Behörden Spiegel September 2023

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Kollege Roboter packt mit an

Automatisierung löst Probleme, nicht nur bei der Erledigung von Aufgaben am Schreibtisch, sondern auch bei der Bekämpfung von Waldbränden oder militärischen Auseinandersetzugen. Sie schafft aber auch neue.

Noch schwieriger als das OZG

Registermodernisierung als neues Sorgenkind der Verwaltungsdigitalisierung

(BS/Dr. Eva-Charlotte Proll) Die Registermodernisierung soll ermöglichen, dass Verwaltungen in Deutschland auf allen föderalen Ebenen durchgängig digital und vernetzt arbeiten. Für eine erfolgreiche Umsetzung fehlt es jedoch an klaren Verantwortlichkeiten, Budget und offener Kommunikationskultur.

Seit 2021 existiert das Registermodernisierungsgesetz.

Auf seiner Basis sollen Leistungen der öffentlichen Verwaltung nach dem Once-Only-Prinzip angeboten, Nachweise nur einmalig übermittelt werden. Hinter diesem scheinbar klaren Zielbild und der Tatsache, dass die Registermodernisierung noch mal schwieriger als das OZG werde, wie einige LänderCIOs konstatieren, endet jedoch die Einigkeit. „Viele Kommunen und kommunale IT-Dienstleister bemängeln Unklarheit und wissen nicht, was auf sie zukommt“, so Katrin Giebel, Leiterin der Geschäftsstelle der Vitako.

Als heikles Unterfangen galt es zunächst, im laufenden Projektbetrieb die rechtlichen Rahmenbedingungen und damit die Verwendung der

Adressfeld

Steuer-ID als einheitliches Identifikationsmerkmal für Bürgerinnen und Bürger politisch infrage zu stellen. Als „retardierendes Moment“ bezeichnet Christoph Verenkotte, Präsident des Bundesverwaltungsamts (BVA), im Interview mit dem Behörden Spiegel die im Sommer erneut ausgebrochene Diskussion im Bundestag darüber (siehe hierzu S. 28). Das seit Ende August in Kraft getretene Identitätsnummerngesetz (IDNrG) soll nun den juristischen Rahmen schaffen. Daten von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen müssen demnach bei öffentlichen Stellen nicht erneut vorgelegt werden.

Hoher Druck

Das Nationale Once-Only-Technical-System (NOOTS) stellt die dahinterliegende technische Architektur. Es erlaubt Ämtern, entsprechende Nachweise untereinander auszutauschen. „Die notwendigen technischen Dokumente liegen in einer ersten Version vor, die Komponenten sind beschrieben, die Vernetzung der Register im NOOTS steht fest“, beschreibt Verenkotte den aktuellen Stand. Zwar will das Gesamtprojekt Vorgehensweisen erarbeiten, die die registerführenden Stellen unterstützen sollen. Dennoch: „Die Priorisierung der einzelnen Registeranschlüsse ist weder innerhalb der Klassifizierung der neunzehn Top-Register noch außerhalb dieser klar festgelegt. Kom-

munen benötigen aber einen verbindlichen Leitfaden, wann welche Register wie angebunden werden müssen“, bemängelt Giebel und ergänzt: Die „Vitako erachtet hierbei die für die Fokusleistungen des OZG relevanten Register als besonders wichtig.“ Auch Rechtsbedarfe seien nicht abschließend geklärt, vielmehr stelle die „rechtliche Prüfung und Begleitung einen fortlaufenden Prozess dar“, gibt auch die für Kommunikation verantwortliche Behörde in Hamburg zu.

Die CDU-Politikerin Franziska Hoppermann , Mitglied im Ausschuss für Digitales im Bundestag, betont, wie wichtig das Vorhaben ist: „Die Registermodernisierung ist der Schlüssel für eine digitale Verwaltung.“ (S.32) Umso höher ist der Druck auf alle Beteiligten. Nachdem schon die OZG-Umsetzung nicht gelungen ist, bemängelt Malte Spitz, Mitglied des NKR, auch den Zeitpunkt des Projektes: „Rückblickend wäre es sinnvoller gewesen, erst die Modernisierung der Register anzugehen und darauf aufbauend die Verfahren, die Leistungen sowie die Zugänge zu digitalisieren.“

Erschwerte Bedingungen

Daneben sind die Verantwortlichkeiten verteilt. In der Gesamtsteuerung Registermodernisierung arbeiten Bund und Länder zusammen: BMI, Baden-WürttembergNRW, Bayern als Co-Federführer. Dazu kommen die nach-

geordneten Bereiche und Behörden wie das BVA, welches seit Jahren Register führt. Im Frühjahr 2023 sollte nach Beschluss des IT-Planungsrates ein gemeinsames Projektbüro auftretende GovernanceFragen bündeln und ganzheitlich klären. Ein PMO (Project Management Office) ohne klare Verantwortung entfaltet jedoch wenig Schlagkraft. Es gibt keinen Akteur, der die Gesamtverantwortung hat. Alle verweisen aufeinander, jeder gibt nur Auskunft zu seinem Teilbereich. Verenkotte sieht dadurch die „Bedingungen ... erschwert“, das Projekt erfolgreich zu steuern. Er versteht auch die Unsicherheit der Kommunen: „Sie haben wenig Verständnis, wenn in diplomatischen Worten und Schleifen halbe Wahrheiten oder nur Teilwahrheiten verkündet werden.“

Wie sich ein derart komplexes Projekt finanziert, wird nicht der letzte ungeklärte Punkt bleiben. Die für Registermodernisierung 2023 vorgehaltenen Mittel von 83 Millionen Euro fallen im Bundeshaushalt 2024 mit 70 Millionen Euro geringer aus. Laut dem BVA-Präsidenten reiche dies bei Weitem nicht aus, da die Registermodernisierung eine Zukunftsinvestition ist. Auch Hoppermann kann die Kürzungen nicht nachvollziehen: „Die Registermodernisierung ist die Basis für alles, was dann danach kommen kann, um wirklich Tempo reinzubekommen.“

Grüne Software

Wie energieintensiv eine digitale Lösung ist, hängt auch von der Software ab. Das Umweltbundesamt hat seinen Leitfaden erneuert.

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Nicht nur auf den Einzelhandel setzen Innenstädte bieten Potenziale – für mehr als nur den Einzelhandel.

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IT-Beauty-Contest

Das Cloud-Angebot ist groß, doch nicht alle Anbieter erfüllen die wünschenswerten Standards.

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Leitmedium für den Öffentlichen Dienst ISSN 1437-8337 G 1805 Nr. IX / 39. Jg / 37. Woche Berlin und Bonn / September 2023 www.behoerdenspiegel.de
Bild: BS/M. Spuling und Adobe Firefly

Schwerpunktthema der Ausgabe

Automatisierung

(BS) Automatisierung ist im wirtschaftlichen Denken seit der Industrialisierung fest verankert. Sie steigerte die Produktivität massiv und übernahm beschwerliche und gefährliche Aufgaben. Gleichsam entriss sie vielen Menschen die Lebensgrundlage. Mit der KI-Revolution steht ein neuer Automatisierungsschub bevor. Da die Anzahl der arbeitsfähigen Menschen sinkt, besteht durchaus Bedarf. Unklar ist aber, welche Aufgaben automatisiert werden. Es gilt auszuloten, wie auch autonome Systeme bestmöglich zu integrieren sind.

Das schaffen wir nie!

Drohnen und Roboterfahrzeuge

Fester Bestandteil der Feuerwehren im Landkreis Vechta Seite 44

Verbindung von Mensch und Maschine

Militärische Entwicklungen bei den Unbemannten Systemen Seite 45

Aktuelle Roboter-Trials

Erprobungen der Unbemannten Landsysteme in Europa Seite 46

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Kommentare

Fachkräfte beim 100-Meter-Lauf

(BS) Kennen Sie Maryse Luzolo?

Oder Joshua Abuaku? Beide haben sich der Leichtathletik verschrieben. Bei der zurückliegenden Weltmeisterschaft sind sie für Deutschland angetreten, Maryse Luzolo im Weitsprung, Joshua Abuaku bei den 100 Meter Hürden.

Maryse Luzolus Eltern stammen aus Kongo. Joshua Abuakus Familie hat ghanaische Wurzeln. Das zeigt: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Es braucht dringend Fachkräfte, ob im Sport, der Wirtschaft oder der Verwaltung selbst. Arbeitsminister Hubertus Heil hat dafür eine griffige Formel gefunden: Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz zeige, dass Deutschland qualifi zierte Zuwanderung nicht nur hinnehme, sondern auch wolle. Der Bundeskanzler wiederum fordert, das modernste Zuwanderungssystem der Europäischen Union zu schaffen. Zwischen Willkommenskultur und Begrenzung ist ein gesundes Maß zu finden. Nur mit großzügiger Zuwanderung kann Deutschland sein Fachkräfte-Problem lösen, das steht fest. Schon 2015/2016 hat es eine große Migrationsbewegung Richtung Deutschland gegeben. Jetzt kommt eine weitere. Mehr als eine Million Geflüchtete aus der Ukraine sucht Schutz in Deutschland. Der Krieg mit Russland hat sie gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Dazu kommen Geflüchtete aus Drittstaaten wie Syrien, Afghanistan und Venezuela, die unsere Hilfe brauchen. Experten warnten hinlänglich vor einer Situation, die

2015/2016 in den Schatten stellen könnte.

Auch der Berliner Migrationsforscher Hans Vorländer fordert Zurückhaltung. Großen Flüchtlingswellen folgten immer auch große Probleme. Die Kommunen müssten diese dann lösen. Ihre Aufgabe wird es sein, die ankommenden Menschen mit Unterkunft, KitaPlätzen, Schulplätzen, Anerkennungsverfahren und vielem mehr zu versorgen. Auch hierzu braucht es qualifiziertes Personal. Und auf Versorgung folgt Integration.

Auf den Flüchtlingsgipfel zwischen Bundesregierung und Kommunen folgten keine überzeugenden Taten. Überlassungen von Bundesliegenschaften, Einsätze des THW und Finanzspritzen von einer Milliarde, Ausdehnung der Dauer des Ausreisegewahrsams – auch das EU-Maßnahmenpaket wird Kommunen kaum entlasten.

Man kann heute schon vorhersagen, dass die Migration so großer Menschenmassen nicht einfach sein wird. Da hat Vorländer recht. Dennoch muss eine klare Linie für die Integration geschaffen werden. Das ist nicht nur für den Arbeitsminister eine große und komplexe Aufgabe.

Und um noch einmal auf die verpatzte Leichtathletik-WM zurückzukommen: Fachkräfte werden auch hier ganz dringend gebraucht.

Rutschen weiterhin erlaubt

Impressum

Der Behörden Spiegel wird verlegt von der ProPress Verlagsgesellschaft mbH.

Herausgeber/-innen Dr. Eva-Charlotte Proll (CDO) und Uwe Proll

Chefredakteur Uwe Proll

Stellvertretender Chefredakteur Guido Gehrt

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Kommune Marlies Vossebrecker, Scarlett Lüsser

Digitaler Staat Paul Schubert, Benjamin Hilbricht

Sicherheit & Verteidigung Marco Feldmann,

Dorothee Frank, Bennet Biskup-Klawon, Jonas Brandstetter

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Gerd Lehmann

Online-Redaktion Tanja Klement

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Vorsitz Herausgeber- und Programmbeirat Dr. August Hanning, Staatssekretär a. D., Reimar Scherz, Brigadegeneral a. D.

Im Falle höherer Gewalt und Störungen des Arbeitsfriedens besteht kein Anspruch auf Belieferung. Für unverlangt eingesandte Manuskripte keine Gewähr. Namentlich gekennzeichnete

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(BS) Die Bundesbauministerin hat verdeutlicht, dass sie einen forcierten oder endgültigen Umzug der in Bonn verbliebenen Ministerien nicht als notwendig ansieht. Verhandelt wird nun ein Vertrag. Damit verbunden war die Hoffnung im Westen, eine finanzielle Kompensation zu erhalten. Seit den Entwürfen für den Bundeshaushalt 2024 ist damit Schluss.

Für einige Beteiligte scheint die Sache zudem nicht mehr vordringlich: Bonns Oberbürgermeisterin verteidigt ihr millionenschweres Budget für die Erreichung der Klimaziele; der Berliner Senat hat gänzlich das Interesse verloren; die Einführung von Videokonferenzen und eines Bahn-Sprinters haben auch den BRH verstummen lassen. Letztlich will das SPD-geführte Bauministerium die in Berlin angespannte Wohnraumsituation nicht durch den Zuzug tausender Beamtenfamilien verschärfen. Bis Ende 2023 sollen Eckpunkte zugunsten eines „gesamtstaatli-

chen Bundesinteresses“ vorgelegt werden.

Von den 24.000 Beamten und Tarifbeschäftigten sind in den Ministerien jedoch nur noch 6.500 verblieben. Die über Jahrzehnte gepfl egte Rutschbahn, nämlich Einzelpersonen, oder ganze Abteilungen peu à peu von Bonn nach Berlin zu verlegen, wird indes weitergehen.

Einzig der Chef der NRW-Staatskanzlei, Nathanael Liminski, sieht dem weniger gelassen entgegen. Die Strategie muss darauf hinauslaufen, auch ohne materielle Mittel die bundespolitische Funktion des Standorts aufrechtzuerhalten. Hinzu kommt, dass im Spannungsfall eine weitere Bevorratung der Liegenschaften des Bundes in Bonn Rückzugsmöglichkeiten für die Regierung darstellen würde.

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 2 Inhalt
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von Ralph Kotsch Leiter des Berliner Büros, Behörden Spiegel von Uwe Proll Behörden Spiegel

Behörden Spiegel: Die BImA ist unter anderem mit der Planung und Entwicklung von Bundesbauten beauftragt. Herr Krupp, was ist das aktuelle Neubauvolumen an Bundesbauten, was sind die Herausforderungen und wie planen Sie, mit diesen umzugehen?

Krupp: Die BImA deckt ein sehr breites Spektrum ab, denn alles, was sich rund um Liegenschaften, Grundstücke und Gebäude dreht, die der Bund nutzt, ist Aufgabe der BImA. Im Mittelpunkt stehen dabei die sogenannten Dienstliegenschaften, das heißt, jedes Gebäude in Deutschland, an dem ein Bundesadler hängt, steht im Verdacht, Eigentum der BImA zu sein. Wir haben die Aufgabe, die Gebäude instand zu halten und sie klimaneutral herzurichten, was bisweilen eine sehr große Herausforderung ist. Um den Raumbedarf zu decken, mieten, bauen und sanieren wir Immobilien. Dafür agieren wir bundesweit mit 7.000 Beschäftigten, die sich um all diese Gebäude kümmern. Für Neubauten haben wir momentan eine Projektpipeline mit insgesamt zwölf Milliarden Euro, die Aufträge für die nächsten Jahre beinhaltet. Wobei diese Aufträge auch in die 30er­Jahre hineingehen. Aktuell haben wir im Bereich der Dienstliegenschaften ein Bauvolumen von 400 bis 500 Millionen pro Jahr. Wir müssen diese Zahl aufgrund der Auftragslage aber auf 800 Millionen bis auf eine Milliarde Euro steigern. Dieses Volumen stemmen wir nicht allein, sondern an unserer Seite ist das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR). Daneben arbeiten wir mit den Bauverwaltungen der Länder zusammen. Das funktioniert nach dem Prinzip der Organleihe, das heißt, der Bund leiht sich eine Bauverwaltung des Landes und arbeitet mit ihr an Projekten zusammen.

Behörden Spiegel: Wird durch die Homeoffice-Regelungen nach Coro-

Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und das Bundesinstitut für Bau, Stadtund Raumforschung (BBSR) fördern deshalb elf Modellvorhaben mit jeweils bis zu 700.000 Euro.

Die Regionen sollen bis Ende 2025 innovative Handlungsansätze für mehr regionale Resilienz entwickeln und umsetzen.Für Regionen ist es wichtig, Lösungen zu finden, um in Krisen handlungsfähig zu bleiben. Hierzu sind nicht zuletzt mögliche Auswirkungen von Krisen zu analysieren – etwa für die kritische Infrastruktur. Es gilt, planerische Ansätze für eine wirksame Vorsorge zu etablieren, neue Netzwerke zu bilden, die Risikokommunikation strategisch anzugehen und die Verwaltung so zu stärken, dass sie im Krisenfall schnell handeln kann.

Stadt und Land

BMWSB und BBSR haben bereits mit dem „Stresstest Stadt“ die Kommunikation in den Städten und Gemeinden über Risiken und Resilienz angestoßen. Zudem liefert das Förderprogramm „Modellprojekte Smart Cities“ einen praxisorientierten Impuls für die Debatte um Resilienz in der Stadtentwicklung. Viele ländliche Regionen haben dafür weniger Ressourcen als die Großstädte. Aus den Modellvorhaben möchten das BMWSB und das BBSR Handlungsansätze ableiten, die auch auf andere ländliche Räume übertragbar sind. Das inhaltliche Spektrum ist dabei vielfältig. Das Modellvorhaben „KRITIS­Dialog – Schutz kritischer Infrastrukturen durch Resilienzgovernance“

Das Bauvolumen steigern

Zu den Zahlen der Bundesbauten und Bundeswohnungen

(BS) Der Bund benötigt eine Vielzahl an Immobilien für seine Ministerien, die Bundeswehr, den Zoll, die Polizei, das Technische Hilfswerk und viele weitere Einrichtungen. Für diese Immobilien ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) verantwortlich. Der Behörden Spiegel hat mit den Vorstandsmitgliedern der BImA, Dr. Christoph Krupp (Vorstandssprecher) und Paul Johannes Fietz, über die aktuellen Bauvorhaben gesprochen. Die Fragen stellten Uwe Proll und Sven Rudolf.

Verteilung der Wohnungen kommt also eine Sozialstaffelung zum Einsatz. Herr Fietz ist übrigens fleißig dabei, weitere zu bauen.

Behörden Spiegel: Was genau ist der Plan bei diesen neuen Wohnungen und inwieweit spielt hier die aktuelle Lage des Wohnungsmarktes eine Rolle?

diese intensivere Zusammenarbeit – gegebenenfalls auch mit Projektentwicklern – neben den eigenen Grundstücken weitere Liegenschaften für den preisgedämpften Wohnungsbau zu erschließen.

Behörden Spiegel: Wie genau arbeiten Sie beim Bau von Wohnungen denn mit den Kommunen zusammen?

Fietz: Ursprünglich sollte die BImA eine reine Abverkaufsgesellschaft zur Haushaltskonsolidierung werden. Spätestens seit der Finanzkrise wuchsen aber die Zweifel an dieser Politik in Ländern, Kommunen und im Bund. Heute verkaufen wir zwar weiterhin, aber in erster Linie an Kommunen und vor allen Dingen zum Zwecke des Wohnungsbaus.

na das Bauvolumen automatisch kleiner?

Krupp: Ja, das Bauvolumen wird kleiner. Inzwischen gibt es ein Rundschreiben von Staatssekretär Gatzer an alle Ressorts, in dem das Prinzip festgelegt wird, dass bei neuen Bauvorhaben nur noch für 75 Prozent der Stellen Arbeitsplätze vorgesehen werden. Dadurch haben wir auch schon einen Mietvertrag zurückgezogen, denn wir haben nun doch in dem bestehenden Gebäude mittels Umgruppierung den benötigten Platz. Auf diesem Weg können wir schon einmal unser Zubau­Volumen verkleinern.

Behörden Spiegel: Wir haben jetzt über Liegenschaften gesprochen, die für dienstliche Zwecke genutzt werden, es gibt aber auch Liegen-

schaften für private Zwecke, nämlich Wohnungen. Ist das Volumen hier ähnlich groß?

Krupp: Was den Umsatz und das benötigte Personal angeht, ist das Volumen geringer als bei den dienstlichen Liegenschaften. Wir haben aber immerhin 38.000 Wohnungen quer über die Republik verteilt, mit Schwerpunkten in Bonn und Berlin. Diese Bundeswohnungen hat der Bund primär für seine Beschäftigten. Das heißt, diese Wohnungen werden zuerst Beschäftigten des Bundes angeboten. Und erst wenn nach drei Wochen kein Bundesbediensteter einzieht, werden sie in den allgemeinen Wohnungsmarkt überführt. Diese Wohnungen sind aber weniger für Ministerialdirigenten gedacht als für die unteren Gehaltsgruppen des Bundes. Bei der

Regionen gestalten

Fietz: Das ist mit Sicherheit einer der Hintergründe. Solange sich alle Beschäftigten des Bundes auf dem freien Wohnungsmarkt gut versorgen konnten, hat keiner daran gedacht, weitere Wohnungen zu bauen, sondern im Gegenteil: Der Bund hat seine Wohnungen verkauft. Wir hatten mal 125.000 Wohnungen. Jetzt sind wir bei 38.000.Wir wollen nun aber über einen Zeitraum von acht Jahren 6.000 bis 8.000 Wohnungen bauen. Die ersten 3.000 davon sollen bis Ende 2025 fertig sein. Letztlich geht es darum, wie es auch viele Unternehmen tun, den Beschäftigten Wohnraum zur Verfügung zu stellen. „Zurzeit“ haben wir dabei noch einen Vorteil, weil wir auf eigenen Grundstücken bauen können. Zurzeit sage ich deshalb, weil der Haushaltsausschuss uns aufgefordert hat, darzulegen, wie wir den Wohnungsbau noch steigern können.

3.000 Wohnungen jährlich stehen als Maßgabe im Beschluss des Ausschusses und das schaffen wir nur, wenn wir die ohnehin schon gute partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Kommunen weiter ausbauen. Der Plan ist es, durch

Regionen im Umgang mit Krisen stärken – BMWSB und BBSR fördern Modellvorhaben (BS/Sebastian Schulz) Klimawandel, Pandemien, Energie- und Konjunkturkrisen, Cyber-Attacken – die Regionen in Deutschland müssen sich im Umgang mit Krisen besser aufstellen als bisher und ihre Vorsorge verbessern.

des Kreises Euskirchen verfolgt beispielsweise das Ziel, die Leistungserbringer der Kritischen Infrastrukturen, wie Energie­ und Wasserversorger, die Kreisverwaltung und den Katastrophenschutz, besser zu vernetzen, Krisen­Szenarien durchzuspielen und Entscheidungsabläufe zu verbessern.

Resilienz hat auch eine wirtschaft­

liche Dimension: Viele Unternehmen haben starke globale Verflechtungen und sind somit potenziell von einbrechenden Auslandsumsätzen und gestörten Lieferketten auch durch Krisen im Ausland betroffen. Der Kreis Steinfurt will mit dem Projekt „WiReSt – Wirtschaftliche Resilienz im Kreis Steinfurt“ Handlungsoptionen für unternehmerische Anpassungsstrategien entwickeln. Eine Schlüsselrolle spielt dabei ein indikatorgestütztes Frühwarnsystem, mit dem Unternehmen beispielsweise drohende Liefer­ und Materialengpässe erkennen und darauf mit geeigneten Maßnahmen reagieren können.

Auf eine bessere Risikovorsorge der Wirtschaft vor Ort zielt auch das Modellvorhaben des Landkreises Wunsiedel im Fichtelgebirge ab. Im Rahmen des binationalen Vorhabens „Gemeinsamer, grenzübergreifender Wirtschaftsraum Fichtelgebirge – Nordböhmen (CZ)” entwickeln die Akteurinnen und Akteure Maßnahmen für einen In­

novations­ und Wirtschaftsraum, der weniger anfällig ist für folgenschwere Ereignisse wie z. B. Grenzschließungen oder Engpässe in den globalen Lieferketten. Die Handelnden konzentrieren sich darauf, Gewerbeflächen grenzüberschrei­

Trotzdem ist es manchmal so, dass aufgrund der hohen Quadratmeterpreise eine Kommune auf diesen Flächen keinen bezahlbaren Wohnraum realisieren kann. Die Haushaltsordnung gestattet es uns nicht, dass wir die Grundstücke so weit unter dem Verkehrswert abgeben, wie es nötig wäre. Wir können zwar Verbilligungen anbieten, aber auf Sylt oder in München beispielsweise lässt sich damit trotzdem kein bezahlbarer Wohnraum schaffen. Eine Lösung, die wir in solchen Fällen nun auch nutzen, ist, dass wir als BImA selbst bauen. Das heißt, letztlich erreichen wir unser Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, auf verschiedenen, sich ergänzenden Wegen: Zum einen durch den Verkauf von Liegenschaften an die Kommunen, damit sie oder ihre Wohnungsbaugesellschaften dort bauen. Zum anderen durch Eigenbau. Und schließlich, wenn die Kommune selbst nicht erwerben möchte, auch durch den Verkauf an private Investoren. Auch in diesem Fall hat die Kommune aufgrund ihrer Planungshoheit das letzte Wort.

tend gemeinsam zu planen und dazu neue Austauschkanäle über die Landesgrenze hinweg aufzubauen und zu verstetigen. Der Landkreis Uckermark steht stellvertretend für viele Regionen in Deutschland, in denen neben dem Klimawandel auch Eingriffe in die Landschaft den Wasserhaushalt immer stärker aus dem Gleichgewicht bringen. Der Landkreis erarbeitet im Vorhaben „Resiliente Zukünfte und Wasser in der Uckermark“ einen Wassermanagementplan für die Planungsregion Uckermark ­ Barnim, um den regionalen Wasserrückhalt zu sichern und besser mit langen Hitzeperioden und Dürre umzugehen.

Der Landkreis bringt dafür die wichtigen Akteure an einen Tisch: Land­ und Forstwirtschaft, Wasser­ und Bodenverbände, die Grundstückseigentümerinnen und ­eigentümer sowie die Kommunen.

Die Landkresie und ihre Projekte sind über ganz Deutschland verteilt. Dadurch sieht sich jeder Landkreis im Ernstfall auch anderen Bedingungen und Problemen gegenüber. Grafik: BS/BBSR

Die Projekte dienen dabei nicht nur einer besseren Risikovorsorge in einem begrenzten Themenfeld. Sie leisten auch einen Beitrag, um Resilienz als be­

Sebastian Schulz ist Wissenschaftlicher Projektleiter im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Foto: BS/privat

deutende Querschnittsaufgabe in den Regionen zu verankern. Aktuelle und künftige Krisen sollen dabei als Möglichkeitsfenster angesehen werden, um grundlegende Anpassungsprozesse in den Regionen anzustoßen. Die Projekte haben somit auch das Potenzial, die Wirtschaft vor Ort zu stärken, Regionen als attraktive Wohn­ und Arbeitsstandorte zu erhalten und neue Formen der regionalen Governance zu etablieren.

Mit dem Programm „Region gestalten“ fördern das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen (BMWSB) und das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Bau, Stadt­ und Raumforschung (BBSR) Projekte speziell in ländlichen Räumen. Es unterstützt so die Entwicklung innovativer Konzepte für die Entwicklung ländlicher Räume und zur Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Finanziert wird „Region gestalten“ aus Mitteln des Bundesprogramms Ländliche Entwicklung und regionale Wertschöpfung (BULE+).

Weitere Informationen zu den Modellvorhaben sind unter www.region gestalten.de abrufbar.

Behörden Spiegel / September 2023 Aktuelles Öffentlicher Dienst Seite 3
Paul Johannes Fietz (links) und Dr. Christoph Krupp (rechts) vom Vorstand der BIMA erörtern die vielfältigen Aufgaben der Bundesanstalt mit Uwe Proll (Mitte) Chefredakteur des Behörden Spiegel. Foto: BS/Sven Rudolf
Datenbasis: Geometrische Grundlage: Kreise (generalisiert), 31.12.2018 © GeoBasis-DE/BKG Bearbeitung: M. Radtke $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ $ NL BE LU FR CH AT CZ PL DK Kiel Mainz Erfurt Berlin Bremen Potsdam Dresden Hamburg München Schwerin Hannover Magdeburg Stuttgart Düsseldorf Saarbrücken Wiesbaden 100 km BBSR Bonn 2023 © Landkreis Friesland Landkreis Uckermark Kreis Steinfurt Kreis Euskirchen Landkreis Südwestpfalz Landkreis Ostalbkreis Landkreis Oberallgäu Landkreis Wunsiedel Landkreis Coburg Burgenlandkreis Landkreis Leipzig

„Freitaggeschlossen“, so steht es auf einem Aushang am Eingang des Mengener Rathauses. Die 10.000-Einwohner-Stadt im baden-württembergischen Sigmaringen hat als erste Kommune hierzulande Ernst gemacht und die Vier-Tage-Woche eingeführt. Seit Anfang Juni bleiben die Türen von Stadtverwaltung und Bürgerbüro freitags für den Publikumsverkehr verschlossen. „Die Regelung dient zunächst der Mitarbeiterzufriedenheit – vorhandener und künftiger“, erklärt Sabine Reger, Hauptamtsleitung. „Beschäftigte streben immer mehr einen verträglichen Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit an, wobei die Bezahlung nicht mehr die größte Rolle spielt.“

Rund 81 Prozent der Vollzeiterwerbstätigen wünschen sich eine Vier-Tage-Woche, das hat eine Studie der gewerkschaftsnahen HansBöckler-Stiftung ergeben. Das Problem im Öffentlichen Dienst: Eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich lässt der geltende Tarifvertrag gar nicht zu.

Damit Mitarbeitende in Mengen dennoch von der Vier-Tage-Woche Gebrauch machen können, müssen sie ihre Wochenarbeitsstunden auf vier Tage aufteilen. Ob sie diese Möglichkeit nutzen, entscheiden die Mitarbeitenden selbst.

Flexibler Freitag Von der konsequenten Umstellung auf die Vier-Tage-Woche macht laut Reger bisher niemand der Vollzeitbeschäftigten im Mengener Rathaus Gebrauch. Eine Absage an das Konzept ist das allerdings nicht. Die Stadt habe noch eine zusätzliche Variante der Vier-TageWoche erarbeitet, die in steigendem Maße in Anspruch genommen werde, erläutert die Hauptamtsleiterin. Diese Variante sei weitaus flexibler. Anwesenheitspflicht gebe es

Zukunft

Dienstrecht

Arbeits-, tarif- und beamtenrechtliche Entwicklungen

22.–23. November 2023, Maritim Hotel Bonn

Weitere Informationen unter: www.zukunft-dienstrecht.de

UmBürgerinnen und Bürgern einen übersichtlichen und barrierefreien Zugang zu zivilgesellschaftlichem Engagement zu ermöglichen, kann die Plattform einfach auf anderen Internetseiten eingebettet werden. Wenn sich eine Kommune oder eine Organisation für die Einbettung entscheidet, kann das Design problemlos und unentgeltlich an den Styleguide bzw. die Corporate-Design-Richtlinien des eignen Auftritts angepasst werden. Aktuell finden sich dort 20.000 Engagementmöglichkeiten bundesweit. Durch die Einstellung des Filters können die Angebote auf die eigene Region oder bestimmte Themenfelder fokussiert werden.

Barrierefreiheit wird belohnt

Die Engagement-Plattform ist bundesweit aktuell das einzige Angebot in diesem Segment, das inhaltlich und technisch durchgehend barrierefrei und auch für eine Nutzung durch mobile Endgeräte optimiert ist. Damit sind auch die Voraussetzungen für alle öffentlichen Anbieterinnen und Anbieter erfüllt, die gesetzlich verpflichtet sind, ihre Internetseiten und mobilen Anwendungen barrierefrei zu halten.

Aller guten Dinge sind vier

Vier-Tage-Woche ist die Kirsche auf dem Eis

(BS/Ann Kathrin Herweg) In der Theorie verspricht die Vier-Tage-Woche entspanntere, gesündere und motiviertere Mitarbeitende. In der Praxis stellt sie Behörden vor große Hindernisse. Dennoch: Einige wenige deutsche Kommunen haben den Schritt gewagt. Ein erstes Fazit fällt anders aus als erwartet.

nur noch von Montag bis Donnerstag, freitags könnten Mitarbeitende dann arbeiten oder den Tag nutzen, um geleistete Mehrstunden abzugleiten. Dadurch sei es möglich, den Freitag auch ohne Genehmigung der Vorgesetzten oder die Abstimmung mit einer Vertretung spontan freizunehmen.

Im Innendienst ist die Vier-TageWoche vergleichsweise leicht umsetzbar, in anderen Bereichen des Öffentlichen Dienstes schwer bis gar nicht. „Ziel und Vorgabe der Regelung ist es, jeder und jedem Beschäftigten, die bzw. der das wünscht, die Vier-Tage-Woche zu ermöglichen“, betont Reger. Dass bei der Stadt Mengen alle Arbeitsbereiche berücksichtigt werden können, gelingt durch individuelle Lösungen. Ein Beispiel: Die Elektriker gleiten abwechselnd im zweiwöchigen Rhythmus am Freitag, sodass immer ein Team anwesend ist.

Für die durchaus vorhandene Kritik von Bürgerinnen und Bürgern nehme man sich Zeit, gehe auf Feedback ein und stoße dann in der Regel auf Verständnis, berichtet die Hauptamtsleiterin. In publikumsintensiven Bereichen sei außerdem eine individuelle Terminvereinbarung auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich.

Dienstbetrieb gewährleistet

Nur einen Monat später als in Mengen ist auch in der Stadt Wedel nach ausgiebiger Vorbereitung die Vier-Tage-Woche eingeführt worden. Anders als in Mengen soll sich hier für die Bürgerinnen und Bürger nichts ändern, betont Anja Rose, Fachdienstleiterin Personal der Stadt. Mitarbeitende einer Abteilung stimmen sich im Voraus ab und sorgen dafür, dass das Rathaus zu den gewohnten Öffnungszeiten ausreichend besetzt ist, um die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger zu bearbeiten.

39 oder – im Falle von Beamtinnen und Beamten – 41 Arbeitsstunden an vier Tagen abzuleisten, stellt eine Herausforderung dar. „Es kann

Viele Mitarbeitende legen Wert auf einen gesunden Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit. Die Vier-Tage-Woche könnte helfen, diesen sicherzustellen – wäre da nicht das Tarifrecht.

sein, dass die Kolleginnen und Kollegen das falsch einschätzen“, so Rose. „Das im Blick zu haben ist Aufgabe der Führungskräfte.“ Diese müssten entsprechend sensibilisiert werden und ggf. die Reißleine ziehen. Sorgen, dass es soweit kommt, macht sich die Fachdienstleiterin Personal nicht. Die Mitarbeitenden sähen die Herausforderung, hätten Respekt vor der Umverteilung der Stunden. Vier Mitarbeitende haben das Angebot bislang angenommen. Rose selbst möchte die neue Möglichkeit nicht nutzen. Für sie würde die Vier-Tage-Woche zusätzlichen Stress bedeuten. Für den Kollegen, der in seiner Freizeit als Trainer tätig sei, eröffne der freie Tag jedoch ganz neue Möglichkeiten, sein Engagement im Sport besser mit der Arbeit zu vereinen. „Jeder muss für sich persönlich entscheiden, was der bessere Weg ist“, betont Rose In einem Jahr wolle man sich zusammensetzen und gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen sowie deren Umfeld eine Evaluation durchführen. Dann würden positi-

Foto: BS/PhotoSG, stock.adobe.com

ve Entwicklungen sowie Verbesserungspotenziale erfasst und, wenn nötig, anschließend an der ein oder anderen Stelle nachgesteuert.

Die mit dem Plus In der Landeshauptstadt Hannover wurde bereits ein Fazit gezogen. Bis vor Kurzem haben hier zwei Teams in einem dreimonatigen Projekt die Vier-Tage-Plus-Woche getestet. Professor Lars Baumann, Dezernent für Personal, Digitalisierung und Recht, spielte schon länger mit dem Gedanken, die Vier-Tage-Woche in Hannover einzuführen.

Eine Arbeitszeitregelung wie in Mengen oder Wedel war für ihn keine Option. Er befürchtete durch die Umverteilung der Stunden eine steigende Erschöpfung und Fehlerrate bei den Mitarbeitenden. Stattdessen fiel die Wahl auf ein Konzept, das von der Stadt Vier-Tage-Plus-Woche genannt wird.

Die beiden teilnehmenden Teams –insgesamt 32 Mitarbeitende aus der Taskforce Digitalisierung und dem Bereich Wahlen und Statistik – gingen an vier Tagen wie ge-

Freiwilliges Engagement – digital und inklusiv

Zugang zu Engagement teilen

(BS/Alexander Westheide*) In einem partizipativen Verfahren hat die Aktion Mensch eine digitale Umgebung zur Engagement-Vermittlung entwickelt und Anfang 2023 gelauncht. Diese können nun alle, die sie brauchen, kostenfrei mitnutzen.

wohnt ihrer Arbeit nach. Der fünfte Tag wurde zum Plus-Tag. Frei hatten die Mitarbeitenden an diesem nicht, gearbeitet wurde aber auch nicht. Stattdessen veranstalteten sie Teamevents, gemeinsame Brainstormings, spannende Fortbildungen und einen Gesundheitstag. Der Vorteil an diesem Konzept: Der Plus-Tag bietet Zeit für all das, was im normalen Alltag keinen Platz findet. Gleichzeitig sind Mitarbeitende auch an diesem Tag offiziell im Dienst und in Notfällen erreichbar. „Eine tolle Chance, schlauer zu werden und erste Erkenntnisse zu sammeln“, berichtet Baumann

Anders als erwartet Das Projekt fand in Zusammenarbeit mit der Hochschule Hannover statt und wurde von Studierenden begleitet und ausgewertet. „Die Ergebnisse fallen auf den ersten Blick nicht so positiv aus, wie es aufgrund anderer Studien zu erwarten gewesen wäre“, so Baumann Die Mitarbeitenden gaben an, dass sich, v. a. bedingt durch die Arbeitsverdichtung, an den vier regulären Arbeitstagen ihr Stress-Level teilweise erhöht habe. Ein weiterer Kritikpunkt: Die Gestaltung des PlusTages sei komplizierter gewesen als vorher vermutet.

Baumann hält dennoch an der Idee einer Vier-Tage-Woche fest. Während der Testphase habe sich das Arbeitsklima verbessert und es sei eine höhere Motivation gemessen worden. „Wir werden uns dem Thema weiterhin widmen und untersuchen, in welchem Modus die Vier-Tage-Woche bei der Landeshauptstadt machbar ist.“ Langfristig möchte er damit nicht nur die Kommune als attraktive Arbeitgeberin aufstellen, er erhofft sich auch einen positiven Effekt auf die Gesundheit der Mitarbeitenden. Baumanns Wunsch: Mittelfristig eine „echte“ Vier-Tage-Woche in der Stadtverwaltung umsetzen zu können. In der nächsten Tarifverhandlung in zwei Jahren müsse das thematisiert und eine Regelung vereinbart werden, die die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffe. Zwar könne die Vier-TageWoche allein nicht alle Probleme lösen, für Baumann ist sie dennoch ein wichtiger Ansatz, um zukünftig im Konkurrenzkampf um Mitarbeitende gegenüber der Wirtschaft zu bestehen.

Auf der Engagement-Plattform der Aktion Mensch können Interessierte Angebote und Aktionen in ihrer Nähe finden.

Foto: BS/Aktion Mensch

Nicht in jeden Lebenslauf passt ein längerfristiges Engagement in einem Verein oder die Interessen ändern sich. Vielleicht passt auch ein digitales Ehrenamt von zu Hause aus besser. Strukturiert und übersichtlich finden Interessierte auf der Engagement-Plattform der Aktion Mensch Angebote und Aktionen in ihrer Nähe. Wer noch grundsätzliche Fragen hat und sich über die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen des Ehrenamts beraten lassen möchte, telefonisch, digital oder direkt vor Ort, kann sich an eine der etwa 100 aufgeführten Freiwilligenagenturen oder -zentralen in Deutschland wenden.

stelle Barrieren gibt und ob sich dort auch Menschen mit unterschiedlichen Teilhabeeinschränkungen engagieren können. Hier finden beispielsweise Menschen mit Bewegungseinschränkungen oder Lernschwierigkeiten genauso eine für sie passende EngagementMöglichkeit wie Menschen, für die Deutsch nicht die Muttersprache ist.

mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen (bagfa). Gemeinsam wurde rund um die Engagement-Plattform ein bundesweites Netz an Freiwilligenagenturen aufgebaut. Die rund 100 vermittelnden Stellen sorgen dafür, dass die Daten der Plattform immer eine hohe Qualität und Richtigkeit haben. Außerdem sind sie Kompetenzpartnerinnen bzw. Kompetenzpartner und offenes Ohr für potenziell engagierte Menschen und die Einsatzstellen vor Ort. Durch diese bisher einmalige Form der Zusammenarbeit wird Engagement sichtbar gemacht, vernetzt und gefördert.

Die Engagement-Plattform finden Sie unter: www.Engagement-Plattform.de.

Vermittlung

in Engagement begleiten

Viele Bürgerinnen und Bürger engagieren sich bereits ehrenamtlich, viele Interessierte sind sich noch nicht sicher, wo und in welcher Form sie sich engagieren können.

Eine Plattform für alle Damit alle Menschen ein passendes Engagement finden können, ist nicht nur die Plattform barrierefrei, auch die einzelnen Angebote sind gekennzeichnet. Sie zeigen auf den ersten Blick, ob es an der Einsatz-

Um diese sehr unterschiedlichen Perspektiven von Anfang an berücksichtigen zu können, ist die Entwicklung der Plattform von Beginn an von einem Expertengremium aus Menschen mit Behinderung, potenziell engagierten Menschen und Vertreterinnen und Vertretern aus Freiwilligenagenturen begleitet worden.

Beratung und Qualitätssicherung

vor Ort

Die Aktion Mensch betreibt die Engagement-Plattform in Kooperation

* Alexander Westheide ist Projektleiter bei der Aktion Mensch.

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 4 Aktuelles Öffentlicher Dienst

F ast einstimmig stimmten die Länder Anfang Juli dem Eckpunktepapier für die Krankenhausreform zu. 14 der 16 Länder waren mit den festgehaltenen Zielen einverstanden und lediglich Bayern stimmte dagegen. Als Grund wurden fehlende Analysen der Auswirkungen der mit der Reform geplanten Umstellungen angegeben. In der Tat sind die Umstellungen groß und die tatsächlichen Auswirkungen lassen sich nicht 100-prozentig abschätzen, aber die schwierige Lage einiger Krankenhäuser bedarf sicherlich eines schnellen Handelns. Besonders da die von den Ländern geforderten Soforthilfen für Krankenhäuser in finanzieller Not nicht beschlossen wurden.

Dieser Umstand ist wohl ein zusätzlicher Grund, weshalb es wichtig ist, dass die Reform möglichst bald in Kraft tritt. Aber wie genau soll die Krankenhausreform nun den Kampf um Mittel beenden und die Bürokratisierung verringern?

Vorhaltevergütung

Kernelement der Reform ist die Umstellung der Finanzierung der Krankenhäuser auf eine Vorhaltevergütung nach Leistungsgruppen. Kurz gesagt erhalten die Krankenhäuser in Zukunft allein für die zur Verfügungstellung bestimmter Leistungen und Einrichtungen einen Großteil der Finanzierung. Die Bewertung und Zuweisung dieser sogenannten Leistungsgruppen soll dabei durch die Länder erfolgen und orientiert sich inhaltlich zunächst an den zuletzt in NRW eingeführten Leistungsgruppen. Ergänzend zu den in NRW definierten Leistungsgruppen kommen Infektiologie, Notfallmedizin, spezielle Traumatologie, spezielle Kinderund Jugendmedizin und die spezielle Kinder- und Jugendchirurgie hinzu. Sollten sich im kommenden Jahr Lücken oder Definitionsprobleme ergeben, sollen die Leistungsgruppen angepasst werden. Aktuell sind sind laut Entwurf des Krankenhaustransparenzgesetzes 65 Leistungsgruppen geplant.

Leistungsgruppen als Lösung

Wende für die Krankenhäuser?

(BS/SR) Bislang mussten Krankenhäuser mit ihren durchgeführten Behandlungen um die finanzielle Absicherung kämpfen. Ein Umstand, der für kleinere und ländliche Kliniken zu finanziellen Problemen führt und sie in Teilen an den Rand der Insolvenz bringt. Mit der vorgeschlagenen Reform des Gesundheitsministeriums soll dieser Kampf um Mittel nun ein Ende haben.

bringen soll ein Gesetz zur Qualitätssicherung, welches das BMG in einem Gesetzentwurf vorlegt. Die Qualitätssicherung soll dabei über Transparenz gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern erreicht werden. Genauer genommen den potenziellen Patientinnen und Patienten der Krankenhäuser. Dazu will das BMG zukünftig im Internet ein leicht verständliches Leistungsangebot der Krankenhäuser veröffentlichen, bei dem die Krankenhäuser unter anderem in Level eingeteilt werden.

Dabei gibt es zum einen drei Level, die sich an der Zahl der dem Krankenhaus zugeordneten Leistungsgruppen orientieren. So braucht ein Krankenhaus für eine Einstufung in Level zwei folgende Voraussetzungen: mindestens zwei internistische Leistungsgruppen, mindestens zwei chirurgische Leistungsgruppen, die Leistungsgruppe Intensivmedizin, die Leistungsgruppe Notfallmedizin sowie zusätzlich drei weitere Leistungsgruppen.

Neben einer klaren Struktur, zwecks Vorhaltevergütung sollen die Leistungsgruppen und ihre Qualitätskriterien auch zu einer einheitlichen Qualität der Dienstleistungen innerhalb von Deutschland sorgen. Die Zuweisung der Leistungsgruppen übernehmen die Länder selbst und diese Zuteilungen werden dabei auch nicht durch Dritte geprüft. Eine Überprüfung findet über die Qualitätskriterien statt. Diese sollen laut Eckpunktepapier vom Medizinischen Dienst (MD) in noch zu klärenden Abständen überprüft werden. Um hier zusätzlichen Bürokratieaufwand für die Krankenhäuser zu vermeiden, will das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) prüfen, inwieweit die Überprüfung der Qualitätskriterien in die bisherigen Überprüfungen des MD integriert werden kann. Auf den ersten Blick klingt die Krankenhausreform für den Laien zunächst einmal wie ein gutes Mittel zur Sicherung der Finanzierung der Krankenhäuser. Kritik und weitergehende Fragen zur Umsetzung der Reform gibt es aber. Bereits An-

Krankenhäuser müssen häufiger am Limit arbeiten. Eine Entlastung zumindest im finanziellen und organisatorischen Bereich soll nun die Krankenhausreform des BMG liefern. Foto: BS/Bettencourt/peopleimages.com, stock.adobe.com

fang August merkte der Marburger Bund fehlende und inaktuelle Datensätze an, auf deren Grundlage die zuständige Regierungskommission ihre Entscheidungen getroffen habe, und forderte vor Vorlage eines tatsächlichen Entwurfs diese Lücke zu schließen und entsprechende Auswirkungsanalysen vorzulegen. Damit schlägt er in die gleiche Kerbe wie Bayern als das Land seine Zustimmung verweigerte. Demnach gilt es für eine Beschlussfähige Version, die Ende des Jahres vorliegen soll, noch einmal Daten aufzuarbeiten und Studien zu den Folgen und Auswirkungen der Reform vorzulegen, auch wenn die Zeit doch knapp bemessen scheint.

Bürokratieabbau

Bessere Daten und Analysen könnten auch bei der durch die Krankenhausreform angestrebten Entbürokratisierung und Steigerung der Behandlungsqualität hilfreich sein. Das der hohe Bürokratieaufwand in Krankenhäusern auch für das medizinische Personal eine Belastung, ist geht unter anderem aus einer Studie des Marburger Bundes hervor, nach der mehr als die Hälfte der befragten Ärzte täglich mehr als drei Stunden ihrer Arbeitszeit für Bürokratie aufwenden. Bei einem Viertel der Pflegekräfte ist es laut Marktforschungsinstitut Schlesinger und den Asklepios Kliniken sogar die Hälfte der Arbeitszeit, die für bürokratische Vorgänge aufgwendet werden muss.

Mit diesen Zahlen zum Bürokratieaufwand in Deutschland konfrontierte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in einer Kleinen Anfrage (Drucksache 20/7924) den Bundestag. In ihrer Antwort wies die Bundesregierung darauf hin, dass die Bürokratieaufwände, die in den angesprochenen Studien erfasst werden, auch Vorgaben der EU, der Länder und der Selbstverwaltung beinhalten sind auf welche die Bundesregierung nur begrenzt bis keinen Einfluss habe.

Was Maßnahmen zur Entbürokratisierung angeht, so verweist die Bundesregierung auf die Erarbeitung gezielter Vorschläge gemäß Sozialgesetzbuch fünf die zum 30. September vorgelegt werden sollen,

Sowie auf die in der Krankenhausreform beschlossenen Maßnahmen. Im Eckpunktepapier ist dafür die Integration von Abschlägen und anderen Punkten in die Mindestvorgaben der Leistungsgruppen vorgesehen. Für die Vermeidung von zusätzlichem Aufwand durch

die Reform gibt es allerdings mehrere Ideen wie die bereits erwähnte Integration in bereits bestehende Prozesse.

Transparenzgesetz

Ebenfalls nach Möglichkeiten wenig bis keinen Mehraufwand mit sich

Neben diesen Levels gibt es noch Level F, das Fachkrankenhäuser beinhaltet und Level 1i für Krankenhäuser, die sektorenübergreifende Versorger sind, die nicht unbedingt über eine Notfallmedizin verfügen. Neben den zugeteilten Leistungsgruppen soll dann auch Auskunft über das medizinische Personal und die Fallzahlen der einzelnen Leistungsgruppen gegeben werden. Die Statistiken geben also einen Einblick dahingehend, wie gut ein Krankenhaus in einzelnen Bereichen aufgestellt ist. Ob die Qualität der Behandlung jedoch ebenfalls erkennbar sein wird und welche Auswirkungen und Formen die Reformen insgesamt noch bis zu ihrem Beschluss haben bzw. annehmen werden, bleibt abzuwarten.

BMDV lässt mögliche Ansprüche klären

Schadensersatz durch ehemaligen Bundesminister?

(BS/mfe) Das Scheitern der Pkw-Maut könnte den früheren Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) möglicherweise teuer zu stehen kommen. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) lässt Regressansprüche gegen ihn prüfen. Ob er aber tatsächlich wird Zahlungen leisten müssen, ist äußerst fraglich.

Denn das anzuwendende Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung kennt keine Bestimmung zu einem eventuellen Schadensersatz. Anders sieht das bei Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten aus. Mit Blick auf sie heißt es im Paragrafen 75 des Bundesbeamtengesetzes (BBG): „Beamtinnen und Beamte, die vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihnen obliegenden Pflichten verletzt haben, haben dem Dienstherrn, dessen Aufgaben sie wahrgenommen haben, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“

Laut Prof. Dr. Thorsten Ingo Schmidt, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, insbeson-

dere Staatsrecht, Verwaltungs- und Kommunalrecht, an der Universität Potsdam, können Haftungsansprüche grundsätzlich entweder aus einem Vertrag bzw. einer vertragsähnlichen Beziehung oder aus einem Delikt heraus entstehen. Letzteres scheidet im Falle Scheuers aus Sicht des Rechtswissenschaftlers definitiv aus, weil die bestehenden Deliktsnormen darauf nicht passten und eine analoge Anwendung des auf weisungsgebundene Beamte gemünzten Paragrafen 75 BBG auf weisungsfreie Ministerinnen und Minister nicht infrage kommen dürfte.

Möglicherweise ließe sich aber das öffentlich-rechtliche Amtsverhält-

nis, in dem die Bundesministerinnen und Bundesminister stehen, als eine Sonderbeziehung im Sinne des Haftungsrechts einordnen. Aus diesem Verhältnis heraus sind die Bundesministerinnen und Bundesminister zur Rücksichtnahme auf die Vermögensinteressen des Bundes verpflichtet. Wenn diese Pflicht schuldhaft verletzt wird und dem Bund dadurch ein Schaden entsteht, ließe sich daraus eventuell ein Anspruch auf Schadensersatz ableiten. „Das ist aber sehr fraglich und würde sicherlich die Gerichte beschäftigen“, meint Schmidt. Zumal zu klären sei, ob der Bundesminister a. D. Scheuer tatsächlich grob fahrlässig gehandelt habe.

 Lootboxen, Responsible Gaming

 Online-Glücksspielwerbung

 Evaluierung Spielverordnung und Staatsvertrag

Weitere Information und Anmeldung unter www.gluecksspielwesen.de

Veranstalter: Veranstaltungsort:

8. Bundeskongress zum Glücksspielwesen Maritim

Medienpartner:

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 5 Aktuelles Öffentlicher Dienst
4.und 5. Oktober 2023  Kampf gegen die Illegalität
proArte Hotel
15,
Berlin
Berlin Friedrichstraße
10117
„Die Hälfte der Ärzte wendet täglich drei Stunden für Bürokratie auf.“

Entwicklung der Beschäftigtenzahlen beim Bund

(BS) Die Anzahl der Beschäftigten im Bund steht immer wieder in der Kritik, weil sie steigt.

So sind die Zahlen der Planstellen in vielen Ministerien seit der Regierungsbildung 2021 gestiegen. Wie groß aber ist der Zuwachs über die Jahre und welche Ministerien mit ihren nachgeordneten Behörden haben den größten Zuwachs?

Zu bedenken ist, dass Zu- und Abnahme beim Personal auch durch eine Verschiebung der Aufgaben zustande kommen können.

Vollzeitäqiuvalente des Bundes

Beschäftigte des BMI und seiner nachgeordneten Stellen

Beschäftigte des BMDV und seiner nachgeordneten Stellen

Beschäftigte des BMF und seiner nachgeordneten Stellen

Behörden Spiegel / September 2023 Zahlen & Daten Seite 6 Grafik: BS/Hoffmann unter Verwendung von katty2016, stock.adobe.com; chekart, stock.adobe.com Quelle: BS/Zahlen des Statistischen Bundesamtes aus der Fachserie 14, Reihe 6
2021
2020 2018 2016 2014 2012 2021 2020 2018 2016 2014 2012 2021 2020 2018 2016 2014 2012 86.395 59.955 26.440 79.245 56.050 23.195 71.320 49.955 21.365 61.275 43.615 17.655 56.860 41.780 15.080 55.955 41.030 14.925 2021 2020 2018 2016 2014 2012 51.365 43.945 7.420 49.210 42.200 7.010 46.610 40.265 6.345 47.390 39.985 7.405 45.095 38.030 7.065 44.172 37.263 6.909 502.595 358.090 144.505 491.985 353.365 138.620 477.825 342.760 135.065 469.285 469.285 469.285 473.740 339.075 134.670 487.346 349.838 137.508 14 Vollzeitäquivalente Beamte/Richter/Berufs-/Zeitsoldaten Arbeitnehmer Vollzeitäquivalente Beamte/Richter/Berufs-/Zeitsoldaten Arbeitnehmer Vollzeitäquivalente Beamte/Richter/Berufs-/Zeitsoldaten Arbeitnehmer Vollzeitäquivalente Beamte/Richter/Berufs-/Zeitsoldaten Arbeitnehmer 199.185 198.865 192.405 187.370 204.280 46.880 46.310 47.105 51.020 56.320 60.772 246.065 245.175 239.510 238.385 249.670 265.052 193.350

Behörden Spiegel: Herr Professor Vorländer, mehr als eine Million ukrainischer Flüchtlinge sind nach Deutschland gekommen. Das ist eine große Zahl. Wie können wir diese Menschen integrieren?

Hans Vorländer: Wir hatten schon 2015/2016 eine große Migrationsbewegung Richtung Deutschland. Die wurde kontrovers diskutiert und stellte die Behörden vor erhebliche Probleme. Die Migration hat ein hohes Spaltungspotenzial innerhalb der Bevölkerung. Wir wissen, dass es politische Gruppierungen gibt, die nach 2015/16 dieses Thema exklusiv besetzt haben. Sie haben ein hohes Maß an diskursiver Polarisierung in die Gesellschaft getragen. Das ist die grobe Antwort.

Behörden Spiegel: Und die differenzierte?

Vorländer: Die Fluchtmigration aus der Ukraine ist auf eine hohe Hilfsbereitschaft in der deutschen Bevölkerung gestoßen. Diese Unterstützung ist sehr stabil. Sie unterliegt aber kleinen Schwankungen, weil vielleicht das Helfen doch schwieriger ist als gedacht und mitunter als belastend empfunden wird. Gerade die Kommunalbehörden sind außerordentlich stark darin gefordert, die geflüchteten Personen mit einem effizienteren Einwanderungsmanagement zu betreuen.

Behörden Spiegel: Woher kommen die nach Deutschland geflüchteten Menschen?

Vorländer: Neben den ca. 1,1 Millionen Geflüchteten aus der Ukraine haben wir die Menschen, die aus EU-Drittstaaten stammen. Das sind vor allem Geflüchtete aus Syrien, Afghanistan, Irak und der Türkei. In der Summe sind das in diesem Jahr etwa 220.000 bis 240.000 Immigranten, die zusammen mit den administrativen Herausforderungen der ukrainischen Fluchtmigration an die Belastungsgrenze einzelner Kommunen stoßen.

Behörden Spiegel: Was sind die größten Probleme? Und was kann die deutsche Gesellschaft tun?

Vorländer: Größere Städte haben mehr Probleme bei der Unterbringung und Versorgung als die ländlichen oder peripheren Regionen.

Alle von Forsa abgefragten Dienstleistungen und Institutionen haben schlechtere Noten bekommen als im Vorjahr, sagte der DBB-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach bei einem Pressegespräch. Der Staat sei überfordert mit der Asylpolitik, mit der Flüchtlingspolitik, der Schul- und Bildungspolitik, der Umweltpolitik, der Klimapolitik. Im Sommer 2020 hatten die Bürgerinnen und Bürger noch großes Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates. Im vergangenen Jahr sank das Vertrauen jedoch auf 29 Prozent, in diesem Jahr sogar auf 27 Prozent. Silberbachs Resümee: „Das ist dramatisch.“

Die Befragten haben ihre eigene Agenda. Sie fordern soziale Gerechtigkeit, die Verbesserung der Infrastruktur und mehr Klimaschutz. Dabei gibt es Unterschiede in Ost und West. Für die Bevölkerung im östlichen Teil geht es eher um den sozialen Ausgleich und die Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land. Sie fordern eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger angesichts der gestiegenen Preise sowie die Schaffung gleicher Lebensverhältnisse in Stadt und Land. Für die Bürgerinnen und

Wenn Kommunen an Grenzen stoßen

Ein Gespräch über Geflüchtete, Zuwanderung und gelungene Migration

(BS) Professor Hans Vorländer ist Vorsitzender des Sachverständigenrats für Integration und Migration in Berlin. In den Jahren 2019 und 2020 gehörte er der Fachkommission der Bundesregierung zu den Rahmenbedingungen der Integrationsfähigkeit an. Ein Gespräch über den Zuzug Geflüchteter nach Deutschland. Die Fragen stellte Ralph Kotsch.

Sie haben Schwierigkeiten bei der Unterbringung in Wohnungen, bei der Bereitstellung von Kita-Plätzen, Kindergarten-Plätzen, Schulplätzen. Es braucht Lehrkräfte, Vorbereitungsklassen und Sprachkurse. Das stellt die Kommunen vor große Schwierigkeiten. Gleichzeitig unterliegen die aus der Ukraine Geflüchteten einem anderen Rechtssystem, dem SGB II und XII. Sie haben Anspruch auf einen Arbeitsplatz. Da stehen die Jobbörsen unter Druck. Und wir brauchen Orientierungskurse, Sprachkurse, Anerkennungsverfahren und Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerberinnen und -bewerber aus den anderen Staaten.

Migration ist immer ein sehr stark emotional besetztes Thema und politisch ein Reizthema.

Behörden Spiegel: Bei all den Schwierigkeiten und Problemen stellt sich die Frage, was das mit der deutschen Gesellschaft macht, wenn Flüchtlinge in einem nie erlebten Ausmaß zu uns kommen. Leidet Deutschland daran oder gibt es Verständnis in der Bevölkerung?

Oder ist es ein Mix aus allem?

Vorländer: Ich kann hier keine pauschalen Antworten geben. Zuwanderung ist generell ein Thema mit besonders hohem Spaltungspotenzial. So zeigen es die Befragungen. Sie zeigen auch, dass Menschen hier sehr stark polarisiert sind. Das liegt nicht zuletzt an der Art und Weise, wie wir das Thema diskutieren. Und es gibt politische Strömungen aus dem rechten Spektrum, die das Migrationsthema nutzen, um

worden, sogar leicht besser. Das zeigt das Integrationsbarometer, das der Sachverständigenrat erstellt. Das gilt auch für Ostdeutschland, der Unterschied zwischen Ost und West ist geringer geworden. Die sogenannte Kontakthypothese liefert die Erklärung: Je mehr Kontakte und Begegnungen es zwischen den Zugewanderten und Einheimischen gibt, desto entspannter zeigt sich das Integrationsklima.

Behörden Spiegel: Aber woran messen Sie eine gelungene Integration?

Vorländer: Wenn jemand in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Das sagen viele der Befragten. Deshalb ist es so wichtig, die Menschen schnell und zügig in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Hier setzen die neuen gesetzlichen Bestimmungen im Rahmen erleichterter Erwerbsmigration an. Und für Geflüchtete, die nur eine Aufent-

„Deutschland ist ein gutes Stück vorangekommen mit der Integration der vielen Zugewanderten. Diejenigen, die 2015/2016 zu uns kamen, sind zu mehr als 50 Prozent in den Arbeitsmarkt integriert. Das ist ein Erfolg .“

Professor Hans Vorländer sieht die Integration von Geflüchteten als Erfolg.

Behörden Spiegel: Das sind sehr große Aufgaben für die Behörden auf kommunaler Ebene.

Vorländer: Es gibt zwei besondere Herausforderungen. Das sind einmal die finanziellen Fragen, die sich von Kommune zu Kommune und von Land zu Land unterscheiden. Es gibt zu wenig Personal, gerade bei den kommunalen Behörden, wo das Einwanderungsmanagement vor Ort stattfindet. Dazu kommen administrative Probleme und politisch diskursive Probleme. Das Thema

Ängste und Ressentiments in der Bevölkerung zu schüren. Insofern ist das Migrationsthema hoch politisiert. Es spielt seit 2016 neben der Corona-Pandemie, dem Klimawandel und dem Krieg in der Ukraine eine bedeutende Rolle in der politischen Auseinandersetzung.

Behörden Spiegel: Wie ist die Integrationsbereitschaft der Deutschen?

Vorländer: Das Integrationsklima ist in Deutschland in den letzten Jahren keineswegs schlechter ge-

Ganz unten

haltsduldung haben, gibt es jetzt eine Möglichkeit, über die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit einen festen Aufenthaltstitel zu erhalten. Das setzt aber voraus, dass die Identität der Person geklärt ist, sie nicht straffällig geworden ist und Deutschkenntnisse besitzt.

Behörden Spiegel: Wie verhält sich die AfD in dieser Situation? Sie dürfte doch erheblichen Widerstand leisten.

Vorländer: Die Gesetzesnovellen sind ja bereits verabschiedet und

Forsa-Studie: Nur wenige Bürgerinnen und Bürger glauben noch an die Leistungsfähigkeit des Staates (BS/Ralph Kotsch) Das Vertrauen der Deutschen in ihren Staat ist auf einem Tiefpunkt angekommen. Nur noch 27 Prozent der Bürgerinnen und Bürger gehen davon aus, dass der Staat seine Aufgaben erfüllen kann. Das ist das erschreckende Ergebnis der 17. Bürgerbefragung, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa jährlich im Auftrag des Deutschen Beamtenbunds (DBB) durchführt.

