Behörden Spiegel August 2024

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Amt mal anders

Die Strukturen der öffentlichen Verwaltung haben in Deutschland eine lange Tradition. Das gilt für die kleinen wie die großen Prozesse. Vieles hat sich bewährt, anderes ist längst aus der Zeit gefallen. Jetzt heißt es: weg von „Das haben wir schon immer so gemacht!“ und hin zu mehr Kreativität, Mut und Bürgernähe.

Titelgrafik: BS/Hoffmann unter Verwendung von Adobe Firefly, MR, stock.adobe.com; bunditinay, stock.adobe.com

Ein Begriff macht Karriere

Wie der hybride Krieg in den Mainstream fand (BS/Jonas Brandstetter) Ganze zehn Mal findet der Begriff „hybrid“ in der Abschlusserklärung des NATO-Gipfels in Washington Erwähnung. Hybridität ist eines der Schlagwörter aktueller sicherheitspolitischer Debatten. Eine umfassende Auseinandersetzung mit der Terminologie ist daher angezeigt.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bezeichnet die TaurusAbhöraffäre als einen hybriden Angriff, Innenministerin Nancy Faeser (SPD) warnt vor wachsenden Gefahren durch die hybride Kriegsführung Russlands und der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, fordert sowohl die Bundeswehr als auch die Zivilgesellschaft auf, sich auf „intensivierte hybride Kriegsführung“ einzustellen. Diese Liste ließe sich fast beliebig erweitern. Vor allem aber macht sie deutlich, dass die Fülle der Begegnungen mit dem Begriff „hybrid“ in den letzten Jahren zugenommen hat.

Das Verständnis von hybridem Krieg, wie es heute Anwendung findet, geht auf die April-Konferenz des NATO Defence College (NDC) im Jahr 2015 zurück. Die Teilnehmenden definierten hybriden Krieg als eine generische Form des Krieges, derer sich illiberale Staaten bedienen. Ziel dieses Typs der Kriegsführung sei es, liberale Staaten durch Angriffe auf ihre offene Gesellschaft in ihrer Handlungsfähigkeit zu lähmen. Am Fallbeispiel des Krimkrieges und des Bürgerkriegs in Nordsyrien destillierten die Konferenzteilnehmenden konkrete Vorgehensweisen des hybriden Krieges heraus: politische Einflussnahmen und Propaganda im Einklang mit dem Einsatz von Proxy-Kräften und psychologischer Operationsführung. Die hier postulierte Interpretation stellt allerdings weder die ursprüngliche Verwendung noch die ursprüngliche Definition des Begriffs dar. Sie ist eine Reaktion auf die geopolitischen Verwerfungen Mitte der 2010er-Jahre. Nach dem Ende der US-amerikanischen Intervention im Irak und dem Abzug großer Teile des militärischen

Adressfeld

Personals aus Afghanistan zu Beginn der 2010er-Jahre geriet Russlands verdeckter, aber umfassender Krieg auf der Krim in den Fokus der militärischen und akademischen Debatten. Hybridität erschien als angemessene Analyseeinheit, um diese Entwicklung zu beschreiben. Mit dem neuen Anwendungsfeld ging aber auch eine neue Interpretation der Begrifflichkeit einher. In der militärischen und akademischen Debatte ist der hybride Krieg schon lange präsent. Seinen Ursprung findet er im ausgehenden 20. Jahrhundert.

Im Zeichen von Friedensmissionen und asymmetrischen Konflikten Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erschien ein konventioneller Staatenkrieg massiven Umfangs zunehmend unwahrscheinlich. An dessen Stelle traten eine Vielzahl kleinerer asymmetrischer Konflikte, häufig unter Beteiligung nicht- oder teilstaatlicher Akteure. Diese Entwicklung schlug sich im akademischen Denken der angloamerikanischen Security Studies nieder. So etablierte Oberst Dr. William J. Nemeth in seiner Arbeit „Future War and Chechnya: A Case for Hybrid Warfare“ am Beispiel des Tschetschenien-Konflikts die Figur hybrider Gesellschaften und daraus resultierender hybrider Kriegsführung. Diese verbinden als Chimäre moderner und vormoder-

ner Staatsorganisationen Elemente tradierter und moderner (Sozial-) Technologien. Eine daraus schöpfende Kriegsführung könne durch den Einsatz moderner Technologie, frei von den religiösen, juristischen und humanitären Einschränkungen moderner Gesellschaftsformen, gegen westliche Streitkräfte bestehen.

Mitte der 2000er-Jahre trug Oberstleutnant a. D. Dr. Frank G. Hoffman mit der Arbeit „Conflict in the 21st Century: The Rise of Hybrid Wars“ zu einem Verständnis des Begriffs bei, das bis heute geläufig ist. Er vereint verschiedene Formen der Kriegsführung wie konventionelle Fähigkeiten, irreguläre Taktiken und terroristische Anschläge. Darüber hinaus gliedert Hoffmans Begriffsverständnis kriminelles Handeln in den Definitionsbereich des hybriden Krieges ein. Hoffman rückt in seiner Begriffsverwendung noch stark nicht staatliche Akteure in den Fokus. Als Professor Thomas Mockaitis, Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte an der University of Wisconsin-Madison, 1995 erstmals „Hybridität“ in die Sicherheitsforschung einführte, musste er sich den Begriff noch aus der Botanik aneignen. Aus der zarten Pflanze dieses Gedankens ist sprichwörtlich einer der begrifflichen Anker zeitgenössischer sicherheitspolitischer Debatten erwachsen.

Im Ausnahmezustand Ein Besuch in der größten Flüchtlingsunterkunft Deutschlands. Seite 11

Das Rad ins Rollen bringen Gute Infrastruktur stärkt den städtischen Radverkehr. Seite 19

In Tagen um die Welt Ein Interview mit Prof. Dr. Dagmar Starke über Learnings aus der Pandemie. Seite 35

Nr.

Schwerpunktthema der Ausgabe Amt mal anders

Keine Zeit mehr verlieren

Die Berliner Verwaltungsreform zieht an

Der Bürger ist König

„Kundenorientierung“ bei der Verwaltungsreform

Bürgermeister zu mieten

Einsatz stärkt Verbindung zu Anwohnenden

„You find me in the Club“

Der Weg der Verwaltung in die Herzen der Menschen

Impressum

Der Behörden Spiegel wird verlegt von der ProPress Verlagsgesellschaft mbH.

Herausgeberin und Chefredakteurin Dr. Eva-Charlotte Proll

Stellvertretender Chefredakteur Guido Gehrt

Leiter des Berliner Büros Ralph Kotsch Aktuelles Öffentlicher Dienst Ann Kathrin Herweg, Sven Rudolf, Hans-Jürgen Leersch, Anne Mareile Walter Kommune Marlies Vossebrecker, Scarlett Lüsser Digitaler Staat Christian Brecht, Mirjam Klinger, Paul Schubert, Anna Ströbele

Sicherheit & Verteidigung Bennet Biskup-Klawon, Jonas Brandstetter, Thomas Hönig, Lars Mahnke, Klaus Pokatzky

Sonderkorrespondenten BOS Dr. Barbara Held, Gerd Lehmann

Online-Redaktion Tanja Klement

Parlamentsredaktion Berlin

Tel. 030/726 26 22 12, Fax 030/726 26 22 10

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Druck Weiss-Druck GmbH & Co. KG, Hans-Georg-Weiss-Straße 7, 52156 Monschau

Herausgeber- und Programmbeirat Uwe Proll (Vorsitz)

Im Falle höherer Gewalt und Störungen des Arbeitsfriedens besteht kein Anspruch auf Belieferung. Für unverlangt eingesandte Manuskripte keine Gewähr. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Zeitung und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen (auch Werbeeinschaltungen) sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Auflagenkontrolle durch IVW (www. ivw.de). Jahresabonnement 9,80 Euro (12 Ausgaben inkl. Porto und MwSt.)

Erfüllungsort und Gerichtsstand Bonn Altpapieranteil 100 Prozent

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Kommentare

Glücksspiel nicht dem Zufall überlassen

(BS) Nicht kalkulierbares Verlustrisiko und potenziell pathologisches Spielverhalten mit hohem Gefährdungspotenzial hat dazu geführt, dass Glücksspiel in vielen Gesellschaften als unmoralisch gilt. Aber: Beteiligte und Betroffene wollen Dialog. Der lohnt sich aus juristischer, sozialer sowie sicherheitsrelevanter Perspektive – zur Bekämpfung von Illegalität und zur Verbesserung des Spielerschutzes. In diesem Sinne braucht die Auseinandersetzung mit dem Glücksspiel Sachlichkeit.

Die Herausforderung lautet: Schritt halten mit der Veränderung des Marktes. Regulierungen wie das Verbot, in Spielhallen ein Glas Wasser zu konsumieren, haben dazu geführt, dass das illegale Glücksspiel in den vergangenen Jahren extreme Umsatzgewinne eingefahren hat. Polizeien sehen in der simplen Abarbeitung von Strafverfahren einen Fehler, weil illegales Glücksspiel vor allem Teil Organisierter Kriminalität türkischarabischstämmiger Clans sei. Nicht zuletzt die Option, dass KI in virtuellen Spielen Spieleranreize setzen

könnte, erfordert Handlung. Die Industrie will größtmögliche Freiheit. Verbände zum Spielerschutz und zur Suchtmittelbekämpfung wünschen sich mehr Prävention. Die legalen Anbieter haben sich dem mit Runden Tischen und anderen Dialogveranstaltungen geöffnet. Zwischen diesen Anforderungen muss Politik einen Zwischenweg finden.

Wie mühsam das ist, sieht man regelmäßig in Berlin: Wenn an einem Tag Automaten von den Sicherheitsbehörden konfisziert werden und am nächsten Tag neue dort stehen, ist der Vollzug bisher machtlos. Auch braucht es mehr Schulungen für Beamte, um illegale Geräte zu erkennen. Die Fortschreibung des GlüStV und eine Stärkung der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) bieten Möglichkeiten, die verschiedenen Perspektiven der Akteure zusammenzubringen, Handlungsfunktionen von Polizeien und Ordnungsämtern zu erweitern, das Strafrecht zu reformieren, mit Blick auf Lootboxen den Jugendschutz im Vorfeld des Glücksspiels zu stärken sowie illegalen Anbietern Attraktivität zu entziehen und den digitalen Bereich mit in den Blick zu nehmen.

Staatsdienst als Privileg

(BS) Einen ersten richtigen Aufschlag für einen neuen Wehrdienst hat der Bundesverteidigungsminister vor einigen Wochen geleistet. Er verkennt aber die Frage der Wehrgerechtigkeit und dass nicht nur die Streitkräfte mehr Personal und Anerkennung verdienen. Eine zeitgemäße Dienstpflicht muss alle Geschlechter gleichermaßen bedenken und neben den Streitkräften auch andere Formen des Dienstes an der Gesellschaft ermöglichen. Ganz nach norwegischem Vorbild soll der Wehrdienst zum Privileg werden. Allerdings müssen dort junge Männer und junge Frauen einen Fragebogen über ihre Wehrfähigkeit ausfüllen. Die geeignetsten Kandidatinnen und Kandidaten werden zur Musterung geladen. Gerade mit dieser Exklusivität des Auswahlverfahrens geht ein Prestigegewinn über die reine Personalgewinnung hinaus einher. Eine allgemeine Dienstpflicht für alle jungen Menschen hingegen würde es erlauben, den Dienst an Staat und Gesellschaft entsprechend eigener Werte und Planung umzusetzen – immer unter dem Primat der Freiwilligkeit und mit Respekt gegenüber individuel-

len Lebensentwürfen und Moralvorstellungen. Gerade marginalisierte Berufe in der Care- und Pflegearbeit haben diese Anerkennung mehr als verdient.

Man kann nicht leugnen, dass die Dienstpflicht den staatlichen Geldbeutel beanspruchen wird. Die Investition ist aber legitim: Pflegebranche, Sicherheitsinstitutionen, Katastrophenschutz sind es wert.

Aber erst ein allgemein verpflichtender Fragebogen ebnet den Weg zu einem gerechten und individuellen Dienst an der Gesellschaft. Dabei werden nicht nur personelle Engpässe abgemildert. Vernachlässigte und systemrelevante Berufe erhalten die Anerkennung, die sie verdienen. Damit das gelingt, darf sich der Blick nicht auf eine Tätigkeit oder ein Geschlecht verengen. Angesichts einer sich auch in absehbarer Zeit nicht verbessernden Sicherheitslage ist eine Aufwertung und bessere Ausstattung von Berufen zur Erhaltung des Staates dringend angezeigt. Der Dienst an der Gesellschaft wird attraktiv, wenn er zum Privileg wird.

Heavy Metal
von Dr. Eva-Charlotte Proll
von Jonas Brandstetter

Aktuelles aus dem Arbeitsrecht

Der Arbeitsplatz als psychische Last

Ergebnisse der DBB-Bürgerbefragung 2024 veröffentlicht

(BS/Anne Mareile Walter) „In Schulen und Kitas, bei der Polizei, im Gesundheitsund Pflegedienst oder in der Eingriffsverwaltung sind psychische Belastungen inzwischen ein Riesenthema.“ So brachte der DBB-Vorsitzende Ulrich Silberbach ein zentrales Fazit der 18. DBB-Bürgerbefragung auf den Punkt.

Neue Aufgaben, Bürokratie, Überstunden und Doppelschichten: Bei den Beschäftigten im Öffentlichen Dienst hat die psychische Belastung am Arbeitsplatz erheblich zugenommen. Das ist ein zentrales Ergebnis der 18. Bürgerbefragung des Deutschen Beamtenbundes (DBB), die vom Meinungsforschungsinstitut Forsa durchgeführt wurde. Dabei gab mit 49 Prozent rund die Hälfte der befragten Beamtinnen und Beamten an, durch den Beruf psychisch „eher stark“ belastet zu sein, 21 Prozent bezeichneten die Belastung sogar als „sehr stark“. Zum Vergleich: In der Privatwirtschaft waren es 37 beziehungsweise elf Prozent der Beschäftigten, die diese Antwort gaben.

Wunsch nach zeitlichem Ausgleich von Überstunden

Das Ergebnis analysierte der DBBBundesvorsitzende Ulrich Silberbach folgendermaßen: „Zum Teil bringt der Job das mit sich.“ Dabei fügte er aber auch hinzu: Was sich in den vergangenen Jahren an Verrohung der Sprache, an Gewaltbereitschaft und Rücksichtslosigkeit in der Gesellschaft ausgebreitet habe, „baden vor allem auch die Kolleginnen und Kollegen im Öffentlichen Dienst aus“.

72 Prozent der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst, die regelmäßig Mehrarbeit oder Überstunden leisten, wünschen sich einen zeitlichen Ausgleich. Sie ziehen diese Variante einem finanziellen Aus-

Die psychische Belastung am Arbeitsplatz hat bei den Beschäftigten im Öffentlichen Dienst zugenommen. Foto: BS/Adobe Stock, Goncharuk film

gleich vor. Zudem zeigt die Befragung: Angestellte im Öffentlichen Dienst wünschen sich häufiger eine Vier-Tage-Woche oder zusätzliche Urlaubstage, bei Beamtinnen und Beamten hat vor allem der Wunsch nach einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit Vorrang. Parallel zeigt die Befragung aber auch: Das Ansehen des Staates ist aktuell offenbar auf einem Tiefpunkt angelangt. 70 Prozent der Umfrageteilnehmenden halten den Staat für überfordert und nur 25 Prozent sind der Ansicht, dass er seine Aufgaben noch erfüllen kann. Die Überforderung manifestiere sich vor allem in der Asyl- und Flüchtlingspolitik, doch auch in der Bildungspolitik sowie im Bereich der Inneren Sicherheit sehen die Befragten erhebliche Defizite. Allerdings unterscheiden die Bürgerinnen und Bürger deutlich zwischen staatlichen Institutionen und den jeweiligen Beschäftigten.

Auswahlinstrumente für Beförderungsstellen

Eine Kolumne von Ralph Heiermann

Alle Jahre wieder ist es in Verwaltungen in Bund, Ländern und Kommunen so weit: Die Leistungen der Beschäftigten werden in Regelbeurteilungen oder Anlassbeurteilungen bewertet. Beurteilungen stellen häufig weder die Beurteilenden noch die Beurteilten zufrieden. Für die Beurteilenden ist es eine lästige Aufgabe. Die Beurteilten wiederum erkennen sich häufig in ihrer Beurteilung nicht wieder. Für sie stellt sich die Frage, was sie dagegen unternehmen können und welche Auswirkungen die Beurteilung für sie haben wird. Beurteilungen dienen nicht der Motivation der Beurteilten. Sie sind nach der Rechtsprechung das vorrangige Auswahlinstrument in Verfahren zur Besetzung von Beförderungsstellen. Denn nach Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz sind öffentliche Ämter nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu besetzen. Sorge um den Frieden Kleinere öffentlich-rechtliche Körperschaften scheuen sich häufig, Beurteilungen zu erstellen. Sie fürchten um den Frieden in ihrer Verwaltung. In Auswahlverfahren wird versucht, aufgrund von strukturierten Auswahlgesprächen oder Assessmentcenterverfahren die erforderliche Auswahl zu treffen. Wehren sich dann im Auswahlverfahren Unterlegene in einem gerichtlichen Eilverfahren gegen die so erfolgte Auswahl, steht der Dienstherr auf der Verliererseite, weil keine dienstlichen

Dr. Ralph Heiermann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Arbeitsrecht und besitzt eine Kanzlei in Hannover. Er wird an dieser Stelle regelmäßig über arbeitsrechtliche Entwicklungen in der Verwaltung und die aktuelle Rechtsprechung berichten. Foto: BS/privat

Beurteilungen eingeholt wurden. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist für die Rechtmäßigkeit von Stellenbesetzungsverfahren Voraussetzung, dass die Auswahl vorrangig auf der Grundlage aktueller und vergleichbarer dienstlicher Beurteilungen getroffen wird. Ergibt sich bei dem Vergleich der Gesamturteile ein eindeutiges Ergebnis, kann das Auswahlverfahren abgeschlossen werden. Andernfalls sind die Beurteilungen „auszuschärfen“. Bei identischen Gesamturteilen müssen die Einzelbewertungen und textlichen Begründungen miteinander verglichen werden. Sehr häufig kann ein Auswahlverfahren auf dieser zweiten Ebene eindeutig entschieden werden. Erst wenn auch nach Ausschärfung noch kein klares Ergebnis vorliegt, darf der Dienstherr auf der dritten Ebene auf andere leistungsbezogene Kriterien zur Stichauswahl abstellen.

Zahllose Gerichtsentscheidungen Diese enorme Bedeutung dienstlicher Beurteilungen für das berufliche Fortkommen führt häufig zum Streit zwischen den Beurteilten und ihren Dienstherren. Bleibt das notwendige Widerspruchs-

verfahren erfolglos, streitet man sich vor dem Verwaltungsgericht. Die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte zu dienstlichen Beurteilungen sind zahllos. Die Beurteilungsstreitigkeiten ziehen sich gern über Monate hin, gegebenenfalls über Jahre, wenn der Rechtsweg ausgeschöpft wird. Nicht selten kann die verwaltungsgerichtliche Entscheidung in einem Klageverfahren gegen die Beurteilung von einer Entscheidung in einem Eilverfahren über eine Auswahlentscheidung überholt werden. Die Entscheidung des Dienstherrn in einem Auswahlverfahren können unterlegene Bewerber in einem Konkurrentenstreit mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung prüfen lassen. Wird in diesem Verfahren vorgetragen, die der Auswahl zugrunde liegende eigene Beurteilung sei rechtswidrig, muss dies von dem Verwaltungsgericht im Eilverfahren ebenfalls geprüft werden. Hält auch das Gericht die Beurteilung für rechtswidrig, schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Das Gericht untersagt die Vollziehung der Auswahlentscheidung und klärt zugleich die Frage der Rechtswidrigkeit der für die Auswahl maßgeblichen Beurteilung.

„Den Dingen auf den Grund gehen.“

Prof. Dr. Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung

Unabhängig.  Unverzichtbar.  Unverwechselbar.

Durch Zuwanderung dürfte der demografische Wandel zumindest in kleinen Teilen abgefedert werden: In seiner kürzlich veröffentlichten Bevölkerungsprognose geht das BBSR davon aus, dass infolge von Migration die Bevölkerung in Deutschland bis zum Jahr 2045 trotz voranschreitender Alterung steigen wird – und zwar um 800.000 Menschen bzw. 0,9 Prozent im Vergleich zu 2023. Das Wachstum auf nationaler Ebene ist allerdings durch große regionale Unterschiede gekennzeichnet: Während wirtschaftsstarke Großstädte und ihr Umland sowie zahlreiche ländliche Regionen insbesondere in Bayern und Baden-Württemberg weiterwachsen, verringert sich die Bevölkerungszahl in strukturschwachen Gegenden abseits der Metropolen weiter. „Ohne Zuwanderung aus dem Ausland würde die Bevölkerungszahl Deutschlands im Jahr 2045 bereits deutlich niedriger liegen, weil die Zahl der Sterbefälle die Zahl der Geburten bei Weitem übersteigen wird“, erklärte Dr. Peter Jakubowski, Leiter der Abteilung Raum- und Stadtentwicklung im BBSR, bei der Vorstellung des Berichts.

Wachsen und schrumpfen

Aktuelle Bevölkerungsprognose bis 2045 liegt vor (BS/Anne Mareile Walter/Mirjam Klinger) Die Bevölkerungszahl in Deutschland wird in den kommenden 20 Jahren durch Zuwanderung auf 85,5 Millionen wachsen. Das geht aus der 10. Bevölkerungsprognose des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hervor. Auch der aktuelle Zensus belegt ein moderates Wachstum.

Die Zahlen des Zensus 2022 geben nicht nur einen Aufschluss über die Bevölkerungsanzahl, sondern auch darüber, wie die Menschen in Deutschland leben.

Eine älter werdende Gesellschaft Trotz des Wachstums wird es 2045 allerdings weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter geben. So wird sich dem BBSR zufolge die Zahl der Menschen im Rentenalter ab 67 Jahren bundesweit um 2,2 Millionen erhöhen. Bundesbauministerin Clara Geywitz erklärte: „Zu den Herausforderungen zählen die Fachkräftesicherung, Integration, mehr altersgerechte Wohnungen, Digitalisierung in der Fläche und die Anpassung der sozialen Infrastrukturen.“ Gerade in einer älter werdenden Gesellschaft werde das Thema Einsamkeit noch stärker in den Vordergrund rücken. „Wir brauchen neue Wohnkonzepte, bei denen Gemeinschaft und Rückzug möglich sind“, sagte sie. Die Großstädte samt Umland würden weiterwachsen, die Nachfrage nach Wohnraum werde hier hoch bleiben. Die Städtebauförderung sei deshalb auf einem hohen Niveau verstetigt worden. Insgesamt werde es 2045 je nach Region „völlig konträre Herausforderungen“ geben, bilanzierte BBSR-Abteilungsleiter Jakubowski In den strukturschwachen Städ-

ten und Kreisen werde es immer schwieriger, eine „leistungsfähige Daseinsvorsorge sowie attraktive Arbeits- und Wohnungsmärkte“ zu garantieren. In den strukturstarken Kommunen hingegen werde es vor allem darum gehen, einer steigenden Nachfrage nach Wohnraum und sozialen Dienstleistungen gerecht zu werden.

Langsamer Bevölkerungsanstieg Die vor Kurzem vorgestellten Ergebnisse des Zensus 2022 zeigen im Rückblick: In den vergangenen Jahren wuchs die deutsche Bevölkerung langsamer als gedacht. So verzeichneten die Statistischen

Demokratie braucht Daten

„Heute steht die Bonner Zweigstelle für die erfolgreiche Arbeit in vielen Statistikbereichen wie beispielsweise Außenhandel, Gesundheit, Umwelt und natürlich Mikrozensus. Mit dem Register für Unternehmensbasisdaten hat 2021 auch eine weitere Abteilung ihren Platz in Bonn gefunden“, sagt Zweigstellenleiterin Dr. Birgit Settekorn. „Auch die Betreuung der Verwaltungsgemeinschaft mit dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft ist bei der Zweigstelle angesiedelt.“

Ein wichtiges Standbein

Die Zweigstelle hat sich über die Jahre zu einem wichtigen Standbein für das Statistische Bundesamt entwickelt und trägt maßgeblich zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Amtes bei. Digitale Kollaborationstools ermöglichen eine flexible, standortübergreifende und gute Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen in Wiesbaden.

Brand, sind die Abweichungen darin begründet, dass die Anzahl der ausländischen Bürgerinnen und Bürger geringer sei als bislang angenommen. So lebten nach dem Zensus 2022 rund 10,9 Millionen Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland. Das ist eine Abweichung von fast einer Millionen gegenüber der angenommenen Bevölkerungsfortschreibung.

Folgenreiche Veränderung

In den letzten 25 Jahren haben die Bonner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zahlreiche bedeutende (europäische) Projekte betreut und dabei geholfen, die Transparenz und Nachvollziehbarkeit statistischer Daten zu gewährleisten. Der enge Kontakt zu den in Bonn ansässigen Ministerien, Behörden und internationalen Organisationen fördert die Bearbeitung und Weiterentwicklung von gesellschaftlich relevanten und zukunftsweisenden Themen im statistischen Datenökosystem. Die

Effizienz und die Genauigkeit der Datenerhebung und -verarbeitung werden mithilfe digitaler Technologien, z. B. des maschinellen Lernens und automatisierter Prozesse, weiter verbessert.

