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Konzeptionell viel vorangebracht

Sachsen-Anhalts Innenministerin über Geschafftes und Offenes ben wir nun in Magdeburg und Halle an d er Saale Standorte der Landesbereitschaftspolizei. Des Weiteren wurde im letzten Jahr die Standortentscheidung für einen Neubau des Landeskriminalamtes getroffen. Auch wenn die Umsetzung noch einige Jahre dauern wird, war dies ein wichtiger Startschuss für das Neubauprojekt.

(BS) Dr. Tamara Zieschang (CDU) ist Innenministerin von Sachsen-Anhalt. Im Gespräch mit dem Behörden Spiegel zieht sie Bilanz und blickt nach vorn. Die Fragen stellte Marco Feldmann.

Behörden Spiegel: Wann wird der Neubau in Betrieb genommen werden?

Zieschang: Ich hoffe auf einen Umzug in das neue Objekt im Jahr 2027. Demnächst soll die Ausschreibung von Architekturund Planungsleistungen erfolgen.

Behörden Spiegel: Was steht noch unerfüllt auf Ihrer Agenda?

Zieschang: Die Verbesserung des Bevölkerungsschutzes steht bei mir ganz oben auf der Agenda. Das Thema beschäftigt alle Innenministerien – und sollte auch alle anderen Ressorts beschäftigen, die sich ihrer Verantwortung für die Krisenvorsorge nicht immer ausreichend bewusst sind. D i e Starkregenereignisse im Ahrtal haben uns einmal mehr vor Augen geführt, dass wir uns auf Extremwetterereignisse einstellen müssen. Und wir müssen damit rechnen, dass sie deutlich häufiger auftreten, als wir das aus den vergangenen Jahrzehnten kennen.

Behörden Spiegel: Was haben Sie vor?

Zieschang: Hinzu kommt, dass die Themen Zivilschutz- und Bevölkerungsschutz durch den russischen Angriff auf die Ukraine nochmals an Bedeutung gewonnen haben. Nicht zuletzt deshalb beabsichtige ich, in diesem Jahr hier im Ministerium eine neue Abteilung für Katastrophenschutz und Krisenmanagement aufzubauen.

Behörden Spiegel: Was sind die größten landesspezifischen Herausforderungen für SachsenAnhalt im Bereich der Inneren Sicherheit?

Zieschang: Wir haben unverändert ein landesweites De -

“Beim Programm “Polizei 2030” handelt es sich um eine große, auf mehrere Jahre angelegte Digitalisierungsoffensive in der Landespolizei.”

Dr. Tamara Zieschang (CDU) ist seit September 2021 Innenministerin des Landes Sachsen-Anhalt. Screenshot: BS/Feldmann monstrationsgeschehen, das die Kräfte der Landespolizei bindet. Außerdem fordert uns die zunehmende Cyber-Kriminalität heraus. Kriminalität verlagert sich zunehmend von der realen in die virtuelle Welt. Dadurch muss ein Vielfaches an Daten ausgewertet werden. Und die Datenmengen werden weiter wachsen. Das können Menschen ohne Unterstützung durch Künstliche Intelligenz nicht mehr lange bewältigen, weil die Datenmengen schlicht zu groß werden.

B eh örden Spiegel: Welchen Themen wollen Sie sich noch widmen?

Zieschang: Zudem nehmen wir auch die Verkehrssicherheit in den Blick. Nach einem Rückgang der Verkehrsunfälle in den Jahren 2020 und 2021, in denen die Menschen Pandemie-bedingt weniger unterwegs waren, zeichnet sich ab, dass sich die Zahl der Verkehrstoten in SachsenAnhal t im letzten Jahr leider wieder erhöht hat. Wir geben die Idee der “Vision Zero” aber nicht auf. Des Weiteren arbeiten wird daran, den operativen Opferschutz, insbesondere im Bereich der häuslichen Gewalt, weiter zu verbessern.