Bürger im Westen sind der Klimaschutz, die Integration von Geflüchteten und Migranten und die Unterstützung der Ukraine durch zivile und humanitäre Hilfe wichtig. Auch die Lieferung schwerer Waffen finden die Westdeutschen häufiger wichtig als die Ostdeutschen. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Meinungen in Ost und West immer noch weit auseinandergehen. „Die Gräben zwischen Ost und West verlaufen zwischen Arm und Reich und werden je nach Bildungsabschluss tiefer“, sagt Ulrich Silberbach 80 Prozent der Befragten sehen eine generelle Verrohung der Gesellschaft. 26 Prozent sind selbst Zeuge von Übergriffen auf öffentlich Bedienstete geworden. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst ist beschimpft, bedroht oder tätlich angegriffen worden. Ulrich Silberbach spricht von einem

„vollkommen inakzeptablen Wert“. Es gebe einen Ansehensverlust, nicht nur bei Polizei und Rettungsdiensten, sondern auch in Schulen, Jobcentern und Bürgerämtern. „Die

in Kraft getreten. Und ja, die AfD macht Stimmung gegen die Zuwanderung und die Erwerbsmigration von Nicht-Deutschen. Das hat sie gerade wieder auf ihrem Wahlparteitag in Magdeburg und in Interviews gezeigt. Dabei schreckt sie auch nicht vor Verschwörungstheorien zurück, nach denen es bei Zuwanderung um einen großen Bevölkerungsaustausch geht, der von den Entscheidungseliten bewusst herbeigeführt werde. Das ist natürlich Unsinn. Wir brauchen Facharbeitskräfte. Und Deutschland hat sich völkerrechtlich und im Grundgesetz verpflichtet, Geflüchteten Schutz zu gewähren. Gleichzeitig ist Migrationssteuerung legitim, was die Europäische Union ja auch tut, indem sie das gemeinsame europäische Asylsystem zu reformieren sucht. Deutschland muss in Integration investieren, in Spracherwerb, Bildung und Ausbildung, Zugang zum Arbeitsmarkt. Es muss die Behörden ertüchtigen, ein effizientes Einwanderungsmanagement zu betreiben.

Behörden Spiegel: Nach Ihrem Eindruck: Hat Deutschland das Migrationsthema grundsätzlich im Griff? Gelingt die Aufnahme von so vielen Flüchtlingen?

Vorländer: Deutschland ist ein gutes Stück vorangekommen mit der Integration der vielen Zugewanderten. Diejenigen, die 2015/2016 zu uns kamen, sind zu mehr als 50 Prozent in den Arbeitsmarkt integriert. Das ist ein Erfolg.

Behörden Spiegel: Gibt es einen Unterschied bei Frauen und Männern?

Vorländer: Die Beschäftigungsquote von Frauen hinkt der von Männern noch deutlich hinterher. Das liegt unter anderem daran, dass wir nicht genug Betreuungsplätze in Kindergärten und Kitas anbieten können. Das hat auch personelle und finanzielle Gründe. Dazu kommt das Erlernen der deutschen Sprache. So sind auch viele Ukrainerinnen und Ukrainer in Sprachkursen, und die dauern in der Regel ein Jahr. Auch die Arbeitsagentur und die Jobcenter sind überlastet. Wenn man aber sieht, dass 1,1 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland mehr oder minder untergebracht werden konnten, ist das eine Anstrengung, die Deutschland gut gemeistert hat.

Verrohung und Gewaltbereitschaft ist inzwischen ein Riesenproblem für die gesamte Gesellschaft.“

Eine deutliche Botschaft sendete der DBB-Chef auch an die Politi-

ker. Diese seien in der Pflicht, sich vor die Beschäftigten zu stellen und sie moralisch, materiell und organisatorisch angemessen zu unterstützen. „Die Menschen wollen keinen anderen Staat, sondern einen effizienten. Statt die Mittel für die Digitalisierung zu kürzen und immer neue, immer kompliziertere Gesetze zu verabschieden, sollte die Bundesrepublik das Gegenteil tun: mehr Digitalisierung, mehr Bürokratieabbau und mehr Serviceleistungen im Öffentlichen Dienst.“

„Der Staat ist in Bezug auf seine Aufgaben und Probleme … … in der Lage, sie zu erfüllen.“ … überfordert.“

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 7 Bund
10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 2023 2022 2021 2020 2019
Foto: BS/Michael Setzpfandt
Quelle: BS/Forsa, DBB Bürgerbefragung Öffentlicher Dienst 2023 Grafik: BS/Spuling

Behörden Spiegel: Was beinhaltet das Freiheitsgesetz für die Agentur für Sprunginnovationen?

Laguna: Die SPRIND soll damit die für sie von der Bundesregierung ursprünglich vorgesehene Richtung wieder einschlagen. Mit dem Kabinettsbeschluss der vorangegangenen Regierung aus dem Jahr 2017 sollte sie ein sehr frei handelndes Instrument der Innovationsförderung sein. Sie wurde dann aber anders implementiert und viele der Freiheiten, die ursprünglich angedacht waren, wurden nicht realisiert. Die SPRIND soll mit dem Freiheitsgesetz nun hoheitlich mit der Aufgabe beliehen werden, Sprunginnovationen zu identifizieren, zu fördern und in die Welt zu bringen. Wir müssen als SPRIND agiler und autarker entscheiden können, um mehr Freiheiten bei den Finanzierungsinstrumenten zu haben, die wir einsetzen. Im Augenblick sind wir sehr beschränkt: Wenn wir große Finanzierungen machen wollen, müssen wir 100-prozentige Töchter-GmbHs als Forschungsgesellschaften gründen. Es folgen komplizierte Kooperationsvereinbarungen. Das regelt zwar a priori Probleme mit dem Beihilferecht, verschiebt sie aber auf das Ende unserer Arbeit. Das SPRIND-Freiheitsgesetz ermöglicht es uns, direkt in die Gründergesellschaften zu investieren, was auf der einen Seite in der AGVO (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung) des Beihilferechts möglich ist und zum anderen Co-Investitionen mit privatwirtschaftlichen Akteuren erlaubt. Es geht auch darum, dass die Anwendung des Besserstellungsverbots eingeschränkt wird und wir dort, wo es einfach nicht sinnvoll ist, bis zu einem gewissen Prozentsatz eine Übertragbarkeit der Mittel zur Selbstbewirtschaftung bekommen.

Behörden Spiegel: Welche Chancen bietet die Beleihung?

Laguna: Zunächst bedeutet sie, dass die hoheitliche Aufgabe, nämlich die Identifizierung und die Förderung von Sprunginnovationen, direkt auf uns übertragen wird. Wir müssen Ideen und Projekte so weit bringen, dass sie privatwirtschaftlich finanzierbar werden oder dass sie von anderen Institutionen verstetigt werden können. Daraus soll dann eine Innovation werden, die sich in der Welt etabliert. Also müssen wir dafür sorgen, dass der Transfer stattfindet, dass Entitäten entstehen, die die Entwicklung nachhaltig vorantreiben. Mit der Beleihung stehen wir nicht mehr komplett unter der Fachaufsicht der Ministerien, sondern können selbstständig entscheiden, welche Finanzierungsinstrumente

Innovationstreiber

Neue Champions entdecken und fördern

(BS) Innovationen sind Treiber von Wirtschaft und Gesellschaft. Sie stärken den Standort Deutschland und können Lösungen für die großen Probleme liefern. Zur Förderung von potenziellen Innovationen hat der Bund daher die Agentur für Sprunginnovationen (SPRIND GmbH) gegründet und plant, ihr mit dem SPRIND-Freiheitsgesetz erweitere Kompetenzen zur Erfüllung des hoheitlichen Auftrags zu geben. Im Gespräch mit SPRIND-Geschäftsführer Rafael Laguna de la Vera sprach Dr. Eva-Charlotte Proll über das Freiheitsgesetz und die Arbeit der SPRIND.

nicht, gilt der Antrag als genehmigt, richtig?

Laguna : Ja. Wenn wir Investments darunter halten, dann brauchen wir keine Genehmigung des Finanzministeriums, sondern eine Genehmigung des Aufsichtsrats, der operativ nah dran ist. Erst dann dürfen wir gründen und loslegen. Anschließend stellen wir die Arbeit aller Tochter-GmbHs kontinuierlich im Aufsichtsrat vor und informieren, welche Fortschritte sie machen. Das soll sich nicht ändern. Die vom BMF erforderliche Genehmigung wegen der Anteile hat rechtlichen Gründe, die ZehnMillionen-Grenze eigentlich eher nicht. Ein Problem stellen aber die drei Monate dar. Wir können ja ein Projekt nicht drei Monate anhalten. Das ist im Wissenschaftsfrei-

Mengen produzieren, die wir bei ihm bestellt haben und rechtzeitig liefern. Damit sind die Zahlungen ins nächste Jahr gerutscht.

Behörden Spiegel: Was ist denn die kommende Sprunginnovation Made in Germany?

Laguna: Die meisten Sprunginnovationen, von denen wir heute noch leben, kommen aus der Gründerzeit, sind also 120 bis 150 Jahre alt. Die jüngste Sprunginnovation, die aus Deutschland kam, sind die mRNA-basierten Wirkstoffe, was wir in Form der Impfstoffe für das Corona-Virus gesehen haben. mRNA hat aber noch ein viel größeres Potenzial. Unternehmen wie BioNTech und CureVac arbeiten an ein einer Vielzahl weiterer Anwendungen, die beispielsweise Krebstherapien entscheidend verbessern können. Wenn aus einer Innovation ein weltmarktführendes Unternehmen mit weiterem Potenzial nach vorne entsteht, ist es eine Sprunginnovation. Etwa 30 Prozent unserer Einreichungen kommen aus dem medizinischen Segment. Neben mRNA gibt es eine ganze Reihe neuer Technologien, CRISPR oder DNA-Origami. Letzteres werden viele noch nicht gehört haben. Dabei bauen wir dreidimensionale Nanostrukturen, die wir als Wirkstoffe einsetzen können, aber auch in der Diagnostizierung und in anderen Feldern. Hier entsteht eine neue Industrie, eben auch in Deutschland.

heitsgesetz auch anders, da liegt die Frist bei zwei Wochen.

Im vorangegangenen Entwurf des Freiheitsgesetzes standen mal drei Wochen. Das wäre eine sinnvolle Frist, in der wir auch die Dokumente unserem Aufsichtsrat vorlegen können. So könnte das BMF parallel zur Aufsichtsratssitzung eine Entscheidung vorlegen. Wir sind im Innovationsgeschäft unterwegs, da sind drei Monate eine Ewigkeit.

rischen Prozess. Bisher konnte die Beleihung nur über eine Beauftragung der Ministerien indirekt erfolgen und die eigentliche hoheitliche Arbeit wurde von den Ministerien selbst erledigt. Ohne eine Übertragung hätten wir Doppelstrukturen. Um das aufzulösen, braucht man aber nun mal ein Gesetz. Teil des Gesetzes ist auch der im Entwurf vorliegende Beleihungsvertrag, der regelt, was die Beleihung konkret bedeutet. Das Gesetz selbst wird nicht allzu sehr ins Detail gehen, da die Einzelheiten im Beleihungsvertrag geregelt werden, der sich zukünftig bei Bedarf schneller und einfacher anpassen lässt.

Behörden Spiegel: Sie sollen mit dem Freiheitsgesetz und dem Beleihungsvertrag bis zu 25 Prozent eines Unternehmens ohne Rücksprache mit dem Bund kaufen und Tochtergesellschaften ohne Rücksprache mit dem Bund gründen können. Dafür operieren Sie mit öffentlichen Geldern. Wie stellen Sie verantwortliches Wirtschaften sicher?

Teil der Rechtsaufsicht innehat. Er kontrolliert, ob wir mit den Instrumenten ordnungsgemäß arbeiten und ob unserer Identifikationsprozess sachgerecht ist. Darüber hinaus haben wir eine Wirtschaftsprüfung und die Prüfung durch den Bundesrechnungshof. Ferner könnte der Bund selbst, wenn das mal notwendig werden sollte, einen Aufsichtsratsbeschluss außer Kraft setzen. Der zehnköpfige Aufsichtsrat setzt sich aus Vertretern der drei Ministerien, zwei MdBs sowie aus Wirtschafts- und Wissenschaftsvertretern zusammen. Mit dem SPRIND-Freiheitsgesetz unterliegen wir als beliehene Behörde dann auch dem Informationsfreiheitsgesetz. Eigentlich geht es nur darum, eine Struktur zu schaffen, in der es nicht allzu viele Überlappungen und Doppelarbeit gibt und klare Verantwortlichkeiten existieren. Meiner Meinung nach sollte die beschränkte Fachaufsicht deswegen nicht ins SPRIND-Gesetz. Denn genau die wird vom Aufsichtsrat gemacht, der mit sehr guten Leuten besetzt ist.

Behörden Spiegel: Die SPRIND soll bis zu 30 Prozent ihrer Mittel selbst bewirtschaften können. Nutzen Sie das schon voll aus?

wir z. B. jeweils verwenden. Das Bildungsministerium hat nach wie vor die Rechtsaufsicht und große Investitionen (über zehn Millionen Euro) müssen vom BMF genehmigt werden. Der aktuelle Gesetzesentwurf sieht leider auch noch eine beschränkte Fachaufsicht vor. Hier hoffe ich auf den parlamenta-

Laguna: Unsere Tochtergesellschaften unterliegen der Bundeshaushaltsordnung und allem, was da dranhängt. Daneben haben das BMBF, das BMWK und das BMF die Fachaufsicht darüber. Das sind sieben Referate. Ferner haben wir einen Aufsichtsrat, der die Fachaufsicht und auch einen

Behörden Spiegel: Wenn Sie Unternehmensanteile oberhalb von 25 Prozent erwerben oder Investitionen von über zehn Millionen Euro tätigen, müssen Sie das beim Finanzministerium beantragen. Das BMF muss dann binnen drei Monaten entscheiden. Tut es das

Laguna: Wir haben es letztes Jahr teilweise genutzt. Im Augenblick leiden wir unter Sperrungen –sowohl letztes als auch dieses Jahr wurden 20 Prozent unseres Haushaltstitels gesperrt. Die werden spät im Jahr freigegeben. Zudem ist man mit der Bundeshaushaltsordnung in der Vergabe oder in dem Prozess, eine GmbH zu gründen, nicht schnell. Aber wir haben gezeigt, dass wir unsere Haushaltsmittel sinnvoll investieren können. So hoffe ich, dass die Sperrung nächstes Jahr unterbleibt. Zum Jahreswechsel kann man nur sehr schwer vorhersagen, ob die Mittel noch abfließen oder nicht. Wir wollen keine Zahlungsbedingungen mit Lieferanten vereinbaren, die für den Auftraggeber, also uns und unsere Projekte, eigentlich schlecht sind. Das sind schädliche Incentivierungen für unsere Arbeit. Zum Beispiel in einem Projekt, wo wir Alzheimer bekämpfen, muss man den Wirkstoff nach den General Manufacturing Practices (GMP) fertigen lassen. Das macht es sehr teuer. Dementsprechend brauchen wir für unser Projekt ca. zehn Millionen Euro. Das ist mühselig vergeben worden, wir haben einen Produzenten in Griechenland gefunden, ihn geprüft etc. Durch die Rohstoffkrise konnte er aber nicht die

Der zweite Komplex entsteht im Umwelt- und Energiebereich. Hier sind wir in Deutschland gut aufgestellt und haben eine skalierungsfähige Industrie. Der Klimawandel und die Abkopplung von russischer Energie sind der Motor für Innovationen in diesem Bereich. Dennoch gibt es hier noch zu wenig. Bei der Laser-basierten Kernfusion muss ein Unternehmen, welches wir unterstützen, noch mit Geldgebern aus den USA zusammenarbeiten, um an ausreichend finanzielle Mittel zu kommen. Es ist sehr schade, wenn wir solche potenziellen neuen Champions nicht hier in Deutschland entwickeln und halten können, weil sie die Mittel hier nicht bekommen. Der Vater aller Sprunginnovationen ist die Energie. Wenn wir Energie in ausreichender Menge umweltschonend gewinnen, speichern und transportieren können, dann lösen wir viele, viele andere Probleme. Dann hat man auch sauberes Wasser, man kann Nahrung herstellen und muss viele Dinge, die jetzt umwelt- und klimaschädlich sind, nicht mehr tun.

Behörden Spiegel: Wie sieht es mit Sprunginnovationen im digitalen Bereich aus?

Laguna : Hier haben wir zwei Schwerpunkte: Das eine sind Infrastrukturthemen, die es schwer haben, privatwirtschaftliche Mittel zu bekommen. Software ist normalerweise gut privatwirtschaftlich finanzierbar. Deswegen haben wir auch nicht so viele reine Softwareprojekte, es sei denn, sie haben mit Infrastruktur zu tun. Mithilfe des BMWK haben wir den Sovereign Tech Fund ins Leben gerufen, der dafür sorgt, dass die Infrastruktur-Softwarekomponenten, die alle Open Source sind, ausreichend Pflege erhalten, damit sie sicher und stabil sind. Im Hardware-Bereich bricht gerade mit dem European Chips Act ein neues Zeitalter an. In Deutschland holen wir gerade einen Rückstand von 15 Jahren auf. Wir brauchen z. B. Hardware-Architekturen, auf denen KI-Anwendungen wesentlich energieeffizienter laufen können. Hier entsteht aktuell ein Riesenmarkt.

Behörden Spiegel / September 2023 Bund Seite 8
Die Überraschungen bei der Arbeit mit verschiedenen Innovationen sind für Rafael Laguna de la Vera ein Highlight seiner Tätigkeit bei der SPRIND. Foto: BS/SPRIND GmbH
„Der Vater aller Sprunginnovationen ist die Energie.“
„Wir müssen Ideen und Projekte so weit bringen, dass sie privatwirtschaftlich finanzierbar werden.“

Eine Eins-zu-Eins-Umsetzung der Ergebnisse der Tarifverhandlungen auf die Beamtinnen und Beamten von Bund und Kommunen, das spricht eigentlich dafür, dass sich niemand übervorteilt fühlen sollte. Unzufrieden mit dem Beschluss sind aber dennoch die Pensionärinnen und Pensionäre. Bei ihnen fand tatsächlich nämlich keine genaue Umsetzung statt. Sie sollen den Zuschlag von 3.000 Euro nur anteilig zu ihrer Pension erhalten, also 71 Prozent oder weniger. Besonders der einzigartige Seniorenverband Öffentlicher Dienst Baden-Württemberg äußert seinen Unmut über diese Entscheidung.

Gleichzeitig gibt es in Sachen Pension für einige auch erfreuliche Nachrichten, die sich aus den Anpassungen des Bundesbesoldungsgesetzes ableiten lassen. Gemeint sind Beamtinnen und Beamte, die vollzugspolizeilichen Aufgaben nachgehen sowie Soldatinnen und Soldaten. Ihre Zulage soll für ruhegehaltsfähig erklärt werden. Als Begründung werden die im Dienst entstehenden zusätzlichen Belastungen genannt, die auch nach dem Eintritt in den Ruhestand noch auf die Betroffenen einwirken. Neben diesen aktuellen Baustellen steht auch noch die Umsetzung von angemessenen Alimentationen im Raum. Bereits Anfang des Jahres nach einem Gerichtsurteil des Bundesverfassungsgerichts stand dieses Thema beim Bundesministerium des Inneren (BMI) und den Gewerkschaften auf der Agenda. Es wurde dann aber aufgrund der Tarifverhandlungen verschoben. Nach internen Schätzungen des Beamtenbundes könnten sich die Kosten auf mehrere

Behörden Spiegel: Warum ist eine Einarbeitung gerade bei neu eingesetzten Aufsichtsratsmitgliedern so wichtig?

Adenauer: Eine Einarbeitung von neu eingesetzten Mitgliedern eines Aufsichtsrates ist aus mehreren Gründen wichtig. Mit dem Amt als Aufsichtsratsmitglied kommen auf die jeweilige Person nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten zu.

Einerseits berät der Aufsichtsrat die Geschäftsleitung bei wichtigen, oft zukunftsweisenden Entscheidungen außerhalb des Tagesgeschäfts. Hierfür ist es zwingend erforderlich, dass das neue Aufsichtsratsmitglied das Unternehmen, vor allem aber auch das Marktumfeld und die sich daraus ergebenden Herausforderungen kennt bzw. sich darin einarbeitet.

Zum anderen ist es auch aber auch die Aufgabe des Aufsichtsrates, die Geschäftsleitung zu kontrollieren. Die Kenntnisse über das Unternehmen und das Marktumfeld sind auch im Rahmen der Kontrolle von enormer Bedeutung. Der Aufsichtsrat muss sich eine Meinung darüber bilden können,

Teure Alimentation

Besoldung und Tarif verursachen Probleme bei Bund und Ländern

(BS/sr) Die Bundesregierung hat beschlossen ein, ein Gesetz in das Parlament einzubringen, dass die Ergebnisse der Tarifverhandlungen von Bund und Kommunen auf die entsprechenden Beamtinnen und Beamten übertragen werden sollen, nicht jedoch auf die Pensionäre. Im Oktober stehen die Tarifverhandlungen der Länder an. Es wird also vermutlich noch mehr Streitthemen geben, bevor die alten abgearbeitet sind.

ob es mit verhandelt oder wie Hessen aus den Verhandlungen ausschert. Noch mal Eins-zu-Eins?

Hamburg, das derzeit den Vorsitz in der Tarifgemeinschaft innehat, deutete bereits an, dass angedacht ist nach Abschluss der Tarifverhandlungen die Ergebnisse auch auf die Beamtinnen und Beamte zu übertragen. Nordrhein-Westfalen hat dies und die potentiellen Ergebnisse der Tarifrunde in seinem Haushaltsentwurf für 2024 bereits berücksichtigt. Dies sehen jedoch nicht alle Länder als realistisch. Tarifexperten zufolge wird eine Eins-zu-Eins Umsetzung der Tarifergebnisse den Bundesländern finanzielle Kraftanstrengungen abverlangen. Denn die Ergebnisse der Tarifrunde sollten zumindest dafür sorgen, dass nach der zwölf-prozentigen Erhöhung des Bürgergelds ein angemessener Abstand zum Einkommen der Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes verbleibt.

Neue Ordnung

Dr. Viktoria Kickinger ist Expertin für digitale Aus- und Fortbildung von Aufsichtsräten in Deutschland und übernimmt als Aufsichtsrätin Mandate mit einem breiten Branchenspektrum. 2016 gründete sie Directors Academy. Foto: BS/Directors Academy Dr. Konrad Adenauer ist Rechtsanwalt und berät die öffentliche Hand sowie deren Beteiligungsunternehmen. Sein Fokus liegt auf der gestaltenden Beratung im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge.

Foto: BS/Directors Academy

Die Gehaltsanpassungen die auf den Tarifrunden beschlossen werden sind wichtig um die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes zu gewährleisten

Foto:BS/geralt, pixabay.com

Milliarden Euro – pro Jahr – belaufen. Die Beteiligten rechnen mit einer größeren gesellschaftlichen Diskussion wegen der milliardenschweren Mehrzahlungen. Dann stünde eine Bevorzugung von Verbeamteten und Pesionierten im Raum.

Berlins Entscheidung

Bereits im Oktober geht es jedoch für die Länder, mit der Ausnahme von Hessen, in die Tarifverhandlun-

gen. Hessen wird seine Verhandlungen erst im Januar des kommenden Jahres beginnen. Als weiteres Land überlegt derzeit auch Berlin, sich aus der Gemeinschaft der Länder zu lösen und separate Verhandlungen zu führen, um bessere Tarifergebnisse für die Mitarbeitenden zu erzielen. Grund für die Überlegungen Berlins sind Befürchtungen eines weiteren Verlust an Beschäftigten zum Bund, wie dies bereits im Bereich der Polizei

geschehen ist. Ein Grund, der diese Befürchtungen noch verstärkt, ist die vom BMI aufgesetzt Kampagne „Arbeitgeber Bund“. Schon vor deren Einführung hatten Experten gewarnt, den Bund darin als besonders leistungsfähigen Arbeitgeber herauszustellen. Stattdessen solle besser der gesamte Öffentliche Dienst als eine Arbeitgebermarke dargestellt und beworben werden. So oder so muss sich Berlin nun kurzfristig entscheiden,

Schulungen für Aufsichtsräte

Auch Kommunen profitieren

(BS) Neuen Mitgliedern eines Aufsichtsrats in kommunalen Unternehmen kommen wichtige Aufgaben zu. Für eine bestmögliche Vorbereitung sind daher verpflichtende Schulungen das Mittel der Wahl. Dr. Viktoria Kickinger und Dr. Konrad Adenauer von der Directors Academy erläutern hier Vorteile und Herausforderungen. Die Fragen stellte Marlies Vossebrecker.

ob beispielsweise die Beschaffung einer teuren Maschine sinnvoll ist, falls die Satzung die Zustimmung des Aufsichtsrates dafür verlangt. Bei einem Pflichtverstoß laufen auch Mitglieder eines Aufsichtsrates Gefahr, in Haftung genommen zu werden, vgl. § 116 AktG.

Behörden Spiegel: Welche Anforderungen werden an einen Aufsichtsrat in kommunalen Unternehmen gestellt, welche Aufgaben muss er erfüllen?

Adenauer: Mitglieder eines Aufsichtsrates eines kommunalen Unternehmens müssen dieselben Anforderungen und Aufgaben erfüllen wie Mitglieder des Aufsichtsrates eines privatwirtschaftlichen Unternehmens. Hinzu kommen allerdings mehrere Besonderheiten.

Mitglieder des Aufsichtsrates eines kommunalen Unternehmens werden oftmals von einer Gemeinde entsandt, d. h. der Gemeinderat beschließt zu Beginn einer Legislaturperiode, welche Gemeinderatsmitglieder Mandate in kommunalen Unternehmen übernehmen. Hierbei wird in der Regel auf den ParteienProporz im Gemeinderat Rücksicht genommen. Allerdings – dies wird oftmals vergessen – sind es nicht die Parteien, die entsenden, sondern vielmehr der Gemeinderat. Das hat zur Konsequenz, dass in einen Aufsichtsrat entsandte Mitglieder dem Mehrheitswillen des Gemeinderats unterliegen, der sich mitunter vom Willen der eigenen Partei unterscheiden kann. Kurz gesagt: der parteipolitische Streit wird im Aufsichtsrat nicht fortgeführt. Des Weiteren ist festzuhalten, dass in einen kommunalen Aufsichtsrat

Fortbildungen und Schulungen unterstützen nicht nur neue Mitglieder eines Aufsichtsrates in kommunalen Unternehmen.

entsandte Gemeinderatsmitglieder grundsätzlich einer Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Das bedeutet, dass sie Informationen, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied erfahren, weder mit der Öffentlichkeit, d. h. insbesondere den Medien, noch mit anderen Parteimitgliedern bzw. in der Gemeinderatsfraktion teilen dürfen.

Adressat von Berichten, die entsandte Gemeinderatsmitglieder als Aufsichtsratsmitglied an die Kommune, d. h. an den Gesellschafter zu erstatten haben (§ 394 AktG), ist nach einer jüngeren Entscheidung des OVG Münster nicht nur das Beteiligungsmanagement, sondern auch der Gemeinderat.

Da die Berichtsempfänger gemäß § 395 AktG in dem Kreis der zur Verschwiegenheit verpflichteten Personen aufgenommen werden, ist es wichtig, dass die Vertraulichkeit von entsprechenden Gemeinderatssitzungen gewährleistet wird, beispielsweise indem der Bericht

Foto: BS/Hermann, pixabay.com

im Sinne des § 394 AktG im nichtöffentlichen Teil einer Gemeinderatssitzung behandelt wird.

Behörden Spiegel: Welche Schulungen und Programme bietet die Directors Academy an, welche Inhalte werden dabei vermittelt?

Kickinger: Directors Academy ist die digitale Weiterbildungsplattform für Aufsichtsräte in Unternehmen der öffentlichen Hand. In kurzen, prägnanten informationsVideos behandeln anerkannte Experten das breite Themenspektrum. Von den Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder in Unternehmen der öffentlichen Hand über Finanzen und Kontrolle, Unabhängigkeit, Berichterstattung, Strategie. Mit Directors Academy als Weiterbildungs-Instrument und Online-Nachschlagewerk ist der Aufsichtsrat bestens qualifiziert und auf der sicheren Seite. Begleitende Informationen zu neu-

In der NRW-Staatskanzelei hat sich die Meinung festgesetzt, dass es für die Kommunnen nicht vorteilhaft ist, in einer Tarifrunde mit dem Bund zu verhandeln. „Die Zeit ist reif, dass sich das ändert,“ heißt es in Düsseldorf. „Ehrenamtliche Tarifverhandler auf Seiten der Kommunen sollten das Profis und Experten überlassen, z. B. Geschäftsführern von Verbänden oder auf Tarifverhandlungen spezialisierte Experten.“

Dann würde auch nicht mehr Ergebnissen zugestimmt, welche einzelne Kommunen finanziell nicht tragen können.

en Gesetzen und aktuellen Themen, virtuelle Round Tables und Podcasts sind ebenso dabei wie die Möglichkeit eines Selbsttests mit Weiterbildungs-Bestätigung. Directors Academy ist als digitales Format immer und überall abrufbar.

Behörden Spiegel: Sollten aus Ihrer Sicht Weiterbildungen für Mitglieder im Aufsichtsrat eines kommunalen Unternehmens verpflichtend werden, und wenn ja, warum?

Adenauer: Ja, Weiterbildungen sollten verpflichtend werden, da bei kommunalen Gesellschaften oftmals Personen in einen Aufsichtsrat entsandt werden, die mit einer solchen Aufgabe erstmals betraut werden und die ggfs. mangels einschlägiger Berufserfahrung nur wenig bis keine Kenntnisse über ihre Aufgaben haben. Die entsandten Mitglieder sollten – vor allem aus Eigeninteresse – wegen der Gefahr einer Haftung eine Schulung einfordern. Aber auch die Kommunen selbst sollten ein Interesse an Schulungen haben, werden doch in kommunalen Gesellschaften mitunter enorme Werte bewegt.

Wie bereits erwähnt, sollten sich Aufsichtsratsmitglieder mit dem Unternehmen und dem Marktumfeld auskennen. Darüber hinaus kommen aber auch weitere Pflichten auf ein Aufsichtsratsmitglied zu, von denen es nicht unbedingt Kenntnis hat. So sehen etwa die meisten Satzungen vor, dass der Aufsichtsrat seine Zustimmung erteilen muss, wenn ein anderes Unternehmen erworben werden soll. Anders als in der Privatwirtschaft muss das Aufsichtsratsmitglied nicht nur prüfen, ob der geplante Erwerb aus betriebswirtschaftlicher Sicht Sinn macht, sondern auch, ob die kommunalverfassungsrechtlichen und haushälterischen Vorgaben eingehalten worden sind bzw. eingehalten werden können.

Behörden Spiegel / September 2023 Länder Seite 9

Die Reise zu digitalen Währungen ist nicht auf Europa beschränkt, sondern findet weltweit statt. Seit über zehn Jahren arbeitet die bei der UNO angesiedelte „Better than cash“-Allianz aus internationalen Organisationen wie der „Bill and Melinda Gates Foundation“ und Regierungen. Die Bundesregierung ist auch dabei. Digitale Währungen könnten wirtschaftliche Chancen für finanziell Ausgegrenzte erschließen, erklärt die Allianz. Und durch Rückverfolgbarkeit von Zahlungen könnten Korruption und Diebstahl reduziert werden. In 114 Ländern laufen Vorbereitungen für die Einführung digitaler Währungen. In Europa hat die EU-Kommission inzwischen Pläne für die Einführung des digitalen Euros vorgelegt, der von der Europäischen Zentralbank (EZB) herausgegeben werden soll. „Banknoten allein können Europas Wirtschaft im digitalen Zeitalter nicht mehr unterstützen“, heißt es in der Begründung. Es sei „ganz logisch und konsequent, dass die Notenbanken mit einer digitalen Währung ihr Produktangebot ergänzen und für eine sichere Infrastruktur sorgen“, betont der Bundesbank-Präsident. Von einer „cashless society“, also einer bargeldlosen Gesellschaft, sei man aber noch weit entfernt.

Begrenzte Summe in digitaler

Geldbörse

Wie der Digitaleuro funktionieren soll, ist seit den von der EU vorgelegten Entwürfen auch klar. Mit Kryptowährungen wie dem Bitcoin wird die Digitalwährung nichts zu tun haben.

Mitder Umsetzung der Digitalisierung, Innenstadtbelebung oder Dorferneuerung, Energie- und Klimaanpassung, Unterbringung von Geflüchteten oder dem Sanierungsstau an Schulen sind nur einige Themenfelder genannt, die den kommunalen Akteuren vor Ort ein (über-) volles Auftragsbuch bescheren. Knappe finanzielle Mittel verschärfen die Ausgangslage und bringen die Entscheidungstragenden in die komplexe Situation, eine Schwerpunktsetzung bei nicht zu vergleichenden Aufgabenfeldern zu setzen.

So ist die Inanspruchnahme von Förderprogrammen oftmals der einzige Weg, die eigene Kommune mit den notwendigen Mitteln auszustatten. Doch auch hier offenbart sich eine Schräglage in der Ausgangssituation der Rathäuser zwischen Ems und Oder – während die Notwendigkeit eines zentralen Fördermittelmanagements (ZFM) in einigen Kommunalverwaltungen bereits Einzug gehalten hat, so fristet dieses Thema in anderen Amtsstuben leider noch ein Schattendasein. Aufmerksame Leserinnen und Leser des Behörden Spiegel sind hier durch die bereits in der Vergangenheit vorgenommene Thematisierung jedoch im Vorteil.

Verfahren nicht verkomplizieren

Dennoch stellt sich die Frage, inwiefern möglichst kurzfristig Maßnahmen getroffen werden können, die zu einem bestmöglichen und passgenauen Einsatz von Fördermitteln führen. Da der Handlungsdruck bereits in vielen Kommunen enorm ist, besteht hierbei eine unmittelbare Notwendigkeit in der Umsetzung, ohne jedoch die bisherigen Verfahren zu verkomplizieren. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass in Kommunen ein unterschiedliches Fachwissen über die Informationsakquise von Förderprogrammen besteht. Der tatsächliche Kenntnisgewinn in einer Kommune über einen aktuell ausgelobten Zeitraum zur Antrag-

Der Euro wird digital

Bargeld soll es weiterhin geben

(BS/Hans-Jürgen Leersch) Den Bürgern Europas steht eine Geld-Revolution bevor. Der Euro soll digital werden. Etwa 2027 werde es so weit sein, erwartet Bundesbankpräsident Joachim Nagel. Dann kann die Geldbörse inklusive des darin enthaltenen Geldes auf das Handy umziehen. Banken und Datenschützer äußern Bedenken, aber der Zug zur Digitalisierung läuft.

Sie nutzt nicht die Daten der Blockchain, sondern kommt direkt von der EZB. Ein digitaler Euro wird im Wert einem Münzeuro entsprechen. Zur Aufbewahrung des digitalen Geldes soll jeder eine Art Geldbörse (dafür wird die englische Bezeichnung Wallet verwendet) auf das Handy laden können, die von Zahlungsdienstleistern wie Banken herausgegeben und verwaltet wird.In diese Geldbörse können die Bürgerinnen und Bürger dann digitale Euros packen, die sie von Zahlungsdienstleistern bekommen und mit Geld vom Girokonto bezahlen.

Annahmeverpflichtung für den Handel

Wie beim privaten System PayPal sollte es auch möglich sein, digitale Euros an jeden weiterzugeben oder zu empfangen. Um Geldwäsche vorzubeugen, soll diese Geldbörse aber nicht dicker als beispielsweise 3.000 Euro werden dürfen. Für das digitale Geld soll eine Annahmeverpflichtung des Handels und des Online-Handels gelten. Das wäre ein Vorteil gegenüber Kreditkarten, die nicht überall akzeptiert werden. Außerdem argumentiert die EUKommission damit, dass private Anbieter pleite gehen könnten und

Bevor der digitale Euro Einzug hält, müssen noch Fragen bezüglich Bargeldversorgung und Geldwäscheprävention geklärt werden. Foto: BS/vegefox.com, stockadobe.com

damit Geld verloren gehen könne. Der zusammengebrochene deutsche Zahlungsdienstleister Wirecard ist so ein Fall. Zentralbankgeld hingegen kann wie die Zentralbank selbst nicht pleite gehen.

Ein weiteres Argument für die Einführung des digitalen Euros ist die immer schlechter werdende Bargeldversorgung. Die Banken dünnen ihr Filialnetz aus, immer mehr Geldautomaten werden ab-

Fördermittel ausschöpfen

Unterstützung während finanzieller Krisen (BS/Alexander Mittag) Das Spannungsfeld mehrschichtiger Herausforderungen unserer heutigen Zeit erhöht bei den Kommunen den unmittelbaren Handlungsdruck. Vorgaben von Bund und Land, aber auch Initiativen des jeweiligen Kommunalparlaments lassen einer Verwaltung vor dem Hintergrund der angespannten Personaldecke wenig Atempausen.

den Klimawandel stehen anfangs aufgrund hoher Kosten und eines späteren Nutzens gerade in politischen Debatten in der Kritik. Eine hohe Förderquote hingegen erscheint zunächst als einfache Lösung, setzt als Gießkannen-Prinzip jedoch an der falschen Stelle an. Vielmehr ist der in der Vergangenheit bereits praktizierte Ansatz einer unterschiedlichen Förderquote der richtige Weg. Dass dabei eine Kommune in finanzieller Notlage eine höhere Förderquote nach Nachweis erhalten kann, hilft auch in der notwendigen Beschlussfassung einer kontroversen Haushaltsberatung innerhalb des kommunalen Parlaments.

Der Umstand, wie stark die Auswirkungen der Aufbringung eines Eigenanteils in den Abwägungsprozess einer Antragstellung in der Kommune wirkt, darf von zuwendungsgebenden Stellen nicht unterschätzt werden.

Zur Verfügung stehende Fördermittel zur Unterstützung sollten gerade in finanziell schwierigen Zeiten in Anspruch genommen werden. Foto: BS/Nature_Design, pixabay.com

stellung kann daher tatsächlich zu knapp ausfallen. Sollte die Initiative dabei noch aus einem Kommunalparlament in Form eines Antrages kommen, so kann die Herbeiführung eines Ratsbeschlusses zeitlich in einem Missverhältnis zum entsprechenden Stichtag stehen. Ein nicht rechtzeitig eingereichter Antrag wäre die Folge. Die Möglichkeit einer fortlaufenden Antragstellung in Verbindung mit dem sogenannten Windhundprinzip kann hierbei ein Lösungsansatz sein, der den Kommunen den notwendigen Zeitraum verschafft. Die Vermeidung, dass halbfertige Anträge aufgrund

enger Fristen vorgelegt werden, ist auch im Interesse der zuwendungsgebenden Stellen. Ebenso ist der bereits in manchen Förderprogrammen praktizierte Ansatz, zunächst eine Förderskizze einzureichen, ein entsprechendes Vorgehen.

Eigenanteil erschwert Antragstellung

Doch auch ausreichende Zeitkapazitäten können Kommunen in finanziellen Schwierigkeiten aufgrund des zu erbringenden Eigenanteils von einer Antragstellung abbringen. Gerade notwendige Maßnahmen zur Anpassung an

gebaut. Abgeschafft werden soll das Bargeld aber nicht: „Bargeld ist und bleibt die zentrale Geldform unserer freiheitlichen Gesellschaft“, versichert die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Parlamentsanfrage.

Geldwäsche verhindern

Die neue digitale Welt stößt aber an Grenzen. Der digitale Euro soll nicht zum Einfallstor für Geldwäsche werden, nachdem in den letzten Jahren bereits Bargeldobergrenzen oder Barzahlungsverbote beim Immobilienkauf eingeführt wurden. Daher wird es einen Legitimierungszwang für die Nutzung der Wallet geben müssen. Zahlungsströme wollen EZB und EU-Kommission zwar nicht zurückverfolgen, aber die europäische Datenschutzbehörde sieht „das Risiko der Massenüberwachung“. Und von Internetmedien wie Telepolis wird argumentiert, dass die Zusicherungen von EU und EZB für Anonymität keinen dauerhaften Bestand haben könnten.

Auch wird kritisiert, dass das digitale Geld Verfallsdaten oder soziale/ökologische Bedingungen für den Einsatz bekommen könnte. Die deutsche Kreditwirtschaft fürchtet um ihr Geschäftsmodell. Wenn Kundinnen und Kunden Geld bei Banken anlegen, kann dieses wiederum von den Banken verliehen werden. Euros in einer Wallet sind dagegen wie Bargeld anzusehen. In einer Stellungnahme ist von zahlreichen „Fallstricken“ des Digitalprojekts die Rede.

führender Mitteleinsatz am ehesten miteinander vereinbaren. Wichtig ist hierbei dennoch eine engmaschige Kommunikation mit den zuwendungsgebenden Stellen, um dennoch keine böse Überraschung nach Prüfung des Verwendungsnachweises zu erleben. Gerade dabei ist ein ständiger Austausch zwischen den betroffenen Stellen der Schlüssel zum Erfolg. Dialog zwischen Geber und Empfänger Zusammenfassend kristallisiert sich in finanziell schwierigen Zeiten im Bereich des Fördermittelmanagements die Notwendigkeit der engen Verzahnung zwischen zuwendungsgebender und zuwendungsempfangender Stelle heraus. Neben dem kommunalen Verständnis, das ZFM als eigenständige Organisationseinheit für langfristige Erfolge zu betrachten, ist es für die Kommunen von zentraler Bedeutung, dass Bund und Länder die bereits erlangten Erfahrungswerte in die Gestaltung künftiger und laufender Förderprogramme einfließen lassen.

Als ein weiterer, wichtiger Punkt ist die vorab definierte Förderkulisse zu nennen. Konkret benannte Maßnahmen sind für den Zuwendungsgeber zwar leichter in der Ergebnisdokumentation, bringen jedoch in der praktischen Umsetzung der Kommune vor Ort aufgrund der individuellen Umstände gegebenenfalls Schwierigkeiten in der Anwendung. Als besonders begrüßenswert ist hierbei das Förderprogramm „Resiliente Innenstädte“ des Landes Niedersachsen zu nennen, welches den jeweiligen Kommunen ein Budget zur individuellen Umsetzung zur Verfügung stellt. Durch die lokalen Akteure vor Ort lassen sich somit lokale Besonderheiten und ein ziel-

Es zeigt sich die Notwendigkeit des kommunalen Fördermittelmanagements als eigenständige Teildisziplin der Verwaltungswissenschaft und die damit verbundene Auseinandersetzung. Da allem Optimismus zum Trotz die Zeiten für Kommunen nach wie vor herausfordernd bleiben, besteht hier weiterhin ein grundlegender Handlungsbedarf.

Alexander Mittag ist Verwaltungsbeamter bei der Niedersächsischen Landesverwaltung mit Schwerpunkt Förderangelegenheiten und Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der kreisfreien Stadt Delmenhorst.

Foto: BS/privat

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 10 Finanzen

► Entscheidungen zum Vergaberecht

► MARKTERKUNDUNG

Ganz Europa im Blick Hohe Hürde für Direktvergaben

Für eine Forschungseinrichtung wurde eine Laserlithographieanlage benötigt. Der wissenschaftliche Fachbereich hat sich in seiner Bedarfsmeldung bereits auf ein konkretes Gerät festgelegt. Man habe ähnliche Geräte am Markt betrachtet, die aus Gründen der Einsetzbarkeit nicht infrage kämen. Insofern verenge sich das Angebot auf dieses eine Produkt, das ohne Wettbewerb beschafft werden solle. So hat es die Vergabestelle umgesetzt und steht nun vor der Situation, dass ein Konkurrent des Herstellers aufgrund der Ex-Post-Bekanntmachung diese Vergabe vor der Vergabekammer anficht. Das Alleinstellungsmerkmal des Konkurrenzproduktes bestehe nicht. Zudem bestehe ein Interessenkonflikt, weil der Fachbereichsleiter mit dem Hersteller des Wunschgerätes verbunden sei. Die Nachprüfung ist erfolgreich. Die Vergabekammer setzt sich im Detail mit dem Vergabevermerk auseinander. Die Aussagen über die Markterkundung darin beschränkten sich auf Allgemeinplätze. Es gehe nicht daraus hervor, wer wann bei welchen Unternehmen deren Lieferprogramm abgefragt habe, insbesondere sei nicht erkennbar, ob europaweit alle Hersteller kontaktiert worden seien. Zudem genüge es nicht, dass – wie der Vermerk nahelege – der Auftraggeber sich schon vor der Ausschreibung darauf festlegt habe, welches Produkt die optimale Leistung bieten werde. Gerade Letzteres ist ein elementarer Bestandteil der wettbewerblichen Vergabe anhand der festzusetzenden Qualitätskriterien des Auftraggebers.

VK Rheinland-Pfalz (Beschl. v. 16.12.2022, Az.: VK 1-4/22)

► FACHLOSE

Neue Software-Komponente Start-ups berücksichtigen!

Im Jahr 2015 ist das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft getreten. In diesem Zusammenhang wurden die Krankenhäuser verpflichtet, ein „Entlassmanagement“ zur Unterstützung des Überganges in die Anschlussversorgung einzurichten. Dafür waren spezielle Software-Produkte zu entwickeln, um dieses Management-System in die digitalen Abläufe im Krankenhaus zu integrieren. Infolge der gesetzlichen Auflage entstanden eine Reihe neuer Software-Firmen, die sich genau auf die Entwicklung dafür maßgeschneiderter Software-Produkte spezialisiert haben.

Als im Jahr 2022 ein Krankenhaus seine Software komplett modernisieren wollte, schrieb sie ein Gesamtpaket von Aufnahme- und Entlassmanagement aus. Gegen diese Zusammenfassung wehrte sich eines der jungen IT-Unternehmen und verlangte die Aufteilung in Fachlose für Aufnahme und für Entlassung. Die Vergabekammer gab diesem Begehren statt. Im Zuge der Nachprüfung trat zutage, dass selbst erfahrene Anbieter von Krankenhaus-Software die Entlassmanagement-Software bei diesen Start-up-Firmen zukaufen. Insofern könne davon ausgegangen werden, dass sich in der kurzen Zeit von nur sieben Jahren ein komplett eigenständiger Markt für diese Software herausgebildet habe. Mindestens drei spezialisierte Firmen konnten sogar namentlich benannt werden. Liegt für eine (wie hier hinreichend große) Teilleistung ein eigener Markt vor, so ist der Auftrag in entsprechende Fachlose zu zerteilen.

VK Nordbayern

(Beschl. v. 23.03.2023, Az.: RMF-SG21-3194-8-6)

► EIGNUNG

Geschönte Umsätze

Ausschluss unumgänglich

Der Auftraggeber schrieb die Entsorgung von Haus- und Biomüll aus. Von seinen Bietern verlangte er die Angabe der Umsätze in den vorausgegangenen drei Geschäftsjahren, und zwar sowohl den Gesamtumsatz als auch denjenigen Umsatzanteil, der auf vergleichbare Leistungen entfiel. Der preisgünstigste Bieter hatte Umsatzzahlen angegeben, die nicht recht zu den von ihm vorgelegten Referenzen passten. Auf das Aufklärungsverlangen des Auftraggebers hin teilte er mit, dass er einerseits nicht alle Voraufträge in der Referenzliste benannt habe und andererseits in den Umsatzzahlen auch seine Umsätze aus der gewerblichen Altpapiersammlung enthalten seien. Dem Auftraggeber genügte diese Erläuterung, um den Bieter für den Zuschlag vorzusehen. Einem Mitbewerber fiel auf, dass nun ein Bieter für den Zuschlag vorgesehen ist, der wenig Erfahrung mit der Haus- und Biomüllsammlung besitzt. Er betreibt die Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung. Das Bayerische Oberste Landesgericht gibt ihm recht. Auch wenn der Auftraggeber keinen Mindestumsatz verlangt hatte, dem Bieter also auch mit den geringen Umsatzzahlen allein aus der Haumüllsammlung die Eignung nicht zu versagen gewesen wäre, so liegt hier doch eine objektiv falsche Bietererklärung zum Umsatz vor. Auf eine falsche Erklärung aber kann man prinzipiell keine Eignungsprognose aufbauen. Es fehlte an der Grundlage für die Eignungsprüfung, die nicht nachgefordert werden könne. Der Ausschluss wegen geschönter Umsatzzahlen ist unumgänglich.

BayObLG

(Beschl. v. 26.05.2023, Az.: Verg 2/23)

► KONZESSIONEN

Nicht auf ewig geschlossen

Vorsicht auch unter der Schwelle! Konzessionsvergaben unterliegen dem europäischen Vergaberecht –jedenfalls seit dem Jahr 2014, als die Konzessionsvergaberichtlinie in Kraft trat – und oberhalb einer Schwelle für den Konzessionswert von rund fünf Millionen Euro. Diese Richtlinie verpflichtet die Konzessionsgeber dazu, die Konzessionen zeitlich zu befristen. So ist es weder erlaubt, Konzessionen auf unbestimmte Zeit zu vergeben noch die Konzessionsverträge so auszugestalten, dass sie ohne neue Ausschreibung immer wieder verlängert werden können. Genau so aber sehen die Verträge aus, die viele italienische Kommunen vor Jahrzehnten mit den Betreibern ihrer Strandbäder geschlossen hatten. Die Frage der Zulässigkeit landete schließlich vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Die Kommunen hofften, obsiegen zu können, denn der Wert der Konzessionen war nominal gering und die Strände waren so weit von der Grenze entfernt, dass kein grenzüberschreitendes Interesse bestand. Sie hatten aber die viel ältere Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG übersehen. Diese Richtlinie gilt unmittelbar für alle EU-Staaten. Sie umfasst auch Dienstleistungskonzessionen und kennt weder einen unteren Schwellenwert noch eine Beschränkung hinsichtlich eines grenzüberschreitenden Interesses. Auch nach dieser Richtlinie sind „Ewigkeits-Konzessionen“ verboten, wie der Europäische Gerichtshof den Kommunen erläuterte. Ihre Verträge müssen alle neu ausgeschrieben werden.

EuGH (Urt. v. 20.04.2023, Rs. C-348/22)

► ZUWENDUNGEN

Alte Regeln beachten!

Zuwendungsbescheid ist maßgeblich

Der Träger einer Kindertagesstätte erhielt für die Modernisierung Zuwendungen aufgrund eines Bescheides aus dem Jahr 2017.

Bei der Vergabe der erforderlichen Arbeiten hat er es sich aber sehr leicht gemacht. So hat er die Eignungskriterien nicht transparent festgelegt und auch eine Vergabeart gewählt, die nach VOB/A nicht zulässig gewesen wäre. Bei der Prüfung seiner Abrechnung fiel dies dem Zuwendungsgeber auf. Er widerrief die Zuwendung teilweise wegen Verstößen gegen das Vergaberecht. Der Träger wendete hiergegen ein, dass der Zuwendungsbescheid die Anwendung der VOB/A nicht wirksam vorgeschrieben habe. Der Bescheid beziehe sich dazu auf eine Fassung der Gemeindehaushaltsverordnung, die bereits seit dem Jahr 2006 außer Kraft gewesen sei.

Mit diesem Argument konnte er vor dem Verwaltungsgericht nicht durchdringen. Auch die Beachtung einer Verordnung, die bereits außer Kraft sei, könne wirksam zur Auflage für die Verwendung der Zuwendung gemacht werden. Der Zuwendungsgeber darf regelmäßig die Anwendung der VOB/A voraussetzen – selbst dann noch, wenn es gar keine Verordnungsgrundlage gibt. Dies ist hier dadurch geschehen, dass der entscheidende Teil der Verordnung (hier Paragraf 32) im Zuwendungsbescheid wörtlich wiedergegeben war. Deswegen war es unschädlich, dass im Bescheid auf eine veraltete Version der Verordnung Bezug genommen worden war.

VG Magdeburg

(Urt. v. 08.12.2022, Az.: 3 A 117/20)

Zusammenfassung der Entscheidungen: RA und FA für Vergaberecht Dr. Rainer Noch, München (Oppler Büchner PartGmbB)

jeden Monat im Behörden Spiegel ◄

Grüne Software

Umweltfreundliche Software-Beschaffung

(BS) Wenn man an umweltfreundliche Beschaffungen im IT-Sektor denkt, ist es die Hardware, welche einem zuerst einfällt. Tatsächlich hat Software aber einen mindestens genau so großen Anteil daran, wie umweltfreundlich IT ist.

Software kann sowohl den Energiebedarf eines Gerätes beeinflussen als auch die Stärke der HardwareInanspruchname. So gibt es Software mit gleicher Funktion, von denen eine aber bis zum Vierfachen an Energie verbraucht.

Um festzustellen, ob eine Software umweltfreundlich ist oder nicht, hat das Umweltbundesamt im Juni eine Neuauflage des Leitfadens zur umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffung von Software heraus-

gegeben. Die Kriterien für die umweltfreundliche Beschaffung hat das Umweltbundesamt bereits 2018 in Kooperation mit dem Umweltcampus Birkenfeld der Hochschule Trier entwickelt. Das damalige Ergebnis war das Umweltzeichen Blauer Engel.

Die erste Version des Leitfadens wurde dabei noch während der Erarbeitung des Blauen Engels geschrieben. Daher passte der Inhalt des alten Leitfadens nicht perfekt

zum Blauen Engel. Dies wurde in der neuen Version angepasst. Zudem konnten in die Neuauflage wissenschaftliche Entwicklungen und Forschungsprojekte, neue Erklärungen zur Nutzung des Leitfadens und weitere Aktualisierungen eingebracht werden. Die Anforderungen des Blauen Engels bleiben aber unverändert und bilden noch immer die Bewertungsgrundlage des Leitfadens.

Der Leitfaden hilft dabei, Ausschreibungen und Beschaffungen im Software-Bereich umweltfreundlicher zu gestalten und bietet neben den Kriterien der Umweltauszeichnung auch einige Beispiele für mit dem Blauen Engel ausgezeichnete Software. Neben den Kriterien zur Beschaffung von Software liefert der Leitfaden auch Bewertungshilfen, die die Bedeutung und Anwendung eines Kriteriums erklären. Ebenfalls enthalten sind Tipps, wie bei der Ausschreibung personalisierter Software auf Umweltverträglichkeit geachtet werden kann. Für die Beschaffung von Server-Anwendungen ist der Leitfaden jedoch weniger geeignet, da die Kriterien nicht auf Server zugeschnitten sind.

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Seite 11 Beschaffung / Vergabe Behörden Spiegel / September 2023
NEU
Auch Software kann ressourcenschonend sein und so für eine grünere IT sorgen. Foto: BS/Africa Studio, stock.adobe.com

Für genau diese Unterstützung hat in Schleswig-Holstein das Ministerium für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport gemeinsam mit dem Landesfeuerwehrverband und den kommunalen Landesverbänden eine landesweite Sammelbeschaffung initiiert, die die Wehrführungen und die Kommunen bei der vergaberechtssicheren Fahrzeugbeschaffung und bei den Kosten entlasten sollte. Die Idee für Sammelbeschaffungen in dieser Form entstand in der damaligen Arbeitsgruppe „Vergabe“, die sich die Vermeidung von Vergabefehlern in derartigen Prozessen zum Ziel gemacht hatte.

Diese Entlastung sollte sich sowohl monetär als auch im zeitlichen Aufwand bemerkbar machen. So entfielen für die Kommunen u. a. die Marktrecherche, die Erstellung einer herstellerneutralen Leistungsbeschreibung und die Einarbeitung in die neusten Vergaberechtsregelungen. Das Ministerium übernahm die Kosten für die Erstellung der Leistungsbeschreibung, für die Ausschreibung und für das gesamte Vergabeverfahren bis hin zur Abnahme. Darüber hinaus hatten die Kommunen die Möglichkeit, im Rahmen der Sammelbeschaffung zur beantragten Förderung durch den Kreis zusätzlich einen erhöhten Fördersatz von 20 Prozentpunkten zu beantragen, was ein weiterer Anreiz zur Teilnahme an der Sammelbeschaffung war.

Einmaliges Vorhaben

Ein solches Vorhaben gab es in dieser Form bislang weder in Schleswig-Holstein noch irgendwo anders in der Bundesrepublik.

Gemeinsam beschafft

Erstes Fahrzeug nach Schleswig-Holstein-Standard

(BS/Christian Speck) Beschaffungen von Feuerwehrfahrzeugen stellen Wehren und Kommunen vor immer schwierigere Herausforderungen. Insbesondere ehrenamtlich tätige Gemeindevertretungen und Feuerwehrmitglieder sind dankbar für jede Unterstützung bei der umfangreichen Markterkundung, bei der Erstellung einer produktneutralen Leistungsbeschreibung und bei der Durchführung einer technischen Abnahme.

Sammelbeschaffung Feuerwehrfahrzeuge (LF 10, HLF 10) in mehreren Losen über die e-Vergabeplattform der GMSH durchgeführt. In den ersten beiden Losen sind die größten Synergieeffekte der Sammelausschreibung eingetreten. Bei dem Los „Beladung“ wurde darauf geachtet, dass zwischen drei Ausstattungsumfängen gewählt werden konnte: einer vollständigen Fahrzeugbeladung, einer Teilbeladung oder ohne Beladung. Dank der beiden letztgenannten Wahlmöglichkeiten muss voll funktionsfähiges Einsatzgerät im Rahmen der Fahrzeugbeschaffung nicht unnötigerweise ersetzt werden, sondern kann noch weiterverwendet werden. Die Sammelbeschaffung fand großen Zuspruch. Aufgrund des großen Erfolgs wurden neben der ersten Beschaffung noch zwei weitere Sammelbeschaffungen realisiert, sodass insgesamt 78 Feuerwehrfahrzeuge nach dem schleswig-holsteinischen Standard ausgeschrieben wurden, die nun sukzessive nach Fertigstellung ausgeliefert werden.

Das erste Musterfahrzeug wurde am 15. Juli 2023 in einem feierlichen Rahmen an die Freiwillige Feuerwehr der Gemeinde Oldenswort im Kreis Nordfriesland übergeben.

Für die operative Unterstützung hat sich das Ministerium der Gebäudemanagement SchleswigHolstein AöR (GMSH) als zentrale Vergabestelle des Landes und für den technischen Part der Kommunalberatung und Service (KUBUS) GmbH bedient – von der Erstellung der Leistungsverzeichnisse bis zur Abnahme der Fahrzeuge.

2019 wurde diese Idee den Kreisund Stadtwehrführungen im Rahmen eines Informationsabends vorgestellt und 2020 dann auch allen Vertretern der verschiedenen Interessengruppen. Das Interesse an der Informationsveranstaltung war enorm. Es wurden u. a. Fragen zur Technik und zum vergaberechtlichen Ablauf gestellt. Den

Chancen für Neulinge bleiben rar

Kaum Vergaben an Start-ups (BS/akh) Öffentliche Auftraggeber in Deutschland haben in den letzten Jahren zunehmend mehr Aufträge an Start-ups vergeben. Betrachtet man jedoch die Gesamtzahl an Vergaben durch die öffentliche Hand, so fallen die Beauftragungen von Start-ups kaum ins Gewicht.

Die Universität der Bundeswehr München und der Staat-up e. V. haben untersucht, wie viele Aufträge öffentliche Auftraggeber in Deutschland an Start-ups erteilt haben – im Vergleich zur Anzahl der gesamten vergebenen Aufträge.

Die Datengrundlage liefert der EUOnline-Dienst Tenders Electronic Daily (ted). Ausgewertet wurden die Jahre 2011 bis 2021.

Nur ein Bruchteil

In den ersten Jahren des betrachteten Zeitraums, von 2011 bis 2017, stellten Aufträge an Start-ups die absolute Ausnahme dar. Die Anzahl an Vergaben mit Auftragserteilung an solche neu gegründeten Unternehmen schwankte zwischen null und drei. 2018 stieg die Auftragszahl auf neun. Ab 2019 lagen

die Zahlen dann im zweistelligen Bereich und stiegen in größeren Schritten an. 2021, zum Ende des Erhebungszeitraums, wurde der vorläufige Höchstwert von 33 Vergaben mit Aufträgen an Start-ups erreicht.

Zum Vergleich: Im selben Jahr wurden 89.913 Vergaben gezählt, die nicht an Start-ups gingen. Auch wenn eine steigende Entwicklung zu beobachten ist, bleibt der Anteil an Auftragsvergaben an Start-ups im Gesamtkontext verschwindend gering. Insgesamt vergaben öffentliche Auftraggeber innerhalb des Erhebungszeitraums 602.468 Aufträge, lediglich 89 davon an Start-ups.

Unschärfen in der Datenbasis

Zuverlässige Aussagen zur Vergabe an Start-ups lassen sich aus

HYBRID-EVENT

Beschaffertage 2023

25. und 26. Oktober

Fulda oder virtuell

Weitere Informationen sowie Online-Anmeldemöglichkeit unter: www.bos-beschaffertage.de

Eine Veranstaltung des Fachliche Leitung

der Erhebung nur mit Abstrichen treffen. Grund dafür sind einige unvermeidbare Unschärfen. So wurden beispielsweise nur die 2.008 Start-ups in die Betrachtung einbezogen, die Mitglied im Bitkom e. V., im „Bundesverband Deutsche Startups e. V.“ oder im „KI Bundesverband e. V.“ sind oder aber in der „Berlin Startup Map“ gelistet sind. Außerdem ist nicht sichergestellt, dass diese neu gegründeten Unternehmen tatsächlich die gängige Definition eines Start-ups erfüllen. Hinzu kommt, dass nur die Daten zu EU-Vergaben abrufbar sind, nicht aber eventuelle Vergaben nach nationalem Recht, und dass ggf. Unsauberkeiten bei der manuellen Eintragung von Rechtsformbezeichnungen auf ted zu Fehlern führen können.

Teilnehmenden wurde versichert, dass neben dem aktuellen Stand der Technik auch ein besonderes Augenmerk auf die Sicherheit und auf eine effektive Handhabung gelegt wird. Das sorgte für viele positive Reaktionen.

78 Fahrzeuge ausgeschrieben

2020 wurde die Ausschreibung der

Christian Speck ist Kundenbetreuer bei der GMSH. Foto: BS/privat

Länderübergreifende Kooperation

Neue Hubschrauber für Nds und M-V (BS/mfe) Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern kaufen gemeinsam vier neue Polizeihubschrauber des Modells Airbus H145 – je zwei für jedes Bundesland. Der Zuschlag für die länderübergreifende Kooperation wurde an das Unternehmen Airbus Helicopters Deutschland erteilt.

„Die gemeinsame Beschaffung erspart uns, so wie wir es erhofft hatten, viel Geld. Wir können unsere beiden Fluggeräte zusammen jetzt für knapp 40 Millionen Euro erwerben und sparen damit fast 20 Prozent gemessen an den erwarteten Kosten bei einer Einzelbeschaffung mit Listenpreisen“, erläutert Mecklenburgs-Innenminister Christian Pegel (SPD).