Die Zweigstelle war ihrer Zeit als attraktiver Arbeitgeber in vielem voraus. So eröffnete 2005 in der Zweigstelle das erste Eltern-KindZimmer. Seit dieser Zeit finden auch regelmäßig Gesundheitstage statt. Die Zweigstelle nimmt regelmäßig an der Aktion „Mit dem Rad zur Arbeit“ teil und hat die Auszeichnung als fahrradfreundlicher Arbeitgeber erhalten. Als umweltbewusster Arbeitgeber leistet die Zweigstelle u. a. mit der Teilnahme an dem Jobwärts-Mobilitätsprogramm der Stadt Bonn und der Zertifizierung nach der europäischen EMAS-Verordnung im Jahre 2023 ihren Beitrag zum Klimaschutz. Von Fitnessräumen und Betriebssportgruppen über einen Arbeitgeberzuschuss zum Deutschland-JobTicket und großzügigen Gleitzeitregelungen, Teilzeitmöglichkeiten, Pflege- und ElternGuide bis hin zur persönlichen Weiterentwicklung durch Mentoring-Angebote, Coachings und Potenzialanalysen bietet die Zweigstelle zahlreiche weitere Benefits und Entwicklungsmöglichkeiten sowie eine gute Vereinbarung des Berufsund Privatlebens.

* Fabian Middelhoff ist Referatsleiter Verwaltung beim Statistischen Bundesamt, Zweigstelle Bonn.

25 Jahre Zweigstelle Bonn des Statistischen Bundesamtes (BS/Fabian Middelhoff*) Teamgeist, Weiterentwicklung und Qualität – es gibt viel zu feiern, seit vor 25 Jahren rund 500 Mitarbeitende ihre Arbeit in Bonn antraten. Mittlerweile sind es 680 Beschäftigte, die in Bonn täglich daran mitwirken, Politik und die Gesellschaft mit qualitativ hochwertigen Daten zu versorgen. M it dem Umzug des Bundesinnenministeriums nach Berlin wurde 1991 die Verlagerung der Zweigstelle des Statistischen Bundesamtes von Berlin nach Bonn beschlossen und im Bonn/Berlin-Gesetz festgeschrieben. Am 6. August 1999 war es dann soweit: 500 Beschäftigte nahmen unter dem damaligen Präsident Johann Hahlen ihre Arbeit in der Zweigstelle auf. Besonders hieran war, dass diese aus sieben verschiedenen Behörden kamen. Die meisten von ihnen wechselten im Rahmen eines Personaltausches aus dem Bundesministerium des Innern, der Bundestagsverwaltung und anderen Bonner Behörden. Hinzu kamen Beschäftigte aus der Zweigstelle Berlin, der Außenstelle Düsseldorf und vom Wiesbadener Hauptsitz des Statistischen Bundesamtes. Die Herausforderung beim Aufbau der Zweigstelle Bonn war der Start mit etwa 80 Prozent fachfremdem Personal aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen. Lediglich 143 Beschäftigte mit fachstatistischem Hintergrund wechselten nach Bonn. Mit einer groß angelegten Aus- und Fortbildungsoffensive – 61 Seminare in 86 Wochen – erlernten die neuen Beschäftigten die statistischen Methoden und wuchsen zu einer Statistik-Gemeinschaft zusammen. Zusätzlich fördert die persönliche Atmosphäre auf der Liegenschaft in Bonn, dem sogenannten Campus, kollegiales Miteinander und gegenseitige Unterstützung.

Ämter des Bundes und der Länder von 2011 bis Mai 2022 einen Bevölkerungsanstieg um insgesamt 2,5 Millionen Menschen. Das waren 1,6 Prozent weniger Einwohnerinnen und Einwohner als nach der bisherigen Bevölkerungsfortschreibung angenommen. Auch hier variieren die Zahlen je nach Region. In sieben Bundesländern sind die Abweichungen der Bevölkerungszahl nach unten größer als 1,6 Prozent. Vor allem dem Stadtstaat Berlin fehlen mit einer Abweichung von minus 3,5 Prozent gegenüber 2011 fast 129.000 Einwohner. Nach Mitteilung der Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, Ruth

Kommentar

Migrationsquote:

Die Abweichungen in den einzelnen Bundesländern haben für diese auch finanzielle Auswirkungen. Die Einwohnerzahlen der Länder sind ein zentraler Maßstab der bundesweiten Steuer- und Finanzverteilung. In einer Pressemitteilung kommentierte der Berliner Finanzsenator Stefan Evers: „Der Zensus 2022 bedeutet schmerzhafte Mindereinnahmen für Berlin.“ Die Steuermindereinnahmen ab 2022 betragen im Jahr rund minus 450 Millionen Euro. Weitere Erkenntnisse, die aus den Zahlen des Zensus 2022 gezogen werden können, beziehen sich auf die Wohnungspreise. Mit 43,11 Millionen Wohnungen weicht die Gebäude- und Wohnungszählung nicht allzu deutlich von der Zahl der Wohnungen aus der Bestandsfortschreibung vom 31. Dezember 2021 ab. Damals zählten die statistischen Ämter in Bund und Ländern 43,08 Millionen Wohnungen. Seit Veröffentlichung des letzten Zensus 2011 ist die Anzahl der Wohnungen um insgesamt 2,5 Millionen angestiegen. Zum Stichtag 15. Mai 2022 lebten in Bayern fast 50 Prozent der Haushalte in eigenen Wohnungen. Damit liegt Bayern über dem deutschlandweiten Durchschnitt von unter 45 Prozent.

gegen die Auswahl der Besten

(BS) Der rot-rot-grüne Berliner Senat war 2021 der erste öffentliche Arbeitgeber, der mit einem Gesetzesentwurf eine Quotenregelung im Öffentlichen Dienst für Tarifbeschäftigte und Beamtinnen mit Migrationshintergrund verbindlich festlegen wollte, entsprechend ihrem Anteil an der Berliner Bevölkerung mit 35 Prozent. Zweifel an der Verfassungskonformität des Vorhabens beließen es am Ende bei Absichtserklärungen. Nun plant Bundesinnenministerin Nancy Faeser eine Neuauflage für den Bund, allerdings auch hier wegen verfassungsrechtlicher Bedenken als „schlanke Lösung“. Die angestrebte signifikante Erhöhung des migrantischen Anteils im Öffentlichen Dienst soll durch ein Bundespartizipationsgesetz gestützt werden und durch entsprechende Richtlinien und Verordnungen Wirkung entfalten.

Bild: BS/Statistische Ämter des Bundes und der Länder von Uwe Proll

Generell gilt beim Beamtenstatus: Der Bewerber muss im Besitz eines deutschen Passes sein. Auch EUBürger und wenige andere Nationalitäten können Beamte werden. Für Tarifbeschäftigte gilt diese Einschränkung nicht. So wünschenswert die Abbildung der Diversität der Gesellschaft auch im Öffentlichen Dienst ist, so eng sind die Grenzen. In Artikel 33, Absatz 2 des Grundgesetzes, weiter ausgeführt in Paragraf 9 des Bundesbeamtengesetzes und den Vorschriften der Länder, ist vom Prinzip der Bestenauslese die Rede: „Jedes öffentliche Amt ist jedem Deutschen

nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleich offen.“ So weit, so gut. Also ist der oder die Beste für eine Stelle im Amt, in der Behörde oder im Ministerium den weniger Geeigneten zwingend vorzuziehen. Theoretisch ist also alles klar, doch der Teufel liegt im Detail: der Praxis der Personalpolitik.Gescheitert war vor dem Berliner Senat bereits 2016 die SPD-geführte NRW-Landesregierung mit dem Versuch, eine Frauenquotierung durch die Hintertür ins Landesbeamtengesetz einzuführen. Der Gesetzentwurf formulierte die Bewerberbeurteilung der Bestenauslese um: Frauen seien „bei im Wesentlichen gleicher Eignung“ zu bevorzugen. Das OVG Münster kippte das Gesetz, das „Wesentliche“ wurde gestrichen. Ähnliche Versuche wird es dann gesetzlich unterschwellig infolge des Bundespartizipationsgesetzes geben. Für den Öffentlichen Dienst und seine Reputation ist dies verheerend, denn auf Frauen sollen der Logik nach bevorzugt Deutsche mit Migrationshintergrund in den Beamtenstatus gelangen, aber eben deswegen nicht immer die Besten. Die nächsten Schritte wären denkbar, nämlich die Quoten nach Herkunftsländern herunterzubrechen. Wie wäre es mit einem Proporz nach Bundesländern?

Diese Politik geht in die falsche Richtung. Denn schon die Parteizugehörigkeit ist leider ein Mühlstein bei der Bestenauslese. Öffentlich Bedienstete, besonders Beamte, treffen für alle wichtige Entscheidungen, für Wirtschaft wie Privatleute, verhängen Verbote und Sanktionen. Das geht nur mit den Besten.

Grafik: Behörden Spiegel-Gruppe Quelle: Bundesanstalt für Straßenwesen Stand: Juli 2024

Beirat

Wissenschaftlicher

Gleichstellungsbeauftragte

AK Akademie für nachhaltiges Straßenund Verkehrswesen

Vorsitz Prof. Dr. Wolfram Ressel

Dr. Franka Tauscher -9006

LRDir Karsten Strauch -1600

Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)

Präsident

SD Digitalisierung Straßenwesen

SC Controlling, Qualitätsmanagement, Internationale Zusammenarbeit

ORR Dr. Adrian Fazekas -1400

LRDir Dr. Karl-Josef Höhnscheid 2) -1200

S Straßenbautechnik DirProf Hon.-Prof. Dr. Ulf Zander -7000

B Ingenieurbauwerke

RDir Dr. Carl Richter -6000

S1 Nachhaltiges Bauen und Erhalten von Straßen

RDir Oliver Ripke -7100

S2 Betonbauweisen Kommissarische Leitung ORR'in Gudrun Golkowski -7200

S3 Asphaltbauweisen

B1 Betonbau

RDir Dr. Matthias Müller -6100

B2 Stahlbau, Korrosionsschutz, Brückenausstattung

RDir Dr. Heinz Friedrich -6200

B3 Tunnelund Grundbau, Tunnelbetrieb, Zivile Sicherheit

RDir'in Dr. Verena Rosauer -7300

RDir Dr. Ingo Kaundinya -6300

S4 Chemische Grundlagen, Umweltschutz Dr. Dirk Röseling -7400

B4 Grundsatzfragen der Bauwerkserhaltung

RDir Ralph Holst -6400

S5 Zustandserfassung und -bewertung

RDir Christoph Becker -7500

S6 Analyse und Entwicklung von Straßenoberbauten LRDir Dr. Dirk Jansen -7600

Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) Brüderstraße

F Fahrzeugtechnik

DirProf Andre Seeck 1) -5000 F1 Aktive Fahrzeugsicherheit und Fahrerassistenzsysteme

RDir Dr. Jost Christian Gail -5100 F2 Passive Fahrzeugsicherheit, Biomechanik

RDir Bernd Lorenz -5200 F3 Emissionen im Kraftfahrzeugbereich

LRDir Uwe Ellmers -5300 F4 Automatisiertes Fahren

RDir Tom Michael Gasser -5400 F5 Vernetzte Mobilität

RDir Dr. Lutz Rittershaus -5500 Kalibrierlabor für Sensoren

Reg.-Nr. D-K-15013-01

RDir Bernd Lorenz -5200

1) Vertretung des Präsidenten 2) zugleich Forschungsbeauftragter

Ideenmanagerin Julia Pötters -9007 Inklusionsbeauftragte Dr. Kirstine Lamers -2000 Foto: BS/BASt –Daniel Carreño,

V Straßenverkehrstechnik

DirProf Dr. Lutz Pinkofsky -4000 V1 Straßenentwurf, Verkehrsablauf, Verkehrsregelung

RDir Dr. Marco Irzik -4100 V2 Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Verkehrsstatistik

LRDir Dirk Heuzeroth -4200 V3 Umweltschutz, Immissionen

RDir'in Dr. Anja Baum -4300

U Verhalten und Sicherheit im Verkehr

PräsProf Univ.-Prof. Dr. habil. Markus Oeser Z Zentralabteilung

PK Presse und Kommunikation

Petra Peter-Antonin -1300

RDir'in

DirProf Dr. Ingo Koßmann -3000 U1 Fahreignung, Fahrausbildung, Kraftfahrerrehabilitation

AbtPräs Dr. Kirstine Lamers -2000 Z1 Personal, Justiziariat, Organisation, Arbeitsund Gesundheitsschutz

RDir'in Dr. Astrid Bartmann -3100 U2 Unfallanalyse, Unfallstatistik

RDir Dr. Johannes Stalberg -2100 Z2 Externe Forschung, Bibliothek und Dokumentationswesen

RDir Markus Lerner -3200 U3 Grundlagen des Verkehrsund Mobilitätsverhaltens

RDir Dr. Torsten Geißler -2200

Z3 Haushalt, Finanzwesen, KLR

V4 Straßenausstattung

RDir'in Janine Kübler -4400 V5 Verkehrsbeeinflussung und Straßenbetrieb

RDir Rainer Lehmann -4500 Prüfstelle Straßenausstattung Reg.-Nr. D-PL-150 13-01 RDir'in Janine Kübler -4400

Dr. Fabian Surges -3300 U4 Begutachtungsstelle Fahrerlaubniswesen

Markus Langhof -2300

ROAR

RDir'in Dr. Claudia Evers -3400 U5 Sicherheitskonzeptionen, Sicherheitskommunikation

Z4 Innerer Dienst, Beschaffung/Vergabe ROAR Frank Bocks -2400

RDir Dr. Markus Schumacher -3500

Z5 IT-Administration Ayhan Toptas -2500

Stabsstelle Fachkraft für Arbeitssicherheit (FASi) Klaus-Jürgen Schenker -9001 Ansprechpartner für Qualitätsmanagement-Aufgaben Felix Heinl -9012

Personalrat Vorsitzende Claudia Homann -1500/-1501 Schwerbehindertenvertretung Anja Missal -9013

Behördlicher Datenschutzbeauftragter Michael Bahr -9002 IT-Sicherheitsbeauftragte Melanie Schäning -9009

(BS) Zur Vollstreckung von Forderungen oder bei der Bekämpfung von Steuerbetrug: Die Abfrage von Kontodaten rückt immer mehr in den Fokus. Seit April 2005 dürfen Finanzämter, Sozialämter und Arbeitsagenturen Kontoinformationen beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) abrufen, um unter anderem die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu erleichtern. Dabei wird das Mittel der Kontoabfrage immer probater: Gab es 2005 noch circa 10.000 Kontoabfragen im Jahr, summierte si ch die Zahl 2021 auf insgesamt 1,15 Millionen und markiert damit einen vorläufigen Höchststand. Der kommissarische Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Prof. Ulrich Kelber, fordert derweil eine Evaluierung des Verfahrens. Jeder Kontoabruf stelle einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar.

Abfragen von Kontoinformationen bei der BaFin

Abfragen beim BZSt von Finanzbehörden – getrennt nach Bundesländern

Abfragen beim BZSt von Sozialleistungsbehörden, Gerichtsvollziehern und Unterhaltsvorschussstellen – getrennt nach Bundesländern

Zunächst jedoch zu den Lootboxen. Sind die digitalen Zufallspäckchen in Videospielen Glücksspiel oder nicht? Juristisch gesehen fehlt es an entscheidenden Kriterien, um Lootboxen als Glücksspiel einzustufen. Dennoch wird der Ruf nach ihrer Regulierung auch in Deutschland zunehmend lauter. Lange Zeit fehlte es an nötigen Stimmen, die Verantwortung für das Thema übernahmen. Mit einem Positionspapier führender Abgeordneter der Grünen aus Bund und Ländern gibt es aber nun konkrete politische Ziele. Auch die SPD teile viele der im Positionspapier der Grünen erwähnten Standpunkte, erklärte Alexander Bartz, MdB (SPD), auf dem Deutschen Glücksspielkongress in Berlin. Daher ist der Kern der politischen Debatte aktuell, wie und in welchem Rechtskörper Lootboxen am besten zu regulieren sind und ob sie als Glücksspiel eingestuft werden müssen. Für Dariush Hassanpour, Mitglied der Bürgerschaftsfraktion der Linken in der Bremischen Bürgerschaft, ist in dieser Frage auch eines der großen Probleme zu finden, denn bei der Diskussion ging es bisher sehr viel um Verantwortung. Gaming-Industrie, Länder, Bund –oder sind vielleicht sogar die Eltern in der Pflicht zu handeln?

Wer ist verantwortlich?

Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, was man regulieren möchte, wie Dr. jur. Martin Maties, Professor für Bürgerliches Recht, Arbeits- und Sozialrecht sowie Methodenlehre an der Universität Augsburg, erklärt. Ebenfalls ist es wichtig, wen man danach fragt. Denn die Parteien stehen häufig an anderer Stelle und Eltern, die bei dem Thema häufig nicht wirklich durchblicken, wünschen sich Aufklärung und Hilfe vom Staat. Einige Politiker sehen hingegen die Eltern in der Verantwortung. Schließlich könne man den Kindern auch den Zugang zu diesen Mechanismen verwehren. Dazu müsse man nur die Bezahlmöglichkeiten entfernen.

Trotzdem bleibt zu klären, ob es sich um eine politische Frage auf Länder- oder Bundesebene handelt. Das hängt auch vom Rahmen der

Das fängt bei den Zuständigkeiten an: Wie können wir die Probleme der Bürgerinnen und Bürger lösen, ohne zu viel Zeit zu verlieren? Eine Hauptursache, weswegen die Verwaltung oftmals weniger Leistung erbringt, als sie es könnte, ist das sogenannte „Behörden-Pingpong“: Verschiedene Stellen spielen sich die Verantwortung immer wieder gegenseitig zu, während Lösungen für die entsprechenden Fragen gefunden werden müssten. Das Ergebnis solcher staatlichen Ballwechsel ist nur ein hoher Verwaltungsaufwand – davon hat am Ende niemand etwas.

The Fear of Missing Out

Wann kommen Spielregeln für Lootboxen?

(BS/Sven Rudolf) „Nur zwölf Stunden! Drei Promo Packs zum Preis von nur 450 FIFA Points!“ Für Nichteingeweihte ein verwirrender und nichtssagender Satz, der aber gleich mehrere der problematischen In-Game-Käufe in vielen beliebten Videospielen beinhaltet. Zum einen sind das Lootboxen, ein glücksspielähnliches Phänomen, und zum anderen gleich mehrere sogenannte Dark Patterns. Letztere sind „Verkaufsstrategien“, welche vielen sicherlich auf die eine oder andere Art bekannt vorkommen.

Regulierung ab. Geht es um Glücksspielregulierung, Jugendschutz oder Verbraucherschutz?

Dark Patterns regulieren Da gerade der leichte Zugriff, den Kinder auf Lootboxen haben, ein wichtiger Streitpunkt ist, könnte es eine Lösung sein, Lootboxen im Jugendmedienschutzgesetz zu regulieren. In diesem Umfeld könnte man sich dann auch gleich der sogenannten Dark Patterns annehmen, die in der Vermarktung von In-Game-Käufen zum Einsatz kommen. Dazu zählen Praktiken wie das sogenannte FOMO (Fear of missing out) oder die Verschleierung der tatsächlichen Kosten durch mehrere

Währungen innerhalb des Videospiels. Wie umfangreich diese Strategien gerade in „Free-to-play“ Titeln verbaut sind, erläutert zum Beispiel die Studie „Insert Coin to Continue“ (nachzulesen unter https:// unipub.uni-graz.at/obvugrveroeff/ content/titleinfo/9606002). Eine andere Möglichkeit, gezielt Kinder vor diesen Inhalten zu schützen, wäre ein erschwerter Zugriff auf Bezahlmöglichkeiten. Markus Meschik, Ph.D., Geschäftsführer von Enter –Fachstelle für digitale Spiele in Graz, verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass dann eine effektive Lösung die Abschaffung von Bezahlkarten sei. Denn über diese haben auch Minderjährige leichten Zugriff

auf In-Game-Käufe. Auch Dr. Christian-Henner Hentsch, Professor für Urheber- und Medienrecht an der TH Köln, sieht nicht im Jugendschutz die umfassende Lösung für das Problem mit Lootboxen oder vielmehr Dark Patterns. In seinen Augen gehört das Thema in den Verbraucherschutz.

Glücksspiel oder nicht?

Ein anderer Gedanke ist die Regulierung von Lootboxen über den Glücksspielstaatsvertrag. Dabei stellt sich jedoch zunächst einmal die entscheidende Frage, ob Lootboxen überhaupt Glücksspiel sind oder nicht. Glücksspielähnlich sind sie mit ihrem zufallsbasier-

Keine Zeit mehr verlieren

Die Berliner Verwaltungsreform zieht an

(BS/Martina Klement) Die Modernisierung der Verwaltung ist eine der dringlichsten Aufgaben, vor denen wir derzeit stehen. Sie betrifft direkt das Verhältnis von Bürgerinnen und Bürgern zum Staat. Durch die Digitalisierung haben sich viele Lebensbereiche rasant verändert. Moderne Technologien helfen uns dabei, schneller an Informationen zu kommen. Der Staat muss sich dieser Geschwindigkeit anpassen, um auch in Zukunft noch als handlungsfähig wahrgenommen zu werden.

ten Inhalt in jedem Fall. Für eine juristische Definition als Glücksspiel fehlt es jedoch an entscheidenden Merkmalen. Zu nennen ist hier vor allem das Ausbleiben eines Totalverlustes, denn irgendetwas bekommt man beim Öffnen einer Lootbox immer. Eine Deklarierung von Lootboxen als Glücksspiel hat jedoch ihre ganz eigenen Probleme. Denn wenn nicht gleichzeitig eine Anpassung des Glücksspielstaatsvertrages der Länder erfolgt, wären Lootboxen nach ihrer Definition als Glücksspiel automatisch als illegales Glücksspiel zu werten. Denn sie sind im Glücksspielstaatsvertrag nicht als legales Angebot aufgeführt. Gerichtliche Entscheidungen, ob Lootboxen nun als Glücksspiel zählen oder nicht, sind daher im Interesse eines Regulierungschaos zu vermeiden.

Da die Frage aber auch in anderen Ländern diskutiert wird, lohnt sich auch der Blick in drei unserer Nachbarländer. In den Niederlanden und Belgien geht man bereits seit einigen Jahren gegen Lootboxen vor, sodass Spiele-Publisher wie EA ihre Spiele dort ohne die digitalen Goodiebags auf den Markt bringen. Direkt verboten sind Lootboxen in den beiden Ländern allerdings nicht, wie Dr. Andreas Woerlein LL.M., Melchers Rechtsanwälte, betont.

Auch für einen Vergleich mit den österreichischen Gerichtsentscheidungen zum Thema Lootboxen hat er schlechte Nachrichten. Denn der österreichische Glücksspielbegriff ist nicht eins zu eins auf den deutschen übertragbar. Daher lassen sich aus den Gerichtsentscheidungen in Österreich, die Lootboxen als Glücksspiel deklarieren, keinesfalls Schlüsse auf deutsche Verhandlungen zu diesem Thema ziehen. Aktuell ist der Glücksspielstaatsvertrag der Länder also keinesfalls der beste Ort, um die Regulierung von Lootboxen voranzubringen. Dennoch setzt sich unter anderem die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder mit dem Thema aktiv auseinander – und mit Ansätzen im Jugendmedienschutz und dem Verbraucherschutz sind ebenfalls verschiedene Lösungsmodelle für die Regulierung vorhanden.

bunden mit der Verwaltungsreform ist auch eine Evaluation der Finanzbeziehungen zwischen Bezirken und Hauptverwaltung.

Im Bürgeramt

Kontinuität schaffen Damit diese Zuweisungen auch über den Moment hinaus Bestand haben, definieren wir die einzelnen Aufgaben anhand von Politik- und Querschnittsfeldern. So wollen wir verhindern, dass bei künftigen Regierungsbildungen zusammenhängende Themen auseinandergerissen und auf unterschiedliche Ressorts und Behörden verteilt werden. Jedes

Die Berliner Verwaltungsreform setzt genau hier an. Anfang Juli 2024 haben wir im Senat die nächsten Schritte unserer Verwaltungsreform in die Wege geleitet. Wir wollen transparente und nachvollziehbare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten schaffen. Deswegen haben wir einen Prozess der Aufgabenneuordnung gestartet, der einen vollständigen und einheitlichen Zuständigkeitskatalog zum Ziel hat und eine umfassende Aufgabenkritik beginnt. Der Aufgabenkatalog wird – anders als bisher – tatsächlich alle Themenkomplexe der Berliner Verwaltung umfassen und nicht nur die der Hauptverwaltung. Auf diese Weise kommen wir zu einer transparenten Darstellung der Zuständigkeiten, die alle Aufgaben und Akteure der Berliner Verwaltung mit einbezieht.

dieser Felder soll in den kommenden Legislaturperioden immer nur einem Senatsressort zugeordnet werden. Auf Bezirksebene sollen sie sich in der einheitlichen Ämterstruktur spiegeln. Diese Grundregelung wird uns dabei helfen, Mehraufwände durch häufige Neustrukturierungen für die Verwaltung zu vermeiden, wie sie bisher nach jeder Regierungsbildung nötig sind. Eng damit verbunden ist ein Prozess der Aufgabenkritik, der parallel in allen Senatsverwaltungen für die jeweiligen Politikfelder stattfindet. Ziel dieser Aufgabenkritik ist es, Aufgaben zu identifizieren, die effektiver oder auch an anderer Stelle – zum Beispiel zentralisiert oder auf Bezirksebene – wahrgenommen werden können. Manche Aufgaben werden sicherlich auch im Laufe dieses Prozesses als überflüssig identifiziert werden können. Dann müssen sie entsprechend abgeschafft werdendas entlastet die Verwaltung bei ihrer alltäglichen Arbeit. Wichtig ist, dass wir dabei das große Ganze im Auge behalten. Alle

Handlungsempfehlungen, die jetzt in den nächsten Wochen und Monaten in den Behörden erarbeitet werden, müssen einer politischen Prüfung unterzogen werden. Senat und Abgeordnetenhaus werden bei der grundsätzlichen Neuordnung der Strukturen mit einbezogen. Wir wollen bis zum Ende der Legislaturperiode die Voraussetzungen für die Neustrukturierung geschaffen haben, sodass sie mit Beginn der neuen Legislaturperiode umgesetzt werden können.