Behörden Spiegel: Sie haben ein Programm “Polizei 2030” angekündigt. Was verbirgt sich dahinter?

Zieschang : Beim Programm “Polizei 2030” handelt es sich um eine große, auf mehrere Jahre angelegte Digitalisierungsoffensive in der Landespolizei. Es adressiert alle Bereiche der polizeilichen Arbeit und ist in mehrere Phasen unterteilt. Die erste Phase, in der die Landespolizei u. a. flächendeckend mit rund 5.600 Smartphones mit polizeifachlichen Apps ausgestattet wird, soll Mitte des kommenden Jahres abgeschlossen sein. Das Smartphone gehört heutzutage zu einer modernen Polizeiausstattung. Parallel dazu führen wir ein neues Vorgangsbearbeitungssystem ein, das auch als App-Anwendung auf dem Smartphone funktionieren wird. Das ist ein deutlicher Schritt nach vorne, aber auch mit einem hohen internen Schulungsaufwand verbunden.

Behörden Spi egel: Wie verhält sich dieses Programm zum Programm P20? Dazu gibt es bei Ihnen ja auch noch ein Landesprogramm.

Zieschang: Beim Programm P20 handelt es sich um ein BundLänder-Programm. Bei unserem Programm handelt es sich ausschließlich um ein Landesprogramm. Inhaltlich sind beide Programme eng mi tei nander abgestimmt und bauen sogar unmittelbar aufeinander auf. Es findet ein ständiger Abgleich zwi-

Sonderdezernate helfen

Gewalt gegen Polizisten muss nachhaltig verfolgt werden schen beiden Programmen statt. So ist unser neues Vorgangsbearbeitungssystem @rtus auch Teil von P20. Sachsen-Anhalt ist damit das erste Bundesland, das auf eines der Interimsvorgangsbearbeitungssysteme umstellt, die im Programm P20 vorgesehen sind.

Behörden Spiegel: Frau Ministerin, wie ist die Personal- und Bewerberlage bei Ihrer Landespolizei?

Zieschang: Der personelle Aufwuchs unserer Landespolizei schreitet sehr gut voran. Unsere Polizeistrukturreform aus dem Jahr 2016 war darauf ausgerichtet, dass wir mindestens 7.000 Kräfte im Polizeivollzug haben. Hier konnten wir mit aktuell rund 6.400 Kolleginnen und Kollegen im Polizeivollzug eine wichtige Zwischenetappe erreichen. Jetzt steuern wir die Zielzahl von mindestens 7.000 Kräften an. Diese soll bis Ende 2026 erreicht sein.

Behörden Spiegel: Schaffen Sie dieses Ziel?

Zieschang: Ich bin guten Mutes, dass wir das auch schaffen werden. Denn im vergangenen Jahr hatten wir gegen den allgemeinen Trend an der Fachhochschule der Polizei mehr Bewerberinnen und Bewerber als noch 2021. Wir konnten sogar mehr Anwärterinnen und Anwärter einstellen als ursprünglich geplant.

Behörden Spiegel: Kürzlich hat der Magdeburger Landtag eine Reform des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG) verabschiedet. Wie erleichtert sind Sie und was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Neuerungen?

Zieschang: Mit der Novelle, die gerade vom Landtag beschlossen wurde, sind vor allem drei Themen adressiert. Wir konnten die Befugnisnorm zum Einsatz der elektronischen Fußfessel zur Abwehr terroristischer Straftaten dauerhaft im Gesetz etablieren. Bislang war sie nur zeitlich befristet eingeführt worden. Außerdem gibt es nun die Möglichkeit, Bodycams bei der Polizei flächendeckend und unbefristet einzusetzen. Bisher war das nur terstreicht Schnabel. Es brauche rasche Anklagen, um ein Signal an die Beschuldigten zu senden. Nicht erforderlich seien schärfere Gesetze. Vielmehr komme es darauf an, die bestehenden Rechtsvorschriften und Strafrahmen konsequent auszuschöpfen.