Seine niedersächsische Amtskollegin Daniela Behrens (ebenfalls SPD), sagt: „Unsere Polizei leistet tagtäglich hochprofessionelle Arbeit. Sie benötigt dafür die bestmögliche Ausrüstung und Einsatzmittel. Das gilt auf dem Land, auf dem Wasser und in der Luft. Um auch weiterhin die Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit unserer Polizeihubschrauberstaffel zu gewährleisten, beschaffen wir gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommern die neuen Hubschrauber.“

Die neuen Hubschrauber der VierTonnen-Klasse werden speziell für den Einsatz bei der Polizei konzipiert. „Dank der größeren Kabine und der größeren Reichweite können wir mit den neuen Hubschraubern z. B. auch Gruppen von Spezialkräften transportieren oder mehrere Personen über die Rettungswinde aufnehmen. Es sind die technischen Vorrüstungen für eine Handyortung an Bord. Und für unsere Polizei in einem Küstenland ist es natürlich von großem Vorteil, dass die neuen H145 auch voll seeflugfähig sind“, so Pegel. Ausgeliefert werden sollen die vier Hubschrauber ab 2025. „Wir erhalten unsere beiden Geräte voraussichtlich Ende 2025 und im Herbst des darauffolgenden Jahres“, erklärte der Schweriner Ressortchef. Auch in Bayern sind jüngst

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 12 Beschaffung / Vergaberecht
diese neuen Hubschrauber beschafft worden. Seit 2020 wurden 78 Feuerwehrfahrzeuge (LF 10, HLF 10) ausgeschrieben. (Symbolbild) Foto: BS/Landesfeuerwehrverband Schleswig-Holstein Auch Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen bekommen zwei solcher Hubschrauber vom Typ Airbus H145, wie ihn die Polizei Bayerns kürzlich in Dienst gestellt hat. Foto: BS/IM Bayern, Balk

BÜRO DES HAUPTGESCHÄFTSFÜHRERS

Leiterin

Frauke Janßen B -125 / K -125

Fachübergreifende

Fragen der Digitalisierung, Koordination von Digitalisierungsthemen, Fragen der Mitgliedschaft Beauftragte für Digitalisierung

Frauke Janßen B -125 / K -125

Allgemeine

Angelegenheiten des DST und NRW, Gremien und Konferenzen im Bereich des Hauptgeschäftsführers

Referent Jan Eike Schönfelder B -127 / K -127

Wiss. MA’in

Helene Haas B -123 / K -123

Betreuung Präsidium, Hauptausschuss, Landesgeschäftsführer, OB-Ost, Ausschuss für mittlere Städte, AK Digitalisierung; Angelegenheiten des Präsidenten, des Vizepräsidenten, der Stellvertreter

Sachbearbeiterin

Grit Höhne B -103

Berechnung

Sitzverteilung und Benennungen, Fachausschüsse und Hauptausschuss, (Ober-)Bürgermeisterinnen der Mitgliedsstädte

Sachbearbeiterin

Michaela Spohr K -278

VERWALTUNG

Leiterin Birgitt Geßner K -244/ B- 244

INFORMATIONS- UND

KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Leiter Marcus Hülshorst K -197

Referent der Verwaltungsleitung, Arbeitssicherheit in der HGSt, Projektmanagement

PERSONAL Leiterin Yvonne Errenst K -256

Personalangelegenheiten in der HGSt, Aus-/Fortbildung, betriebliches Gesundheitswesen

Hauptgeschäftsführer

Ständige Stellvertreterin des Hauptgeschäftsführers

KOMMUNIKATION UND MEDIEN

Pressesprecher Timm Steinborn B -130 / K -130

Pressearbeit DST und NRW, Mitwirkung an Steuerung und Koordinierung der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Pressesprecherin

Daniela Schönwälder B -135

Pressearbeit DST und NRW, Städtetag aktuell, Stadtpunkte, Geschäftsberichte

Referent

Uwe Schippmann B -150

Internet und Extranet, Twitter, Mitwirkung Pressearbeit, Materialien und Flyer

Referent

Tobias Fricke B -133

Internet und Extranet, Twitter, Beiträge zur Stadtpolitik

Referentin

Anja Viohl B -137

Internet und Extranet, Twitter, Mitwirkung Pressearbeit

Referentin

Freya Sophie Altmüller B -138

Deutscher Städtetag

EUROPA UND INTERNATIONALES, EUROPABÜRO BRÜSSEL

Leiterin Lina Furch K -310 /BR -3

Weltagenda der Vereinten Nationen/ globale Nachhaltigkeit, United Cities and Local

Government, kommunale Entwicklungszusammenarbeit, Kongress der Gemeinden und Regionen Europas

Referentin Sabine Drees K -214

McCloy-Stipendien, Städtepartnerschaften

Wiss. Mitarbeiterin

Lyudmyla Dvorkina K -315

Europapolitik, EU-Institutionen, Zusammenarbeit CEMR und SGI Europe, Ausschuss der Regionen, Europa News

Referent

Ulrich Fikar Br -5

Büroorganisation Brüssel, Europa News, Mitwirkung Ausschuss der Regionen Sachbearbeiterin

Karen Kühne Br -2

Rat der Gemeinden und Regionen Europas

Deutsche Sektion

GESCHÄFTSSTELLE RGRE

Stellv. Generalsekretärin

Lina Furch K -310

Vertretung des RGRE

beim CEMR Europa Kommunal

Kommunale Entwicklungszusammenarbeit/

Platforma

Referentin

Sabine Drees K -214

RGRE aktuell/RGRE update, kommunale Partnerschaften, RGRE-Website

Wiss. Mitarbeiterin

Lyudmyla Dvorkina K -315

Europäische Förderprogramme, Mitwirkung Europaarbeit, Konferenzen im Bereich RGRE

Wiss. Mitarbeiter

Marcell Moll K -317

Europäische Charta für Gleichstellung CEMR

Sachbearbeiterin

Karen Kühne Br -2

Sekretariat Stellv.

Generalsekretärin, Mitgliederservice und -verwaltung; Organisation und Betreuung von Hauptausschuss, Präsidium und Delegiertenversammlung

Sachbearbeiterin

Dörthe Sondermann K -188

Dezernat II FINANZEN Ständige Stellvertreterin des Hauptgeschäftsführers

Beigeordnete Verena Göppert B -700 / K -700

Finanzpolitik, Finanzanalyse Hauptreferent

Stefan Anton B -730

Kommunalfinanzen NRW, kommunaler Finanzausgleich, Landeshaushalt NRW

Referent Benjamin Holler K -220

Finanzmanagement, Bankwesen, Haushalts- und Rechnungswesen Hauptreferentin Dr. Birgit Frischmuth B -710

Steuerpolitik, Besteuerung der öffentlichen Hand, Steuer- und Kommunalabgabenrecht

Hauptreferent

Dr. Stefan Ronnecker B -720

Grundsatzfragen

Konnexität, Landes- und Gemeindehaushaltsrecht NRW, örtliche und überörtliche Rechnungsprüfung

Referentin

Katharina Suhren K -239

Aufbereitung finanzstatistischer Daten, Finanzstatistische Umfragen des Städtetages, Mitarbeit in Methodenfragen komm. Finanzstatistik

Sachbearbeiterin

Sabine Czilwik K -240

Sachbearbeitung, Angelegenheiten der Ständigen Stellvertretung, Ausbildungsbeauftragte HGSt Berlin

Sachbearbeiterin

Andrea McSweeney B -205

Dezernat III BILDUNG, INTEGRATION, KULTUR, SPORT UND GLEICHSTELLUNG

Beigeordnete Daniela Schneckenburger K -300

Kulturpolitik, kommunale Kultureinrichtungen, Denkmalpflege und kulturelles Erbe, Kultur- und Kreativwirtschaft Hauptreferentin Christina Stausberg K -291

Zuwanderung, Ausländerintegration, Asylrecht und Asylbewerberleistungsgesetz, Staatsangehörigkeitsgesetz N.N. B -780

Bildungs- und Schulpolitik, Schulrecht, Schulentwicklungsplanung

Referentin

Pia Amelung K -320

Außerschulische

Bildungs- und Kultureinrichtungen: Bibliotheken, Musikschulen, Jugendkunstschulen, Stadtgeschichte, Archive, berufliche Bildung

Referentin Dr. Michaela Stoffels K -380

Sportpolitik, Volkshochschulen und Hochschulen, Bekämpfung des Extremismus

Referent Dr. Alex Mommert K -340

Frauen-/Gleichstellungspolitik, Schwangerenkonfliktberatung, Gleichstellungsbeauftragte HGSt

Referentin

Tanja Demmel K -330

Dezernat IV ARBEIT, JUGEND, GESUNDHEIT UND SOZIALES

Beigeordneter Stefan Hahn K -400

Sozialhilfe/ Sozialpolitik DST, Teilhabe (SGB IX), Kinder- und Jugendhilfe DST, Familienpolitik DST, Kindschaftsrecht, Unterhaltsvorschussrecht DST

Hauptreferentin

Regina Offer B -410

Kinder- und Jugendhilfe NRW, Familienpolitik NRW, Kindschaftsrecht, Unterhaltsvorschussrecht NRW

Referentin

Bianca Weber K -450

Krankenhauswesen, Krankenversicherungsrecht (SGB V)

Referentin

Anja Patzki B -420

Pflege, Seniorenpolitik, Sozialhilfe/Sozialpolitik NRW, Flüchtlinge und Integration NRW

Referentin

Friederike Scholz K -440

Arbeitsmarktpolitik, Vertretung der Optionsstädte, Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II), Arbeitsförderung (SGB III)

Referent

Nikolas Schelling B -470

Gesundheit NRW, Gesundheitsförderung und Prävention NRW, Maßregelvollzug und Therapieunterbringung NRW, Betreuungswesen Hauptreferentin Andrea Vontz-Liesegang K -260

Gesundheit DST, Suchtmittelabhängigkeit, Teilhabe (SGB IX), Schwerbehindertenrecht (SGB IX) NRW

Hauptreferent Lutz Decker K -305

Dezernat V STADTENTWICKLUNG, BAUEN, WOHNEN UND VERKEHR

Beigeordneter Hilmar von Lojewski B -500

Raumordnung, Landesund Regionalplanung, integrierte Stadtentwicklung, Städtebau und Stadtplanung, Architektur und Baukultur

Referent Dr. Timo Munzinger K -277

Baurecht, Recht der Raumordnung und Landesplanung, Bodenrecht, Erbbaurecht, Liegenschaftswesen

Hauptreferentin

Eva Maria Levold K -287

Wohnungspolitik, Wohnraumförderung, Mietrecht, Wohnungs- und Immobilienwirtschaft

Stadtumbau (Wohnen), soziale Stadt

Referent

Sebastian Klöppel K -206

Verkehrswesen, Verkehrsinfrastruktur, Personenbeförderung, Güterverkehr und Logistik

Referent Thomas Kiel d‘Aragon B -520

Geoinformation, Vermessung, Bodenordnung, Freiräume, Grünflächen, Kleingartenwesen, Verkehrswesen NRW N.N. K -530

Externer Datenschutzbeauftragter:

IITR Datenschutz GmbH

Tel. 089/1891736-0

Interner Datenschutzkoordinator

Marcus Hülshorst K - 197

Dezernat VI KLIMA, UMWELT, WIRTSCHAFT, BRAND- UND KATASTROPHENSCHUTZ

Beigeordnete Dr. Christine Wilcken B -600

Klimaschutz, Energiepolitik

Referentin

Carina Peters K -630

Klimaanpassung, Resilienz, Brand- und Katastrophenschutz

Referentin

Alice Balbo K -650

Wärmewende, Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft

N.N. B -610

Grün in der Stadt, Natur- und Artenschutz, Nachhaltigkeit

Wiss. Mitarbeiterin

Inga Melchior K -640

Wirtschaftsrecht, Beihilfe- und Wettbewerbsrecht, Tourismus

Hauptreferentin

Barbara Meißner K -276

Innenstadt und Handel, Strukturpolitik

Referentin

Tanja Kohnen B -620

Dezernat VII RECHT UND VERWALTUNG

Beigeordnete Dr. Uda Bastians B -800

Kommunalverfassungsrecht NRW, allgemeines und besonderes Ordnungsrecht, Datenschutz, Kriminalprävention und Polizeirecht Hauptreferentin Kirstin Walsleben B -780

Verwaltungsorganisation, elektronische Verwaltungsleistungen, IT, kommunale Gebietsreformen

Referentin

Dr. Hanna Sommer B -770

Allg. Verwaltungsrecht/Verwaltungsverfahrensrecht, Entbürokratisierung, Zivil- und Urheberrecht, Statistik und Zensen

Referentin

Petra Laitenberger B -840

Digitale Infrastrukturen (Telekommunikation), Einwohner- und Personenstandswesen, Personalausweis/ Passwesen, Bundes- und Europawahlrecht Referent

Simon Japs B -750

Allg. Angelegenheiten des öffentlichen Dienstrechts, Personalmanagement im Öffentlichen Dienst, Aus- und Fortbildungen im Öffentlichen Dienst

Referentin

Jutta Troost K -760

Vergleichende Städtestatistik des DST Sachbearbeiterin Katrin Bär B -830

STÄDTETAG NORDRHEIN-WESTFALEN

DEUTSCHER STÄDTETAG

Gereonstraße 18-32, 50670 Köln

Tel.: +49 221 3771-0

Fax: +49 221 3771-128

E-Mail post@staedtetag.de

Internet http://www.staedtetag.de

Hausvogteiplatz 1, 10117 Berlin

Tel.: +49 30 37711-0

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Europabüro in Brüssel Avenue des Nerviens 9-31, B-1040 Bruxelles

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(K) = Köln

(B) = Berlin

(Br) = Brüssel

GESCHÄFTSSTELLE DES RATES DER GEMEINDEN UND

REGIONEN EUROPAS

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Behörden Spiegel / September 2023
Personelles
Grafik: Behörden Spiegel-Gruppe Quelle: Deutscher Städtetag Stand: September 2023
Foto:BS/Frank Nürnberger

Frieden und Sicherheit für unser Land

Berliner Gespräch mit Armeniens Botschafter Victor Yengibaryan

(BS/ps) Armenien, so groß wie Brandenburg, nur nicht so flach, liegt mit seinen über 4.000 m hohen Bergen zwischen Georgien, Aserbaidschan, dem Iran und der Türkei. Etwa drei Millionen Menschen wohnen in der ehemals kleinsten Sowjetrepublik. Seit September 1991 ist das Land ein souveräner Staat.

Der Sewansee in Armenien ist der größte Süßwassersee des Kaukasus. Er liegt fast 2.000 Meter über dem Meeresspiegel.

Zweimal so viele Armenier sind irgendwo in der Diaspora verteilt. Der reichste, Kirk Kerkorian, lebte einst in Amerika und der Berühmteste von allen, Charles Aznavour, in Frankreich. Mehr „Hörer“ hat bei uns wohl nur noch Radio Jerewan, ein fiktiver Sender mit hohen Einschaltquoten, vor allem mit seiner Ratgebersendung – Frage an Radio Eriwan: Welcher Unterschied besteht zwischen dem Kapitalismus und dem Sozialismus? Antwort: Der Kapitalismus macht soziale Fehler und der Sozialismus kapitale.

Um weder den einen noch den anderen zu machen, studierte Viktor Yengibaryan in Jerewan, der realen Hauptstadt, von 1998 – 2002 Soziologie. Danach Politik an der RuhrUniversität in Bochum und 2018 an der Fletcher School of Law Diplomacy. In den Folgejahren arbeitete er in leitenden Funktionen u. a. für die UN, die GIZ (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit), wurde Präsident des armenischen Rates der Europäischen Bewegung und war, bis zu seiner Akkreditierung als Botschafter 2021 in Berlin, Abgeordneter der armenischen Nationalversammlung.

„Da meine Ernennung zum Botschafter“, erklärt Yengibaryan , „mit der Bildung einer neuen Bundesregierung, der sogenannten Ampel-Koalition, in Deutschland zusammenfiel, war es eine gute Gelegenheit für einen diplomatischen Neustart und neue Kontakte.“ In dem institutionell hoch entwickelten Land sei es einfach gewesen, die richtigen Ansprechpartner in den verschiedenen Institutionen zu finden und relevante Informationen zu erhalten. Die größte Herausforderung für Armenien sei die Sicherheit. Deshalb liege der Schwerpunkt der Arbeit auf der Zusammenarbeit mit deutschen Partnern in diesem Bereich. Als ehemaliger Mitarbeiter des GIZ-Büros in Armenien habe er sich persönlich dafür eingesetzt, dass Armenien als Partnerland in die BMZ Wirtschafts- und Entwicklungsstrategie 2030 aufgenommen werde. Yengibaryan ist glücklich, dass dies nun von der Bundesregierung bestätigt worden sei.

Das symbolisiere eine neue Qualität und Ebene der Beziehungen: „Diese sind zwar seit der Aufnahme 1992 auf hohem Niveau gut, aber es ist meiner Meinung nach noch viel Luft nach oben für die Entwicklung der Beziehungen im wirtschaftlichen Bereich“, so der Botschafter.

Armenien ist froh, dass Brüssel dort seit Ende Januar 2023 mit einer Beobachtermission von etwa 100 Mitarbeitenden präsent ist, denn das vermindere das Risiko

neuerlicher Aggressionen von außen. Das umfassende und vertiefte Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und Armenien decke alle möglichen Politikbereiche ab und „dürfte vor allem als strategische Investition für unsere Wirtschaft sinnvoll sein“, sagt Yengibaryan Aktuell zählen die deutschen Di-

Seit Dezember 2021 ist Viktor Yengibaryan Armeniens Botschafter in Berlin.

Fotos: BS/Botschaft der Republik Armenien

rektinvestitionen zu den wichtigsten überhaupt und kommen etwa der Landwirtschaft und dem Tourismus, die sich in den letzten Jahren stark entwickelt haben, zugute. „Allein unsere Informationstechnologie wächst jährlich um 20 Prozent“, so der Armenier.

Neben der wirtschaftlichen Aufbruchstimmung zeigen sich auch Fortschritte bei den demokratischen Prozessen. Insbesondere im Weltindex für Pressefreiheit, der von Reportern ohne Grenzen veröffentlicht wird, konnte Armenien seine Position verbessern und liegt nun auf Platz 51 von 180 Ländern. Die Bekämpfung der Korruption hat sich auch auf den wirtschaftlichen Fortschritt ausgewirkt. „Nach Angaben des kanadischen Fraser-Instituts in Vancouver liegen wir in Bezug auf die wirtschaftliche Freiheit weltweit auf Platz elf“, erklärt Yengibaryan stolz.

Hierzulande wird Armenien oft noch im Zusammenhang mit dem armenischen Völkermord, dem ersten systematischen Genozid während des ersten Weltkrieges, und dem Berg-Karabach-Konflikt mit Aserbaidschan betrachtet. Dabei verfügt es über eine sehr reiche Kultur, einzigartige Natur und ist ein attraktives Tourismusziel. Das scheint sich neuerdings nach und nach zu ändern, denn mit den Urlauberzahlen geht es aufwärts und die Freigabe der Verkehrsverbindungen in der Region dürfte diese noch befördern.

Als Nation, die das Christentum im Jahre 301 als erste zur Staatsreligion erhob, profitiert Armenien noch

heute von den einzigartigen Bauwerken jener Zeit: den UNESCOWeltkulturerbe-Stätten Klöster von Haghpat und Sanahin, den Kathedralen und Kirchen von Etschmiadsin und archäologischen Funden in Zvartnots sowie dem Kloster von Geghard im Oberen Azat-Tal. Der Sewansee, einer der größten Gebirgsseen weltweit, ist vor allem im Sommer ein beliebtes Touristenziel. Zaghkadsor ist im Winter ein beliebtes Skigebiet und den Rest des Jahres zum Wandern und Picknicken geöffnet. Sehr sehenswert ist die 2800-jährige Hauptstadt Jerewan, deren Gebäude in der Mehrzahl aus rosafarbenem Tuffstein gebaut sind. „Pink City“ ist eine Mischung aus Moderne und historisch Beschaulichem. Eine Gedenktafel für Radio Jerewan, das vor allem durch die Zeitschrift Sputnik der russischen Presseagentur RIA Novosti europaweit bekannt wurde, gibt es dort (noch) nicht.

Territoriale Integrität wahren Doch der armenische Frühling könnte von kurzer Dauer sein, wenn der jahrzehntealte Konflikt mit Aserbaidschan um Berg-Karabach nicht gelöst wird. Immer wieder kommt es zu blutigen Zusammenstößen wie im April dieses Jahres, für die sich Baku und Jerewan gegenseitig verantwortlich machen.

„Armenien“, so Botschafter Yengibaryan, „wird seinen Weg zur Schaffung von Frieden in der Re-

Rezept des Botschafters

gion entschlossen fortsetzen.“ Im Prozess der Normalisierung der Beziehungen zu Aserbaidschan seien sowohl die gegenseitige Anerkennung der territorialen Integrität, die Unverletzlichkeit der Grenzen auf der Grundlage der Erklärung von Alma-Ata als auch die Gewährleistung der Rechte und der Sicherheit der Bevölkerung von Berg-Karabach von zentraler Bedeutung. Diese Übereinkunft solle nicht als Ermächtigung für ethnische Säuberungen und Willkür gegen die Bevölkerung von Berg-Karabach interpretiert werden, folgert der Diplomat. Die Rechte und die Sicherheit des Volkes von Berg-Karabach sollten unter internationaler Aufsicht im Rahmen eines Dialoges zwischen Baku und Stepanakert (Hauptstadt von Berg-Karabach) dringlich geklärt und nicht länger verzögert

werden. „Wir rufen die internationale Gemeinschaft auf, diesen Prozess zu unterstützen“, fordert Yengibaryan

Letztes Wort: „Seit Anfang Dezember 2022 wird die Bevölkerung von Berg-Karabach faktisch durch bewaffnete aserbaidschanische Kräfte belagert, indem man die einzige Zufahrtsstraße zwischen Armenien und der Region, den Latschin-Korridor, mit einem Grenzkontrollpunkt gesperrt hat und die humanitäre Krise in Berg-Karabach sich so von Tag zu Tag verschärft.“ Der Mangel an lebenswichtigen Gütern, Lebensmitteln und Medikamenten werde immer deutlicher und die Hungergefahr wachse, mahnt der Botschafter an.

Engagement des Bundeskanzlers

Selbst das Internationale Rote Kreuz muss immense Mühe aufwenden, um Kranke evakuieren zu dürfen: „Das ist eindeutig rechtswidrig und verstößt auch gegen den am 9. November 2020 unter Vermittlung Russlands zustande gekommenen Waffenstillstand. Übrigens ist die Gewährleistung der Sicherheit und der Rechte der Menschen in Berg-Karabach nicht nur eine Angelegenheit von Armenien, sondern geht uns alle an“, resümiert der gebürtige Taliner. Des Weiteren schätze Armenien das persönliche Engagement des Bundeskanzlers bei den Verhandlungen zwischen Armenien und Aserbaidschan und hoffe, dass Deutschland stärker dabei helfen werde, völkerrechtliche Vereinbarungen durchzusetzen, um den Frieden in der Region zu sichern. „Der Hoffnung zarte Knospen, morgens blühn sie und kleiden ihn in dichten Blumenschmuck und übermorgen, tödlich, kommt der Frost.“ Ach Shakespeare, wie recht dein König Heinrich VIII. doch hat. Aber das ist eine wirklich andere Geschichte.

Botschafter Viktor Yengibaryan (3. von rechts) beim Besuch des Präsidenten der Nationalversammlung der Republik Armenien, Alen Simonyan (2. von rechts)

Ghapama – Kürbis mit Aprikosen-, Reis- und Rosinenfüllung

Zutaten:

1 Kürbis, ca. 1 kg (Hokkaido- oder Muskatkürbis), 150 g Basmatireis, 50 g Rosinen, 50 g Aprikosen (jeweils nicht geschwefelt),

1 EL Honig, 2 EL Ghee, 20 g Butter, Salz Zubereitung:

Rosinen und Aprikosen waschen, trocknen und letztere zerkleinern. In der Pfanne das Ghee erhitzen und Rosinen und Aprikosen darin schwenken. Basmatireis kochen und Butter ins kochende Wasser geben. Abseihen und Rosinen und Aprikosen mit Reis mischen und in den zuvor ausgehöhlten Kürbis, dem der obere Teil abgeschnitten wird, füllen und zusammen mit dem abgeschnittenen Stück auf eine passende Auflaufform und in den heißen Ofen stellen.

Nach 40 Minuten herausnehmen, den „Deckel“ des HokkaidoRundlings lupfen und Honig auf Reis sowie die Früchte träufeln.

„Deckel“ drauf und für weitere 25 Minuten in die Röhre schieben. Man schneidet den Kürbis ähnlich wie einen Kuchen in Stücke.

Ghapama wird immer warm gegessen, entweder als Hauptgericht oder Nachtisch und wird traditionell zum Jahreswechsel oder zu Weihnachten zubereitet, das nach dem julianischen Kalender am sechsten Januar gefeiert wird. Der runde Kürbis soll die Welt symbolisieren, die Reiskörner die Menschen, die Rosinen und Aprikosen die unterschiedlichen Glaubensrichtungen. Zu der armenischen Leckerei passt außer Tee auch ein leichter Weißwein.

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 14 Diplomaten Spiegel
Foto: BS/Aleksandar, stock.adobe.com Foto: BS/daniko, stock.adobe.com

Es geht bergab

(BS/Marlies

Kommunen steht das Wasser bis zum Hals: kaum mehr zu bewältigende Kosten sorgen dafür, dass wichtige Innovationsprojekte ausgesetzt oder gar nicht erst begonnen werden. Der Unmut auch gegenüber Bund und Ländern wächst indes stetig.

Sowie um die Stadt Dresden ist es aktuell wohl um viele Kommunen bestellt: geringer ausfallende Steuereinnahmen, hohe Energiepreise, die Inflation und die Kosten bei der Unterbringung geflüchteter Menschen stellten eine große finanzielle Herausforderung dar, führt Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert aus. So groß, dass sich die Stadt im Juni 2023 dazu gezwungen sah, eine Haushaltssperre zu verhängen. In der Landeshauptstadt sei das unüblich, betont Hilbert. Besserung ist nicht in Sicht, denn die gestiegenen Kosten resultieren mehrheitlich aus kommunalen Pflichtaufgaben. Trotz der schwierigen Haushaltslage wolle Dresden auch weiterhin in seine Zukunftsfähigkeit investieren – Investitionsmittel seien von der Haushaltssperre daher ausgenommen.

Eine nachhaltige Verbesserung ließe sich durch die Unterstützung von Bund und Ländern erzielen, erklärt Hilbert und führt ein Beispiel an: „Wir gehen gegenwärtig von 40 Millionen Euro Zusatzkosten für die Unterbringung Geflüchteter allein in diesem Jahr aus. Demgegenüber stehen rund 6,5 Millionen Euro, die Dresdens Anteil an der Flüchtlingsmilliarde des Bundes sind.“

Einen deutlich schrofferen Tonfall schlägt der stellvertretende Geschäftsführer des Sächsischen Städte- und Gemeindetages (SSG Sachsen), Mischa Woitscheck, in Richtung der Verantwortlichen an: „Gesetzgeber und Regierung müssen endlich begreifen, dass die fetten Jahre vorbei sind. Das heißt: keine Wahlgeschenke, keine Standarderhöhungen mehr, insbesondere nicht bei den Sozialleistungen, keine Steuerentlastungen auf Kosten der Kommunen.“

Er bestätigt, dass die Probleme der Stadt Dresden auch für die übrigen sächsischen Städte gelten. Zentral sei der Rückgang an Steuereinnahmen bei gleichzeitig massiv ansteigenden Personal- und Sachkosten, die sich allein im ersten Quartal 2023 um rund 13 Prozent erhöht hätten. Darin seien die noch auszuzahlenden Leistungen aus dem aktuellen Tarifvertrag noch nicht

Krise herausführen? „Ein Teil der Kosten ist nicht beeinflussbar“, stellt Woitscheck klar. So müssten etwa die Tarifverträge trotz Gegenstimmen bei den vorausgegangenen Verhandlungen umgesetzt werden. Grundsätzlich brauche es mehr Investitionsmittel für Kommunen und weniger komplizierte Förderprogramme, da in der Vergangenheit Gelder aus Investpauschalen er-

„Die gestiegenen Kosten sind vielfach auf Entscheidungen des Bundes und des Landes zurückzuführen.“

einmal enthalten. Zusätzlich müssten ebenfalls im ersten Quartal 40 Prozent mehr Aufwendungen für soziale Leistungen durch die Kommunen bereitgestellt werden, ergänzt Woitscheck und mahnt: „ Das Haushaltsjahr 2023 wird daher absehbar mit einem neuen Rekorddefizit enden.“

Mehr Investitionen statt

Fördermittel

Infolge von absehbar nicht mehr ausgeglichenen Haushalten müssten Investitionen zurückgestellt oder gestrichen werden. Und das beziehe sich nicht nur auf innovative Projekte für Klimaschutz oder

Energiewende: „Allein in Sachsen beläuft sich der Investitionsbedarf bis 2026 auf rund zehn Milliarden Euro und der Instandhaltungsbedarf auf über zwei Milliarden Euro“, verdeutlicht Woitscheck den Ernst der Lage.

Doch welcher Weg könnte aus der

heblich schneller abgerufen worden seien, appelliert Woitscheck an die Länder. Darüber hinaus müssten den Kommunen mehr Freiheiten gewährt werden, um „[…] die überbordende Bürokratie abbauen zu können“. Der SSG Sachsen fordere ein Freiheitsgesetz, das die Kommunen von staatlichen Vorgaben für ihre Aufgaben entlaste und so auch die Selbstverwaltung erleichtere.

Auch in der Stadt Duisburg sieht man den Handlungsbedarf auf Bundes- und Länderebene. Stadtdirektor und Kämmerer Martin Murrack bemängelt, dass weder Bund noch Land trotz Konnexitätsprinzip eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Kommunen zur Verfügung stellten. Zusätzlich bewirkten Steuerentlastungsgesetze des Bundes Ertragsausfälle bei den Kommunen.

Für Duisburg ist die aktuelle Entwicklung besonders unerfreulich: dank konsequenter Einsparungs-

maßnahmen konnte auch 2022 zum achten Mal in Folge ein ausgeglichener Jahresabschluss erreicht werden, sodass die Stadt die langjährige Überschuldungssituation beenden konnte. „Die Bewahrung dieses Ziels wird allerdings durch massive Kostensteigerungen gefährdet“, mahnt Murrack.

So beliefen sich allein die finanziellen Schäden durch die CoronaPandemie und den Ukraine-Krieg für die Jahre 2021 und 2022 auf rund 132 Millionen Euro – hier sind die Mehrkosten aus 2023 noch gar nicht enthalten. Ihre Abschreibung sei ab dem Jahr 2026 für einen Zeitraum von 50 Jahren veranschlagt.

Die Unzufriedenheit gegenüber den Verantwortlichen in der Regierung liegt darin begründet, dass sich die Kommunen im Stich gelassen fühlen. Aufgaben werden an sie übergeben, ohne die weiteren Folgen zu bedenken – von der Finanzierungskapazität ganz zu schweigen. „Die gestiegenen Kosten sind vielfach auf Entscheidungen des Bundes und des Landes zurückzuführen“, erklärt Murrack, und führt als Beispiel den offenen Ganztag an. Hier solle das Angebot nach einer Entscheidung des Bundes ausgebaut werden, um allen Kindern im Primarbereich einen Ganztagesplatz verbindlich zu garantieren. Hier seien bereits jetzt erhebliche Kostensteigerungen zu erwarten, obwohl die notwendige Gesetzgebung auf Landesebene noch nicht einmal erarbeitet sei. Für Murrack ist klar: „Die zusätzlichen Belastungen müssen aus Sicht der Stadt Duisburg im Rahmen des Konnexitätsprinzips durch zusätzliche Mittel vom Land bzw. Bund finanziert werden, damit der Stadt kein Rückfall in die Überschuldung droht.“

Trotz der angespannten finanziel-

len Lage sollen geplante Investitionsmaßnahmen vollumfänglich umgesetzt werden, die überwiegend den Bereich der Daseinsvorsorge betreffen. Allerdings sei dies von der finanziellen Ausstattung durch Bund und Land abhängig, mahnt Murrack an und ergänzt: „Mit Blick auf die weitere Entwicklung der Gemeindefinanzierung […] erscheint dies derzeit fraglich.“

Grenzen des Leistbaren erreicht „Die Aussichten für die Kommunalfinanzen sind düster“, meint Christof Sommer, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW. Ebenso wie in Sachsen haben auch die nordrhein-westfälischen Kommunen mit sinkenden Steuereinnahmen und gleichzeitig enormen Kostensteigerungen zu kämpfen. Hier sind laut Sommer vor allem die Bereiche Energie, Bauvorhaben, energetische Sanierungen und Infrastrukturprojekte betroffen. Neben dem Ukraine-Krieg sieht Sommer die Ursachen in der Inflation, Lieferengpässen und dem Fachkräftemangel. Zusätzlich stellten Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten eine erhebliche Belastung dar. Die prekäre Lage bringt Sommer auf den Punkt: „Die Grenzen des Leistbaren sind erreicht, die eigenen Gestaltungsspielräume vor Ort bis zur Unkenntlichkeit geschrumpft. Die Politik muss dringend gegensteuern.“ Statt neuer Fördermittel brauche es verlässliche Mittel, die ein eigenständiges Arbeiten ermöglichten – denn gerade angesichts der massiven Herausforderungen seien die Kommunen auf weitere Unterstützung angewiesen. Ein Lösungsansatz etwa könnte laut Sommer die Erhöhung des Steueranteils im kommunalen Finanzausgleich sein.

Kommune Behörden Spiegel Berlin und Bonn / September 2023 www.behoerdenspiegel.de
.org Zukunft – Stadt und Region Die Veranstaltungsplattform des Behörden Spiegel Illustration: BS/Beate Dach unter Verwenudng von pathdoc, stock.adobe.com; metamorworks, stock.adobe.com
Martin Murrack, Stadtdirektor und Kämmerer Duisburg Vossebrecker) Deutschlands

Corona war noch ein zusätzlicher Katalysator für diesen Trend. Deutschlands größte Parfümeriekette Douglas schließt fast jede siebte Filiale. Der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof muss sich vom Staat retten lassen, um dann dennoch in vielen Städten einen Kahlschlag zu hinterlassen. Viele kleine Einzelhändler haben ihre Läden für immer geschlossen. Dort, wo die Welt für Gewerbe und Bürodienstleister noch in Ordnung ist, wirken die Innenstädte tagsüber vital, abends nach Geschäftsschluss hält man sich nicht wirklich dort gerne auf. Sie entwickeln sich zu Angsträumen. Das Personal der Geschäfte und der Büros sowie die Kundschaft sind abends zu Hause. Menschen, die dort früher gewohnt haben, sind schon längst vertrieben worden.

Das sind keine guten Aussichten für Deutschlands Innenstädte.

Der Niedergang der Innenstädte begann nicht mit dem Onlinehandel, sondern mit dem Zurückdrängen des inhabergeführten Einzelhandels. In zahlreichen Innenstädten ist eine Monokultur von Filialisten entstanden. Das ist nicht nur langweilig, sondern auch wenig identitätsstiftend.

Nun darf man natürlich nicht die Realität aus den Augen verlieren.

In Zeiten der Geizmentalität, aber auch in einer Zeit, in der die Mieten und die Energiepreise durch die Decke schießen sowie der Euro längst nicht mehr locker sitzt, können inhabergeführte Geschäfte mit den Konzernen nicht mehr mithalten.

Es nützt wenig, die guten alten Zeiten wieder beleben zu wollen und nur auf den Einzelhandel zu setzen.

Eine Klage über zu geringe Umsätze ist häufig ein Mangel an Ideen.

Was ist also zu tun? Die Antwort ist eigentlich recht simpel. Unsere Innenstädte müssen vitalisiert werden. Das geht nicht nur mit Natur und erst recht nicht mit Beton. Es braucht den Menschen, um Leben einzuhauchen. Vor allem Familien

Davier von fünf zu digitalisierende Verwaltungsdienstleistungen auf kommunaler Ebene erbracht werden, ist es offensichtlich, dass hier der Veränderungsdruck besonders hoch ist. Dabei ist bei aller berechtigter Kritik aber auch festzustellen, dass trotz knapper Haushaltsmittel und vieler unbesetzter Stellen die Digitalisierung der Verwaltungsprozesse in Eigenregie voranschreitet. Dies ist eine wesentliche Erkenntnis aus dem Trendbarometer Kommunalfinanzierung 2023, für das die TU Darmstadt in Kooperation mit komuno, der digitalen Plattform für Kommunalkredite, etwa 450 Finanzentscheider aus Kommunen, kommunalen Unternehmen und Finanzinstituten befragt hat. Dabei zeigen sich mit Blick auf die kommunalen Finanzverwaltungen weitere bemerkenswerte Fortschritte.

Hohe Digitalkompetenz beim Personal

Schon die Zahlen des Trendbarometers Kommunalfinanzierung 2022 belegen, dass die Mehrheit

Nicht nur auf den Einzelhandel setzen

Gestaltungsspielräume bei der Innenstadtentwicklung

(BS/Rolf Hartmann) Deutsche Innenstädte sind oft hübsch herausgeputzt. Und dennoch fühlt man sich nicht richtig wohl. Leerstehende Geschäfte senden ein negatives Signal. Große Einkaufszentren verwaisen. Immer mehr Menschen gehen lieber im Internet auf Shoppingtour.

Rolf Hartmann steuerte von 2004 bis Ende Oktober 2020 als Bürgermeister die Gemeinde Blankenheim.

Foto: BS/privat

in Anspruch nehmen. Innenstädte sind für ältere Menschen attraktiv. Sie können dort zu Fuß einkaufen und sind nicht auf das Auto angewiesen. Weil es immer mehr Menschen über 70 Jahre geben wird, ist diese Variante auch für Investoren interessant.

Dirk Schiereck ist Professor am Lehrstuhl für Unternehmensfinanzierung der Technischen Universität Darmstadt. Thomas Eitenmüller ist als Geschäftsführer für die Bereiche Sales und Business Development der komuno GmbH verantwortlich.

harmonisches Bild: Stadtzentren sollten Wohnraum, Gastronomie, Einkauf und Arbeit miteinander verbinden. BS/un-perfekt, pixabay.com

wurden wegen der hohen Mieten und der Umnutzung von Wohnraum aus den Fußgängerzonen verdrängt. Typische deutsche Innenstädte bestehen heute nur noch aus Geschäfts- und Büroimmobilien. Mit dieser Art der Nutzung lassen sich höhere Mieten erzielen. Das sind die Gesetze des Marktes. Nur der Staat kann hieran etwas ändern. Er muss es sogar, wenn er eine vollständige Verödung der Innenstädte verhindern möchte. Der Fokus soll nicht nur auf dem Handel liegen.

Vielmehr werden Bildung, Wohnen, Begegnung, Kultur und Dienstleistung gefördert werden müssen.

Vielfältige Nutzungskonzepte

Auch die Erneuerung von (Wohn-) Gebäuden, öffentlichen Räumen

und Spielplätzen muss im Mittelpunkt stehen. Oberflächlich betrachtet könnte die Idee zur Rettung der Innenstädte wie folgt aussehen: Ein Konzept, das eine Wohnnutzung in den oberen Stockwerken mit Einzelhandel, Gastronomie oder Kultur im Erdgeschoss vorsieht. Auch Arztpraxen und andere Dienstleister aus dem Gesundheitsbereich können zu einem bunteren Bild in den Innenstädten beitragen. Das Flair zentraler Stadtkieze ist eigentlich durch die Menschen entstanden, die sich diese Mieten in solchen Lagen längst nicht mehr leisten können. Insoweit ist die bloße Umwidmung von Geschäftszu Wohnraum zu kurz gedacht. Es wird keine nachhaltige Lösung sein, wenn das gutverdienende

kinderlose Paar den Sonnenuntergang mit einem Glas Rotwein auf der Dachterrasse seiner PenthouseWohnung genießen kann. Aber wer soll sich sonst diese Mieten in Premiumlagen noch leisten können. Der Mix wird es also machen. Die Städte könnten bauplanungsrechtlich insoweit Vorgaben machen, als dass Luxuswohnungen nur noch dort genehmigt werden, wo auch ein bestimmter Anteil von Sozialwohnungen angeboten wird. Je heterogener die Gesellschaftsschichten im Stadtkern sind, umso vitaler wird er sein. Und dort, wo Menschen wohnen, wird auch eingekauft: vor allem Produkte für den alltäglichen Gebrauch.

Senioren mitbedenken

Wenn es gelingt, den Pflegebedarf der älteren Menschen zu unterstützen und gleichzeitig die Stadtzentren zu beleben, nennt man das: Mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Eine Idee wäre das Einrichten des betreuten Wohnens.

Solche Angebote des Service-Wohnens richten sich vor allem an Senioren. Diese können in ihren gemieteten oder gekauften Wohnungen Dienstleistungen wie einen Hausnotruf, einen Hausmeister oder auch einen Reinigungsdienst

Digitalisierung kommunaler Finanzverwaltungen

Trendbarometer Kommunalfinanzierung 2023

(BS/Dirk Schiereck*/Thomas Eitenmüller*) Expertenkreise schätzen mit Blick auf Platz 18 für Deutschland beim Digital Economy and Society Index der EU-Mitgliedsstaaten mittlerweile einen Rückstand in der Verwaltungsdigitalisierung von 20 Jahren gegenüber den kleineren Nachbarländern Österreich, Dänemark und den Niederlanden.

der befragten Kommunen den Fortschritt bei der Digitalisierung interner Abläufe als zufriedenstellend oder besser beurteilt. Dieser Trend hat sich weiter verstärkt, und in diesem Jahr fällt das Urteil auch bei den externen digitalen Diensten für die Bürgerinnen und Bürger erstmals überwiegend positiv aus. Mit einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr von sieben Prozentpunkten sieht die Hälfte der Befragten (49 Prozent) hier deutliche Fortschritte.

Eine Erklärung dieser sehr positiv wahrgenommenen Digitalisierungsfortschritte in den kommunalen Finanzverwaltungen bieten zum einen viele Kämmerer, die in den Kommunen als Treiber der Digitalisierung agieren und so den digitalen Fortschritt aktiv mitgestalten. Zum anderen stützen sich die Finanzverwaltungen immer mehr auf das große digitale Know-How der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das mittlerweile schon 86 Prozent (Vorjahr: 77 Prozent) als mindestens zufriedenstellend einstufen.

Hohe Attraktivität digitaler Finanzierungsplattformen

Die Kämmereien zeigen eine große und wachsende Aufgeschlossenheit, neue Wege zu beschreiten. So nutzen bereits 39 Prozent der Befragten für das Trendbarometer Kommunalfinanzierung digitale Plattfor -

Trotz Rückstand im europaweiten Vergleich schreitet die Verwaltungsdigitalisierung auch in Deutschland schrittweise voran. Foto:BS/Anna, stock.adobe.com

men bei ihrer Finanzbeschaffung. Neben der guten Transparenz und der Vergleichbarkeit der Kreditangebote, die 83 Prozent als Vorteile betonen, spielen vor allem auch die attraktiven Kreditkonditionen eine wichtige Rolle. Zudem sind die Faktoren der einfachen Bedienbarkeit (71 Prozent) und Zeitersparnis (71 Prozent) bedeutsam, und mit Blick auf eine zunehmend kritischere Öffentlichkeit betonen mehr als 50 Prozent die gute Dokumentation aller Vorgänge. Umgekehrt ist ein zentrales Argument aus den Kämmereien, warum sie aktuell keine Kommunalkredit-Plattform nutzen, der fehlende Kreditbedarf (32 Pro-

Nun sind nicht alle Innenstadtkerne so attraktiv, dass die Vermietung von Wohn- und Geschäftsräumen ein Selbstläufer wäre. Um neue Konzepte umsetzen zu können, braucht es die Unterstützung der Kommunen. Städte müssen flexibler werden. Sie müssen Baugenehmigungen kreativer denken. Die Zwischennutzung von Gebäuden und Flächen über einen begrenzten Zeitraum muss auch genehmigungstechnisch möglich sein. So könnten Startups vorübergehend günstig ein Objekt mieten. Eigentümerinnen und Eigentümer vermeiden damit Leerstandskosten.

Leerstand vermeiden

Denn mit Leerstand von einzelnen Geschäften – vor allem wenn es um sogenannte Magnetbetriebe geht – beginnt ein fataler Teufelskreis. Wo es leere Schaufenster gibt, kommen schnell weitere hinzu. Diese Orte werden für die Menschen unattraktiv. Unter dieser fehlenden Kundenfrequenz leiden auch die umliegenden Geschäfte und Gastronomie. Da hilft ein aktuelles Förderprogramm in Nordrhein-Westfalen passgenau. Die Kommunen können leerstehende Ladenlokale anmieten und sie günstiger weitervermieten. Leerstände werden vermieden und zügig wiederbelebt. Dabei sollte man auf Bereiche Wert legen, die kein Problem mit dem Online-Handel haben. Das sind vor allem Angebote aus dem Bereich Gastronomie, Freizeit und Handwerk, wie Optiker, Akustiker und Friseur. Eine neue Frisur erhält man eben nicht im Internet, auch in absehbarer Zukunft nicht.

zent). Diese vielfach sehr auskömmliche Finanzierungssituation wird sich allerdings in der Breite kaum fortsetzen, denn der Städte- und Gemeindebund erwartet bereits für das laufende Jahr ein Defizit über alle Kommunen in Deutschland von 6,4 Milliarden Euro.

Konsolidierung im digitalen

Kommunalkreditgeschäft

Ein weiterer Hemmschuh bei der voranschreitenden Etablierung digitaler Finanzierungsplattformen, den fast jede fünfte Kommune angeführt hat, ist inzwischen entfallen. Denn wie generell bei dezentral vorangetriebenen Digitalisierungs-

initiativen zu beobachten, haben auch in der Kommunalfinanzierung viele Kämmereien sich bislang abwartend geäußert angesichts mehrerer, konkurrierender Plattformen für Kommunalkredite. Das Management mehrerer Schnittstellen zu verschiedenen Anbietern erschien aufwendig und hat die Gefahr eingeschlossen, sich für Anbieter zu entscheiden, die langfristig nicht wettbewerbsfähig sind. Schließlich hatten digitale Kreditmarktplätze zwar schon eine breite kommunale Kundenakzeptanz erreicht, aber die finale Konsolidierung dieses Marktes wurde gerade erst jetzt abgeschlossen. Nachdem sich schon zu Beginn des Jahrzehnts Commnex als digitaler Marktplatz für Kommunalfinanzierungen zurückgezogen hatte, wurde 2023 das deutsche Geschäft sowohl von loanboox als auch einige Monate später von Capveriant auf die komuno GmbH übertragen, die somit als einzige bankübergreifende Plattform im Kommunalfinanzierungsmarkt aktiv ist. Diese Bereinigung der Marktstruktur wird die Digitalisierung der Kommunalfinanzierung mit nur noch einer verbliebenen, dominanten Schnittstelle stark vereinfachen und an Dynamik absehbar gewinnen lassen.

Bemerkenswerterweise belegen die Ergebnisse des Trendbarometers Kommunalfinanzierung zudem, dass sich die kreditgebenden Bankpartner immer stärker von den kommunalen Finanzverwaltungen gedrängt sehen, mit ihnen auf die digitale Plattform zu wechseln. Die Kämmereien zeigen sich also auch hier als Treiber der Digitalisierung.

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 16 Kommunalpolitik
Ein
BS/TU Darmstadt Foto: BS/komuno
Foto:

Hannover war Mitbegründerin des europäischen Klima-Bündnisses und ist Gründungsmitglied von Local Governments for Sustainability (ICLEI). 1998 wurde von der Stadt mithilfe der Stadtwerke (heute enercity AG) der einmalige Förderfonds proKlima gegründet, der Klimaschutzmaßnahmen lokal fördert. Mit Gründung der Klimaschutzagentur Region Hannover kam eine weitere Organisation hinzu, die Kampagnen und Beratungen für die Menschen und Unternehmen in Stadt und Region anbietet. Die Klima-Allianz Hannover arbeitet seit 2008 kontinuierlich am Thema Klimaschutz.

Mit Unterstützung zahlreicher Expertinnen und Experten hat die Stadt Hannover mit dem „Klimaschutzprogramm Hannover 2035“ nun 53 Empfehlungen zu umsetzbaren Maßnahmen auf kommunaler Ebene erarbeitet, um die Klimaneutralität zu erreichen.

Es wurden u. a. die folgenden übergreifenden Handlungsfelder

definiert:

Wärmewende beschleunigen: Den Wärmebedarf deutlich senken, erneuerbare Energiequellen und Abwärme viel stärker nutzen. Den Gebäudebestand energetisch modernisieren, zusätzliche Beratungsangebote für Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer sowie Erleichterungen bei der Umsetzung sollen dies fördern. Energetische Quartierskonzepte und eine kommunale Wärmeplanung setzen den übergeordneten Rahmen. Hannover hat als eine der ersten Kommunen in Deutschland eine Fernwärmesatzung im Bestand erlassen und arbeitet eng mit dem lokalen Energieversorger an der Ausweitung der Fernwärme auf dem Stadtgebiet zusammen. Der lokale Kohleausstieg bis 2026 ist hierbei eine weitere große Aufgabe.

Klimaschutzprogramm Hannover

Angestrebte Klimaneutralität bis 2035

(BS/Anja Ritschel*) Der Ratsbeschluss zur Klimaneutralität bis 2035 stellt für die Landeshauptstadt Hannover eine große Herausforderung dar. Allerdings hat Hannover mit dem ersten Klimaschutzprogramm (1992) und der Gründung der Klimaschutzleitstelle (1994) schon frühzeitig mit dem lokalen Klimaschutz begonnen.

Erneuerbare Energien ausbauen: Hannover hat vor allem bei PV-Anlagen noch große Ausbaumöglichkeiten an Fassaden, auf Haus-, Lager- oder Sporthallendächern. Zusammen mit dem kommunalen Energieversorgungsunternehmen wird die klimafreundliche Energieerzeugung weiter vorangetrieben. Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer, Unternehmen und Sportvereine werden beraten, wie sie selber Strom und Wärme erzeugen können.

Mobilitätswende voranbringen: In Hannover verursacht der Verkehr heute rund 22 Prozent aller Treibhausgase. Die Mobilitätswende zu vollziehen bedeutet, dem emissionsfreien und klimaneutralen Transport von Personen und Gütern konsequent den Vorrang einzuräumen. Der Ausbau der Fahrradinfrastruktur wird vorangetrieben. Gleichzeitig soll die Aufenthaltsqualität in Hannover durch Neuordnung der Verkehrsflächen deutlich erhöht werden. Das kommunale Mobilitätsmanagement

Anja Ritschel ist seit Januar 2022 Wirtschafts- und Umweltdezernentin der Lande sh auptstadt Hannover. Sie war von 2008 bis 2020

(Erste) Beigeordnete der Stadt Bielefeld.

Foto: BS/Landeshauptstadt Hannover

Fakt ist: Das Taxigewerbe hat schon seit Jahrzehnten mit rückläufigen Kundenzahlen zu kämpfen. Die Auslastung der Taxifahrenden geht nicht erst seit dem Markteintritt der Vermittlungsplattformen zurück und kann somit auch nicht monokausal darauf zurückgeführt werden. In Hamburg liegen die Besetztzeiten von Taxis seit Beginn der statistischen Erfassung 2006 – also lange bevor Bolt und seine Wettbewerber verfügbar waren – beständig zwischen 25 und 35 Prozent (siehe die jährlichen Berichte zur wirtschaftlichen Lage des Hamburger Taxigewerbes). Taxifahrende dort machen im Schnitt nur

1,2 Fahrten pro Stunde. In Berlin lag die Auslastung laut Taxigutachten 2016 nur bei 27 Prozent. Zum

Vergleich: Bolt-vermittelte Mietwagen sind im Schnitt zu 60 Prozent der Zeit ausgelastet und führen durchschnittlich zwischen 2,2 und 2,4 Fahrten pro Stunde durch.

Immer wieder werden Stimmen laut, die zur Rettung des klassischen Taxigewerbes Beschränkungen für den Mietwagenverkehr fordern und beispielsweise Mindestpreise für Personenbeförderungen befürworten. Mit der Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes im Frühjahr 2021 hat der Bundesgesetzgeber für Kommunen auch tatsächlich theoretisch die Mög-

Dustin Williams ist seit 2021 Public Policy Manager der Firma Bolt für die DACH Region. In seiner Funktion hat er den Einstieg der Firma Bolt in den deutschen Markt seit Mai 2021 begleitet.

Foto: BS/Public Policy Manager

entwickelt klimaverträgliche Güterverkehrskonzepte, gestaltet den Umweltverbund attraktiver und konzipiert neue Angebote. Vorreiterin ist die Landeshauptstadt Hannover bei der Elektromobilität. Bei der öffentlichen Ladeinfrastruktur belegt Hannover im Vergleich einen der vorderen Plätze und die Umstellung des eigenen Fuhrparks schreitet voran.

Natürliche CO2-Speicher erweitern: Mehr Grün in der Stadt und entsiegelte Flächen ermöglichen die zusätzliche Speicherung von CO2 und erhöhen zudem die Aufenthaltsqualität. Wie sich diese natürlichen Klimaschutzkomponenten entwickeln, wird zukünftig genau erfasst, um deren Schutz, Neupflanzungen oder Entsiegelung noch gezielter zu planen.

Klimaneutrale Stadtverwaltung

2030 umsetzen: Die Stadtverwaltung nimmt sich selbst unter die Lupe. Auf Basis einer Ist-Analyse werden neue Ziele in den Handlungsfeldern Liegenschaften, Mobilität und Anlagen für eine klimaneutrale Stadtverwaltung im Jahr 2030 formuliert und entsprechende Umsetzungsschritte festgelegt.

Bildungsarbeit für den Klimaschutz stärken: Energiespartipps sind dann besonders erfolgreich, wenn sie auf motivierte und informierte Nutzerinnen und Nutzer treffen. Dazu werden entsprechende Bildungsangebote von Umweltbildungseinrichtungen und Stadt entwickelt.

Klimaverträglich wirtschaften: Klimawandel und gestiegene Energiepreise stellen die lokale

Chance statt Verdrängung

Wie Plattformen die Zukunft des Taxigewerbes sichern können

(BS/Dustin Williams) Sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch in der Öffentlichen Verwaltung und bei politischen Entscheidungstragenden werden Vermittlungsplattformen wie Bolt, Uber oder FreeNow oftmals als direkte Konkurrenten des klassischen Taxigewerbes angesehen. Unter anderem dank der durchschnittlich günstigeren Preise für Mietwagen-Fahrten werden sie oft als Sargnagel für die Taxibranche wahrgenommen. Doch droht dem Gewerbe durch den Aufstieg der Plattformen tatsächlich das Aus? Oder liegen die Probleme der Branche anderswo?

Statt die Vermittlungsplattformen an den Pranger zu stellen, sollte man den stetigen Rückgang der Taxibuchungen aus Kundensicht betrachten und auf dieser Grundlage Lösungen finden. Klassische Taxifahrten entsprechen aus vielerlei Hinsicht nicht mehr den heutigen Kundenbedürfnissen. Taxis sind in puncto Vertriebsweg, Flexibilität und Bezahlung für viele nicht mehr zeitgemäß und durch die starren Tarifregelungen der Kommunen häufig zu teuer.

Kundenbedürfnisse berücksichtigen

Wirtschaft vor enorme Herausforderungen: Daher sind Produktion, Produkte und Dienstleistungen deutlich energiesparender und klimaschonender zu gestalten. Für kleine und mittlere Unternehmen soll das bekannte e.coBizz-Programm ausgebaut werden: Wie das Programm Ökoprofit für große Unternehmen bietet es Beratung und Unterstützung in Richtung Nachhaltigkeit für Lieferketten, Ressourcen und Produkte. Beratungs- und Förderangebote erweitern: Mit der Klimaschutzagentur Region Hannover und dem enercity-Fonds proKlima gibt es renommierte Beratungs- und Fördereinrichtungen. Dem stark gestiegenen Beratungsbedarf lässt sich nur durch ein erweitertes Angebot gerecht werden. Im Fokus stehen begleitende Angebote für Eigentümergemeinschaften und private Mehrfamilienhausbesitzende im Wohnungsbau, nachhaltige Baustoffe, erneuerbare Erzeugungsanlagen, Beratungen zur Verkleinerung von Wohnflächen und soziale Abfederung der Energiewende.

Der überwiegende Teil der Maßnahmen befindet sich in der Umsetzung, andere Maßnahmen sind in der Planung.

Jedoch ist Hannover, so wie andere Kommunen auch, von den Rahmenbedingungen des Bundes abhängig, so zum Beispiel bei den Standards zur Modernisierung von Gebäuden.

Die Zielerreichung einer 95-prozentigen Verminderung der Treibhausgase und die Halbierung des Energiebedarfs ist Voraussetzung für die angestrebte Klimaneutralität bis 2035. Ein ehrgeiziges Ziel, das nur in einem gemeinsamen Kraftakt mit allen erforderlichen Akteurinnen und Akteuren zu stemmen ist.

Taxigewerbe, sondern darin, das Zusammenspiel beider Akteure zu fördern und auf die sich ändernden Kundenbedürfnisse einzugehen. Das bedeutet unter anderem, das Taxigewerbe für neue, digitale Vertriebswege zu öffnen sowie die Tarifregelungen zu flexibilisieren. München hat es vorgemacht und die Möglichkeit geschaffen, auch für Taxifahrten vorab einen Festpreis zu wählen.

Plattformen können dem Taxigewerbe zudem als weiterer Vertriebsweg dienen und somit die Kundinnen und Kunden überzeugen, die den Komfort App-basierter Buchungen und vorab festgelegter Preise bevorzugen.

Miteinander statt gegeneinander: Plattformbetreibende und Taxigewerbe können voneinander profitieren.

lichkeit geschaffen, Mindestbeförderungsentgelte für den Mietwagenverkehr zu erlassen. Seitdem prüfen einzelne Kommunen die Möglichkeit, einen Mindestpreis für Mietwagen einzuführen, um den Taxiverkehr gegen einen vermeintlichen Wettbewerb durch Mietwagen zu schützen. Doch können Taxifahrende dadurch Kundinnen und Kunden zurückgewinnen?

Urteil des Europäischen

Gerichtshofs

Ein solch weitreichender Eingriff in den Wettbewerb würde nicht nur die Lebensgrundlage für ca. 40.000 Mietwagenfahrende in Deutschland gefährden und den Kundenbedürf-

nissen zuwiderlaufen. Gleichzeitig würde diese Maßnahme nicht die gewünschten Steuerungseffekte entfalten, da das Mietwagengewerbe primär neue Kundengruppen erschließt, die nicht automatisch zum Taxi „zurückkehren“. Zudem sind der Einführung von Mindestbeförderungsentgelten hohe rechtliche Hürden gesetzt. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Juni 2023 kam zu dem Schluss, dass Regulierungen, welche den Mietwagenverkehr zum Schutz der Wirtschaftlichkeit des Taxis über Gebühr einschränken, gegen europäisches Recht, insbesondere gegen die Niederlassungsfreiheit, verstoßen.

Plattform-vermittelte Fahrten hingegen bieten neben der oft niedrigeren Preisstruktur die komfortable Bezahlung per App, die Sicherheit, bereits vor Fahrtantritt den vollen Preis zu wissen und die Möglichkeit der Integration weiterer Verkehrsmittel für Kundinnen und Kunden, die multimodal unterwegs sind –und beispielsweise, ohne die App wechseln zu müssen, eine Fahrt mit E-Scooter oder Elektrofahrrad anschließen wollen. Taxiunternehmen, die mit multimodalen Plattformen zusammenarbeiten, haben somit zusätzlichen Zugang zu Millionen von Kundinnen und Kunden, die sich ansonsten eher selten für eine Taxifahrt über klassische Vertriebswege entscheiden würden. Die Lösung liegt daher also nicht in weiteren Auflagen für Mietwagenanbieter oder Subventionen für das

Kurzum: Statt die Plattformbetreibenden und das Taxigewerbe gegeneinander auszuspielen, sollte die Neustrukturierung als Chance für die Personenbeförderung gesehen werden. Schließlich spielen Mietwagen und Taxis im Zusammenspiel mit anderen Mobilitätsformen eine gewichtige Rolle in der Verkehrswende, hin zu einer nachhaltigen, flexiblen und kundenorientierten Mobilität.

Webinarhinweis

Zum Thema Personenbeförderungsgesetz organisiert der Behörden Spiegel am 24. Oktober 2023 auf NeueStadt.org ein kostenfreies Webinar mit Beteiligung von Bolt. Das ausführliche Programm finden Sie unter www.neuestadt.org/ events/kommunenankerpunkt/

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 17 Kommunalpolitik
Hannovers Altstadt ist bereits in Teilen begrünt und unterstützt so die Klimaziele. Bis 2035 plant die Stadt, klimaneutral zu werden. Foto: BS/HMTG, pixabay.com Foto: BS/Bolt

VIER FRAGEN – VIER ANTWORTEN

Inter view mit Klaus King, Bürgermeister des Marktes Oberstdorf

Foto: BS/Markt Oberstdorf

Behörden Spiegel: Was hat den Anstoß dazu gegeben, den Tourismus in Oberstdorf nach Aspekten der Nachhaltigkeit umzugestalten?

Klaus King: Unser Leben wird geprägt von einem sich weiter beschleunigenden Alltagstempo, multiplen Krisen, einer zunehmenden Digitalität. Gleichzeitig wächst die Sehnsucht nach einer „heilen“ und nachhaltigen Welt.

Nachhaltigkeit ist die Basis unserer touristischen Strategie und unsere Lebenseinstellung. Daher wird es ein kontinuierlicher Prozess sein, unser Handeln und unsere Produkte nachhaltiger zu gestalten. Es geht darum, die Bergnatur zu schützen, den Urlaubs- und Lebensraum zu erhalten und die Tradition und das Brauchtum zu bewahren. Der Mensch und die Natur stehen bei uns im Mittelpunkt und wir tragen die Verantwortung für die Zukunft und die nachfolgenden Generationen.

Oberstdorf bietet die Grundlage für einen Ganzjahrestourismus. Unser Kapital ist die einzigarte Bergnatur der Allgäuer Alpen, die geprägt ist von den vier Elementen, die im Naturraum erlebt werden können. Darüber hinaus ist uns die soziale Verantwortung gegenüber unserer lokalen Gemeinschaft wichtig. Unsere authentischen Bewohnerinnen und Bewohner prägen Oberstdorf und fördern das kulturelle Erbe und die Tradition. Um unsere Natur zu bewahren und zu schützen, hat Tourismus Oberstdorf im Jahr 2022 die Strategie weiterentwickelt und bezieht in der Positionierung klare Stellung: „Gemeinsam übernehmen wir Verantwortung für

Die genauen Auswirkungen auf die Ökosysteme, auf die Tierwelt wie auch auf die Gesundheit des Menschen sind noch weitgehend unerforscht. Die Flut an Plastikabfall ist nicht nur ein alarmierendes Symptom unseres verschwenderischen Umgangs mit kostbaren fossilen Ressourcen, sondern sie ist auch gesundheits- und umweltschädlich. Toxische Substanzen und Zusatzstoffe, die unsere Plastikprodukte formbarer oder stabiler machen sollen, gelangen auf verschiedenen Wegen in die Umwelt und in unsere Körper. Zudem ist Plastik ein extrem langlebiges Material, das sich nicht natürlich abbauen lässt. Paradoxerweise werden Einweg-Verpackungen, deren Nutzungsdauer wenige Tagen oder Stunden beträgt, aus diesem Material gefertigt, das Jahrhunderte braucht, um zersetzt zu werden. Nicht nur Plastik, das in die Umwelt gelangt, ist ein Problem. Auch die Verwertung und Aufbereitung von Plastik für eine erneute Nutzung ist ressourcen- und energieaufwendig, sodass viel von dem Abfall einfach verbrannt oder ins Ausland exportiert und dort teilweise illegal deponiert wird.