Steuern und befähigen

Parallel werden wir uns im geplanten neuen Landesorganisationsgesetz zwei weiteren wichtigen Feldern der Verwaltungsreform zuwenden: der deutlichen Verbesserung der gesamtstädtischen Steuerungsfähigkeit der Senatsverwaltungen sowie der Stärkung der Bezirke mit ihren Durchführungsaufgaben. Diese beiden Themen sind aus unserer Sicht für ein Gelingen der Verwaltungsreform genauso wichtig wie klare Zuständigkeiten. Unmittelbar ver-

Zum weiteren Feld der Verwaltungsmodernisierung in Berlin gehören für uns auch die Verbesserung der Situation in den Bürgerämtern und die Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen. Oft sind Bürgerämter der wichtigste Ort, an dem Staat und Bürger miteinander in Kontakt kommen. Hier spüren sie, in welchem Tempo und welcher Qualität sich der Staat um ihre Angelegenheiten kümmern kann. Digitale Lösungen helfen uns dabei, Vorgänge nicht nur zu beschleunigen, sondern Bürgeramtsbesuche in vielen Fällen sogar komplett entbehrlich zu machen. Damit entlasten wir nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Ämtern. Wenn wir es also richtig angehen, gewinnen am Ende alle dabei.

Martina Klement ist Chief Digital Officer des Landes Berlin und Staatssekretärin für Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung. Foto: BS/Senatskanzlei Berlin

Lootboxen sind manchmal wie verlorene Schätze. Niemand weiß genau, was drin ist und wie viel es kostet, das Gewünschte zu bergen. Bild: BS/Moopingz, stock.adobe.com

Wie gut ist der Staat als Dienstleister? Die Meinungen darüber gehen sicherlich weit auseinander, je nachdem ob die gefragten Personen gerade einen gut oder schlecht laufenden Prozess beim Amt haben. Zwei Faktoren scheinen dabei entscheidend für das Erlebnis zu sein, welches man beim Dienstleister Staat hat. Es ist für diese beiden Punkte dabei egal, ob man auf kommunaler, Landesoder Bundesebene unterwegs ist. Ein Punkt ist die Kommunikation und der gegenseitige Umgangston, sollten Bürger/-innen direkten Kontakt mit Sachbearbeitenden haben. Der zweite ist die Komplexität und Zugänglichkeit des Vorganges. Denn auch ein digitalisierter Vorgang kann noch kompliziert sein. Die beste Möglichkeit, um die Kundenfreundlichkeit des Staates zu verbessern, findet sich in Verwaltungsreformen, die den Staat digitaler und zugänglicher machen. Die kundenorientierte Verwaltungsreform

Eine benutzerfreundliche Ausgestaltung der Verwaltung spielt dabei nach Aussage des Bundesministeriums für Inneres und Heimat ebenso eine Schlüsselrolle wie die Digitalisierung. Die rein digitale Ausgestaltung der Vorgänge reicht aber bei Weitem nicht. Denn wenn der digitale Vorgang unhandlich

Der Bürger ist König

„Kundenorientierung“ bei der Verwaltungsreform

(BS/Sven Rudolf) Klischeehafterweise ist der Gang zum Amt für Bürgerinnen und Bürger häufig ein langsamer und quälender. Da stellt sich die Frage: Sind die Behörden als Dienstleister denn überhaupt an „Kundinnen und Kunden“ orientiert? Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung bieten hier großes Potenzial, sich noch stärker auf deren Belange zu fokussieren und die Services daran auszurichten.

und nicht verständlich ist, hilft dies niemandem. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte dazu auf Rückfrage: „Durch ein einfaches und nutzerfreundliches Verfahren können gerade bei häufig in Anspruch genommenen Leistungen Bürgerinnen und Bürger und die Verwaltung gleichermaßen entlastet werden. Die Nutzerfreundlichkeit ist daher auch zentraler Bestandteil des Servicestandards, der vom BMI den Projektverantwortlichen in der Verwaltung zur Anwendung empfehlen wurde.“

Konkret umfasst dies einfach zu bedienende Benutzeroberflächen und unterstützende Beratungsangebote (z. B. Behördennummer 115, Gebärdentelefon). Die Anforderungen und Bedürfnisse sämtlicher Nutzergruppen, insbesondere auch älterer Menschen und Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen, sollten auch bereits bei der Planung und Entwicklung elektronischer Angebote berück-

sichtigt werden. Bürgerinnen und Bürger solten dabei in diesem Prozess durch unterschiedliche Beteiligungsformate (z. B. Nutzertests, Digitallabore, Interviews) von Beginn an in die Ausgestaltung neuer Angebote einbezogen werden. Welche Hilfe das jeweils sein wird, hängt sicherlich von der Beeinträchtigung und der Technikaffinität des einzelnen ab.

Auch beim Masterplan „Transformation Verwaltung“ der Landesver-

waltung von Baden-Württemberg spielen Nutzerfreundlichkeit und die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger eine wichtige Rolle. Die Landesregierung informiert transparent über die Erkenntnisse und Stadien der einzelnen Projekte, die zum Masterplan beitragen. Ein Beispiel ist hier das noch laufende „KIVO“-Projekt, das vom Wirtschaftsministerium verantwortet wird: ein KI-Voicebot, der 24 Stunden am Tag zur Beantwortung von Fragen zur Verfügung steht. Bisher hat der Chatbot wertvolle Informationen geliefert und wird auch von den beteiligten Unternehmen durchweg positiv aufgenommen.

Kontrolle ist besser

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Zur Überprüfung und Bewertung des Erfolgs der Nutzerfreundlichkeit sind ein ständiges Monitoring und regelmäßige Evaluierung wichtig. Nach dem Onlinezugangsgesetzänderungsgesetz (OZGÄndG) sollen Bund und Länder ein fortlaufendes Monitoring der Digitalisierung ihrer Verwaltungsleistungen und eine regelmäßige Evaluierung durchführen. Nutzerfreundlichkeit stehe bei diesen Evaluierungen besonders im Fokus, heißt es aus dem Bundesinnenministerium. Als weiteres Mittel werden demnächst „Servicestandards für die digitale Verwaltung“ als Rechtsverordnung für die Behörden verbindlich vorgegeben. Der Servicestandard definiert ganzheitliche Qualitätsprinzipien für die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen und beinhaltet neben Vorgaben zu einer einfachen, in-

tuitiven und barrierefreien Nutzbarkeit, auch Mechanismen zur Wirkungskontrolle, Evaluation der Nutzerzufriedenheit sowie für eine nutzerzentrierte Weiterentwicklung digitaler Verwaltungsangebote.

Sterne-Rating

Die Prozesse werden also akribisch optimiert und auch auf die Belange der Bürger ausgerichtet. Mit den Servicestandards werden gleichzeitig auch potenzielle Probleme bei der Amt-Bürger-Kommunikation adressiert. Natürlich wird trotz der guten Vor- und Ansätze keine „Veränderung über Nacht“ in der Verwaltung stattfinden, wie sowohl die Verwaltungsreform des Bundes als auch der Masterplan Transformation Verwaltung aus Baden-Württemberg zeigen. Der Vorteil des Modells in Baden-Württemberg ist: Es bleibt mehr Zeit, die Prozesse grundlegend zu optimieren, bevor sie auf breiter Schiene eingebunden werden. So können direkt erste Verbesserungen vorgenommen werden, wenn die Pilot-Projekte zu einem Ende kommen.

So können negative Erfahrungen mit verzögerten und als unnötig kompliziert wahrgenommen Prozessen minimiert werden. Als Folge könnten sich also auch die Sterne-Bewertungen von Ämtern und öffentlichen Stellen auf Google verbessern. Wobei es wichtig ist, festzuhalten, dass bei Weitem nicht alle Ämter der deutchen Städte hier gleich abschneiden und es in den vergangenen Jahren wohl durchaus einige Verbesserungen gab, wie aus einer Studie des Verbraucherschutzvereins Berlin/Brandenburg hervorgeht. Dennoch wird es auch interessant sein, zu sehen, ob sich das Bild aller Behörden bessert oder ob bestimmte Vorgänge oder Standorte weiterhin eher negativ wahrgenommen werden, wenn die Modernisierungsmaßnahmen in Kraft treten und auch beim Bürger ankommen.

Behörden Spiegel: Frau Hessel, das Steuerrecht „fit für die Zukunft zu machen“, ist eines Ihrer erklärten Ziele. Was wurde in Ihrer Amtszeit bereits erreicht und was ist noch zu leisten?

Katja Hessel: Die Digitalisierung ist für uns ein sehr wichtiges Ziel. Wir brauchen sie vor allem auch in der Steuerverwaltung, aber es gibt Grenzen. Einen Papiervordruck kann man beispielsweise nicht eins zu eins digital umwandeln. An diesem Punkt sind wir dran und haben auch schon einiges erreicht: Wir haben beispielsweise die Papierwelt ins Elsterformular übertragen und über die Elster-App können Steuerbelege hochgeladen werden. Auch die vorausgefüllte Steuererklärung wollen wir weiter nach vorne bringen. Wir brauchen ein neues, moderneres Steuerrecht, auch wegen des drohenden Fachkräftemangels. Steuergesetze müssen insgesamt digital verständlicher werden.

„Der Zoll muss leider genauso sparen wie alle anderen Ressorts auch.“

Behörden Spiegel: Der Koalitionsvertrag sieht genau das vor: ein moderneres Steuerrecht und den Abbau bürokratischer Hürden. Mehr als die Hälfte der aktuellen Legislatur ist mittlerweile vergangen. Wie zufrieden sind Sie mit dem Status quo?

Hessel: Durch neue Gesetzgebung entsteht manchmal leider auch neue Bürokratie. Wir arbeiten gerade am Bürokratieentlastungsgesetz IV. Hier prüfen wir noch einmal sehr genau: Welche steuerlichen Maßnahmen können wir mit einbringen und wie schnell sind sie umsetzbar? Mit dem Wachstumschancengesetz haben wir bereits angefangen, Bürokratie abzubauen. Wir haben zum Beispiel Pauschalen nach oben gesetzt: Dann ist insgesamt weniger aufzuschreiben und weniger vorzuhalten. Das sind Punkte, die wir machen müssen und auch machen wollen.

Behörden Spiegel: Im Bereich Digitalisierung der Finanzverwaltung hinkt Deutschland im internationalen

Für den Finanzminister ist es das Wichtigste, den roten und grünen Partnern das Festhalten an der Schuldenbremse abgerungen zu haben. Dabei seien die „Grenzen der Kompromissfähigkeit“ in Sichtweite gewesen, sagt er offenbar auch mit Blick auf das grüne Lieblingsprojekt Kindergrundsicherung, von dem keine Rede mehr ist. Jetzt sei man auf einem guten Weg, die Staatsverschuldung zu reduzieren und den Schuldenstand, der 2021 noch auf 69 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen war, in Richtung 60 Prozent zu drücken, um die europäischen Grenzwerte wieder einzuhalten. Steuererleichterungen durch den Abbau der kalten Progression wird es geben (23 Milliarden Euro), Investitionen auf Rekordniveau (78 Milliarden) und ein Wirtschaftsprogramm mit besseren Abschreibungsbedingungen. Insgesamt will der Bund im kommenden Jahr 480 Milliarden Euro ausgeben und 43,8 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. Hohe Kürzungen hinnehmen müssen die Einzelpläne des Auswärtigen Amtes (-12,5 Prozent), des Wirtschaftsministeriums (-7,5) und des Ministeriums

Mehr Wertschätzung für den Zoll

Stärkung trotz Sparmaßnahmen

(BS) Über Wege zu einem modernen Steuerrecht, den Abbau bürokratischer Hürden und Sparmaßnahmen beim Zoll sprach die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Katja Hessel, mit dem Behörden Spiegel. Die Fragen stellten Anne Mareile Walter und Dr. Eva-Charlotte Proll.

„Steuergesetze müssen digital verständlicher werden“: die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Katja Hessel, über Wege zu einem modernen Steuerrecht. Foto: BS/Bundesministerium der Finanzen

Vergleich hinterher – trotz Errungenschaften wie der vorausgefüllten Steuererklärung. Woran hakt es aktuell am meisten?

Hessel: Ich möchte an dieser Stelle kein „Shaming und Blaming“ betreiben. Aber bei uns in Deutschland gibt es die besondere Thematik, dass Steuerverwaltung Ländersache ist. Beim Thema Digitalisierung der Steuerverwaltung müssen also 16 Bundesländer plus der Bund an einem Tisch sitzen und alle in die gleiche Richtung laufen. Zwar stimmt die Richtung, aber es gehen alle in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Deshalb ist die Digitalisierung der Finanzverwaltung in Deutschland schwieriger als in anderen, beispielsweise zentralistisch geprägten Ländern.

Behörden Spiegel: Im Hinblick auf Ihren beruflichen Background: Wo sehen Sie als Steuerberaterin den größten Nachbesserungsbedarf im Steuersystem?

Hessel: Den größten Nachbesserungsbedarf haben wir im Bereich der

Berichtspflichten – auch wenn wir da schon auf einem guten Weg sind. Die meisten Steuererklärungen werden bereits elektronisch eingereicht und viele Steuerberater haben sich ein elektronisches Postfach eingerichtet.

Die Kommunikation sollte aber nicht nur digital in eine Richtung gehen, es müssen auch die Antworten in elektronischer Form erfolgen. Ein weiteres To-do wären elektronisch lesbare, einheitliche Gewerbesteuerbescheide. Momentan werden die Bescheide von jeder Gemeinde separat ausgestellt und alle haben

ein unterschiedliches Design.

Behörden Spiegel: Sie sind als parlamentarische Staatssekretärin auch für den Zoll zuständig. Die Zollbehörden stehen unter erheblichem Spardruck, tragen gleichzeitig aber einen großen Teil zur Leistungsfähigkeit der Inneren Sicherheit bei. Geht das BMF hier mit gutem Beispiel in den aktuellen Haushaltsverhandlungen voran?

Hessel: Der Zoll muss leider genauso sparen wie alle anderen Ressorts auch. Trotz alledem ist es so, dass der Zoll in den vergangenen Jahren durch Personalaufwuchs auch ordentlich gestärkt worden ist. Natürlich haben wir ein großes Interesse daran, dass unsere Zöllnerinnen und Zöllner an vorderster Front gut ausgestattet sind, gerade was Schutzausrüstungen usw. angeht. Deswegen profitiert der Zoll auch von der zusätzlichen Sicherheitsmilliarde aus der Einigung zum Haushalt.

Behörden Spiegel: Beim Zoll in Hamburg hat es allerdings besondere Sparmaßnahmen gegeben, hier sollten unter anderem keine neuen

Einigung über den Haushaltsentwurf 2025

Die eigentlichen Probleme kommen 2028

(BS/Hans-Jürgen Leersch) Na bitte, es geht doch: Kurz bevor Berlin in der parlamentarischen Sommerpause zur Entschleunigung ansetzt, hat sich die Ampel-Koalition noch auf einen Haushaltsentwurf für 2025 geeinigt. Finanzminister Christian Lindner (FDP) lobt den Kompromiss mit SPD und Grünen zwar in höchsten Tönen als „klares Signal an Stabilität und Sicherheit“, als „Trendwende“ und „Einstieg in die Wirtschaftswende“. Doch ein paar Hypotheken sind auch dabei, die der Politik noch schwer zu schaffen machen werden, was Lindner auch gar nicht verschwieg.

für wirtschaftliche Zusammenarbeit (-8,4); erheblich mehr Geld steht für Bau (+10,3 Prozent), Verkehr (+5), Umwelt (+10,3) und Familie (+4,1) zur Verfügung. Lindner warnt, dass die Sozialausgaben aus dem Ruder laufen könnten: „Wenn wir nichts tun, wird die Sozialleistungsquote bis 2028 auf 48 Prozent steigen.“ In der mittelfristigen Finanzplanung ist ein Zuwachs für Soziales von 179,3 Milliarden (2025) auf 198,4 Milliarden (2028) ausgewiesen. Dann würde fast jeder zweite Euro der Bundesausgaben für soziale Zwecke ausgegeben. Derzeit liegt die Quote bei 45 Prozent. Getrickst und verschleppt?

Wichtig ist das, was Lindner die „Sicherheitsmilliarde“ nennt. Damit sollen 1.000 neue Stellen bei der Bundespolizei geschaffen werden

und weitere 1.000 Stellen beim Zoll. Das diene der Stärkung der Inneren Sicherheit und der Bekämpfung der Schwarzarbeit, so der Minister. Wie er in der Bundespressekonferenz vor den Journalisten sitzt, erinnert Lindner an einen Jungen, der beim Fegen des Hofes ein Geldstück findet. Beim Finanzminister heißt die Münze „Bodensatz-GMA“ (GMA: Globale Minderausgabe). Bis zu 17 Milliarden Euro glaubt er aus Haushaltsresten in den einzelnen Etats zusammenfegen zu können, acht bis neun Milliarden würden es aber auf jeden Fall. „Das ist Staatspraxis, das ist Erfahrungswissen, das ist seriös“, sagt Lindner. Da es nicht 17 Milliarden werden, lässt er andere Möglichkeiten prüfen: Die Bahn soll sich selbst Geld über Kredite besorgen, die Autobahn-GmbH auch. Auch die

Laptops mehr angeschafft werden. Ganz generell scheint es dem Zoll an Sichtbarkeit zu fehlen. Solche Sparmaßnahmen erhöhen zudem nicht unbedingt die Motivation der Mitarbeitenden.

Hessel: In Bezug auf Wertschätzung müssen wir tatsächlich besser werden. In der Regel nehmen die Bürgerinnen und Bürger vor allem die negativen Punkte des Zolls wahr, die Kontrollen am Flughafen usw. Tatsächlich macht der Zoll aber die größten Drogenfunde in diesem Land und er ist die größte Behörde zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität. Den Aspekt der „Rundum-Sicherheitsbehörde“ müssen wir in Zukunft stärker in den Vordergrund stellen.

Behörden Spiegel: Die AMLA – die Behörde zur Bekämpfung von Geldwäsche – hat Deutschland eine schlechte Note für die Bekämpfung von Geldwäsche erteilt. Das Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz und das Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz sowie das Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) sollen Abhilfe schaffen. Wie gestaltet sich die Operationalisierung?

Hessel: Die BBF soll diesen Sommer starten und ist im Haushalt berücksichtigt – auch mit Stellen. Den Bericht der Geldwäschebehörde werten wir aktuell aus, indem wir fragen, welche Schwachstellen wir hatten. Eine Schwachstelle ist, dass wir infolge des Föderalismus unterschiedliche Zuständigkeiten für die Bekämpfung von Geldwäsche haben. Künftig wird es nun eine zentrale Aufsicht geben und wir können das Thema Geldwäsche aus einer Behörde heraus für die ganze Bundesrepublik mitorganisieren. Darauf freue ich mich.

Zur Finanz- und Steuerpolitik gibt es auch ein aktuelles Gutachten, das im Auftrag des Bundesfinanzministeriums von der Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und in Zusammenarbeit mit dem ZEW –Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung erstellt wurde. Wie der Bund bei seiner Ausgabenpolitik mehr Wert auf Effizienz legen könnte, zeigt darin ein Konzept zur ziel- und wirkungsorientierten Haushaltsführung. Die Studie ist abrufbar unter: https://www2.deloitte.com, Suchwort: „Bundeshaushalt“

Staatseinnahmen setzt er höher an: Sechs Milliarden mehr Steuern werden durch die mit dem Etatentwurf beschlossene Wachstumsinitiative erwartet.

Problem beim Verteidigungsetat 2028

Die Kritik folgte auf dem Fuße: Die Regierung habe „getrickst und verschleppt“, hieß es vom Institut der deutschen Wirtschaft. Die im Haushalt stehenden Erwartungen an Mehreinnahmen erinnerten an eine Tippgemeinschaft, die bereits mit einem Lottogewinn kalkuliere. Die Koalition wisse nicht, wo das Geld für Mehreinnahmen herkommen solle, kritisierte der CDU-Wirtschaftsrat. Denn jede Lockerung der Schuldenbremse schließt Lindner ebenso aus wie Steuererhöhungen. Fragen in

diese Richtung bügelt er unter Hinweis auf den Koalitionsvertrag ab und sagt: „Bei den Steuern ist das Ende der Fahnenstange erreicht.“ Zum echten Haushaltsschwur wird es ohnehin erst in späteren Jahren kommen. Und das betrifft den Verteidigungsetat, der im nächsten Jahr nur leicht um 2,5 Prozent auf rund 53,3 Milliarden erhöht werden soll. Dabei soll es bis 2027 laut Kabinettsbeschluss auch fast unverändert bleiben.

Im Jahr 2028, wenn das nach Beginn des Ukraine-Krieges geschaffene 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen erschöpft ist und diese Rüstungsausgaben direkt in den Bundesetat eingestellt werden müssen, droht der Haushaltsknall: Dann müssen 80 statt jetzt 53,3 Prozent für die Bundeswehr bereitgestellt werden, wenn das Zwei-ProzentAusgabenziel der NATO eingehalten werden soll.

Noch ist es nicht so weit. Und im nächsten Jahr gibt es Bundestagswahlen, die eine andere Regierung bringen könnten. Ob er dann wieder dabei sein möchte, wird Lindner gefragt. Seine Antwort: „Ich habe enorme Lust.“

www.zolltage.de
7. NOVEMBER

► IRRTUM

Falsche Maßeinheit

Angebot bleibt gültig

Der Bieter hatte für Betonstahlmatten einen Einheitspreis von 1,16 Euro in das LV eingetragen. Gefragt war der Preis pro Tonne. Der Auftraggeber bat den Bieter wegen dieser extrem niedrigen Preisangabe um Aufklärung. Der erklärte, er habe versehentlich den Kilo-Preis eingetragen. Er lasse sich aber an diesem Preis festhalten, denn trotz dieses Kalkulationsfehlers sei sein Angebot noch auskömmlich. Es lag auf dem ersten Platz, zwei Prozent unter dem Zweitplatzierten. Der Auftraggeber schloss es aus, weil er die Gefahr der späteren Irrtumsanfechtung sah, weil nicht der geforderte Preis genannt war. Dieser Ausschluss war unbegründet, stellt das OLG letztinstanzlich fest und spricht dem Bieter Schadenersatz zu. Der Irrtum war nämlich kein Erklärungsirrtum, sondern ein Kalkulationsirrtum, der zeitlich vor der Abgabe des Angebotes lag. Der Kalkulationsirrtum wird auch „innerer Irrtum“ genannt, der prinzipiell nicht zur Anfechtung des späteren Vertrages berechtigt. Dies hatte die Aufklärung ergeben, wonach also der Fehler bereits bei der Berechnung der Preise und nicht erst bei der Eintragung in das LV entstanden war. Außerdem enthielt das Angebot den geforderten Preis, auch wenn dieser falsch kalkuliert war. Dass der Bieter im Rahmen der Aufklärung erklärt hat, an dem genannten falschen Preis festzuhalten, stellt auch keine unzulässige Nachverhandlung des Angebotes dar. Eine Bestätigung einer nicht auslegungsfähigen Preisangabe kann niemals den Charakter einer Nachverhandlung haben. So wäre bei korrekter Vergabeentscheidung dem Bieter also der Zuschlag zu erteilen gewesen.

OLG Stuttgart (Urt. v. 16.05.2024, Az.: 2 U 146/22

► RAHMENVERTRAG Partner fehlen noch Trotzdem ausschreibungsreif

Der Auftraggeber wollte für sich und verschiedene Partner Rechtsdienstleitungen beschaffen, die thematisch gleich gelagert sind.

Dazu schrieb er eine Rahmenvereinbarung aus, deren Laufzeit auf vier Jahre und deren Höchstwert auf 600.000 Euro festgelegt worden sind.

Eine Kanzlei, die sich vergeblich um den Auftrag bemühte, wollte die Vergabeentscheidung nachprüfen lassen. Dazu wendete sie sich gegen die Berechnung des Auftragswertes. Er sei ohne hinreichende Tatsachengrundlage geschätzt, weswegen die Ausschreibungsreife fehle. Es sei davon auszugehen, dass der tatsächliche Bedarf in den kommenden vier Jahren über 750.000 Euro liege. Der Auftrag sei daher unzulässig gestückelt, um dem Vergaberechtsregime des GWB zu entgehen.

Dem tritt der Auftraggeber entgegen: Eine genauere Schätzung durch Abfrage des konkreten Bedarfes aller Partner sei nicht möglich gewesen, weil zum Zeitpunkt der Ausschreibung noch gar nicht alle Partner feststanden. Dessen bedarf es auch nicht für die Vergabereife, meint das OLG. Das Vergabeverfahren dürfe eingeleitet werden, wenn alle rechtlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen geschaffen seien. Das war hier der Fall. Also darf der Auftraggeber mit der Wertschätzung arbeiten, die er ohne endgültige Kenntnis aller Partner – wohl aber unter Berücksichtigung des im Lande insgesamt anfallenden spezifischen Beratungsbedarfes – vorgenommen hat. Der Weg zur Nachprüfung stand daher nicht offen.

OLG Brandenburg (Beschl. v. 12.03.2024, Az.: 19 Verg 1/23

► MINIJOBS Kalkulationsproblem

Uneinheitliche Sozialabgabenquote

In der Gebäudereinigung werden die Leistungen zu einem großen Teil innerhalb einer relativ kurzen Zeit des Tages – vor Betriebsbeginn und nach Betriebsschluss der Auftraggeber – erbracht. Das hat die notwendige Folge, dass viele Mitarbeiter in dieser Branche nicht in Vollzeit arbeiten (können). Eine weitere Folge daraus ist, dass diese Arbeitskräfte in Mini- und Midi-Jobs beschäftigt werden. Das steht im Konflikt mit der einst vom Zoll aufgestellten Vorgabe, dass für die Auskömmlichkeit eines Angebotes ein kalkulatorischer Zuschlag von 70 Prozent auf den Mindestlohn erforderlich sei. Denn die Quote der Sozialabgaben im Mini- und Midi-Job-Bereich ist nicht wie bei regulären Arbeitsverhältnissen fixiert. Sie variiert vielmehr mit den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden des einzelnen Mitarbeiters. Muss der Auftraggeber daher den Bietern für die Vergleichbarkeit der Angebote bestimmte Anteile für diese Teilzeitjobs vorgeben? Nein, sagt die Vergabekammer des Bundes. In welchem Umfang welche Arbeitnehmer eingesetzt würden, hänge von der Personalverfügbarkeit am Sitz des Bieters ab und könne nicht über einen Kamm geschoren werden. Allerdings ist der Bieter in seiner Kalkulation verpflichtet, die erwarteten Sozialabgaben anhand eigener Prognose über den Teilzeit-Anteil zu kalkulieren und diese Kalkulation auf Verlangen des Auftraggebers auch offenzulegen. Nur wenn diese Berechnung Unklarheiten enthält, die sich nicht aufklären lassen, wäre ein Ausschluss gerechtfertigt.

