und politisch bedeutende Themen in der Kommission vorwiegend auf Französisch und Englisch verhandelt.

Eine Expat-Familie in der Hauptstadt Europas Auf professionelles Französisch war Stuckmann durch seine Lebensgefährtin und spätere Frau schon zu seinen Pariser Zeiten bestens vorbereitet. Und sehr gute Englisch-Performanz in Wort und Schrift versteht sich von selbst, wenn man Mobilfunktechnik auf Promotionskurs studiert hat. Die Töchter Clara und Lilly sind bereits 16 und 14 Jahre alt, leben in Brüssel und besuchen die europäische Schule. Da die Kinder

Der EU-Beamte aus Deutschland ist studierter und promovierter Ingenieur. Außerdem verfügt er über Erfahrungen in der Arbeit innerhalb von Start Ups. Fotos: BS/privat

Foto: BS/privat

ursprünglich mit Französisch als Muttersprache aufwuchsen, kommt das dortige Angebot ihrer Kompetenz im Deutschen zugute: In der Schule können sie Unterrichtsfächer sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch abdecken. Die Betreuung sei 50:50 auf Mutter und Vater aufgeteilt, erklärt Stuckmann, da auch die Mutter in der Stadt geblieben sei. Wo es einmal zum Studium hingehen soll, sei ungewiss. Insgesamt gebe es bei den Absolventinnen und Absolventen der europäischen Schule die Tendenz, Brüssel zu verlassen. Man fühle sich als Europäer, da man mit den Eltern und an der Schule in der “Expat-Bubble” lebe. Ein Studium in Frankreich oder Großbritannien sei sehr kostenintensiv, erklärt der Vater der potenziellen Studentinnen mit Blick auf die Zukunft, genauso in den USA, die obendrein noch sehr elitäre Aufnahmeregeln hätten. Ein Studium irgendwo in Belgien oder Deutschland sei leichter zu verwirklichen.

Das Leben besteht nicht nur aus Arbeit In seiner Freizeit interessiert sich Stuckmann für Theater, Konzerte und vor allem Kino, was allerdings in den Zeiten von Corona ziemlich gelitten hat. Für den Film “Dune” begeistert er sich aktuell. Im vergangenen Sommer war er mit seinen Töchtern auf den Spuren des Films “Call Me by Your Name” in der italienischen Lombardei unterwegs. Sie hätten sich am Hauptdrehort Crema einquartiert und seien die Lokalitäten anderer Szenen der Liebesgeschichte, die in den 1980er-Jahren spiele, abgefahren. “Das hat Spaß gemacht!” Überhaupt zieht es Stuckmann zum Urlaub in den Süden. Mit der Familie hat er früher viel Zeit in Südfrankreich verbracht. Der Sommerurlaub 2020 führte sie wieder dorthin, zunächst in die Gegend von Avignon und später zum Surfen an die Atlantikküste, wo die Großeltern in der Gegend von Bordeaux wohnen. Sport im Allgemeinen macht ihm Spaß: Fußball, aber auch Tennis, das er selbst regelmäßig spielt. Der Tennisverein biete zudem den Vorteil, mit Belgiern zusammen zu sein und sich so integrieren. In den Zeiten der Pandemie ist

An das pandemiebedingte Home Office hat er sich gut gewöhnt. Das liege ihm, erklärt Stuckmann: “Ich bin jetzt nicht der Typ, der immer viele Leute um sich herum haben muss.” Networking sei eigentlich nicht so seins. Aber im Kontext seiner Arbeit mache er das natürlich: “Und das macht mir inzwischen auch Spaß.” Da kommt ihm zupass, dass das künftige Arbeitszeitmodell der Kommission grundsätzlich drei Home Office-Tage pro Woche vorsieht. Ihm gefällt die Aussicht, tageweise zu Hause zu arbeiten, zwischendurch ein paar Konferenzen zu besuchen und dann wieder ein paar Tage ins Büro zu gehen, für Meetings und den Austausch mit Kollegen. Obwohl Meetings eigentlich nicht so seine Sache sind: “Bei mir gibt es zum Beispiel keine Serien-Termine an jedem zweiten Donnerstag oder so. Bei mir muss es immer einen Grund geben für das Meeting.” Ausnahme sei der Jour fixe seines Referats, der einmal pro Woche, aber mindestens alle zwei Wochen stattfinde, damit alle auf dem Laufenden seien. Rund 20 Leute umfasst derzeit das Referat. Insgesamt 800 bis 900 Kolleginnen und Kollegen arbeiten in der GD Connect, einer Art Digitalministerium auf europäischer Ebene mit finanzkräftigen Förderprogrammen.

Eine Zukunft mit Perspektiven Pünktlich zu Weihnachten wurde Stuckmann dann noch – zusätzlich zu seinen aktuellen Aufgaben – zum “Interim Executive Director of the Smart Networks and Services Joint Undertaking” (SNS JU) ernannt. Dieses neue “gemeinsame Unternehmen” zwischen der EU und der Industrie manage und koordiniere europäische Forschung und Entwicklung zu 5G und 6G. Das SNS JU soll die Spitzenposition Europas bei der Konzeption und richtungsweisenden Standardisierung von 6G-Technologie festigen. Darüber hinaus soll es den Ausbau von 5G-Infrastrukturen und -Nutzung in Europa vorantreiben. Im Grunde genommen sei das eine Art administratives Start Up, stellt Stuckmann fest, der diese neue Herausforderung mit Freude angenommen hat. Er soll übergangsweise das gemeinsame Unternehmen, an dessen Konzeption er schon beteiligt war, strategisch wie organisatorisch aufbauen. Und so schließt sich der Kreis am Ende wieder: Mit seinem Start Up-Engagement bei AixCom hat Stuckmann vor fast 20 Jahren einmal angefangen und sich davon verabschiedet, als er nach Europa ging. Nur ist das Budget von SNS JU möglicherweise etwas höher: Angesetzt sind 1,8 Milliarden Euro für die nächsten sieben Jahre. Die Frage, wie es karrieretechnisch weitergeht, stellt sich somit im Moment nicht. Mit Ende 40 ist der Ruhestand noch in der Ferne. Entwicklungsmöglichkeiten gibt es recht zahlreich. Und die strategischen Politik-Themen mit technischem Bezug werden in der europäischen Zentrale ohnehin nicht so schnell ausgehen. Daneben gibt es auch noch so spannende Gebiete wie die Regulierung der großen Internetplattformen oder interessante koordinierende Funktionen in den Zentralstellen der Kommission.



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