Behörden Spiegel November 2023

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Leitmedium für den Öffentlichen Dienst

ISSN 1437-8337

Nr. XI / 39. Jg / 45. Woche

G 1805

Berlin und Bonn / November 2023

www.behoerdenspiegel.de

Kraftübertragung verbessern (BS) Gesetzliche Regelungen müssen bestmöglich „auf die Straße“ gebracht werden, um ihre angestrebte Wirkung zu entfalten. Genau in dieser Umsetzung liegt oftmals die Herausforderung. Durch eine bessere Verzahnung von Legislative und Exekutive kann hier die Kraftübertragung vom Staat in die Gesellschaft verbessert werden (siehe hierzu u. a. S. 8, 25 und 44 ).

Grafik: BS/Spuling unter Verwendung von bodnarphoto, stock.adobe.com

Pull or Push Kontrolle statt Regelverlust (BS/Uwe Proll) Ein Landrat trägt im Fernsehen vor und entschuldigt sich vorsorglich auch gleich für seine Rechnung. Könne man in öffentlichen Tabellen alles nachlesen: eine ukrainische Familie mit zwei Kindern komme auf 1.930 Euro netto, zuzüglich Wohnung und sonstiger Zuschüsse für Neuanschaffungen und Bildungsmaßnahmen. Dafür müsse eine Nicht-Flüchtlingsfamilie ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 3.500 Euro zur Verfügung haben, also ein Haushaltseinkommen über dem Durchschnitt. Nun ist die Unterstützung für Kriegsflüchtlinge aus einem europäischen Nachbarland genau das Richtige, aber wie umgesetzt auch genau das Falsche, denn es fehlt jeder Anreiz, in eine reguläre Beschäftigung zu kommen. Das Arbeits- und Sozialamt ist hier der Arbeitgeber.

U

krainer sind ein Sonderfall, der doch aber den falschen Ansatz offenlegt, der auch bei dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zu Grunde liegt. Notwendiger und persönlicher Bedarf sowie Zusatzleistungen gibt es sofort für Asylantragsteller. Nach 18 Monaten – selbst bei offenem Asylstatus – erhalten die Personen höhere Leistungen, die dem Bürgergeld entsprechen. Weit mehr also als die geflüchteten Personen in ihrer verlassenen Heimat je erwirtschaften könnten. Das sind die Anreize, die Pull-Faktoren. Mindert man die Anreize ins Land zu kommen, beginnt die Liste Adressfeld

der Push-Faktoren. Dass man in Deutschland viel besser leben kann ohne Arbeit als zu Hause mit, ist eine fatale Botschaft. Dass Grenzen zu Deutschland bisher problemlos überwindbar waren, die nächste fatale Botschaft. Dass Abschiebungen nur im geringen Prozentsatz auch bei Fehlverhalten stattfinden, die nächste falsche Botschaft.

Keine Regulierung per Schräubchen Der Zustrom der irregulären Migration lässt sich nicht durch ein Schräubchen regulieren, also auf maximal 200.000 reduzieren. Aber das Bild Deutschlands als ein Land, das alles gibt, kann sich ändern, dreht man an allen Schrauben gleichzeitig. Die fatale bedingungslose „Willkommenskultur“ aus 2015 hat nicht nur Kommunen, nein den Staat, das Land, die Bevölkerung an den Rand der organisatorischen, politischen und mentalen Leistungsfähigkeit gebracht.

Global und national handeln Zudem wird die Klimapolitik national betrieben, mit dem Argument, Deutschland könne so global Zeichen setzen. In der Migrationspolitik wird argumentiert, es mache keinen Sinn, nationale Maßnah-

men zu ergreifen, weil Deutschland dadurch global keine Wirkung erzielen könne. Warum das eine, wenn nicht auch das andere.

li 233.744 Flüchtlinge registriert, zuzüglich 17.469 Folgepersonen. Ende des Jahres werden es über 300.000 sein. Das wird zu einem Haushaltsproblem immensen Ausmaßes. Eine Übersicht der Kosten für Bund, Länder und Kommunen liegt in Deutschland nicht vor. Was tun? Wieder im Gespräch ist eine Identitätskarte, der Vorschlag liegt seit Jahren auf dem Tisch. Jeder Flüchtling, der Europa wo auch immer betritt, erhält eine solche Karte, auf der die biometrischen Daten der Person gespeichert werden, nicht nur der Name, Digitalisierung eben. Jede Behörde in der EU verzeichnet auf der Karte ihren Kontakt mit der Person. Außerdem kann sie auch als Geldkarte genutzt werden. Sie ist also statt Bargeld oder Sachleistungen als Kreditkarte einzusetzen. Eine sinnvolle Idee, die bisher an Bedenken, man solle die Flüchtlinge nicht zu sehr kontrollieren, scheiterte. Wenn keine Kontrolle, dann weiterer Regelverlust.

Der Zustrom der irregulären Migration lässt sich nicht durch ein Schräubchen regulieren, also auf maximal 200.000 reduzieren.

Neben diesen Überforderungen stellen sich auch finanzielle. In Österreich wurde versucht Kosten für die bedarfsorientierte Mindestsicherung und Migrationsverwaltungsakte zu ermitteln. Im Jahr 2021 gab Österreich 966 Mio. Euro für insgesamt 199.000 Berechtigte aus. Für jedes Beschwerdeverfahren gegen eine Asylablehnung fielen 2.270 Euro für die Staatskasse an. In Deutschland wurden seit Anfang dieses Jahres alleine bis Ju-

Heimat aktiv gestalten Die jüngste ehrenamtliche Bürgermeisterin Deutschlands, Sina Römhild, engagiert sich für ihren 600-Einwohner-Heimatort Oechsen. Seite 23

Der Traum von null Verkehrstoten Wie Deutschlands Straßen sicherer werden sollen. Seite 24

Wandlungsfähig, professionell Die FITKO als Arbeits- und Umsetzungsinstrument des IT-Planungsrats. Seite 29


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