VK Bund

(Beschl. v. 14.09.2023, Az.: VK 1-61/23)

► FB 124 Gefährlicher Link

Was gilt für Bieter mit PQ?

In der Rechtsprechung ist es allgemein anerkannt, dass die Eignungskriterien wirksam dadurch bekannt gemacht werden können, dass ein direkter Link auf ein Formblatt der Vergabeunterlagen gesetzt wird. Allerdings ist dabei zu beachten, dass das Ziel dieses Links auch die erforderlichen Angaben enthält. Für das Formblatt 124 (Eigenerklärung zur Eignung) ist dies kritisch. Denn in einigen Ausgaben der verschiedenen Vergabehandbücher trägt dieses Formblatt eine Überschrift, die seine Wirksamkeit einschränkt.

Im VHB Bayern lautet die Überschrift nämlich: „Eigenerklärung zur Eignung für nicht-präqualifizierte Bieter“. Daraus ergibt sich die Frage, was denn nun für Eignungsvoraussetzungen an Bieter mit PQ-Eintrag gestellt werden sollten. Die gleichen wie für solche ohne PQ? Gar keine außer dem Nachweis der Präqualifizierung? Ein Bauauftraggeber wollte einen solchen unstrittig präqualifizierten Bieter ausschließen, der das Formblatt 124 nicht ausgefüllt hatte.

Der Bieter verlangte die Wertung seines Angebotes. Die Vergabekammer aber verfügte die Rückversetzung, weil das Formblatt objektiv missverständlich war und daher keine vergleichbaren Angebote zu erwarten gewesen seien. Der Auftraggeber müsse in seinen Vergabeunterlagen klarstellen, dass auch für präqualifizierte Bieter dieselben Eignungsvoraussetzungen gelten. Im PQ-Eintrag muss also nicht irgendetwas nachgewiesen werden, sondern genau dasjenige, was von Bietern ohne PQ auch verlangt wird. VK Südbayern (Beschl. v. 27.02.2024, Az.: 3194.Z3-3_01-23-61)

► AUSSCHLUSS

Abweichung vom LV Generalklausel unwirksam Vom Bieter um den Auftrag der Lieferung von Computer-Hardware war verlangt worden, dass er einen Austauschservice für defekte Plug-and-play-Komponenten dergestalt bieten solle, dass ein Mitarbeiter innerhalb von 24 Stunden den Austausch vornimmt. Das Angebot eines Bieters umfasste einen telefonischen Bereitschaftsdienst nebst einer Lieferung einer Ersatzkomponente innerhalb von 24 Stunden nach Anruf. Durch wen dieses Ersatzteil dann an den Auftraggeber geliefert wird – durch einen hauseigenen Techniker oder einen fremden Versanddienst – blieb offen. Der Auftraggeber schloss das Angebot wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen aus.

Dieser Ausschluss wurde auch in der Nachprüfung bestätigt. Ohne Erfolg berief sich der Bieter auf eine Generalklausel seines Angebotes, mit der er versicherte, dass sein Angebot alle Anforderungen, welche in den Vergabeunterlagen enthalten sind, erfülle. Eine solche Klausel könne die konkrete –nicht LV-konforme – Darstellung der Leistung nicht heilen, meint die Vergabekammer. Dem stehe die allgemeine Auslegungsregel entgegen, wonach der speziellen Norm der Vorrang vor der allgemeinen zu geben ist. Nach diesem Grundsatz würde im Falle einer Uneinigkeit über den Vertragsinhalt das Angebot dahingehend ausgelegt, dass auch der Versand durch Dritte und der Selbsteinbau der Komponenten durch den Auftraggeber vertragskonform wären. Damit weiche der Vertrag aber vom LV ab.

Zusammenfassung der Entscheidungen: RA und FA für Vergaberecht Dr. Rainer Noch, München (Oppler Büchner PartGmbB)

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Wasser(stoff) marsch!

Schnelle Infrastruktur für grünen Wasserstoff

(BS/sr) Wasserstoff soll einer der Grundbausteine der deutschen Energiewende werden. Dies zeigen nicht zuletzt auch die 23 Förderbescheide für den Aufbau einer grünen Wassersstoffinfrastruktur. Die Projekte sind als Important Projects of Common European Interest (ICPEI) ausgewiesen. Damit die Ziele der Projekte aber auch schnell erreicht werden können, hat man auch den Vergabe-Prozess angepasst.

Beratung für Bewerter und Bieter Ausschreibungen ·

Mit dem sogenannten Wasserstoffbeschleunigungsgesetz möchte die Bundesregierung den Ausbau des Wasserstoffnetzes schneller voranbringen. So soll zum Beispiel das Nachprüfverfahren vereinfacht werden. Im Zusammenhang mit dem Beschleunigungsgesetz sagte der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck: „Damit Elektrolyseure oder Importterminals so zügig wie möglich in Betrieb gehen können, brauchen wir schlankere und vor allem schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren. Mit dem Wasserstoffbeschleunigungsgesetz sind die Weichen nun gestellt. Das Gesetz beseitigt Hemmnisse bei der Zulassung von Infrastrukturvorhaben, die Wasserstoff erzeugen, speichern oder importieren. Das ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Wasserstoffwirtschaft.“

Beschleunigungsinstrumente

Im Kern umfasst das Gesetz mehrere Punkte, die dazu beitragen sollen, dass Deutschland schnell eine

Grüner Wasserstoff soll nicht nur Strom liefern und Fahrzeuge mit Brennstoffzellen antreiben, sondern auch in der Stahl- und Chemieindustrie die Unabhängigkeit von Zulieferern aus dem Ausland verringern. Foto: BS/witsarut auf stock.adobe.com

Wasserstoffinfrastruktur aufbauen kann. So sind umfassende Angaben zur Digitalisierung der Verwaltungsverfahren und eine Beschleunigung von Vergabe- und Nachprüfverfahren vorgesehen. Daneben soll auch der vorzeitige Maßnahmenbeginn

erleichtert werden. Zudem wurden kürzere Bearbeitungshöchstfristen für die wasserrechtlichen Zulassungsverfahren festgelegt. Der Bundesrat schlägt allerdings vor, dass neben dem Wasserrecht auch das Bergrecht im Beschleunigungsgesetz berücksichtigt werden sollte. Explizit erwähnt wird eine Verringerung des Verwaltungs- und Prüfaufwandes bei der Modernisierung von Elektrolyseuren. Diese Anpassungen gehen dem Deutschen Wasserstoffverband allerdings noch nicht weit genug. Zwar begrüßt er das Wasserstoffbeschleunigungsgesetz, er würde aber an einigen Stellen Erweiterungen vornehmen. So fordert er zum Beispiel auch, dass Anlagen zur Einspeisung von Wasserstoff in Pipelines in das Gesetz aufgenommen werden. Als Begründung für die Aufnahme werden die schnellen nationalen und internationalen Transportmöglichkeiten genannt, welche aus Sicht des Verbandes die Einspeisungsmöglichkeiten ebenfalls zu einem überragenden öffentlichen Interesse machen.

25.–26. September 2024 Ludwigsburg

Permanenter Ausnahmezustand

Fotos: BS/Walter, Geflüchtetenunterkunft Berlin-Tegel, 2024

(BS/Anne Mareile Walter) Immer mehr Kommunen geraten bei der Unterbringung von Geflüchteten an ihre Grenzen. Das ehemalige Flughafengelände in Berlin-Tegel ist das größte Flüchtlingszentrum Deutschlands. Für viele Menschen ist die Erstaufnahmeeinrichtung inzwischen zu einem mehr oder minder dauerhaften Aufenthaltsort geworden. Ein Besuch vor Ort.

Sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag: Rund um die Uhr setzten in Berlin-Tegel einst Flieger zur Landung an oder nahmen Kurs auf Businessund Urlaubsziele, heute queren im Zehn-Minuten-Takt Shuttle-Busse die ehemaligen Start- und Landebahnen. Vor den einstigen Terminals setzen sie eine Menschentraube nach der anderen ab. 2021 wurde der Flughafen stillgelegt und kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 einer neuen Nutzung zugeführt. Sukzessive sind damals auf dem Gelände Hallen in Leichtbauweise errichtet worden, um die aus der Ukraine ankommenden Flüchtlinge unterzubringen. Hinter den meisten Menschen, die hier aus den Shuttle-Bussen aussteigen, liegen wochenlange Flucht oder Vertreibung, sie tragen große Gepäckstücke mit sich und demonstrieren so: Sie möchten bleiben.

6.000 Plätze für Geflüchtete

Mehr als 6.000 Unterbringungsplätze für Geflüchtete stehen auf dem ehemaligen Flughafengelände in Tegel zur Verfügung – es ist die größte Flüchtlingsunterkunft Deutschlands. Derzeit sind 4.700 Plätze belegt, 3.800 Geflüchtete kommen aus der Ukraine, daneben sind 900 Asylsuchende in Tegel untergebracht. Sie stammen aus Afghanistan, dem Irak, Georgien oder Syrien.

Rund 700 Mitarbeitende aus der Verwaltung, aber auch von Hilfsorganisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz (DRK), dem ArbeiterSamariter-Bund oder dem Malteser-Hilfsdienst arbeiten hier, rund um die Uhr. Die Sozialverbände und Hilfsorganisationen sind zuständig für die soziale und medizi-

nische Versorgung, für Reinigung und Catering. Nachts, wenn sich das Summen der Lüftungsanlagen mit dem Schnarchen der Bettnachbarn mischt und das Kleinkind in der Parzelle nebenan zum dritten Mal schreiend erwacht, wird es für das Personal mitunter besonders arbeitsreich.

„Bei jeder Ankündigung von neuen Geflüchteten spielen wir Tetris.“

Claudia Wieja, Bürgermeisterin der Stadt Lohmar in Nordrhein-Westfalen

„Es kommt immer wieder zu Konfliktsituationen“, berichtet Sascha Langenbach. Er ist Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Berliner Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) und regelmäßig in Tegel vor Ort. In solch eskalierenden Situationen gelte es, mit Freundlichkeit zu beschwichtigen, aber auch vorhandenen Sprachbarrieren zu begegnen, sagt er. Zudem sei für solche Fälle ein speziell geschultes Deeskalationsteam im Einsatz.

14-Personen-Parzellen auf engstem Raum

200 Tage – so lange bleiben die Geflüchteten im Schnitt; nicht selten werden daraus zwei Jahre. Für einen Ort, an dem Privatsphäre ein Fremdwort ist und in 14-Personen-Parzellen auf engstem Raum geschlafen wird, ist das eine lange Zeit. Die Betten stehen dicht

an dicht, statt Türen schirmen Vorhänge die Räume provisorisch voneinander ab. „Für die Größe der Unterkunft wäre ein eigener Sozialdezernent nötig“, fasst Sascha Langenbach die prekäre Situation zusammen

Die Nutzung der Flughafenanlage als Flüchtlingsunterkunft sei anfangs immer nur um ein weiteres Vierteljahr verlängert worden. Eine Zeitspanne, die die Suche nach qualifiziertem und motiviertem Personal schwierig gestaltet habe. Nun sei die Maßnahme erst einmal bis Ende 2025 verlängert worden. „Damit können wir besser planen“, sagt Langenbach. An der Grenze zur Überforderung bewege man sich trotzdem.

Schwierige Wohnungssuche

Die 30.000-Einwohner-Stadt Lohmar in Nordrhein-Westfalen ist in Bezug auf die Unterbringung von Geflüchteten ebenfalls an einer Belastungsgrenze angekommen: Alle zur Verfügung stehenden Sammelunterkünfte, Hotels und Wohnungen sind derzeit belegt. „Bei jeder Ankündigung von neuen Geflüchteten spielen wir Tetris“, sagt die Bürgermeisterin der Stadt, Claudia Wieja. Dann werde jedes Mal von Neuem überlegt, wie man die Geflüchteten vor Ort „hin- und herschieben“ könne, damit weitere Menschen untergebracht werden können. Aktuell leben rund 600 Geflüchtete in Lohmar. 200 von ihnen müssten nicht mehr in Erstaufnahmeeinrichtungen leben, finden aber keine Wohnung. Aktuell sind in Lohmar vier Asylsozialarbeiter und vier Hausmeister für 30 verschiedene Unterkünfte eingesetzt, verteilt auf eine Fläche von 62 Quadratkilometern. „An Integration ist in dieser Situation

nicht zu denken“, erklärt Wieja. Um der Aufnahmesituation besser Herr zu werden, beantragte die Stadt kürzlich bei der Bezirksregierung eine zentrale Unterbringungseinrichtung mit 350 Plätzen. Eine enorme Belastung bei den kommunalen Ausländerbehörden diagnostiziert auch der Deutsche Städtetag (DST). Zwar würden aktuell weniger Geflüchtete nach Deutschland kommen als noch vor einigen Monaten, erklärt Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy, aber: „Es gelingt trotzdem nicht immer, die Geflüchteten in regulären Einrichtungen oder Wohnungen unterzubringen.“ Integration bleibe das A und O – und das sei mehr als „ein Teller Essen und ein Dach über dem Kopf“.

„Wir empfinden Migration immer mehr als Belastung, wir sollten sie aber als Chance begreifen.“

Sascha Langenbach, Berliner Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten

Dafür brauche es Integrationsund Sprachkurse, zusätzliche Schul- und Kitaplätze, Sozialarbeit, Integration in den Arbeitsmarkt sowie zusätzliche Wohnungen. Ausreichend seien die finanziellen Mittel, die von Bund und Ländern kommen, dafür allerdings nicht. Eine ähnliche Sichtweise vertritt Reinhard Sager, der Präsident des

Deutschen Landkreistags (DLT). „Neben zügigeren Asylverfahren sind mehr Migrationsabkommen mit Drittstaaten notwendig“, sagt er. Der Deutsche Landkreistag plädiert für eine weitere Verlängerung der Grenzkontrollen, zudem müssten die Anstrengungen zur Abschiebung von Personen ohne Aufenthaltsrecht intensiviert werden. Auf 35 Millionen Euro summieren sich die Kosten, die das Land Berlin pro Monat für die Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Tegel ausgibt. „Die Diskussion, die wir im Moment führen, geht aus meiner Sicht in die falsche Richtung“, sagt Sascha Langenbach. „Wir empfinden Migration immer mehr als Belastung, wir sollten sie aber als Chance begreifen.“ Arbeitsgenehmigungen müssten für Geflüchtete beispielsweise schneller erteilt werden.

Im Februar 2022 – nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine – wurde das stillgelegte Tegeler Flughafengelände zu einem „Ankunftszentrum“ für Geflüchtete umfunktioniert. In den Hallen sind nicht nur Schlafparzellen, Sanitäranlagen und Areale für die Essensausgabe eingerichtet. Es gibt auch eine Krankenstation, in der schwer kranke Menschen versorgt und beispielsweise an die Dialyse angeschlossen werden. In einer anderen Halle ist in Zusammenarbeit mit dem DRK eine provisorische Arztpraxis untergebracht. Es gibt in Tegel auch eine Spielecke für Kinder, einen Friseursalon, eine mit Möbelspenden eingerichtete Lounge-Ecke, in der die Geflüchteten zur Ruhe kommen sollen, um sich eine Auszeit von den überfüllten Wohnwaben zu nehmen. „Im Grunde geht es in Tegel darum: die Nase über Wasser zu halten“, fasst Sascha Langenbach zusammen.

Energiewende, Kreislaufwirtschaft, Verkehrswende und nachhaltiges Bauen: Im März 2021 beschließt die damalige Bundesregierung die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) und setzt darin unter anderem diese inhaltlichen Schwerpunkte. Im Rahmen der Agenda 2030 sollen daraus Handlungsanweisungen für eine nachhaltige und zukunftsfähige Politik abgeleitet werden. Dabei sind alle föderalen Strukturen gefragt.

„Durch überbordenden Föderalismus darf die Handlungsfähigkeit der Kommunen nicht eingeschränkt werden.“

Dr. Kirsten Witte, Leiterin des Zentrums für Nachhaltige Kommunen

Doch wie lassen sich Kommunen in den nachhaltigen Transformationsprozess einbinden und wie können sie darin als zentrale Akteure positioniert werden? Diesen und anderen Fragen ging die von der Bertelsmann Stiftung veranstaltete Kommunalkonferenz auf den Grund, die sich die „Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie“ auf die Fahnen geschrieben hatte.

Klimaschutz und Nachhaltigkeit als kommunale Pflichtaufgaben Damit auf kommunaler Ebene die nachhaltige Transformation vorangetrieben werden kann, muss an oberster Stelle der Agenda eine auskömmliche Finanzausstattung der Städte und Gemeinden stehen – so

Austausch auf Augenhöhe

Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie auf kommunaler Ebene

(BS/Anne Mareile Walter) Eine auskömmliche Finanzausstattung und Bürokratieabbau: In Berlin diskutierten Vertreter kommunaler Spitzenverbände über Wege hin zur nachhaltigen Transformation in Städten und Gemeinden.

Wie werden Kommunen zentrale Akteure in nachhaltigen Transformationsprozessen? Darüber diskutierte die Bertelsmann-Stiftung mit Vertreterinnen und Vertretern aus Ministerien und Verbänden.

der Tenor der Veranstaltung. Fehle die Finanzierung, sei die Transformation auf kommunaler Ebene nicht zu stemmen, machte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, deutlich. Reiner Hoffmann plädierte als Vorsitzender des Rates für Nachhaltige Entwicklung für speziell aufgelegte „Transformationsbudgets“ und weniger bürokratielastige Förderpro-

gramme. So sei zwar ausreichend Geld zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie vorhanden, aber „am falschen Ort“. Hoffmann präzisierte: „Klimaschutz und Nachhaltigkeit müssen zur Pflichtaufgabe in den Kommunen werden, damit die notwendige finanzielle Ausstattung garantiert ist.“ Ähnlich argumentierte Sarah Ryglewski, Staatsministerin für nachhaltige Entwicklung beim

Neulich …

… war ich im BVB Stadion in Dortmund, wie der Signal Iduna Park während der Fußball-Europameisterschaft hieß. Ich war glücklicher Besitzer eines der begehrten Tickets für das Achtelfinale Deutschland gegen Dänemark. Es war eine faszinierende, unbeschwerte Atmosphäre. Das Land des Weltmeisters im Jammern war kollektiv stolz darauf, dass die Nationalmannschaft so erfrischend Fußball spielte und Deutschland ein so guter Gastgeber war. Dieses Mega-Ereignis zog uns fast alle magisch an. Autokorsos, Rudelgucken in der Öffentlichkeit, die Deutschlandfahne am eigenen Auto und das gemeinsame Trikottragen zeigten uns: Jeder kann sich ohne großen Aufwand einem Wir-Gefühl hingeben. Das begeisterte auch den sonstigen FußballMuffel, der alle zwei Jahre zum vom Massenhype besessenen Public-Viewing-Gucker mutiert. Irgendwie war die Europameisterschaft das letzte Lagerfeuer der Nation.

Kritik gab es eigentlich nur von den politischen Rändern: Die politische Linke spürte ein Unbehagen, warnte vor einem übermäßigen Nationalstolz. Das mündete sogar in dem „Antifa-nahen“ Umfeld des FC St. Pauli zu Betretungsverboten in manchen Szenekneipen. „Für eine bunte EM ohne Nationalgedöns“, hieß das Motto.

Verboten waren Flaggen, Schals und Trikots mit Landesfarben oder nationalen Symbolen.

Viele, die dem rechten politischen Spektrum nahestehen, verbinden Nationalstolz mit der bedingungslosen Ablehnung von Lebensweisen, die dem traditionellen Gedankengut nicht entsprechen. Seltsamerweise sind sie tatsächlich eher weniger stolz auf unser Land; zumindest nennen sie keine Gründe, warum sie es sein könnten. Die Nationalmannschaft wird von Maximilian Krah als „Fremdenlegion“ bezeichnet. Björn Höcke kann sich ebenfalls nicht mit ihr identifizieren, bei ihr herrsche „zu viel Vielfalt und zu wenig Vaterland“. Und Erika Steinbach twitterte: „Ich wollte mir so gerne unsere Nationalmannschaft ansehen. Es gibt aber keine.“ Vereinfacht ausgedrückt: Für Höcke und Co gibt es zu viele Spieler mit Migrationshintergrund. Patriotismus und Nationalismus gilt es zu unterscheiden. Patriot ist, wer eine tiefe emotionale Verbundenheit mit seinem Heimatland empfindet, ohne andere abzuwerten. Der Nationalismus prägt dagegen ein Gefühl der Überlegenheit gegenüber anderen Nationen und Kulturen. Die Deutschen haben historisch bedingt ein zwiespältiges Verhältnis zum Nationalstolz. Die Europameisterschaft hat die nationalen Symbole

aus der Tabuzone geholt. Es war ein fröhlicher und unbeschwerter Umgang mit ihnen. Ich sang mit Tausenden sowie mit Stolz und Inbrunst in Dortmund unsere Nationalhymne. Das war richtig und wichtig. Die patriotische Symbolik darf man nicht den Rechten überlassen. Die schweigende Mehrheit ist stolz darauf, wie in Deutschland Demokratie funktioniert. In der Tat: Man darf die Regierungspolitik kritisieren, ohne Gefahr zu laufen, verhaftet zu werden. Die Justiz ist so unabhängig, dass sie nicht nach Volksgeschmack, sondern nach Gesetz urteilt; und nicht einmal die Prominenten entkommen der berüchtigten deutschen Bürokratie. Dass Julian Nagelsmanns flammender Abschlussappell es sogar als Top-Meldung in das heute journal schaffte, war weniger ein Resultat der Eloquenz des jüngsten Nationaltrainers aller Zeiten. Es war vielmehr ein Indiz für unsere Sehnsucht nach (politischen) Persönlichkeiten, die uns mit einem gesunden Nationalstolz unser Land lieben lehren.

strich die Leiterin des Zentrums für Nachhaltige Kommunen bei der Bertelsmann-Stiftung, Dr. Kirsten Witte. „Durch überbordenden Föderalismus darf die Handlungsfähigkeit der Kommunen nicht eingeschränkt werden“, sagte sie. Dazu gehöre auch, dass die Kommunen „auf Augenhöhe mit Bund und Ländern“ in den Austausch gingen. Sinnvoll sei es zudem, Städte und Gemeinden mitentscheiden zu lassen, „wie Belange, die sie betreffen, auf Bundesebene geregelt werden“. Dabei sei Nachhaltigkeit kein zusätzliches Politikfeld, unterstrich Witte. „Vielmehr ist es so, dass das, was die Kommunen tun können, sie auch nachhaltig tun können“, ergänzte sie. So sei es beispielsweise ohne große Probleme möglich, bei einem Schulneubau auf Holzbauweise zu setzen, statt Beton zu verwenden. Auch Dr. Kay Ruge, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistags, unterstrich: „Nachhaltigkeit und Demokratie gehören zusammen.“ Damit sei Nachhaltigkeit automatisch ein gesellschaftliches Projekt.

Privates Kapital mobilisieren Bei der Frage nach der kommunalen Finanzausstattung müsse man auch die Frage stellen, wie privates Kapital für nachhaltige Zwecke mobilisiert werden kann, ergänzte Dr. Henrik Scheller, Teamleiter Infrastruktur, Wirtschaft und Finanzen beim Deutschen Institut für Urbanistik (Difu).

Foto: BS/Thares2020, stock.adobe.com

Bundeskanzler: Der nachhaltige Transformationsprozess müsse auf kommunaler Ebene vom „Ziel her gedacht werden“, konkretisierte sie. „Erst danach müssen wir an die nötigen Instrumente denken und dann die finanziellen Mittel dafür bereitstellen.“

Dass bürokratische Hürden häufig der Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen entgegenstehen, unter-

Jan Korte, wissenschaftlicher Referent beim Rat für Nachhaltige Entwicklung, wies zudem darauf hin, dass auch der Abbau von umweltschädlichen Subventionen – darunter steuerliche Vergünstigungen für Dienstwagen oder reduzierte Mehrwertsteuersätze für tierische Produkte – ein wichtiger Schritt zur Mobilisierung der für die Transformation nötigen Finanzmittel sei. Denn: „Ohne auskömmliche Finanzierung wird die Transformation scheitern.“

Verstärken Sie das Team der Stadt Ahlen zum nächstmöglichen Zeitpunkt als Fachbereichsleitung „Jugend, Soziales und Integration“

Die Stelle ist nach Entgeltgruppe EG 15 TVöD bzw. der Besoldungsgruppe A 15, Laufbahngruppe 2, 2., Einstiegsamt bewertet.

Rolf Hartmann war von 2004 bis 2020 Bürgermeister der Gemeinde Blankenheim.

Foto: BS/privat

Den detaillierten Ausschreibungstext finden Sie auf der Homepage der Stadt Ahlen unter https://www.ahlen.de/rathaus-undpolitik/personal/stellenausschreibungen

Die Bewerbungsfrist endet am 01.09.2024. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung

Kolumne Hartmann

BVIER Fragen– VIER Antworten

Foto: BS/Gemeinde Walzbachtal

ehörden Spiegel: Die Aktion „Rent a Bürgermeister“ in Walzbachtal gibt es jetzt schon seit einigen Jahren. Wie wird das Angebot von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen?