Kreislaufwirtschaftsgesetz verringert

Abfallmengen

Das Plastikproblem hat also viele Facetten: Ressourcenverschwendung durch Einwegprodukte, giftiger Abfall in der Umwelt, gesundheitliche Folgen durch Additive im Plastik und hohe Emissionen bei der Herstellung und beim Recycling. Einwegplastik ist besonders problematisch und gerade Firmen sollten hier im Sinne der Ressourceneffizienz umdenken und auf Mehrwegkonzepte umstei-

Ferienort mit Weitblick

Oberstdorf gewinnt Wettbewerb zu nachhaltigem Tourismus

(BS) Dass Urlaubsorte auch klimafreundlich gestaltet sein können, beweist Oberstdorf im bayerischen Allgäu: Im Bundeswettbewerb „Nachhaltige Tourismusdestinationen” belegt der Ort den ersten Platz. Der Erste Bürgermeister Klaus King erläutert sein Konzept für nachhaltigen Tourismus und stellt laufende Projekte vor. Die Fragen stellte Marlies Vossebrecker.

die Zukunft. Für ein nachhaltiges Oberstdorf in den Allgäuer Alpen.“ In der Überarbeitung der Strategie wurden die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen sowie die Bedürfnisse der Gesellschaft und Megatrends berücksichtigt.

Behörden Spiegel: Welche Maßnahmen zum Zweck der Nachhaltigkeit im Tourismus haben Sie angewendet? Gibt es dazu ein bestimmtes Beispielprojekt?

Klaus King: Es gibt viele touristische Maßnahmen, die auf das Themenfeld Nachhaltigkeit einzahlen.

Im Bereich der Mobilität wurde zum Juli 2022 das Angebot „Bus inklusive“ für Oberstdorfer Übernachtungsgäste eingeführt, um die Verkehrsbelastung zu reduzieren. Daneben können die Oberstdorfer Bürgerinnen und Bürger seit November 2022 dank der Mobilitätskarte kostengünstig und umweltfreundlich Bus fahren. Ziel ist es, dass die Verkehrsbelastung und der CO2-Ausstoß auch von der Oberstdorfer Bevölkerung reduziert werden.

„Zämed duss“ ist eine Kampagne für mehr Respekt und Miteinander in der Natur. Ein Projekt daraus sind Tischaufsteller für die Alpen

und Hütten, um über das kulturelle Gut noch stärker nach außen zu sensibilisieren. Außerdem wird das touristische Angebot weiter diversifiziert: Im Zuge des Klimawandels braucht es insbesondere in den Wintermonaten Anpassungen, damit Zusatz- oder Ersatzangebote entwickelt werden können.

Darüber hinaus gibt es seit Januar 2023 einen Klimabeirat. Die Initiative hat zum Ziel, auf Basis einer Bestandsanalyse eine Klimaanpassungsstrategie zu erarbeiten, welche die Arbeitsfelder Energie, Mobilität und Klimawandel umfasst.

Behörden Spiegel: Wie ist die Zusammenarbeit mit den Beteiligten vor Ort verlaufen, etwa mit Hotels? Haben Sie hier gemeinsame Konzepte entwickelt?

Klaus King: Im Februar 2022 wurden die touristischen Akteure im Tourismusbeirat in die Entwicklung Oberstdorfs zur nachhaltigen Tourismusdestination einbezogen. Aus einer Statusbestimmung wurden Leitsätze und Umsetzungsideen für alle Dimensionen der Nachhaltigkeit entwickelt, also Ökologie, Ökonomie und Soziales. Um eine zielgerichtete Umsetzung zu ermöglichen, wurden die

Maßnahmen nach den Kriterien des DTV-Praxisleitfadens „Nachhaltigkeit im Deutschlandtourismus“ und des Global Sustainable Tourism Council (GSTC) bewertet. Es entstanden fünf Fachgruppen des Tourismusbeirats und von Tourismus Oberstdorf, in denen das Thema vertieft und Maßnahmen erarbeitet wurden. Jede der Fachgruppen hat zur Umsetzung einen Projektplan entwickelt und trifft sich für die Umsetzung in regelmäßigen Abständen. Unsere Oberstdorfer Gastgeberinnen und Gastgeber übernehmen Verantwortung für eine nachhaltige Zukunft und werden kontinuierlich sensibilisiert. Bereits 2021 haben wir unsere Gastgebenden auf den Weg zur nachhaltigen Tourismusdestination mitgenommen. Auf der Agenda standen die nachhaltige Entwicklung im Tourismus, Praxisbeispiele, ein Status-quo Bericht zur nachhaltigen Entwicklung in Oberstdorf sowie das Projekt „Nachhaltige Gastgeber*innen“. Über 50 Nachhaltigkeitsmerkmale stehen ihnen für die Selbsteinschätzung zur Verfügung und spiegeln die vorhandenen Maßnahmen der Unternehmen wider. Gäste können über eine separate Gastgebersuche nach bestimmten Betriebsmerkmalen nachhaltige Gastgebende finden. Erfüllt der Be-

(Mehr-)Wege aus der Plastikkrise

Richtlinien aus der Politik erforderlich

(BS/Sarah Jordan*) Ob in Form von Fischernetzen, PET-Flaschen, wild deponiertem Verpackungsmüll, Nano- oder Mikroplastikpartikeln: Plastik wurde mittlerweile an den entlegensten Orten der Welt und sogar in der Nahrungskette festgestellt. Schätzungen zufolge haben sich bereits rund 150 Millionen Tonnen Plastik in den Weltmeeren angesammelt.

geboten werden, möglich sein, eine Mehrwegverpackung zu bekommen oder die eigenen Behältnisse befüllen zu lassen. In der Umsetzung zeigen sich jedoch Defizite: In vielen Betrieben wissen die Mitarbeitenden nicht einmal, dass es diese Pflicht gibt und es bleibt wieder einmal an Kundinnen und Kunden hängen, ihr Recht einzufordern.

Forderungen an die Politik

trieb fünf oder mehr Einzelmerkmale, so wird er mit dem weiteren Merkmal „nachhaltig Reisen“ gekennzeichnet und in der allgemeinen Gastgebersuche ausgespielt.

Behörden Spiegel: Welche neuen Nachhaltigkeitsprojekte haben Sie aktuell nach der Preisverleihung im Blick - oder ist das vorerst nicht mehr notwendig?

Klaus King: Aktuell laufen verschiedene Projekte wie etwa das Tandem-Programm „Vom Reden zum Handeln – Praxisimpulse für Klimaschutz und biologische Vielfalt im Deutschlandtourismus“. Hierbei geht es um den Austausch und die Vernetzung sowie um die gemeinsame Entwicklung von Lösungsansätzen mit dem Schwerpunkt auf Klimaschutz. Der Tandem-Partner von Oberstdorf ist Bad Dürrheim. Außerdem gibt es das Dachkonzept „Berg. Natur. Kultur – ming Plätzle im Naturraum Oberstdorf“. Hinter dem Dachkonzept verbergen sich wahre Naturschätze, die anhand einer naturräumlichen Bestandsaufnahme definiert werden müssen. Insgesamt sollen neun Resonanzorte im Bergnaturraum Oberstdorf ermittelt werden, bei denen es sich um geografische, geologische oder geschichtliche Besonderheiten handelt und eine Geschichte erzählt werden kann. Durch ein Partnernetzwerk werden die Besonderheiten herausgearbeitet. So können sich die Plätze nachhaltig im Bewusstsein der Menschen verankern, einen Wiedererkennungswert schaffen und zur Sensibilisierung im Naturraum beitragen.

Nicht nur im städtischen Raum stellt Plastikmüll ein großes Problem für die Umwelt dar. Recycling allein reicht nicht aus – es braucht verbindliche Vorgaben. Foto: BS/dayamay, pixabay.com

gen. Der beste Abfall ist nämlich der, der gar nicht erst entsteht. Das lässt sich auch dem deutschen Kreislaufwirtschaftsgesetz entnehmen: die fünfstufige Abfallhierarchie gibt eine Rangfolge für das Abfallmanagement vor. Das oberste Ziel ist dabei immer die Vermeidung, gefolgt von Wiederverwendung und Recycling.

Die ersten beiden Stufen werden zu häufig noch vernachlässigt, denn der verbreitete Aberglaube, man könne sich aus dem Plastikproblem “herausrecyclen”, hält sich hartnäckig und wird von der Kunststoffindustrie unterstützt. Natürlich liegt ein plastikfreier oder -armer Lebensstil auch in der Ver-

antwortung der einzelnen Verbraucherinnen und Verbraucher. Viele tagtägliche Entscheidungen können einen Beitrag leisten: Beim Einkaufen statt einer neuen Plastiktüte die eigenen Taschen oder Stoffbeutel verwenden, Pfandflaschen aus Glas kaufen statt Einwegflaschen aus Plastik – oder am besten sogar Leitungswasser trinken. Einen wiederverwendbaren To-go-Kaffeebecher dabei haben, statt den beschichteten Wegwerfbecher mit Plastikdeckel zu benutzen. Dank der im Januar 2023 eingeführten Mehrwegangebotspflicht muss es in allen Gastronomie- und Lebensmittelgeschäften, in denen Speisen zum direkten Konsum an-

Die Verantwortung kann und darf jedoch nicht an Einzelpersonen hängen bleiben. Die Plastikkrise ist ein systemisches, weltweites Problem –also müssen auch die Lösungen auf höherer Ebene ansetzen. Firmen sollten zur Verantwortung gezogen werden und ihre Herstellungsprozesse auf Zirkularität ausrichten. Verantwortungsbewusstes Produktdesign bedenkt schon in der Produktentwicklung und -herstellung, wie die verwendeten Materialien nach der Lebensdauer zurückgewonnen und wiederverwendet werden können.

Bei der Materialbeschaffung sollte auf erneuerbare, nichttoxische Rohstoffe gesetzt werden oder es sollten sekundäre Rohstoffe, die bereits recycelt wurden, zum Einsatz kommen.

Die Produkte sollten auf eine lange Lebensdauer ausgerichtet, leicht zu reparieren und Einzelteile möglichst austauschbar sein. Die ÖkodesignRichtlinie der EU setzt hier Mindest-

anforderungen auf Produktionsebene. Auch nach der Nutzung sollten Herstellende dafür sorgen, dass die Produkte, die sie in den Umlauf gebracht haben, wiederverwendet, wiederverwertet oder ordnungsgemäß entsorgt werden. Diese sogenannte erweiterte Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility, EPR) gesetzlich festzulegen, ist eine zentrale Forderung, die wir an die Politik stellen müssen, um der Plastik- und Abfallflut zu begegnen. Es kann sich schnell ein Gefühl der Machtlosigkeit angesichts der Ausmaße der Plastikkrise einstellen. Eine Möglichkeit, wie Verbraucherinnen und Verbraucher über die eigene Kaufentscheidung hinaus eine Nachricht an Unternehmen senden und signalisieren können, dass sie sich plastikfreie und mehrwegfähige Verpackungen wünschen, ist die App ReplacePlastic. Damit können nebenbei beim Einkaufen Produkte mit ihrem Barcode eingescannt werden, deren Verpackung unnötiges Plastik enthält. Jeder Scan schickt eine automatisierte E-Mail an die Herstellenden, dass sich die Konsumierenden weniger Plastik an dem Produkt wünschen. Besonders kleinere und mittelständische Unternehmen haben daraufhin schon ihre Verpackungen verändert. Es lohnt sich also durchaus, auch die kleinen Schritte im Alltag zu gehen, damit sich im Großen etwas verändern kann auf dem Weg heraus aus der Plastikkrise.

*Sarah Jordan, Redakteurin bei Zero Waste Germany e.V. Der Verein vertritt lokale Vereine in Deutschland und setzt sich für eine Zero-Waste-Philosophie auch in Kommunen ein.

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 18 Kommunalpolitik

DerKlimawandel mit den erwarteten steigenden Temperaturen und sinkenden Niederschlägen stellt das Ökosystem Wald zunehmend vor große Herausforderungen. Starke Stürme (2017/2018) und extreme Dürre (2018 bis 2020) haben neben der massenhaften Vermehrung von Borkenkäfern zur sogenannten Jahrhundertkalamität geführt und vielerorts kahle Flächen in unseren Wäldern hinterlassen. Nachhaltige Waldbewirtschaftung wird sich an die sich ändernden klimatischen Bedingungen anpassen müssen.

Kommunalwald

Digitalisierung im Forstbereich

Einbeziehung der künftigen klimatischen Entwicklung in einem Zeithorizont von 100 Jahren schwierig. Das kann sinnvoll nur über eine Digitalisierung erfolgen. Digitalisierung ermöglicht effizientes, standardisiertes und transparentes Handeln auch im Forstbereich.

Die Grundlage bilden geodatenbasierte Fachinformationen, die es erlauben, vielfältigste Informationen mittels Geoinformationssystemen (GIS) zu erfassen, zu dokumentieren und bereitzustellen. Dies ermöglicht beispielsweise eine nahezu quadratmeterscharfe

Empfehlung für eine an veränderte Klimabedingungen angepasste Bepflanzung.

Dr. Ulrich Keilmann leitet die Abteilung Überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften beim Hessischen Rechnungshof in Darmstadt.

Das trifft alle Waldbesitzer. Sie stehen unabhängig von der aktuellen Kalamitätslage vor der Herausforderung, dem Klimawandel mit einer passenden Strategie zu begegnen. Die Entscheidung für eine zukunftsfähige Baumart ist ohne

Auswahl standortgerechter Bäume anzeigen zu lassen.

Im ersten Schritt wird in der App die Fläche ausgewählt, die man entwickeln möchte.

Im zweiten Schritt werden auf Basis der geologischen (zum Beispiel Wasserspeicherfähigkeit) und meteorologischen Eigenschaften dann unter Einbeziehung der prognostizierten klimatischen Entwicklung geeignete Waldentwicklungsziele (WEZ-Typen) vorgeschlagen. Nach Auswahl des Waldentwicklungsziels werden im dritten Schritt die anzustrebenden Baumartenanteile aufgeführt.

DGL/GTA-KI-BU

Foto: BS/privat

Für Hessen hat die Nordwestdeutsche forstliche Versuchsanstalt verschiedene zukünftige Klimaszenarien mit Bodendaten kombiniert und hieraus Empfehlungen für die zu verwendenden Baumarten entwickelt. Sie stellt eine App und GIS-gestützte Software zur Verfügung, die es jedem Waldbesitzer ermöglichen, die Empfehlungen für den jeweiligen Standort abzurufen und eine

Daseinsvorsorge durch Datennutzung

Kommunen brauchen neue Konzepte (BS/Dr. Kleindiek*/Dr. von Roenne*) Kommunale Daseinsvorsorge ist künftig auf eine neue Verwendung der verfügbaren Daten angewiesen. Der EU-„Data Act“ gibt dieser Entwicklung Schub, eröffnet aber auch EU-Fördermöglichkeiten. Die Verantwortlichen sind gut beraten, rechtzeitig eine Strategie zur Datennutzung zu entwickeln.

Warum der Data Act für die Kommunen so wichtig werden wird? Ein Beispiel: Anspruchsvolle Klimaziele können nur erreicht werden, wenn die kommunalen Betriebe und ihre Projektpartner ihre Daten gemeinsam nutzen. Klimaneutralität bis 2030 bedeutet keine zusätzlichen Emissionen für neue Busse im ÖPNV. Gleichzeitig wird die Zahl der Fahrgäste aber um bis zu 50 Prozent steigen. Dies stellt Städte, Gemeinden und Landkreise vor große Herausforderungen: Wie und wann stelle ich meine Bus-Flotte auf EBusse bei begrenzten Budgets um?

Wie muss die Ladeinfrastruktur ausgelegt sein? Wie ist die Reichweite der Fahrzeuge?

Viele der Daten, die die Kommunen dazu gerne hätten, liegen heute nur den Herstellern vor. Hier setzt der Data Act an. Er regelt, dass Nutzungsrechte an den Daten, die durch die Nutzung entstehen, in erster Linie dem Nutzenden dieses Produktes zustehen. Hersteller müssen die Nutzungsdaten zur Verfügung stellen.

Gesamtübersicht an Daten

Die Frage der Geschäftsgeheimnisse war ein hart umkämpftes Thema bei den Verhandlungen zwischen EU-Parlament, Rat und Kommission. Wie so oft kam es zu einem Kompromiss: Unternehmen dürfen die Herausgabe von Daten verweigern, aber nur unter derartig engen Voraussetzungen, dass dies die seltene Ausnahme werden sollte. Dafür gelten die Regeln des Data Acts erst nach einer Übergangsfrist von rund zwei Jahren. Für die Kommunen ist es entscheidend, in dieser Übergangszeit die Rechte an Daten vertraglich abzusichern. Viele Kommunen müssen sich für diese neue Form der Datennutzung besser aufstellen. Sie brauchen ein

gemeinsames „Daten-Verständnis“.

Dazu muss ein strategisches „Zielbild Datennutzung“ entwickelt werden: Was sind unsere wichtigsten Geschäftsfelder? Welche sind die wichtigsten Herausforderungen und Ziele in den nächsten fünf Jahren? Welches sind die rechtlichen Anforderungen der Bereitstellung von Daten?

Viele Organisationen müssen außerdem ein umfassendes Dateninventar erstellen. Häufig sind Daten aus zentralen Systemen bereits gut erfasst. Kaum eine Organisation verfügt aber über eine Gesamtübersicht der verfügbaren Daten, in der etwa Quelle, Datentyp, Vollständigkeit und Qualität erfasst sind. Schließlich bedarf es einer Data Governance – interner Regeln zu Verantwortlichkeiten und Nutzung der Daten, die sowohl Austausch und Nutzung innerhalb der jeweiligen Organisation als auch außerhalb umfassen sollten.

Dieser Paradigmenwechsel hin zu einer datengetriebenen Organisationsstrategie bedeutet auch: Daten sind kein Thema mehr allein für Expertinnen und Experten. Die Strategie zur Datennutzung muss Aufgabe des Top-Managements sein.

Eine datengetriebene Organisationsstrategie muss die wirtschaftlichen, organisatorischen, rechtlichen und technologischen Aspekte zusammenführen. Die politisch und wirtschaftlich Verantwortlichen sind gut beraten, rechtzeitig für ihre Bereiche eine Strategie zur Datennutzung in neuen Dimensionen zu entwickeln.

Dr. Ralf Kleindiek ist Rechtsanwalt und war bis April Chief Digital Officer des Landes Berlin.

Dr. Hubertus von Roenne ist Jurist und war Chief Digital Officer der GRG Services Berlin GmbH.

Wir jedenfalls empfehlen nicht nur Kommunen, bei Aufforstungsmaßnahmen diese Daten zu nutzen, um die vielfältigen Funktionen des Waldes für unser Ökosystem zu erhalten und auch künftig zu wahren.

Lesen Sie mehr zum Thema Kommunalwald „Klimakrise trotzen –Funktionsvielfalt beibehalten“ in der Februar-Ausgabe des Behörden Spiegel, S. 16, und im Kommunalbericht 2022, Hessischer Landtag, Drucksache 20/9410 vom 25. November 2022, S. 270 ff. Der vollständige Bericht ist kostenfrei unter rechnungshof.hessen.de abrufbar.

bis kleinflächenweise, anfangs nur mit Altersdifferenzierung zwischen den Baumarten, bei späteren Verjüngungsphasen ungleichaltrig, femelartig. Buche i. d. R. aus Nachanbau.

Manfred vom Sondern, Chief Digital Officer von Gelsenkirchen, macht seine Heimatstadt zur digitalen Vorzeigekommune. Dazu gehören modern ausgestattete Schulen und Klassenzimmer mit interaktiven Whiteboards. Ermöglicht durch: die NRW.BANK –Förderbank für Nordrhein-Westfalen.

Die ganze Geschichte unter: nrwbank.de/gelsenkirchen

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 19 Kommunaler Haushalt
„Wir lernen jetzt für die digitale Zukunft. Und das soll Schule machen.“ Fördern, was NRW bewegt.
05.09.23 Behörden Spiegel 169x247 Signet Digitaler.indd 1 25.08.23 11:57 Entwicklungsziel Douglasie/Küstentanne 40–60 % Kiefer 20–30 % Buche (Roteiche, Hainbuche, Winterlinde) 10–30 % Begleitbaumarten 10 % Verjüngungsziel Douglasie/Küstentanne 30–60 % Kiefer 20–60 % Buche (Roteiche, Hainbuche, Winterlinde) 10–20 % Begleitbaumarten bis 10 % Mischungsform
−0 −50 −100 −150 −200 −250 −300 −350 OT SM MEGMEU CE Trophiestufe Standortwasserbilanz [in mm]
Horst-
Klimaangepasste Baumartenwahl am Beispiel eines forstlichen Standorts; Quelle: BS / https://www.nw-fva.de/unterstuetzen/software/baem/hessen, abgerufen am 12. April 2022 Baumartenanteile und Standortsspektrum

Gestalten Sie unsere Stadtentwicklung an entscheidender Stelle mit!

Im äußersten Südwesten Deutschlands, mitten im Dreiländereck Deutschland - Frankreich - Schweiz, liegt Weil am Rhein mit etwas mehr als 30.000 Einwohnern. Die Stadt grenzt an die Schweizer Großstadt Basel und hat eine hohe Lebens- und Erlebnisqualität. Architektur- und Kulturliebhaber kommen hier genauso auf ihre Kosten, wie Sportler und Erholungssuchende. Kaum eine Stadt dieser Größe bietet eine derartige Vielfalt an Kultur- und Freizeitmöglichkeiten.

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine fachlich wie menschlich überzeugende Führungspersönlichkeit als

Beigeordnete * Beigeordneter (w/m/d)

mit der Amtsbezeichnung Bürgermeisterin bzw. Bürgermeister. Die Beschäftigung erfolgt als Beamtin/Beamter auf Zeit für die Dauer von acht Jahren (Wahlbeamtin/Wahlbeamter). Die Besoldung erfolgt nach Besoldungsgruppe B 3.

Wir bieten Ihnen einen hohen Verantwortungsspielraum und große Gestaltungsmöglichkeiten in einer innovativen Stadtverwaltung in einer Stadt mit nachhaltigen Perspektiven und internationaler Umgebung.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Maren Kammerer, Gianna Forcella oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de

Mit Erfahrung und Innovationskraft führen Sie unser Gebäudemanagement zielgerichtet in die Zukunft!

Die Stadt Radevormwald mit ca. 22.500 Einwohner*innen gehört zu den ältesten Städten im Bergischen Land. Neben einer hohen Aufenthalts- und Freizeitqualität u. a. durch die Wupper- und die Bevertalsperre besteht zudem eine gute Anbindung an das angrenzende Rheinland und das Ruhrgebiet.

Das Gebäudemanagement der Stadt Radevormwald bündelt die Aufgaben und Kompetenzen des Gebäudeneubaus und der -unterhaltung in den beiden Abteilungen „Facility und Finanzwesen“ und „Hochbau und Technische Gebäudeausrüstung“. Dabei setzt das Gebäudemanagement Bauprojekte mit einem Volumen von bis zu 25 Millionen Euro um. Der Bereich ist für alle Bürger*innen zentraler Ansprechpartner und Dienstleister für alle Anliegen und Fragen der städtischen und städtisch genutzten Gebäude und Liegenschaften. Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine kommunikationsstarke und souveräne Führungspersönlichkeit als

Leitung Gebäudemanagement (w/m/d)

Diese attraktive Position wird nach Besoldungsgruppe A 14 LBesO A NRW bzw. Entgeltgruppe 14 TVöD bewertet.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Gianna Forcella, Maren Kammerer oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfmJobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de

Unterstützen Sie uns in der Umsetzung unserer Straßenund Verkehrskonzepte an entscheidender Stelle!

Die Große Kreisstadt Traunstein mit ihren rund 22.000 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt in der Nähe zum Chiemsee, verkehrsgünstig angebunden an die Städte Salzburg, München und Rosenheim. Das Oberzentrum der Region Chiemgau zeichnet sich als Wirtschaftsstandort mit sehr guter Infrastruktur aus.

Das Sachgebiet „Tief- und Straßenbau“ der Kreisstadt Traunstein betreut rund 130 km Straßen und Wege, 52 Brücken und Stege, zahlreiche Treppenanlagen und Fußgängerunterführungen, viele Stützbauwerke und noch vieles mehr. Ein interdisziplinäres Team an Fachkräften im Tief- und Straßenbau arbeitet stetig daran die Sicherheit all dieser Bauwerke auf ein hohes Niveau zu bringen bzw. zu halten.

Zur Umsetzung dieser vielseitigen Aufgaben suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine engagierte und verantwortungsbewusste Führungspersönlichkeit als

Sachgebietsleitung (w/m/d)

Tief- und Straßenbau

Die Besoldung dieser verantwortungsvollen Position erfolgt abhängig von der Erfahrung und Qualifikation nach EG 12 TVöD.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Raza Hoxhaj, Theresa Meister und Julia Schwick zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de

Die UNESCO-Welterbestadt Goslar bietet Ihnen die Möglichkeit, Geschichte mit innovativer Gestaltung zu vereinen!

Der Fachbereich Bauservice der niedersächsischen Stadt Goslar mit seinen fünf Fachdiensten Bauordnung und Denkmalschutz, Umwelt und Gewässerschutz, Stadtplanung, Bauverwaltung sowie Tiefbau hat sich zum Ziel gesetzt, die historischen Wurzeln zu erhalten und gleichzeitig die Stadt als modernes und weltoffenes Zentrum in der Harzregion zu stärken. Dabei gehört die Weiterentwicklung des UNESCO-Weltkulturerbes ebenso zu den Aufgaben des Fachbereiches wie die Gestaltung von stadtplanerischen Zukunftsthemen, zum Beispiel im Umgang mit den Herausforderungen des Klimawandels, der Umwelt und des Klimaschutzes.

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir für diese herausgehobene Position eine engagierte und kommunikative Führungspersönlichkeit als

Fachbereichsleitung

Bauservice (w/m/d)

Die attraktive Position wird für Beamt*innen nach Besoldungsgruppe A 15 NBesG bzw. für Tarifbeschäftigte nach EG 15 TVöD (VKA) vergütet.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Maren Kammerer, Alexander Wodara oder Roland Matuszewski zur Verfügung.

Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Komplexe Herausforderungen sind Ihre Leidenschaft?

Genau dafür benötigen wir

Sie!

Die HSM ist zentraler Baudienstleister der kreisfreien Stadt Herne in Form einer Inhousegesellschaft und damit ein kommunales Unternehmen. Seit 2017 verantwortet sie die nachhaltige Verbesserung der baulichen Standards von städtischen Bildungsimmobilien (Schulen, Kitas etc.). Eine weitere Aufgabe ist die Sicherstellung und wirtschaftliche Optimierung der langfristigen Nutzbarkeit dieser Immobilien.

Die Stadt Herne verfügt mit ihren rund 156.000 Einwohnern über ein Immobilienportfolio von etwa 400 Einzelgebäuden und ca. 570.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche, wovon etwa 2/3 auf Schulgebäude entfällt.

Für die Leitung der Gesellschaft sucht die HSM zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine erfahrene und engagierte Persönlichkeit als

Geschäftsführung Schulmodernisierungsgesellschaft (w/m/d)

Die HSM bietet Ihnen eine herausfordernde Managementaufgabe mit einem großen Gestaltungs- und Verantwortungsspielraum und spannenden, sinnstiftenden Projekten in einem motivierten Team. Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Barbara Morschhaeuser, Jonas Neffgen und Waishna Kaleth zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfmJobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Mit dem Compass finden Sie neue Wege für das Regionalmanagement!

Der Region Köln/Bonn e.V. ist als Regionalmanagement für die Region Köln/Bonn Konzept- und Strategieentwickler, Initiator und Moderator von Kooperationen und Projekten, Vernetzer von Akteuren*innen sowie Sprachrohr der Region in Richtung Land NRW und Bund.

Die Region Köln/Bonn steht vor der Herausforderung, die Transformation von Raum, Infrastruktur und Wirtschaft in den kommenden Jahren nachhaltig zu gestalten. Energie- und Ressourcenwende, Klimaschutz und Klimawandelanpassung, die Mobilitätswende, die Digitalisierung führen zu tiefgreifenden Umbauaufgaben, denen es mit zukunftsweisenden Konzepten und Projekten zu begegnen gilt. Zur Mitgestaltung der herausfordernden Transformationsprozesse sowie deren Hinterlegung mit Fördermöglichkeiten sucht der Region Köln/Bonn e.V. zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine engagierte und kommunikationsstarke Persönlichkeit als

Teamkoordinator*in Fördermittelmanagement (w/m/d)

Diese attraktive Stelle wird in der Entgeltgruppe 13 in Anlehnung an den TVöD vergütet. Die Anstellung ist zunächst auf zwei Jahre befristet. Eine Entfristung wird angestrebt.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Alexander Wodara, Maren Kammerer oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de

Behörden Spiegel / September 2023 Personelles
Anz_Beigeordneter_Weil-am-Rhein_09-2023.indd 1 31.08.23 14:44
Anz_Lt-Gebaeudemanagement_Radevormwald_09-2023.indd 1 31.08.23 15:30
Anz_SGL-Tiefbau_Traunstein_09-2023.indd 1 31.08.23 14:32 Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de
Anz_FBL-Bauservice_Goslar_08-2023.indd 1 26.07.23 12:44 Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de
Anz_GF_HSM_08-2023.indd 1 26.07.23 12:21
Anz_Teamkoordinator-Foerdermittel_RegionKoelnBonn_09-2023.indd 1 31.08.23 15:00 Seite 20

Zukunftsweisende Führungsaufgabe – Prägen Sie als Geschäftsführung das F3 Wohlfühlbad!

Das 2013 eröffnete F3 ist mit seinen Angebotsbereichen Familienbad, Freibad und Sauna eine der größten und bekanntesten Freizeitanlagen mit ca. 500.000 Besucher*innen pro Jahr im Großraum Stuttgart.

Im Zuge einer Neupositionierung im Jahr 2021 wurde aus dem Freizeitbad das heute bekannte F3 Wohlfühlbad. Der Saunabereich wird seitdem mit viel Liebe unter dem Motto „Sauna, Spa, Lebensart“ zu einem erstklassigen Wohlfühl-Refugium umgestaltet, während der Fokus im Familienbad auf Wasserspaß, Sicherheit/ Sauberkeit und einer familienfreundlichen Preispolitik liegt. In den Sommermonaten ergänzt das weitläufige Familienfreibad das Angebot mit Badespaß unter freiem Himmel. Das Erlebnis wird für die Gäste mit einem attraktiven Gastronomieangebot abgerundet. Übernehmen Sie als erfahrene sowie unternehmerisch denkende Persönlichkeit im Zuge einer Nachfolgeregelung zum nächstmöglichen Zeitpunkt die

Geschäftsführung (w/m/d)

der F3 Betriebsgesellschaft Kombibad Fellbach GmbH. Sie können sicher sein, dass unsere vertraglichen Rahmenbedingungen Sie überzeugen werden.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Gianna Forcella, Roland Matuszewski oder Sarah Jankowski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfmJobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de

Innovativ gestalten Sie die nachhaltige Transformation der Region Köln/Bonn!

Der Region Köln/Bonn e.V. konzipiert und begleitet den nachhaltigen Umbau der Region an der Schnittstelle von Unternehmen und Forschung/Wissenschaft/ Innovation in enger Kooperation mit den regionalen Wirtschaftsförder*innen, Wirtschaftskammern sowie den Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Innovationsakteur*innen.

Mit dem Agglomerationsprogramm hat der Region/Köln e.V. in den letzten Jahren gemeinsam mit der Region Grundlagen für eine zukunftsfähige räumliche Transformation erarbeitet, die es in den kommenden Jahren in Form von regionalen Vorbildprojekten umzusetzen gilt.

Zur Mitgestaltung einer nachhaltigen Transformation im Bereich der Wirtschaft suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine kommunikationsstarke und dynamische Persönlichkeit als

Teamkoordinator*in (w/m/d)

Transformation und Innovation

Diese attraktive Stelle wird in der Entgeltgruppe 13 in Anlehnung an den TVöD vergütet. Die Anstellung ist zunächst auf zwei Jahre befristet. Eine Entfristung wird angestrebt.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Gianna Forcella, Maren Kammerer oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de

Sie sind branchen- und führungserfahren und haben die Zukunft fest im Blick!

Als das kommunale Wohnungsunternehmen der Stadt Friedrichshafen kümmert sich die Städtische Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshafen mbH (SWG) nach ihrem Gesellschaftszweck schwerpunktmäßig seit über 30 Jahren darum, Wohnungen für breite Schichten der Bevölkerung zu bauen und zu vermieten. Mit einem Bestand von rund 1.300 Mietwohnungen bietet die SWG zahlreichen Menschen in Friedrichshafen attraktiven Wohn- und Lebensraum – und ein Zuhause! In den nächsten Jahren soll insbesondere der soziale Wohnungsbau gestärkt werden. Hierzu arbeitet die SWG eng mit der Stadt zusammen und unterstützt gezielt Projekte, die dem Gemeinwohl dienen.

Unterstützen Sie unsere Entwicklung zum nächstmöglichen Zeitpunkt als

Geschäftsführung (w/m/d)

der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshafen mbH (SWG).

Wir bieten Ihnen eine interessante und verantwortungsvolle Aufgabe, in der Sie sich für das Gemeinwohl einsetzen und mit einem motivierten Team wirklich etwas bewegen können. Hierfür stellen wir Ihnen den notwendigen Gestaltungsspielraum und attraktive Rahmenbedingungen zur Verfügung.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Raza Hoxhaj, Theresa Meister und Julia Schwick zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de

Als erfahrene Führungspersönlichkeit schaffen Sie gemeinsam mit uns Perspektiven für die Zukunft unseres Kreises!

Der Kreis Minden-Lübbecke ist eine attraktive Wirtschaftsregion mit vorrangig mittelständischen Unternehmen. Zusammen mit den vielfältigen Freizeit- und Erholungsangeboten bietet die Region eine hohe Lebens- und Arbeitsqualität.

Mit unseren rund 1.900 Mitarbeitenden verstehen wir uns als moderne Dienstleistungsverwaltung für unsere Menschen in den elf lebens- und liebenswerten Städten und Gemeinden.

Sie sind motiviert, sich aktiv als Motor in die Entwicklung unserer serviceorientierten Verwaltung einzubringen?

Unterstützen Sie uns zum nächstmöglichen Zeitpunkt als Dezernentin

* Dezernent

für Arbeit, Bildung und Integration

Auf Basis einer Neustrukturierung wird das Dezernat für Arbeit, Bildung und Integration neu gebildet und umfasst zentral sämtliche Felder des kommunalen Arbeits- und Bildungsmanagements. Eine Änderung der Dezernatsstruktur bleibt vorbehalten.

Diese attraktive Position wird nach B 2 LBesG NRW bzw. alternativ als Beschäftigte*r in einer vergleichbaren Eingruppierung vergütet.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Annika Lachmann, Waishna Kaleth und Barbara Morschhaeuser zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Sozial. Inklusiv. Innovativ –gestalten Sie die Gemeinschaft unserer Stadt!

Die Stadt Soest liegt im Herzen von Westfalen und blickt auf eine über tausendjährige Geschichte als Hansestadt zurück. Heute hat Soest rund 50.000 Einwohner*innen. Der Fachbereich Jugend und Soziales besteht aus den zwei Abteilungen Jugend, inklusive der Arbeitsgruppen Verwaltung, Soziale Dienste und Jugendarbeit, sowie Soziales, inklusive der Arbeitsgruppe Soziale Leistungen.

Die Mitarbeitenden arbeiten hier täglich an der Förderung der Stadt Soest als familiengerechte und sozial inklusive Kommune. Dabei ist insbesondere die Förderung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit sowie die Förderung von Jugendvereinen und -verbänden ein wichtiges Ziel der Stadtverwaltung.

Zum 01.07.2024 suchen wir zur Weiterführung des Erfolges eine motivierte und kommunikationsstarke Führungspersönlichkeit als

Fachbereichsleitung Jugend und Soziales (w/m/d)

Die attraktive Position wird für Beamt*innen nach Besoldungsgruppe

A 16 LBesG NRW bzw. für Tarifbeschäftigte nach EG 15 Ü TVöD (VKA) vergütet.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Maren Kammerer, Alexander Wodara oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de

Behörden Spiegel / September 2023 Personelles
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14:53
Anz_Teamkoordinator-Innovation-RegionKoelnBonn_09-2023.indd 1 31.08.23 15:12 www.zfm-shop.de Anz_zfm-Shop.indd 1 31.08.23 17:22
Anz_GF_SWG_09-2023.indd 1 31.08.23 14:02 Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de
(w/m/d)
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W ie die Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie, Sandra Rostek, kommentierte, sei dies ein wichtiger Schritt zur unabhängigen Versorgungssicherheit, auch von ausländischen Energieimporten. Gut sei dabei, dass offenbar auf die Gewinnung von grünem Wasserstoff aus Erneuerbaren Energien gesetzt werde. Auch Bioenergie könne dazu einen Beitrag leisten, wie Rostek erklärt: „Zum einen können bereits heute Biogasanlagen Wasserstoff herstellen und so beispielsweise regionale Netze oder einzelne Industriebetriebe bedienen. Zum anderen können holzartige Biomassesortimente mittels Pyrolyseverfahren zu Wasserstoff umgewandelt werden. Hierbei kann zusätzlich das bei der Wasserstoffgewinnung als Nebenprodukt anfallende CO2 aufgefangen und gespeichert werden, um so Negativemissionen zu schaffen. Diese sind für die angestrebte Klimaneutralität Deutschlands unverzichtbar.“

Es müssten dabei nicht einmal viele Wasserstoffkraftwerke gebaut werden, da bereits Kapazitäten vorhanden seien. Es sei beispielsweise möglich, in Blockheizkraftwerken an Biogasanlagen Wasserstoff zu nutzen und dezentral sowie regional bereitzustellen. Selbst das dabei Entstehende CO2 sei noch sinnvoll zu verwerten, wie Rostek erläutert: „Biogenes CO2, welches mittels Photosynthese der Atmosphäre entzogen wurde, ist ein Paradebeispiel der Kreislaufwirtschaft und ein Garant der Zielerreichung von 100 Prozent Erneuerbarer Energien in 2040.“

Studien belegen die Aussagen

Auch das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie veröffentlichte eine Stellungnahme zum erwarteten Entwurf der Wasserstoffstrategie. Christian Mildenberger, Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) sagte dazu, dass heimisch erzeugter grüner Wasserstoff wettbewerbs- und konkurrenzfähiger sei als ursprünglich angenommen. Deshalb sei zu erwarten, dass die Bundesregierung mehr auf den heimischen Wasser-

Go Green – mit Wasserstoff?

Deutschlands Strategie aus verschiedenen Blickwinkeln

(BS/Scarlett Lüsser) Die Bundesregierung hat einen Entwurf veröffentlicht, wie es mit der nationalen Wasserstoffstrategie weitergehen soll. Das Ziel ist es, die deutsche Wasserstoffproduktion weiter auszubauen.

stoff setzen werde als auf eine Importlösung, um die Energiewende bis 2030 herbeizuführen.

Der LEE NRW habe schon 2020 am Wuppertal Institut eine Studie zum Thema „Vor- und Nachteile von Wasserstoffimporten im Vergleich zur heimischen Erzeugung“ in Auftrag gegeben. Diese habe die Vorteile von grünem Wasserstoff aus heimischem Erzeugnis bestätigen können. Denn die Produktionskosten für grünen Wasserstoff seien hierzulande noch weiter gesunken, lägen meist unterhalb der Importkosten von Wasserstoff per Schiff und seien meist auch konkurrenzfähig zu Pipeline-Wasserstoff-Zulieferungen.

Zugleich zeige die Studie aber auch, dass blauer Wasserstoff aus Erdgas nicht die erhoffte Übergangslösung darstelle, denn größere Mengen davon seien nicht vor 2030 verfügbar. Das liege daran, dass die notwendigen Produktionsanlagen und Transportleitungen erst noch gebaut werden müssten. Hinzu komme, dass die vollständige CO2-Neutralität nicht erreicht werden könne, weil die begrenzte Abscheiderate bei der Herstellung aus Erdgas nicht ausreiche.

Aber nichts übereilen

Doch solle man nicht zu früh auf den neuen Energieträger umstellen. Wie der Studienautor und Co-Leiter des Forschungsbereichs Systeme und Infrastrukturen am Wuppertal Institut, Frank Merten, betont, plädiere man für eine Fokussierung des Wasserstoffeinsatzes auf zwingend nötige Anwendungen, um die bis 2030 mögliche Wasserstoffproduktion effizient zu nutzen. „Das hilft, die künftige Wasserstoff-Nachfrage zu begrenzen – und somit auch die erforderlichen Erzeugungs- und

Importmengen. Beispiele sind die Stahl- oder Chemie-Industrie, die ohne grünen Wasserstoff nicht klimaneutral werden können. Ein umfangreicher Einsatz von Wasserstoff im Gebäude- und Verkehrssektor ist dagegen aus heutiger Perspektive nicht zu empfehlen.“

Sinnvolle Herstellung und Nutzung Mildenberger fasst zusammen:

„Wir sehen uns durch die Ergebnisse der neuen Studie des Wuppertal Instituts bestärkt in unserer Einschätzung, dass eine ambitionierte Produktion von grünem Wasserstoff in Deutschland und Europa auch aus ökonomischen Gründen sinnvoll, energietechnisch möglich und klima- sowie energiewirtschaftlich geboten ist. Außerdem haben wir in Deutschland ausreichend Potenzial Erneuerbarer Energien, um signifikante Teile des benötigten Wasserstoffs herzustellen. Die Bundesregierung sollte deshalb von vornherein vermeiden, dass es beim Wasserstoff

zu einer ähnlich hohen Importabhängigkeit kommt wie bei Erdöl und Erdgas.“ Auch in Städten und Kommunen wird diese Strategie gut aufgenommen. So ist beispielsweise der Beigeordnete Timm Fuchs vom Deutschen Städte- und Gemeindebund auch der Ansicht, dass für eine Nationale Wasserstoffstrategie zunächst gute Rahmenbedingungen geschaffen werden müssten. Laut Fuchs sollte aber der Einsatz im Verkehrsbereich nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Er kann sich beispielsweise eine Anwendung bei Sonderfahrzeugen der kommunalen Flotte vorstellen. Zudem sieht er wirtschaftliche

Chancen für Städte und Gemeinden: „Für die Erzeugung, Speicherung und Anwendung in verschiedenen Bereichen braucht es regionale Wasserstoffnetzwerke, in welchen Kommunen und ihre Unternehmen eine maßgebliche Rolle spielen.“

Daran wird in manchen Gemeinden auch schon gearbeitet. So

zum Beispiel im Kreis Bergstraße in Hessen, wie Alexander Pfaehler, Pressesprecher der Gemeinde, erklärt. Auch hier wird Wasserstoff als Schlüsselelement der Energiewende gesehen, weshalb seit 2021 an der Entwicklung einer Wasserstoffstrategie für den Kreis gearbeitet wurde. Diese sei aus einer engen Zusammenarbeit zwischen Kreisverwaltung und Wirtschaft entstanden. Zu Beginn der Strategie habe ein Wasserstoff-Netzwerk gestanden, welches mithilfe der Strategie, die vom Ingenieurbüro EMCEL entworfen wurde, weiter ausgebaut werden sollte. „Ziel ist die Schaffung lokaler Wasserstoff-Infrastrukturen nebst Arbeitsplatzeffekten und Einsparen von Treibhausgasen durch Zusammenarbeit der Akteurinnen und Akteure“, sagt Pfaehler über das Vorhaben. Eine Roadmap sei mithilfe von Umfragen und Workshops erstellt worden. Geplant sei, im Laufe des nächsten Jahres das „erste BrennstoffzellenAbfallsammelfahrzeug“ in Betrieb zu nehmen, gefolgt vom „erste[n] Linienbündel mit Brennstoffzellen-Bussen“. Das Ziel sei es, die Stakeholder auf dem Weg zu emissionsfreier Mobilität zu begleiten, den Klimaschutz voranzutreiben und gleichzeitig die Industrie, aber auch die regionale Wertschöpfung zu fördern.

SORGSAME VERWENDUNG VON ROHSTOFFEN

SCHUTZ DER BIODIVERSITÄT

KLIMAGERECHTE AUSBILDUNG VON ARBEITSKRÄFTEN

FÖRDERUNG DER KREISLAUFWIRTSCHAFT

Behörden Spiegel / September 2023 Kommunale Infrastruktur Seite 22
DR. JENNY MEHLITZ, RECHTSANWÄLTIN
Alle reden über den Vergabedschungel. Alles spricht für wegweisende Begleiter.

Haltung nicht immer verboten

Auch Privatpersonen dürfen gefährliche Tiere teilweise besitzen

(BS/Marco Feldmann) In Brandenburg muss die private Haltung gefährlicher Tiere nicht bei den Behörden angezeigt werden. Denn in der Mark existiert keine Gefahrtierverordnung oder eine andere gesetzliche Regelung, die dies für Privatpersonen vorschreibt. Von solchen Haltungen erfahren die Behörden also oft nur durch Zufall. Tierschutzverbände fordern eine solche Verordnung schon länger.

Ebenfalls auf eine explizite Regelung verzichtet haben u. a. Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen, das Saarland und Sachsen-Anhalt.

In Sachsen-Anhalt existierte eine einschlägige Rechtsverordnung von 1993 bis 2005. Die Verordnung im Saarland ist 2006 ausgelaufen. In Nordrhein-Westfalen existiert zwar seit Anfang 2021 ein Gifttiergesetz. Dieses regelt aber nur die Haltung giftiger Tiere wie z. B. bestimmter Schlangenarten oder Skorpione. Eine ausdrückliche Rechtsvorschrift für die private Haltung gefährlicher Tiere, wie etwa Löwen, Tiger oder Jaguare, besteht nicht. Allerdings wird dann immer auf die Generalklausel des Polizeirechts zurückgegriffen, wonach von der Haltung keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen darf. Weitere Vorgaben würden sich zudem aus dem Tierschutzrecht ergeben, heißt es aus dem Düsseldorfer Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Anders sieht das in Berlin aus. Dort ist die Haltung gefährlicher Tiere wildlebender Arten durch Pri-

Nicht in allen Bundesländern ist das Halten von Löwen und anderen Großkatzen explizit untersagt.

Foto: BS/Siegbert Heinecke, pixelio.de

vatpersonen zu nichtgewerblichen Zwecken untersagt. Dies gilt u. a. für große Raubkatzen, Giftschlangen sowie Menschenaffen. Gleiches gilt laut dem Hamburger Gefahrtiergesetz, auch wenn die zuständigen Behörden hier Ausnahmegenehmigungen erteilen können, sowie gemäß der Bremer Polizeiverordnung über die öffentliche Sicherheit. Auch in Hessen besteht ein Haltungsverbot. Hier haben jedoch gefährliche Tiere wildlebender Arten, die bereits vor Oktober 2007 in Privathand gehalten wurden, Bestandsschutz. Dies gilt allerdings

nur, sofern ihre Haltung bis Ende April 2008 dem zuständigen Regierungspräsidium schriftlich angezeigt wurde. Offen ist, wie viele Tiere tatsächlich noch unter diese Regelung fallen. In Bayern, Thüringen und Niedersachsen enthalten die einschlägigen Rechtsnormen einen Erlaubnisvorbehalt durch die zuständigen Behörden. Die niedersächsische Gefahrtierverordnung wird derzeit durch die Landesregierung überarbeitet. Hier sind Verschärfungen geplant. Wann die novellierte Regelung in Kraft treten wird, ist aber noch offen.

Verkehrsüberwachung als Schlüssel

Effiziente und nachhaltige smarte Stadt (BS) Aktuell sind Städte weltweit auf der Suche nach intelligenten und nachhaltigen Lösungen, um die Lebensqualität ihrer Einwohnenden in unterschiedlichen Bereichen zu steigern. Hierzu gehört auch die Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr. In den Städten kommt es zu einer spürbaren Veränderung des Verkehrsmix.

Gefördert wird diese Entwicklung durch innovative Mobilitätsangebote und eine vielerorts attraktivere Gestaltung des ÖPNV. Immer mehr Menschen lassen das Auto stehen und nutzen E-Roller und Fahrräder oder gehen die „letzte Meile“ zu Fuß. Durch diesen Trend gibt es somit mehr gefährdete Verkehrsteilnehmende, die besonders geschützt werden müssen.

Ampeln regeln den Verkehr an hochfrequentierten Kreuzungen, bei denen viele unterschiedliche Verkehrsteilnehmende aufeinandertreffen. Dass es sich dabei um eine Herausforderung handelt, zeigen aktuelle Zahlen: Im Jahr 2022 starben laut Statistischem Bundesamt 2.788 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr. 474 Personen verunglückten mit dem Fahrrad, 368 als Fußgänger und 208 mit E-Bikes, Pedelecs o. Ä. Ein Teil dieser Unfälle entstand durch Rotlichtverstöße, weshalb eine effektive Überwachung ein erster wichtiger Schritt zu mehr Sicherheit ist. Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit, denn viele Unfälle entstehen auch dadurch, dass motorisierte Verkehrsteilnehmende die zugelassene Geschwindigkeit überschreiten, um beispielsweise noch vor dem Wechsel von Gelb auf Rot die Ampel zu passieren. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, beide Verstöße zu erfassen – wie es beispielsweise die kombinierte Rotlicht- und Geschwindigkeitsüberwachungslösung von VITRONIC ermöglicht.

Die nächste Stufe der Verkehrssicherheit

Die Gewährleistung der Verkehrssicherheit ist essenziell beim Aufbau einer sicheren und smarten Stadt. Kombinierte Anlagen zur Rotlicht- und Geschwindigkeitsüberwachung leisten hier einen wertvollen Beitrag, weil sie den

Frontkameras in Bussen

Wiesbaden will Sonderspuren besser kontrollieren (BS/Marco Feldmann) Mithilfe von Busspuren soll der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) besser und zügiger fließen. Werden diese Sonderfahrstreifen allerdings blockiert, bringt das Verzögerungen mit sich. Außerdem besteht die Gefahr von Unfällen. In Wiesbaden soll der Unsitte nun auf neuem Wege begegnet werden.

Verkehr dort sicherer machen, wo die meisten Unfälle passieren und ungeschützte auf motorisierte Verkehrsteilnehmende treffen: an Kreuzungen und Einmündungen.

Fortbewegungsmittel umzusteigen.

Forschung zusammen mit dem DLR Um diesem Zukunftsansatz gerecht zu werden, forscht VITRONIC gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) daran, wie Kreuzungen für schwächere und ungeschützte Verkehrsteilnehmende sicherer gemacht werden können. Neben optimierten Ampelphasen, die längere und häufigere Grünphasen für Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Radfahrerinnen und Radfahrer umfassen, werden mögliche Warnmeldungen zu Gefahrensituationen – z. B. erwartbare Kollisionen – unter die Lupe genommen. Die Forschungsergebnisse sind auch im Hinblick auf autonomes Fahren relevant, wo Fahrzeuge Informationen aus der Umgebung benötigen, um Gefahren zu erfassen.

Die Lidar-basierte Technologie des POLISCAN RED+SPEED ist beim Erfassen von Verkehrsverstößen äußerst präzise und funktioniert kontaktlos über mehrere Spuren hinweg. Zudem bietet das System auch Sicherheit, wenn es um die Refinanzierung geht, denn es benötigt keine aufwendigen Fahrbahneinbauten, ist wartungsarm und erzeugt mehr Einnahmen durch die Erfassung beider Verstöße.

Technik zur Verkehrsüberwachung muss als integraler Bestandteil eines jeden Smart-City-Konzepts mitgedacht werden, sodass Verkehrsströme optimiert, Emissionen reduziert und der Verkehr in der Stadt insgesamt effizienter gestaltet werden kann. Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Radfahrerinnen und Radfahrer sollen ein sicheres Gefühl im Straßenverkehr haben und mehr Menschen sollen dazu ermutigt werden, auf nachhaltigere

Erfahren Sie mehr über die Erhöhung der Verkehrssicherheit von gefährdeten Verkehrsteilnehmenden durch sensorbasierte Systeme in dem Fachvortrag von Richard Werner (Projektmanager Förder- und Forschungsprojekte bei VITRONIC) auf dem Bundeskongress „Kommunale Verkehrssicherheit“ des Behörden Spiegel am 26. September in Rostock. Weitere Informationen dazu unter: www.kommunaleverkehrssicherheit.de

In Wiesbaden können Busspuren künftig aus fahrenden Bussen heraus per Frontkamera auf Falschparkende hin kontrolliert werden. Verstöße werden dann rechtssicher

Das dortige Unternehmen ESWE Verkehr führt in Zukunft Frontkameras in seinen Linienbussen ein. Sie dienen dazu, Falschparkende auf Bus- und Umweltspuren oder in Haltestellenbereichen mittels Fotobeweis zu dokumentieren. Zielsetzung ist eine Beschleunigung des lokalen Busverkehrs. Bis Ende kommenden Jahres sollen rund 30 Busse mit entsprechenden Systemen ausgestattet werden. Die Frontkameras können vom Fahrpersonal per Knopfdruck ausgelöst werden. Dabei wird eine Fotoserie erstellt, in der mittels GPS-Daten der Standort sowie die exakte Uhrzeit enthalten sind.

Dieser Beweis, der laut Stadtverwaltung alle datenschutzrechtlichen Vorgaben erfüllt, wird von Beschäftigten des Unternehmens in einer manuellen Prüfung ausgewertet und an die städtischen Verkehrsbehörden weitergeleitet. Deren Kräfte entscheiden, ob ein entsprechendes Bußgeldverfahren eingeleitet wird. Bisher war es für die Busfahrerinnen und Busfahrer in Wiesbaden nur handschriftlich möglich, eine entsprechende Meldung über Falschparkende im Liniennetz zu erfassen.

Stress für Beschäftigte

erläuterte: „Der Einsatz von Frontkameras in Wiesbadener Linienbussen ist gemeinsam mit uns entwickelt worden. Alle gesetzlichen und datenschutzrechtlichen Vorgaben werden eingehalten. Wir unterstützen dieses Projekt und das damit verbundene Ziel, den Busverkehr in Wiesbaden zu beschleunigen.“ Falschparkenden auf Busspuren droht ein Bußgeld von 70 Euro. Bei Behinderungen kommt noch ein Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg hinzu. Andere Städte sind beim Einsatz von Frontkameras im ÖPNV noch deutlich zurückhaltender. Oftmals werden dafür datenschutzrechtliche Bedenken angeführt. Laut Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen ist die ESWE in Wiesbaden derzeit tatsächlich noch der einzige Betrieb, der die Dashcam zu diesem Zwecke einsetzt. Dies könnte sich jedoch zeitnah ändern.

VITRONIC Dr. Ing. Stein Bildverarbeitungssysteme GmbH Hasengartenstr. 14, 65189 Wiesbaden

Die kaufmännische Geschäftsführerin von ESWE Verkehr, Marion Hebding, erklärt: „Falsch abgestellte Fahrzeuge im Straßenraum verlangsamen den Busverkehr massiv. Dies sorgt regelmäßig für Verspätungen im Fahrplan. In den meisten Fällen müssen unsere Fahrerinnen und Fahrer in den fließenden Verkehr einfädeln, um ein Hindernis umfahren zu können.“ Schlimmstenfalls stünden sie dann im Stau und Fahrgäste erreichten nicht pünktlich ihr Ziel, was zu Verärgerung führen könnte. „Aber auch für die Busfahrerinnen und Busfahrer bedeuten blockierte Bus- und Umweltspuren zusätzlichen Stress“, so Hebding weiter. Am Ende entstünden so auch gefährliche Verkehrssituationen. „Mit den Frontkameras in unseren Linienbussen haben wir nun ein Werkzeug dagegen selbst in der Hand. Das ist gerade für unser Fahrpersonal unglaublich wichtig“, unterstrich die Geschäftsführerin. Das gesamte Verfahren wurde in drei Testphasen erprobt. Den Auftrag dazu erteilte der städtische Mobilitätsausschuss bereits Ende 2021. Kontinuierlich mit eingebunden waren die Straßenverkehrsbehörde sowie die Verkehrspolizei der Landeshauptstadt Wiesbaden. Deren Abteilungsleiterin Viola Braun

Künftig auch in Zivilfahrzeugen Bei der baden-württembergischen Polizei sind Dashcams schon seit mehr als einem Jahr im Einsatz. Über 850 Rettungsgassenverstöße konnten damit beweissicher dokumentiert werden. Nun sollen auch zivile Polizeifahrzeuge mit der Technik ausgestattet werden. Mit zunächst zwei Pkws bei den Polizeipräsidien Ludwigsburg und Freiburg werden die Einsatzmöglichkeiten dieser Zivilfahrzeuge im Echtbetrieb getestet. „Mit dem zusätzlichen Einsatz der Dashcams in Zivilfahrzeugen machen wir den nächsten Schritt. Immer mit dem klaren Ziel vor Augen: Möglichst niemand soll im Straßenverkehr verletzt oder gar getötet werden“, unterstrich Innenminister Thomas Strobl (CDU).

Er bezeichnete die Geräte als „eine wertvolle Unterstützung bei der beweissicheren Dokumentation von komplexen Verkehrsdelikten und Rettungsgassenverstößen“. Landesweit gibt es derzeit 107 Systeme. Bewährt hat sich offenbar auch die Vorführung der Videos an Ort und Stelle. „Die Betroffenen bekamen im wahrsten Sinne des Wortes den Spiegel vorgehalten und konnten ihre soeben begangenen Verkehrsverstöße gleich anschauen. Fast alle Betroffenen gaben daraufhin ihre Verstöße zu und waren teilweise sogar regelrecht betroffen und erschrocken über ihre eigene Fahrweise. Das zeigt Wirkung und hier stehen die Chancen gut, dass sich diese Menschen künftig an die Regeln halten werden“, ergänzte Landespolizeipräsidentin Dr. Stefanie Hinz.

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 23 Kommunale Sicherheit
dokumentiert. Foto: BS/EdNurg, stock.adobe.com

Erprobung in Augsburg

Kombination mehrerer Feuerwehrfähigkeiten

(BS/Dr. Andreas Graber) Zur Verbesserung der Brandschutzsituation in der Stadt Augsburg wird eine weitere Feuerwache der Berufsfeuerwehr errichtet. Diese dritte Feuerwache wird, entsprechend den Empfehlungen der AGBF Bund für die Bedarfsplanung von Feuerwehren in Städten, mit zehn Einsatzfunktionen ausgestattet.

Damit können innerhalb der Hilfsfrist die unmittelbar notwendigen Einsatzmaßnahmen eingeleitet werden. Weitere Einsatzkräfte fahren von den anderen Standorten dazu. Die Einsatzdatenauswertungen zeigen die Einsatzrisiken und die typische Verteilung der Einsatzarten einer Großstadtfeuerwehr, die nicht Bestandteil des Regelrettungsdienstes ist.

Es ist also eine Einsatzorganisation nötig, die den Erreichungsgrad der Schutzzielstufe eins des „kritischen Wohnungsbrandes“ nicht unter die Vorgaben sinken lässt und außerdem die Abarbeitung der zeitkritischen kleinen technischen Hilfeleistungen ermöglicht.

Außerdem soll das Basisfahrzeug der Feuerwache immer mit einer vollständigen Staffel besetzt sein und keine Aufteilung der Staffel auf mehrere Fahrzeuge mit Springerbesatzung erfolgen, die sich dann an der Einsatzstelle treffen und ergänzen. Das Fahrzeug muss für das Szenario des „kritischen Wohnungsbrandes“ geeignet sein. Dabei handelt es sich entweder um Menschenrettung, gegebenenfalls auch aus einem Obergeschoss (erstes bis siebtes Obergeschoss), oder um die Brandbekämpfung.

Über die mögliche Menschenrettung werden die notwendigen Rettungsgeräte (vierteilige Steckleiter, dreiteilige Schiebleiter, Hubrettung) festgelegt, über die mögliche Brandbekämpfung werden die notwendigen Geräte der Brandbekämpfung und der nötige Löschwasserbedarf festgelegt. Der Löschwasservorrat muss dabei für den Innenangriff eines Trupps ausreichen, bis eine Löschwasserleitung zum Fahrzeug aufgebaut ist.

Da die Einsatzkräfte auch zu technischen Hilfeleistungen, z. B. zu Verkehrsunfällen, im Wachbereich oder in angrenzenden Wachbereichen alarmiert werden, muss das Fahrzeug auch für dieses Szenario geeignet sein. Damit werden die Anforderungen an die notwendigen hydraulischen Rettungsgeräte mit Zubehör und Sonderlöschmittel (Schaum und Pulver) festgelegt.

Das Anforderungsprofil wurde mit am Markt befindlichen Kombinationsfahrzeugen abgeglichen. Das Fahrzeugkonzept „Multistar“ der Firma Magirus wurde dann für die Einsatzerprobung ausgewählt, da es das Anforderungsprofil weitestgehend erfüllte.

Vorführfahrzeug für Einsatzerprobung genutzt

Für die Einsatzerprobung wurde ein Vorführfahrzeug genutzt, welches an die Belange und Anforderungen der Berufsfeuerwehr Augsburg angepasst wurde. Während des Erprobungszeitraumes wurde das Kombinationsfahrzeug zu 889 Einsätzen alarmiert. Das Kombinationsfahrzeug zeigte sich während der Einsatzerprobung als einsatztauglich, sowohl bezüglich der Technik als auch bezüglich des Einsatzkonzeptes „HuLF = HLF+Hubrettung“. Die Einsatzerprobung wurde mit mehreren Online-Mitarbeitendenbefragungen begleitet. Dabei wurden Fragen zur Technik und zur einsatztaktischen Verwendung des Kombinationsfahrzeugs sowie zu persönlichen Meinungen zur Erpro-

Wieder mehr Verkehrstote

Gesetzesänderung in NRW angemahnt

(BS/Marco Feldmann) Die Anzahl der Verkehrstoten und im Verkehr Verletzten hat im vergangenen Jahr verglichen mit 2021 um neun Prozent zugenommen. Hauptunfallursache war zu schnelles Fahren. Deshalb müsse die Geschwindigkeitskontrolle reformiert werden. Der Bundesverband Verkehrssicherheitstechnik (BVST) stellt dazu eine konkrete Forderung auf.

Durch überhöhte Geschwindigkeit kamen im letzten Jahr auf Landstraßen 525 Menschen ums Leben. Das entspricht 33 Prozent aller Verkehrstoten. Auf Autobahnen starben 121 Personen. Das sind 39 Prozent aller Verkehrstoten. Der BVST-Vorstandsvorsitzende Gerrit Palm sagt zu den Zahlen: „Es bestätigt sich erneut, dass die kontinuierliche Kontrolle der Geschwindigkeit auf Landstraßen und Autobahnen erforderlich ist und eine geeignete Maßnahme darstellt, um die Zahl der tödlichen Unfälle deutlich zu reduzieren. Leider scheint nur der flächendeckende Kontrolldruck, neben aller Aufklärungsarbeit, das nachhaltige Mittel zu sein, die Unfallzahlen weiter zu senken.“

Unfälle geschehen oftmals aufgrund unangepasster und überhöhter Geschwindigkeit. Deshalb kommt es hier auf effektive Kontrollen an.

Foto: BS/Netto Figueiredo, pixabay.com

bung des Kombinationsfahrzeuges gestellt. Daraus sind etwa 7.200 auswertbare Datensätze entstanden, die konkrete Rückschlüsse, z. B. für technische Verbesserungsmöglichkeiten ermöglichen. Mit Kombinationsfahrzeugen sind, unter Betrachtung der örtlichen Gegebenheiten (Löschwasserversorgung, Standortverteilung, Fahrzeug- und Einsatzkonzept, Alarm- und Ausrückeordnung), Einsatzkonzepte möglich, bei denen mit zehn Einsatzfunktionen (Einsatzleitwagen, Kombinationsfahrzeug, Kleinalarmfahrzeug) sowohl die Schutzzielerreichung Stufe eins als auch die Abarbeitung eiliger technischer Hilfeleistungen im Wachbereich möglich ist.

Dr.