(BS/Marco Feldmann) Die vergangene Silvesternacht hat erneut deutlich gemacht, welchen Gefahren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte im Dienst ausgesetzt sind. Gleiches gilt inzwischen leider auch für Feuerwehrleute. Bei der Verfolgung der Straftaten ist vor allem die Justiz gefordert. Bei den Staatsanwaltschaften braucht es noch öfter spezialisierte Dezernate.

Auf beschleunigte Verfahren setzen

In diesem Kontext könnte helfen, vermehrt auf beschleunigte Verfahren zu setzen. Hierfür brauche es in jedem Fall aber eine klare Beweislage. Außerdem müsse die Gefahr bestehen, dass sich der oder die Beschuldigte dem Verfahren entziehen könnte. Sobald der oder die Beschuldigte einen festen Wohnsitz habe, werde von den Gerichten in der Regel davon ausgegangen, dass keine Entziehungsabsicht bestehe. Dies sei oftmals sogar der

Fall, wenn der oder die Beschuldigte in einer Sammelunterkunft polizeilich gemeldet sei. Ob eine solche Unterkunft tatsächlich als fester Wohnsitz anzusehen sei, könne man zumindest kritisch hinterfragen, gibt Schnabel zu bedenken.

Nicht immer geeignet Für Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), sind Sammelunterkünfte definitiv k eine festen Wohnsitze. Auch er hält Sonderdezernate bei den Staatsanwaltschaften für sinnvoll. Zugleich brauche es entsprechend viele Richterstellen. Auch beschleunigte Verfahren müssten personell unterlegt werden.

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, spricht sich ebenfalls für Schwerpunktstaats- anwaltschaften und beschleunigte Verfahren aus. Bei Letzteren müsse jedoch beachtet werden, dass sich nicht alle Vorgänge für ein beschleunigtes Verfahren eigneten. Ähnlich äußert sich der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes (DRB), Sven Rebehn. Er unterstreicht: “Die Strafe muss möglichst auf dem Fuße folgen, um abschreckend zu wirken. Klar ist aber auch, dass eine Verfahrensbeschleunigung nicht zulasten gründlicher Ermittlungen und der Verfahrensrechte Beschuldigter gehen darf.” Beschleunigte Verfahren seien personalaufwendig, weil die Gerichte hier sehr flexibel und kurzfristig reagieren können müssten. “Sollten sie in geeigneten Fällen häufiger angewendet werden, ist das also auch eine Frage des angemessenen Perso- naleinsatzes in der Justiz.” Letztere sei seit Jahren unterbesetzt. Jetzt brauche es dringend eine aufgabengerechte Ausstattung, verlangt Rebehn Kölns Polizeipräsident Schnabel setzt zusätzlich auf ein weiteres Instrument bei Straftaten gegen Vollzugskräfte: Strafanträge durch ihn als Behördenleiter, zusätzlich zum Strafantrag des oder der Betroffenen. Dies gilt z. B. für Beleidigungen. Der Vorteil: “Bevor die Staatsanwaltschaft ein solches Verfahren, etwa wegen geringer Schuld oder gegen eine Geldauflage, einstellt, muss sie mir als Behördenleiter die Möglichkeit zur Stellungnahme einräumen.” Die zuständige Staatsanwältin oder der zuständige Staatsanwalt könnten dann im Einzelfall davon überzeugt werden, dass eine Verfahrenseinstellung nicht angezeigt sei. zeitlich begrenzt im Rahmen eines Modellprojekts in den drei kreisfreien Städten des Landes erlaubt gewesen. Zudem haben wir nun eine Rechtsgrundlage für abschnittsbezogene Geschwindigkeitskontrollen, die sogenannte Section Control.