Timur Özcan: „Rent a Bürgermeister“ ist mittlerweile tatsächlich fest in der Gemeinde Walzbachtal etabliert und wir bemerken eine gute Nachfrage, sodass ich neben meiner Arbeit als Bürgermeister auch durch dieses Projekt sehr ausgelastet bin. Ich weiß es zu schätzen, dass ich wegen der hohen Nachfrage die Möglichkeit erhalte, mit den verschiedenen Einrichtungen und Institutionen in direkten Austausch zu kommen. Auch der Blick hinter die Kulissen ist wertvoll. Das Interesse an dem Angebot ist also ein Gewinn.

Behörden Spiegel: Welche Schritte und Maßnahmen müssten für eine gelungene Umsetzung etabliert werden, wenn eine andere Stadt eine ähnliche Aktion plant?

Özcan: Tatsächlich gab es in unserer Gemeinde schon häufig Nachfragen bezüglich der Umsetzung unserer Aktion „Rent a Bürgermeister“, auch über die Landesgrenzen von BadenWürttemberg hinaus. Wir haben dazu klare Empfehlungen: Für ein solches Projekt braucht es eine klare

Vor dem Hintergrund der allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der knappen Ressourcen wird hier die „Widerstandsfähigkeit“ (Resilienz) der Beteiligungsverwaltung stark gefordert. Die Resilienz-Faktoren wie optimistischer Realismus, Verantwortung, Zukunftsplan und Lösungsorientierung, aber auch z. B. soziale Kontakte und Selbstwahrnehmung des Beteiligungsmanagements spielen eine große Rolle. Für die Resilienz des Beteiligungsmanagements als Schnittstelle zwischen Kernverwaltung und Kommunalwirtschaft besonders wichtige Faktoren der (internen) Transparenz und Teamstruktur und die dafür eingesetzten Instrumente bekommen eine immer größere Bedeutung. Insbesondere im Bereich der Beteiligungsverwaltung bildet das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Interessen und Auffassungen ein nicht unerhebliches Potenzial für Konflikte.

Software unterstützt vielschichtige Arbeitsprozesse

Die in den letzten Jahren stetig gestiegenen quantitativen und qualitativen Anforderungen an das Beteiligungsmanagement können aufgrund der personellen Ressour-

Interview mit Timur Özcan, Bürgermeister der Gemeinde Walzbachtal

Bürgermeister zu mieten

Einsatz stärkt Verbindung zu Anwohnenden (BS) Mehr Bürgernähe und eine bessere Kenntnis davon, welche Arbeitsbereiche es in der eigenen Gemeinde gibt – das ist die Idee hinter der Aktion „Rent a Bürgermeister“ in Walzbachtal. Im Gespräch mit Marlies Vossebrecker erläutert Bürgermeister Timur Özcan sein ehrenamtliches Einsatzgebiet, die notwendige Organisation bei der Planung und worauf andere Kommunen achten sollten, wenn sie ähnliche Programme planen.

Der ehrenamtliche Einsatz des Bürgermeisters stärkt die Gemeinschaft und unterstützt die Verbundenheit der Menschen in Walzbachtal. Foto: BS/Song_about_summer, stock.adobe.com

und transparente Kommunikation, sodass festgelegt ist, für welche Art Einsätze der Bürgermeister grundsätzlich zur Verfügung steht. Eine genaue Definition ist auch bei der Bekanntgabe der jeweiligen Aktion wichtig, etwa für die sozialen Einrichtungen, Vereine oder Kirchenverbände, in denen der ehrenamtliche Einsatz geleistet werden kann. Außerdem muss die Zeitplanung berücksichtigt werden, denn eine gewisse Vorlaufzeit sollte schon eingeplant werden – von heute auf morgen ist ein Einsatz organisatorisch kaum möglich. Dazu gehört auch die Zeit, die für den ehrenamt-

lichen Einsatz zur Verfügung steht: Es geht um einen kurzen, prägnanten Blick hinter die Kulissen. Einen gesamten Arbeitstag kann man wegen der vielfältigen Aufgaben eines Bürgermeisters in seinem Berufsalltag leider nicht einplanen. Mir ist es jedoch wichtig, zu betonen: Für das Amt eines Bürgermeisters oder einer Bürgermeisterin gehört für mich die Bürgernähe dazu – man sollte die Institutionen, Einrichtungen und Vereine im Ort kennen. Ebenso sollte ein Bürgermeister über die Arbeitsbereiche und -weisen im eigenen Ort Bescheid wissen, ob ehrenamtlich

oder nicht. Ich kann daher jeder Bürgermeisterin und jedem Bürgermeister ein Projekt wie „Rent a Bürgermeister“ ans Herz legen.

Behörden Spiegel: Was geschieht mit möglichem finanziellem Umsatz, den Sie durch Ihren Einsatz erwirtschaften?

Özcan: Sollte der Einsatz in einem Unternehmen stattfinden, bei dem dadurch Geld erwirtschaftet wird, z. B. an einer Kasse im Supermarkt o. Ä., dann haben wir uns die Vorgabe gemacht, dass das Geld als Spende für soziale Zwecke genutzt werden

Führung und Kommunikation

Erleichterung von Prozessen in der Beteiligungsverwaltung

(BS/Lars Scheider*) Nach jahrelanger Diskussion zum demografischen Wandel in Deutschland ist dieser nun auch in den Beteiligungsgesellschaften der Städte und insbesondere auch in der Beteiligungsverwaltung selbst mit voller Wucht angekommen. Dabei befindet sich das Beteiligungsmanagement von Bund, Ländern und Kommunen bereits seit geraumer Zeit in einem Professionalisierungsprozess, der nicht selten auch zu einer starken Arbeitsverdichtung führt. Auch die Digitalisierung der Verwaltungsprozesse führt durchaus zu weiter steigenden Anforderungen an das Beteiligungsmanagement.

cenknappheit häufig nur mithilfe einer modernen, datenbankorientierten Software nachhaltig erfüllt werden. Aspekten wie zum Beispiel der Automatisierung vieler arbeitsintensiver Prozesse sowie der Erhöhung der Datenzugriffsgeschwindigkeit wird deshalb vom Beteiligungsmanagement der Stadt Frankfurt am Main bereits seit 20 Jahren eine hohe Priorität eingeräumt. Relativ neu ist z. B. der Einsatz der Microsoft SharePointTechnologie: Seit 2020 hat dieser zu einer erheblichen Verbesserung der Datenzugriffsgeschwindigkeit und damit der Effizienz des immer komplexer werden Konzernverbunds Stadt Frankfurt am Main geführt. Darüber hinaus werden auch die Transparenz und die Datenverfügbarkeit im Beteiligungsmanagement deutlich erhöht, was aufgrund des verstärkten mobilen

Arbeitens der Mitarbeitenden des Beteiligungsmanagements unerlässlich ist. Auf Basis umfassender Grundlagenarbeit wurde vom Beteiligungsmanagement der Stadt bereits 2013 ein Prozesshandbuch erstellt, in dem die wesentlichen internen Prozesse abgebildet wurden. Es diente u. a. auch als eine der wesentlichen Grundlagen für den Aufbau eines internen Kontrollsystems des Beteiligungsmanagements der Stadt. Bei der Erarbeitung des internen Kontrollsystems (IKS) des Beteiligungsmanagements wurde bewusst auf eine praktikable Lösung geachtet. Sowohl für das Interne Überwachungssystem (IÜ) als auch für das Risikomanagementsystem (RMS) wurde im Wesentlichen auf bereits vorhandene Instrumente des Beteiligungsmanagements (z. B. Arbeitsanweisungen, Handbücher

etc.) zurückgegriffen. Insofern leistet das entwickelte Risikomanagementsystem neben der Schaffung der Transparenz bei Risiken auch einen Beitrag zur internen Stärkung der Verwaltungsabläufe des Beteiligungsmanagements. Mitarbeitende tragen den Veränderungsprozess Dabei stellen Steuerung und Gestaltung von Veränderungsprozessen eine zentrale Führungsaufgabe in der Beteiligungsverwaltung dar, denn die eigentliche Herausforderung ist der Umgang mit den (politischen) Entscheidenden und den Mitarbeitenden. Der Veränderungsprozess muss von diesen in der Beteiligungsverwaltung getragen werden, zumal die Ursachen von Widerständen sehr komplex sind und letztere häufig verdeckt erfolgen. Von Widerständen kann

muss. So steht bei einem ehrenamtlichen Einsatz des Bürgermeisters immer die soziale Komponente im Vordergrund. So unterstütze ich bei „Rent a Bürgermeister“ entweder auf direktem Wege ein Ehrenamt, oder ich unterstütze durch meine Mitarbeit in einem Unternehmen indirekt soziale Zwecke, weil das Entgelt für den Einsatz im Unternehmen dafür später eingesetzt wird – etwa für Jugend- oder Seniorenarbeit. Unter diesen Voraussetzungen kann ich also auch in einem gewerbetreibenden bzw. wirtschaftlichen Unternehmen ehrenamtliche Arbeit leisten.

Behörden Spiegel: Bewirkt Ihr Engagement, dass sich mehr Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich in ihrer Gemeinde einbringen?

Özcan: Das lässt sich natürlich nur schwer messen. Allerdings sehe ich es als ein gewisses Zeichen an, dass sich die Aktion „Rent a Bürgermeister“ mittlerweile fest in unserer Gemeinde etabliert hat. Es gehen Anfragen in einer vielfältigen Art und Weise bei uns ein, was wiederum Öffentlichkeitsarbeit für die Gemeinde impliziert, also Werbung für die Einrichtungen und Institutionen, ganz gleich, ob es sich dabei um einen Verein handelt, oder um eine ehrenamtlich betriebene Cafeteria für Seniorinnen und Senioren. Unsere Gemeinde bewirbt die Einsätze zusätzlich auf verschiedenen Plattformen, z. B. im Amtsblatt oder auf Social Media. Durch diese Art der Werbung erzielen die Einrichtungen ebenfalls eine gewisse Reichweite. Durch die verschiedenen Faktoren ergibt sich eine Win-win-Situation für beide Seiten. Nicht zuletzt bin ich davon überzeugt, dass die hohe Nachfrage einen positiven Einfluss auf die Einrichtungen und Institutionen hat.

immer dann gesprochen werden, wenn vorgesehene Entscheidungen oder getroffene Maßnahmen, die auch bei sorgfältiger Prüfung als sinnvoll, logisch oder sogar dringend notwendig erscheinen, aus zunächst nicht ersichtlichen Gründen bei einzelnen Individuen, bei Interessengruppen oder bei den Mitarbeitenden auf diffuse Ablehnung stoßen, nicht unmittelbar nachvollziehbare Bedenken erzeugen oder durch passives Verhalten unterlaufen werden. Die Professionalisierung der Beteiligungsverwaltung hat Auswirkungen innerhalb und außerhalb der Verwaltungsorganisation. Deshalb sind spezielle Managementmethoden zur Steuerung der Transformationsprozesse auch innerhalb der Beteiligungsverwaltung erforderlich.

* Lars Scheider ist Verwaltungsdirektor und Abteilungsleiter Beteiligungsmanagement bei der Stadtkämmerei Frankfurt am Main.

Mehr zum Thema im Webinar „Führung und Kommunikation im zentralen Beteiligungsmanagement“ am 19. September. Weitere Informationen unter www.fuehrungskraefteforum.de, Suchwort „Beteiligungsmanagement“

Ein großer Kritikpunkt, der in Bezug auf alternative Energiequellen immer wieder zur Sprache kommt, ist, dass sie nicht immer zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Denn an Speichermöglichkeiten fehlt es in Deutschland aktuell noch. Eine Lösung bietet die Investition in eine gezielte Wasserstoffinfrastruktur. Dann kann ungenutzte Energie nämlich zur Gewinnung von grünem Wasserstoff eingesetzt werden.

Zwei große Wasserstoffprojekte befinden sich aktuell in Hamburg im Bau. Die Hamburger-Energiewerke planen zusammen mit einem Partner aus der Industrie die Umsetzung eines 100-Megawatt-Elektrolyseurs. Zusätzlich sollen noch 40 Kilometer eines Wasserstoffverteilnetzes errichtet werden. Doch gerade der Elektrolyseur befindet sich bereits seit Längerem in Planung und sollte ursprünglich bereits 2025 ans Netz gehen. Mittlerweile ist erst 2027 mit der Lieferung von grünem Wasserstoff aus dem Projekt im ehemaligen Kohlekraftwerk Moorburg zu rechnen.

Förderung von Bund und Ländern

Weiter vorangebracht wurde das Projekt nun mit einer Förderung durch Bund und Länder, die eine grundlegende Infrastruktur für

One Size fits all?!

Stellschrauben bei der kommunalen Wasserstoffnutzung

(BS/sr) Die Produktion von Wasserstoff soll zu den grünen Eckpfeilern der Energiewende gehören. Doch gerade auf kommunaler Ebene fehlt es an entsprechenden Initiativen und Projekten.

Wasserstoffprojekte in Deutschland voranbringen soll.

Zum 15. Juli 2024 wurden 23 Förderbescheide für Wasserstoffprojekte in ganz Deutschland von Bundesminister Robert Habeck und mehreren Wirtschaftsministerinnen und Wirtschaftsministern der Länder übergeben. Mit einer Kofinanzierung von 30 Prozent durch Bund und Länder für die 23 Großprojekte sehen sie eine gemeinsame Förderung von 4,6 Milliarden Euro vor. Ein Teil dieser Gelder wird dabei aus dem deutschen Aufbau- und Resilienzplan (DARP) kommen, welcher aus Mitteln der Aufbau- und Resilienzfazilität der Europäischen Union finanziert wird. Mit der Schaffung einer grundlegenden Infrastruktur können auch Kommunen schneller auf grünen Wasserstoff zugreifen oder diesen in deutschlandweite Netze einspeisen. Gleichzeitig will die Bundesregierung mit dem Wasserstoffbeschleunigungsgesetz die vergaberechtli-

chen Prozesse beschleunigen (mehr dazu auf S.10).

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck misst den gestarteten Projekten einen hohen Stellenwert bei und sagt bei der Überreichung der Förderbescheide: „Die Energiewende bleibt auch angesichts weiterer Krisen- und Konfliktherde eine der größten Herausforderungen für unser Land.

„Mit der Förderung von Wasserstoffprojekten gehen wir einen Schritt hin zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft in Europa und darüber hinaus.“

Robert Habeck, Vizekanzler und Wirtschaftsminister der Bundesrepublik Deutschland

Wir geben den Startschuss für die Errichtung von Elektrolyseuren der dreistelligen Megawatt-Klasse und ermöglichen damit wichtige Fortschritte bei der inländischen Produktion von grünem Wasserstoff. Eine leistungsfähige Wasserstoffinfrastruktur spiele eine Schlüsselrolle, um die Dekarbonisierung der Industrie und des Energiesektors zu ermöglichen. Wasserstoffleitungen seien in Zukunft die Lebensadern der Industriezentren. „Damit schaffen wir die Voraussetzung für klimaneutrales Wachstum.“

Verwendung als Kraftstoff oder zur Wärmegewinnung

Ob die Produktion von Wasserstoff mit diesen neuen Förderprojekten nun an Fahrt aufnimmt, lässt sich noch nicht sagen. Aktuell sind gerade die mangelnde Verfügbarkeit und nicht vorhandene Infrastruktur

ein deutliches Minus für Wasserstoff, welcher eigentlich vielfältige Anwendungsbereiche hat. So ist er neben der Energiegewinnung auch als Kraftstoff oder zur Wärmegewinnung zu verwenden. Hier war in der Vergangenheit unter anderem die Schaffung einer separaten und einseitigen Infrastruktur ein Argument gegen eine Investition in wasserstoffbetriebenen öffentlichen Verkehr. Wenn Kommunen sich dennoch für Wasserstoff entschieden, kam gerade in den letzten Jahren in

einigen Kommunen immer wieder grauer Wasserstoff zum Einsatz. Mit den vielfältigen Investitionen von Bund und Ländern tritt zunächst ein anderes Problem auf: Kommunen, die bereits Wasserstoff nutzen, müssen abwägen, ob sie in den Bau von Elektrolyseuren investieren oder doch lieber in Pipeline-Projekte. Eine Pipeline und der damit verbundene Anschluss an ein deutschlandweites Netz ist für die meisten Kommunen eine sichere Option. Auch die Bundesregierung setzt weiter auf den Import von Wasserstoff in Form von grünem Ammoniak aus Ägypten, um die heimische Produktion zu unterstützen. Wie bei vielen Umstellungen auf Klimafreundlichkeit im Verkehrssektor gilt auch bei der Energiewende: Eine One-Size-fits-All-Lösung existiert für Kommunen nicht.

25.–26. September 2024 Ludwigsburg

Zeitenwende für die Mobilität in Stadt und Land?

Top-Event für Entscheidungsträger aus Politik und Verwaltung sowie Verkehrsexpertinnen und -experten aus Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft

Weitere Information unter www.fokus-kommune.de

Eine Veranstaltung des

Deutschlandweit fehlen rund

400.000 Kita-Plätze. Allein in Hessen sind es rund 41.000 Plätze. Das stellt Kommunen, Arbeitgeber, aber auch die Eltern vor enorme Herausforderungen. Leidtragende sind die Kinder. Wer dagegen einen Kita-Platz hat, ist privilegiert. Für die fehlenden Kita-Plätze wird häufig der Personalmangel verantwortlich gemacht. Dass Fachkräfte fehlen, ist unbestritten. Vielfach könnten aber durchaus Kita-Plätze geschaffen werden.

„Kindertagesbetreuung“

13.000 Kita-Plätze durch Optimierung schaffen

Eine erste wesentliche Steuerungskomponente ist die Gruppengröße. Nach § 25d Hessisches Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch (HKJGB) darf „die Gruppengröße in einer Tageseinrichtung […] höchstens 25 gleichzeitig anwesende Kinder betragen“. Wir haben das in den fünf kreisfreien hessischen Städten (Darmstadt, Frankfurt, Kassel, Offenbach und Wiesbaden) untersucht. In Darmstadt sind politisch maximal 22 und in Frankfurt und Wiesbaden maximal 20 Kinder pro Gruppe vorgegebe

1) Vollzeitäquivalente x 54.900 Euro (Entgeltgruppe S 8a Stufe 3 des TVÖD Sozial­ und Erziehungsdienst 2021, einschließlich Jahressonderzahlung und Leistungsentgelt sowie Arbeitgeberanteile an der Kranken­, Pflege­, Renten­ und Arbeitslosenversicherung einschließlich Zusatzversorgungskasse, gerundet auf volle hundert Euro).

Quelle: BS/eigene Darstellung

Dr. Ulrich Keilmann

leitet die Abteilung Überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften beim Hessischen Rechnungshof in Darmstadt.

Foto: BS/privat

Die Auswirkungen haben wir für die drei Großstädte konservativ (u. a. Berücksichtigung von I-Kindern, besondere Raumsituationen etc.) ermittelt und mit den Kommunen abgestimmt. Im Ergebnis könnten in Darmstadt rund 800, in Frankfurt rund 8.500 und in Wiesbaden rund 2.500 Kinder ohne zusätzlichen Aufwand mehr betreut werden, da die Städte das Personal und die Räumlichkeiten bereits vorhalten – in Summe also 11.800 zusätzliche Kita-Plätze im Ballungsraum Rhein-Main, wenn nur die Gruppengröße angepasst würde.

Die zweite wesentliche Steuerungskomponente ist die Betreuungsdauer. Diese haben wir bei sechs hessischen Sonderstatusstädten (Bad Homburg, Fulda, Gießen, Marburg, Rüsselsheim und Wetzlar) untersucht. Hier definiert das HKJGB für unterschiedliche Betreuungszeiträume feste Betreuungsmittelwerte, die den Fachkraftbedarf bestimmen.

Bei Eltern und Kommunen gleichermaßen sehr beliebt ist das Modell „5x9“, d. h. an fünf Tagen

Neue Strategien für erfolgreiches Recruiting

Qualifizierungsprogramm für den öffentlichen Sektor (BS/Sarah Jankowski*) Aktuelle Studien zeigen, dass bis 2030 mehr als jeder dritte Beschäftigte im Öffentlichen Dienst in Rente geht. Vier von zehn offenen Stellen sind im Schnitt nur mit hohem Aufwand zu besetzen, jede zehnte Stelle bleibt sogar gänzlich unbesetzt. Erfolgreich rekrutieren können nur noch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die eine perfekte Candidate Experience bieten – modern, digital und mit kurzen Reaktionszeiten.

Als eine auf den öffentlichen Sektor spezialisierte Personalberatung gehört es seit mehr als 30 Jahren zu den Aufgaben von zfm, öffentliche Verwaltungen und kommunale Unternehmen in der erfolgreichen Rekrutierung und Entwicklung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu unterstützen. Wir tragen dazu bei, die großen Potenziale des öffentlichen Sektors als Arbeitgeber sichtbar zu machen und unsere Kunden von unserer Expertise und unserem Netzwerk profitieren zu lassen. Jetzt wollen wir noch einen Schritt weitergehen! Wir haben ein in dieser Art einmaliges Qualifizierungsprogramm entwickelt, das passgenau auf die

Anforderungen des öffentlichen Sektors zugeschnitten ist und all das vermittelt, was wir schon seit vielen Jahren für unsere Kunden tun: von Profis für Profis.

Anspruchsvolles Programm

Die Qualifizierung zur Recruiterin und zum Recruiter für den öffentlichen Sektor bringt Mitarbeitende des Personalmanagements und erfahrene Mitarbeitende sowie Führungskräfte auf den neuesten Stand in Sachen Rekrutierung – und das auf einem hohen wissenschaftlichen, eignungsdiagnostischen und psychologischen Level. Wichtig sind uns neben einer exzellenten Fundierung der Inhalte auch die

Vermittlung von erprobten Praxislösungen und die Integration von Intensivtrainings, beispielsweise für die Durchführung von Interviews oder die Moderation von Auswahlverfahren mit Gremien. So garantieren wir, dass die Inhalte sofort im Arbeitsalltag unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer umgesetzt werden können.

Veranstaltungsangebot

Die sechs Seminarmodule, die von November 2024 bis April 2025 berufsbegleitend absolviert werden, werden ergänzt um eine Auftaktund Abschlussveranstaltung, Kaminabende mit Brancheninsidern und ein Praxisprojekt in der eigenen Organisation. Unsere erfahrenen zfm-Trainerinnen und -Trainer werden hierbei durch namhafte Expertinnen und Experten aus Verwaltung, Wirtschaft und Forschung unterstützt, die als Gastdozentinnen und Gastdozenten sowie Sparringspartnerinnen und Sparringspartner Best Practices mit unseren Teilnehmenden austauschen. Die Teilnahme ist auf maximal zwölf Personen begrenzt. Melden Sie sich für eine unserer kostenlosen Online-Infoveranstaltungen am 14. August oder am 10. September an oder setzen Sie sich direkt mit uns in Verbindung.

Wir freuen uns über Ihr Interesse! Mehr Informationen unter www.zfmbonn.de.

*Sarah Jankowski ist zfm-Beraterin und Psychologin.

neun Stunden Betreuung oder eine wöchentliche Betreuungszeit von 45 Stunden.

Zeitmodelle optimieren Exakt 45 Wochenstunden sind nach der Gesetzesdiktion aber offensichtlich ungünstig abzubilden (s. Grafik). Für dieses Zeitfenster ist ein gesetzlicher Betreuungsmittelwert von 50 Stunden vorgegeben, d.h. Kinder könnten mit dem gleichen vom Kita-Träger vorzuhaltenden Personal bis zu 55 Stunden pro Woche betreut werden (Option 1). Würden die Kitas dagegen die Betreuungszeit beispielsweise freitags um nur 10 oder 15 Minuten reduzieren, würden sie in den darunter liegenden Korridor mit 42,5 Stunden sinken. Diese abgesenkten 15 Minuten in der tatsächlichen Betreuung wirken sich beim gesetzlichen Betreuungsmittelwert also mit 7,5 Stunden (Delta zwischen 50 und 42,5 Stunden) weniger aus (Option 2). Durch diese Optimierung der Betreuungszeiten könnten 0,48 Vollzeitäquivalente an Fachkräften bei Option 2 eingespart und damit ein Ergebnisver-

besserungspotenzial von 26.236 Euro pro Gruppe und Jahr erreicht werden. Statt der Personaleinsparung könnte allerdings auch die Anzahl der zu betreuenden Kinder bei gleichbleibenden Vollzeitäquivalenten erhöht werden. Die Untersuchung bei den sechs Sonderstatusstädten führte zu dem Ergebnis, dass allein dort rund 1.200 Kinder mehr betreut werden könnten, ohne zusätzliches Personal einzustellen. Zu prüfen bliebe nur die Raumsituation, wenn neue Gruppen eingerichtet werden müssen. Im Ergebnis könnten so mit der Optimierung von zwei Steuerungskomponenten in neun großen hessischen Städten bis zu 13.000 Kita-Plätze geschaffen werden. Die Überörtliche Prüfung empfiehlt allen Kommunen, ihre Zeitmodelle zu optimieren, um die ohnehin schon privilegierten Eltern und Kinder mit Kita-Platz nicht noch weiter zu privilegieren, sondern auch denjenigen 13.000 Kinder und deren Eltern die Chance auf einen Kita-Platz zu ermöglichen.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema im Großstädtebericht, Hessischer Landtag, Drucksache 20/6483 vom 19. November 2021, S. 93 ff und im Kommunalbericht 2023, Hessischer Landtag, Drucksache 20/11686 vom 21. November 2023, S. 62 ff. Die vollständigen Berichte sind kostenfrei unter rechnungshof.hessen. de abrufbar.

Hochwasserhilfe für Kommunen

Vollständiger Aufbau dauert an

(BS/mv) Das Land Baden-Württemberg stellt für kommunale Schäden nach dem jüngsten Hochwasser ein zusätzliches Hilfspaket in Höhe von 25 Millionen Euro bereit.