Foto: BS/Stadt

Aus diesem Grunde verlangt der BVST eine Kompetenzerweiterung zur Geschwindigkeitskontrolle für Mittlere kreisangehörige Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen. Dafür sollte der Paragraf 48 des Ordnungsbehördengesetzes (OBG) geändert werden. Darin heißt es derzeit noch: „Die örtlichen Ordnungsbehörden sind unbeschadet der Zuständigkeit der Polizeibehörden zuständig für die Überwachung des ruhenden Straßenverkehrs. Die Kreisordnungsbehörden und die Großen kreisangehörigen Städte im Sinne von Paragraf 4 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen sind unbeschadet der Zuständigkeit der Polizeibehörden zuständig für die Überwachung der Einhaltung zulässiger Höchstgeschwindigkeiten und der Befolgung von Lichtzeichenanlagen im Straßenverkehr an Gefahrenstellen.“

Teilweise von Amts wegen durchzuführen Laut Gemeindeordnung sind kreisangehörige Gemeinden auf eigenen Antrag zu Mittleren kreisangehörigen Städten zu bestimmen, wenn ihre maßgebliche Zahl an Einwohnenden an drei aufeinanderfolgenden Stichtagen mehr als 20.000 Personen beträgt. Sie ist von Amts

wegen zur Mittleren kreisangehörigen Stadt zu bestimmen, wenn ihre maßgebliche Einwohnendenzahl an fünf aufeinanderfolgenden Stichtagen seit dem 31. Dezember 2017 mehr als 25.000 Personen beträgt. Zudem ist eine kreisangehörige Gemeinde auf eigenen Antrag zur Großen kreisangehörigen Stadt zu bestimmen, wenn ihre maßgebliche Zahl an Einwohnenden an drei aufeinanderfolgenden Stichtagen mehr als 50.000 Menschen beträgt. Von Amts wegen hat das zu erfolgen, sofern die Zahl an fünf aufeinanderfolgenden Stichtagen seit dem 31. Dezember 2017 bei über 60.000 Menschen liegt.

In Rheinland-Pfalz gibt es im Bereich der Verkehrssicherheit bestimmte, den Kommunen obliegende Aufgaben. Weitere Aufgaben können sie freiwillig übernehmen, sofern sie über das erforderliche Personal und die notwendige Technik verfügen. Dabei kann es sich z. B. um die Überwachung von Rotlichtverstößen handeln. In den fließenden Verkehr eingreifen – also Anhaltekontrollen durchführen – darf bundesweit nur die Polizei. Gerrit Palm vom BVST betonte: „Wenn wir die Vision Zero, der sich nahezu alle Verantwortungsträger verschrieben haben, tatsächlich ernst nehmen, müssen wir auf die immer noch viel zu hohe Zahl von Toten und Verletzten angemessen reagieren.

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 24 Kommunale Sicherheit Informationen und Anmeldung unter www.kommunale-verkehrssicherheit.de | www.kommunale-ordnung.de Veranstaltungen des Radisson Blu Hotel, Rostock 26. & 27. September 2023 Kommunale Ordnung Bundeskongress Kommunale Verkehrssicherheit Bundeskongress
Andreas Graber ist Leiter der Berufsfeuerwehr Augsburg. Augsburg Das Kombinationsfahrzeug wurde während des Erprobungszeitraums zu 889 Einsätzen alarmiert. Es hat sich als einsatztauglich erwiesen. Foto: BS/Feuerwehr Augsburg

Digitale Resilienz für NRW und seine Kommunen

31. Oktober 2023, Neuss www.e-nrw.info

Aus schnell soll schneller werden

(BS/Guido Gehrt) Mitte Juli 2022 wurde die Gigabitstrategie des Bundes beschlossen. Sie soll die Interessen und Aktivitäten aller Akteure koordinieren und Beschleunigungspotenzial entfalten. Wie fällt nach rund einem Jahr eine erste Zwischenbilanz aus?

„Leistungsfähige Netze sind ein Standortfaktor, wichtig für die Teilhabe und Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger“, erklärte Gertrud Husch, Abteilungsleiterin Digitale Konnektivität, Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), im Rahmen eines Thementages, den der Behörden Spiegel dem Thema Gigabitausbau auf seiner Online-Plattform NeueStadt.org gewidmet hatte.

Ein ganz zentraler Player des Ausbaus sind naturgemäß die Telekommunikationsunternehmen. Diesen

wolle man mit der Gigabitstrategie der Bundesregierung „eine Bühne bereiten“, indem man ein passendes Konzept vorgelegt habe und verlässliche Rahmenbedingungen schaffe.

„Wir wollen ein verlässlicher Partner sein“, so Husch

Die Strategie sieht vor, dass bis zum Jahre 2030 50 Prozent der Haushalte mit Glasfaser ausgestattet sind und in Deutschland der 5G-Standard flächendeckend ausgebaut ist. „Wir nähern uns diesem Ziel mit großen Schritten“, zeigte sich Husch zufrieden. Laut des aktuellen Breitbandatlas sind ein Viertel der Haushalte mit Glasfaser versorgt und 70 Prozent verfügen bereits über Gigabitanschlüsse. Die 5G-Abdeckung liegt laut Breitbandatlas bei 87 Prozent. Husch weiß aber auch: „Die letzten Prozente sind die schwierigsten.“

In der Gigabitstrategie seien alle (100) Maßnahmen mit Fristen hinterlegt. Hier sei man überwiegend gut im Zeitplan. Derzeit befindet sich innerhalb der Bundesregierung zudem der Entwurf eines TK-Netzausbau-Beschleunigungsgesetzes in der Ressortabstimmung. Das Einverständnis aller Ressorts steht noch aus, um den Entwurf den beteiligten Akteuren zur Kenntnis und

Diskussion zur Verfügung zu stellen. Husch zeigte sich jedoch guter Dinge, dass das Gesetz bis Ende dieses Jahres oder in den ersten Monaten von 2024 in Kraft treten werde.

Zufrieden zeigte sich die Abteilungsleiterin auch mit der Aufsetzung einer neuen Breitband-Förderung. Hier habe man erstmals einen Bottom-up-Ansatz gewählt, um die Mittel der Breitbandförderung – drei Milliarden Euro im Jahre 2023 – dahin fließen zu lassen, wo der Nachholbedarf am größten ist. Husch gab sich zuversichtlich, dass die Förderung auch im Bundeshaushalt 2024 in unveränderter Höhe erhalten bleibt. Sie habe noch keine gegenteiligen Signale des Bundesfinanzministers empfangen.

91 Prozent können eigenwirtschaftlich ausgebaut werden

Ziel der neuen Förderrichtlinie ist es, Förderung und eigenwirtschaftlichen Ausbau bestmöglich in Einklang zu bringen. Als Grundlage für die neue Förderrichtlinie diente eine Potenzialanalyse, die Dr. Cara Schwarz-Schilling, Geschäftsführerin und Direktorin WIK

Diese soll das Potenzial des eigenwirtschaftlichen FTTB/H-Ausbaus aufzeigen und wo staatliche Förderung minimiert werden kann, um den privatwirtschaftlichen Ausbau nicht zu verdrängen. Die Analyse soll auch zukünftig dazu dienen, den eigenwirtschaftlichen Ausbau zu monitoren. Was sie nicht leisten kann: „Die Potenzialanalyse ersetzt keine detaillierte Netzplanung vor Ort“, stellte Dr. Schwarz-Schilling klar.

Als Ausbaugebiet wurden dabei Verwaltungsgemeinschaften gewählt, also Gemeinden oder Gemeindeverbände, die größtenteils –aber nicht überall – identisch mit Kommunen sind.

Im Ergebnis zeigte sich, dass im Durchschnitt 91 Prozent der Haushalte in Deutschland eigenwirtschaftlich ausgebaut werden können. Diese sogenannte EWAQuote unterscheidet sich nach den Bundesländern. Ein wesentlicher Kostentreiber ist dabei die Besiedlungsstruktur. So hat das dünn besiedelte Mecklenburg-Vorpommern zwar mit 75 Prozent die niedrigste EWA-Quote, jedoch sein Potenzial schon besser ausgeschöpft als andere Länder. Die höchste EWA-Quo-

Gertrud Husch, Abteilungsleiterin Digitale Konnektivität, Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV)

Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK), vorstellte. Das WIK hat die Analyse erstellt.

te haben – neben den Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin – das Saarland, Hessen und NordrheinWestfalen. Dies zeigten zumindest

Daten aus dem zweiten Halbjahr 2022. Eine Visualisierung der Potenzialanalyse steht auf der Homepage des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) zur Verfügung. Im nächsten Schritt soll ein Online-Vergleichstool zur Verfügung gestellt werden, mit dem sich Kommunen, in denen der Ausbau noch bevorsteht, über erfolgreiche Ausbauprojekte in Kommunen mit ähnlichen Rahmenbedingungen informieren und sich gegebenenfalls mit diesen vernetzen können.

Gute Gigabitzahlen aus Hessen Nicht nur der Bund, sondern auch die Länder treiben den Gigabitausbau massiv voran. Dies zeigte auch Wolfram Koch, Leiter des Breitbandbüros Hessen, im Rahmen des Thementages in seinen Ausführungen zur hessischen Gigabitstrategie auf. Hierbei legte er einige Zahlen zur aktuellen Ausbausituation vor.

Bereits heute seien mehr als zwei von drei Haushalten mit einem Gigabit-Anschluss versorgt, so Koch 96 Prozent aller rund 2.000 hessischen Schulen seien gigabitfähig angebunden. Im Bereich der hessischen Plankliniken seien dies sogar 98 Prozent. Bei den Gewerbegebieten liege dieser Wert bei über 60 Prozent, davon hätten rund 40 Prozent bereits einen FTTB/H-Anschluss. Bis 2030 flächendeckender Gigabit-Ausbau, Ende 2022 rund 16 Prozent.

Im Rahmen des FTTC-Ausbaus wurde Glasfaser in allen hessischen Kommunen verlegt. Ende 2022 waren über 96 Prozent der Haushalte mit 50 Mbit/s versorgt. Auf diesem Fundament werde nun die „letzte Meile“ erschlossen, um bis 2030 flächendeckend mit Glasfaser (FTTB/H) auszubauen. „Selbstverständlich gelten weiterhin die glei-

chen Spielregeln: Markt vor Staat und Förderung nur dort, wo der Markt versagt“, so Koch In Hessen setzt man auf eine effektive Vernetzung der am Ausbau beteiligten Akteure (EU, Bund, Land, Kommunen, TK-Unternehmen, Branchenverbände, Kammern, Wohnungswirtschaft, Bürgerinnen und Bürger). Dank dieses „Stakeholder-orientierten Ansatzes“ und der klaren Priorisierung des marktgetriebenen Ausbaus habe dieser insgesamt entscheidend beschleunigt werden können. Kein Ausbauproblem, sondern Entbürokratisierungsaufgaben sah Nick Kriegeskotte, Leiter des Bereichs Infrastruktur & Regulierung beim Bitkom. Eine der wichtigen Maßnahmen ist für ihn dabei die flächendeckende Einführung digitaler Genehmigungsverfahren für die Benutzung öffentlicher Wege. Ein entsprechender OZG-Pilot – das OZG-Breitbandportal – wird derzeit bundesweit ausgerollt.Grundlegend zeigte man sich optimistisch hinsichtlich des weiteren Ausbauprozesses. Lisia Mix, Leiterin für Bundespolitik beim BREKO Bundesverband Breitbandkommunikation, brachte dies ebenfalls zum Ausdruck: „Wir sind auf einem guten Weg und gemeinsam können wir den Gigabitausbau meistern!“

Die Aufzeichnung des Thementags zum Gigabitausbau ist kostenfrei auf NeueStadt.org abrufbar.

Behörden Spiegel Berlin und Bonn / September 2023 www.behoerdenspiegel.de Digitaler Staat
„Die letzten Prozente sind die schwierigsten.“
Zukünftige IT-Strategien in Nordrhein-Westfalen Bild: BS/ThomBal, stock.adobe.com

Alsosetzen manche Anbieter auf das Wort „souverän“ oder „Sovereign“ und versuchen, durch verschiedene Methoden dem Ansinnen staatlicher Akteure entgegenzukommen, dass „ihre“ Daten auch in Europa verbleiben und nicht entweder in den USA oder anderorts gehostet werden und im schlimmsten Fall durch US-Geheimdienste auf Basis des US-Cloud-Acts abgerufen werden können. Da es immer wirtschaftliche Angebote sind, bleibt Sicherheitsfanatikern immer ein Restlücke. Doch längst haben Große wie Microsoft und Google –nicht aus Einsicht in eine deutsche Regierungsforderung, sondern als globales Geschäftsmodell – diesen Weg beschritten. Es existieren die lokalisierten Cloud-Anbieter aus Deutschland wie IONOS (Tochter von 1&1), Secunet, Schwarz IT (Lidl und Netto) u. a. Auch aus dem europäischen Ausland nehmen derzeit Anbieter am größten Beauty Contest der IT in Deutschland teil: OVH aus Frankreich oder A1 aus Österreich (dort Telekommunikations-Provider).

Dann gibt es staatliche Cloud-Anbieter, die in der Einschränkung ihrer Möglichkeiten etwas befangen wirken, generell nur Private Cloud anbieten und ihre Versprechen wegen mangelnder PR-Budgets flach halten müssen. Mit der Bundescloud ist das ITZBund schon länger präsent, jetzt neu dazugekommen ist die BWI mit einer Private Cloud für die Bundeswehr (siehe Seite 30). Es gibt Entwürfe für eine CloudBeschaffung aus verschiedenen

Quellen, so u. a. von Dataport. Doch finden sich dort zahlreiche

Aufgaben für Vergabejuristen:

SLAs, Vertragsende und Migration, Rolle der Intermediäre usw.

Unternehmen treten aus dem Schatten

Letztere posieren auch auf dem Laufsteg, dazu gehören die Beratungsunternehmen, aber auch ein starkes Systemhaus wie Bechtle. Es laufen auch die Unternehmen mit, die auf technischer Ebene die Migration der Daten in die Cloud sichern müssen, den Change-Prozess in den Behörden organisieren und letztlich Sicherungen etablieren müssen, damit bei Vertragsende die erneute Migration technologisch – nicht nur vertraglich – funktioniert. Da gehen Unternehmen auf den Laufsteg, die der

IT-Beauty-Contest

Spieglein, Spieglein an der Wand, wer hat die beste Cloud im Land?

(BS/Uwe Proll) Auf der Seite der Anbieter drängeln sich so viele, dass in der größten Cloud kein Platz für alle sein dürfte. Da sind die Cloud-Anbieter klassischer Provenienz als gut geschmierte Public Clouds mit unzähligen Services, hohem Komfort und Datensicherheit. Doch es geht vor allem um Datenschutz. Denn der Versuch, durch vertragliche Vereinbarungen zwischen der EU-Kommission und der US-Regierung die Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) mit dem US-Cloud-Act zu vereinbaren, ist zweimal gescheitert. Kritikerinnen und Kritiker dieses Vorgehens sehen nun auch den zum Ende des Jahres angekündigten dritten Versuch als zum Scheitern verurteilt an.

gen und der Ausbau dauern, hat SAP kurzerhand reagiert und bietet Behörden jetzt offensiv sein eigenes Rechenzentrum mit SAP S/4HANA als Vorläufer von Delos an.

Alte Bekannte Die Telekom versucht es diesmal mit Google und hat ein mehrstufiges, noch zu entwickelndes Angebot entworfen. Nach Frankfurt hat Google die zweite Cloud-Region Berlin/ Brandenburg gestartet und damit auch dort für eine souveräne Cloud die Voraussetzungen geschaffen.

käufe von Cloud-Dienstleistungen sichern, die dann von den Genossen abgerufen werden sollen. Wahrscheinlich folgt Govdigital der Multi-Cloud-Strategie und präsentiert unterschiedliche Cloud-Angebote. Zusammengetan haben sich die Bundesagentur für Arbeit (BA), die Deutsche Rente und die Unfallversicherungsträger (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) zu einer Cloud-Ausschreibung. Die Vergabebzw. Beschaffungsstelle der größten Organisation dieser Gruppe übernimmt den Prozess. In diesem Fall ist das die Bundesagentur für Arbeit. Die BA-Präsidentin hat schon mehrfach diesen Schritt angekündigt und betont, es sei keine Zeit zu verlieren. Die Programme On Premise seien endlich, aber auch neue Anwendungen wie durch KI gesteuerte Bots im Telefonservice erforderten Cloud Computing. Warum nicht im EU-Verbund?

Öffentlichkeit wie Novizen vorkommen. Aber ohne deren tausende von weltweit verteilten Programmierern wäre weder bei Google noch SAP die Softwareentwicklung gesichert. Diese Unternehmen drängen nun aus dem Hintergrund an die Rampe. Eines dieser Unternehmen ist EPAM Systems, bei dem alleine an Google-Aufträgen mehrere tausend Entwickler arbeiten. Aber auch Materna, ein mittelständisches Dortmunder IT-Unternehmen ( siehe Seite 29), will platziert werden. Die angestrebten souveränen Lösungen der Hyperscaler versprechen Cloud Services mehr oder weniger ähnlich dem breiten Angebot in der Public Cloud, doch ihre Umsetzung ist schwierig. Gescheitert war vor Jahren schon mal die Telekom (T-Systems) zusammen mit Microsoft. Die Deutschen sollten als Treuhänder fungieren, doch das Angebot kam wohl zu früh auf den Markt. Die Behörden hatten noch keinen Druck, Cloud Computing einzuführen, und der Wirtschaft war die Sicherheit den ausgerufenen Preis nicht wert. Beides hat

sich geändert. Behörden drängen in die Cloud und die Wirtschaft möchte ihre Innovationen und Betriebsgeheimnisse besser schützen. Zudem steigt der Druck: Eigentlich wollte Microsoft wesentliche Programme nur noch in der Cloud anbieten, womit große Behörden ihre Anwendungen selbst hätten weiterentwickeln müssen. Mit deutlich mehr Kosten und Risiken, weil sie eben nach politischer Deutung nicht in die bisher angebotenen Public Clouds dürfen. Auf erheblichen Druck der Streitkräfte einiger Staaten hat Microsoft daraufhin sein On-Premise-Angebot erst mal verlängert.

Nun finden sich beide damals gescheiterten Cloud-Anbieter als Konkurrenten im Markt wieder. Microsoft baut zwei Rechenzentren in Deutschland, auf denen Azure läuft. Diese werden von einer für diesen Zweck durch SAP gegründeten Firma namens Delos Cloud betrieben. Die Bertelsmann-Tochter Arvato ist operativ dabei. Da die Nachfrage aber jetzt besteht und sowohl die unternehmerischen Entscheidun-

Aufbauend auf der Google Public Cloud existiert seit Juli die Variante Souvereign Controls: Alles liegt auf einem Rechenzentrum der Telekom. Audits werden von GoogleMitarbeitenden erledigt, von T-Systems kontrolliert. Die Supervised Cloud soll Ende 2024, Anfang 2025 kommen. Hier ist nur noch Telekom-Personal tätig, das die Google Cloud komplett betreibt. Dadurch dauern Updates drei bis vier Tage.

Als letzte Stufe, gebunden an spezifische Hardware, kommt die Google Distributed Cloud Hosted, eine auch als AirGap-Lösung bekannte Variante. Software, Hardware und alle Funktionalitäten werden dann an T-Systems übergeben. Diese salopp formuliert, „Cloud On-Premise“ wird nicht alle Funktionalitäten der Public Cloud liefern. Sie ist zudem neben dem Angebot durch T-Systems dann auch für das eigene behördliche Rechenzentrum erhältlich.

Zwei Ausschreibungen angekündigt

Unruhe ist in den Markt gekommen, weil zwei Akteure angekündigt haben, noch in diesem Herbst eine Cloud-Ausschreibung zu veröffentlichen. Es wird damit gerechnet, dass die im Wesentlichen aus kommunalen und Landesrechenzentren bestehende Genossenschaft Govdigital als erste am Zuge sein wird. Ein Intermediär soll die Ein-

Die Show hat begonnen und viele IT-Unternehmen suchen noch ihren Platz im milliardenschweren Cloud Business. Behörden und Regierung werden genau beobachten, wie es mit den Ausschreibungen läuft. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik wird noch um Stellungnahme gebeten. Da es sich aber nicht um eine Kritische Infrastruktur handelt, wird es beim Statement bleiben. Für die Sozialversicherungsträger ist das Bundesamt für Soziale Sicherung die Aufsichtsbehörde.

Unter den politisch Verantwortlichen möchte man natürlich so schnell und viel Souveränität wie möglich. Daher kam der bisher von den Unternehmen befürwortete Vorschlag, das Magdeburger T-Systems-Rechenzentrum als exklusive Adresse für behördliche Cloud-Leistungen zu nutzen statt auch etliche lokale private Betreiber. Auch wird diskutiert, dass wieder einmal eine riesige Chance zur Bündelung von Know-how und Einkaufsmacht durch nationales Vorgehen innerhalb der EU nicht genutzt wurde. Und dies, obwohl am Ende sinnvollerweise ein grenzüberschreitender behördlicher EUCloud-Verbund das sinnvollste Vorgehen für europäischer Souveränität wäre. Was versäumt wurde, muss dann nachgeholt werden. Dann folgt dem nationalen IT-Beauty-Contest die Eurovision Cloud Computing.

Eine Veranstaltung des

Behörden Spiegel / September 2023 Informationstechnologie Seite 26 KIEL KIEL HAMBURG HAMBURG BREMEN BREMEN HANNOVER HANNOVER SCHWERIN SCHWERIN MAGDEBURG MAGDEBURG 1 2.Oktober 2023 GOP Bremen NORDL@NDER
der Zukunft inSH, HH, HB, MV, NI, ST www.nordlaender-digital.de #diginordland23
DIGITAL Verwaltung
Die Cloud-Anbieter liefern sich gerade einen Schönheitswettbewerb, dabei sind echte Wolken doch die Schönsten. Foto: BS/Gerd Altmann, pixabay.com

Während die Themen und Herausforderungen weitgehend ähnlich sind, zeigen sich große Unterschiede hinsichtlich der Ausgangssituationen, Ressourcen und Ziele jeder einzelnen Behörde. Ein allgemeingültiges Patentrezept für die Einführung und Weiterentwicklung eines professionellen Prozessmanagements gibt es somit nicht.

Um die individuell sinnvollen Entwicklungsmöglichkeiten zu bestimmen, lohnt sich ein Blick auf den Status quo. Dieser lässt sich mithilfe der PICTURE-Prozessmanagement-Roadmap benennen. Je nach Ausgangspunkt zeigt das Modell die sinnvollen nächsten Schritte auf.

Stufe für Stufe zum gelebten

Prozessmanagement

Verwaltungen, die sich auf Stufe null befinden, führen noch keine zentralen Prozessmanagement-Aktivitäten durch. Die Arbeit findet punktuell in einzelnen Bereichen statt und bedient sich keiner dedizierten Methoden oder Werkzeuge. Als Arbeitswerkzeuge werden Stift und Papier und als Darstellungsweisen Flussdiagramme und ähnlich simple Darstellungsformen verwendet. Eine Strategie liegt noch nicht vor und es findet keine Auswertung und kein Controlling statt.

Auf Stufe eins findet das Prozessmanagement in einzelnen, dezentralen Projekten Anwendung.

Einfache „Malwerkzeuge“ zur Prozessmodellierung, z. B. Visio, PowerPoint oder Excel, kommen zum Einsatz. Zentrale Festlegungen (z. B. Methoden, Konventionen und Standards) liegen häufig nicht vor. Auch Auswertungen, Analysen und einfache Workflows sind auf die-

F ür HP, einen der führenden Anbieter von PCs, Notebooks und Druckern, ist Nachhaltigkeit seit Jahrzehnten fester Bestandteil der Unternehmens-DNA. Nicht von ungefähr hat das US-Magazin Newsweek HP in diesem Jahr erneut als „America’s most responsible Company“ ausgezeichnet – vor einer Reihe anderer Unternehmen mit US-Zentrale. HP hat klare Nachhaltigkeitsziele und dokumentiert seit Mitte der 1990er-Jahre die eignen Aktivitäten in einem umfangreichen Nachhaltigkeitsreport.

Als eines der ersten IT-Unternehmen veröffentlicht HP einen Report zum Thema Menschenrechte. War der Begriff Nachhaltigkeit bis vor einigen Jahren vor allem mit dem Thema Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung verbunden, hat sich dies nicht zuletzt durch das neue Lieferkettengesetz in Deutschland endgültig verändert. Entsprechend geht es in den Nachhaltigkeitszielen von HP auch um die soziale Nachhaltigkeit in der Lieferkette: den Schutz von Menschenrechten und gute Arbeitsbedingungen. Zudem fokussiert das Unternehmen auf Diversität und digitale Chancengleichheit –mit Programmen wie HP University und HP Life engagiert sich

Mit gutem Werkzeugkoffer

Das Prozessmanagement auf die nächste Stufe heben (BS/Silke Nolopp*) Öffentliche Verwaltungen sehen sich mit zunehmend vielfältigen und komplexen Themen konfrontiert. Strategische Angelegenheiten der Organisationsentwicklung, etwa der Umgang mit dem demografischen Wandel und Wissensmanagement, fordern ebenso Ressourcen wie Themen aus dem Bereich Digitalisierung und E-Government. OZG-Umsetzung, Einführung von E-Akte und E-Vorgangsbearbeitung sowie Strategieentwicklung und Softwareauswahl sind seit Jahren allgegenwärtige Herausforderungen. Umso wichtiger wird es daher, mit einem guten Werkzeugkoffer zur Komplexitätsbeherrschung ausgestattet zu sein. In der öffentlichen Verwaltung heißt dieser Koffer Prozessmanagement.

Bereichen und noch keine übergreifende Strategie für das Prozessmanagement.

Prozessmanagement-Tool ist voll ausgebaut und ein Regelkreis aus Strategie, Zielen, Analyse, Optimierung und Erfolgsmessung ist etabliert. Das Prozessmanagement ist flächendeckend eingeführt und in den Köpfen der Mitarbeitenden als Dauerthema verankert.

Grafik:

ser Stufe nicht möglich. Zusätzlich droht eine Komplexitätsfalle, da auf diese Weise nur begrenzte Prozessmodelle verwaltet werden können. Verwaltungen auf Stufe zwei setzen Prozessmanagement punktuell in einzelnen Fachbereichen ein. Ein professionelles Modellierungs-

werkzeug kommt zum Einsatz und erste Prozessmodelle werden im Haus veröffentlicht. Die Beteiligten legen erste zentrale Methoden und Konventionen sowie grundlegende Verantwortungen für das Thema Prozessmanagement fest. Es gibt nur lokale Strategien in einzelnen

Ab Stufe drei bekommt das Prozessmanagement verstärkt einen strategischen Charakter. Zentrale Verantwortungen und Ressourcen sowie eine mittelfristige Prozessmanagement-Strategie werden festgelegt und ein professionelles Prozessmanagement-Werkzeug wird genutzt. Die Identifikation aller internen Prozesse über ein verwaltungsweites Prozessregister und eine Prozesslandkarte ermöglichen erstmalig eine verwaltungsweite Planung und Steuerung der Prozesse. Erste Aktivitäten finden unter Einbindung dezentraler Multiplikatoren statt und flächendeckendes Prozessmanagement wird zum grundlegenden Baustein der Gesamtverwaltung. Dennoch hat das Prozessmanagement noch immer Projektcharakter.

Auf der finalen Stufe vier ist jeder Fachbereich strukturell in das Prozessmanagement eingebunden. Es liegen verbindliche Regelungen von Verantwortlichkeiten vor und die Prozessmanagement-Strategie wird regelmäßig auf Leitungsebene aktualisiert. Ein professionelles

Im Mittelpunkt der Innovationen

Nachhaltigkeit ist bei HP Teil der Unternehmens-DNA

(BS/Kathrin Dinh*) Nicht zuletzt das „Lieferkettengesetz“ hat die Bedeutung der Nachhaltigkeit von Produkten und Dienstleistungen erneut unterstrichen. Heute ist Nachhaltigkeit mehr denn je ein wesentlicher Faktor für die Kaufentscheidung. Dies gilt für Unternehmen, Behörden und selbst für Privatpersonen, wie fast zwei Drittel der Befragten in einer aktuellen Deloitte-Studie angeben. Mehr denn je sind in Ausschreibungen von Behörden und Firmen klar messbare Nachhaltigkeitskriterien enthalten. Die Beschaffung von IT-Technologie und IT-Services macht da keine Ausnahme.

HP beispielsweise intensiv in der Bildung.

Dabei hat HP sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Allen voran bis 2030 das nachhaltigste und gerechteste Technologieunternehmen weltweit zu werden. Ein weiteres Beispiel: Bis 2030 soll der Anteil von recycelten, erneuerbaren und wiederverwerteten Materialien in Produkten und Verpackungen auf 75 Prozent steigen – aktuell liegt der Anteil bereits bei rund 45 Prozent. Quietschende Styroporverpackungen wurden beispielsweise durch geformte Schutzverpackungen aus 100 Prozent recycelbarem Zellstoff ersetzt. Und mehr noch: Nachhaltigkeit wird bereits in der Entwicklung neuer Produkte berücksichtigt. Sei es bei der Nutzung von recycelten Materialien, dem künftigen Energieverbrauch der Produkte oder einer verbesserten Reparierbarkeit. Unabhängig be-

stätigt wird das Engagement durch die Vielzahl an Zertifizierungen der Produkte mit Umweltsiegeln wie dem Blauen Engel, Energy Star oder dem TCO-Certified-Siegel. Die Liste der Kriterien, die für die Auszeichnung mit einem dieser Siegel erfüllt werden muss, ist lang und schließt eine umweltschonende Produktion unter Einhaltung klarer sozialer Standards ebenso ein wie die Schadstoffarmut, geringe Lärmemissionen, Energieverbrauch und den Einsatz von umweltverträglichen Bauteilen. Insbesondere bei Verbrauchsmaterialien – also vor allem bei Tintenpatronen und Tonerkartuschen – ist HP einer der Vorreiter moderner Kreislaufwirtschaft. Im „Planet Partners“-Programm des Unternehmens wurden seit 1991

Effektiver Sprung auf Stufe zwei Beim Erklimmen der Stufen stellt insbesondere der Übergang von Stufe eins auf Stufe zwei für viele Verwaltungen eine Herausforderung dar. Die Überlegungen zur Methodik und Software-Auswahl sind häufig schwierig und zeitaufwendig. Mit der PICTURE-Prozessplattform besteht ein Werkzeug und ein begleitendes kompaktes Workshopkonzept, welches ausschließlich für öffentliche Verwaltungen konzipiert ist – und bereits alle Bausteine enthält, um direkt auf Stufe zwei der Entwicklungsleiter zu landen. Bei der Herausforderung, den Sprung vom punktuellen Einsatz in Einzelprojekten zu einem verwaltungsweiten Prozessmanagement in der Breite zu schaffen, unterstützt zudem die Prozessmanagement-Potenzialanalyse PICTURE PROMPT. Durch begleitete Gespräche, Datenerhebungen, Workshops sowie Analysen und Auswertungen wird dabei ein umsetzbarer Plan unter Beteiligung der Führungsebene erarbeitet. PICTURE ist auf vielen kommenden Veranstaltungen wie dem KGSt-Forum und der e-nrw vertreten. Weitere Informationen erhalten Interessierte unter kundenbetreuung@picture-gmbh.de * Silke Nolopp ist Junior Content Managerin bei PICTURE.

neuerte Kartuschen in HP-Qualität an. Eine EvoCycle-Kartusche enthält nach Gewicht derzeit rund 21 Prozent wiederverwendete Teile und 24 Prozent recycelte Bestandteile. Dabei besteht das recycelte Material in HP EvoCycle-Kartuschen zu 100 Prozent aus recyceltem Kunststoff aus dem HP-Kreislauf. Es wird kein neuer Kunststoff hinzugefügt. Der Rest sind hauptsächlich „bildgebende“ Komponenten wie Bildtrommel, die Reinigungsklinge oder die Entwicklerklinge. Diese Bestandteile der Tonerkartuschen werden grundsätzlich erneuert, um die hohen Anforderungen an die Qualität der Kartuschen – und damit der Ausdrucke – sicherzustellen. Das bedeutet gleichermaßen, dass die Drucker in Kombination mit EvoCycle-Tonerkartuschen weiterhin die Anforderungen der Zertifizierung für den „Blauen Engel“ sowie für die Dokumentenechtheit nach DONot erfüllen.

Fotos:

mehr als 875 Millionen Original HP-Tintenpatronen und -Tonerkartuschen recycelt. Seit dem Jahr 2000 wurden über 47 Millionen Kilogramm recycelter Kunststoff zur Herstellung neuer Original HP-Tonerkartuschen verwendet.

Ganz wichtig: Keine Tintenpartone oder Tonerkartusche, die über das „Planet Partners“-Programm zurückgegeben wird, landet auf einer Mülldeponie – dessen können sich Unternehmen wie Behörden sicher sein. Im bayerischen Thurnau betreibt HP sogar eine spezielle Recyclinganlage für Tintenpatronen.

Der nächste Schritt in Richtung Nachhaltigkeit

Mit den HP EvoCycle-Tonerkartuschen bietet HP Behörden und Unternehmen erstmals runder -

Die runderneuerten EvoCycleKartuschen werden regional in einer Produktionsanlage in Liffré in der Bretagne hergestellt und unterliegen den gleichen Qualitätskontrollen wie alle Original HPKartuschen. Insgesamt hilft HP mit den neuen EvoCycle-Kartuschen seinen Firmenkunden und Behörden dabei, den CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Dank der Wiederverwertung der Bauteile lässt sich die CO2-Belastung um 43 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Produktreihen reduzieren. Damit sind die HP EvoCycle Kartuschen gleich doppelt nachhaltig: durch die Wiederverwertung von Komponenten sowie durch einen reduzierten CO2-Abdruck bei der Herstellung. Ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft.

*Kathrin Dinh ist Sustainability Managerin bei HP Deutschland.

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 27 Informationstechnologie
Die runderneuerten EvoCycle-Kartuschen werden in einer Produktionsanlage im französichen Liffré hergestellt. BS/HP Die PICTURE-Prozessmanagement-Roadmap BS/PICTURE

Behörden Spiegel: Das BVA ist ein Hauptakteur bei der Umsetzung der Registermodernisierung. Warum ist aus Ihrer Sicht die Registermodernisierung der Schlüssel zu einer modernen Verwaltung?

Verenkotte: Mit der Registermodernisierung wird der wesentliche Schritt getan, die Verwaltung intern zu vernetzen. Das Frontend mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) ist wichtig für die Bürgerin und den Bürger sowie die Wirtschaft. Erst die vierte Stufe der OZG-Reifegrade nimmt das Backend in den Fokus – das setzt die Registermodernisierung voraus. Das eigentliche Registermodernisierungsgesetz ist am 6. April 2021 verkündet worden und Grundlage dafür, dass Verwaltungsleistungen eben auch nach dem Once-Only-Prinzip angeboten werden. Es richtet sich auch nach europäischen Erfordernissen: der Single-Digital-Gateway-Verordnung (SDG). Damit ist die Registermodernisierung perspektivisch ein Zugangstor für Verwaltungsleistungen in die Europäische Union hinein. Auf nationaler Ebene werden das Nationale Once-Only-TechnicalSystem (NOOTS) und der Nachweisaustausch erarbeitet sowie die technische Architektur erstellt.

Dies sind aber nur Grundschritte –wesentlich ist der noch ausstehende Rechtsänderungsbedarf. Da geht es nicht nur um Standards, sondern auch darum, jedes einzelne Register in Deutschland anzufassen. Deshalb kommt in den nächsten Jahren noch eine ganze Menge auf uns zu.

Behörden Spiegel: Der BundesCIO hat ja auch bei einem Besuch des BVA mehr Tempo bei der Registermodernisierung gefordert. Wo stehen wir aktuell?

Verenkotte: Die Planungsphase für die Registermodernisierung ist abgeschlossen. Die notwendigen technischen Dokumente liegen in einer ersten Version vor, die Komponenten sind beschrieben, die Vernetzung der Register im NOOTS steht fest. Aktuell müssen noch Technikanpassungen erfolgen und es sind noch einige offene Fragen zu klären. Insofern ist der Appell des Bundes-CIOs richtig, weil alle registerführenden Stellen bereit sein müssen, sich entsprechend zu engagieren. Der Rahmen dafür kann unterschiedlich sein: Es kann ein Bundesgesetz geben oder Bund und Länder verabschieden einen Staatsvertrag. Aber die europäischen Vorgaben lassen lange Diskussionen nicht zu, da bin ich ganz auf der Seite des Bundes-CIOs. Es ist auch für das Projekt durchaus nicht falsch, dass die Stellen, die beteiligt sind, selbst mitwirken. So entwickelt das Land Bremen das Datenschutz-Cockpit, ein ganz wesentliches Element in der Registermodernisierung. Das BVA ist für die Komponente des Identitätsdatenabrufs zuständig, da wir bereits seit vielen Jahren große Register auf einem hohen technischen Stand führen. Es gibt die sogenannte Register Factory, bei der wir modular darstellen, wie Register heutzutage gebaut werden können. Diesen Wissensschatz wollen wir einbringen.

Behörden Spiegel: Und wie geht die Planung weiter?

Verenkotte: Eine finale Planung gibt es noch nicht. Startpunkt ist auf jeden Fall das Nationale Waffenregister, danach folgen weitere. Wir sind mit dem Kraftfahrtbundesamt und der Bundesanstalt für Arbeit im Gespräch sowie mit dem Land Hessen. Dennoch wünschen wir uns mehr Bereitschaft und dass mehr Mittel zur Verfügung stehen. Die an-

Mehr Steuerung erforderlich

Die Registermodernisierung braucht ein starkes Projektmanagement

(BS) „Die Registermodernisierung gehört zu den Zukunftsprojekten des Landes“, erklärte Christoph Verenkotte, Präsident des Bundesverwaltungsamtes (BVA), im Interview mit Dr. Eva-Charlotte Proll, Herausgeberin und CDO des Behörden Spiegel. Das Gespräch macht nicht nur die Bedeutung und Dimension des Vorhabens deutlich, sondern auch, dass dessen erfolgreiche Umsetzung mehr – insbesondere politisches und finanzielles – Commitment und leistungsfähigere Strukturen benötigt. Zudem: „Klare Verantwortungsstrukturen erleichtern die Kommunikation“, bringt Verenkotte es auf den Punkt. Der erfahrene Behördenchef ist nah dran an diesem Thema, denn das BVA ist eine der zentralen Behörden für die Umsetzung des Registermodernisierungsgesetzes.

fangs geplanten Mittel waren ausreichend, aber das Projekt hat sich weiterentwickelt und aktuell reichen sie nicht: Es ist erstens nicht genug für das da, was wir ohnehin planen. Zweitens ist das bei Weitem noch nicht genug für all das, was in den kommenden Jahren auf uns zukommt. Registermodernisierung ist eine Zukunftsinvestition und in Investitionen muss man zu einem Zeitpunkt einzahlen, an dem man noch nicht sofort etwas davon hat. Das ist im Bundeshaushalt manchmal schwer darzustellen. Ich wünsche mir mehr unternehmerisches Denken, das diese Investitionen er-

schon ein retardierendes Moment, das eine gewisse Verzögerung erbracht hat. Dennoch hat sich die Koalition nun, neben kleinen Veränderungen beim Datenschutz-Cockpit sowie einer Evaluierungsklausel, darauf verständigt. Ich glaube aber nicht, dass das der Haupthinderungsgrund ist. Es handelt sich in Summe um ein sehr komplexes Projekt und auch die Länder, die jeweils Teilverantwortungen haben, wollen sich natürlich in der Kommunikation nur zu diesem Teil äußern. Das Problem entsteht in der Tat, da haben Sie vollkommen recht, für die Kommunen. Diese müssten voll in-

Behörden Spiegel: Sie haben von klaren Verantwortungsstrukturen gesprochen. Wie sehen die denn aus Ihrer Sicht optimalerweise aus?

Verenkotte: In großen Projekten muss man definieren, wer die Projektleitung innehat und wie das Zusammenspiel der unterschiedlichen Teilprojekte ist. Das ist bei der Registermodernisierung nicht völlig ungeklärt, aber eben aktuell nicht in der Zuspitzung. Gerade wenn wir vor einer schwierigen Ressourcenlage stehen, muss es klar sein. Unsere Erfahrung lehrt uns, dass Mehrebenenprojekte nicht über eine Projektmanagementstruktur, wie sie im Lehrbuch steht, zu steuern sind. Die Juristen, die in den Ministerien vielfach den Ton angeben, könnten von den Betriebswirten in dieser Hinsicht noch etwas lernen.

Behörden Spiegel: Und warum beginnt die Registermodernisierung ausgerechnet beim Waffenregister?

Verenkotte: Das war eine ganz pragmatische Entscheidung, keine politische. Wir hätten uns auch ein anderes Register gewünscht, aber es stand so schnell kein anderes Register bereit bzw. zur Verfügung. Als BVA sind wir für das Nationale Waffenregister zuständig und hier sind wir schon sehr weit und können am ehesten zeigen, wie die Registermodernisierung ablaufen kann.

Behörden Spiegel: Gibt es Lerneffekte aus der OZG-Umsetzung, die sich auf die Registermodernisierung übertragen lassen?

chen darf, ist die Dinge zu verschieben. Wenn wir jetzt nicht in den nächsten Jahren investieren, trotz politischer Herausforderungen und trotz Haushaltsanforderung, dann machen wir einen schweren Fehler.

Behörden Spiegel: Dann machen wir wohl gerade einen schweren Fehler.

Verenkotte: Ja, aber ich bin kein Politiker. Die Abwägung haben andere zu treffen. Ich sage das auf Basis unserer administrativen Erfahrungen. Wir sind in vielen Projekten tätig, engagieren uns in der Digitalisierung und unterstützen alle Ministerien. Hinzu kommt: Die Diskussion wird häufig abgehoben von der Praxis geführt. Auch Digitalisierungsprojekte sind konkrete Projekte. Da arbeiten viele Menschen dran, das kann man ohne externe Unterstützung nicht machen. Wer extern dazukommt, will auch bezahlt werden. Das heißt: Man braucht Geld. Man braucht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mitwirken. Man braucht eine ver-

Kritisch und gleichzeitig optimistisch mit Blick auf die Registermodernisierung: Christoph Verenkotte, seit März 2010 Präsident des Bundesverwaltungsamtes. Foto: BS/BVA

den Strukturen zum Ausdruck kommt.“

leichtern würde. Die jetzigen Sparhaushalte sind darauf natürlich nicht ausgerichtet, aber die Registermodernisierung gehört zu den Zukunftsprojekten des Landes.

Behörden Spiegel: Dennoch wirft sie bei den unterschiedlichen Akteuren mehr Fragen als Antworten auf – vor allem bei den Kommunen, auf die die Hauptarbeit zukommt.

Von außen hat man nicht den Eindruck, dass es jemanden gibt, der einen Gesamtüberblick über alle Teilprojekte hat. Woran liegt das? An der unklaren politischen Situation wegen der Steuer-ID oder an einer Änderung der Projektsteuerung, wie der IT-Planungsrat sie im Frühjahr beschlossen hat?

Verenkotte: Sicherlich hat die Diskussion um die Steuer-ID auch zu Verunsicherung geführt. Es war

formiert sein, und das ist schwierig. Wir haben bereits diverse Informationsveranstaltungen – auch digitaler Art – durchgeführt. Der Bedarf ist relativ groß. Wir werden auch von den entsprechenden Verbänden und Zusammenschlüssen regionaler Rechnungszentren befragt. In einem so komplexen Projekt, wo die Verantwortlichkeiten noch verteilt sind, sind die Bedingungen aber erschwert. Ich wünsche mir, dass die politische Verantwortung noch klarer in den Strukturen zum Ausdruck kommt. Es ist gut, dass man zusammenwirkt, aber es muss dann auch vorangehen und insofern ist die Kommunikation ein Spiegel der Organisation: Klare Verantwortungsstrukturen erleichtern die Kommunikation. Für die Kommunen ist das einfach – sie sind stringenter organisiert, haben knappe Ressourcen und müssen wissen, auf was sie sich konzentrieren. Sie haben wenig Verständnis, wenn in diplomatischen Worten und Schleifen halbe Wahrheiten oder nur Teilwahrheiten verkündet werden. Das ist kein böser Wille aller Beteiligten, sondern ein Stück Vorsicht, aber es wäre anders durchaus organisierbar. Zurückkommend auf den Bundes-CIO, der mehr Tempo fordert, würde ich empfehlen, noch mal die Diskussion mit den Ländern voranzubringen und ein bisschen schneller zum Abschluss zu kommen.

Verenkotte: Ja. Es herrschte immer Diskrepanz zwischen den politischen Erwartungen und dem, was umgesetzt ist. Bei den OZG-Leistungen Bund verzeichnen wir einen beachtlichen Fortschritt. OZG-Leistungen im Bereich der Länderverantwortung sind nicht ganz so weit. Das will ich auch nicht kritisieren, die Länder mussten erst Fragen der gemeinsamen Standards und so weiter klären, genauso wie Finanzierungsfragen und das politische Backing für Entscheidungen des IT-Planungsrates. Aus dem OZG kann man zudem lernen, dass es wichtig ist, dabeizubleiben, insbesondere bei der Finanzierung. Finanzielle Ausstattung immer nur für ein Haushaltsjahr oder für zwei Haushaltsjahre zu gewähren – derzeit diskutiert man über die Zurverfügungstellung von Restmitteln –greift zu kurz. Wir sprechen hier von Zukunftsinvestitionen. Diese muss man für mehrere Jahre sicherstellen. Die Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland halte ich nach wie vor für unterfinanziert. Gleiches gilt für Verkehrsinvestitionen. Wenn wir uns den Straßenbau anschauen, stehen wir heute vor Investitionen, die in den letzten 20 Jahren nicht getätigt wurden. Dafür büßen wir heute, wenn wir im Stau stehen. Investitionsstau rächt sich später, und das sollte uns bei der Digitalisierung nicht passieren. Entweder wir schaffen es in den nächsten ein bis zwei Jahren, diese Klippe zu umschiffen oder eben nicht. Was man eindeutig nicht ma-

nünftige Projektplanung und das alles braucht einen Rahmen. Eine politische Druckankündigung nach dem Motto „Wir wollen das schnell machen!“ hat noch nichts umgesetzt. Ich bin selbst Jurist, deshalb darf ich das sagen: In den Ministerien herrscht vielfach die Vorstellung, dass, wenn man einen Rahmen geschaffen hat – wir sprechen über das Registermodernisierungsgesetz –, hätte man schon viel erreicht. Weit gefehlt! Auch für die Bürgerinnen und Bürger ist die Formulierung des Gesetzes egal. Sie wollen wissen, was ankommt, was umgesetzt wird. Und daran werden wir gemessen. Behörden Spiegel: Gibt es weitere Lessons Learned aus dem OZG-Prozess?

Verenkotte: Es gibt positive Erfahrungen. Wenn ein Projekt erst mal angelaufen ist, sind viele, die am Anfang abseits gestanden haben, dann doch dabei. Sie sehen, dass man einen sehr hohen, positiven Outcome hat. Sichtbare Effekte erzeugen positive Lernprozesse. Für die Registermodernisierung wünsche ich mir Gleiches: Dass man jetzt nicht nur auf das diffuse große Projekt mit vielen Änderungen und den schwierigen GovernanceStrukturen schaut, sondern auf konkrete Erfolge. Wenn also die Register miteinander vernetzt sind und wir tatsächlich Bürgerinnen und Bürgern sagen können, dass sie ihre Daten nicht noch ein zweites Mal eingeben müssen, haben wir etwas erreicht. Bei der Grundsteuerreform haben die Wenigsten verstanden, warum der Staat zwar die Elster-Strukturen zur Verfügung gestellt hat, aber die Finanzverwaltung die Bürgerinnen und Bürger aufgefordert hat, bereits existierende Daten einzugeben. Das ist Augenwischerei. Aber die Anzahl derjenigen, die davon überzeugt sind, dass wir bei der Digitalisierung das Richtige tun, nimmt zu, so auch die Bereitschaft der Ministerien, mal unkonventionelle Wege zu gehen. Damit nimmt die Pressure Group Fahrt auf. Wir haben politisch noch nicht alle mitgenommen, das ist so, aber da bin ich optimistisch.

Behörden Spiegel / September 2023 Informationstechnologie Seite 28
„Ich wünsche mir, dass die politische Verantwortung noch klarer in
„Aus dem OZG kann man zudem lernen, dass es wichtig ist, dabeizubleiben, insbesondere bei der Finanzierung.“

Derzeit konkurrieren unter anderem mit Delos, Google, Oracle und IONOS verschiedene CloudInfrastrukturen um die Gunst der öffentlichen Verwaltung – in jeweils unterschiedlicher Ausprägung. Einige Bestandteile davon sind bereits einsatzbereit, andere werden erst im Laufe der kommenden Monate bzw. Jahre umgesetzt und einsatzfähig sein.

Erste Schritte in einer souveränen Cloud

Materna konnte als erster ITDienstleister die Delos-Cloud-nahe Entwicklungsumgebung der Arvato Systems bereits intensiv kennenlernen und nutzt die simulierte Delos Cloud zum Testen von Anwendungsfällen und zur Durchführung von Proof of Concepts. „Unsere Behördenkunden können bei Materna diese Umgebung als Demonstrator nutzen und ihre containerisierten Applikationen oder auch nur Komponenten einer Applikation verproben. Damit sammeln wir und unsere Kunden wertvolle technologische und organisatorische Erfahrungen mit der Cloud-Umgebung – noch bevor sie verfügbar ist – und machen die ersten Schritte in einer souve-

Tests laufen

Souveräne Cloud-Szenarien für Behörden

(BS/Johannes Rosenboom*) Die Cloud spielt in der Verwaltung eine immer größere Rolle. Die Deutsche VerwaltungscloudStrategie (DVS) bildet dazu das Rückgrat. Fest verankert sind darin offene Standards und Schnittstellen, um Herstellerunabhängigkeit zu gewährleisten. Container-Technologien, allen voran das Open-Source-System Kubernetes, treiben diese Entwicklung. Als Mitglied in der Cloud Native Computing Foundation (CNCF) verpflichtet sich Materna zu offenen Standards sowie zur Daten- und Technologie-Souveränität. Auf diesen Grundlagen ist Materna einer der ersten Anbieter, der bereits Anwendungsfälle von Behörden in souveränen Cloud-Szenarien verprobt, beispielsweise für Registeranwendungen.

ränen Cloud“, sagt Robert Knapp, verantwortlich für die Cloud-Umsetzung im Ressort Public Sector bei Materna. Darüber hinaus ist die konzeptnahe Entwicklungsumgebung auch als verlängerte Umgebung für Software-Entwicklungsprojekte einsetzbar, um beispielsweise die Cloud-native Entwicklung zu testen. Erfolgreich getestet hat Materna bereits E-Akte-Lösungen, KI-Projekte, Internetund Mitarbeiterportale sowie containerisierte Register in der Cloud.

Die Deutsche Verwaltungscloud

Die Deutsche Verwaltungscloud zielt darauf, Cloud-Services und SoftwareLösungen standortübergreifend bereitzustellen und sie wechselseitig

Bürgeramt der Zukunft

Modellprojekt in Berlin vorgestellt

(BS/sp) Im Ausbildungsbürgeramt des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg entsteht seit diesem Spätsommer das Modellprojekt „Bürgeramt der Zukunft“. Es soll das „Erlebnis im Bürgeramt angenehmer gestalten“, erklärt Berlins Staatssekretärin für Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung und Chief Digital Officer, Martina Klement. Elemente des Projektes sind ein „Self-Check-in“ wie am Flughafen, ein modernes Wegeleitsystem und eine Fotostation.

Ziel des Projektes ist es, den Bürgerinnen und Bürgern neue Technologien nahezubringen und die Beantragung und Abholung von Ausweisdokumenten mittels digitaler Werkzeuge schnell, unkompliziert und modern zu ermöglichen. Dafür soll im Bürgeramt eine Dokumentenausgabebox eingerichtet werden, in der kontaktlos Ausweise und Co. abgeholt werden können – auch außerhalb der Öffnungszeiten.

Oliver Nöll, stellvertretender Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, sieht das Pilotprojekt, dessen Maßnahmen bis Ende 2025 durchgeführt werden sollen, als „ersten Schritt zu mehr Digitalisierung“. Mit dem modernen Wegeleitsystem möchte man „weg von der Zettelwirtschaft“.

Durch die Self-Service-Terminals können Online-Dienstleistungen auch im Bürgeramt durchgeführt werden: „Allerdings eher, um die Leute ranzuführen. Es ist nicht sinnvoll, dass Online-Dienstleistungen dann doch im Bürgeramt durchgeführt werden. Man möchte aber den Einstieg für weniger digital-affine Menschen schaffen“, erklärt Nöll. Des Weiteren soll es eine Fotostation geben, in der kostenfrei Fotos durch Mitarbeitende für Ausweisdokumente aufgenommen werden können: „Damit löst sich das Problem, das Bürgerinnen und Bürger mit ungeeigneten Passbildern zu uns kommen“, so der stellvertretende Bezirksbürgermeister. Zusätzlich sollen noch kleinere Maßnahmen für einen angenehmeren Aufenthalt im Amt etabliert werden. Diese seien kostenfreies WLAN, moderne Bildschirme, Handyladestationen und Getränkeautomaten, ergänzt Nöll. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind etwa 12-15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ausbildungsbürgeramt Friedrichshain-Kreuzberg beschäftigt. Der größte Effekt der neuen Maßnahmen sei aber die

Möglichkeit, mehr Anträge der Bürgerinnen und Bürger zu bearbeiten:

„Aktuell werden 700-800 Menschen pro Tag empfangen. Durch die verbesserten Maßnahmen kann die Zahl etwa um zehn Prozent erhöht werden, insbesondere durch die Digitalisierung analoger Prozessschritte“, erklärt Nöll.

Bürgeramtstermin in 14 Tagen

Das Bürgeramt der Zukunft entsteht im Rahmen einer Projektkooperation zwischen dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), der Staatssekretärin für Digitalisierung und Verwaltungsdigitalisierung der Senatskanzlei Berlin und dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Die Berliner CDO Klement erklärte, dass die Evaluation der Maßnahmen alle sechs Monate erfolge. Insgesamt sollen die zahlreichen Neuerungen „das Erlebnis im Bürgeramt schöner und kurzweiliger gestalten“.

Dabei solle es aber nicht bleiben:

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hatte kürzlich bekräftigt, bis zum Ende des Jahres Bürgeramtstermine innerhalb von 14 Tagen zu ermöglichen.

Durch die Projektkooperation sei es dem Bund möglich, die Leistung in der Kommune mitzufinanzieren, erklärte Ernst Bürger, Ministerialdirektor und Abteilungsleiter „Digitale Steuerung OZG“ im Bundesinnenministerium. Etwa eine halbe Millionen Euro Förderhilfen würden durch den Bund bereitgestellt, so Bürger weiter. Bezirksbürgermeister Nöll erklärte, dass bislang von den angestrebten Maßnahmen noch keine umgesetzt sei. Jedoch sollen niedrigschwellige Angebote wie das kostenfreie WLAN, Getränkeautomaten und Handyladestationen bereits in den kommenden Wochen nutzbar gemacht werden.

Die Dauer des Modellprojektes im Ausbildungsbürgeramt Friedrichshain-Kreuzberg ist auf vier Jahre angesetzt.

nutzbar zu machen. Die Deutsche Verwaltungscloud-Strategie gibt vor, dass bereitgestellte Anwendungen und Fachverfahren grundsätzlich auf mindestens zwei Cloud-Plattformen lauffähig sein müssen, um ein sogenanntes Vendor Lock-in zu vermeiden. Entsprechend wird auch Materna im nächsten Schritt Projekte und Anwendungen in der IONOS Cloud umsetzen, um die Herstellerunabhängigkeit zu demonstrieren. Technologisch unabdingbar sind dafür offene Standards und Schnittstellen sowie eine modulare IT-Architektur. Damit sinkt auch gleichzeitig die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern und die digitale Souveränität der IT der öffentlichen Verwaltung wird gestärkt. Registeranwendungen in der souveränen Cloud

Eine wichtige Rolle für die Verwaltungsdigitalisierung spielen moderne und vernetzte Register. Die Ver-

fügbarkeit einer souveränen Cloud wird auch Einfluss nehmen auf die Registermodernisierung. In der konzeptnahen Entwicklungsumgebung gibt Materna Behörden bereits heute die Möglichkeit, den Einsatz containerisierter Registeranwendungen prototypisch in einer souveränen Cloud zu testen und Erfahrungen zu sammeln. In einem Proof of Concept können beispielsweise die Skalierungsanforderungen und Funktionsbestandteile durch Materna und Arvato Systems evaluiert werden. Die Lösung basiert auf einer modularen Software-Architektur entlang von Microservices, mit der Materna sehr einfach ein flexibles und modulares Gesamtsystem aufbauen kann. Für den künftigen Multi-Cloud-Einsatz von Registeranwendungen auf verschiedenen

Cloud-Plattformen plant Materna die Entwicklung einer eigenen Software-Architektur, mit deren Hilfe

registerführende Stellen in Bund und Ländern Cloud-fähige Register bereitstellen können. Mithilfe dieser Architektur können dann containerisierte Registeranwendungen mit hochsicherem Betrieb und Registerabfragen für verschiedene Clouds bereitgestellt werden.

Cloud-native Entwicklung auch in der Verwaltung

Die Entwicklung neuer Applikationen und Fachverfahren erfolgt auch in der Verwaltung zunehmend Cloud-nativ und baut auf Container-Technologien auf. „Wir empfehlen unseren Behörden, neue Fachverfahren und Anwendungen nach der Verwaltungscloud-Strategie nur noch Cloud-nativ zu entwickeln. Für Materna ist es ein strategisches Thema, die Verwaltung auf dem Weg in die souveräne Cloud zu begleiten“, sagt Robert Knapp. Mit der Mitgliedschaft in der Cloud Native Computing Foundation (CNCF) verpflichtet sich Materna zu offenen Standards sowie zur Daten- und Technologie-Souveränität. Als Kubernetes Certified Service Provider (KCSP) besitzt Materna umfangreiche Expertise und Erfahrung und begleitet Verwaltungen ganzheitlich auf ihrer Journey2Cloud.

*Johannes Rosenboom ist SVP Sales, Marketing, BDM im Ressort Public Sector bei Materna.

Seite 29 Informationstechnologie Behörden Spiegel / September 2023
DIGITALER-STAAT.ORG schneller, stärker, souveräner –GEMEINSAM. Illustration: BS/B. Dach unter Verwendung von Tatiana; aleksandr; Sergey Niven, (alle stock.adobe. com)
Berlin SAVE THE DATE
Andel's

Behörden Spiegel: Was bedeutet die Zeitenwende für die BWI?

Leidenberger: Die Zeitenwende bedeutet für die BWI im Wesentlichen, dass wir mehr Arbeit haben, da entsprechende Anteile des Sondervermögens für die IT – oder besser die Digitalisierung der Bundeswehr – vorgesehen sind. Und davon gehen dann Anteile natürlich zur BWI. Von den 100 Milliarden sind etwa 25 Prozent für IT und Digitalisierung vorgesehen. Von diesem Betrag geht natürlich sehr viel an die Industrie, weil es sich überwiegend um Kommunikationsequipment handelt. Die BWI stellt keine Funkgeräte oder Satelliten her. Wir kommen dann eher bei den Themen Rechenzentrumsverbund, verlegefähige Rechenzentren usw. ins Spiel. Aber auch das nicht automatisch, denn alle Projekte, die nicht durch den „Herkules-Vertrag“ abgedeckt sind, durchlaufen eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, ob die BWI als Inhouse-Gesellschaft oder der Markt die wirtschaftlichste Lösung bieten kann.

Vor diesem Hintergrund rechnen wir aber aktuell damit, dass mehrere Milliarden zusätzlich über die BWI umgesetzt werden.

Behörden Spiegel: Wann rechnen Sie mit der Umsetzung der Projekte aus dem Sondervermögen?

Leidenberger: Die ersten Vertragsverhandlungen fanden schon sehr frühzeitig statt, aber auch wir müssen das gesamte Prozedere der Beschaffung durchlaufen. Auch als Inhouse-Gesellschaft verhandeln wir mit dem BAAINBw unsere Verträge genauso wie andere Unternehmen.

Doch hier muss ich auch die Beschaffer des BAAINBw in Schutz nehmen. Sie werden in der Öffentlichkeit oft als Verzögerer hingestellt, dabei ist ihre Aufgabe die sinnvolle und notwendige Qualitätssicherung. Und sie müssen mit allen Vorhaben über 25 Millionen Euro auch noch durch den Haushaltsausschuss, was ebenfalls Zeit kostet.

Deshalb braucht es etwa ein halbes Jahr, um nach den Vertragsverhandlungen den endverhandelten Vertrag zu unterzeichnen. Dementsprechend erwarte ich die ersten konkreten Verträge aus dem Sondervermögen Bundeswehr im Jahre 2024 zur Umsetzung.

Behörden Spiegel: Ist die BWI zum Konkurrenten der privaten Unternehmen geworden?

Leidenberger: Natürlich grasen wir den gleichen Markt ab, aber ich glaube, dass der strittige Bereich relativ überschaubar ist. Hardware beschaffen wir immer bei anderen Unternehmen und das jedes Jahr hunderte von Millionen Euro, die dadurch an den freien Markt gehen. Das Gleiche gilt für etablierte Softwareprodukte. Anders sieht es bei den speziellen, sicherheitskritischen Softwarelösungen wie etwa für D-LBO aus. Hier sehen wir uns als Manager. Wir machen die Projektleistung und wollen Gewerke vergeben, wobei wir uns für die Beschreibung der Gewerke auch Hilfe von außerhalb holen.

Unser Auftraggeber erwartet auch von uns, dass wir einige sicherheitskritische Sachen selbst kontrollieren, dass wir den Finger auf der Technologie behalten, um im Ernstfall auch selbst Änderungen und Erweiterungen zu implementieren. Also ja, einige Aufträge landen gewissermaßen automatisch bei uns und ja, wir treten auch als

Zeitenwende in der Digitalisierung

Wird die BWI Anteilseigner-Holding im Rüstungsbereich?

(BS) Seit Februar dieses Jahres ist mit Generalleutnant a. D. Frank Leidenberger erstmals ein ehemaliger Soldat als Vorsitzender der Geschäftsführung und CEO an der Spitze der BWI. Leidenberger war bereits seit September 2018 als Chief Digital Officer Mitglied der Geschäftsführung der BWI GmbH. Vor seiner Berufung in der BWI veröffentlichte er mit dem Kommando Heer u. a. 2018 Thesenpapiere zur Zukunft der digitalisierten Landstreitkräfte. Im Interview beleuchtet er nun die weitere digitale Transformation der Bundeswehr, wie die BWI diesen Prozess unterstützen wird und warum sein Haus über Unternehmensbeteiligungen im IT-Bereich nachdenkt. Das Interview führte Uwe Proll, Chefredakteur des Behörden Spiegel.

arbeitern umgeht. Ich persönlich kenne etwa aus Afghanistan, dass dort zum Beispiel für einen US-Soldaten in der Regel zwei Zivilisten im Einsatzgebiet eingesetzt waren.

Wir hatten als Bundeswehr zwar beispielsweise auch zivile Instandsetzungsunterstützung in den Feldlagern, aber diese Zivilisten sind nicht mit rausgefahren. Das war bei den US-Streitkräften und deren zivilen Auftragnehmern anders.

Behörden Spiegel: Kommen wir mal zum Kernthema, der IT und der Digitalisierung der Streitkräfte. Die Bundeswehr hat in den letzten Jahren viel investiert. Jetzt soll es noch mehr werden. Welche Rolle kommt dabei der BWI zu?

liegen. Wir sehen das heute eher Software- als Hardware-basiert. Die Bundeswehr nennt das Software Defined Defence. Wir erleben gerade eine Dynamisierung des Digitalisierungsprozesses, auch, aber nicht nur auf Basis der UkraineErfahrungen.