Behörden Spiegel: Weshalb entschied sich Sachsen-Anhalt bei der elektronischen Fußfessel zur Abwehr terroristischer Straftaten denn zunächst für einen Modellversuch und hat erst jetzt mit der SOG-Reform eine dauerhafte Rechtsgrundlage geschaffen?

Zieschang: Es hat ein nahtloser Übergang stattgefunden: Der Modellversuch endete zum Jahresende 2022 – und die SOG-Novelle ist Ende des Jahres 2022 in Kraft getreten. Mit dem Modellversuch konnten Erfahrungen mit neuen technischen Einsatzmöglichkeiten gesammelt werden, um anschließend über die dauerhafte Implementierung zu entscheiden. Dieses Vorgehen halte ich für ein probates Mittel.

Behörden Spiegel: Warum wurde so auch bei den B odycams verfahren? Andere Bundesländer sind hier schon weiter.

Zieschang : Bei der Bodycam ist die Lage eine etwas andere, weil es hier keinen nahtlosen Übergang vom Modellversuch hin zur dauerhaften Befugnisnorm gab. Der Modellversuch mit den Körperkameras ist am 30. Juni 2020 ausgelaufen. Dass es jetzt eine unbefristete Befugnisnorm gibt, hat sicherlich auch damit zu tun, dass die Regierungskoalition jetzt eine andere ist als in der letzten Legislaturperiode. Aber auch hier hat es sich gelohnt, mit dem Modellversuch Erfahrungen zu sammeln, gerade mit Blick auf die technische Ausstattung der Bodycam. Diese Erkenntnisse können wir für die dauerhafte Umsetzung gut nutzen.

Behörden Spiegel: Was versprechen Sie sich von der Section Control?

Zieschang : Überhöhte Geschwindigkeit ist eine der wesentlichen Unfallursachen. Dieser Tatsache müssen wir angemessen begegnen. Das können wir zwar auch durch stationäre Geschwindigkeitskontrollen. Aber bei der Section Control, die an besonders unfallträchtigen Abschnitten erfolgen soll, können wir ein ordnungsgemäßes Fahrverhalten über die gesamte kontrollierte Wegstrecke erreichen.

Zwar liege die letzte Entscheidung darüber natürlich bei der Staatsanwaltschaft. In den letzten Jahren sei es aber immer s el tener vorgekommen, dass diese solche Verfahren einstelle, erläutert Schnabel. Dies hätten entsprechende Richtlinien des nordrhein-westfälischen Justizministeriums bewirkt. Und selbst wenn ein Verfahren eingestellt werde, könne der oder die Strafantragsstellende immer noch Beschwerde bei der jeweils zuständigen Generalstaatsanwaltschaft einlegen.

Gute Nachsorge in Köln Voraussetzung für das Stellen eines Strafantrages durch die Behördenleitung ist natürlich, dass ihr entsprechende Vorfälle bekannt werden. “Im Polizeipräsidium Köln gibt es dafür ein eigenes Meldesystem”, berichtet der Polizeipräsident. Außerdem existiere ein eigenes Sachgebiet, dessen Mitarbeitende sich um Betroffene kümmerten und ihnen Angebote zur Nachsorge machten. “Das gehört für mich zur Fürsorge des Dienstherren dazu”, unterstreicht Schnabel

U nd genauso vielfältig sind die Kolleginnen und Kollegen unserer Hauptstadtpolizei, die vor Ort sind oder hinter den Kulissen für Personal, Technik, IT-Infrastruktur und Fahrzeuge sorgen. Ob im Vollzugsdienst oder in der Verwaltung, ob Schutzpolizist oder Schutzpolizistin oder Sachbearbeitende: Die Polizei Berlin versteht sich als Bürgerpolizei. Wir begegnen den Menschen auf Augenhöhe. Unsere wichtigste Dienstwaffe: Reden. Empathie, Respekt, Toleranz sind die Werte, für die die Polizei Berlin steht. Es kommt auf eine starke innere Haltung an, nicht auf eine starke physische, männlich dominierte Präsenz. Moderne Ausstattung, Einsatzmittel, Taktiken und Einsatztraining sorgen längst für Geschlechtergerechtigkeit im Polizeidienst.