Bei den Unwettern Ende Mai und Anfang Juni dieses Jahres entstanden in Teilen Baden-Württembergs durch Hochwasser und Überschwemmungen große Schäden. Da die bisherigen 29 Fachförderprogramme zum Wiederaufbau teilweise nicht ausreichen oder nicht in allen Fällen greifen, wird nun in Abstimmung mit den kommunalen Landesverbänden das zusätzliche Hilfspaket für Kommunen aktiviert. Die Behebung der kommunalen Schäden tragen das Land und die kommunale Familie je zur Hälfte. Außerdem steht den Kommunen bei Problemen der Chef der Interministeriellen Arbeitsgruppe und Amtschef im Innenministerium, Reiner Moser, als direkter Ansprechpartner zum Thema Hochwasser zur Verfügung.

Wiederaufbau: eine Aufgabe für Jahre

Der stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister, Thomas Strobl, erläutert die aktuelle Situation: „Nach dem Hochwasser liegen in den betroffenen Regionen im Regierungsbezirk Stuttgart und in Oberschwaben enorme Schäden vor. Wir müssen nach aktuellem Stand davon ausgehen, dass sich die Gesamtschadenssumme auf über 500 Millionen Euro belaufen wird.“ Die exakte Summe sei noch nicht abzusehen.

Strobl betont die Unterstützung beim Wiederaufbau durch das

Land: „Nun geht es an den Wiederaufbau – und hier hilft das Land. Wir lassen die Menschen nicht alleine. Beim Wiederaufbau sind

alle Fachbereiche der Landesverwaltung gefragt, damit Stück für Stück alles wiederhergestellt wird, was zerstört wurde. In diesem Sinne haben wir jetzt ein Paket geschnürt, das wir am zeitnah beschließen und dann anpacken werden“, erklärt er. Allerdings macht er auch deutlich, dass die vollständige Beseitigung der Schäden mehrere Jahre andauern werde.

Zudem mahnt Strobl mit Blick auf die Zukunft: „Unwetter werden wir häufiger erleben. In den letzten Jahren haben wir hier schon viel erreicht, haben viel in den Hochwasserschutz investiert und wichtige Weichen gestellt. Wir haben aber nach wie vor Punkte, die wir verbessern müssen.“

Das jüngste Hochwasser hat in den Kommunen Baden­Württembergs große Schäden angerichtet, wie hier in Ulm. Foto: BS/Hans, pixabay.com

Viele Stellen im öffentlichen Sektor müssen in den kommenden Jahren neu besetzt werden. Foto: BS/Aymanejed, pixabay.com

Gemeinsam stark für die Kinder, Jugendlichen und Familien unserer Region!

Unsere Kreisverwaltung liegt im Westen von Nordrhein-Westfalen - inmitten einer attraktiven Region, die eine harmonische Verbindung von Natur und Urbanität bietet. Die hervorragende Lebensqualität unseres Kreises macht besonders das vielfältige Kultur- und Freizeitangebot aus.

Mit über 1.000 engagierten Mitarbeitenden sieht sich unsere Kreisverwaltung als modernes Dienstleistungsunternehmen. Hier steht eine fach- und hierarchieübergreifende Zusammenarbeit im Einklang mit einem ausgeprägten Gemeinschaftsgefühl im Vordergrund. Im Zuge einer Wachstumsstrategie gestaltet die Verwaltung konsequent einen attraktiven Lebensraum mit z. B. bezahlbarem Wohnraum, neuen Arbeitsplätzen und zahlreichen Freizeit-, Kultur- und Erholungsangeboten. Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine empathische Führungspersönlichkeit als

Leitung (w/m/d) Jugendamt

Das Amt umfasst die fünf Abteilungen „Wirtschaftliche Jugendhilfe“, „Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz sowie Elterngeld“, „Frühe Hilfen, Kindertagesbetreuung und Kinder- und Jugendförderung“, „Soziale Dienste“ und „Eingliederungshilfe“.

Gehen Sie davon aus, dass die attraktiven Rahmenbedingungen Sie überzeugen werden.

Mit Umsicht und Kompetenz bringen Sie die Entwicklung unserer Stadt voran!

Die Stadt Konstanz als größte Stadt am Bodensee zeichnet sich durch wirtschaftliche Dynamik, kulturellen Reichtum, einen hohen Freizeitwert sowie als lebendige Touristen- und Einkaufsstadt aus.

Die Stadt Konstanz sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine Amtsleitung (w/m/d) für das Baurechts- und Denkmalamt

Als Amtsleitung des Baurechts- und Denkmalamtes erwartet Sie ein interessantes und herausforderndes Aufgabengebiet im Bereich einer unteren Baurechtsbehörde. Das Amt umfasst die Aufgabenschwerpunkte Baurecht und BauPunkt, Geschäftsstelle Gestaltungsbeirat, Denkmalschutz, Wohnraumzweckentfremdung, Umsetzung der Wärmegesetze und vorbeugender Brandschutz.

Es erwartet Sie eine verantwortungsvolle und abwechslungsreiche Tätigkeit in Besoldungsgruppe A 15 LBesGBW bzw. Entgeltgruppe 15 TVöD.

Interessiert?

Gestalten Sie mit fachlicher Expertise und strategischem Weitblick das Beteiligungsmanagement der Stadt Duisburg!

Mit rund 500.000 Einwohner*innen ist die Stadt Duisburg die westlichste Großstadt des Ruhrgebietes, Universitätsstadt und Oberzentrum des Niederrheins. Sie fasziniert durch die Kontraste ihrer Erscheinung: Hier trifft die urbane Industriekulisse auf malerische Fluss- und Seelandschaften sowie grüne Refugien in Parks und Wäldern. Die hervorragende Verkehrsanbindung, der weltweit größte Binnenhafen und die zentrale Lage machen die Stadt außerdem zu einem idealen Standort für Wirtschaft und Handel.

Das Beteiligungsmanagement der Stadt Duisburg begleitet sämtliche Vorgänge, die mit den städtischen Gesellschaften und Betrieben in Zusammenhang stehen. Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir im Zuge einer Altersnachfolge eine analytische und kommunikative Persönlichkeit als

Abteilungsleitung (w/m/d)

Beteiligungsmanagement

Die Abteilung Beteiligungsmanagement (20-3) ist dem Amt der Stadtkämmerei zugeordnet. Diese attraktive Position wird für Beamt*innen nach Besoldungsgruppe A 16 LBesG bzw. für Tarifbeschäftigte entsprechend außertariflich vergütet.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Yanna Schneider, Sanny Groß oder Waishna Kaleth gerne zur Verfügung.

Lassen Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bitte über die zfm-Jobbörse zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Interessiert? Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Elisa Heinen oder Julia Schwick gerne zur Verfügung.

Als Ansprechpartnerin seitens der Stadt Konstanz steht Ihnen unter der Rufnummer 07531 9002268 Anja Conze (Personalund Organisationsamt) zur Verfügung.

Lassen Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bitte über die zfm-Jobbörse zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung

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Setzen Sie sich in Krefeld mit Überzeugung für Ihr Herzensthema, den Rad- und Fußverkehr, ein!

Interessiert?

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Sanny Groß, Yanna Schneider oder Waishna Kaleth gerne zur Verfügung.

Lassen Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bitte über die zfm-Jobbörse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung

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Inmitten der Metropolregion Rheinland ist Krefeld eine Großstadt mit Charakter, viel Grün und hoher Lebensqualität – kulturell lebendig, wirtschaftlich dynamisch, mit einer engagierten Stadtgesellschaft.

Machen Sie Krefeld mit uns l(i)ebenswert! Die Stadtverwaltung Krefeld ist vor Ort eine der größten Arbeitgeberinnen. Im Zusammenwirken mit der Bürgerschaft organisieren und gestalten rund 4.000 Mitarbeitende den Alltag und das tägliche Miteinander in unserer Stadt. Als Mitglied und Präsidiumsvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW (AGFS) legt die Stadt Krefeld großen Wert auf eine nachhaltige Verkehrsentwicklung. Ein besonderes Augenmerk richten wir mit der Initiative „Krefelder Fairkehr“ auf die Verkehrssicherheit unserer jüngsten Bürger*innen. Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir daher eine*n kommunikations- und umsetzungsstarke*n Radverkehrsplaner*in als Stv. Rad- und Fußverkehrsbeauftragte*r (w/m/d)

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Annika Lachmann, Alexander Wodara oder Roland Matuszewski gerne zur Verfügung.

Lassen Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bitte über die zfm-Jobbörse zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Die Position wird in Abhängigkeit der persönlichen Voraussetzungen bis zu EG 12 TVöD (zzgl. möglicher Zulage) vergütet. In dieser Position berichten Sie direkt an die Sachgebietsleitung Verkehrsraumplanung. Interessiert? Die Personalberatung für

Mit juristischer Kompetenz und Weitsicht steuern Sie die gesellschaftspolitische Entwicklung in unserer Stadt!

Die Stadt Minden ist mit rund 85.000 Einwohner*innen die viertgrößte Stadt der Region Ostwestfalen-Lippe und gleichzeitig Verwaltungs- und Wirtschaftszentrum des Kreises Minden-Lübbecke. Umgeben von einer abwechslungsreichen Landschaft machen insbesondere die ausgezeichneten Bildungs-, Kultur- und Freizeitangebote die historisch geprägte Stadt Minden lebenswert. Mit mehr als 1.300 Beschäftigten gehören die Stadt Minden und die Städtischen Betriebe Minden (SBM) zu den größten Arbeitgebern in der Region.

Für den Geschäftskreis II sowie als allgemeine Vertretung des Bürgermeisters suchen wir im Rahmen einer Altersnachfolge zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine erfahrene und verantwortungsbewusste Führungspersönlichkeit als

Erste Beigeordnete / Erster Beigeordneter (w/m/d)

In dieser Position werden Sie für die Dauer von 8 Jahren in ein Beamtenverhältnis auf Zeit gewählt. Die Vergütung erfolgt nach Besoldungsgruppe B 4 LBesG NRW zuzüglich einer Aufwandsentschädigung.

Der betreffende Geschäftskreis umfasst derzeit die Bereiche Bürgerdienste, Recht, Sicherheit und Ordnung, Soziales sowie Jugend. Interessiert?

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Gianna Forcella, Elisa Heinen und Julia Schwick gerne zur Verfügung.

Lassen Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bitte über die zfm-Jobbörse zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung

Ihre Ideen für unser Stadtwerk –Führungskraft mit Weitblick für die Stadtwerke Lörrach gesucht!

Die Stadtwerke Lörrach sind ein kommunales Dienstleistungsunternehmen der Stadt Lörrach und werden als Eigenbetrieb geführt. Sie sind verantwortlich für die Wasserversorgung, den Betrieb des Hallen- und Parkschwimmbades sowie für die Bereitstellung diverser Verkehrsdienstleistungen wie des ÖPNV und der Betreuung der Parkhäuser. Ein besonderes Aufgabenfeld ist auch die Unterhaltung des grenzüberschreitenden bekannten Burghof-Gebäudes. Des Weiteren entwickeln sich die Stadtwerke aktuell durch den Ausbau in den Bereichen Fernwärme und Stromnetzbetrieb weiter.

Für unseren Eigenbetrieb suchen wir im Zuge einer altersbedingten Nachfolge zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine eigenverantwortliche und motivierte Führungspersönlichkeit als

Leitung Eigenbetrieb Stadtwerke (w/m/d)

Die Stelle ist für tariflich Angestellte nach EG 14 TVöD vergütet.

Seit Anfang 2024 wird der Eigenbetrieb von zwei Betriebsleitungen mit unterschiedlichen Verantwortungsbereichen geführt. Gemeinsam mit der Ersten Betriebsleitung berichten Sie direkt an die Baubürgermeisterin.

Interessiert?

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Theresa Meister, Alexander Wodara oder Roland Matuszewski gerne zur Verfügung.

Lassen Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bitte über die zfm-Jobbörse zukommen.

Dieses in dieser Art einmalige Qualifizierungsprogramm bringt Sie auf den neuesten Stand in Sachen Rekrutierung – und vermittelt erprobte Praxislösungen, speziell für öffentliche Verwaltungen und kommunale Unternehmen.

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Mit Ihrem strategischen Weitblick treiben Sie die Weiterentwicklung unserer Rechnungsprüfung voran!

Inmitten der Metropolregion Rheinland ist Krefeld eine Großstadt mit Charakter, viel Grün und hoher Lebensqualität – kulturell lebendig, wirtschaftlich dynamisch, mit einer engagierten Stadtgesellschaft.

Machen Sie Krefeld mit uns l(i)ebenswert! Die Stadtverwaltung Krefeld ist vor Ort eine der größten Arbeitgeberinnen. Im Zusammenwirken mit der Bürgerschaft organisieren und gestalten rund 4.000 Mitarbeitende den Alltag und das tägliche Miteinander in unserer Stadt.

Der Fachbereich 14 Rechnungsprüfung ist dem Geschäftsbereich I zugeordnet, dessen Leitung dem Oberbürgermeister obliegt. Der Fachbereich 14 ist in die zwei Abteilungen „Verwaltungs-, IT- und technische Prüfungen“ sowie „Betriebswirtschaftliche Prüfung und Prüfung des internen Kontrollsystems (IKS)“ aufgeteilt. Im Rahmen einer Altersnachfolge suchen wir zum 01.01.2025 eine integre Persönlichkeit als

Fachbereichsleitung

Rechnungsprüfung (w/m/d)

Die attraktive Position wird für Beamt*innen nach Besoldungsgruppe A 16 LBesG bzw. für Tarifbeschäftigte entsprechend außertariflich vergütet. Interessiert?

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Sanny Groß, Yanna Schneider oder Waishna Kaleth gerne zur Verfügung.

Lassen Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bitte über die zfm-Jobbörse zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Mit Ihrer Leidenschaft für soziale Arbeit und Gerechtigkeit sowie Ihrem hohen Engagement gestalten Sie die Zukunft unserer Stiftung!

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung

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Die Stiftung SPI Sozialpädagogisches Institut Berlin »Walter May« ist eine eigenständige, gemeinnützige Stiftung des Landesverbandes der Arbeiterwohlfahrt Berlin e.V. Die Stiftung SPI ist Träger eigener Praxis und Mitgestalterin bei der Lösung sozialer Probleme im Land Berlin, Brandenburg und bundesweit. Sie unterstützt Bundes- als auch Landesministerien sowie Kommunen bei der Entwicklung und Umsetzung von Förderprogrammen. Sie beteiligt sich mit ihren rund 900 Mitarbeitenden aktiv an bildungs-, sozial- und fachpolitischen Diskursen, erarbeitet Vorschläge und Formate, erprobt, berät, begleitet, evaluiert und setzt um.

Im Zuge einer Nachfolgeregelung sucht die Stiftung SPI zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine couragierte und engagierte Persönlichkeit als Direktor*in und Vorstandsvorsitzende*n (w/m/d)

In dieser herausragenden Funktion tragen Sie die strategische und wirtschaftliche Gesamtverantwortung für die Stiftung SPI in enger Zusammenarbeit mit den Leitungen der fünf Geschäftsbereiche. Die Berufung kann nach 5 Jahren erneut erfolgen. Interessiert?

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Barbara Morschhaeuser, Waishna Kaleth oder Sanny Groß gerne zur Verfügung.

Lassen Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bitte über die zfm-Jobbörse zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung

Eine Jahrhundertaufgabe:

Gestalten Sie den Strukturwandel im Rheinischen Revier!

Die Entwicklungsgesellschaft indeland GmbH gestaltet den Strukturwandel im Umfeld des Tagebaus Inden und fungiert als zentraler Ansprechpartner für alle Belange der Nachfolgelandschaft des derzeit noch aktiven Tagebaus Inden. Mit der Schließung des Tagebaus Inden gilt es, die informellen Planungen umzusetzen und damit eine erfolgreiche Transformation des Raumes zu gewährleisten. Die Gesellschafter des indelands sind die Städte und Gemeinden Aldenhoven, Eschweiler, Inden, Jülich, Langerwehe, Linnich und Niederzier sowie der Kreis Düren. Der bisherige Erfolg der regionalen Strukturentwicklung im indeland ist das Ergebnis der langjährigen interkommunalen Zusammenarbeit. Die strategischen Grundlagen und operativen Aktivitäten werden gemeinsam diskutiert, abgestimmt und beschlossen.

Die Entwicklungsgesellschaft indeland GmbH sucht zur strategischen und operativen Leitung eine engagierte Persönlichkeit als

Geschäftsführung (w/m/d)

Wir bieten Ihnen die Gelegenheit, sich an exponierter Stelle für einen erfolgreichen Strukturwandel einzusetzen und an der Gestaltung einer der spannendsten Regionen Deutschlands mitzuwirken. Gehen Sie davon aus, dass die attraktiven vertraglichen Rahmenbedingungen Sie überzeugen werden.

Interessiert?

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Yanna Schneider, Sanny Groß oder Waishna Kaleth gerne zur Verfügung. Lassen Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bitte über die zfm-Jobbörse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung

Mehr Infos:

So eindeutig diese Zahlen scheinen, so gering ist ihre Aussagekraft. Zum einen liegt das daran, dass eine Eingangsstatistik nur eine vorläufige polizeiliche Bewertung darstellt. Ob tatsächlich ein Gewaltdelikt vorlag, entscheidet am Ende die Justiz (die für Bahnhöfe keine Statistik führt). Zum anderen fehlt ein Bezug: Der Hamburger Hauptbahnhof ist mit etwa 550.000 Besuchern täglich der am meisten frequentierte Bahnhof in Deutschland. Setzt man die Delikte in Relation zur Besucherzahl ist er mit einem Gewaltdelikt auf gut 760 Menschen weit weniger gefährlich als andere Großstadtbahnhöfe. Zieht man die Polizeiliche Kriminalstatistik heran, wonach es 2023 in Deutschland mit seinen etwa 84 Millionen Einwohnern zu rund 214.000 Fällen von Gewaltkriminalität kam (also ein Gewaltdelikt auf 390 Einwohner), ist das Risiko, im Hauptbahnhof der Hansestadt Opfer einer Gewalttat zu werden, nur etwa halb so hoch wie durchschnittlich im Rest des Landes. Was ist nun die „Allianz sicherer Hauptbahnhof“ und wie trägt sie zur Sicherheit bei? Um diese Frage zu beantworten, ist ein gemeinsames Begriffsverständnis nötig. Sicherheit ist mehr als die Abwesenheit von Kriminalität. Sicher ist es, wenn geltende Regeln beachtet werden – vertragliche (z. B. die Beförderungsbedingungen der Verkehrsunternehmen) oder gesetzliche (insbesondere Straf- und Bußgeldtatbestände). Und Sicherheit wird unterschiedlich empfunden. Mehr als Statistiken beeinflusst die individuelle Wahrnehmung, ob man sich an einem Ort sicher fühlt. Das Sicherheitsgefühl ist von vielen Faktoren abhängig: Enge, überfüllte, unsaubere Örtlichkeiten, offener Alkohol- oder Drogenkonsum gehören ebenso dazu wie Präsenz von Ordnungskräften und sichtbares Einschreiten bei Fehlverhalten. Für die Sicherheit an Bahnhöfen kann deshalb nicht eine Institu-

Fahrer eines Kraftfahrzeugs, die mit einem höheren THC-Wert als 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blut unterwegs sind, müssen mit einem Bußgeld von 500 Euro sowie einem einmonatigen Fahrverbot rechnen. Sollte der Fahrer zusätzlich alkoholisiert sein, kann das Bußgeld auf 1.000 Euro erhöht werden. Bei Fahranfängern und jungen Fahrern bis zum 21. Lebensjahr soll der analytische Grenzwert von einem Nanogramm pro Milliliter bestehen bleiben.

Vier Partner für mehr Sicherheit

Die Hamburger „Allianz sicherer Hauptbahnhof“

(BS/Falk Schnabel) Wer nach den „gefährlichsten Bahnhöfen Deutschlands“ sucht, findet den Hamburger Hauptbahnhof weit vorne im Ranking, bei den Gewaltdelikten sogar an der Spitze. Hintergrund ist eine Kleine Anfrage im Bundestag (BTDrs. 20/10457). Nach der Eingangsstatistik der Bundespolizei steht er danach mit 720 Gewaltdelikten im Jahr 2023 auf Platz 1, gefolgt von Hannover (667), Dortmund (644), Köln (635) und Berlin (620).

Im Rahmen der “Quattrostreife” gehen Sicherheitskräfte der Bundes- und Landespolizei, der Hochbahn-Wache und der DB-Sicherheit gemeinsam auf Streife. Foto:

tion allein zuständig sein. In den Zügen und U-Bahnen gelten die jeweiligen Beförderungsbedingungen und Hausordnungen, für die in Hamburg die DB Sicherheit und die Hamburger Hochbahnwache zuständig sind. Im Bahnhof wird die Bundespolizei nach Bundesrecht tätig, vor dem Bahnhof ist es die Polizei Hamburg nach Landesrecht. Vier Regelwerke, vier Zuständigkeiten – alles an einem Ort. Seit Jahren unternimmt Hamburg viel für die Sicherheit am Hauptbahnhof. Während sich der Umstand, dass er als Verkehrsknotenpunkt und mit dem Einkaufsangebot in der „Wandelhalle“ rein baulich kaum die Besucherströme aufnehmen kann, allenfalls langfristig beeinflussen lässt, haben andere, insbesondere die seit 2023 initiierten Maßnahmen die Lage merklich verbessert.

Im Januar 2023 wurden die Reinigungsintervalle erhöht, im Februar ist ein Vier-Säulen-Modell aus Präsenz, Repression, Nutzungsstruktur öffentlicher Räume und Prävention implementiert worden, im März wurden die gemeinsamen Streifen aus Bundes- und Landespolizei um Kräfte der DB Sicherheit und der Hamburger Hochbahnwache ergänzt. Im April schließlich schlossen sich die vier Sicherheitspartner durch eine förmliche Vereinbarung zur „Allianz sicherer Hauptbahnhof“ zusammen.

Enge Zusammenarbeit

Die Kooperation beinhaltet die wechselseitige Abstimmung von Maßnahmen, gemeinsame Schwerpunkteinsätze, koordinierte Öffentlichkeitsarbeit und ein gemeinsames Lagebild. Im Mittelpunkt stehen die vorerwähnten Quattros-

Grenzwertig

Falk Schnabel ist Polizeipräsident von Hamburg und Mitinitiator der Kooperation „Allianz sicherer Hauptbahnhof“. Foto: BS/privat

treifen, die, neben Einsätzen, die die Sicherheitspartner weiterhin jeweils mit eigenen Kräften wahrnehmen, an jedem Tag insgesamt 90 Stunden pro Woche Präsenz zeigen. Dies mit Erfolg: Egal, in welchem Bereich des Hauptbahnhofs oder seines Umfelds sie unterwegs sind, es gibt keine Ordnungsstörung, Vertragsverletzung oder Straftat, für die nicht wenigstens einer der Streifenpartner zuständig ist. Indem es keine Zuständigkeitslücken gibt, wird der für Außenstehende oftmals unverständliche Eindruck vermieden, dass uniformierte Ordnungskräfte Fehlverhalten zwar wahrnehmen, aber nicht einschreiten. Zugleich wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen verschärft: Seit Oktober 2023 gilt eine weiträumige Waffenverbotszone, seit April 2024 werden die Alkoholverbote der Verkehrsunternehmen durch ein landesrechtliches Alkoholkonsumverbot im Bahnhofsumfeld ergänzt, im Sommer 2024 vervollständigen Kameras der Polizei Hamburg an der Ostseite des Hauptbahnhofs die bestehende Videoüberwachung im Bahnhof. Inzwischen flankieren zwei wichtige Akteure die Sicherheitsarbeit

Gefährdet die Cannabislegalisierung die Verkehrssicherheit? (BS/lm) Anfang Juli stimmte der Bundesrat neuen Bestimmungen und Bußgeldern für Cannabis am Steuer gegen Stimmen der CDU/CSU- und der AfD-Fraktion zu. Dabei wurde auf Empfehlung einer unabhängigen Expertenkommission des Bundesverkehrsministeriums mit 3,5 Nanogramm je Milliliter im Blutserum ein neuer Grenzwert für Tetrahydrocannabinol (THC) festgelegt. Zuvor lag der Grenzwert bei einem Nanogramm. Diese Erhöhung stößt zu großen Teilen auf Unverständnis.

der Allianz: Zum einen hat die Staatsanwaltschaft Hamburg ein Sonderdezernat für Straftaten im Bahnhofsgebiet geschaffen. Mit der Bündelung solcher Verfahren kann sie dort begangene Taten effektiver und schneller verfolgen. Zum anderen hat die Hamburger Sozialbehörde ein Maßnahmenpaket umgesetzt, das die Ursachen von Not und Verelendung angeht. Sogenannte Sozialraumläufer, d. h. von außen erkennbare Dreierteams, sprechen niedrigschwellig obdachlose, hilfebedürftige und suchtkranke Menschen an, die im Bahnhofsumfeld lagern, um sie im Vorfeld repressiver Maßnahmen zu einem regelkonformen Verhalten anzuhalten und ihnen zugleich Hinweise auf Hilfen zu geben. Die Bahnhofsmission fungiert als sogenannter Social Hub, wo eine Vermittlung der bedürftigsten Fälle in die sozialen Hilfesysteme versucht wird. Nur so wird sich eine nachhaltige Verbesserung für die Menschen und damit auch für das Bahnhofsumfeld erreichen lassen. All dies zeigt Wirkung: Die Quattrostreifen haben zu einem statistischen Anstieg der Kontrolldelikte geführt. Das war zu erwarten. Es bedeutet nicht, dass tatsächlich mehr Delikte begangen wurden; eher wurde das vorhandene Dunkelfeld weiter erhellt. Zudem hat eine gewisse Verlagerung von Menschen in prekären Lebenslagen in umliegende Quartiere stattgefunden, wo die Polizei Hamburg einer Verfestigung entgegenwirkt. Damit beide Aspekte – Bekämpfung von Kriminalität und prekären Lebenslagen – nachhaltig wirken, braucht es noch einen langen Atem. Insgesamt aber ziehen alle Allianzpartner und auch die Öffentlichkeit das Fazit, dass sich die Lage positiv entwickelt hat. Darauf wurden andere Städte aufmerksam, die anhand des Hamburger Beispiels eigene Kooperationen auf den Weg bringen wollen. Dazu kann ich nur ermutigen.