Behörden Spiegel: Sie haben gerade den Roll-Out für die Private Cloud der Bundeswehr gestartet. Nun bieten Google mit Telekom, Microsoft mit SAP-Cloud-Dienste an, dann kommt die AWS-Cloud mit der Beschaffung der F-35 automatisch ins Bundeswehr-Haus. Bringt Sie das nicht durcheinander?

Leidenberger: Nein. Wir können uns vorstellen, auch Public-CloudDienstleistungen anzubieten. Wir evaluieren das gerade, denn wir haben besondere Anforderungen sowohl an Sicherheit als auch an Resilienz. Letzteres ist ganz besonders wichtig. Schließlich müssen wir sicherstellen, dass wir, wenn wir für sechs oder mehr Monate allein auf uns gestellt wären, den Betrieb weiter gewährleisten könnten.

Unternehmen auf. Aber nimmt man das gesamte Finanzvolumen, dann sind die Zahlen doch sehr überschaubar und sehr viel geht an die Industrie.

Behörden Spiegel: Wie ist denn der aktuelle Sachstand der Digitalisierung der Bundeswehr?

Leidenberger: Als ich noch im Kommando Heer war, haben wir uns Gedanken gemacht, wie der Krieg zukünftig aussehen könnte und was dies für die Digitalisierung der Streitkräfte bedeutet.

Ich bekomme jetzt immer wieder das Feedback, dass das, was wir uns damals überlegt und niedergeschrieben haben, heute klar und eindeutig im Ukraine-Krieg zu sehen ist. Dabei sind die Kontrahenten dieses Krieges noch gar nicht so weit, wie wir damals gedacht haben.

Aber zurück zu ihrer Frage. Ich glaube, dass die Bundeswehr erheblichen Nachholbedarf hat. Der ist meiner Meinung nach überwiegend dem Umstand geschuldet, dass wir nie ausreichend finanziert waren, um die erkannten Bedarfe zu decken. Neue und neuartige Vorhaben, wie die Digitalisierung landbasierter Operationen, wurden daher nie mit ausreichend finanziellen Mitteln hinterlegt. Besonders deutlich drückt sich das im derzeitigen Fehlen von performanten, softwarebasierten Funkgeräten aus. Deswegen gibt es jetzt gerade mehrere große Aufträge zum Kauf von Funkgeräten und Kommunikationsausrüstung.

Das Heer steht mit seinen vielen Plattformen, Gefechtsfahrzeugen und einer Vielzahl von Einzelelementen vor einer besonderen Herausforderung. Es ist viel kleinteiliger als die Luft- und Seestreitkräfte, deren Kommunikationsnetzwerke schon immer existieren und funktionieren mussten. Sonst wäre niemand zur See gefahren oder geflogen. Diese Teilstreitkräfte sind bereits stärker technologisch geprägt in der Art und Weise, wie sie ihre Operationen und Gefechte füh-

ren. Da Landstreitkräfte auch mit alten Funkgeräten üben könnten und in den zurückliegenden Einsätzen eine geringe Anzahl leistungsfähiger Kommunikationsmittel ausreichte, ist der Nachholbedarf beim Heer nun immens, obwohl es wohl die Hauptlast in der Landesund Bündnisverteidigung zu tragen hätte.

Behörden Spiegel: Gibt es für die BWI auch Direktberührung im Zusammenhang mit dem UkraineKrieg, z. B. durch den Einsatz von deutschen Waffensystemen bzw. deren notwendige IT-Unterstützung?

Leidenberger: Wir unterstützen alle Soldatinnen und Soldaten in ihren verschiedensten Aufgaben. Ob in Mali oder in Pristina oder bei der Enhanced Forward Presence im Baltikum. Überall stellt die BWI ihre Services und Dienstleistungen für die Bundeswehr bereit. Das schließt nicht zwingend die Verlegung von eigenem Personal ein, teilweise geht auch nur unser Equipment mit den Soldaten und wir unterstützen remote – also aus der Ferne. So haben wir etwa bei der Großübung Air Defender 23 IT-Leistungen wie Rufbereitschaft oder IT-Infrastruktur zur Verfügung gestellt.

Aktuell ist stärker in der Diskussion, wie weit wir unsere Services nach vorne bringen, wie weit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BWI mit den Soldaten gehen. Für mich ist ein typischer Anhaltspunkt: Wo es ein Feldlager gibt und die Lage einigermaßen stabil ist, da können wir uns vorstellen, die Bundeswehr entsprechend vor Ort auch personell zu unterstützen.

Darüber hinaus ist die BWI derzeit nicht in Unterstützungsleistungen für die Ukraine eingebunden.

Behörden Spiegel: Sind andere Streitkräfte da offensiver?

Leidenberger: Das hat weniger mit den Streitkräften zu tun als mit den jeweiligen nationalen Rechtslagen und der Art und Weise, wie man mit Mitarbeiterinnen und Mit-

Leidenberger: Die Bundeswehr hat sich ein klar strukturiertes Zielbild gegeben, das im Wesentlichen aus drei Schichten besteht. Basis sind die Rechenzentren und die Kommunikations-Layer. Darüber sind die Applikationen für alle – beispielsweise Kollaborationsplattformen und -Tools. Die Ebene darüber bilden die Spezialanwendungen. Die BWI verantwortet die Rechenzentren. Auch die Weitverkehrsnetze, teils mit Satellitenanbindung, werden von uns gestellt. Den Funk am Boden organisieren die Streitkräfte selbst. Die Layer darüber, wenn es sich nicht um waffenspezifische Anwendungen

chend erwarte ich die ersten konkreten Verträge aus dem Sondervermögen Bundeswehr im Jahre 2024 zur Umsetzung.“

handelt, liegen bei uns. Das alte Herkules-Projekt hat normiert, die zersplitterte IT konsolidiert – übrigens ein Riesenerfolg. Darauf bauen wir jetzt weiter auf. Der technologische Fortschritt erfordert weitere Investitionen. Nehmen wir das Beispiel Cloud. Hier rollen wir die Private Cloud aus und stellen sowohl die Hochverfügbarkeit als auch eine sehr hohe Sicherheit sicher.

Behörden Spiegel: Es war immer die Rede davon, dass die BWI die weiße IT verantwortet und die Bundeswehr die grüne selbst. Gilt dieses Paradigma noch?

Leidenberger: Die Daten, die verarbeitet werden, haben eine „Farbe“, nicht jedoch die Technik. Auf einer sicheren Plattform kann man alle Daten verarbeiten. Wir sprachen schon über die Ukraine. Dort sehen wir jetzt ein in Echtzeit erstelltes, webbasiertes Lagebild. Das muss man schnell aufbauen und hosten können. Ich glaube, hier wird unsere wesentliche Leistung in Zukunft für die Bundeswehr

Zur AWS-Cloud, also der Plattform für Predictive Lifecycle Management, Maintenance und Ersatzteilversorgung der F-35, nehme ich an, dass diese Lockheed-Martin-Cloud, die auch bei den US-Streitkräften läuft, als Teil der Einführung des neuen Waffensystems zwingend sein muss.

Behörden Spiegel: Sie haben mit der Resilienznotwendigkeit der ITSysteme der Bundeswehr indirekt auf die möglichen Herausforderungen durch den ungewissen Verlauf des Ukraine-Krieges angespielt. Resilienz bedeutet aber mehr, nämlich technologische Innovation und industrielle Kapazitäten im eignen Lande zu sichern. Da gibt es einen Präzedenzfall: Der Bund hat sich mit 25,1 Prozent eine Sperrminorität an dem Hightech-Unternehmen Hensoldt gesichert. Das soll nach unseren Informationen nun Schule machen. Das BMVg hat die BWI beauftragt, Vorschläge zu unterbreiten und über weitere Beteiligungen nachzudenken. Wird die BWI damit eine Anteilseigner-Holding im Rüstungsbereich?

Leidenberger: Das könnte sein. Es ist eine strategische Aufgabe und wir sind aufgefordert, fachliche Vorschläge hierzu zu machen, wer als geeigneter Partner infrage käme. Ich finde es eine gute Idee, darüber nachzudenken, welche kleineren, technologisch wertvollen Unternehmen aus Sicherheitsinteressen im Lande gehalten werden sollten. Schlüsseltechnologien gehören gesichert, damit sie nicht verkauft werden. Das ist keine neue Idee, aber es ist notwendig, neu darüber nachzudenken.

Behörden Spiegel: Neu ist die Idee nicht, denkt man den Rückkauf der Bundesdruckerei, deren Aufkauf von Genua. Aber für den Verteidigungsbereich wäre es doch ein Paradigmenwechsel, eine Rückkehr in Zeiten, als der Bund und die bayerische Staatsregierung Anteile an der Rüstungsfirma MBB hielten. Ist die BWI für eine solche neue Rolle gewappnet?

Leidenberger: Wir sind stark gewachsen und müssen uns erst mal um unsere ursächlichen Aufgaben kümmern. Alles andere ist ein Diskussionsprozess. Welche Lösung dann infrage käme, ist eine politische Entscheidung. Doch ich verweise darauf, dass die BWI eine industriehistorische Vergangenheit hat.

Behörden Spiegel / September 2023 Informationstechnologie Seite 30
„Dementspre-
„Schlüsseltechnologien gehören gesichert, damit sie nicht verkauft werden.“
Frank Leidenberger, CEO und Vorsitzender der Geschäftsführung der BWI, kann auf Erfahrungen aus über 40 Dienstjahren in verschiedenen Führungs- und Stabsverwendungen bei der Bundeswehr zurückgreifen. Foto: BS/BWI

Public Sector Innovation Lab

Digitale Transformation hautnah erleben (BS/Felix Dinnessen) Deloitte unterstützt bereits heute Bund, Länder und Kommunen bei ihrer digitalen Transformation. Angesichts von Urbanisierung, Klimawandel und voranschreitender Technologisierung gewinnen Digitalisierungsprojekte zunehmend an Bedeutung. Digitale Souveränität erfordert unabhängige Technologienutzung, Datensicherheit und ethische Verantwortung. Datenbasierte Verwaltung ermöglicht effiziente Dienstleistungen und bessere Entscheidungsfindung. Die steigende Bedeutung unterstreicht Anpassungsnotwendigkeiten im öffentlichen Sektor.

Die Verantwortlichen stehen vor der Herausforderung, innovative Technologien umfassend einzuführen und nachhaltig zu betreiben – inklusive Partnerschaften und Produktauswahl. Flexibilität und Agilität sind nötig, um den öffentlichen Sektor zu einem Innovationsmotor zu machen.

Erkenntnisse aus Nachbarindustrien werden integriert

Das neu geschaffene Public Sector Innovation Lab von Deloitte dient als Plattform, um Public-SectorLösungen erlebbar zu machen: für Tests, Implementierung und Skalierung. Feste Ausstellungsgegenstände werden durch wechselnde

Felix Dinnessen ist Partner bei Deloitte Deutschland und berät den Public Sector in Transformationsprojekten.

Foto: BS/Deloitte

Themenausstellungen aus dem Government & Public Sector ergänzt, um komplexe Konzepte und abstrakte Lösungsstrategien sichtbar und greifbar zu machen und Diskussionen anzuregen. Kundinnen und Kunden sowie relevante Stakeholder sind eingeladen, ihre Lösungen als integrierte Komponenten zu präsentieren.

Einladung an alle Stakeholder

Das Public Sector Innovation Lab integriert neueste Erkenntnisse aus benachbarten Indus-

Die Verwaltungen stehen vor der Herausforderung ihre Dienstleistungen effizienter, transparenter und bürgernäher zu gestalten. Nicht zuletzt der Umsetzungsdruck des Onlinezugangsgesetzes als lediglich ein Beispiel und noch viel mehr die leider nicht gelungene Umsetzung machen dies deutlich. „Der berufsbegleitende Masterstudiengang E-Government ist speziell darauf ausgerichtet, die Teilnehmenden mit den notwendigen Fähigkeiten und Digitalkompetenzen auszustatten, um diesen Wandel erfolgreich zu bewältigen“, so Dr. Michael Räckers, Geschäftsführer des Instituts für Wirtschaftsinformatik an der Universität Münster. Der berufsbegleitende Masterstudiengang E-Government richtet sich an engagierte Fachkräfte aus der öffentlichen Verwaltung, die ihre berufliche Expertise erweitern und einen Beitrag zur Gestaltung der Verwaltung der Zukunft leisten möchten. Im November 2022 startete die erste Kohorte mit 20 Masterstudierenden und acht Zertifikatsteilnehmenden. Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Becker, Wissenschaftlicher Leiter und Modulbeauftragter im Masterstudiengang, betont, dass „die Teilnehmer und Teilnehmerinnen, die aus verschiedensten Kommunen, Ministerien und aus dem Hochschulbereich stammen, überragend engagiert sind und mit Leidenschaft in den Veranstaltungen mitarbeiten, um ein tiefes Verständnis für die organisatorischen

trien und fördert den Austausch zwischen Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft. Kooperationen mit Partnern aus verschiedenen Sektoren und der Forschung tragen zur Fruchtbarkeit dieses von Deloitte entworfenen Innovationsökosystems bei.

Austausch und Dialog-Plattform

Im Mittelpunkt des Public Sector Innovation Labs steht der Austausch mit Partnerinnen und Kunden. Es bietet vielseitige Nutzungsmöglichkeiten wie Besuche, Workshops, Schulungen und individuelle Projektbüros.

Expertinnen und Experten von Deloitte stehen in Themenbereichen wie Government Transformation, Digital Public Services, Digital Sovereignty, Green Government, Grant Management und Smart Infrastructure als Diskussionspartnerinnen und -partner zur Verfügung. Das Government & Public Sector Team plant zudem eigene Schwerpunktveranstaltungen, um einen aktiven Austausch und Diskussionen zu fördern.

Das Public Sector Innovation Lab von Deloitte wird somit zu einem Schlüsselinstrument für die Gestaltung der digitalen Zukunft im öffentlichen Sektor.

Auftakt-Event Mitte September

Das Public Sector Innovation Lab wird in einer gemeinsamen Auftaktveranstaltung mit dem Behörden Spiegel am 12. September 2023 in Düsseldorf eröffnet.

Über kurz oder Lang

Kennen Sie den Services-Standard?

Die britische Verwaltung gilt global als Vorbild, was gute, bürgernahe Digitalisierung angeht. Aber warum ist das so? Eine Antwort hat mein Kollege Martin Jordan, Head of Design & User Research im DigitalService: aufgrund des Servicestandards der britischen Verwaltung. Martin hat sich zuvor sechs Jahre beim Government Digital Service in Großbritannien als Head of Service Design für nutzerzentrierte Produktentwicklung eingesetzt.

Wesentlich für den Erfolg war ein verbindlicher Servicestandard, der überprüfbar festlegt, was „gute“ digitale Services sind. Um Dienste in die zentrale staatliche Webseite gov.uk einzubinden, müssen alle dortigen 14-Standardpunkte erfüllt sein.

Gleichzeitig haben Martin und viele andere durch Praktiker-Austausch, offenes Arbeiten, Blogs und Ergebnisreports sowie über 200 Detailanleitungen digitalen Teams beim Erfüllen der Standards geholfen. Auch Australien, Kanada und Zypern digitalisieren ihre Verwaltungsleistungen bereits anhand solcher Servicestandards – mit beachtlichem Erfolg. Mangelnde Nutzerzentrierung Und wo stehen wir? Fachwelt und Öffentlichkeit bemängeln die mangelnde Nutzerzentrierung in der Verwaltungsdigitalisierung. Die Politik diskutiert, wie die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger konsequenter in den Mittelpunkt digitaler Angebote gestellt werden können. Im Begleitpapier zum OZG-Änderungsgesetz nimmt sich die Regierung nun vor: Nutzerzentrierung und Barrierefreiheit werden verbindlich. Was dabei untergeht: Wir

Eine Kolumne von Christina Lang

– Für ein digitales Deutschland –Christina Lang ist Chief Executive Officer (CEO) des DigitalService.

Foto: BS/DigitalService

haben auch in Deutschland bereits einen Servicestandard, der ganzheitliche Qualitätsstandards für die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen definiert! Er ist durch das BMI 2020 zwar erst einmal für die OZG-Umsetzung entwickelt worden. Und er ist bisher nicht verbindlich. Deshalb findet er vermutlich auch noch so wenig Beachtung.

Das Rad nicht wieder neu erfinden Dennoch sollten wir auf dieser sinnvollen Vorarbeit aufbauen, statt das Rad immer wieder neu zu erfinden. Und strukturiert anzugehen, woran es noch fehlt, damit der Servicestandard die gewünschte Wirkung auch erreicht. Denn er orientiert sich an internationalen Vorbildern, ist verständlich, ganzheitlich und berücksichtigt, wo notwendig, die deutschen Gegebenheiten. Auch der Nationale Normenkontrollrat (NKR) pocht bereits seit 2016 und nach wie vor auf die Anwendung des Servicestandards.

Im DigitalService orientieren wir uns in unserer täglichen Arbeit am Servicestandard und setzen seine Prinzipien so stringent wie

Digitalkompetenzen aufbauen

Berufsbegleitendes Masterstudium E-Government an der Uni Münster (BS/Mirela Genius*) In Zeiten fortschreitender Digitalisierung und technologischer Innovationen gewinnt E-Government zunehmend an Bedeutung. Um Fachkräfte in der Öffentlichen Verwaltung die Möglichkeit zu bieten, sich in diesem dynamischen Feld weiterzubilden, bietet die Universität Münster den berufsbegleitenden Masterstudiengang E-Government an.

und technologischen Herausforderungen zu erlangen und damit den Verwaltungsdigitalisierungsprozess aktiv mitzugestalten.“

Praxisorientierte Inhalte

Der Studiengang vermittelt praxisnahes Wissen in den Bereichen digitale Transformation, Verwaltungsinnovation, IT-Recht, CyberSicherheit und mehr. Die Studierenden erlernen die Anwendung moderner Technologien, um die Effizienz von Verwaltungsprozessen zu steigern. Sie können das erlernte Wissen direkt in ihrem Berufsalltag, ganz besonders im Seminarmodul durch die Professoren und Professorinnen begleitet, anwenden und so den Mehrwert für ihre Institution unmittelbar steigern.

Flexibles Lernen

Der berufsbegleitende Ansatz ermöglicht es den Berufstätigen, ihre Karriere fortzusetzen, während sie gleichzeitig ihr Wissen erweitern.

Die Module finden als Präsenzblockveranstaltungen von jeweils 4,5 Tagen in Münster statt, eine Selbstlernphase schließt sich an. Das Präsenzkonzept gewährt eine

Den berufsbegleitenden Masterstudiengang E-Government gibt es seit November 2022. Er richtet sich an explizit Fachkräfte aus der öffentlichen Verwaltung.

hohe Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Studium.

Netzwerk Die Studierenden profitieren von der Zusammenarbeit mit Fachexperten und Fachexpertinnen aus

möglich um: konsequente Nutzerzentrierung, iteratives Vorgehen, interdisziplinäre Zusammenarbeit, offenes Arbeiten, robuster technischer Betrieb und effektives Wirkungscontrolling. Vor allem der letzte Punkt ist mir ein großes Anliegen. Denn in Fachwelt wie Öffentlichkeit wird stark diskutiert, wie wir Nutzerfreundlichkeit messbar machen und wie Digitalisierungsdienstleistungen bewertet werden können. Seit Kurzem bewerten wir unsere Produkte explizit auf die 19 Punkte des Servicestandards hin und veröffentlichen diese „Selbstaudits“ auf unserer Website. Wir haben ein internes Kompetenzteam, das sich mit allen Details des Servicestandards auskennt. Es hilft unseren Projektteams dabei, den Servicestandard von Beginn an einzubeziehen. Genau darin liegt eine der Stärken des Standards: Er ist als Prozessbegleitung konzipiert, unterstützt also schon bei der Entwicklung und ist nicht nur eine „Checkliste“, die am Ende der Kontrolle dient.

Gebt ihm eine zweite Chance! Es ist an der Zeit, dem Servicestandard eine zweite Chance zu geben. Was könnt Ihr heute bereits alle dafür tun? Den Servicestandard lesen, diskutieren und nutzen, in Eure Behörden tragen, in Eure Projekte mitbringen. Wir als DigitalService stehen dafür als Partner zur Verfügung, freuen uns über Diskussionen, Gespräche und Fragen!

versitätszertifikat zu erlangen. Die Studierenden können nach persönlichen Präferenzen mit Wahlmodulen ihr Wissen gezielt aufbauen und/oder aktualisieren.

Universitätsabschluss Das Masterprogramm umfasst 90 ECTS. Die Absolventen und Absolventinnen erlangen den „Master of Science“ – verliehen durch die Universität Münster.In den Modulveranstaltungen übernehmen renommierte Professoren und Professorinnen der Universität Münster, der Technischen Universität München, der Universität Koblenz sowie erfahrene Praktiker und Praktikerinnen die Lehre. Zwei Module im Programm werden in Zusammenarbeit mit dem vom IT-Planungsrat geförderten „eGov-Campus“ durchgeführt.

Foto: BS/WWU

dem E-Government-Bereich sowie von Networking-Möglichkeiten untereinander, die den Austausch von Ideen und Best Practices fördern.

Flexible Studienmöglichkeit: Neben dem Masterprogramm gibt es auch die Möglichkeit, ein Uni-

Bewerbungen für die diesjährige Studiengruppe des berufsbegleitenden Masterstudiengangs E-Government sowie für das Universitätszertifikat E-Government werden bis Ende September angenommen. Weitere Informationen zu den Zulassungsvoraussetzungen, dem Curriculum und dem Bewerbungsprozess finden sich unter: https://weiterbildung. uni-muenster.de/masterstudien gaenge, Reiter „E-Government“.

*Mirela Genius ist Koordinatorin des Masterstudiengangs E-Government an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Seite 31 Informationstechnologie Behörden Spiegel / September 2023

Somit ist zu Beginn in jeder Kommune eine Neudefinition des Rollenverständnisses notwendig. Die digitale Transformation beginnt vor Ort: im politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Raum. Die Stadt Herne hat sich bereits vor sechs Jahren auf den Weg gemacht, die strategischen Leitplanken in einem breit angelegten Partizipationsprozess neu zu definieren. Herausgekommen ist das Leitbild Herne 2025 – urban.digital.international. Die strategische Ausrichtung über einen partizipativen, politischen Prozess ist zur Fassung eines neuen Leitbildes zu Beginn förderlich, um das kommunale Handeln daran auszurichten. Aus der Erfahrung dieses Prozesses heraus macht es Sinn, hier eben Gesellschaft und Wirtschaft gleichermaßen einzubinden. Herne hat diesen Weg mit Hilfe wissenschaftlicher Begleitforschung unterstützt. Der sogenannte Ruhrvalley Cluster e.V. ist dabei stets Partner. Kommunen haben die Aufgabe, sich komplett neu zu vernetzen, mit Wissenschaft und Forschung, mit Gesellschaft und Wirtschaft, aber auch innerhalb ihrer Organisationen. Die Digitalisierung zwingt die Kommunen, Prozesse viel interdisziplinärer als bisher zu denken. Zur Abmilderung von Folgekosten für kommunale Haushalte ist

Behörden Spiegel: Sie haben die Haushaltspläne der Ampel für das Jahr 2024 als Koalitionsvertragsbruch kritisiert, warum?

Hoppermann: Weil sämtliche Dinge, die im Koalitionsvertrag vereinbart wurden, sich in dem Haushaltsplanentwurf nicht wiederfinden. Viele darin enthaltene Kürzungen stehen sogar entgegen den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag. Am augenscheinlichsten ist nach wie vor das Digitalbudget. Die aktuelle Bundesregierung ist angetreten, die digitalpolitische Wende einzuleiten, weil vorher nichts geschehen sei. Dem würde ich widersprechen, aber allein mit Budget- und Strukturankündigungen schafft man noch keine Wende. Im Jahr 2023 gab es kein Digitalbudget auch für das Jahr 2024 ist keines vorgesehen. Minister Wissing ist vieles, aber nicht Digitalminister.

Behörden Spiegel: Wie geht das mit dem Thema Fortschritt einher,

Das Herner Modell

Innovationsnetzwerke neu gedacht

(BS/Pierre Golz*) Die Kommunen und der Staat insgesamt stehen vor großen Herausforderungen – ob Energiewende und Klimaschutz, kommunale Wärmeplanung oder die Neuregelung der Kommunalfinanzen. Eine nicht minder wichtige, eher zentrale Herausforderung ist die Digitalisierung des Staates. Hierzu zählen neben den klassischen E-GovernmentServices zur Verbesserung des Dienstleistungsangebots des Staates für Bürgerinnen sowie Bürger und Unternehmen auch neue strategische Vorgaben bei der Stadtentwicklung. Ziel hierbei ist, Digitalisierung als integralen Bestandteil der Stadtentwicklung zu betrachten. Denn den Grundstein für eine erfolgreiche Digitalisierung des Staates müssen die Kommunen legen: vor Ort. Hierzu zählen der Ausbau digitaler Infrastrukturen, wie der Glasfaserausbau, der Ausbau der Mobilfunknetze, sowie die strategische Erschließung weiterer Netzwerktechnologien. Der Zugang zum Internet könnte perspektivisch eine neue Säule der kommunalen Daseinsvorsorge darstellen: die digitale Daseinsvorsorge.

dabei ein offener Standard sowie das Heben der sogenannten Datenschätze über eine stringente Open-DataStrategie von zentraler Bedeutung. Hierbei sind zentrale gesetzliche Herausforderungen mit zu berücksichtigen. Ob Onlinezugangsgesetz

2.0, Registermodernisierung oder die Open-Data-Gesetzgebung, die 2024 in eine verbindliche Verpflichtung für Kommunen über die Richtlinien zu hochverfügbaren-Datensätzen

überführt wird – handeln lohnt sich. Richten Sie sich langfristig aus, denn Digitalisierung wird zur Daueraufgabe.

Mit der Digitalstrategie 2030+ wird

Herne jetzt im September die zentralen Leitplanken aus diesem Prozess setzen und ist damit für die Zukunft gerüstet. Diesen Weg muss jede

Kommune für sich gehen, dabei auf geltende gesetzliche Rahmenbedingungen achten und die Gesellschaft, die Politik sowie die Wirtschaft vor Ort mitnehmen.

Digitale Transformation bedingt ein neues Miteinander

Die Realität in Kommunen sieht oftmals anders aus – jahrelang hat das Neue Steuerungsmodell (NSM) die dezentrale Produkt- und Ressourcenverantwortung geprägt. In Zeiten der digitalen Transformation des Staates und der Kommunen lässt sich beobachten und wissenschaftlich belegen, dass eine gewisse Zentralisierung von Vorgaben, zentralen Diensten und der Schaffung von Rahmenbedingungen von zentraler Bedeutung für das Gelingen der digi-

talen Transformation ist. Heute geht es darum, das Neue Steuerungsmodell mit den Bedürfnissen einer neuen Zentralität bedingt durch die digitale Transformation zu vereinen. Herne jedenfalls hat es genutzt, um sich neu zu vernetzen – mit Wissenschaft und Forschung, Gesellschaft und Wirtschaft. Der Konzern Stadt denkt über den neu geschaffenen Digitalbeirat Prozesse ganzheitlich. Die Gründung eines eigenen Fachbereichs Digitalisierung zu Beginn des Jahres war der logische Schritt zur Bündelung von Know-how und Kapazitäten in Zeiten von Fachkräftemangel und steigenden Herausforderungen. Die Politik hat bereits zur letzten Kommunalwahl einen eigenen Ausschuss für Digitalisierung geschaffen, um zentrale strategische

Keine Wende in Sicht

Mehr Geld und bessere Strukturen nötig

(BS) Deutliche Kritik am Haushaltsentwurf 2024 der Bundesregierung übt die CDU-Digitalpolitikerin und Bundestagsabgeordnete Franziska Hoppermann im Interview mit dem Behörden Spiegel. Im Gespräch mit Dr. Eva-Charlotte Proll fordert sie zudem schlagkräftigere Strukturen, um die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung besser auf die Straße zu bringen.

mit Budget- und Strukturankündigungen schafft man noch keine Wende.“

Franziska Hoppermann (CDU) ist Mitglied des Ausschusses für Digitales im Deutschen Bundestag. Foto: BS/Tobias Koch

welchen sich die Ampel als Ziel gesetzt hat?

Hoppermann: Überhaupt nicht!

Deutschland hängt als einzige der

großen Wirtschaftsnationen in der Rezession. Mir stellt sich wirklich die Frage, wie wir in die Zukunft gehen sollen. Da geht es nicht nur um die Energieversorgung, sondern

auch um die Rahmenbedingungen für Innovation und Wirtschaft, bei denen Digitalisierung eine große Rolle spielt u.a. wie aufwandsarm Genehmigungsverfahren und die Kommunikation mit der Verwaltung sind. Zukunftsfelder wie Weltraum, Games, digitale Identitäten erfahren große Kürzungen im Bundeshaushalt 2024 und natürlich auch das Thema Verwaltungsmodernisierung samt OZG und OZG 2.0.

Behörden Spiegel: Was sollte der Bund Ihrer Meinung nach für die Um-

Entscheidungen entsprechend politisch zu diskutieren und Impulse zu setzen.

Fazit: Das neue Miteinander ist notwendig, um sich langfristig der digitalen Transformation des öffentlichen Sektors zu widmen. Die nächsten Schritte werden die weitere interkommunale Öffnung sowie das Erschließen von Künstlicher Intelligenz sein. Bereits jetzt im September werden im Rahmen der "Smart City Days Herne" Wissenschaft und Forschung, Wirtschaft, Gesellschaft und die kommunale Hand erneut in den Diskurs zur weiteren Ausrichtung gehen. Unter https://smart-peoplecity.de werden im Laufe des Septembers weitere Informationen zur Verfügung stehen.

*Pierre Golz ist Leiter des Fachbereichs Digitalisierung der Stadt Herne und Geschäftsführer der Herne. Digital GmbH.

setzung eines OZG 2.0 finanziell in die Hand nehmen?

Hoppermann: Ich halte als Haushaltspolitikerin nichts davon, einfach nur Geld ins Schaufenster zu stellen. Die genaue Summe muss der Bund mit den Ländern aushandeln. Dass Geld benötigt wird, steht aber außer Frage. Daneben braucht es schlagkräftige Strukturen, um die vertikale Digitalisierung Kommune/Land/Bund vernünftig zu orchestrieren. Der Bund ist in der Pflicht, den Grundrahmen zu stellen, wie die unterschiedlichen Verwaltungsdienstleistungen abgearbeitet werden können. Er muss die gesetzlichen Rahmenbedingungen setzen für die Themen digitale Identitäten, Registermodernisierung und Datenschutz. Es ist ein Webfehler in den Strukturen der jetzigen Bundesregierung, der nicht mehr aufgeholt werden kann. Das sind verlorene vier Jahre für das Thema Digitalisierung.

Dienstliche Beurteilungen sind mit erheblichem Aufwand verbunden – wenn sie nicht digital erfolgen! Unsere Beurteilungs-App beschleunigt den Ablauf enorm. Sie integriert sich problemlos in die Personalprozesse und hat sich in diversen Ministerien und Ämtern bereits etabliert.

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Behörden Spiegel / September 2023 Seite 32 Informationstechnologie
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Mehr zum Thema Smart City auf der diesjährigen Smart Country Convention vom 7.-9. November in Berlin
„Allein

Mittlerweile stehen die Erschließungsinformationen zu den im Bundesarchiv verwahrten Quellen Nutzenden aus aller Welt über die Suchmaschine invenio weitestgehend online zur Verfügung. Eine ungleich größere Herausforderung stellt die Online-Präsentation der Quellen selbst bzw. ihrer digitalen Repräsentationen dar. Angesichts von derzeit ca. 540 Regalkilometern Akten, 150.000 Spiel- und Dokumentarfi lmen, 14 Millionen Fotos usw. ist das eine Aufgabe für Generationen, die aber gleichwohl längst in Angriff genommen wurde. Dabei geht es nicht alleine darum, Benutzer und Benutzerinnen im Einzelfall aufwendige Archivreisen zu ersparen, weil die benötigten Quellen hochwertig im Internet zugänglich sind.

Im Rahmen eines thematisch geplanten Online-Angebots will das Bundesarchiv ganz allgemein eine quellenmäßig gesicherte, breite Grundlage für die öffentliche Diskussion über die jüngere deutsche Geschichte und ihre oft schwierigen Themen bieten. So wurden die Quellen des Bundesarchivs zur deutschen Kolonialherrschaft in Afrika, Asien und Ozeanien bereits vollständig im Internet verfügbar gemacht. Und so werden auch die zentralen Quellenbestände zur Geschichte des Dritten Reichs, des Zweiten Weltkriegs und zum Holocaust derzeit digitalisiert, damit künftige Geschichtsdiskurse auf der Basis von authentischen Quellen und nicht von Fake News geführt werden können. Weitere thematisch bestimmte Projekte werden folgen, wie z. B. die geplanten Portale zur Geschichte der Wiedergutmachung nach 1949 oder zur Geschichte des Rechtsradikalismus in Deutschland.

Ein Archiv im Wandel

Warum das Gedächtnis der Gesellschaft in Gefahr ist

(BS/Prof. Dr. Michael Hollmann) Archive haben für gewöhnlich ein durch und durch analoges Image. Dessen ungeachtet hat das Bundesarchiv 2018 eine eigene Digitalstrategie vorgelegt und in den zurückliegenden Jahren bedeutende Anstrengungen unternommen, um den digitalen Wandel, der auch die Welt der Archive in vielfältiger Weise verändert, aktiv zu gestalten.

Selbstverständlich wird das Bundesarchiv seine Lesesäle auch auf Dauer nicht schließen; viele Benutzerinnen und Benutzer werden für ein umfassendes Quellenstudium auch künftig nach Koblenz, Berlin, Rostock, Erfurt oder an einen anderen der 22 Dienstorte des Bundesarchivs kommen müssen.

Ob das Bundesarchiv in der immer digitaler werdenden Informations- und Wissensgesellschaft seine Rolle als eine der bedeutenden Gedächtnisinstitutionen aber weiter ausfüllen kann, wird jedoch vor allem davon abhängen, in welchem Maße es seine Dienstleistungen für Staat und Gesellschaft künftig auch im Internet zur Verfügung stellen wird.

Digitalisierung analoger Archivgutbestände

Eine zentrale Voraussetzung besteht in der kontinuierlichen, breit angelegten und am Nutzerinteresse orientierten Digitalisierung seiner analogen Archivgutbestände. Damit verbunden ist die Aufgabe einer sicheren und dauerhaften Speicherung und Lesbarhaltung der Digitalisate, die sich bereits heute auf mehr als 60 Petabyte belaufen und jährlich um zehn bis 12 Petabyte anwachsen.

Eine zweite wesentliche Voraussetzung – die laufende Sicherung und Bereitstellung von genuin digitalen Aufzeichnungen aus den Bundesministerien, Bundesbehör-

den und sonstigen Stellen des Bundes – liegt dagegen nicht vorrangig in Macht und Verantwortung des Bundesarchivs. Die Menge der genuin digitalen Verwaltungsdokumentation nimmt sich immer noch sehr bescheiden aus. Dabei ist das Bundesarchiv durchaus in

letzten 30 Jahren sukzessive ausgehöhlt worden.

Obwohl allenthalben digital kommuniziert und auch digital dokumentiert wird, steht am Ende doch keine elektronische Dokumentation von Verwaltungswissen und Entscheidungsprozessen, die es auch nur annähernd an Informationsdichte und Qualität mit traditionell geführten Papierakten aufnehmen könnte. Damit wird Verwaltungshandeln intransparent, und zwar nicht nur für die externe Öffentlichkeit, sondern auch für die Verwaltung selbst.

der Lage, abgeschlossene E-Akten aus Vorgangsbearbeitungssystemen zu übernehmen; es hat dafür das „Digitale Zwischenarchiv“ als zentralen Einer-für-alle-Service eingerichtet. Das Bundesarchiv kann auch das in Datenbanken, File-Ablagen und Fachverfahren gespeicherte Wissen sichern und zugänglich machen. Hier liegt aber nicht das eigentliche Problem. Obwohl alle Stellen des Bundes, vom Bundeskanzleramt bis zum einzelnen Zollamt, der Aktenmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet sind und dafür Sorge tragen müssen, dass der Stand jeder „Sache“ jederzeit aus den Akten vollständig nachvollziehbar sein muss, ist dieser Grundpfeiler einer effizienten und effektiven Verwaltung in den

So können ein Bundesministerium oder eine nachgeordnete Behörde ihre eigenen Vorgänge und Entscheidungen nicht mehr vollständig nachvollziehen. Das behördeninterne Wissensmanagement funktioniert nicht mehr, ganz zu schweigen von einer wirksamen Fachaufsicht oder der parlamentarischen und gesellschaftlichen Kontrolle des Regierungs- und Verwaltungshandelns. Hinzu kommt, dass in vielen Ministerien und Behörden die Ansicht vertreten wird, die digitalen Kommunikationen und Aufzeichnungen der Leitungsbereiche unterlägen nicht der Pflicht zur (digitalen) Veraktung.

Bemühungen intensivieren

Daher muss die Bundesverwaltung ihre Bemühungen zur digitalen Transformation im wohlver-

standenen Eigeninteresse deutlich verstärken und die laufenden Maßnahmen des E-Government-Prozesses im Sinne einer konzertierten Aktion intensivieren. Die Dienstekonsolidierung Bund muss konsequent in ein Nachfragemanagement mit stabiler Organisation und ausreichenden Ressourcen überführt werden. Und wir brauchen die Anerkennung und Verankerung neuer, IT-gestützter Arbeits- und Dokumentationsformen in den gesetzlichen Vorschriften und untergesetzlichen Regelwerken; die bisherigen Anpassungen der GGO an die digitale Welt reichen bei Weitem nicht aus. Aus der Sicht des Bundesarchivs muss darüber hinaus noch deutlicher als bisher herausgestellt werden, dass die gesetzliche Anbietungspflicht auch für digitale Aufzeichnungen aller Art gilt. Viele Stellen des Bundes sind der irrigen Annahme, genuin digitale Unterlagen müssten dem Bundesarchiv nicht zur Übernahme angeboten werden; bisweilen wird die Ansicht vertreten, der Datenschutz stünde einer Anbietung grundsätzlich entgegen. Dies trifft aber nur dann zu, wenn in Spezialgesetzen die Anbietung an das Bundesarchiv durch absolute Löschungsvorschriften ausgeschlossen wird. Nur wenn die Anbietungspflicht alle elektronischen Unterlagen umfasst und nicht durch tatsächliche oder vermeintliche Löschungsermächtigungen unterminiert wird, können für die Gesellschaft und die Verwaltung gleichermaßen unverzichtbare Informationen gesichert und zugänglich gemacht werden. Dann wird auch im digitalen Zeitalter das Bundesarchiv weiterhin das Gedächtnis von Staat und Gesellschaft sein können.

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Behörden Spiegel / September 2023 Informationstechnologie Seite 33
Prof. Dr. Michael Hollmann ist seit Mai 2011 Präsident des Bundesarchivs. Foto: BS/Bundesarchiv,Jürgen Nobel

PITS-Preview

Insgesamt werden 18 Sektoren zur IT-Sicherheit verpflichtet. Neben Energie und Transport werden nun auch die Abwasserwirtschaft und die öffentliche Verwaltung zu neuen Sektoren der „wesentlichen Einrichtungen“ gezählt. Neben den wesentlichen Einrichtungen gehören zu den 18 Sektoren auch „wichtige“ Einrichtungen. Neu sind dabei der Postsektor, das produzierende Gewerbe und Digitalanbieter. Die verschiedenen Definitionen der Sektoren ist laut Hußmann aber schwierig: „Die Unternehmen fragen sich immer, ob sie unter die Registrierungspflicht fallen.“ Dass Kommunen nicht in den Vorgaben berücksichtigt würden, sei für ihn „eine ganz klare Enttäuschung“ erklärte der IT-Sicherheitsbeauftragte auf einem Pre-Event zur Public IT Security Conference auf Digitaler Staat Online.

Auch Christian Stuffrein, Referent für Digitalisierung beim Deutschen Landkreistag, hätte sich mehr Aufmerksamkeit für die Kommunen gewünscht. Die hybriden Bedrohungen – denen auch Landkreise und kleinere Städte ausgesetzt seien – resultierten in eingeschränkter Handlungsfähigkeit und hohen Folgekosten. „Das führt auch zum Vertrauensverlust bei Bürgerinnen und Bürgern gegenüber dem Staat“, so Stuffrein. Die Länder seien in der Pflicht, Rechtsakte für die Kommunen einzuleiten, um die politische und verwaltungstechnische Handlungsfähigkeit sicherzustellen. Durch NIS2 sei allerdings nur die „Zentralregierung“, also die Bundesministerien und das Bundeskanzleramt, reguliert. Das reiche nicht aus, folgerte der Referent.

Staat und Verwaltung nur

lückenhaft reguliert

Das sieht auch Manuel Atug, Gründer und Sprecher der AG KRITIS, so. Der Sektor Staat und Verwaltung sei nur „lückenhaft“ beschrieben.

Auch beim KRITIS-Dachgesetz, das zusammen mit NIS2 geplant werde, würden diese Bereiche ausgeklam-

Diestark voranschreitende Digitalisierung und die gleichzeitig wachsende Bedrohungslage bewirken auch für die Verarbeitung elektronischer VS mehr Bedarf und kürzere Entwicklungszyklen von IT-Sicherheitsprodukten. Das BSI lässt diese nach einer erfolgreichen Evaluierung zu. Eine Technische Leitlinie des BSI beschreibt dafür das generelle Vorgehen, die Anwendung der Methoden und Kriterien sowie die Mitwirkung aller beteiligten Stakeholder am BSI-Zulassungsschema.

Für eine schnellere Zulassung von neuen oder geänderten IT-Sicherheitsprodukten sorgen die folgenden im BSI-Zulassungsschema verankerten Elemente: VS-Anforderungsprofile (VS-AP) und das Qualifizierte Verfahren. Sie unterstützen alle am Zulassungsschema beteiligten Partien bei der effizienten Entwicklung, Evaluierung und Zulassung von vertrauenswürdigen IT-Sicherheitsprodukten.

VS-Anforderungsprofile

Ein VS-Anforderungsprofil (VS-AP) beschreibt funktionale IT-Sicher-

NIS2: keine Überregulierung

Definition der Sektoren umstritten

(BS/Paul Schubert) Der Schutz der Kritischen Infrastrukturen in der Europäischen Union wird vorangetrieben. Neben dem physischen Schutz, der mit dem KRITIS-Dachgesetz verbessert werden soll, soll die NIS2-Richtlinie den virtuellen Schutz der Einrichtungen sicherstellen. Dafür wird die Anzahl der regulierenden Einrichtungen deutlich erhöht. Mit der Einteilung der Sektoren sind allerdings nicht alle zufrieden, erklärte Heiko Hußmann, Informationssicherheitsbeauftragter der Landeshauptstadt Hannover.

seit 2021 erkennbar. Mit dem ITSicherheitsgesetz 2.0 sei die Kategorie „Unternehmen in besonderem öffentlichen Interesse“ (UBI) eingerichtet worden. Diese seien zwar nicht als Teil der Kritischen Infrastruktur verortet, aber mit erheblicher Relevanz für die Wertschätzung eines Staates eingestuft. Mit der NIS2-Verordnung enfällt diese Kategorisierung.

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Mit der NIS2-Richtlinie gehört der Postsektor zukünftig zu den „wichtigen Einrichtungen“ der KRITIS. Foto: BS/cbies, stock.adobe.com

mert. Wenn sich der Staat selbst unzureichende Auflagen stelle, sei das schwierig, urteilte Atug. Auch der Sektor Chemie fehle bisher ganz. So würden Großforschungseinrichtungen durch die Vorgaben in der jetzigen Form nicht gedeckt. Den Vorbehalten einiger Branchen zur „Überregulierung durch NIS2“ erteilte Prof. Dr. Dennis-Kenji Kipker, Professor für IT-Sicherheitsrecht an der Hochschule Bremen, eine Absage. Dass die Europäische Union den Anwendungsbereich der

Regelungen ausweite, sei „grundsätzlich nichts Schlechtes“. Er halte es nicht für sinnvoll, über den Pflichtenkanon, der im Rahmen des NIS2-Umsetzungsgesetz eingeführt werde, zu diskutieren. Stattdessen hob der Jurist hervor, dass Deutschland im Bereich der Cyber-Regulierung fortschrittlich sei: „Wir gehen voraus und setzen Standards – auch für ganz Europa“, so Kipker. Des Weiteren sei die Tendenz, Cyber Security Compliance in der Fläche zu regulieren, schon

Kommunales Lagebild zur ITSicherheit gefordert Ein Wunsch, den vor allem Stuffrein und Atug formulierten, war die Erstellung eines kommunalen Lagebildes zur Cyber-Sicherheit. Eine Forderung, die der Bund gerne erfüllen würde, erklärte Andreas Könen, Abteilungsleiter CI „Cyberund IT-Sicherheit“ im Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI): „Ein Lagebild zur Cyber-Sicherheit, das die verschiedenen Ebenen betrachtet und den Kommunen bereitgestellt würde, wäre wünschenswert“. Des Weiteren wehrte der Abteilungsleiter Kritik zu den NIS2-Verpflichtungen ab: „Es ist nicht der Bund, der diese inhomogene Regelung aufgestellt hat, vom Bund über

die Länder zu den Kommunen zu regulieren. Das ist die Europäische Union. Den Schuh, dass der Bund eine schlechte Regelung getroffen habe, den ziehe ich mir nicht an“, stellte Könen klar. Ferner solle man bei NIS2 nicht nur die Gefahrenabwehr in den Blick nehmen. Auch die Produktsicherheit mit Blick auf die Unternehmen sei Teil der Regelung. Für beide Bereiche solle perspektivisch auch die Länder- und Verbändebeteiligung eingeleitet werden. Leider seien die Ressorts noch dagegen, monierte Könen Einheitliche Vorfallsbearbeitung gewünscht Neben der Länder- und Verbandsbeteiligung wünschte sich Julia Schütze, Projektleiterin „Cybersicherheitspolitik und Resilienz“ bei der Stiftung Neue Verantwortung, eine einheitliche Vorfallsbearbeitung durch NIS2 bei Cyber-Angriffen. Bei den Bundesländern gebe es dort noch die größte Uneinheitlichkeit und fehlende Standards. Der Abteilungsleiter aus dem BMI schlug darauf vor: „Ein Meldeportal, das vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) für Cyber-Vorfälle bereitgestellt werden würde, wäre die beste Lösung“. Die Umsetzung der NIS2-Richtinie hat noch bis Oktober 2024 Zeit. Allerdings sei der Vorgang „hartes Brot“, sagte Könen. Er versprach aber baldig eindeutige Ergebnisse. Das Umsetzungsgesetz werde deutlich detaillierter gestaltet und werde die eine oder andere ungelöste Frage beantworten, resümierte der Mathematiker.

„Die Behauptung, dass der Bund eine schlechte Regelung getroffen hat, lasse ich nicht auf uns sitzen.“

Andreas Könen, Abteilungsleiter CI „Cyber- und IT-Sicherheit“ im BMI

Mehr Effizienz im BSI-Zulassungsschema

Schneller mit VS-Anforderungsprofilen und dem Qualifizierten Verfahren

(BS/Dr. Tobias Seyffarth/Anna Urban*) Der staatliche Geheimschutz hat die Aufgabe, geheimhaltungsbedürftige Informationen, sogenannte Verschlusssachen (VS), zu schützen. Für eine nachhaltig sichere Digitalisierung benötigt der Geheimschutz dringend vertrauenswürdige IT-Sicherheitsprodukte. Für deren Bewertung und Zulassung ist das BSI die zuständige Stelle. Zwei Elemente des BSI-Zulassungsschemas leisten dabei einen wesentlichen Beitrag zur Effizienzsteigerung: die VS-Anforderungsprofile und das Qualifizierte Verfahren.

heitsanforderungen an einen bestimmten Produkttyp, für den eine Zulassungsaussage erforderlich ist, wie z. B. für eine Firewall oder einen VPN-Client. Eine Zuordnung von VS-APs zu Produkttypen ist im VSProduktkatalog des BSI enthalten.

Für jedes VS-AP definieren Anwender, Hersteller und das BSI in enger Abstimmung ein Sicherheitsproblem und leiten daraus gemeinsam Anforderungen ab, welche in einem zugelassenen IT-Sicherheitsprodukt umgesetzt werden müssen. Dies ermöglicht Herstellern eine zielgerichtete Produktentwicklung und damit eine Beschleunigung der Evaluierung und Zulassung. Anwender können ihren Bedarf an Sicherheitsleistungen in VS-APs einbringen. Bisher wurden 20 VS-

APs definiert, weitere sind in Arbeit. Angaben dazu finden sich auf den Internetseiten des BSI.

Qualifiziertes Verfahren Vor der Etablierung des Qualifizierten Verfahrens hat das BSI ausschließlich durch eine technische Evaluierung die Vertrauenswürdigkeit eines IT-Sicherheitsprodukts festgestellt. Das Qualifizierte Verfahren trägt kürzeren Entwicklungszyklen Rechnung, indem es die Vertrauenswürdigkeit von Entwicklungsprozessen bewertet. Die dabei zugrunde liegenden Kriterien basieren auf dem internationalen Standard der Common Criteria. Sie umfassen Vorgaben an den gesamten Lebenszyklus eines IT-Sicherheitsprodukts – von der frühen Pla-

nungsphase über die Entwicklung, Markteinführung und Support bis hin zur geregelten Aussonderung. Geprüfte, vertrauenswürdige Prozesse beim Hersteller erlauben es, Produktzulassungen mit einem um bis zu 50 Prozent reduzierten Evaluierungsumfang durchzuführen. Das Vertrauenswürdigkeitsniveau wird dabei beibehalten. Neue Produkte und Produktversionen stehen also erheblich schneller zur Verfügung, wenn das BSI einem Hersteller die Vertrauenswürdigkeit seiner Prozesse bestätigt hat.

Fazit

VS-Anforderungsprofile und das Qualifizierte Verfahren sind wesentliche Elemente des BSI-Zulassungsschemas, um den steigenden Bedarf

an zugelassenen IT-Sicherheitsprodukten effizient zu decken. Für die Hersteller ergibt sich so unter dem Aspekt „Time to Market“ eine bessere Steuerbarkeit und zeitnahe Markteinführung ihrer Produkte, während Bedarfsträger von einem schnelleren Zuwachs an verfügbaren zugelassenen IT-Sicherheitsprodukten profitieren.

* Dr. Tobias Seyffarth ist Referent im Referat KM 11 – Qualitätsmanagement in Zulassungsverfahren, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.

Anna Urban ist Sachbearbeiterin im Referat KM 11 – Qualitätsmanagement in Zulassungsverfahren, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.

PITS-Programmhinweis

Auf der PITS 2023 erläutert das BSI in der Expertenrunde 3 „Im Dialog mit dem BSI: Zertifizierung, Zulassung, Audit etc. – was ist wann sinnvoll?“ weitere Einzelheiten.

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 34

Zugleich stieg die Zahl der sogenannten Auslandstaten deutlich um acht Prozent im Vergleich zu 2021 an. Dabei handelt es sich um Cyber Crime, die zwar Schäden in Deutschland verursacht, wo der Aufenthaltsort der Täterinnen und Täter aber im Ausland liegt oder unbekannt ist. Diese Delikte fließen bislang noch nicht in die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) ein. Zudem ist bei Cyber Crime von einem enormen Dunkelfeld auszugehen. 2022 gab es laut dem aktuellen „Bundeslagebild Cyber Crime“ des Bundeskriminalamtes (BKA) insgesamt mehr Auslands- als Inlandstaten. Überproportional viele Auslandsdelikte wurden im Bereich Cyber Crime verzeichnet (fast 25 Prozent). Von diesen konnten nur Fälle im unteren einstelligen Prozentbereich aufgeklärt werden. Nicht zuletzt deshalb heißt es im BKA-Lagebild dann auch: „Bei der Interpretation der polizeilichen Fallzahlen muss die Internationalität der Täterschaft zukünftig noch stärker reflektiert werden.“ Den gesunkenen Zahlen der InlandsPKS müssten konsequenterweise die steigenden Fallzahlen der Auslandstaten hinzugestellt werden und in die Gesamtbewertung einfließen. Entsprechende Maßnahmen wurden bereits eingeleitet. Dazu heißt es vom BKA: „Konkret müssen einheitliche Erfassungsstandards abgestimmt und festgelegt werden. Die Maßnahmen zielen auf die bundesweit vollständige Erfassung insbesondere ausländischer Tathandlungen mit Erfolgseintritt in Deutschland in polizeilichen Statistiken ab.“ Dies gelte auch für die Weiterentwicklung der PKS durch die Einführung z. B. von spezifischen Erfassungsmöglichkeiten für Kriminalitätsphänomene wie Ransomware und DDoS-Angriffe. Ziel sei es, durch vertiefte Auswertungen dieser Daten sowie deren Abgleich mit polizeiexternen Informationsquellen realitätsnähere und strategisch relevante Aussagen zur Kriminalitätsbelastung durch Cyber Crime in Deutschland treffen zu können. Es ist vorgesehen, die erarbeiteten neuen Regelungen Anfang kommenden Jahres flächendeckend einzuführen. Vergleichend könnten dann valide Fallzahlen für den Berichtszeitraum 2025 erwartet werden. Ferner sollen Auslandstaten zukünftig in einem an

Immer mehr Auslandstaten

Fast 137.000 Cyber Crime-Fälle polizeilich erfasst

(BS/mf) Im vergangenen Jahr haben die Polizeibehörden hierzulande 136.865 Fälle von Cyber Crime verzeichnet. Das sind zwar 6,5 Prozent weniger als 2021. Für eine Entwarnung ist es aber noch zu früh. Denn nur die Inlandstaten nahmen ab.

die PKS angelehnten System (Auslands-PKS) erfasst werden.

Über 200 Milliarden Euro Schaden

Laut BKA-Vizepräsidentin Martina Link belief sich der durch Cyber Crime verursachte Gesamtschaden im letzten Jahr auf mehr als 200 Milliarden Euro. Die Zahl basiert auf Berechnungen des Digitalverbandes Bitkom und ist doppelt so hoch wie noch 2019. Die vorherrschenden Angriffsarten sind DDoS-Attacken, Phishing und Ransomware-Angriffe. Letztere verursachten erneut die höchsten Schäden und werden immer professioneller und effizienter. Zuletzt seien vermehrt Attacken auf Einrichtungen des Wissenschafts- und Bildungsbereichs festgestellt worden, berichtete Link. Im vergangenen Jahr sei jeden Tag mindestens ein deutsches Unternehmen

Opfer einer Ransomware-Attacke geworden, so die BKA-Vizepräsidentin weiter. Dies zeige: „Digitale Sicherheit ist ein entscheidender Faktor für den Wirtschaftsstand-

ort Deutschland.“ Einen Stillstand in der Cyber Crime-Bekämpfung könne sich niemand erlauben. „Wir müssen Cyber-Attacken auf Kritische Infrastrukturen, die öffentliche Verwaltung oder Lieferketten nicht nur bekämpfen, sondern ihnen auch besser vorbeugen können“, verlangte Link Stärker kooperieren

Zahlreiche Unternehmerinnen und Unternehmer plädierten dafür, die Polizeien im Kampf gegen Cyber Crime mit mehr (personellen) Ressourcen und Befugnissen auszustatten. Das BKA habe hier schon viel unternommen. Es zeige sich aber immer öfter, dass der täterorientierte Ansatz, der bislang verfolgt werde, bei Cyber-Kriminalität nicht mehr ausreiche. Es müsse in Zukunft noch stärker darum gehen, die zugrunde liegenden Infrastrukturen zu zerstören, so BKA-Vizepräsidentin Martina Link.

Der Innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Manuel Höferlin, betonte: „Cyber-Sicherheit

ist die Achillesferse der modernen Informationsgesellschaft. Noch immer nehmen zahlreiche Unternehmen Cyber-Risiken bewusst in Kauf, obwohl sie mit einem starken Cyber-Abwehrschirm einen Wettbewerbsvorteil erzielen könnten.“

Jochen Kopelke, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sagte: „Mit Blick auf die Trag-

weite dieses Deliktfeldes müssen dafür in alle Haushalten der Bundesrepublik entsprechende Gelder eingestellt werden.“ Cyber Crime sei „eine eminente Bedrohung der Inneren Sicherheit der Bundesrepublik. Davon können jede und jeder betroffen sein, vor allem Unternehmen unserer Wirtschaft.“ Außerdem unterstrich Kopelke: „Damit die Polizei Cyber Crime und die damit verbundenen Folgen erfolgreich bewältigen kann, muss sie selbst bestmöglich vor Ausfällen geschützt sein.“ Die notwendigen Gelder dafür müssten in den Haushalten der kommenden Jahre „ganz klar ein Fixpunkt sein“.

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Sicherheit durch Google Cloud

Zum Schutz vor Cyber-Angriffen müssen Sicherheit und Souveränität zusammengedacht werden

(BS) In allen Bereichen lauern heute Cyber-Risiken, die bei vielen Menschen zu Verunsicherung führen. Hackenden geht es längst nicht mehr nur darum, an Daten zu kommen. Immer häufiger greifen sie auch demokratische Strukturen an. Im digitalen Raum seien die Bedrohungen derzeit so groß wie nie, schreibt das BSI in seinem Lagebericht.

Neben wirtschaftlichen Schäden ist die Kritische Infrastruktur akut gefährdet. Webseiten deutscher Behörden werden erfolgreich attackiert. Kommunen waren zum

Teil wochenlang nicht arbeitsfähig, öffentliche Krankenkassen waren durch einen Angriff auf den ITDienstleister indirekt betroffen.

Letztlich bedroht eine unzureichende IT-Sicherheit die Handlungsfähigkeit und Verlässlichkeit und mindert dadurch unmittelbar die digitale Souveränität.

In der Vergangenheit haben viele versucht, sich alleine gegen Cyber-Attacken abzuschotten. Doch geschlossene Systeme machen es für den Einzelnen schwierig, sich gegen wachsende Gefahren zu schützen. Größere Sicherheit verschaffen Cyber-Lösungen, die auf offenen, hochsicheren Standards

beruhen und eine enge und transparente Zusammenarbeit zwischen den Akteuren in der Sicherheitsindustrie fördern. Kurzum: das Prinzip der Open Security – ein Konzept, auf das auch Google setzt. Ein solch offener Ansatz mag zunächst paradox klingen, doch in unserer heutigen mobilen, hybriden Umgebung ist Cyber Security ein Teamsport und gemeinsam kann man höhere Standards für die Sicherheit setzen, von denen alle profitieren. Ein wichtiges Prinzip der Open Security besteht im sogenannten Zero-Trust-Modell: eine Vorgehensweise, bei der alle Nutzenden, alle Geräte und Anwendungen kontinuierlich auf Sicherheitsrisiken überprüft werden. So wird die Gemeinschaft geschützt – und damit auch jedes einzelne Mitglied. Ihr gemeinsames

Nationale Umsetzung des DSO offen

Ziel besteht darin, Hackenden keine Chance zu geben – und damit auch demokratische Strukturen zu stärken.

Sicherheit und Souveränität gehören für Google zusammen. Wenn durch einen Hackerangriff Daten verloren gehen, gibt es keine Souveränität mehr. Und wenn Sie nicht souverän agieren können, ist es schwierig, die eigene Sicherheit zu garantieren. Das zunehmende Vertrauen, das die Nutzenden Cloud-Lösungen entgegenbringen, treibt den Übergang in die Cloud voran. Und das führt letztlich zu noch größerer Sicherheit für alle – und hilft damit auch, digitale Souveränität zu festigen.

Erfahren Sie mehr zu diesem Thema in unserem Expertenforum und Beitrag auf der PITS am 20.09.

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es auf der PITS

Große Online-Plattformen früher gefordert (BS/sp) Der Digital Services Act (DSO) kommt. Das im Oktober durch die Europäische Union beschlossene Gesetz muss bis spätestens 17. Februar 2024 in nationales Recht umgesetzt werden. Das Gesetz regelt vor allem Vorschriften für Online-Plattformen und Soziale Netzwerke und betrifft auch Verbraucherschutzregelungen. Für die Umsetzung sollen die EU-Mitgliedsstaaten einen „Koordinator für digitale Dienste“ benennen. In Deutschland ist noch unklar, wer für die Umsetzung zuständig sein wird.

Dabei sollen eine oder mehrere Behörden benannt werden, „die für die Beaufsichtigung der Anbieter von Vermittlungsdiensten und die Durchsetzung dieser Verordnung zuständig sind“, heißt es im Digital Services Act in Artikel 49. In einer schriftlichen Anfrage der CDU/ CSU-Fraktion im Bundestag an die Bundesregierung erhoffte sich die Opposition Informationen zum bisherigen Umsetzungsstand. Wenngleich die meisten Regelungen erst ab Februar 2024 wirksam werden, gilt das für Facebook und Co nicht: Für sehr große Online-Plattformen gelten einige Regelungen bereits vier Monate nach der Benennung als solche durch die Europäische Kommission am 25. April 2023. Voraussetzung für eine „sehr große Online-Plattform“ oder „sehr große Online-Suchmaschine“ sei das Überschreiten von 45 Millionen aktive Nutzenden, heißt es von der Europäischen Kommission. Die Bestimmungen für diese Plattformen sind auf der Webseite der Europäischen Kommission zu finden.

Google handelt bereits

Die Bundesregierung erklärte, dass Anfang August das Beteiligungsverfahren zusammen mit den Ländern, kommunalen Spitzenverbänden, Fachkreisen und Verbänden eingeleitet worden sei. Um bis zum Februar 2024 den DSA

Warum

Weil ich mit Sicherheit im Homeoffice arbeiten kann.

vollständig umzusetzen, versucht die Ampel-Koalition einen Gesetzesentwurf bis Ende 2023 zu verabschieden. Google reagierte Ende August bereits: Der US-Konzern werde künftig mehr Informationen zu personalisierter Werbung und zu den Google-Algorithmen veröffentlichen. Dies solle unter anderem mithilfe eines Ads Transparency Center geschehen, ließ Google verlauten.

BfJ weiter zuständig?

Weitere konkrete Antworten konnte die Bundesregierung zum Umsetzungsstand nicht geben. Es sei weder klar, inwiefern die Landesmedienanstalten an der Arbeit des nationalen Koordinators für digitale Dienste beteiligt werden sollen noch ob das Bundesamt für Justiz (BfJ) die zuständige Behörde zur Durchsetzung des DSA in Bezug auf Soziale Netzwerke bleiben soll. Die Bundesregierung erklärte aber, dass die Koordinierungsstelle für digitale Dienste durch einen Aufbaustab in der Bundesnetzagentur organisiert werden soll. Weitere Regelungen, insbesondere die Kommunikation zwischen der kommenden Koordinierungsstelle und den jetzigen gesetzlich zuständigen Behörden, würden erst öffentlich kommuniziert, wenn die Ressortabstimmungen abgeschlossen seien, heißt es in der schriftlichen Antwort der Ampel-Koalition.

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Ein erfolgreicher Cyber-Angriff kann jedoch nicht nur finanzielle Schäden verursachen. Denn bei Cyber-Angriffen auf Kritische Infrastrukturen (KRITIS), wie beispielsweise auf Energie- und Wasserversorger, Telekommunikationsnetze, Banken oder Krankenhäuser, sind im Schadensfall schnell auch tatsächliche Versorgungsausfälle oder -einschränkungen in diesen lebenswichtigen Bereichen möglich.