Zu einer Bürgerpolizei gehört auch, dass sie ein Abbild der Gesellschaft ist. Unsere Gesellschaft besteht aus Frauen und Männern. Deswegen muss es selbstverständlich sein, dass beide Geschlechter auch in der Polizei vertreten sind. Es ist wissenschaftlich belegt, dass sich die Beteiligung von Frauen in Friedens- und Sicherheitsfragen

Behörden Spiegel: Frau Kunz, welche Erwartungen und Forderungen haben Sie an den neuen rheinland-pfälzischen Innenminister Michael Ebling (SPD)?

Sabrina Kunz: Wir haben eine sehr hohe Erwartungshaltung an ihn. Denn wir wünschen uns, dass wir es schaffen, mit ihm ein gemeinsames Problemverständnis zu schaffen. Dafür muss er sich uns als GdP gegenüber öffnen. Denn nur so kommen wir gemeinsam zu bestmöglichen Lösungen. Wichtig ist uns auch, mit ihm einmal ganz offen darüber zu reden, wie viel Personal die rheinland-pfälzische Polizei tatsächlich braucht. Denn hier gehen die Meinungen zwischen GdP und Ministerium noch weit auseinander.

Behörden Spiegel: Wie viele zusätzliche Polizistinnen und Polizisten sowie Tarifbeschäftigte und Verwaltungsbeamtinnen und Verwaltungsbeamte bräuchte die Landespolizei denn aus Ihrer Sicht?

Kunz: Auch wir als Gewerkschaft müssen noch stärker lernen, den Personalkörper als Ganzes zu denken und nicht immer nur auf die Zahl der Vollzugskräfte zu schauen. Ich denke, da sind wir in Rheinland-Pfalz schon auf einem guten Weg. Derzeit haben wir rund 14.000 Polizeibeschäftigte, darunter etwa 9.600 Vollzugskräfte. Aus unserer Sicht brauchen wir mindestens 10.000 Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamte, die in Vollzeit arbeiten, um die polizeiliche Arbeit flächendeckend gewährleisten zu können. Zudem benötigen wir mindestens 400 weitere Spezialistinnen und Spezialisten, die als zusätzliche Tarifbeschäftig te

MELDUNG

(BS/mfe) Eigentlich sollte der Entwurf zur Reform des Bundespolizeigesetzes in diesem Monat im Bundeskabinett behandelt werden. Daraus wird aber nichts.

Denn nach Informationen des Behörden Spiegel stoßen sich unterschiedliche Parteien an verschiedenen Punkten.

So sollen sich die Grünen nach Informationen des Behörden Spiegel an vorgesehenen neuen Befugnissen der Bundespolizei im digitalen Raum stoßen. Der Referentenentwurf, der der Re-

Polizei Berlin als Bürgerpolizei

Große Vielfalt unter Mitarbeitenden positiv und nachhaltig auswirkt. Nicht nur daher ist es mir ein großes Anliegen, den Frauenanteil innerhalb der Polizei Berlin zu steigern. Es ist mir sehr wichtig, junge Frauen für den Polizeidienst zu werben. Unsere Imagekampagne “110 Prozent Berlin” mit dem Fokus auf Werte und Haltung spricht diese gezielt an. In allen von uns initiierten Werbemaßnahmen achten wir auf eine möglichst ausgewogene Geschlechterverteilung und wir bemühen uns – wo möglich – ebenso weibliche Protagonistinnen in den Fokus zu stellen. Für die Zukunft sind auch Formate geplant, die die weibliche Zielgruppe mit einer eigenen Werbebotschaft ansprechen. Sie sollen – als sogenanntes “Targeted Advertising” – über die Social-Media-Plattformen nur an diese Zielgruppe ausgespielt werden. Innerhalb der Behörde unterstütze ich vielfältige Maßnahmen zur Frauenförderung. Mit Erfolg: Der Frauenanteil in unserer Behörde nimmt stetig zu. Bei der Schutzpolizei liegt er aktuell bei gut 24 Prozent. Da ist eindeutig noch Luft nach oben, während die Kriminalpolizei mit einem Frauenanteil von gut 41 Prozent bereits besser aufgestellt ist.