Bundeskongress

Kommunale Verkehrssicherheit

Kritik an Grenzwerterhöhung Union und AfD kritisierten die Erhöhung als hochgradig riskant und warfen der Koalition vor, Warnungen der Polizei zu ignorieren. Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) hält die Änderung des Straßenverkehrsgesetzes für einen schweren Fehler. Mit der Anhebung des Cannabis-Grenzwertes werde „das individuelle Mobilitätsbedürfnis der Cannabiskonsumenten über den Allgemeinschutz der Verkehrsteilnehmer gestellt“, was dazu führe, „dass das Risiko für alle Verkehrsteilnehmer steigt, in schwere oder tödliche Unfälle verwickelt zu werden“, so der Minister. Kritik an der Erhöhung kommt auch vonseiten der Polizeigewerkschaften. Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), kritisiert, sämtliche Fachminister der Länder hätten sowohl dem „Cannabisgesetz als auch der willkürlichen Anhebung des THC-Grenzwertes auf jetzt 3,5 Nanogramm widersprochen“. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Michael Mertens, warnte Konsumenten davor, „sich an einen Grenzwert heranzukiffen“. Er begrüßte zwar das absolute Cannabisverbot für Fahranfänger, kritisierte aber, dass es keine entsprechend strenge Regelung für Fahrer von Personentransporten und Gefahrgut gebe. Der Konsum von Cannabis führt zu Einschränkungen von Konzentration und Aufmerksamkeit, zur Verlängerung der Reaktions- und Entscheidungszeit und kann sowohl das Sehvermögen als auch die Bewegungskoordination stören. Ein großes Problem für Konsumenten hinsichtlich der Teilnahme am Straßenverkehr stellt daher die fehlende Berechenbarkeit des THC-Abbaus dar. Diese erfolgt nicht, wie beim Alkohol, linear, sondern individuell unterschiedlich und ist von zahlreichen Faktoren abhängig. Während bei gelegentlichem oder moderatem Einzelkonsum eine Teilnahme am Straßenverkehr in der Regel bereits nach zwölf bis 24 Stunden möglich ist, sollte bei ora-

Bundeskongress

& 26. September 2024

ler Aufnahme länger als 24 Stunden bis zum Fahrtantritt gewartet werden. Bei regelmäßigem Konsum wird THC im Gewebe gespeichert und nur langsam ins Blut zurückgegeben. Daher kann es bei Dauerkonsumenten Tage dauern, bis der Grenzwert unterschritten wird. Fehlen sicherer Tests Laut Expertenkommission ist der Grenzwert hinsichtlich der Verkehrssicherheit mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille vergleichbar. Sie vertritt die Ansicht, dass der bisherige Grenzwert so niedrig sei, dass auch jene bestraft würden, bei denen eine Minderung der Fahrsicherheit nicht begründet werden könne. Ein großes Fragezeichen steht bislang allerdings hinter der Überprüfbarkeit des Grenzwerts. Der Polizei fehlen derzeit Geräte, die den THC-Wert ähnlich dem Alkomaten verlässlich feststellen können. So forderte auch die GdP den „flächendeckenden Zugriff der beteiligten Behörden auf Drogenschnelltests, die gerichtsfeste Beweise für eine Fahrt unter Drogeneinfluss ermöglichten, ohne eine Blutprobe nehmen zu müssen“. Mit einem Bluttest ist für die Polizei aber ein erheblicher Mehraufwand verbunden. Sollten Hinweise auf einen Konsum festgestellt werden, könnte mit einem Schnelltest THC bzw. das Abbauprodukt THC-COOH in Speichel, Schweiß oder Urin nachgewiesen werden. Bei positivem Test wäre dann ein Bluttest anzuordnen. Als Beweismittel gilt derzeit einzig der Nachweis des Wirkstoffs THC im Blutserum.

BS/privat

Die bisherige Strategie, Autos und Lkws schrittweise durch Elektrofahrzeuge zu ersetzen, erweist sich als unzureichend. Die hohen Anschaffungskosten machen sie oft unerschwinglich, der Ausbau der Ladeinfrastruktur ist teuer und zeitaufwendig. Auch Verkehrsstaus bleiben unverändert bestehen. In diesem Kontext wird deutlich, dass alternative Strategien gefunden werden müssen. Ein vielversprechendes Schlüsselelement könnten hierbei vermehrte Investitionen in die Fahrradinfrastruktur von Städten sein.

Bereits seit einigen Jahren hat der städtische Radverkehr erheblich an Bedeutung gewonnen. Ein entscheidender Wendepunkt war die Covid-19-Pandemie, die als Beschleuniger für den Ausbau der Radinfrastruktur in vielen Städten Europas wirkte. EU-weit wurden fast eine Milliarde Euro investiert und Tausende von Kilometern an Radwegen und autofreien Zonen geschaffen. Auch die Akzeptanz seitens der Bevölkerung steigt. So wurden in Deutschland im vergangenen Jahr erstmals mehr E-Bikes als herkömmliche Fahrräder verkauft – ganze 53 Prozent. Das bedeutet, dass die Menschen nun längere Strecken in kürzerer Zeit mit dem Fahrrad zurücklegen können und auch die Topografie keine Rolle mehr spielt. Es zeigt außerdem, dass Menschen bereit sind, nachhaltigere Verkehrsmittel zu nutzen, wenn die richtigen Anreize und Infrastrukturen vorhanden sind.

Politischer Wille und innovative Maßnahmen

Den Radverkehr zu stärken ist eine politische Aufgabe mit vielen Aktionsfeldern. Viele Beispiele zeigen, dass es oft vor allem eine Frage des politischen Willens ist, Handlungsspielräume auch zu nutzen.

Das Rad ins Rollen bringen

Gute Infrastruktur stärkt städtischen Radverkehr

(BS/Yoann Le Petit) Die EU hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Treibhausgasemissionen sollen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist es jedoch fraglich, ob dieses Emissionsziel erreicht werden kann.

Investitionen in eine gute Fahrradinfrastruktur setzen bei den Bürgerinnen und Bürgern Anreize, das Fahrrad als bevorzugtes Verkehrsmittel zu nutzen.

Foto: BS/Kara, stock.adobe.com

In Berlin richtete man während der Covid-19-Pandemie sogenannte Pop-up-Radwege ein, indem temporäre Markierungen und physische Barrieren verwendet wurden, um Fahrspuren für Autos in Radwege umzuwandeln – ein bemerkenswertes Beispiel für eine schnelle und flexible Anpassungen der städtischen Infrastruktur. Engagement auf politischer Seite wird auch in Brüssel gezeigt, wo die Stadt mit

ihrem „Good-Move-Plan“ Einbahnstraßen, Zonen mit eingeschränktem Zugang und eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h im gesamten Stadtgebiet implementiert hat. Darüber hinaus unterstützt der Fonds „Bikes in Brussels“ Projekte zur Entwicklung des Radverkehrs. Auch die Metropole Paris investiert mit ihrem ehrgeizigen „Plan Vélo“ nicht nur in mehr Fahrradwege, sondern auch in eine sicherere In frastruktur. Mittlerweile werden hier bereits 11,2 Prozent der Kurzstrecken mit dem Fahrrad zurückgelegt. Das Programm „Savoir Rouler à Vélo“ zielt darauf ab, jährlich 800.000 Schulkindern das sichere Radfahren beizubringen. Damit wird die Nutzung des Rads schon von früh an zur Gewohnheit gemacht. Menschen dazu zu bringen, ein Fahrrad als tägliches Verkehrsmittel zu nutzen, bedeutet nicht nur, die physische Infrastruktur zu verbessern, sondern erfordert ein ganzheitliches Vorgehen, das auch das Bewusstsein und die Einstellung gegenüber dem Radfahren verändert. Denn obwohl heute viel mehr Menschen in Europa ein Fahrrad in der Stadt nutzen als noch vor zehn Jahren, gibt es immer noch sehr viele, die es nicht tun, insbesondere Frauen. Untersuchungen zeigen, dass Frauen eher Sicherheitsbedenken haben, was zum einen der Tatsache geschuldet ist, dass es in vielen europäischen Städten weiterhin an sicherer und ausreichender Fahrradinfrastruktur mangelt. Zum an-

6. ZU|kunftssalon Public Corporate Governance

Auf integrierte Gestaltung kommt es an Der Lehrstuhl für Public Management & Public Policy veranstaltet am 5. September ab 14.00 Uhr und am 6. September bis 13.00 Uhr an der Zeppelin Universität (ZU) in Friedrichshafen unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Ulf Papenfuß den 6. ZU|kunftssalon Public Corporate Governance: Integrierte Gestaltung mit Verwaltungen und öffentlichen Unternehmen und Smart Government.

Die Zeppelin Universität in Friedrichshafen richtet erneut die Veranstaltung „ZU|kunftssalon Public Corporate Governance“ aus. Foto: BS/pixabay.com

„Good Governance“ und verantwortungsvolle Organisationsführung bei öffentlichen Verwaltungen und öffentlichen Unternehmen sind für den Staat und die Gesellschaft von besonderer Bedeutung. In der Debatte über nachhaltige Daseinsvorsorge, digitale Transformation, den demografischen Wandel, Klimaschutzziele, die Zukunft des demokratischen Gemeinwesens sowie Staats- und Verwaltungsmodernisierung können die Alltagsprobleme und strategischen Herausforderungen in Gebietskörperschaften vielfach

nur mit einer integriert gedachten Steuerung von Verwaltungen und öffentlichen Unternehmen anforderungsgerecht bewältigt werden.

Der ZU|kunftssalon bietet u. a.:

• innovative Best Practices und originelle Alltagsgestaltung,

• Perspektiven für Staat und Gesellschaft,

• Sinnfragen mit Seeblick in inspirierender Atmosphäre und Universitätsspirit.

Die Veranstaltung behandelt in Vorträgen, Diskussionsrun-

den und parallelen Workshops

Themen aus dem Bereich der integrierten Gestaltung mit Verwaltungen und öffentlichen Unternehmen und Smart Government. Hierunter fallen auch Themen aus der Public Corporate Governance, die sich mit dem Ordnungsrahmen und der praktizierten Steuerung von Organisationen der öffentlichen Hand mit selbstständiger Wirtschaftsführung, wie z. B. öffentlichen Unternehmen, beschäftigt. Public Corporate Governance schließt die Themen Beteiligungssteuerung und Beteiligungsmanagement ein.

In besonderer Atmosphäre besteht ein exklusiver Raum, um neue Kontakte zur Entwicklung von Zukunftsperspektiven zu schließen. Zudem wird eine besondere Austauschmöglichkeit mit einem einschlägigen und gestaltungsmotivierten Kreis aus Teilnehmenden über alle föderalen Ebenen hinweg ermöglicht sowie mit einzelnen Mitgliedern der Expertenkommission Public Corporate Governance-Musterkodex in den Austausch zu treten.

Die Möglichkeit zur Anmeldung sowie die aktuellen Programm- und Veranstaltungshinweise finden Sie auf der Veranstaltungsseite unter zu.de/zukunftssalon

deren ist die Besorgnis erlernt. Hier setzt das Projekt TandEM an, das in Budapest und in acht weiteren europäischen Städten Schulungen und Ressourcen anbietet, um Frauen zu ermutigen, das Fahrrad als tägliches Verkehrsmittel zu nutzen. Sie werden unter anderem dazu befähigt, selbst Fahrradtrainings zu leiten und damit wiederum anderen Frauen zu helfen.

Neue Chancen für die lokale Wirtschaft

Auch für die lokale Wirtschaft birgt die Förderung einer Fahrradinfrastruktur neue Chancen. Mit der zunehmenden Nutzungsvielfalt von Fahrrädern und verschiedenen Fahrradtypen wie Falt- und Lastenrädern entstehen neue Geschäftsmodelle wie das Dienstradleasing, unterschiedliche Formen von Fahr-

radverleihsystemen, Sharing-Dienste oder sogar Reparatur-Services via App. Beispiele wie das „Bike Valley“ in Portugal zeigen, dass auch bei der Produktion lokale Geschäftsmodelle erfolgreich sein können. In Europa werden generell zwar viele Fahrräder montiert, ihre einzelnen Komponenten kommen größtenteils jedoch aus Asien. Nicht so im „Bike Valley“ in der Region Águeda. Hier produzieren Unternehmen täglich hunderte Fahrräder und haben Portugal damit zur größten Fahrradproduktionsnation Europas gemacht.

Es wird klar, dass Investitionen in die städtische Fahrradinfrastruktur letztendlich nicht nur zur Reduktion von CO₂-Emissionen beitragen, sondern entscheidend für die Schaffung zukunftsorientierter, lebenswerter Stadträume sind.

Kompromissbereit

motorisierter Individualverkehr als auch öffentlicher Personennahverkehr dadurch nicht übermäßig eingeschränkt werden. Um neue und sichere Querungsmöglichkeiten gerade für Mobilitätseingeschränkte, Ältere und Kinder zu schaffen, muss nun keine besondere Gefahrenlage mehr vorliegen.

Zuspruch mit einem Aber Besonders die Neuerung für Radund Fußverkehr begrüßt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) in einer Pressemitteilung. Bspw. ließen sich nun Radstreifen einfacher einführen, was mehr Platz für Radfahrende bedeuten würde. Dennoch kritisiert ADFC-Bundesgeschäftsführerin Caroline Lodemann auch ein paar Punkte in der neuen Novelle: „Wenn man genau hinschaut, bevorzugt die StVO aber weiter den Autoverkehr. Beispielsweise bleibt Tempo 30 ein verwirrender Flickenteppich. Das bringt nur stellenweise zusätzliche Sicherheit für Menschen, die zu Fuß, mit dem Rollstuhl oder dem Fahrrad unterwegs sind.“ Auch vermisst Lodemann die Einbindung der Vision Zero. Zwar stehe die Sicherheit nun mehr im Vordergrund, es fehle aber ein klares Bekenntnis zur Vision Zero. „Die Chance auf eine echte Verkehrswende-Novelle wurde leider verpasst“, so Lodemann Auch Janna Aljets, Projektleiterin Städtische Mobilität bei Agora Verkehrswende, ist der Meinung, dass es ein Schritt in die richtige Richtung ist: „Die Reform des StVG und der StVO ist eine wichtige Etappe auf dem Weg zu einem modernen Straßenverkehrsrecht.“ Für sie bringe das StVG neue handlungsleitende Ziele und setze den richtigen Rahmen. Die Anpassung der StVO biete den Kommunen lang erwartete Handlungsspielräume. Damit könnten die Kommunen schon einiges erreichen. Dennoch benötige es noch zukünftige Reformen der StVO, um „die Kommunen im Sinne des neuen StVG weiter zu stärken“, meint Aljets.

Mehr Planungsfreiheiten im Straßenverkehr für Kommunen (BS/Scarlett Lüsser) Klimaschutz? Lärmbelästigung? Berücksichtigung anderer Verkehrsteilnehmer? Alles gute Gründe, um Veränderungen an bestehender Verkehrsinfrastruktur vorzunehmen. Denn die Gemeinden sollten selbst am besten wissen, wie man die Verkehrssituation vor Ort für alle sinnvoll gestaltet. Mit der neuen Änderung von Straßenverkehrsgesetz (StVG) und Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) soll Kommunen hier mehr Spielraum geboten werden. Bereits im vorangegangenen Oktober hatte sich der Bundestag auf eine Anpassung geeinigt, um unter anderem Klimaschutzmaßnahmen und städtebauliche Entwicklungen einfließen zu lassen. Damit hatte die Ampelregierung ein Koalitionsversprechen einlösen wollen, allerdings wurde der Vorstoß vom Bundesrat abgelehnt, da die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Mithilfe eines Vermittlungsausschusses gelang es, einen Vorschlag zu erstellen, dem auch der Bundesrat Anfang Juli zustimmte. Neben den bereits genannten Punkten sollen mit den Neuerungen auch Umwelt- und Gesundheitsaspekte mehr Einfluss auf die Straßenverkehrsplanung erhalten. Auch sollen bürokratische Hürden abgebaut und mehr Rechtssicherheit geschaffen werden. Dazu können Verkehrsbehörden in Zukunft leichter Tempo-30-Zonen einführen; das gilt für Vorfahrtstraßen, Spielplätze und viel genutzte Schulwege. Auch können Lücken zwischen bereits bestehenden Zonen nun über 500 Meter geschlossen werden. Hinzu kommt, dass Kommunen einfacher Sonderfahrspuren für Busse und verschiedene Mobilitätsformen (wie Fahrgemeinschaften oder elektrisch betriebene Fahrzeuge) ausprobieren und einrichten können. Parkraummangel kann zukünftig früher durch das Anordnen von Bewohnerparkplätzen begegnet werden. Zuvor war dies nur als Reaktion auf eine erhebliche Belastung von parkenden Fahrzeugen möglich, nun soll es schon anhand von Prognosen vorgenommen werden können, um negative Auswirkungen auf Umwelt und Stadtbild so gering wie möglich zu halten. Zu guter Letzt sollen auch Radfahrerinnen und -fahrer sowie Fußgängerinnen und -gänger nicht vernachlässigt werden. Kommunen sollen es leichter haben, angemessene Flächen für Rad- und Fußverkehr bereitzustellen. Dabei muss allerdings auch begründet werden, dass sowohl

Yoann Le Petit ist Mobility and Innovation Specialist bei EIT Urban Mobility. Foto: BS/ EIT Urban Mobility

Die Zukunft liegt im grünen Bereich

Berliner Gespräch mit dem usbekischen Botschafter

Dilshod Akhatov

(BS/ps) Die Nachbarn gehören, außer Afghanistan, bis 1991 der ehemaligen UdSSR an: Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und Turkmenistan. Mit 447.000 km2 ist die ehemalige Sowjetrepublik Usbekistan um 91.000 km2, das entspricht der Fläche Portugals, größer als die Bundesrepublik. Die 37 Millionen Einwohner des bevölkerungsreichsten Landes Zentralasiens sind im Durchschnitt gerade mal 28 Jahre alt. Hierzulande sind es 44 Jahre. Mit 51 Jahren liegt Dilshod Akhatov, als er 2023 Botschafter in Berlin wird, daher voll in unserem demografischen Trend.

1995 kommt er mit 23 Jahren nach dem Studium an den Universitäten Taschkent und Moskau ins heimatliche Außenministerium und von 1999 – 2003 an die usbekische Botschaft in Bonn bzw. Berlin. 2010 – 2013 wird Dilshod Akhatov erstmals Frontmann seiner Republik in Deutschland, 2018 stellvertretender usbekischer Außenminister und 2020 Botschafter in Indien. Drei Jahre später kehrt er wieder zu uns zurück.

Die seit über 30 Jahren bestehenden diplomatischen Beziehungen sind überaus erfolgreich. Unser wirtschaftliches, technologisches und wissenschaftlichen Know-how ist aus seiner Sicht sehr interessant und als Partner gilt Berlin als einer der wichtigsten und verlässlichsten für sein Land.

„Deutschland ist für uns ein wichtiger strategischer Kontakt in Europa und wir dafür in Zentralasien. Die intensiven gegenseitigen Staatsbesuche unserer Staatschefs in den letzten Jahren und die regelmäßigen Dialoge bestätigen die besondere Bedeutung dieser Beziehungen. Wegen der zunehmend wichtigen Rolle der Bundesrepublik in der Welt messen wir ihnen hohe Wertschätzung bei und sind fest entschlossen, diese weiter auszubauen“, erzählt Akhatov

Attraktivitätssteigerung für ausländische Investoren

Mit Deutschland assoziiert man in Usbekistan Qualität, Pünktlichkeit, Ehrlichkeit und Rationalität, schätzt Goethe Schiller und unsere Sprache, weswegen die Anzahl der Deutschlernenden hoch ist – Tendenz steigend. „Dank der grundlegenden, umfassenden Reformen in der Innen- und Außenpolitik von Präsident Shavkat Mirziyoyev“, so Akhatov, „gilt Usbekistan nicht nur als ein attraktives Reiseziel, sondern auch als ein vielversprechender Wirtschaftspartner mit großem

Aralsee

Der Aralsee an der Grenze von Usbekistan zu Kasachstan gehörte einst zu den größten Binnengewässern der Erde. Die seit etwa 1960 zunehmende Austrocknung des Sees stellt weltweit eine der größten vom Menschen verursachten Umweltkatastrophen dar. Mit ursprünglich rund 68.000 Quadratkilometern Ausdehnung, was beinahe der Fläche Bayerns entspricht, war der Aralsee bis Anfang der 1960er-Jahre der viertgrößte Binnensee der Erde. Heute ist er mit 8.300 Quadratkilometern gut acht Mal kleiner.

Kooperationspotenzial und günstigen Bedingungen für Investoren und ausländische Unternehmen“. Die Liberalisierung des Wechselkurses 2017 und die Einführung eines neuen Steuergesetzes im Jahr 2020 dürften hierfür ebenso förderlich sein wie die allgemeine Steuersenkung. Hierbei wurden über die Jahre alle Steuern auf neun und der Mehrwertsteuersatz von zwanzig auf zwölf Prozent gesenkt. Ausländische Anleger sind seit drei Jahren von der Dividendensteuer befreit, Zölle auf viele Rohstoffe und Waren aufgehoben, administrative

„Jeder kennt die Umweltkatastrophe am Aralsee. Gegen diese Tragödie anzugehen, sollte ein integraler Bestandteil einer Umweltpartnerschaft zwischen Berlin und Taschkent werden.“

Hindernisse abgebaut, der Schutz des Privateigentums gestärkt und die Privatisierung von großen Banken sowie Industrie- und Infrastruktureinrichtungen eingeleitet. Es wurde ein Fonds für die Entwicklung der Industrie geschaffen (eine Milliarde US-Dollar), um die Industrieprojekte für die Herstellung von Hightech-Produkten zu finanzieren und Anfang des Jahres eine Industriehypothek aufgelegt, um Grundstücke und Produktionsstandorte als „Fertig-Geschäft“ schlüsselfertig zu versteigern. Die EU hat Usbekistan als neuntes Empfängerland der besonderen Anreizregelung für nachhaltige Entwicklung und verantwortungsvolle Staatsführung (APS+) im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) für Entwicklungsländer bestätigt. Ab dem 10. April 2021 gilt die Regelung zu Vorzugszöllen für usbekische Waren und wurde jetzt als Anerkennung für die Reformen verlängert.

Pläne für die Wirtschaft „Diese Usbekistan-2030-Strategie, dient auch einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum mit der Priorität, die günstigsten Bedingungen für die Verbraucher bei uns zu schaffen, ein nachhaltiges Wirt-

schaftswachstum zu gewährleisten und die Aufnahme Usbekistans in die Liste der Länder mittleren Einkommens im oberen Bereich zu ermöglichen“, so der Botschafter. Weitere konkrete Ziele seien die Erhöhung des BIPs bis auf 160 Milliarden US-DOllar und die Generierung von 150 Milliarden USD zur Realisierung von 500 Technologieund Infrastrukturprojekten. Die Umstrukturierungen zur Stärkung der Rolle des Privatsektors in der Wirtschaft würden ebenfalls fortgesetzt. Es sei geplant, die Zahl der staatlichen Unternehmen um den Faktor sechs zu verringern und den Anteil des nichtstaatlichen Sektors an der Wirtschaft auf 85 Prozent zu erhöhen. Bei der weiteren Umsetzung der Reformen werde auch der Gewährleistung der Wasser-, Energie- und Ernährungssicherheit vorrangige Aufmerksamkeit gewidmet, sagt Akhatov Die Reformen zeigen Erfolge. In den letzten Jahren wächst das Bruttoinlandsprodukt auf das 1,5-Fache, das industrielle Wachstum um 40 Prozent und Ende 2023 die Wirtschaft um 5,5 Prozent und liegt damit über den Prognosen der Weltbank mit 4,9 Prozent. „Es ist uns gelungen“, meint Botschafter Akhatov, „den Zufluss von Investitionen auf über 30 Prozent des BIPs zu steigern. Allein im Jahr 2023 zog unsere Wirtschaft ausländische Direktinvestitionen in Höhe von 22 Milliarden Dollar an.“ Außenpolitisch setzt Taschkent auf gute nachbarschaftliche Beziehungen. Vorrangig wird die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern gefördert, es werden regelmäßig regionale Gipfeltreffen organisiert: “Im Grunde genommen umfasst ,Usbekistan-2030‘ alle innen- und außenpolitischen Ziele im Detail, um sie systematisch umzusetzen“, erklärt er.

Deutschland gehört weltweit zu Usbekistans zehn wichtigsten Handelspartnern und Unternehmen wie MAN, Claas (Landmaschinen), Knauf (Rohsteinbetriebe), GP Papenburg AG (Bau, Rohstoffe, Spedition), Deutsche Kabel, Siemens Energy, Linde oder Henkel sind bereits erfolgreich in Usbekistan tätig. „Unser rohstoffreiches und landwirtschaftlich geprägtes Land wiederum könnte mit seinen Bodenschätzen, der jahrhundertealten, etablierten Anbaukultur von Früchten, Gemüse, Baumwolle und

Seidenzucht ein Markt für Deutschland und, mit seiner Unterstützung, auch für die EU sein“, so Akhatov Usbekistan Wirtschaft wird grün, soll noch grüner werden und ist daher sehr an umweltfreundlichen, innovativen deutschen Technologien in allen Branchen interessiert. Die Zukunft gehöre der Green Economy, um den Klimawandel und die damit verbundenen Risiken zu bewältigen. „Jeder kennt die Umweltkatastrophe am Aralsee. Gegen diese Tragödie anzugehen, sollte ein integraler Bestandteil einer Umweltpartnerschaft zwischen Berlin und Taschkent werden“, sagt der Botschafter.