LNG-Terminals als Teil von KRITIS gestärkt

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) hat in den vergangenen Jahren daher bereits zahlreiche wichtige Schritte unternommen, um die CyberSicherheit in diesen prioritären Bereichen zu stärken. Mit dem IT-Sicherheitsgesetz 2.0 wurden im Jahr 2021 die zahlreichen bestehenden Anforderungen umfangreich ausgebaut und erweitert. Hierzu gehören beispielsweise die Pflicht für KRITIS-Betreiber, in ihren Netzen Systeme zur Angriffserkennung einzusetzen, sowie die Regelungen im Bereich sogenannter kritischer Komponenten im BSI-Gesetz, die den auf EU-Ebene formulierten Grundsätzen der 5G-Toolbox entsprechen. Zuletzt wurden in der Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen die in Deutschland im Rekordtempo gebauten LNG-Terminals auch als Kritische Infrastruktur bestimmt. Dies war wichtig, um vor dem Hintergrund der damals drohenden Gaskrise eine Versorgung der Bevölkerung bestmöglich sicherzustellen.

Die Bedrohungen im Cyber-Bereich nehmen stetig zu, zumal auch die Angreifer daran arbeiten, ihre Methoden und Techniken zu verbessern. Im Dezember 2022 ist die zweite EU-Richtlinie mit Maßnahmen für ein hohes Cyber-Sicherheitsniveau in der Union in Kraft getreten, die sogenannte NIS2-Richtlinie. Sie geht weit über den Ansatz ihrer

Cyber-Resilienz in KRITIS stärken

Cyber-Abwehr ist kein Sprint, sondern ein Marathon

(BS/Johann Saathoff) Digitale Technologien sind aus dem Alltag unserer Wirtschaft und Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Unternehmen jeder Größe nutzen sie, um Geschäftsprozesse zu optimieren, neue Märkte zu erschließen und mit Kunden zu interagieren. Richtig ist jedoch auch, dass im digitalen Raum Cyber-Angriffe mittlerweile regelmäßig auf der Tagesordnung stehen. Die Bedrohungen sind hierbei vielfältig: Von Ransomware über Phishing bis hin zu staatlich gesteuerten Cyber-Angriffen, die Liste ist lang und sie ließe sich beliebig fortsetzen.

Vorgängerrichtlinie hinaus, und wird zukünftig noch mehr Unternehmen in den bisherigen Sektoren wie beispielsweise Energie, Verkehr, Gesundheit oder Telekommunikation betreffen. Aber auch gänzlich neue Wirtschaftssektoren werden hinzukommen,

LNG-Terminals gelten seit 2021 als KRITIS. Hier transportieren Tanker das flüssige Erdgas zu den Terminals. Foto: BS/djedj, pixabay.com

zum Beispiel der Sektor Weltraum oder verschiedene Bereiche der industriellen Fertigung. Cyber-Sicherheit soll damit noch mehr in die Fläche gebracht und die Unternehmen in die Lage versetzt werden, sich selbst effektiv zu schützen. Wie bei jeder Vorbereitung auf einen aufziehenden Sturm wird es daher in Zukunft für jedes einzelne Unternehmen noch wichtiger, sich nicht nur auf die Schutz- und Vorsorgemaßnahmen der Anderen zu verlassen, sondern selbst die eigenen Sicherheitsvorkehrungen auf den Prüfstand zu stellen, denn Cyber-Sicherheit geht alle etwas an! Die NIS2-Richtlinie sieht hier-

bei grundsätzlich vor, dass in den betroffenen Sektoren alle Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden oder einem Jahresumsatz bzw. einer Jahresbilanzsumme von mehr als zehn Millionen Euro in ihren Anwendungsbereich fallen. Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamts wird dies in Deutschland dazu führen, dass in Zukunft ca. 29.000 Unternehmen von der Umsetzung der NIS2-Richtlinie in Deutschland betroffen sein werden. Bisher waren vom BSI-Gesetz lediglich ca. 1.800 Betreiber kritischer Infrastrukturen erfasst. Diese erhebliche Ausweitung des Anwendungsbereichs auf eine Vielzahl von Unternehmen bedeutet für uns jedoch auch, dass wir bei den vorgesehenen gesetzlichen Maßnahmen im Sinne der Verhältnismäßigkeit eine angemessene Abstufung vorsehen und Prozesse effizient gestalten müssen.

NIS2 in die Fläche bringen

Denn nicht jedes der ca. 29.000 von der NIS2-Richtlinie betroffenen Unternehmen ist einem identischen Risiko im Cyber-Raum ausgesetzt. Und nicht jedes Unternehmen jeder Größe startet auf demselben Niveau. Derzeit stimmen wir uns daher innerhalb der Bundesregierung mit den betroffenen Ressorts ab, wie wir Cyber-Sicherheit im Sinne der NIS2-Richtlinie erfolgreich in die Fläche bringen können. Dabei gilt es, gleichzeitig die Rahmenbedingungen und Prozesse so auszugestalten, dass die Unternehmen und die zuständigen Be-

Digitale Souveränität für Cyber-Sicherheit

Abhängigkeiten reduzieren und selbstbestimmt handeln

(BS/Dr. Claudia Warken) Digitale Souveränität, heutzutage in aller Munde, ist ein Schlüsselelement für Cyber-Sicherheit und damit unabdingbar für die Sicherheit und Freiheit jedes Einzelnen und unserer Gesellschaft als Ganzes. Digital souverän zu sein bedeutet nicht, autark und völlig unabhängig zu sein. Vielmehr geht es darum, für sämtliche IT-Komponenten, d. h. Hardware, Software, Netze und Dienstleistungen, die Risiken zu streuen und Abhängigkeiten zu reduzieren, um selbstbestimmt handeln zu können und die eigenen Systeme im besten Sinne unter Kontrolle zu haben.

Nur dadurch wird Resilienz ermöglicht, also die eigenen IT-Systeme bestmöglich gegen Angriffe zu schützen, das Schadenspotential zu minimieren und im Falle eines Falles möglichst unbeschadet und schnell wieder in den Normalbetrieb zurückzukehren. Elementare Abhängigkeiten hingegen erhöhen das Sicherheitsrisiko und reduzieren den eigenen Handlungsspielraum sowohl im Normalbetrieb als auch im Notfall. Was zunächst als bequeme und kostengünstige Lösung aus einer (fremden) Hand eingesetzt wird, kann rasch aufgrund geänderter gesetzlicher, politischer, sozialer oder anderer Rahmenbedingungen in eine Situation umschlagen, in der die Verfügbarkeit, Vertraulichkeit und Authentizität nicht mehr gewährleistet sind und/oder die Kosten explodieren. Das gilt für die IT und, wie uns die vergangenen Jahre gelehrt haben, für medizinische Ausrüstung, technische Bauteile, Energie und jegliche andere Lebensbereiche gleichermaßen. Daraus folgt dreierlei:

1. Je kritischer ein Bereich ist, umso mehr eigener Steuerungskompetenz bedarf es. Wer im IT-Bereich kritische Daten und Prozesse unkontrolliert Dritten

Dr. Claudia Warken ist seit September 2021 Vizepräsidentin der Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg.

Foto: BS/privat

überlässt, gefährdet im besonderen Maße die Cyber-Sicherheit.

2. Risikostreuung und reduzierte Abhängigkeiten können nicht nur durch Eigenprodukte und Eigenbetrieb hergestellt werden, sondern beispielsweise auch durch technische Anforderungen wie Segmentierungen oder eine modulare Systemarchitektur mit standardisierten Schnittstellen, die den Einsatz unterschiedlicher Produkte und einen einfachen Anbieterwechsel ermöglichen. Im IT-Bereich sind Open Source-Produkte hierfür besonders bedeutsam.

3. Selbstbestimmte Handlungsfähigkeit erfordert auf Dauer Ressourcen: Personal, Zeit und Geld. Gerade in der Verwaltung fehlt es häufig daran. Umso dringlicher ist es, dass wir uns unserer Verpflichtung für das Gemeinwohl

bewusstwerden, unserem Selbstverständnis als wesentlichem Bestandteil eines souveränen Staates und unserer Vorbildfunktion.

Die Schaffung digitaler Souveränität beginnt im Kopf. Nur wer wirklich selbstbestimmt handlungsfähig sein möchte, wird die unbequemen Fragen nach bestehenden Abhängigkeiten, Risikobeurteilungen, Handlungsalternativen u. ä. angehen. Langjährige Gewohnheiten und etablierte Gepflogenheiten müssen ebenso hinterfragt werden, wie normierte Rahmenbedingungen, die etwa unsere Vergabepraxis bestimmen. Daneben bedarf es sowohl auf der Ebene der Entscheider als auch auf der der Umsetzer einer grundsätzlichen und dauerhaften Änderungs- und Investitionsbereitschaft. Welchen Preis sind Sie bereit, für Ihre digitale Souveränität zu zahlen?

PITS-Programmhinweis

Dr. Claudia Warken wird am ersten Kongresstag der Public-IT-Security Conference um 17:45 Uhr zum Thema „Resilienz und Business Continuity Management“ diskutieren.

hörden nachhaltig und dauerhaft den Gefahren aus dem Cyber-Raum standhalten. Denn die Abwehr von Cyber-Angriffen ist kein kurzer Sprint, sondern ein Marathon.

Johann Saathoff (SPD) ist Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI).

Foto: BS/Fionn Grosse

PITS-Programmhinweis

Johann Saathoff wird die PITS 2023 mit einer Keynote am 20. September eröffnen. Im Anschluss ist Zeit für eine kurze Fragerunde.

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Seite 37 PITS-Preview Behörden Spiegel / September 2023
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Der Konflikt schwelt also weiter. Obwohl bereits im Koalitionsvertrag von 2021 festgelegt wurde, dass das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik unabhängiger aufgestellt und als zentrale Stelle im Bereich der IT-Sicherheit aufgebaut werden soll, wurden diese Ziele bis heute nicht erreicht. Im Gegenteil: Mit der Berufung von Claudia Plattner als neue Präsidentin des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik wird die Stelle nicht mehr als ein normales Beamtenverhältnis verortet, sondern Plattner als politische Beamtin angestellt. Sie kann damit leichter abgesetzt werden.

BSI als Zentralstelle rückt in weite Ferne

Mit dem Bekanntwerden des Positionspapiers der CDU/CSU Innenminister rückt nun das Ziel, das BSI als Zentralstelle umzugestalten, in weite Ferne. Denn für eine Umstrukturierung bräuchte die Koalition eine Grundgesetzänderung und damit auch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat. Im Positionspapier heißt es, dass eine Verlagerung von Kompetenzen der Länder auf den Bund nicht ausreichend erklärt wurde und essenzielle Details zur inhaltlichen Ausgestaltung noch fehlen würden. Für die Verfassenden seien eine „stärkere Zentralisierung von Kompetenzen der Gefahrenabwehr im Cyberraum ausschließlich auf Länderebene aus unterschiedlichen Gründen nicht sinnvoll“. Bevor neue Handlungsfelder geschaffen würden, sollten der Bund und die Länder zunächst die Möglichkeit nutzen, die ihnen bereits eingeräumt wurden. Die CDU/CSU Innenminister schlagen stattdessen vor, das Nationale Cyber Abwehrzentrum (NCAZ) als bestehendes und anerkanntes gemeinsame Zentrum schrittweise auszubauen. Folgend solle das NCAZ als „Kompetenzzentrum für Cybersicher-

Kritik an Zentralstelle

Zentralisierung und Bündelung von Kompetenzen „nicht sinnvoll“

(BS/Paul Schubert) In einem Positionspapier der CDU/CSU geführten Innenministerien haben sich die Politiker gegen eine Bündelung von Kompetenzen der Gefahrenabwehr im Cyber-Raum auf Bundesebene ausgesprochen. Sie fordern eine stärkere Einbindung des Nationalen Cyber Abwehrzentrums (NCAZ) damit alle Aktuere „als gleichberechtigte Partner auf Augenhöhe“ zusammenwirken können. Von Koalitionspartnern heißt es, dass das Papier für ein „Weiter so“ in der Cyber-Sicherheitspolitik stehe.

Kommt sie oder kommt sie nicht? Die Zentralstellenfunktion des BSI ist weiter umstritten.

Foto: BS/BSI

heit“ weiterentwickelt werden. Damit könnten die Länder und der Bund als gleichberechtigte Partner auf Augenhöhe zusammenwirken und ihre jeweiligen Stärken und Kompetenzen einbringen, heißt es in dem Papier.

Zusammenarbeit auf Augenhöhe

gefordert

Im Interview mit dem Behörden Spiegel erklärte der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU), dass er sich dagegen wehre, die föderalen Strukturen durch eine Verfassungsänderung neu aufzustellen. Wichtig sei ihm eine „Zusammenarbeit auf Augenhöhe“. Er plädierte dafür, die Länder weiter als kompetente Säulen der Cyber-Sicherheit zu betrachten.

„Es wäre nicht besonders intelligent, die Expertise, die bei den Ländern vorhanden ist, nicht auf Augenhöhe

einzubeziehen.“ Des Weiteren vermutet Strobl, dass „die Länder durch eine Verfassungsänderung am Ende des Tages zu Befehlsempfängern degradiert“ werden könnten. Auch von der Art und Weise der Kommunikation des Ministeriums zeigte sich der CDU-Innenminister enttäuscht: „Ich habe seinerzeit über die Medien mitbekommen, dass die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eine solche Grundgesetzänderung beabsichtigt“, sagte Strobl

In der Opposition kommt die Kritik der Innenminister erwartungsgemäß gut an. Dr. Reinhard Brandl, digitalpolitischer Sprecher der CDU/CSU Bundestagsfraktion teilte mit, dass Faeser es versäumt habe, ein detailliertes Konzept zum Ausbau des BSI als Zentralstelle im Bund-LänderVerhältnis vorzulegen. Er plädiert dafür, dem Bund aktive Cyber-Abwehrfähigkeiten an die Hand zu geben, um auch in fremden Netzen laufende Angriffe unterbrechen zu können. Des Weiteren schlägt Brandl vor, regelmäßig gemeinsame Cyber-Übungen der Bundes-, Länder und Kommunalebene durchzuführen. Dies könnte mithilfe der NCAZ als Plattform geschehen, erklärte der Digitalpolitiker.

Positionspapier steht für ein „Weiter so“

Der digitalpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Maximilian Funke-Kaiser widersprach dem Inhalt

„Es wäre nicht besonders intelligent, die Expertise, die bei den Ländern vorhanden ist nicht auf Augenhöhe einzubeziehen.“

Thomas Strobl, Innenminister des Landes Baden-Württemberg

des Positionspapiers. Für ihn sei „eine zentrale Bündelung von Kompetenzen für kommende Herausforderungen von essenzieller Bedeutung“. Als

Schlüsselfigur könne dafür ein unabhängiges BSI dienen, welches Maßnahmen gezielt koordiniere. Die Vorschläge des Positionspapiers würden hingegen nicht zu einer Verbesserung der Situation beitragen: „Sie stehen viel mehr für ein Weiter so“, erklärte Funke-Kaiser Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Bündnis90/Die Grünen, wünscht sich mehr Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungsgliedern Strukturen. Die Zusammenarbeit zwischen Akteuren im Bund und in den Ländern solle besser koordiniert und gestärkt werden. Damit könne man die zugrundeliegenden Prozesse vereinheitlichen. Ferner erklärte er, dass das Bundesinnenministerium derzeit noch eruieren würde, wie der im Koalitionsvertrag vereinbarte Ausbau des BSI zur zentralen Stelle im Bereich der IT-Sicherheit umgesetzt werden könne.

Die Ampel-Koalition hat den Plan, das BSI als unabhängige Zentralstelle aufzubauen, noch nicht aufgegeben. Nach der Veröffentlichung des Positionspapiers zeigt sich aber deutlich, dass das Bundesinnenministerium noch einige Überzeugungsarbeit zu leisten hat.

Podcasthinweis

Das gesamte Interview mit dem badenwürttembergischen Innenminister Thomas Strobl (CDU) können Sie in unserer 196. Podcasts-Episode des Public Sector Insider hören.

Zero-Trust-Architekturen

haben zum Ziel, in einem unsicheren Umfeld, zum Beispiel bei der Telearbeit, den sicheren Zugriff auf Daten zu ermöglichen und gleichzeitig den möglichen Schaden durch kompromittierte Anwender oder Systeme zu minimieren. Zum einen erfolgt dies durch eine granulare, strikte Beschränkung der Möglichkeiten: Es werden nur so viele Zugriffsrechte wie nötig erlaubt, und dies nur so lange wie erforderlich. Zum anderen wird durch starke Methoden der Nutzerauthentisierung und die Überprüfung des Zugangsgerätes sichergestellt, dass das vom Nutzer erreichbare Sicherheitsniveau zum Schutzbedarf der Daten passt. In Enterprise-Umgebungen steht der Schutz von Unternehmensdaten im Mittelpunkt. Beim Zugriff durch Mitarbeiter, Partner oder Dienstleister werden eine Kontrolle über die Zugangsgeräte sowie eine Verhaltensauswertung der Nutzerzugriffe im Allgemeinen als wichtige Sicherheitsfaktoren akzeptiert. Risikoabwägungen zwischen Effizienz, Usability, Privacy und Datenschutz können auf Unternehmensebene getroffen werden.

Erhöhte Anforderungen an Privacy und Datensouveränität

Im Gesundheitswesen geht es hingegen um den Schutz von Patientendaten. Der Zugang erfolgt dabei über die privaten Geräte von Patienten beziehungsweise mehr oder weniger sicher verwaltete Geräte bei Leistungserbringern in Praxen oder Kliniken. Entsprechend dem Verständnis hinsichtlich Privacy, Datensouveränität und Datenschutz in Deutschland und der EU sollte ein tiefgehender Eingriff in diese Geräte zur Überprüfung der Sicher-

Kein Vertrauen in Zero Trust

Privacy und Datensouveränität in Zero-Trust-Architekturen

(BS/Steffen Ullrich) Zero-Trust-Architekturen gewinnen für die IT-Sicherheit immens an Bedeutung. In Enterprise-Umgebungen fokussieren sie auf den Schutz von Unternehmensdaten. Im Gesundheitswesen oder bei Behörden gilt es hingegen, die sensiblen personenbezogenen Daten der Patienten und Bürger zu schützen, unter Berücksichtigung der Datenhoheit. Das erfordert andere Herangehensweisen.

heit vermieden werden, beispielsweise beim Zugriff auf die elektronische Patientenakte. Auch muss eine Verhaltensanalyse im Kontext von Zero Trust, wie sie bei Unternehmen-IT üblich ist, berücksichtigen, dass Zugriffsmuster gegebenenfalls bereits medizinisch relevante personenbezogene Daten darstellen. Ebenso lassen sich Patientendaten

Steffen

Foto:

betreffende Risikoabwägungen nicht treffen, ohne die Interessen der Patienten einzubeziehen. Dazu gehört auch das Risiko, dass sich kritische Dienstleister wie beispielsweise Identitätsprovider beim Betrieb einer Zero-Trust- Architektur universellen Zugriff auf Patientendaten verschaffen.

Die Problematik der hohen Anforderungen an Privacy und Datensouveränität im Gesundheitswesen ist auf Behörden und Verwaltung übertragbar. Hier geht es um den Schutz von personenbezogenen Daten von Bürgern bei der Digitalisierung von öffentlichen Vorgängen in der Verwaltung. Aber auch

mit Blick auf Enterprise-Architekturen ist es ein Gewinn, wenn die Sicherheitseigenschaften von Zero-Trust-Architekturen unter Berücksichtigung der Privatsphäre von Mitarbeitern ausreichend gewährleistet werden können. Auch Risiken durch Dienstleister, die für den Betrieb einer Zero-Trust-Infrastruktur einbezogen werden, haben an Aufmerksamkeit gewonnen. Dies ist nicht zuletzt Vorfällen geschuldet wie:

• Sicherheitslücken beziehungsweise unsicheren Prozesse bei Microsofts Management von Keys und Zugriffsberechtigungen,

• die teilweise Kompromittierung des Identitätsanbieters Okta und

• die vielfältigen Sicherheitslücken in Zugriffskontrollprodukten verschiedener Sicherheitshersteller, welche die Zuverlässigkeit der Zugriffskontrolle oder auch die Sicherheit der Endgeräte gefährdet haben.

Anforderungen im grundlegenden

Design verankern

Im Herbst vergangenen Jahres hatte die gematik als nationale Agentur für digitale Medizin ein aus deutschen Herstellern bestehendes Konsortium beauftragt, ein Feinkonzept für eine Zero-Trust-Architektur zu erarbeiten. Dieses berücksichtigt die besonderen Anforderungen des Gesundheitswesens grundlegend im Design, anstatt zu versuchen,

bestehende Designs durch Zusatzlösungen halbwegs passend zu machen. Im Konsortium, bestehend aus der genua GmbH in der Rolle des Konsortialführers, der Bundesdruckerei GmbH und der D-Trust GmbH (alle drei Unternehmen gehören zur Bundesdruckerei Gruppe GmbH) sowie der CompuGroup Medical Deutschland AG und dem Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit AISEC, brachten alle Teilnehmer ihre speziellen Erfahrungen und Fähigkeiten in die Konzeption der Architektur ein. So konnte in enger Zusammenarbeit mit der gematik ein Feinkonzept entstehen, das nicht nur sicher und privacy-freundlich ist, sondern auch einfach benutzbar, performant, skalierbar, flexibel, offen und zukunftssicher.

Datenallmacht verhindern

Eine wesentliche Anforderung war die Vermeidung von Allmacht. Das bedeutet, dass sich kein Dienstleister in der Infrastruktur universellen Zugriff auf Daten verschaffen kann. Als spezielles Risiko wurden Identitätsprovider gesehen. Deren Kompromittierung könnte dazu führen, dass ein Angreifer verschiedene Nutzeridentitäten annehmen kann. Das Problem wurde gelöst, indem der Identitätsprovider nicht alleinig über den Zugriff entscheiden kann. Es sind immer mehrere unabhängige Parteien involviert.

Im Detail heißt das, dass der Zugriff nicht nur von einem authentifizierten Nutzer, sondern auch von einem registrierten Gerät durchgeführt werden muss. Die Geräteregistrierung findet mittels einer vom Identitätsprovider unabhängigen Authentifizierung des Nutzers statt. Die separaten Zugangsprüfungen werden von einem lokalen Policy Enforcement Point in der Kontrolle des jeweiligen Fachdienstes vorgenommen, bevor ein Zugriff auf die dort vorliegenden dienstspezifischen Patientendaten beziehungsweise deren Verarbeitung erlaubt wird. Für die Speicherung sehr sensitiver Daten wie in der elektronischen Patientenakte erfolgt wie bisher zusätzlich eine client-seitige Verschlüsselung als weitere Schutzschicht.

Um tiefe Eingriffe in die Geräte der Anwender zu vermeiden, wird für die Attestierung der Sicherheit auf existierende Plattformdienste der Betriebssystemanbieter zurückgegriffen, die ohne erweiterte Rechte auf dem System benutzbar sind. Um eine möglichst hohe Vielfalt von Endgeräten bei gleichzeitig einfacher Benutzbarkeit für die Anwender zu unterstützen, sind die Sicherheitsanforderungen an den Schutzbedarf angepasst: Die eigenen Daten auf den Endgeräten der Patienten selbst werden als eine andere Risikoklasse behandelt als die Sammlung von Daten verschiedener Patienten auf den Endgeräten der Leistungserbringer.

Eine detaillierte Beschreibung der Architektur finden sich im umfangreichen Feinkonzept (160 Seiten), welches im Fachportal der gematik der Öffentlichkeit kostenfrei zur Verfügung steht.

Seite 38 IT-Sicherheit Behörden Spiegel / September 2023
Ullrich ist ITSicherheitsexperte bei der genua GmbH BS/genua GmbH

Sicherheit & Verteidigung

Warten, bis der Arzt kommt

(BS/Marco Feldmann) Bereitschaftsärztinnen und Bereitschaftsärzte sind für die Polizeien von großer Bedeutung. Denn nur sie dürfen z. B. Blutabnahmen vornehmen, wenn eine Person alkoholisiert Auto gefahren ist. Gleiches gilt für die Frage nach der Gewahrsamsfähigkeit eines Menschen. Nur die Medizinerinnen und Mediziner legen fest, ob jemand eine Nacht in der Ausnüchterungszelle verbringen kann oder nicht. Wenn es bei dieser medizinische Ressourcen zu Engpässen kommt, sind die Probleme groß.

Soetwa in Berlin. Nach Informationen des Behörden Spiegel müssen Funkwagenbesatzungen hier teilweise sehr lange vor den Gefangenensammelstellen auf Blutentnahmen oder Untersuchungen warten. Wenn diese überhaupt alle geöffnet sind bzw. ein Arzt oder eine Ärztin vor Ort ist. In der Bundeshauptstadt existieren derzeit fünf Gefangenensammelstellen. Hinzu kommt die Abschiebehafteinrichtung für Gefährderinnen und Gefährder, die laut Polizei ebenfalls zum Referat Gefangenenwesen gehört und von dessen Personal besetzt wird. Auf Anfrage räumt die Polizei Berlin aber ein, dass aus personellen Gründen derzeit nur zwei Schwerpunktgewahrsame sowie die Abschiebehafteinrichtung für Gefährderinnen und Gefährder betrieben werden könnten. Durch personelle Unterstützung aus anderen Gliederungseinheiten solle zeitnah wieder ein weiteres Gewahrsam geöffnet werden. Offen bleibt, woher das erforderliche Personal kommen soll.

Idealerweise sollte in jede der Gewahrsame zu jeder Tages- und Nachtzeit und an jedem Wochentag ein Mediziner oder eine Medizinerin vor Ort oder schnell abrufbereit sein, in der Regel in Zwölf-StundenSchichten. Dies ist laut Gewerkschaften aber keineswegs der Fall. Ein Grund für den Personalmangel, der zudem in den Leitungspositionen der Gefangenensammelstellen besteht, ist nach Gewerkschaftsangaben die nicht lukrative Bezahlung der Medizinerinnen und Mediziner. Diese führt dazu, dass sich kaum noch Ärztinnen und Ärzte zu derartigen Diensten bereiterklären. Laut Polizei Berlin bestehen momentan mit insgesamt 36 Ärztinnen und Ärzten vertragliche Ver-

einbarungen über die medizinische Versorgung in den Gewahrsamen. Dabei handelt es sich um Honorarverträge. Die Ärztinnen und Ärzte in den Gewahrsamen sind für die Polizei Berlin als freie Mitarbeitende tätig und werden nach Maßgabe der geschlossenen Honorarverträge vergütet. Die zugewiesenen Ärztinnen und Ärzte würden ihre Tagesdienste im Rahmen einer Rufbereitschaft versehen, heißt es. In den Nachtdiensten versähen sie in den zugewiesenen Gewahrsamen Präsenzdienste. Die Finanzierung der entsprechenden Ausgaben erfolge aus dem Haushalt der Polizei Berlin.

Problematisches System?

Möglicherweise verursacht aber auch das System selbst die Probleme. Denn in vielen anderen Bundesländern fährt nicht die Polizei zu den Ärztinnen und Ärzten, sondern die Medizinerinnen und Mediziner werden angerufen und kommen auf die Dienststellen, so z. B. in Niedersachsen. Dort existiert in jeder Dienststelle eine Liste von Bereitschaftsärztinnen und Bereitschaftsärzten. Diese werden von den Beamtinnen und Beamten dann angerufen, kommen auf die Dienststelle und nehmen u. a. die Blutabnahme vor.

Die Liste wird dabei von den Medizinerinnen und Medizinern selbst aktuell gehalten. Sie melden sich z. B. selbstständig ab, wenn sie nicht verfügbar sind. Die Leistungsabrechnung erfolgt dann ganz klassisch nach der zugrundeliegenden Gebührenordnung, wobei auch der Zeitpunkt der Leistungserbringung kostenrelevant ist. So sind die Gebühren feiertags höher als werktags. Das System funktioniere gut, berichtet der Landesvorsitzende der

Gewerkschaft der Polizei (GdP), Kevin Komolka Teilweise Vornahme auch in Krankenhäusern Auch in Bayern gibt es entsprechende Listen. In Ballungsräumen fahren die Polizistinnen und Polizisten teilweise auch in Krankenhäuser oder in die Rechtsmedizin (z. B. in München). Ähnlich ist es in Brandenburg, Thüringen und Nordrhein-Westfalen organisiert.

„Eine rasche Blutabnahme ist zur Beweissicherung jedoch wichtig, zumal beim Verdacht auf einen sogenannten Nachtrunk.“

Dort seien allerdings nicht immer alle Ärztinnen und Ärzte in den Kliniken kooperationsbereit, ritisiert Michael Mertens, GdP-Landesvorsitzender im bevölkerungsreichsten Bundesland.Hinzu komme, dass die Liste der verfügbaren Bereitschaftsärztinnen und Bereitschaftsärzte immer kürzer werde, weil die Vergütung nicht mehr zeitgemäß sei. Im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Aachen können Medizinerinnen und Mediziner in Zeiten außerhalb des regulären, von den Ärztinnen und Ärzten selbst gestal-

18. OKTOBER 2023 www.polizeitage.de

teten Dienstplanes über die Leitstelle des Polizeipräsidiums alarmiert werden. Dies ist z. B. tagsüber der Fall und ein Alleinstellungsmerkmal in Nordrhein-Westfalen. In Sachsen ist das System genauso gestaltet wie in Brandenburg. Auch dort finden die Blutabnahmen im urbanen Raum meist in Notaufnahmen und in ländlichen Regionen durch herbeigerufene Bereitschaftsärztinnen und Bereitschaftsärzte statt. Teilweise legen dort auch polizeieigene Medizinerinnen und Mediziner Hand an. In Baden-Württemberg wird vorrangig auf Bereitschaftsdienste gesetzt.

Sind diese Ärztinnen und Ärzte nicht verfügbar, fahren die Streifenwagen in Krankenhäuser. Gleiches gilt in Rheinland-Pfalz. Dort ist das System nach Informationen aus Kreisen der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) etabliert und erfolgreich.

Überlastung auch in Bremen

In Schleswig-Holstein kommen Ärztinnen und Ärzte je nach Örtlichkeit entweder in das Zentralgewahrsam in Kiel oder in die jeweilige zuständige Dienststelle auf dem Land. Gegen ein systemimmanentes Problem spricht das Beispiel Bremens. Auch dort alarmieren die Beamtinnen und Beamten die Medizinerinnen und Mediziner zur Dienststelle. Der Bereitschaftsdienst dafür wird über das Gesundheitsressort organisiert, ist aber massiv überlastet. Das führt – ebenso wie in Berlin – zu langen Wartezeiten. Bei der Bundespolizei schließlich gibt es auch Listen mit Honorarärztinnen und Honorarärzten, die im Idealfall auf die Dienststellen kommen. Sind diese jedoch nicht verfügbar, kontaktiert die Bundespolizei den regulären Kassenärztlichen Bereit-

schaftsdienst oder sucht eine Notaufnahme auf.

Zweite Probe nur im Einzelfall Eine rasche Blutabnahme ist zur Beweissicherung jedoch wichtig, zumal beim Verdacht auf einen sogenannten Nachtrunk. In einem solchen Fall kann mithilfe einer zweiten Blutprobe kontrolliert werden, ob zeitnah oder schon vor längerer Zeit mit dem Trinken begonnen wurde. Dadurch können Schutzbehauptungen, wie z. B. nach einem Verkehrsunfall, widerlegt und entkräftet werden. Dann behaupten Beteiligte manchmal, sie hätten aus Schreck über die Geschehnisse unmittelbar danach Alkohol konsumieren müssen.

Ein zweiter Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit von Betroffenen beziehungsweise Beschuldigten soll laut der einschlägigen Verwaltungsvorschrift jedoch nur im Einzelfall (z. B. beim Berufen auf einen Nachtrunk) und dann 30 Minuten nach der ersten Blutentnahme erfolgen. Dabei handelt es sich aber ausdrücklich nicht um eine Ausschlussfrist. In Berlin sind – zumindest offiziell –keine Fallkonstellationen bekannt, in denen eine zweite Blutentnahme im Rahmen des „Nachtrunkes“ nicht erfolgen konnte. Hört man sich bei eingesetzten Beamtinnen und Beamten um, ist anderes zu hören.

Ein zeitnahes Handeln ist natürlich wünschenswert. Denn wenn sich der Alkoholpegel zunächst noch aufbaut, spricht vieles tatsächlich für eine erst kürzlich begonnene Alkoholaufnahme. Wird der Alkohol bereits wieder abgebaut, ist das ein sicheres Indiz für einen deutlich früher begonnenen Alkoholkonsum.

Behörden Spiegel Berlin und Bonn / September 2023 www.behoerdenspiegel.de
DIGITALER POLIZEITAG
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Faeser schafft weniger Sicherheit statt mehr

Bundespolizeigesetz behindert Bundespolizei, statt zu modernisieren

(BS/Michael Brand) Die überfällige Modernisierung des 30 Jahre alten Bundespolizeigesetzes (BPolG) war in der letzten Wahlperiode auf den letzten Metern vom damaligen SPD-Innenminister aus Niedersachsen, Boris Pistorius, zu Fall gebracht worden. Nun führt die SPD erstmals seit Langem das Innenministerium im Bund und hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der für Deutschland weniger Sicherheit und für die Bundespolizei (BPOL) Blockaden im harten dienstlichen Alltag sowie bei der Modernisierung von Methoden wie Digitalisierung bedeutet.

Die Kritik aus der Praxis ist mit dem Wort vernichtend zutreffend beschrieben. Bei der so wichtigen Bekämpfung von kriminellen Schleusenden und illegaler Migration, bei der Sicherheit für Millionen Bahnreisende, bei Kooperationsmöglichkeiten mit Landespolizeien und eigenen Ermittlungsverfahren der BPOL hat die Bundesregierung statt europaweit üblicher Anpassung an die Realität einen Entwurf mit klaffenden Lücken und zusätzlichen Barrieren vorgelegt. 1994 gab es keine Smartphones, keine Messenger und keine Verschlüsselung auch krimineller Inhalte; aber im linken Milieu dieselbe Ideologie, die dieser Entwurf auch heute noch atmet.

Jedes Schulkind weiß, dass Internetverbindungen und Messenger sowie unsere über das Internet transportierte Telefonie verschlüsselt sind, also auch kriminelle Inhalte. Statt wirksame Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (OK) und deren Milliardenprofite endlich durch Überwachung an der Quelle, den Endgeräten, zu ermöglichen, blockieren SPD, FDP und Grüne die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) und signalisieren damit: Deutschland bleibt ein Paradies für kriminelle Aktivitäten, von Menschenhandel bis zu anderer OK, weil die deutsche Regierung wesentliche Modernisierungen der Verbrechensbekämpfung blockiert.

Lücke wird nicht geschlossen

Im Bereich Migration ist die Uhr des Bundesinnenministeriums (BMI) ebenfalls vor Jahrzehnten stehen geblieben. Jedem Laien ist klar, dass nach dem Wegfall der Grenzkontrollen in den 1990er-Jahren die Kontrolle der Grenze anders organisiert werden muss. Statt nun die Zuständigkeit der BPOL beim Grenzschutz nach 30 Jahren endlich anzupassen und den Raum der Zuständigkeit auszudehnen, um illegale Migration effektiv zu bekämpfen, tut das BMI so, als gäbe es die alten Grenzen noch. Das Gleiche gilt für die überfällige Zuständigkeit der BPOL für Fernverkehrsverbindungen bei illegaler Migration. Statt der BPOL Zuständigkeiten für die Beendigung illegalen Aufenthaltes zu übertragen, schließt das neue BPolG auch diese Lücke nicht.

Dass sich die BPOL auch weiterhin selbst bei festgestellten, besonderen Straftaten an die Landespolizeien wenden soll, statt selbst ermit-

Handlungsbedarf vorhanden

Bislang kaum Gesetzesanpassungen beim Verfassungsschutz

(BS/Marco Feldmann) In Bayern hat der Landtag eine Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes beschlossen. Die neue Rechtsgrundlage ist bereits in Kraft getreten. Damit werden Vorgaben mehrerer Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem vergangenen Jahr umgesetzt.

teln zu können, verschwendet die knappen Ressourcen der Polizei von Bund und Ländern für Bürokratie, statt sie für Sicherheit und Strafverfolgung freizuhalten.

Angesichts von Amok- und Terrorrisiken braucht es Regelungen zum sogenannten Finalen Rettungsschuss, bei Straftaten von erheblicher Bedeutung die Lokalisierung von Mobilfunkkarten und die für die Praxis wichtige Kompetenzerweiterung von Vergehen auf Verbrechen. Für eine Verbesserung der Unterkünfte braucht es Investitionen.

Der massive Personalzuwachs der letzten Jahre unter CDU/CSU-Innenministern wird trotz neuer Herausforderungen von der neuen BMI-Spitze nicht im notwendigen Maße fortgesetzt. Der dringend erforderliche Sachhaushalt und die IT-Ausstattung wachsen nicht mit, mit entsprechend hohen Risiken.

Rückschritt an Sicherheit

Diese und weitere Regelungen bedeuten eine Vergrößerung des Vorsprungs der kriminellen Organisationen sowie Straftäterinnen und Straftätern gegenüber der Polizei und damit einen Rückschritt an Sicherheit statt der dringend notwendigen Verringerung des Abstands.

Als wäre das nicht alles schlimm genug, hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eine unrühmliche Premiere vorgesehen: Sie stellt die eigene Polizei unter Generalverdacht. Nichts anderes ist die neue

Norm zum Racial Profiling, die null Beitrag ist gegen Diskriminierung, sondern ein Generalverdacht und Diskriminierung gegen Menschen, die Tag und Nacht für unser aller Sicherheit arbeiten. Statt neuer notwendiger Kompetenzen einigt sich die Ampel auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, sogenannte Kontrollquittungen, die Beamtinnen und Beamten beim Kontrollieren auf Verlangen ausstellen müssen. Ein Schildbürgerstreich und echtes Misstrauen der Dienstherrin gegenüber der gesamten Polizei, die wir für Freiheit, Sicherheit und Rechtsstaat in unserem Land dringend brauchen, und der 80 Prozent der Bevölkerung sehr hohes Vertrauen entgegenbringen. Faeser tut das Gegenteil, aber ideologisch gefüttertes Misstrauen gegen die eigene Polizei ist Gift für die Arbeit, auch für die Motivation.

Als CDU/CSU haben wir konkrete Vorschläge zum BPolG vorgelegt und stehen mit unserer Bevölkerung voll und ganz zu unserer Polizei – und gegen das Faesersche Desinteresse gegenüber der Bundespolizei.

Michael Brand ist Bundestagsabgeordneter der CDU/CSU und im Innenausschuss Berichterstatter für die Bundespolizei.

Die Richterinnen und Richter hatten u. a. gefordert, die „Beobachtungsbedürftigkeit“ verfassungsfeindlicher Bestrebungen nach ihrer Dringlichkeit in mehrere Stufen einzuteilen. Anhand dieser Stufen sei zu bestimmen, welche nachrichtendienstlichen Mittel eingesetzt werden könnten. „Wir haben nunmehr künftig ein fein ausdifferenziertes System zur Bewertung des von Verfassungsfeinden ausgehenden Bedrohungspotenzials, das sich auf die Kriterien stützt, die das Bundesverfassungsgericht hierfür benannt hat“, erläuterte Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Künftig komme es hier entscheidend auf die Bereitschaft zur Begehung von Straftaten, das Maß der Abschottung und den gesellschaftlichen Einfluss der jeweiligen Bestrebung an. Eingriffsintensivere Maßnahmen bedürfen außerdem in Zukunft einer vorherigen richterlichen Anordnung durch das Amtsgericht München. Dies war bisher bereits bei der Wohnraumüberwachung und Online-Datenerhebung vorgeschrieben und ist nun auch für längerfristige Observationen sowie den Einsatz verdeckter Mitarbeitender und von Vertrauensleuten erforderlich. Die Polizei darf nur bei einer konkretisierten Gefahr für höchste Rechtsgüter informiert werden. Eine Übermittlung zur Strafverfolgung setzt eine besonders schwere Straftat voraus.

Verschiedene Beobachtungsstufen eingeführt Beobachtungsbedürftig sind in Bayern darüber hinaus z. B. Bestrebungen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung, gegen Verfassungsorgane oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten. Als erheblich beobachtungsbedürftig gelten Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität (OK), geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder beobachtungsbedürftige Bestrebungen, „die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Mitglieder den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich kämpferisch-aggressiv gegen die Verfassungsschutzgüter richten“. Gleiches gilt für verfassungsfeindliche Bestrebungen, „die in erheblichem Maße oder in besonders wirkungsvoller Art Propaganda betreiben“.

Gesteigert beobachtungsbedürftig sind darüber hinaus erheblich beobachtungsbedürftige Aktivitäten, die mit der Bereitschaft zur Begehung schwerer Straftaten einhergehen. Als solche gelten Delikte, die sich z. B. gegen ein Verfassungsschutzgut oder Leib und Leben von Personen richten und mit maximal drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind. Besonders schwere Straften sind solche, die sich u. a. gegen ein Verfassungsschutzgut richten und mit einer Höchststrafe von mindestens zehn Jahren Freiheitsentzug bedroht sind.

den, an andere Stellen. In Zukunft könnten eine Reihe von nachrichtendienstlichen Maßnahmen nur noch durchgeführt werden, wenn es sich bei der aufzuklärenden verfassungsfeindlichen Bestrebung um eine erheblich beobachtungsbedürftige handelt. Auch wurden – ähnlich wie in Bayern – die richterlichen Vorabkontrollen verschärft. Zahlreiche andere Bundesländer sind noch nicht so weit. So heißt es z. B. aus Bremen, dass die Auswertung der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung und ihrer Folgen momentan noch andauere. Gleiches ist aus Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg zu hören. Dort wurde ein bis zur gesetzlichen Regelung anzuwendendes Übergangskonzept erarbeitet. Dieses sieht u. a. für besonders eingriffsintensive Maßnahmen intern das Erfordernis einer gesteigerten Beobachtungsbedürftigkeit vor. In Mainz wird im Laufe des kommenden Jahres mit einem entsprechenden Gesetzgebungsverfahren gerechnet. In Niedersachsen ist beabsichtigt, bis Ende des Jahres eine Reform in den Landtag in Hannover einzubringen. In Sachsen wird ein erster Entwurf momentan abgestimmt. Dort soll die Gesetzesnovellierung noch bis zum Ende dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden. In Berlin soll die Bundesgesetzgebung abgewartet werden.

Noch viele Vorarbeiten nötig Auch in Thüringen gibt es eine behördeninterne Weisungslage, die laut Erfurter Innenministerium direkt nach Veröffentlichung der Karlsruher Entscheidung erarbeitet und in Kraft gesetzt wurde. In Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein werden derzeit Referentenentwürfe erarbeitet. In Hamburg steht noch kein Zeitplan zur Aktualisierung des Landesverfassungsschutzgesetzes fest.

Bekämpfung von Organisierter Kriminalität und Bearbeitung von Geldwäscheverdachtsmeldungen durch den Zolltag

12. OKTOBER 2023

www.zolltage.de

In Hessen hat die Novelle zur Anpassung an die höchstrichterlichen Vorgaben bereits stattgefunden. Die Änderungen betreffen dabei laut Wiesbadener Innenministerium sowohl die konkreten Voraussetzungen einzelner Eingriffsbefugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz als auch die Schwellen zur Übermittlungen personenbezogener Daten, die mithilfe nachrichtendienstlicher Mittel erhoben wur-

Vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz ist zu vernehmen, dass Anpassungsbedarfe identifiziert worden seien und derzeit die erforderlichen fachlichen Vorbereitungen und Absprachen stattfänden. Auch in Brandenburg ist eine Gesetzesnovellierung aktuell in Planung. Dafür seien aber noch umfangreiche Vorarbeiten erforderlich. Allerdings würden bereits jetzt zahlreiche Vorgaben der Karlsruher Entscheidungen in der Verfassungsschutzbehörde des Landes berücksichtigt und im Rahmen von Verhältnismäßigkeitserwägungen umgesetzt. In Mecklenburg-Vorpommern soll ein Reformentwurf dem Landtag im kommenden Jahr zur Debatte und Beschlussfassung vorgelegt werden. Aus dem Bundesinnenministerium (BMI) ist zu vernehmen, dass derzeit die Neuregelung der Übermittlungsbefugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) im Vordergrund stehe. Denn die bisherigen Regelungen sind nur noch bis Jahresende anwendbar. Deshalb wird momentan innerhalb der Bundesregierung ein Gesetzentwurf dazu abgestimmt. Die Gesamtreform soll unterdessen in einem zweiten Teil mit einem weiteren Gesetzentwurf abgeschlossen werden. Das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) berichtet unterdessen als erste Verfassungsschutzbehörde in seinem jüngsten Jahresbericht unter der Überschrift „verschwörungsideologischer Extremismus“.

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 40 Innere Sicherheit
Foto: BS/Tobias Koch Der Entwurf für ein novelliertes Bundespolizeigesetz (BPolG) wird von der Opposition und aus der Praxis kritisiert. Foto: BS/Gerhard Seybert, stock.adobe.com

PMRExpo 2023

Europäische Leitmesse für sichere Kommunikation

(BS/Markus Majerus*) Die PMRExpo, die europäische Leitmesse für sichere Kommunikation, findet vom 28. bis 30. November 2023 wieder in Köln statt. Die Koelnmesse organisiert die Fachmesse als Veranstaltungspartner unter der ideellen Trägerschaft des PMeV – Netzwerk sichere Kommunikation. Auf der PMRExpo treffen sich jährlich Anwender aus Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), Kritischen Infrastrukturen (KRITIS), Logistik, Industrie und weiteren Branchen, um sich über Produkte, Lösungen und aktuelle Innovationen aus dem Bereich der sicheren einsatz- und geschäftskritischen Kommunikation zu informieren und auszutauschen.

Gewalt gehört nicht zur Jobbeschreibung

Selbstschutz beginnt schon im Kleinen

(BS/bk) Angriffe auf Staatsbedienstete im Allgemeinen und auf Polizeibeamtinnen und -beamte im Besonderen geschehen tragischerweise in regelmäßigen Abständen. Auf der einen Seite gestaltet sich die Suche nach den Gründen und Ursachen schwierig, auf der anderen Seite kann viel für den Selbstschutz getan werden. Schon mit einfachen Maßnahmen kann viel gemacht werden, wie die Sprecherinnen und Sprecher des Polizeitages Düsseldorf, einer Tagung der GdP und des Behörden Spiegel, bewiesen.

Begleitet wird die PMRExpo von einem dreitägigen Summit, der in Vorträgen, Diskussionen und interaktiven Beiträgen ein breites Spektrum aktueller Herausforderungen und Lösungen aufgreift.

Am ersten Tag des Summits stehen die Themen private Breitbandnetze und 5G-Campusnetze im Kontext von Industrie 4.0 im Mittelpunkt.

Am zweiten Tag werden die aktuellen Herausforderungen für KRITIS und BOS behandelt und verschiedene Lösungsansätze erläutert und diskutiert. Der dritte Tag des Summits widmet sich den Leitstellen.

Hier stehen unter anderem Themen wie Resilienz, Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) zur Entscheidungsunterstützung und Augmented Reality für Einsatzkräfte im Fokus.

Erstmalig mit Hackathon

Erstmalig findet auf der PMRExpo zudem der Hackathon@PMRExpo statt. Teilnehmende haben die Gelegenheit, KI-unterstützte Lösungen

zu entwickeln, die das Krisenmanagement optimieren, die Entscheidungsfindung unterstützen und die Effektivität der Kommunikation in kritischen Situationen erhöhen können. Von einem Chatbot für Notfallmaßnahmen bis hin zur Überwachung und Analyse Sozialer Medien in Krisenzeiten – die Möglichkeiten sind vielfältig und innovativ.

Vielfältige Möglichkeiten zum Networking und Austausch bietet auf der Leitmesse die Connecting Area. Neben einem umfangreichen Vortragsprogramm erwartet Ausstellende, Fachbesuchende, Start-ups und Medienvertretende in der Area auch ein gastronomisches Angebot.

Weitere Informationen unter: www.pmrexpo.com

Attacken auf Einsatzkräfte

Finanzielle Angriffsentschädigung verlangt

(BS/mfe) Der Berliner Landesverband der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) verlangt die Zahlung einer Angriffsentschädigung für alle Kräfte, die im Einsatz angegriffen oder beleidigt werden. Und das unabhängig von der Frage, ob sie verbeamtet oder tarifbeschäftigt sind. Denn die Gewalt gegen Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes nimmt weiter zu. Gleichzeitig nimmt die Wertschätzung ab.

Die Entschädigungssumme sollte

2.000 Euro pro Fall bei körperlichen Angriffen betragen. Im Falle von Beleidigungen sollten jeweils

1.000 Euro gezahlt werden, findet der Berliner DPolG-Landesvorsitzende Bodo Pfalzgraf. Die Behörde müsse von Amts wegen die Prüfung übernehmen und unmittelbar zahlen, sofern alle Bedingungen erfüllt seien.

Zu den Voraussetzungen gehört, dass es sich um Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr oder Ordnungsämtern handelt, die in Ausübung ihres Dienstes oder infolge der Amtsausübung durch eine rechtswidrige Tat geschädigt werden. Außerdem sollte die Zahlung unabhängig von der Schwere der Verletzungen oder eventuellen Schmerzensgeldern sein. Eine weitere Bedingung ist ein abgeschlossenes Strafverfahren. Die jeweilige Dienstbehörde bleibt ungeachtet dessen durch die DPolG

„Polizisten sind auch das Gesicht des Staates“, erklärte Herbert Reul (CDU), Minister des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen. Die meisten – auch in anderen Teilen des Öffentlichen Dienstes – verrichteten ihren Dienst gerne. Doch es sei etwas durcheinandergekommen. Die Gewalt gegen Bedienstete habe zwar schon vor der Corona-Pandemie zugenommen, aber durch diese habe die Gewalt eine neue Qualität gewonnen. Ein Blick in das Lagebild von 2022 spreche dabei Bände, so Reul Der Innenminister appellierte an alle Beamtinnen und Beamte, dass diese jeden Angriff zur Anzeige bringen sollten. „Die Dimension muss ersichtlich werden“, sagte Reul. Man solle sich nicht von Richtern oder Staatsanwälten abwimmeln lassen. „Nur weil man Polizist ist, heißt das nicht, dass man Gewalt aushalten muss“, zeigt sich der CDU-Politiker überzeugt. Die Landesregierung tue viel, um Angriffe zu verhindern. So habe man im kommenden Jahr erstmalig 41.000 Polizistinnen und Polizisten im Dienst. Zudem sagte Reul, dass die Landespolizei NRW die am besten ausgerüstete Polizei in Deutschland sei. Dennoch könnten Angriffe nie zu 100 Prozent verhindert werden. Es brauche aber auch Initiativen wie „Sicher im Dienst“, um etwas zu bewegen. „Kleine Dinge machen, nicht nur große Dinge ankündigen“, meinte Reul

Jeder soll sicher sein

Das haben sich Alexandra Dorndorf, Polizeipräsidentin von Münster, und Andre Niewöhner, Polizeioberrat und Projektleiter des Präventionsnetzwerks „Sicher im Dienst“, zu Herzen genommen. Mit

ihrem Netzwerk wollen die beiden den Selbstschutz im Öffentlichen Dienst verbessern. Man arbeite mit dem Netzwerk ein gesamtgesellschaftliches Symptom ab, das es eigentlich nicht geben dürfe, so Dorndorf. Dabei ist es Absicht, sich nicht nur auf die Polizei zu konzentrieren, sondern den gesamten Öffentlichen Dienst in den Blick zu nehmen.

Man wolle eine starke Gemeinschaft, sagte Niewöhner. „Wir wollten keine Gruppe ausschließen, weil die Leute, die in der Schule auffallen, im Bus auffallen, auch der Polizei auffallen“, sagte er. Man wolle sich einmischen, wenn aus dem Netzwerk Probleme identifiziert würden. Konkret bietet das Netzwerk Schulungen und Trainings an, um die eigene Handlungssicherheit zu fördern. Es werden Konzepte oder Unterstützungsmaterialen wie der Präventionsleitfaden erarbeitet. „Die Organisationen sollen bei sich selbst beginnen“,

sagte Niewöhner. Dies könne einfache Maßnahmen umfassen wie das Verräumen von Gegenständen, die als Waffe genutzt werden könnten. Besonders in der Pflicht sieht der Polizeioberrat die Führungskräfte, was Vor- und vor allem Nachsorge betrifft. Und auch Dorndorf betonte: „Jeden Angriff zur Anzeige bringen. Jeder im ÖD hat das Recht, sicher zu sein.“

Berlin aufgefordert, alle angefallenen Kosten bei den Verursachenden einzuklagen. Eine ähnliche Forderung hatte kürzlich die DPolG Hamburg erhoben.

In Hessen existiert eine Angriffsentschädigung schon seit dem 1. Dezember 2021. Voraussetzung ist, dass Beamtinnen und Beamte durch einen Angriff verletzt wurden. Eine weitere Anspruchsvoraussetzung ist das Vorliegen einer Verletzung mit Krankheitswert als Dienstunfallfolge. Die Leistung wird entsprechend auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Öffentlichen Dienst gewährt. Zugleich wurde die Angriffsentschädigung laut Wiesbadener Innenministerium im Erlasswege auf bestimmte Ehrenamtsgruppen übertragen.

Dazu gehören u. a. die Freiwillige Feuerwehr, Einheiten des Katastrophenschutzes, kommunale Beigeordnete sowie Mandatsträger.

Schutz durch Ausrüstung Zwar ist nach den Worten von Reul die Landespolizei NRW die am besten ausgerüstete Polizei, doch Michael Mertens, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Nordrhein-Westfalen, sieht eine Zweiklassengesellschaft bei den Kreispolizeibehörden (KPB) im Land, was die Sicherheit im Dienst angeht. So kritisierte er, dass 18 KPB mit Distanzelektroimpulsgeräten (DEIG, umgangssprachlich Taser) ausgestattet seien. 29 KPB hätten noch keine. Dabei sei dies ein probates Einsatzmittel. Deshalb müssten diese flächendeckend eingeführt werden, forderte Mertens Ebenso würden die Bodycams zum Schutz der Polizeibeschäftigten beitragen. Aber auch hier gebe es Verbesserungspotenzial. So hätten die Kameras noch keinen Einzug ins Einsatztraining gehalten. Hier gelte es mit dem Training beim DEIG gleichzuziehen. Dies müsse der nächste „zwingende“ Schritt sein, so Mertens. Dann werde dieses Einsatzmittel auch häufiger eingesetzt, zeigte sich der Gewerkschaftsführer überzeugt. Außerdem brauche es eine politische Diskussion darüber, was man mit den Bodycams erreichen wolle. Für Mertens steht jedoch fest, dass das Prerecording eingeführt werden muss.

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 41 Innere Sicherheit
POLIZEITAGE 2023 VIEL VERGNÜGEN? Cannabislegalisierung und deren Herausforderung GEWALT GEGEN POLIZISTINNEN UND POLIZISTEN 19. Oktober 2023 5. Dezember 2023 München Hyperion Hotel Dresden Penck Hotel www.polizeitage.de www.polizeitage.de
* Markus Majerus ist Kommunikationsmanager bei der Koelnmesse GmbH. Jeden Angriff zur Anzeige bringen – das forderte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) auf dem Polizeitag in Düsseldorf. Seit 2009 findet die PMRExPo in Köln statt. Foto: BS/Thomas Ecke Alexandra Dorndorf, Polizeipräsidentin von Münster, und Andre Niewöhner, Projektleiter des Präventionsnetzwerks „Sicher im Dienst“, zeigen sich überzeugt, dass Gewalt nicht zum Berufsalltag von Polizeiangehörigen gehören darf. Fotos: BS/Biskup-Klawon

Auf der Einkaufsliste stehen: 20 Liter Wasser, vier Kilogramm Gemüse, 2,5 Kilo Obst, 1,2 Kilogramm Fleisch, Fisch etc. und noch einiges mehr. Das sind zumindest die Mengen, die der Vorratskalkulator des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) für einen Einpersonenhaushalt über zehn Tage empfiehlt. Die empfohlenen Produkte in der Spalte daneben sind allesamt lange haltbar und mit einer kleineren Menge frischen Obsts somit gut auf Vorrat kaufbar. Das ist schließlich auch der Hintergedanke eines privaten Notfallvorrats, auch wenn noch lange nicht jeder die entsprechenden Reserven zu Hause im Keller oder Schrank stehen hat.

Neben der privaten Lebensmittelvorsorge gibt es aber auch noch die Vorsorge auf staatlicher Ebene. Mit der Nahrungsmittelvorsorge kann der Staat kurzfristig auf Krisen reagieren und einen Beitrag zur Daseinsvorsorge leisten. Zum Einsatz kamen die Notvorräte der Regierung in den letzten Jahrzehnten glücklicherweise nicht, denn selbst während der Jahrhundertflut im Ahrtal und während der gesamten Corona-Krise kam es nie zu einer Lebensmittelknappheit.

Kondensmilch und Getreide

Die staatlichen Reserven gestalten sich verständlicherweise auch etwas weniger vielfältig, als es die privaten Notfallreserven tun, oder es zumindest empfohlen wird. Zum einen lagert der Staat in der Bundesreserve Getreide wie Weizen, Roggen und Hafer ein, das zu großen Teilen im Falle einer Krise zu Mehl verarbeitet werden kann. Damit soll die Brotversorgung sichergestellt werden. Neben diesen Getreidevorräten werden noch Vorräte an Reis, Erbsen, Linsen und Kondensmilch gelagert. Letztere wird dabei nicht durch die Regierung eingelagert, sondern vertraglich von Produzenten zurückgehalten und im Ernstfall zur Verfügung gestellt.

Eine lange vorhaltene und ausgewogene Ernährung ist mit diesen Notfallreserven nicht wirklich möglich. Dafür sind diese Reserven aber auch nicht vorgesehen, sondern um kurzfristige Engpässe bei der Versorgung mit Lebensmitteln zu überbrücken. Angaben, wie lange die Vorräte in einer Krise reichen würden, variieren stark. Laut Website des BMEL reichen die eingelagerten Nahrungsmittel jedoch je nach Ration, der Anzahl der zu

Badegewässer in der EU müssen von Mai bis September mindestens einmal monatlich untersucht werden, um deren hygienische Qualität festzustellen – dabei werden auch Untersuchungen hinsichtlich der Belastung des Wassers mit Cyanobakterien vorgenommen. Die derzeitigen Beprobungsintervalle reichen oftmals nicht aus, um an Gewässern mit sehr dynamischem Algenwachstum die Sicherheit von Badenden sowie Haus- und Nutztieren zu gewährleisten.

Effiziente Analysen mit Bildern aus dem All Satellitengestütztes Gewässermonitoring ist eine Möglichkeit, um Badeseen und Flüsse regelmäßig und es repräsentativ zu überwachen und wird bereits in einigen Bundesländern eingesetzt. Die Firma Planet liefert nahezu täglich hochauflösende Satellitenbilder, die EOMAP in anwendungsfreundliche Analyse-Systeme einbindet. So können Flüsse und Seen flächendeckend per Mausklick überwacht, Informationslücken geschlossen und die Sicherheit der Bevölkerung

Volle Silos

Staatliche Notfalllebensmittelvorräte

(BS/sr) Der Schutz der Bevölkerung ist die wichtigste Aufgabe des Staates. Dabei gilt es nicht nur, den direkten Schutz gegen feindliche Kräfte, von Natur oder Menschen geschaffene Katastrophen zu stellen, sondern auch, dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung nach diesen Katastrophen überleben kann. Dafür braucht es Lebensmittelvorräte.

gestellt werden. Dann erhalten die zuständigen Ämter und Ministerien die nötigen großen Befugnisse zum Eingriff in Lebensmittelverteilung und -produktion, um die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen. Die Einlagerung durch die Bundesregierung wird hier nur als unterstützende Leistung festgehalten. Die Ausgabe der gelagerten Lebensmittel muss eigentlich ebenfalls vom Bund beschlossen werden, die Länder können aber per Anfrage an das Bundesministerium herantreten und um Waren aus den Notvorräten bitten.

Weiterverkauf

Das BMEL ist allerdings nicht für die Kontrolle der Notvorräte zuständig. Diese Aufgabe fällt der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zu. Die BLE ist auch Partner bei den Verträgen mit privatwirtschaftlichen Unternehmen über ihre Lagerstätten. Die Aufgaben der Bundesanstalt umfassen neben der Beschaffung der Vorräte auch deren Überprüfung. Dafür führt die Bundesanstalt im Abstand von vier bis sechs Wochen Kontrollen in den Lagerstätten durch, bei denen nicht nur die eingelagerte Ware überprüft wird, sondern auch der Zustand des Lagers auf Sauberkeit und bauliche Mängel. Nach zehn Jahren der Lagerung werden die Bestände an Getreide und Hülsenfrüchten ausgetauscht. Zu diesem Zeitpunkt entsprechen die Waren noch den lebensmittelrechtlichen Anforderungen, sodass sie weiterverkauft werden und wieder in Umlauf gebracht werden können.

Bei der Kondensmilch folgt der Lagerprozess einem anderen Zeitplan. Hier gibt es Verträge mit Unternehmen, die sich die dazu verpflichten, immer ein gewisses Kontingent für den Bund bereitzuhalten. Dadurch entfallen die Anmietung von Lagerräumen und der Austausch der Ware durch die BLE. Ein Umstand, der auch Kosten spart. Die Kosten für die Einlagerung der Lebensmittel sind im Haushalt des BMEL wiederzufinden und beliefen sich 2023 auf 27 Millionen Euro.

verpflegenden Personen und je nach Produkt zwischen wenigen Tagen bis zu mehreren Wochen.

Warum gerade diese Lebensmittel zu Einlagerung ausgewählt wurden, lässt sich zwar durch ihre Nährwerte beantworten, aber eine größere Rolle spielt die Lagerfähigkeit der Produkte, die höher, als bei den

meisten anderen Produkten, ausfällt und daher nicht so häufig gewechselt werden muss.

Nur in der Krise Gesetzlich beruhen die Lagerung und alle weiteren Maßnahmen zur Nahrungsversorgung der Bevölkerung auf dem Gesetz zur Neu-

regelung des Rechts zur Sicherstellung der Ernährung in einer Versorgungskrise. Das Gesetz gibt in einem Spannungsfall weitere Möglichkeiten zur Sicherstellung der Ernährung der Bevölkerung. Ein solcher Spannungsfall muss, allerdings – sofern möglich – durch den Bundestag und Bundesrat fest-

Satellitendaten warnen vor toxischen Badeseen

Wassermonitoring aus dem All

(BS/Michael Grubb*) Der Klimawandel setzt den Ökosystemen deutscher Gewässer schwer zu. In den letzten Jahren kommt es daher immer häufiger zu explosionsartigem Wachstum toxischer Algen und Cyanobakterien. Diese können Menschen und Tiere gefährden, die mit dem kontaminierten Wasser in Berührung kommen.

erhöht werden. Mecklenburg-Vorpommern kooperiert seit 2022 mit Planet und EOMAP, um Badestellen mithilfe von satellitengestütztem Gewässermonitoring via „eoApp“ zu überwachen. Mit mehr als 2.000 Seen hat das Bundesland diesbezüglich eine große Verantwortung, jedoch nicht die Kapazitäten, regelmäßige Messungen vor Ort vorzunehmen.

Auch wenn diese Notfallvorräte kurze Zusammenbrüche der Versorgung überbrücken können, so sind sie kein Ersatz für die Einrichtung zumindest eines kleinen privaten Vorrates, auch wenn nicht jeder die empfohlenen Mengen für zehn Tage in seinen privaten Räumlichkeiten lagern.