(BS/Dr. Barbara Slowik) Massive Fahrzeuge, schwere Waffen, Spezialeinsatzkommando (SEK) – das Bild von der Polizei ist bei vielen bis heute vor allem durch eines geprägt: Klischees. Sehr zu Unrecht, denn Polizeiarbeit ist viel mehr als die öffentlichkeitswirksamen Einsätze. Die Realität sieht vielmehr so aus: Mehr als eine halbe Million Notrufe erreichen die Polizei Berlin im Jahr. Die Bandbreite der Einsatzanlässe ist extrem vielfältig.

Dr.

Übrigens sind mittlerweile mehr als ein Drittel (gut 37 Prozent) unserer Nachwuchskräfte weiblich. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dieser Wandel noch stärker in der Öffentlichkeit sichtbar wird. Auch die Zahl an

Bewerbungen von Frauen für den höheren Dienst steigt – und damit schrittweise ihr Anteil an den Führungspositionen. Sie sind Vorbilder und ein wichtiger Schlüssel für die weitere Entwicklung. Im Polizeipräsidium, wo wegweisende Entscheidungen für unsere gesamte Behörde getroffen werden, beträgt der Frauenanteil übrigens 53 Prozent.

Die Arbeitszeiten einer Behörde, die 24/7 für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger da ist, bleiben für viele Frauen eine Hürde – weil sie in unserer Gesellschaft noch immer den Mammutanteil an der Familienarbeit oder in der Angehörigenpfl ege tragen. Auch das ist nachgewiesen. Die vorherrschenden traditionellen Geschlechterrollen sorgen dafür, dass unsere Gesellschaft längst nicht so gleichberechtigt ist, wie es die Gesetze ermöglichten.

Mitarbeitende mitnehmen

Doch zurück zur Polizei Berlin. Mit den vielfältigen Frauenfördermaßnahmen und dem Ausbau des digitalen Arbeitens zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist es lange nicht getan. Beim Thema Gender- und Geschlechtergerechtigkeit müssen alle Dienstkräfte gleichermaßen mitgenommen werden.

Es geht um Respekt und Toleranz gegenüber Diversität in allen Lebensbereichen. Die Themen Diversität sowie Gleichbehandlung aller Geschlechter und Identitäten gehören deshalb fest zum Fortbildungsprogramm für angehende Führungskräfte.

Diese haben eine besondere Rolle als Vorbild und verbreiten die Werte. Die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache,

Personalkörper als Ganzes denken

Sabrina Kunz über ihre Arbeit als Gewerkschaftschefin

(BS) Sabrina Kunz ist Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Rheinland-Pfalz. Im Gespräch mit dem Behörden Spiegel stellt sie Forderungen an den Landesinnenminister und geht auf ihre Agenda ein. Die Fragen stellte Behörden Spiegel-Redakteur Marco Feldmann.

“Wichtig ist uns auch, mit ihm einmal ganz offen darüber zu reden, wie viel Personal die rheinlandpfälzische Polizei tatsächlich braucht.”

Sabrina Kunz ist Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Rheinland-Pfalz. Foto: BS/Stephan Dinges und Verwaltungsbeamtinnen und Verwaltungsbeamte bei der Landespolizei arbeiten.

Behörden Spiegel: Wie ist die Personal- und Bewerbungslage bei der Landespolizei im Allgemeinen?