Umwelt Mecklenburg-Vorpommern, bezeichnete die satellitengestützten Messungen als „Quantensprung” bei der Überwachung von Oberflächengewässern. „Im Vergleich zur früheren traditionellen Messmethode erhalten wir mindestens zehnmal so viele valide Messwerte pro Saison“, berichtete Kohlhas im März 2023.

Abgeleitete Messungen von 8-Band-Satellitendaten, bereitgestellt von EOMAP. Sie zeigen den Zustand des Wassers vor (9. Mai 2022) und während der Algenblüte (6. August 2022) im Massower See, Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, Mecklenburg-Vorpommern.

In dem Projekt ergänzen aktuelle Satellitendaten bereits vorhandene Erkenntnisse. Zudem wurde ein Kurzzeit-Warnsystem für toxische Algen entwickelt, sodass an betroffenen Gewässern rechtzeitig vor den Gefahren gewarnt werden kann oder Gewässer bei stärkerem Befall gar gesperrt werden können.

Eckhard Kohlhas, Referatsleiter im Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und

Die Seenplatte ist sicher Das Beispiel Mecklenburg-Vorpommern zeigt, dass ein satellitengestütztes Monitoring-System zur regelmäßigen Messung der Wasserqualität äußerst sinnvoll und schon heute umsetzbar ist. Somit können wichtige Überwachungslücken ohne Personaleinsatz geschlossen werden.

Referatsleiter Kohlhas fasst zusammen: „Angesichts der steigenden Probleme mit toxischen Algen ist die Nutzung täglicher satellitengestützter Informationen ein wichtiger Faktor zum Schutz unserer Badegäste.“

*Michael Grubb ist EMEA Regional Marketing bei der Planet Labs Germany GmbH.

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 42 Katastrophenschutz
Grafik: BS/Planet Labs GmbH Die Notreserven an Erbsen und Reis werden sackweise in angemieteten Lagerhallen aufbewahrt, bis sie gebraucht oder "gewälzt", also durch neue Ware ersetzt werden. Fotos: BS/BLE Eine große Menge Weizen, die im Bedarfsfall zu Mehl weiterverarbeitet werden kann.

Behörden Spiegel: Ist der Hype um Drohnen vorbei?

Dirk Aschenbrenner: Wir haben noch gar nicht richtig angefangen. Ich würde sagen, die Zeit der Pioniere ist ein bisschen vorbei. Der Gruß aus der Küche ist quasi verspeist und wir befinden uns bei einem Fünf-Gänge-Menü.

Was wir im Moment mehrheitlich haben, ist das Aufsteigenlassen einer Kamera. Letztendlich hat man ein Fluggerät gefunden, das so sicher und gut zu bedienen ist, dass man es mit zu einer Einsatzstelle nehmen kann und damit ein Bild von oben bekommt. Das ist in der Fläche am meisten verbreitet. Das Potenzial ist natürlich deutlich größer.

Robert Grafe: Mittlerweile geht es in eine reguläre Nutzung. Man sieht, dass sich die Drohne zum Standardeinsatzmittel entwickelt hat. Das heißt aber nicht, dass die Nutzung diese Systeme und auch das taktische Vorgehen, so wie es jetzt ist, ewig Bestand haben wird. Ich glaube auch, da gibt es noch größere Entwicklungspotenziale.

Behörden Spiegel: Drohnen sind flächenmäßig breit im Einsatz. Aber werden diese nach ihren Möglichkeiten eingesetzt oder werden sie nur gestartet, weil man eben eine hat?

Grafe: Auf der einen Seite haben wir die rein technischen Komponenten. Auf der anderen Seite haben wir das Kennenlernen der Technik und die Anwendung des technischen Systems. Das hat natürlich eine gewisse Lernkurve erfordert, beziehungsweise erfordert es immer noch. Gerade bei Fragen des taktisch richtigen Vorgehens wird immer noch gelernt. Natürlich haben die ersten Pioniere bei mehr oder weniger null angefangen. Ich stand bei meinem ersten Drohneneinsatz während eines Großbrandes vor den Fragen: Wie gehe ich da jetzt ran? Was braucht der Einsatzleiter, der das System auch noch nicht kennt? Denn die Führungskräfte mussten auch erst verstehen, was das System liefern und welchen Mehrwert man daraus ziehen kann. Also dieser taktische Einsatz – wel-

Der Gruß aus der Küche ist vorbei

Die Zukunft von Drohnen und des DRZ

(BS) Bei Schadenslagen sind sie allgegenwärtig. Auch die Verbreitung nimmt stetig zu. Doch die Entwicklung von Drohnen sei lange noch nicht abgeschlossen, sagen Robert Grafe, Geschäftsführer des Deutschen Rettungsrobotikzentrums

(DRZ), und Dirk Aschenbrenner, Leiter der Feuerwehr Dortmund und 1. Vorsitzender des DRZ. Wo die Reise hingeht, erklären sie im Interview. Die Fragen stellte Bennet Biskup-Klawon.

che Perspektive, welche Zeit, welche Intervalle, welcher Rhythmus, welche Qualität, welcher Fokus – ist einer gewissen Lernkurve auf auf beiden Seiten unterworfen: derjenigen, die es in den Einsatz bringen und derer, die die Informationen dann erhalten. Im Moment ist es so, dass es noch keinen wirklichen Standard gibt. Daran arbeiten wir im DRZ. Sprich einsatztaktische Schulungen und Standardisierung.

Aschenbrenner: Das ist gar kein seltenes Phänomen. Das ist durchaus vergleichbar mit der Einführung des Hohlstrahlrohrs oder der Überdruckbelüftung. Häufig werden Technologien von Anbietern auf den Markt gebracht, die durchaus Vorteile bieten und sich am Ende durchsetzen.

In der Regel wird die taktische Schulung nicht mit angeboten, sondern es gibt das Gerät und, wenn es hochkommt, noch eine Bedienerschulung. Und das ist bei den Drohnen oder insgesamt bei neuen Technologien häufig so. Da kommt die Technologie, die auch gut ist, die vielleicht auch mit dem Gedanken einer Gesamtkonzeption entwickelt wurde. Aber das Konzept ist noch nicht rund.

Auch beim Hohlstrahlrohr hat es Jahre gedauert, bis man neben der Bedienerschulung dann auch eine taktische Schulung entwickelt hatte, die in der Fläche angeboten wurde, und man taktische Einsatzgrundsätze festgelegt hatte. Ich halte es für wichtig, das möglichst parallel zu tun. Das ist auch eine Aufgabe, die sich das DRZ vorgenommen hat. Dafür muss man erst mal Strukturen schaffen. Das ist auch nicht so easy. Bei Innovationen sehen wir häufig, dass die Taktik der Technik folgt. Eigentlich müsste man den Prozess

Robert Grafe (rechts) und Dirk Aschenbrenner zeigen sich überzeugt, dass die Zeit der Pioniere der Rettungsrobotikentwicklung vorbei ist. Foto: BS/Biskup-Klawon

mal umdrehen, das wird aber noch eine Zeit lang dauern, bis man so weit ist. Ich kann das nur unterstützen, da ist noch eine Menge Luft nach oben, die auch gefüllt werden muss, damit die technischen Geräte auch wirklich optimal eingesetzt werden und ihren Mehrwert bringen. Behörden Spiegel: Wie wird das DRZ momentan finanziert? Wie wird es mit dem DRZ weitergehen?

Grafe: Wir stehen jetzt nach der positiven Evaluation des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in der zweiten Förderphase. Diese geht noch bis Ende 2026.

Wir sind jetzt in einem Prozess, das DRZ wirtschaftlich auf eigene Füße zu stellen, denn das klare Ziel ist, dass das DRZ als Transferinitiative über diese Förderung hinaus besteht. Das heißt, wir arbeiten auch an Geschäftsmodellen, um es mal so zu formulieren, bei denen sicherlich Forschung und auch Forschungsförderung immer noch eine Rolle spielen wird. Aber auch die Themen der Mitgliedschaften, der Schulung und der Zertifizierung werden eine größere Rolle spielen als jetzt. Wir betreiben hier am Standort in Dortmund eine sehr große Versuchsinfrastruktur, die natürlich dann auch zum Zwecke der Refinanzierung für Externe, für Versuche, für Schulungen, für Veranstaltungen nutzbar gemacht wird. Das ist ein Prozess, in dem wir jetzt stehen. Da sind wir noch nicht am Ende, haben aber erste Schritte gemacht.

Behörden Spiegel: An welchen Projekten wird aktuell gearbeitet?

Grafe: Wir arbeiten jetzt an drei größeren Forschungsprojekten mit. Zwei sind national gefördert und eins ist international, also EU-gefördert. Das europäische Ausland ist auch ein Bereich, in den wir uns ausdehnen wollen. In den Projekten geht es in verschiedenen Ausprägungen um das, was wir eben schon angerissen haben, also um Forschung mit Plattformen. Beispielsweise geht es in den EU-Projekten viel um Daten und Datenverarbeitung. Wie kann man aus großen Datenmengen gewisse Vorhersagen machen? Wie kann man Informationen generieren? Das sind die großen Schwerpunkte mit unterschiedlichen Szenarien. Da geht es teilweise dann um Unwetter oder CBRN-Gefahren.Wir als DRZ selbst betreiben keine Grundlagenforschung, sondern wir machen im Grunde immer die Feldversuche und Praxistests.

Aschenbrenner: Wir kümmern uns zudem auch um entsprechende Qualifizierungsangebote, da wir das Alleinstellungsmerkmal mit unseren Möglichkeiten innerhalb der Übungshalle samt einem der großen deutschen Capture-Systeme haben, mit dem man sehr genau nachvollziehen kann, wie Flugbewegungen beispielsweise gesteuert werden.

Auch auf unserem Außengelände, mittlerweile mit Brandfläche und Wasserfläche, können Drohnen und Robotik am und im Wasser getestet und dort mit diesen trainiert werden. Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass man diese Trainings auch in realer Einsatzumgebung macht. Außerdem planen wir kleine, kostenlose Online-Formate, bei

denen Ergebnisse vorstellt werden können.

Wir wollen Rettungsrobotik-Tage als Praxis-Tage installieren, idealerweise auf der 112 Rescue in Dortmund, damit man die räumliche Nähe nutzt. Hier kommen viele Menschen hin, die sollen Robotik auch erleben und ausprobieren können.

Und das Zweite ist, dass wir einen Kongress zur Rettungsrobotik etablieren wollen, um diesen Austausch, die Vernetzung und die Nutzung dieser Plattform weiter voranzutreiben und die Rettungsrobotik näher an die Anwender zu bringen. Dafür braucht es Formate und Schnittstellen gleichzeitig, immer mit der Herausforderung, dass wir am Ende damit auch Geld verdienen müssen, um uns dann über Wasser zu halten.

Behörden Spiegel: Was kommt in Zukunft im Bereich der Rettungsrobotik auf uns zu?

Aschenbrenner: Die Kriterien sind relativ klar: Es geht immer um Geschwindigkeit, um Präzision und letztendlich auch um eine gewisse Einsatzqualität. Wenn ich mir z. B. die Herausforderung eines Waldbrands angucke, da hat man immer das gleiche Problem: Ein Waldbrand entsteht, dann wird er entdeckt und dann wird die Feuerwehr auf dem Boden alarmiert und wird dahin geschickt, wo der Meldende den Rauch wahrgenommen hat. Wenn man sich mit einem Waldbrand beschäftigt, dann weiß man, der verläuft immer leicht keilförmig. Wenn man die Keilspitze als Erstes löscht, dann bricht im Prinzip an den Rändern das Feuer relativ schnell zusammen.Das heißt, es kommt sehr darauf an, dass die ersten Kräfte sehr schnell an die richtige Stelle kommen. Denn zu Beginn kommen nicht gleich zehn Löschflugzeuge, sondern immer das erste Löschfahrzeug. Das muss an die richtige Stelle geschickt werden. Das ist ein gutes Anwendungsbeispiel für vorauseilende Drohnen. Wenn wir allein über vorauseilende Drohen dahin kommen, dass die Drohne dem Löschfahrzeug am Boden sagt: „Das ist genau die Stelle, wo du dein Wasser hinbringen musst.“ Dann könnte man vielleicht eine ganze Reihe großer Waldbrände verhindern. Noch besser wäre natürlich eine Entwicklung von Drohnen, die auch Löschmittel dabei haben. Dann können diese das Löschmittel sofort selber ausbringen. Eine Drohne in der Luft kann natürlich viel schneller an dieser Stelle sein als ein Fahrzeug auf dem Boden. Wenn solche Technologien helfen, frühzeitig Schadensereignisse so klein zu halten, dass sie eben nicht mehr zu Katastrophen werden, ist schon viel geholfen. Dafür muss am Ende Geld da sein. In erster Linie scheitert es nicht mehr an den technologischen Grenzen, sondern weil finanzielle Mittel da nicht hinfließen lässt.

Seite 43 Autonome Systeme Behörden Spiegel / September 2023
fokusthema „KRITIS und Kommunen“ in zusammenarbeit mit dem deutschen städte- und gemeindebund www.protekt.de 24. und 25. Oktober 2023

Mit diesem Führungsleitstand kann das Fahrzeug auf eine Entfernung von bis zu 2.500 Metern ferngeführt werden. Es werden gleichzeitig Drohnen mit Wärmebildkameras aus dem Fahrzeug heraus zum Einsatz gebracht, um das Einsatzgebiet des Roboters zu erkunden und dem Operator einen besseren Überblick über die Situation zu ermöglichen.

Die Feuertaufe des Systems ließ auch nicht lange auf sich warten, als die speziell dafür innerhalb der Feuerwehr gegründete Ausbildungsgruppe zum ersten Einsatz,

Drohnen und Roboterfahrzeuge

Fester Bestandteil der Feuerwehren im Landkreis Vechta

(BS/Carsten Lauterfeld*) Als im Jahr 2017 die Anfrage der Firma Alpha Robotics Germany GmbH & Co. KG unter ihrem Geschäftsführer Oliver Rasche an die Feuerwehr der Stadt Lohne im Landkreis Vechta herangetragen wurde, einen sich in der Entwicklung befindlichen taktischen Einsatzroboter mitzuentwickeln und zu testen, wurde dies von einigen Feuerwehrleuten sowohl mit großer Neugier als auch teilwiese mit großer Skepsis aufgenommen. Die Führung der Lohner Feuerwehr allerdings entschied sich dann recht schnell dafür. So wurde im September 2019 der erste Prototyp eben jenes taktischen Einsatzroboters in Einheit mit einem mobilen Führungsleitstand in einem Mercedes Sprinter in Dienst gestellt.

einem Industriebrand im benachbarten Quakenbrück, ausrücken musste. Es folgten im weiteren Verlauf der Erprobung mehrere Einsätze in verschiedenen Umgebungen.

Vom Moorbrand über diverse Industriebrände bis hin zu Gefahrguteinsätzen wurde der Einsatz des taktischen Einsatzroboters Wolf R1 in den Feuerwehren des Landkreises Vechta durchweg positiv bewertet. Auch überregional konnte das Fahrzeug bereits erfolgreich eingesetzt werden, beispielsweise bei einem Brand in einem munitionsbelasteten Waldgebiet auf dem Truppenübungsplatz Bergen-Munster.

Der wohl prominieste Einsatz fand im vergangenen Sommer im Grunewald in Berlin statt. Zu Einsätzen dieser Art ist das gesamte System mittlerweile landesweit durch den Einsatzzug „spezielle Fähigkeiten Ferngeführte Systeme und Robotik“ der Kreisfeuerwehr Vechta in

Kooperation mit dem Land Niedersachsen alarmierbar.

Das System trägt nicht nur zur Verringerung von Gefahren für die eingesetzten Kräfte bei, es erleichtert auch die Arbeit der Feuerwehrkräfte aufgrund seiner hohen Leistungsdaten bei kompakter Größe außerordentlich.

Zwischenzeitlich wurde der taktische Einsatzroboter nicht nur ausgetauscht und auf den aktuellen Stand der heute in Serie am Markt verfügbaren Systeme gebracht, es entstanden in der bis heute andauernden Erprobungssituation zwischen Alpha Robotics und der Kreisfeuerwehr Vechta auch noch weitere Produkte. Beispielsweise das Alpha TacticNet. Hierbei handelt es sich um eine multifunktionale Einsatzstellenvernetzung, die es den Einsatzkräften ermöglicht, im Livebetrieb auf Informationen wie zum Beispiel Live-Videostreams

und Bilder von Drohnen zuzugreifen, Fahrzeugpositionen auf einer digitalen Einsatzstellenkarte nicht nur zu sehen, sondern auch Befehle an die Fahrzeuge zu übermitteln. Somit entsteht für die Einsatzleitung nicht nur ein vereinfachter zusätzlicher Kommunikationsweg, sondern auch ein erheblicher, in Echtzeit vorliegender Informationsgewinn. Hinzu kommt, dass durch die verwendete Netzwerktechnik an jeder beliebigen Einsatzstelle ein Ad-Hoc-Netzwerk aufgebaut wird. Die Kommunikation über TacticNet ist somit nicht von öffentlichen Mobilfunknetzen abhängig und dadurch frei von Störungen durch mangelhafte Netzabdeckung oder Überlastung. Wenn man sich in diesem Zusammenhang einmal Katastrophenfälle wie zum Beispiel im Sommer 2021 im Ahrtal vor Augen führt, wo zeitweise keine Kommunika-

tion über die vorhandenen Digitalfunk- oder Telefonnetze möglich war, ergibt sich hier mit TacticNet ein leistungsstarkes Hilfsmittel, um die eingesetzten Kräfte zu koordinieren. Zumal die Ausrüstung von Einheiten und Fahrzeugen mit den Sende-Empfangseinheiten von TacticNet denkbar einfach ist. Es wird nicht mehr als ein einfacher 12-V-Anschluss am Fahrzeug benötigt, um dieses als Teilnehmer im TacticNet zu etablieren. Mit jeder Einheit, die dann dem Netz beitritt, erweitert sich die Netzabdeckung, was zu einer hohen Netzstabilität führt. Im Übrigen erweitert sich auch der Aktionsradius der ferngeführten Robotersysteme dementsprechend, da auch diese über das Netzwerk steuerbar sind.

Zusammenfassend kann man sagen, dass sich beide Systeme mittlerweile sehr gut im Feuerwehrwesen des Landkreises Vechta etabliert haben und dies als Vorbild für andere Feuerwehren dienen sollte, sich mit den Themen der angewandten Rettungsrobotik und vernetzten Einsatzstellen auseinanderzusetzen. Es wird in Zukunft aufgrund klimatischer Veränderungen und immer anspruchsvolleren Einsatzlagen bei Industriebränden kein Weg daran vorbeiführen.

*Carsten Lauterfeld ist Leiter IuK Zug bei der Kreisfeuerwehr Vechta.

Der Ansatz von CURSOR ist, verschiedene – also ausgereifte, aber auch neue Technologien – zu integrieren. So werden einem Ortungstrupp ergänzende Möglichkeiten angeboten, um verschiedenste Herausforderungen zu bewältigen und Fähigkeitslücken zu füllen, die bei Ortungseinsätzen noch häufig auftreten. Die Forschung und Entwicklung im Projekt basieren auf einem Erdbeben-Szenario. CURSOR strebt an, den Stand der Technik in mehreren wesentlichen Aspekten zu verbessern, darunter schnelleres Auffinden von Verschütten, höhere Genauigkeit in deren Lokalisierung, verbessertes Echtzeit-Informationsmanagement an der Einsatzstelle, verbesserte Lageerkennung und erhöhte Sicherheit der Einsatzkräfte.

CURSOR auf dem Boden und in der Luft

Das sog. „CURSOR-SaR-Kit“ bildet eine Kombination aus serienmäßig gefertigten – und somit bereits kommerziell erhältlichen – und aus neu konzipierten und entwickelten Hard- und Softwarekomponenten.

Das Kit besteht aus den folgenden Hauptbestandteilen:

i) Soft Miniaturized Underground

Robotic Finders (SMURFs): Robotern, die mit einer Reihe von Sensoren ausgestattet sind –einschließlich eines innovativen chemischen Sensors – und die Personen in den Trümmern aufspüren und zwischen Lebenden und Verstorbenen unterscheiden können,

ii) Drohnenflotte bestehend aus insgesamt acht Drohnen,

iii) innovativen kabellosen Bodenhorchgeräten,

iv) einer robusten und sicheren Informations- und Kommunikationslösung.

Das Projekt hat im September 2019 mit einer Laufzeit von 42 Monaten begonnen. Während seiner Laufzeit war CURSOR als endnutzerorientiertes Projekt bekannt. Warum gerade diese Art der Beschreibung?

Das liegt zum einen an der Rolle des Endnutzers als Koordinator und zum anderen an den ausführlichen und intensiven Testaktivitäten.

CURSOR

Der Weg zu innovativen Ortungstechnologien (BS/Tiina Ristmäe) CURSOR (Coordinated Use of miniaturized robotic equipment and advanced Sensors for search and rescue OpeRations; dt. „Koordinierte Verwendung von Miniatur-Robotern und komplexer Sensorik zu Ortungszwecken“) war ein EU-Forschungsprojekt im Rahmen von Horizon 2020, das vorrangig das Ziel verfolgt hat, die Effizienz und Sicherheit von Ortungseinsätzen (engl. [Urban] Search and Rescue, abgek. [U]SaR) in städtischen Katastrophengebieten zu verbessern.

narios und der Anwendungsfälle nutzen, die für jeden Feldtest definiert werden. Solche praktischen Tests sind für die Technologieentwicklung von entscheidender Bedeutung – diese Vorgehensweise hat Forschenden und Entwickelnden eine ganze Reihe von Möglichkeiten eröffnet, bereits während der Entwicklungsphase direktes Feedback von den zukünftigen Nutzern und Käufern ihrer Lösungen zu erhalten. Im Rahmen des CURSORProjekts wurden 15 solcher Tests durchgeführt.

Wie geht es weiter?

Das Projekt wurde im Februar dieses Jahres offiziell abgeschlossen. Die Richtlinien der Europäischen Kommission erlauben die Finanzierung der Technologieentwicklung nur bis zu einem bestimmten technischen Reifegrad. Das bedeutet, dass wir am Ende des Projekts in vielen Fällen Prototypen mit unterschiedlichem Reifegrad haben und weitere Investitionen und Ressourcen erforderlich sind, um die Technologie zur Marktreife zu entwickeln.

Eine Endanwender-Einrichtung als Projekt-Koordinator

CURSOR wurde vom THW – einer Endanwender-Einrichtung – koordiniert, was in der Welt der Forschungs- und Entwicklungsprojekte bisher noch selten ist. Die Herangehensweise von Endnutzern unterscheidet sich von jener der Technik- und Forschungspartner.

Die Beteiligung von Anwendern als Partner ist bei EU-finanzierten Forschungs- und Innovationsprojekten mit Fragestellungen zur Sicherheit bereits verpflichtend, aber das Koordinieren des Projekts bietet den Vorteil, dass die Einsatzkräfte eher Vertrauen aufbauen und die Glaubwürdigkeit der Ergebnisse somit er-

höht wird. Besonders bedeutsam ist der Beweis, dass die richtige Art von System entwickelt wird, d. h. ein System, das den Bedarfen der Endanwender in der Einsatzumgebung gerecht wird. Die umfangreiche CURSOR-Testphase hat genau diesen Nachweis und Austausch ermöglicht. Darüber hinaus wur-

Tiina Ristmäe ist Koordinatorin des Projekts CURSOR beim Technischen Hilfswerk (THW).

Foto: BS/privat

de durch die iterative Testmethode nachhaltig geprüft, ob die Systeme tatsächlich funktionieren und die zu Projektbeginn definierten technischen Systemanforderungen erfüllt werden können.

Testaktivitäten in einem Forschungsprojekt – was bedeutet das?

In CURSOR bedeutet „testen“, dass sich Technik-Partner und Einsatzkräfte auf einem ausgewählten Gelände einer Partner-Einsatzorganisation treffen und an mehreren Tagen praktische Versuche durchführen. Dies bedeutet, dass Einsatzkräfte die Technologie unter Berücksichtigung des Master-Sze-

In der Regel sind die Möglichkeiten der Endnutzer hier sehr begrenzt –weder entwickeln wir eine Technologie noch können wir ein Produkt oder eine Dienstleistung auf den Markt bringen. Hier sind die Projektpartner aus der Wirtschaft entscheidend. Sie sollten mit der Forschung und Entwicklung fortfahren. Im Rahmen von CURSOR wird die Entwicklung der meisten Technologien fortgesetzt, aber es ist schwer zu sagen, wann die Endnutzer sie während des Einsatzes nutzen können. Das hängt von der Verfügbarkeit der Ressourcen ab und auch davon, ob diese Technologien später beschafft werden. Auch die üblichen Probleme wie fragmentierte Märkte und fehlende Standards spielen eine Rolle.

Trotz dieses langen Prozesses und der Herausforderungen ist es äußerst wichtig, dass die Endnutzer früh aktiv in die Forschung und Entwicklung einbezogen werden. Nur dann entsprechen die Leistungen oder Technologien den Verbraucheranforderungen und bringen den erwarteten Nutzen.

Behörden Spiegel / September 2023 Seite 44 Autonome Systeme
Der Löschroboter der Feuerwehr Vechta kam schon bei mehreren Bränden zum Einsatz. Foto: BS/Carsten Lauterfeld SMURFs, Drohnen sowie Bodenhorchgeräte bilden das CURSOR-SaR-Kit. Foto: BS/Yann Walsdorf

Während in Deutschland aufgrund politischer Befindlichkeiten aktuell „Unbemannt“ noch „Remotely Piloted“, also ferngesteuert bedeutet, gehen andere Länder den Weg zur Autonomie. Ganz vorne mit dabei ist Australien mit dem Programm Loyal Wingman. Das dafür entwickelte Unmanned Aerial System (UAS) MQ-28 Ghost Bat absolvierte im Frühjahr 2021 erfolgreich seinen Erstflug.

Das UAS sieht zwar eine Schnittstelle zu Piloten vor, die Entwicklungen gehen allerdings in Richtung autonom. Es soll nicht nur vorprogrammierte Routen fliegen, sondern sich auch am bemannten oder anderen unbemannten Flugzeugen orientieren. Die Ghost Bats werden zum Träger verschiedener Fähigkeiten, hauptsächlich sollen die Maschinen ISR-Missionen (Intelligence, Surveillance und Reconnaissance) fliegen. Ein Bereich, für den autonome Systeme prädestiniert sind, da sie deutlich günstiger und ausdauernder sind als bemannte Flugzeuge. Die bisher bestellten 13 UAS werden Australien keine 500 Millionen US-Dollar kosten.

Die Ghost Bats können die Routineflüge zur See- und Luftaufklärung übernehmen, während die bemannten Flugzeuge gewissermaßen für die Hochwertaufträge zur Verfügung stehen. Mittlerweile haben auch weitere Nationen Interesse an dem australischen Loyal Wingman angemeldet, darunter die USA und Großbritannien. Die USA haben ihren ersten Ghost Bat bereits beschafft, um dessen Eignung für ihr neues Kampfflugzeugkonzept zu erproben.

Tankdrohne vom Flugzeugträger

Ebenfalls aus dem fliegenden maritimen Bereich stammt ein weiteres interessantes Projekt, die MQ-25 Stingray der U.S. Navy. Hierbei handelt es

Verbindung von Mensch und Maschine

Militärische Entwicklungen bei

den Unbemannten Systemen

(BS/Dorothee

sich um ein UAS, das vor allem für die Luftbetankung entwickelt wurde. Bereits erfolgreich wurden Betankungen mit F/A-18 Super Hornet, Boeing EA18G Growler und Lockheed Martin F35C durchgeführt, angesichts dieser Liste sollten auch andere Flugzeuge kaum ein Problem mit der Betankung durch eine Stingray haben.

Das UAS steuert den gesamten Vorgang dabei selbstständig, passt sich dem folgenden Flugzeug an, justiert die Position und dies alles mit einer Präzision, die auch ein Mensch kaum übertreffen könnte. Die U.S. Navy will die Drohnen unter anderem von ihren Flugzeugträgern aus starten, die ersten erfolgreichen Tests auf Trägern fanden Ende 2021 statt, wobei die Stingray zumindest für Start und Landung noch Remotely Controlled

war. Die Unbemannten Systeme können dann in einem Gebiet warten, bis ihre Dienste erforderlich werden. Nach letzten Informationen wollen die USA 72 Stingray beschaffen, das Entwicklungsprogramm (inklusive der 72 Systeme) wird voraussichtlich etwas über 15 Milliarden Dollar kosten.

Remote Carrier bei FCAS Auch bei FCAS nehmen die Unbemannten Systeme eine herausragende Stellung ein, die Fähigkeiten sollen auf diese ausgelagert werden. Es bleibt dann ein die Drohnen einsetzendes – im Sinne von managen, nicht von direkt fliegen – bemanntes Kampfflugzeug, während von der Aufklärung bis zur Bewaffnung die Aufgaben hauptsächlich durch Remote

Carrier erfüllt werden sollen. Wobei die Bandbreite an Remote Carriern den Aufgaben entsprechend groß ist und von Einmalsystemen (Lenk- und Marschflugkörpern) zu Mehrfachsystemen (Aufklärung und Electronic Warfare) reicht. Ein Problem begleitet allerdings noch alle Aktivitäten rund um die Unbemannten Systeme: der Datentransport. Im Grunde sind sich alle Streitkräfte einig, dass der Großteil der Datenverarbeitung auf dem Unbemannten System erfolgen muss, ansonsten nehmen die Übertragungsraten nicht umsetzbare Ausmaße an. Gleichzeitig müssen die wichtigen Daten in einer Cloud für alle bemannten und Unbemannten Teilnehmer der Mission bereitstehen. Daraus ergibt sich allerdings die Anforderung,

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dass das Unbemannte System darüber entscheiden muss, welche Daten wichtig genug sind, um in die Cloud zu gelangen.

Hier ist einerseits eine ausgereifte Künstliche Intelligenz erforderlich, andererseits aber auch das Vertrauen in die Technologie. Wenn beispielsweise die deutsche Politik bei ihrer Forderung nach remotely controlled bleibt, wird die Bundeswehr nicht die modernen Unbemannten Systeme nutzen können, die aktuell bereits in anderen Streitkräften eingeführt werden. Unter anderem auch in Russland, das mit der Suchoi S-70 Okhotnik ein bewaffnetes UAS entwickelt hat, das die russischen Kampfflugzeuge Suchoi Su-57 begleiten soll. Die Einführung der Okhotnik in die russische Luftwaffe war ursprünglich für 2024 vorgesehen, der aktuelle Stand ist unbekannt. Bekannt sind hingegen die vielfältigen chinesischen Drohnen, die vom Aufklärer großer Reichweite bis zur bewaffneten Kampfdrohne alle militärischen Aufgaben übernehmen können. Und auch China plant natürlich die Kombination aus bemannten und Unbemannten Systemen. Das UAS Feihong FH-97A befindet sich aktuell in der Entwicklung, es soll als Loyal Wingman die chinesischen Kampfflugzeuge J-20 unterstützen. Geflogen wird das nbemannte System von einer Künstlichen Intelligenz, so zumindest die Informationslage aus dem Reich der Mitte.

Wie diese Beispiele zeigen, untersuchen aktuell alle größeren Streitkräfte die Unterstützung des Menschen durch Unbemannte Systeme. Den wirklichen Durchbruch wird wohl jene Nation erzielen, die zuerst die wirksamste Künstliche Intelligenz entwickelt. Denn mit deren Zuverlässigkeit steht und fällt diese Technologie. Und damit auch die Überlegenheit auf dem Gefechtsfeld der Zukunft.

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Behörden Spiegel / September 2023 Autonome Systeme Seite 45
Frank) Angesichts ihrer Abhängigkeit von Technologie waren die Luftwaffen seit ihrer Gründung darauf angewiesen, neue Systeme schneller zu integrieren als ihre potenziellen Gegner. So entstammen auch viele weiter gehende Vorhaben zur Nutzung Unbemannter Systeme aus der Dimension Luft, nicht nur in Deutschland.
MQ-28 Ghost Bat (links) und MQ-25 Stingray sind für autonome Flüge vorgesehen. Foto: BS/Frank

Behörden Spiegel: An welchen wichtigen Roboter-Trials haben Sie in den letzten Monaten teilgenommen?

Wietfeld: Wir waren in Estland bei den Autonomie-Trials, die am Ende des iMUGS-Konsortiums stattgefunden haben. Dort haben wir den Stand der Technik mit anderen autonomen Unbemannten Systemen vergleichen können. Dann waren wir in Österreich, dort hat das Bundesheer Unbemannte Landsysteme im alpinem Gelände erprobt. Danach ging es nach Munster zu einer Integrationstestung und Vorführung. Und als nächstes geht es in die Schweiz zu einer Erprobung bei den Spezialkräften.

Behörden Spiegel: Sie sprachen vom Vergleich in Estland. Wie gut sind die deutschen Technologien?

Wietfeld: Estland war für uns besonders interessant. Wir haben unsere große Roboter-Plattform, die 420 Kilo wiegt und für uns eine neue Gewichtsklasse bedeutet, erst zehn Tage vor dem Event fertigstellen können. Dann waren wir mit ihr sieben Tage unterwegs und haben dabei die Software, die Autonomie und die weiteren Fähigkeiten eingegossen – mit dem Wissen, das wir uns mit den kleineren Systemen in den letzten Jahren aufbauen und entwickeln konnten.

Wir sind als kleines Start-up mit der neuesten Plattform nach Estland gegangen. Dort konnten wir aber gut mit den Großen mithalten und diesen Entwicklungsvorsprung der anderen Unternehmen, der etwa ein Jahrzehnt beträgt, aufschmelzen.

Wir haben in Estland auch gesehen, dass sich die Fähigkeiten im oberen Drittel der Hersteller, zu denen ich beispielsweise Milrem oder Rheinmetall Canada, aber auch uns selbst zähle, schon ähneln. Wir haben auch alle dieselben Probleme, etwa bei stark durchschnittenem

Aktuelle Roboter-Trials

Erprobungen der Unbemannten Landsysteme in Europa

(BS) Die Möglichkeiten der Robotik für Landstreitkräfte sind vielfältig. Früh wurden sie bereits bei der Minensuche und im Bereich der ABC-Abwehr eingesetzt, mittlerweile gibt es Varianten für nahezu alle Lagen. Lösungen zur Aufklärung, Sicherung, für Logistik, Verwundetentransport und selbst Kampf sind mit entsprechenden Plattformen auf internationalen Messen zu sehen. Doch nicht immer halten die Systeme, was ihre Hersteller versprechen, weshalb aktuell viele Trials und Tests in ganz Europa stattfinden. Der Behörden Spiegel sprach mit Oberleutnant Marc Wietfeld, der mit seiner Erfindung Gereon an den meisten dieser Erprobungen teilnimmt. Das Interview führte Dorothee Frank.

und vermarktet. Da gibt es dann einen Roboter für die Minensuche, einen für den Verwundetentransport, einen mit Waffenstation usw. Unter der Haube ist eigentlich überall dasselbe, aber um beim Kunden eine höhere Stückzahl zu verkaufen, werden verschiedene Systeme gebaut. Was wir nun mit viel Zeit und Mühe entworfen haben, sind modulare Kupplungen, die es den Soldaten erlauben, innerhalb von wenigen Sekunden bis Minuten – je nachdem, wie geübt die Bediener sind – ohne Werkzeug den Gereon von einem Transporter zu einem Aufklärer oder einer anderen Rolle zu wandeln. Nicht nur mechanisch, sondern im gesamten Netzwerk, inklusive der Abbildung der Sensordaten im Battle Management System. Das ist für mich die Zukunft, weil die Bundeswehr dann nicht zehn verschiedene Varianten braucht, sondern nur eine Plattform mit Modulen. Und diese können die Soldaten direkt bei Bedarf auf- und abbauen.

Behörden Spiegel: Das erfordert allerdings einfache Module.

Gelände. Und die Hersteller haben dann verschiedene Ansätze, wie etwa das Fahren durch einen Wald gelöst wird. Mit unserem Hintergrund aus der Truppe haben wir für dieses Problem einen eher robusten Ansatz gewählt.

Behörden Spiegel: Heißt das, Sie fahren einfach gegen Bäume?

Wietfeld: Beim Trainieren der KI gehört auch das dazu. Unsere KI bewertet dann später in Sekundenschnelle, ob irgendein Hindernis oder Gelände befahrbar oder überfahrbar ist oder ob es umfahren werden muss. Dieser Ansatz ist anders als der von den großen Herstellern. Gerade in Estland haben wir gesehen, dass die anderen Anbieter sehr stark auf übermäßige Sensorik setzen. Zum Beispiel sind drei bis vier Kameras und mehrere Lidar-Scanner pro UGV fast schon der Standard gewesen. Wir machen das mit einer Kamera und einem Lidar. Unser Ansatz, den wir mit unseren Erfahrungen als Soldaten entwickelt haben, ist statt der-

ganzen Sensoren ein robuster mechanischer Aufbau mit einer KI, die weiß, was dieser Aufbau kann. Und die dann im Zweifelsfall eben über das Hindernis drüberfährt. Unser Ansatz löst auch das Problem der zunehmend komplexer werdenden Sensorfusion. Und er ist günstiger, denn nicht die Plattform kostet viel, sondern die Sensorik. Wir liegen dadurch mit unserem System bei unter hundertfünfzigtausend Euro für einen Gereon RCS. Für einen Mission Master bekommt man also fünf Gereon. Auch dies ist von uns so gewollt, weil man als Soldat die Masse haben möchte, nicht das teure Einzelsystem. Ein Unbemanntes Landfahrzeug sollte so günstig sein, dass jede Kompanie oder am besten jeder Zug damit ausgestattet wird. Es geht gerade nicht darum, teure Minipanzer zu bauen, sondern um das Bereitstellen von Hilfsmitteln, die auch zerstört werden dürfen.

Behörden Spiegel: Wie autonom sind die Plattformen mittlerweile unterwegs?

Wietfeld: In Estland haben wir mit dem Gereon RCS eine Mission von 20 Minuten am Stück gefahren, hierbei haben wir teilweise gar keine Eingriffe mehr machen müssen. Aber die mögliche Autonomie ist natürlich stark vom Gelände

SAVE

abhängig. In Österreich waren die Anforderungen schwieriger, das alpine Gelände mit Serpentinen und teilweise bewaldet stellt eine ganz andere Herausforderung dar. Dort ist die Technik auch noch nicht so weit, dass die Systeme autonom Berge erklimmen könnten. Aber in flacheren Regionen wie Munster, der Lüneburger Heide oder auch Estland, da können die Systeme sehr viel auch auf sich gestellt leisten.

Behörden Spiegel: Setzen Sie als Soldat andere Schwerpunkte bei den UGV als die Ingenieure in den zivilen Unternehmen?

Wietfeld: Man sieht schon Unterschiede. So haben wir einen deutlich tieferen Schwerpunkt gewählt, weil man es als Soldat in der Infanterie einfach kennt, dass die Signatur flach sein muss. Es möchte auch als Verwundeter niemand auf einem Meter zwanzig Höhe über das Gefechtsfeld gefahren werden. Unser niedriger Schwerpunkt mit der flachen Signatur wird von allen Soldaten gleich als Vorteil erkannt. Denn die sehen, das ist kein fahrender Wohnzimmerschrank, sondern wir können mit dem im hohen Gras ein Paar bilden, ohne dass er uns aufklärbar macht. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Einfachheit und die Modularität. Oft werden Systeme proprietär gebaut

Wietfeld: Ganz genau, auch das ist für mich das Prinzip der Zukunft. Wir haben zum Beispiel die bei der Bundeswehr genutzten, von Soldaten getragenen Detektionssysteme, also die Handhelds zur Minenerkennung, einfach auf den Gereon geschraubt. Und es funktioniert, der Gereon kann damit autonom nach Minen suchen. Bisher hatte die Bundeswehr immer spezielle Roboter mit Greifarm und allem, aber diese Sondermodelle sind entsprechend teuer und deshalb nicht flächendeckend verfügbar. Wenn man nun aber nur das vorhandene Handheld auf das UGV schraubt, dann erhält man schnell eine Fähigkeit, die besser von der Maschine als vom Menschen ausgeführt werden sollte. Das sind so die Gedanken, die wir uns machen. Weil wir als Soldaten den Bedarf und die üblichen Probleme kennen.

Mehr dazu in unserem Podcast

Wie Oberleutnant Marc Wietfeld mithilfe der Bundeswehr seine Ideen verwirklichen konnte, sodass er nun mit seinem Start-up erfolgreich neben Großunternehmen wie Rheinmetall oder Milrem bestehen kann, erläuterte er in einer Folge unseres Podcasts „Voices in Defence“, die hier abrufbar ist:

Der Treffpunkt für die Defence- und Security-Start-Up-Szene, für Innovatoren der Streitkräfte, für Vertreter der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie sowie für Vertreter von Universitäten und Forschungseinrichtungen.

Behörden Spiegel / September 2023 Autonome Systeme Seite 46
Oberleutnant Marc Wietfeld erfand den Gereon und kann sich mit seiner Entwicklung auch in Europa erfolgreich positionieren. Foto: BS/ARX Landsysteme Auf dem Truppenübungsplatz Munster erprobte die Bundeswehr mit dem Gereon die Fähigkeiten autonomer Aufklärung durch Unmanned Ground Vehicles (UGV). Fotos: BS/ARX Landsysteme
„Es geht gerade nicht darum, teure Minipanzer zu bauen, sondern um das Bereitstellen von Hilfsmitteln.“
Foto: © Marc A.Wietfeld, ARX Landsysteme
November 2023, München
www.defence-innovation.de 9.
Holiday Inn Munich City Centre the DATE

Die Sicherheit Deutschlands wird auch im Cyber- und Informationsraum verteidigt“, mit diesen Worten eröffnete Vizeadmiral Dr. Thomas Daum, Inspekteur Cyber- und Informationsraum, die BWI Industry Days am 8. und 9. August in Berlin. Hier sei die Bundeswehr gefordert. Eine Aufgabe, die sie jedoch nicht allein schultern könne. Denn man stehe vor einer Herausforderung, die sich nur in Zusammenarbeit mit der BWI bewältigen lasse. „Um sich gegen einen angreifenden Gegner durchzusetzen und einen Krieg zu gewinnen, braucht es die BWI“, konstatiert Daum daher. Eine Aussage, die Frank Leidenberger, CEO der BWI GmbH und Vorsitzender der Geschäftsführung, erweitert. Nicht nur BWI und Bundeswehr müssten gemeinsam den Weg in eine resiliente IT-Zukunft ebnen, auch die Zusammenarbeit mit der Industrie sei essenziell. Leidenberger fordert deshalb, sich der Frage zu stellen, „ob wir uns die Spezialisten selbst leisten können oder ob es kreativer Kooperationsmöglichkeiten bedarf“. Die Digitalisierung der Bundeswehr plant er deshalb, mit einem „Team of Teams“ zu stemmen. Alle Stakeholder seien in einem gemeinsamen Zweck geeint. Gemeinsam treibe man zukunftsfähige Projekte für und mit der Bundeswehr voran. Gleichzeitig gelte es, Abhängigkeiten von der Industrie zu vermeiden. Strategische Kooperation, die in einem auf Resilienz ausgerichtetem Partner-Ökosystem beheimatet ist, sei folgerichtig das Zielbild der BWI. Auf gemeinsamen Wegen wandeln Einen Ausblick auf den gemeinsamen Weg von Bundeswehr, In-

Ranger im Partner-Ökosystem

Die BWI sieht sich als Schnittstelle zwischen Industrie und Streitkräften

(BS/Jonas Brandstetter) Angesichts großer Herausforderungen bei der Digitalisierung sowie der Verteidigung gegen Cyber-Angriffe sucht die BWI den Schulterschluss mit der Industrie. Die Roadmap 2023 – 2028 erlaubt einen Ausblick auf die Art und den Umfang geplanter Vergabeverfahren.

Modi der Vergabe hinaus. Neben den klassischen Vergabeverfahren nennt das BWI die Arm’s-LengthKooperation und das Joint Venture als Plattformen zukünftiger Zusammenarbeit.

Bewältigung der aufkommenden Datenmengen etabliert werden.

dustrie und BWI leistet die auf den Industrietagen vorgestellte Vergabe-Roadmap 2023 – 2028. Für den angegebenen Zeitraum von fünf Jahren plant der Digitalisierungsdienstleister, vier Milliarden Euro an Partner aus der Industrie zu vergeben. Die rechtliche Tragweite des Dokuments ist allerdings begrenzt. Als öffentlicher Auftraggeber hat sich die BWI GmbH dem EU-Vergaberecht zu beugen. Es handelt sich bei den angegebenen Summen also um Planungsdaten ohne rechtliche Verbindlichkeiten. Dennoch vermittelt die Roadmap einen Eindruck davon, wie sich

die BWI Art und Umfang der Zusammenarbeit mit der Industrie ausmalt. Außerdem möchte die BWI die Veröffentlichung als Maßnahme für mehr „Transparenz an der Schnittstelle zwischen öffentlichem Auftraggeber und Wirtschaft“ verstanden wissen. Dies soll die Planung für beide Parteien erleichtern.

Neben dem Umfang des Vergabevolumens von vier Milliarden Euro gibt die Roadmap einen Einblick in die Kanäle, auf denen die Summen ihren Weg in die Industrie finden sollen. Die Möglichkeiten sind vielfältig und reichen über etablierte

Das verlorene Momentum

Höhere Verteidigungsausgaben brauchen ein neues Mindset (BS/Dorothee Frank) Unter Bundeskanzlerin Angela Merkel verpflichtete sich Deutschland, jährlich mindestens zweiProzent seines BIP in die Verteidigungsfähigkeit zu investieren. Und erreichte dieses Ziel – wie viele andere NATO-Staaten – nie. Durch den russischen Angriff auf die Ukraine erhielt die Bundeswehr allerdings in den Köpfen von Politik und Bevölkerung eine ganz neue Bedeutung, das Zwei-Prozent-Ziel erschien plötzlich wünschenswert.

Wir müssen uns überlegen, wie wir diese 20 Milliarden Euro erhalten“, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius auf dem NATO-Gipfel in Vilnius zur Differenz zwischen dem deutschen Verteidigungsetat und dem Zwei-ProzentZiel der NATO. „Für Deutschland würde die Verpflichtung zu zwei Prozent einen Betrag von über 75 Milliarden Euro bedeuten“, erläuterte Pistorius. „Tatsächlich beträgt mein Etat 52 Milliarden Euro. Zusammen mit dem Sondervermögen hatte ich im vergangenen Jahr etwa 100 Milliarden Euro. Ich war bisher in der Lage, das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen, indem ich das Sondervermögen hinzuzog. Das ist nicht das Problem.“ Eine Herausforderung seien die kommenden Jahre, wenn das Sondervermögen Bundeswehr aufgebraucht sei.

„Deswegen möchte ich hier nicht über drei Prozent oder vier Prozent sprechen. Weil wir den Menschen in Deutschland, in Schweden, Finnland und Frankreich und überall sonst sagen müssen: Was ist der Preis der Sicherheit? Was ist der Preis für das, was wir hier machen? Was ist der Preis für Abschreckung und Verteidigung? Weil für dreißig Jahre, für Dekaden, waren wir es nicht gewohnt, Geld in Abschreckung und Verteidigung zu investieren, weil wir dachten, es gebe keinen Feind mehr.“ Man könne nicht erwarten, diese Umstellung den Menschen innerhalb von Tagen oder Wochen zu erklären. Pistorius betonte: „Es ist eine vollständige Änderung Mindsets.“

Zum Hintergrund: Am 5. Juli beschloss das Bundeskabinett den

Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2024 nebst Entwurf des Wirtschaftsplans 2024 des Sondervermögens Bundeswehr und den Finanzplan bis 2027. Demnach steigt der Verteidigungshaushalt im kommenden Jahr um etwa 1,7 Mrd. Euro auf 51,8 Mrd. Euro. Im Jahr 2022 verzeichnete Deutschland laut dem Statistischen Bundesamt ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 3.869,9 Milliarden Euro. Zwei Prozent – und somit der angestrebte Verteidigungsetat – wären 77,4 Milliarden Euro.

Allerdings rechnet das BMVg auf den Verteidigungsetat von 51,8 Milliarden Euro noch weitere 19,2 Milliarden Euro, die 2024 voraussichtlich aus dem Sondervermögen Bundeswehr abfließen werden. Genauer handelt es sich laut dem BMVg um folgende Projekte: „Im kommenden Jahr sind zum Beispiel Ausgaben für den Schützenpanzer Puma, Flottendienstboote der Klasse 424, Fregatten der Klasse 126, Korvetten der Klasse 130, U-Boote der Klasse 212 Common Design, die Waffensysteme F-35 und Eurofighter, die bodengebundene Luftverteidigung mit IRIS-T SLM, den NATO-Hubschrauber 90, die Digitalisierung Landbasierter Operationen (D-LBO), Satellitenkommunikation, Bekleidung und persönliche Ausrüstung sowie für Munition berücksichtigt.“

Keine Verpflichtung Deutschlands

Doch dieses Momentum scheint verloren. Das Versprechen von Bundeskanzler Olaf Scholz im Februar 2022, dass Deutschland nun

Jahr für Jahr mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in seine Verteidigung investieren werde, ist vergessen. Denn um dieses Ziel zu erreichen, bräuchte es eine tatsächliche Verpflichtung – und diese müsste in einem deutschen Gesetz festgeschrieben sein, nicht nur als Unterschrift unter einem NATO-Dokument stehen, das augenscheinlich nicht sehr viel wert war und ist. Diese Verpflichtung sollte eigentlich im August beschlossen und in einem ersten Schritt in das Finanzierungsgesetz des kommenden Haushalts geschrieben werden.

Doch selbst diese eigentlich einfache Hürde – da die Erreichung des Zwei-Prozent-Ziels für das kommende Jahr laut Pistorius bereits sichergestellt ist – konnte nicht genommen werden: in dem durch das Kabinett verabschiedeten Entwurf wurde der entsprechende Passus gestrichen. Zur Begründung hieß es, die Festlegung auf eine bestimmte Zahl sei problematisch, weil sich die NATO-Vorgaben schließlich ändern könnten.

Die vollständige Änderung des Mindsets, die Pistorius von den Bürgerinnen und Bürgern Deutschlands einfordert, scheint zumindest bei der Regierung noch nicht vollzogen zu sein. Und so bleibt es bei Versprechungen, mündlichen Zusagen und der Hoffnung, dass der Modernisierungsstau bei der Bundeswehr eventuell doch noch mit modernen Systemen ausgeglichen wird. Wofür allerdings tatsächlich zwei-Prozent des BIP notwendig wären. Dieses Niveau müsste man über Jahre halten.

Aufgabe für alle Ebenen Handlungsbedarf bei der Digitalisierung sieht der stellvertretende Generalinspekteur der Bundeswehr, Generalleutnant Markus Laubenthal, bei der gesamten Truppe. Denn damit die Streitkräfte handlungsfähig blieben, bedürfe es der Digitalisierung. Eine zeitgemäße und vor allem siegfähige Führung sei nur über sie zu erzielen. „Digitalisierung ist der Schlüssel zur Führungsüberlegenheit. Die neuen Technologien erlaubten es, echtzeitnahe Lagebilder zu erstellen. Dies komme einem Paradigmenwechsel in der Operationsführung gleich. Folgerichtig stehe ein Generationenwechsel bei Waffensystemen und Führung bevor. Doch nicht nur bei der Entwicklung neuer Technologien sei Digitalisierung maßgebend. Am Beispiel Ukraine-Krieg werde deutlich, dass auch das Design klassischer Plattformen sich dem Digitalisierungstrend nicht entziehen könne. Demnach seien auch Panzer und Fregatten integrierte IT-Plattformen, die es von einem Software- und Modularisierungsstandpunkt zu betrachten gelte. Diese Erkenntnis steht im größeren Kontext einer „dramatischen Veränderung der Konfliktfelder“. Diese werden hybrider, integrierter und komplexer. Um sicher in der neuen Landschaft navigieren zu können, gilt es, zwei zentrale Fähigkeiten zu entwickeln: Cyber-Sicherheit muss umfänglich in ausnahmslos alle Plattformen integriert und effektives Informationsmanagement zur

Den Kopf in den Wolken Gleichsam integraler Bestandteil der neuen Agenda als auch in der Umsetzung durch sie herausgefordert ist der Aufbau einer Bundeswehr-Cloud. Sie ist eines der prominentesten und sicherlich auch bedeutendsten Vorhaben, mit denen die Bundeswehr in den militärischen und administrativen Realitäten des 21. Jahrhunderts ankommen möchte. Selbstredend bestünde für ein Cloud-System bei der Bundeswehr besondere Anforderungen an die Sicherheit. Das weiß Andreas von der Heyde, der auf den BWI Industry Days die Parameter, unter denen eine Cloud-System in der Bundeswehr operieren muss, auslegte. Besondere Anforderungen an die Datensicherheit und das Primat der Verlegefähigkeit träfen bei einem Cloud-System für die Bundeswehr aufeinander. Das Zauberwort beim Aufsetzen einer für die Bundeswehr geeigneten Cloud sei deshalb „Container“. Hinter diesem Begriff verbirgt sich die Idee, digitale Service- und Dienstleistungen in abgeschlossenen Containern bereitzustellen. Sollten diese dann in die Cloud-Infrastruktur integriert werden, muss nicht das gesamte System neu aufgesetzt werden. Stattdessen kann der neue Service in die bestehende Infrastruktur implementiert werden. Aus diesem Grund tritt das BWI explizit mit dem Wunsch, Systeme containerisiert anzubieten, an die Industrie heran.Der geopolitische und der technologische Paradigmenwechsel in der Verteidigung ist nicht von der Hand zu weißen. Genauso wenig überrascht, dass weitreichende Kooperation zwischen Streitkräften, IT-Systemhaus und Industrie unabdingbar ist. Bleibt diese aus, wird die Bundesrepublik von den sicherheitspolitischen Entwicklungen entkoppelt. Die BWI hat die Industrie Days genutzt, um die Rolle, die sie im Dreiklang aus Industrie, Streitkräften und Systemhaus zu spielen gedenkt, zu verdeutlichen. Ob sie ihre eigenen Ansprüche erfüllt, wird die Zukunft zeigen. Am Erfolg von Kernprojekten wie dem Aufbau einer Cloud wird sich die BWI messen lassen müssen.

Partner 2023: Niederlande

Weitere Informationen: www.euro-defence.eu

Behörden Spiegel / September 2023 Verteidigung Seite 47
Die BWI Industry Days trafen auf großes Interesse bei der Industrie und Angehörigen der Streitkräfte.
THE DATE
and NATO – Enhancing Resolve and Resilience
Foto: BS/BWI GmbH
SAVE
Europe
29.–30. November 2023
Vienna House Andel’s Berlin

Diese ist sehr vielfältig und umfasst mehrere Dimensionen. Dazu gehören laut der 28-jährigen Polizeibeamtin u. a. der Leitstand für den BOS-Digitalfunk, der Video- und Datenübertragungsdienst, das Warten und Instandhalten von Funkmasten und die Einsatzcontainer (mobile Wachen). Sie kommen z. B. bei Volksfesten zum Einsatz. Lehmann räumt ein: „Die Arbeit bei der ASDN ist stark technisch geprägt. Da musste ich mich auch erst hineinfinden. Das ist mir jetzt aber gelungen und ich bin gut in den Themen drin.“ Zugute kam und kommt ihr dabei, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ASDN sehr offen für ihre Posts sind und sie inhaltlich unterstützen.

„In der Regel trete ich an die Kolleginnen und Kollegen der ASDN in den verschiedenen Bereichen heran und lasse mir ihre Arbeit erläutern. Das mündet dann in einem Post auf Instagram. Denn wir Instacops leben von den persönlichen Eindrücken.“ Mehr und mehr kämen die Kolleginnen und Kollegen inzwischen sogar eigeninitiativ mit Ideen für einen Post auf sie zu. Davon profitiere sie sehr, so Lehmann, die sich in ihrer Freizeit gerne mit Freundinnen und Freunden trifft oder ins Fitnessstudio geht.

Instacop sein ist kein klassisches Nebenamt

Instacop ist die Polizistin, die nach eigener Aussage „nur bei schönem Wetter draußen joggen geht“, so es zeitlich passt. „Deshalb variiert die Anzahl der Postings auch stark. In erster Linie fokussiere ich auf meine eigentliche Tätigkeit“, erläutert Lehmann, bei deren Erzählungen aufgrund ihres Tonfalls und ihrer gezeigten Begeisterung deutlich spürbar ist, dass ihr diese Arbeit große Freude bereitet. Derzeit ist sie vor allem in zwei ASDN-Projekten tätig: einem zu Einsatzleitsystemen und einem zu Ausschreibungen. Als Instacop hat sie keine Vorgaben, was die Anzahl der Stunden oder Beiträge angeht, die sie ihrem Engagement auf Instagram widmet. Lehmann erläutert: „Ich habe hier keinen Dienstposten Instacop.“

Bürgerpolizei

Tabea Lehmann über ihre Arbeit als Instacop in Niedersachsen

(BS/Marco Feldmann) Digitalfunk für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS-Digitalfunk) klingt für viele auf den ersten Blick äußerst technisch und kompliziert. Und möglicherweise auch etwas langweilig. Nicht so für Tabea Lehmann. Denn sie erklärt auf Instagram die Arbeit der Autorisierten Stelle Digitalfunk Niedersachsen (ASDN).

Über 20 Instacops in Niedersachsen

(BS/mfe) In der Polizei Niedersachsen gibt es aktuell rund 25 Instacops. Sie versehen ihren tägliche Arbeit beispielsweise im Streifen-, Ermittlungsoder Kriminaldauerdienst. Gleiches gilt für die Bereitschaftspolizei. Die Idee der Instacops ist Ausdruck des sogenannten „Community Policings“. Dabei werden personalisierte Kanäle von Polizistinnen und Polizisten in Sozialen Netzwerken genutzt. Dort äußern sich die Beamtinnen und Beamten nicht als Privatpersonen, sondern ausdrücklich als Behördenangehörige. Sie versorgen ihre Followerinnen und Follower mit Bildern, Videos und kurzen Informationen über ihren alltäglichen Dienst in den unterschiedlichen Bereichen der Landespolizei. Ziel ist u. a. eine authentische und transparente Außendarstellung. Im Dialog beantworten sie auch Fragen zu möglichen Karriereoptionen oder vermitteln geeignete Kontakte für persönliche Anliegen.

Fotos: BS/Zentrale Polizeidirektion Niedersachsen

Instacop bei der Zentralen Polizeidirektion Niedersachsen (ZPD, mehr dazu auch in der August-Ausgabe 2023, Seite 32) ist die gebürtige Hannoveranerin seit Mitte Juni 2022. Ihre polizeiliche Laufbahn startete sie 2013 mit einem Studium für den gehobenen Polizeivollzugsdienst in Nienburg an der Weser. Dieses schloss sie 2016 erfolgreich ab. Anschließend war Lehmann bis Mitte 2021 in der Bereitschaftspolizei tätig. „Dort war ich u. a. als Bearbeiterin, Sachbearbeiterin und zwei Jahre lang auch als Gruppenleiterin tätig“, erzählt sie. Anschließend wechselte Lehmann in die ASDN Niedersachsen, die in der ZPD beheimatet ist. Dort verantwortet sie als Instacop nun einen von drei personalisierten ZPD-Accounts. Dabei ist sie –anders als einige ihrer Kolleginnen und Kollegen in dieser besonderen Tätigkeit – ausnahmslos auf Instagram unterwegs und aktiv. Lehmann

unterstreicht: „Je nach der konkreten Tätigkeit ist der Arbeitsalltag der Instacops sehr unterschiedlich.“ Gemein sei ihnen allen jedoch, dass sie beim Posten der Inhalte viele Freiheiten hätten. Für sie selbst gilt aber z.

B.: „Ich kann aus Sicherheitsgründen nicht alle Details des gesamten BOS-Digitalfunk-Leitstands posten.“ Wenn sie sich bei einem Post nicht ganz sicher sei, erfolge eine Beratung und Freigabe durch den oder die Vorgesetzten. „Teilweise lasse ich auch unsere Pressestelle nochmal drüberschauen. Die dortigen Kolleginnen und Kollegen können dann zum einen prüfen, ob der Post allgemein verständlich ist. Zum anderen können sie schauen, ob der Inhalt des Posts sich in unserer Kommunikationsstrategie wiederfindet.“

In der Regel kein formaler Freigabeprozess Wenn keine Unsicherheit bestehe, gebe es jedoch keinen forma-

len Freigabeprozess. Aber: „Posts entstehen grundsätzlich nur in Absprache mit den Kolleginnen und Kollegen. Wer auf geposteten Fotos nicht zu sehen sein möchte, muss das nicht.“ Lehmann scheint auf Instagram beliebt zu sein. Aktuell hat sie dort mehr als 1.500 Followerinnen und Follower. Sie ist zu finden unter @polizei.zpd. tl. In der Zentralen Polizeidirektion Niedersachsen (ZPD) ist die Beamtin nicht der einzige Instacop.

Weitere Gesichtspunkte sind präventive Elemente und eine Stärkung des Sicherheitsgefühls, auch im digitalen Raum. Instacops sind dabei nie in allen Sozialen Netzwerken gleichzeitig aktiv. In Niedersachsen stehen die Netzwerke Facebook, Instagram und Twitter im Fokus. Die Idee des „Community Policings“ und damit verbunden der Instacops stammt ursprünglich aus dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden. In Niedersachsen wurde ein InstacopAccount im vergangenen Jahr behördlicherseits gesperrt. Hintergrund war die vermutete Beziehung der betroffenen Instacop zu einem mutmaßlichen Rechtsextremisten. Dabei handelt es sich aber um einen Einzelfall. Andererseits kommt es auch immer wieder zu Fällen von Hatespeech, Beleidigungen oder Bedrohungen gegen die Instacops durch einzelne Userinnen und User. Hier muss der Dienstherr dann aus Gründen der Fürsorgepflicht schützend eingreifen. Denn in Einzelfällen kam es bereits zu nicht gewünschten Kontaktaufnahmen im privaten Umfeld. Der Präsident der Zentralen Polizeidirektion Niedersachsen (ZPD), Uwe Lange, sagt zu den Instacops: „Als Bürgerpolizei wollen wir transparent und ansprechbar sein, gleichzeitig Interesse für den Polizeiberuf wecken. Dafür setzen wir vor allem auf jüngere Menschen, die ihre Zielgruppe altersgerecht ansprechen können. Interessant zu wissen: Sie sind in ihrer Resonanz zumeist deutlich erfolgreicher als die klassischen Behördenkanäle auf Facebook, Instagram & Co.“

Lesen Sie auch das Interview mit Uwe Lange auf S. 32 der August-Ausgabe 2023 des Behörden Spiegel.

Behörden Spiegel / September 2023 Letzte Seite Seite 48
Die 28-jährige Lehmann hat viel mit Funk und der entsprechenden Technik zu tun. Und das sowohl im Haupt- als auch im Nebenamt (als Instacop). Tabea Lehmann postet als Instacop der niedersächsischen Polizei u. a. über den Leitstand für den BOS-Digitalfunk (Foto). Sie selbst räumt ein, dass die Arbeit in der Autorisierten Stelle Digitalfunk Niedersachsen (ASDN) stark technisch geprägt sei. Die Polizeibeamtin ist derzeit ausschließlich bei Instagram unterwegs. Andere Instacops bespielen weitere Soziale Netzwerke wie z. B. Twitter oder Facebook.
„Ich habe hier keinen Dienstposten Instacop.“
„Posts entstehen grundsätzlich nur in Absprache mit den Kolleginnen und Kollegen.“

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