Kunz: Auch in RheinlandPfalz fi ndet ein Kampf um die besten Köpfe statt. Wir laufen bei der Landespolizei auf einen Fachkräftemangel zu. An der Hochschule der Polizei ist die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber deutlich zurückgegangen. Das gilt insbesondere für die höhere Berufsfachschule. Dieses Angebot richtet sich speziell an Personen, die über einen Mittleren Schulabschluss verfügen und zur Polizei kommen wollen.

Behörden Spiegel: Braucht es aus Ihrer Sicht eine spezialisiertere Ausbildung, u. a. für die Kriminalpolizei?

Kunz: Von einer Y-Ausbildung für die Kriminalpolizei halte ich nichts. Das ist mir zu pauschal formuliert. Wir müssen vielmehr lernen, bestimmte Fachkräfte noch stärker für die Polizei zu gewinnen. Hierfür sollte auch das Beamten- und Dienstrecht flexibilisiert werden, um Spezialistinnen und Spezialisten, wie etwa IT-Kräften, dann eine polizeiliche Zusatzqualifikation zuteilwerden zu lassen oder sie mit ihrer Qualifi kation dort zum Einsatz zu bringen, wo sie gebraucht werden. Es braucht insgesamt modernere Instrumente, um Fachkräfte für die Polizei zu gewinnen.

Behörden Spiegel: Wären Speziallaufbahnen für IT-Expertinnen und IT-Experten sinnvoll?

Kunz: Ja, defi nitiv. In Rheinland-Pfalz existiert so etwas bereits. Ich wünsche mir aber, dass das auf weitere Spezialistinnen und Spezialisten ausgeweitet wird, etwa im Bereich der daktion vorliegt, sieht aber auch neue analoge Befugnisnormen für die Bundespolizei vor. Dies gilt u. a. für die Einführung einer Befugnis zum Erlass von Meldeauflagen für die maximale Dauer von einem Monat, wobei Verlängerungen jeweils auch nur für diesen Zeitraum statthaft sind. Ebenso neu wäre das Recht zum Aussprechen von Aufenthaltsverboten. Zudem ist die Einführung einer Legitimations- und Kennzeichnungspflicht für die Vollzugskräfte der Bundespolizei geplant. Des Weiteren enthält der Referentenentwurf eine neue Rechtsgrundlage im Bundespolizeigesetz für die Durchführung einer einfachen Sicherheitsüberprüfung für Personen, die dauerhaft für die Bundespolizei tätig werden sollen. Nach aktueller Rechtslage ist eine Sicherheitsüberprüfung nur erlaubt, wenn eine Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit aus Gründen des Geheim- und/oder des Sabotageschutzes betraut werden soll.

Wirtschaftskriminalität. Denn so lassen sich diese Personen gut für die Polizeiorganisation gewinnen.

Behörden Spiegel: Welche Veränderungen und Verbesserungen braucht es im Bereich des Dienstunfallrechts?

Kunz: Von Dienstunfällen betroffene Beamtinnen und Beamte müssen alle Kausalitäten nachweisen, damit der Dienstunfall anerkannt wird. Das ist sehr bürokratisch und schwierig und führt oft zu Ablehnungen der Anerkennung als Dienstunfall. Denn Kausalitäten lassen sich nie mit vollständiger Gewissheit beweisen. Hier würden wir uns gewisse Lockerungen wünschen, damit die Anerkennung von Dienstunfällen öfter bejaht und vereinfacht wird.

Behörden Spiegel: Was braucht es noch?

TARGET.

die der Vielfalt unserer Gesellschaft gerecht wird, gehört ebenfalls dazu. Die Polizei Berlin ist am Puls der Zeit, was das Thema Gender- und Geschlechtergerechtigkeit angeht. Wir sind immer auf der Suche nach geeigneten Nachwuchskräften. Mehr Selbstbewusstsein nötig

Zwei Dinge sind für ein erfolgreiches Berufsleben unabdingbar. Erstens: Gute Arbeit allein reicht nicht aus, leider. An bestimmten Punkten im beruflichen Leben muss deutlich gemacht werden: Hier bin ich, ich bin gut und ich möchte weiterkommen. Das fällt den meisten Frauen nicht leicht, aber das gehört dazu. Wer sich selbst nicht gut vertreten kann, der kann auch keine Organisation gut vertreten. Zweitens: Vertrauen und Selbstbewusstsein. Viele Frauen stellen oft viel zu sehr ihre Fähigkeiten infrage. Hier braucht es mehr Selbstbewusstsein. Wenn die formalen Anforderungen in einer Ausschreibung erfüllt werden und Interesse besteht, spricht nichts gegen eine Bewerbung. Hier braucht es mehr Offensive! Ganz nach dem Motto: Jetzt komme ich.

Kunz: Außerdem sollten Beamtinnen und Beamte auf Widerruf, also Anwärterinnen und Anwärter bei der Polizei, dienstunfallrechtlich den Beamtinnen und Beamten auf Probe gleichgestellt werden. Das ist bislang leider noch nicht der Fall. Und schließlich muss die psychotherapeutische Behandlung von Polizistinnen und Polizisten nach belastenden Ereignissen dringend verbessert werden.

Behörden Spiegel: Was wollen Sie als Landesvorsitzende der GdP Rheinland-Pfalz gewerkschaftlich auf Landesebene erreichen?

Kunz: Ich möchte den Inhalt unserer Leitanträge umsetzen. Da geht es u. a. um die Einsetzung eines interdisziplinären Rats von Expertinnen und Experten, der für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit kämpft. Hass, Hetze und Gewalt müssen in unserer Gesellschaft dringend bekämpft werden. Außerdem muss die Zahl der Neueinstellungen bei der Landespolizei konstant bei 500 Anwärterinnen und Anwärtern pro Jahr bleiben. Die Landesregierung plant hier eine Verringerung. Das können und wollen wir als GdP nicht mittragen.

2.– 5.3.2023 | NÜRNBERG, GERMANY Zutritt Seite 31 nur für Fachbesucher. Legitimation ist nachzuweisen. TICKET

“VielenMenschen wird erst jetzt bewusst, dass man etwas für die Sicherheit tun muss”, sagte Tiesler . Der BBK-Chef macht sich in diesem Zusammenhang auch für eine “Zeitenwende” im Bevölkerungsschutz stark. Doch brauche es dafür alle Akteure aus Bund, Ländern, Kommunen sowie die Bürgerinnen und Bürger. Die kooperative Zusammenarbeit durch den Föderalismus sieht Tiesler dabei als wichtig an. Leider werde diese Zusammenarbeit noch nicht in allen Facetten gelebt. Eine Stärkung durch Forschung sei jedoch eine Querschnittsaufgabe.

Man muss durch das Fenster auch steigen

Dabei herrsche so viel Einigkeit wie noch nie, dass mehr für den Bevölkerungsschutz getan werden müsse, sagte Dr. Julia Höller (Bündnis90/Die Grünen), stellvertretende Fraktionsvorsitzende im nordrhein-westfälischen Landtag. “Das “window of opportunity” ist so offen wie nie”, so Höller. Dieses gelte es zu nutzen. Zwar habe die Landesregierung in NRW die Stärkung des Katastrophenschutzes als einen Arbeitsschwerpunkt ausgegeben, doch zeigten sich die Haushaltsverhandlungen für mehr Mittel schwierig. Mündliche Zusagen seien dann meistens passé. Aber auch die Bevölkerung müsse einen neuen Umgang mit Krisen und Katastrophen erlernen, sagte Höller Dieser Prozess müsse auch wissenschaftlich begleitet werden. Dem konnte sich Tiesler anschließen.

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