Klimaschutz gegen Wüstenbildung Dies bedeute nicht nur die Umsetzung spezifischer Umwelt- und Sozialinitiativen in der Aralsee-Region, sondern auch gemeinsame Klimaschutzprojekte und die Renaturierung der geschädigten Gebiete. So wäre die Bepflanzung der trockenen Aralsee-Gebiete mit Bäumen ein praktischer Schritt in die richtige Richtung, um weitere Wüstenbildungen zu verhindern. Wichtig hierfür sei es die Verkehrsanbindungen zwischen Zentralasien und Europa, beispielweise im Rahmen EU-Global-Gateway-Strategie, zu entwickeln: „Ich möchte extra darauf hinweisen, dass wir auch hierfür alle Bedingungen geschaffen haben, damit jeder deutsche Unternehmer bei uns investieren kann und dies auch

Rezept des Botschafters Kazan kabob

Zutaten für 4 Personen: 500 g Lammbrust, 500 g Kartoffeln, 1 Zwiebel, 0,5 Teelöffel Kreuzkümmel, 0,5 Teelöffel Koriander, 0,5 Teelöffel getrocknetes Basilikum, Salz und Pfeffer nach Geschmack, gemahlene scharfe Paprika nach Geschmack, 300 ml Pflanzenöl zum Braten

so bleibt. Meiner Ansicht nach sind die zukunftsträchtigsten Bereiche usbekisch-deutscher Wirtschaftskooperation u. a. grüne Energie‘, Lebensmittel und Landwirtschaft, Pharmazie und Gesundheitswesen, Chemie- und Automobilindustrie oder Elektrotechnik.“ Fast drei Jahrzehnte und damit mehr als die Hälfte seines bisherigen Lebens ist der 51-jährige Dilshod Akhatov für Usbekistan unterwegs. Ein Land, das über viele Jahrhunderte das Handelszentrum entlang der Große Seidenstraße war, mit einer Geschichte von mehr als 3.000 Jahren, welches das Gestern und Morgen im Heute zu verbinden sucht. Botschafter Akhatov hat jetzt und heute gefunden, was er wollte und das ist für ihn auch gut so: „Ich bin mit meinem Schicksal zufrieden. Welch ein Glück, eine noble Mission zu erfüllen, wie die Pflege der Freundschaft und Beziehungen deines Landes mit anderen Ländern, die Vertretung seiner Interessen im Ausland und damit einen bescheidenen Beitrag zur Entwicklung deines Landes und Sicherstellung des Wohles deiner Mitbürger zu leisten.“

Von daher möchte er mit niemandem tauschen. „Ich glaube, dass jeder Mensch seine Rolle in diesem Leben spielt, in guten wie in schlechten Zeiten. Wir alle gehen unseren Weg und kommen in jedem Moment dahin, wo wir gerade sein sollen“, resümiert Akhatov

Zubereitung: Die kleineren Kartoffeln schälen. Das Lammfleisch in Stücke der gewünschten Größe schneiden. Alle Gewürze außer Salz auf das Fleisch streuen und 20 Minuten lang marinieren. Öl in den Topf geben und gut erhitzen. Das Fleisch im heißen Öl leicht anbraten, dabei Salz auf das Fleisch streuen. Dann das Fleisch aus dem Topf nehmen. In dem zum Braten des Fleisches verwendeten Öl auch die ganzen Kartoffeln nach und nach leicht goldbraun braten. Während des Bratens über die Kartoffeln Salz streuen. Die goldgebratenen Kartoffeln auf den Teller beiseitelegen. In den Topf 150 g Pflanzenöl geben. Danach alle Kartoffeln in diesen Topf geben, das Fleisch darauflegen. Nun 50 ml Wasser zugeben, den Topf gut abdecken und etwa anderthalb Stunden bei kleinster Flamme garen. Während des Garvorgangs den Topf mehrmals öffnen und prüfen, ob das Essen gar ist. Wenn das Wasser verdunstet und das Fleisch noch nicht gar ist, etwas Wasser hinzufügen und köcheln lassen. Mit geschnittenen Zwiebeln und Gemüse servieren. Guten Appetit!

Botschafter Dilshad Akhatov ist mit 23 Jahren in den Staatsdienst eingetreten und kam zum zweiten Mal nach 2010 13 Jahre später wieder als Chefdiplomat nach Berlin. Fotos: BS/Botschaft der Republik Usbekistan

Digitaler Staat

Behörden Spiegel Berlin und Bonn / August 2024

Im Wettkampf um die beste Brieftasche

(BS/Paul Schubert) 2014 wurde die Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste (eiDAS) verabschiedet, um die digitale Souveränität Europas zu stärken. Mit der eiDAS-2.0-Verordnung möchte die Europäische Union die Standards für elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste auf den neuesten Stand bringen, dazu soll eine EUDI-Wallet entworfen werden. Nun sind sowohl Konsortien als auch die einzelnen Mitgliedsstaaten am Zug, um geeignet technische Lösungen zu entwickeln.

www.behoerdenspiegel.de

Die größte Neuerung der eiDAS- 2.0-Verordnung ist die Einrichtung einer „EUDI-Wallet“.

Dabei handelt es sich um eine persönliche, digitale Brieftasche für Bürgerinnen und Bürger, die die sichere Identifizierung und Verwaltung amtlicher Dokumente mit dem Smartphone ermöglichen soll. Dabei soll es auch möglich gemacht werden, Führerschein oder Schulabschlüsse in die digitale Brieftasche zu integrieren.

Auf dem Digitalen Staat Online (DSO) wurden die Entwicklungen zu eiDAS 2.0 auf den Prüfstand gestellt. Stefan Schnorr, Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), forderte einheitliche Standards und Spezifikationen für die Umsetzung. Nur dann könne sich das Wallet auf dem Markt durchsetzen und kompatibel sein.

Akzeptanz der Wallet verpflichtend eiDAS 2.0 werde auch eine Verpflichtung zur Akzeptanz der digitalen Brieftasche vorsehen, so Schnorr. Dies betreffe die Sektoren Finanzen, Telekommunikation und große Online-Plattformen. Für die nationale Umsetzung der Verordnung ist das BMDV zuständig. Das Ministerium stimme sich eng mit der Bundesnetzagentur (BNetzA) ab, die die zuständige Aufsichtsbehörde für Vertrauensdienste sei, so der Staatssekretär. Für die Umsetzung der EUDI-Wallet wurden vier Pilotprojekte gestartet, die den Anforderungen der europäischen Verordnung für digitale Identitäten entsprechen. Die Großpilotprojekte (LSPs) beschäftigen sich mit verschiedenen Use Cases und werden von unterschiedlichen Staaten und Organisationen mitentwickelt. Dazu zählen die Projek-

te Potential, DC4EU, EWC und das Nobid Consortium. Die Großpiloten beschäftigen sich unter anderem mit Anwendungsfällen für die Sektoren Finanzdienstleistungen, Bildung und Transport.

Prof. Dr. Maria A. Wimmer, Leiterin der Forschungsgruppe E-Government an der Universität Koblenz, klärte auf DSO über die verschiedenen Projekte auf. Am größten Konsortium Potential sind 20 Staaten und 136 Organisationen beteiligt. Hier werden als Use Cases E-Government-Anwendungen wie die grenzüberschreitende Gewerbeanmeldung oder die Kontoeröffnung und SIM-Registrierung erprobt. Im DC4EU sind 22 Staaten mit etwa 83 Organisationen beteiligt. Das Konsortium beschäftigt sich z. B. mit der Europäischen Krankenversicherungskarte und Ausbildungsnachweisen. EWC wird von 19 Staaten und knapp 60 Organisationen mitentwickelt. Das Projekt beschäftigt sich u. a. mit der Nutzung von digitalen Reisezertifikaten. Das kleinste Pilotprojekt NOBID wird von den nordischen und baltischen Ländern sowie Deutschland und Italien verwaltet und testet die Nutzung der digitalen Börse für die Genehmigung von Zahlungen für Produkte und Dienstleistungen.

Dashboard für alle Transaktionen

Ein großer Vorteil der EUDI-Wallet werde die Möglichkeit sein, Daten selektiv offenzulegen, erklärt Mirja Rasmusson, Referatsleiterin Datenschutz und Cybersicherheit in der digitalen Welt, Vertrauensdienste und Digitale Identitäten im BMDV. Dabei sollen bei einer Transaktion nicht alle Infos der Wallet ausgelesen werden können.

Des Weiteren sollen in einem Dashboard alle vergangenen Transaktionen gesammelt und die Möglichkeit zur Verwendung eines Pseudonyms bei der Nutzung der Wallet ermöglicht werden, so Rasmusson. Das gelte auch für die Kommunikation mit der Verwaltung: „Die Wallet bietet eine größere Transparenz, welche Daten an die Verwaltung weitergeleitet werden“, so die Referatsleiterin.

„Wir haben aus Sicherheitsperspektive einen Rolls-Royce entwickelt, der aber kaum zum Einsatz kommt. “

Prof. Dr. Peter Parycek vom Kompetenzzentrum ÖFIT über die eID und welche Fehler bei der EUDIWallet nicht gemacht werden sollen.

Neben den Konsortien sind auch die Mitgliedsstaaten selbst eingeladen, Lösungen für die Wallet zu entwickeln. Die Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) startete im April im Auftrag des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) einen Innovationswettbewerb zur Entwicklung von Prototypen für europäische Brieftaschen für die digitale Identität. Das Ziel des 13-monatigen Wettbewerbs ist die Entwicklung und Erprobung von Prototypen für EUDI-Wallets für Android- oder iOS-Smartphones. Prof. Dr. Peter Parycek vom Kompetenzzentrum

Öffentliche IT (ÖFIT) lobt, dass der Architekturwettbewerb nicht nur mit deutschen, sondern auch europäischen Anbietern durchgeführt werde. Dabei solle herausgefunden werden, wie die ideale Balance zwischen Sicherheit und Useability erreicht werden könne. In Deutschland hätte man beim elektronischen Personalausweis diese fehlende Balance festgestellt: „Wir haben aus Sicherheitsperspektive einen Rolls-Royce entwickelt, der aber kaum zum Einsatz kommt“, erzählt Parycek. „Wir haben ein eID-System geschaffen, das die Sicherheit über die Useability gestellt hat.“ Für die Wallet sei es hier die Aufgabe, beide Komponenten auf hohem Niveau zu manifestieren, fordert der Leiter des Kompetenzzentrums ÖFIT. Neben Bürgerinnen und Bürgern ist auch die Wirtschaft am Entstehungsprozess der Wallet interessiert. „Der Bankensektor schaut genau darauf, wie die EUDI-Wallet gebaut wird, um sie in die Kundenprozesse einzubauen“, erklärt Clemens Schleupner vom Bitkom. Der Interessenverband verspricht sich von der digitalen Brieftasche weniger Bürokratieaufwand.

Allerdings stellt sich die Frage, inwiefern die Wirtschaft Investitionen in die Wallet wagt. Insbesondere aufgrund des durchmischten Erfolgs der eID ist man dort noch skeptisch. Nach Schleupner sei es wichtig, dass man den Nutzerprozess der Wallet „so intuitiv wie möglich gestaltet“. Dabei sollte das Ziel sein, die Wallet nicht groß erklären zu müssen, sagt der Referent für

„Vertrauensdienste und Digitale Identitäten“ beim Bitkom.

Auch eID im Fokus Neben der Wallet beschäftigt sich die Verordnung zu eiDAS 2.0 in Deutschland auch mit der BundID und der elektronischen Funktion des Personalausweises (eID). Hier fordert Staatssekretär Schnorr mehr Anwendungsfälle.

Dies sieht auch Dr. Markus Reichel (CDU), Mitglied des Bundestags und zuständiger Berichterstatter der Arbeitsgruppe Digitales, so: „Es fehlt an Marketing für die eID.“ Dazu sollte die PIN-Brief-Thematik geklärt werden (der elektr. Personalausweis kann nur mit einem PIN-Brief freigeschaltet werden) und die Use Cases erweitert werden. Des Weiteren bemängelt der CDU-Politiker, dass die Rollen im Ökosystem noch ungeklärt seien. Insbesondere die Einbindung der eID in die EUDI-Wallet sei noch unklar, so Reichel

Das finale Konzept der EUDI-Wallet soll im Sommer 2025 verfügbar sein, der Rollout sei für 2027 geplant, sagt Dr. Moritz Heuberger, Referent für „Digitale Identitäten“ im BMI. Bis dahin solle es einen Konsultationsprozess mit der kontinuierlichen Einbeziehung der Öffentlichkeit geben. Dieser umschließe Workshops, offene OnlineSprechstunden, offene Arbeitsgruppen und Interviews, erzählt Heuberger . Und auch wenn der Arbeitsaufwand für die Entwicklung der Wallets immens sei, solle die Nutzung der Wallet freiwillig sein und bleiben, resümiert der BMI-Referent.

Der Thementag eiDAS 2.0 ist in der Mediathek auf digitaler-staat. online abrufbar.

BADENWÜRTTEMBERG

Es gebe „mehr Dynamik in der Verwaltung“ als zuvor, eröffnete Baden-Württembergs CIO Stefan Krebs den Digitalkongress BaWü 4.0 positiv – und präsentierte danach den Status quo seiner digitalen Projekte ebenso launig wie ungeschönt. Die gut laufende Kommunikation in Baden-Württemberg verdeutlichte der IT-Beauftragte am Beispiel des Kompetenzzentrums Breitband und Mobilfunk. Dieses berate Kommunen bei der Antragstellung und bei Fördermitteln. Die veranstalteten „runden Tische“ würden zudem Systemprovider zusammenbringen und stets konstruktiv und lösungsorientiert ablaufen. Ein großes Ziel: der flächendeckende Ausbau des Gigabit-Netzes bis 2025. Derzeit seien 72 Prozent der Haushalte in Baden-Württemberg mit Glasfaser versorgt, so Krebs. Warum man im Ländle wie in Deutschland trotzdem hinter Staaten wie Finnland und Estland sei? Weil die Menschen dort Glasfaser nehmen müssten, wenn sie Internet wollten. In Deutschland könne man sich weiterhin für die günstigere Variante „mit Kupferkabeln“ entscheiden, was viele Bürgerinnen und Bürger auch täten. Mobilfunkausbau trotz Ängsten Was die Mobilfunknetze in Baden-Württemberg angeht, sind die Zahlen höher. Der Ausbau des 4G-

Während Michael Westphal , Gründer der Streaming-Plattform TV.1, spricht, erscheinen seine Worte mit minimaler Verzögerung auf der Leinwand hinter ihm. Die Groß- und Kleinschreibung des Textes sowie die Zeichensetzung stimmen nicht immer, werden kurz darauf aber automatisch korrigiert. Westphal demonstriert die nahezu fehlerfreie Simultantranskription anschließend noch auf Englisch und Französisch. Viele weitere Sprachen sind möglich. Für all das sorgt – wenig überraschend in einem Fachforum namens „KI“ –Künstliche Intelligenz. Genauer gesagt: Künstliche Sprachintelligenz, die „nur noch alle 60 Sekunden“ einer menschlichen Korrektur bedürfe, so Westphal. Daher wird das Tool sogar im Bundestag zur LiveUntertitelung genutzt. Ein Erfolg ist auch das Projekt F13, ein vom Innovationslabor Baden-Württemberg (Inno Lab BW) und dem Unternehmen Aleph Alpha entwickelter Text-Assistent. F13 entlastet Verwaltungsmitarbeitende in ganz Baden-Württemberg durch vier Funktionen: Textzusammenfassung, Kabinettsvorlage-Vermerke, Rechercheassistenz und Fließtextgenerierung. Die Erkenntnisse aus der Nutzung von F13 würden wiederum in ein Langzeitprojekt

Dynamik im digital.LÄND

Baden-Württembergs CIO über Erfolge und Grenzen der Digitalisierung

(BS/Christian Brecht) Ländle nennen die Menschen in Baden-Württemberg ihre Heimat liebevoll. digital.LÄND heißt folgerichtig die Digitalisierungsstrategie des Landes, das auch bei der Verwaltungsdigitalisierung vorangehen will. Glasfaserausbau und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Verwaltung sind dabei zwei der aktuellen Themen. Doch ohne ausreichende Budgets fürs Digitale ist auch die beste Strategie schwer umsetzbar.

Netzes liege bei 96 Prozent, der des 5G-Netzes bei 87 Prozent. Gleichwohl mahnte Krebs zur „sorgfältigen Auswahl von Funkmasten“ –auch, weil es immer wieder Bedenken seitens der Bürgerinnen und Bürger bezüglich der Strahlung gebe. So hätten Menschen nach der Errichtung eines Sendemastes über Schlafbeschwerden geklagt, obwohl der Mast noch gar nicht ans Stromnetz angeschlossen gewesen sei und folglich keine Strahlung hätte abgeben können. Die Aufklärung der Bevölkerung und die Reduzierung von Ängsten gegenüber neuen Technologien kämen als Aufgabe der Digitalisierung hinzu. Cyber-Valley und Innovationen wie F13

Digitalisierung braucht Innovationen und die kommen nicht selten von Start-up-Unternehmen.

Um Start-ups zu fördern, wurde in Baden-Württemberg 2017 das „Cyber-Valley“ gegründet. Mit Erfolg,

Verfolgt Baden-Württembergs Digitalisierungsziele konsequent, muss und will aber auch die Menschen im „Ländle“ mitnehmen: Landes-CIO Stefan Krebs.

Foto: BS/Bildschön

so Krebs' Zwischenfazit, denn insbesondere „viele KI-Unternehmen“ hätten sich seitdem dort angesiedelt und Künstliche-Intelligenz-Anwen-

dungen vorangetrieben. Das beste Beispiel: Der Textassistent F13, ein KI-Tool, das Verwaltungsmitarbeitende im ganzen Bundesland bei täglichen Aufgaben wie Transkription, Textzusammenfassung und Textgenerierung unterstützt. Ein Vorreiter in Sachen KI-Nutzung sei auch das Justizministerium. Dort prüfe der Oberlandesgerichtsassistent (OLGA) automatisch die Zulässigkeit von Klagen. Generell müsse man KI „besonders für Massendaten“ einsetzen, schließt Krebs aus den Erfahrungen der letzten Jahre.

Erfolgsbeispiel E-Akte Dass Projekte „in time and budget“ enden, also ohne zeitliche und finanzielle Überziehung abgeschlossen werden, ist laut dem CIO „eine Seltenheit“. Ein Projekt, dem dies gelungen ist: die elektronische Akte (E-Akte), die mittlerweile flächendeckend in 213 Behörden ausgerollt sei. Der von Dr. Daniela Oellers, heute Leiterin der IT-Leitstelle im

Recherchieren, transkribieren, generieren

Vielfältige KI-Anwendungen in Baden-Württemberg

(BS/Christian Brecht) In wie viele unterschiedliche Richtungen die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) gehen kann, zeigt sich allein schon im Schwabenland. Auf dem Regionalkongress Baden-Württemberg 4.0 präsentierten Expertinnen und Experten aus Verwaltung und Wirtschaft den Status quo ihrer KI-Entwicklungen. Die Entlastung des Menschen steht meist im Vordergrund. Manchmal auch dessen Adrenalinspiegel.

fließen, eine Plattform „mit unterschiedlichen KI-Anwendungen“, wie F13-Projektleiter Johannes Ast ergänzt.

Vom Amt bis zum Sportplatz Was in der Landehauptstadt Stuttgart in Sachen KI passiert, haben zwei Menschen im Blick: Thomas Böning, Amtsleiter und CDO/CIO von DO.IT, dem Amt für Digitalisierung, Organisation und IT, sowie Sandra Baumholz, Leiterin des Stabs Strategische Planung, digitale Transformation und Innovation bei DO.IT. In Stuttgart erfasse KI etwa den Zustand der Straßen, sodass anfallende Ausbesserungen schneller erkannt werden können, erklärt Baumholz. In Sachen CyberAngriffserkennung komme KI zum Einsatz, um die IT-Infrastruktur der Landeshauptstadt besser zu schützen. Aktuell in Planung sei KI für automatisierte Stellenbeschreibungen und Ausschreibungen, berichtet Böning. Als jemand, der tagtäg-

Dr. Kathrin Schumacher, IT-Referentin im Innenministerium, stellte die Pläne für eine umfangreiche KI-Plattform für die Landesverwaltung vor. Foto: BS/Bildschön

lich mit KI-Anwendungen zu tun hat, lässt er es sich nicht nehmen, den AI Act kritisch zu kommentieren. Dieser sei „unscharf und zu viel reguliert“. Wie KI außerhalb der Be-

hördenräumlichkeiten zum Einsatz kommt und den Alltag der Bürgerinnen und Bürger erleichtert, zeigt der geplante „Digitale Sportstättenatlas für Deutschland“ (DSD), ein vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) initiiertes Projekt. Der Atlas, der Informationen zu Zustand, Nachhaltigkeit und anderen Faktoren von Sportplätzen vereint, könne „über ein KI-Open-SourceModell“ laufen, wie Steffen Heinzmann, Senior Manager Consulting Public Sector IT bei KPMG, erklärt. Die Sportstättenatlas-Datenbank könne dadurch effektiver betrieben werden. Heinzmann stellte zudem das Projekt KIDD vor, was für „Künstliche Intelligenz im Dienste der Diversität“ steht. Die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) geförderte Initiative bemüht sich um eine inklusive Einführung von KI in Unternehmen und kann laut Heinzmann „Dokumente erkennen und Metadaten daraus generieren“.

und -Entscheider – nicht nur aus dem „Länd-

Innenministerium, und ihrem Team koordinierte Rollout habe Homeoffice in diesem Bereich erst ermöglicht. Für Krebs ist es die „Basis für digitales Backoffice“. Apropos Daniela Oellers: Die Juristin zeichnete von 2013 bis 2017 für Krebs‘ Herzensprojekt verantwortlich: Baden-Württembergs Serviceportal service-bw. Dies gehöre zu 100 Prozent dem Land, nutze erfolgreich Open-Source-Software und werde 900.000-mal pro Monat abgerufen. Was Innovationsgeist und erfolgreichen Rollouts einen Strich durch die Rechnung machen kann, sind zu geringe Budgets. Für BadenWürttembergs erste Digitalstrategie 2017 stellte die Landesregierung noch eine Milliarde Euro zur Verfügung. Für die zweite Digitalisierungsphase ab 2021 sei zwar noch die Digitalisierungsstrategie abgesegnet worden, die Finanzierung sollte jedoch großenteils aus den Budgets der Ressorts selbst kommen, so Krebs Ein Umstand, der den Landes-CIO naturgemäß zu mehr Jonglieren mit der Budgetverteilung zwingt. Er erinnert nochmals an den Grundsatz, dass Deutschland nicht an der Digitalisierung spare, sondern durch Digitalisierung, und brachte letztlich das Offensichtliche auf den Punkt: „Kein Geld, keine Digitalisierung“.

Das Erlernen von KI-Funktionen mit Action und Spannung verbinden? Auch das ist in Baden-Württemberg bald möglich. Genauer gesagt in Reutlingen. Dort eröffnet am 24. September 2024 der „AI Experience-Room“. Nach dem Prinzip eines Escape Rooms und anhand einer Science-Fiction-Story müssen Teilnehmende den Weg aus einer Lagerhalle finden – und bekommen dabei Hilfe von der KI, wie Dennis Zipperle, Projektleiter Wirtschaftsförderung bei der Stadt Reutlingen, erklärt.

KI-Plattform für das Land Um die grundlegenden KI-Funktionen zu bündeln, zielt die Landesverwaltung auf eine umfangreiche KI-Plattform ab. Der Zugriff darauf soll „über Web-Frontends und über die Office-Integration“ erfolgen, wie Dr. Kathrin Schumacher, Referentin IT-Koordination im Innenministerium Baden-Württemberg, konkretisiert. Lokalen KI-Betrieb und digitale Souveränität bezeichnet Schumacher als Anforderungen für die Plattform und fasst noch mal die wesentlichen Einsatzgebiete zusammen, in denen KI zum Einsatz kommen soll: Datenbestände, sensible Daten, textgenerierende Arbeit –und natürlich, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Menschen mit KI-Kompetenzen werden Menschen ohne KI-Kompetenzen ersetzen, prognostizierte Prof. Dr. Jörn von Lucke von The Open Government Institute. Alle Fotos: BS/Bildschön
Getreu dem Kongressmotto „Pas de deux“ eröffneten Landes-CIO Stefan Krebs (r.) und Behörden Spiegel-Chefin Dr. Eva-Charlotte Proll BadenWürttemberg 4.0 mit einem Exkurs in die Welt des Balletts. Digitalisierungs-Entscheiderinnen

I

Lars

Geschäftsführer von PICTURE, demonstrierte die Be-

von Prozessmanagement für die öffentliche Verwaltung.

n Freiburg gebe es viele enge Wege. Die Innenstadt sei oft voll. Um unter diesen Bedingungen die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, könnten digitale Tools und Daten helfen, erklärt Dr. Renate Häuslschmid von der Stadt Freiburg im Breisgau auf dem Kongress Baden-Württemberg 4.0. Sie leitet das Projekt FreiburgRESIST, ein System von mehreren digitalen Tools, die den Prozess von Veranstaltungen unterstützen sollen. Ziel ist es, die Arbeit der Sicherheitsbehörden zu verbessern.

„Wir machen mit RESIST Daten digital verfügbar, installieren Sensorik und stellen automatisierte Auswertungen und Echtzeit-Lagebilder bereit“, berichtet die Projektleiterin.

Digitalisierung digital gespeichert: Das Publikum sicherte sich interessante Präsentationen gleich auf dem Smartphone.

Prof. h.c. Dr. Chirine Etezadzadeh, Gründerin und Leiterin des SmartCity.Institute, präsentierte ihre Forschungen zur Stadt der Zukunft.

Mehr Sicherheit durch Daten

FreiburgRESIST geht neue Wege im Breisgau

(BS/Anna Ströbele) Das Projekt FreiburgRESIST ziele darauf ab, die Stadt sicherer zu machen. Um die Nachnutzung der Lösung zu ermöglichen, enthalte sie viel Open Source, erklärt Dr. Renate Häuslschmid. Im Zentrum der Entwicklung stünden stets die Nutzerinnen und Nutzer.

appelliert Häuslschmid. Beispielsweise könnten Mitarbeitende Förderanträge schreiben.

In Freiburg habe das funktioniert, das Projekt wurde allerdings vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Häuslschmid ist klar, dass nicht alle Kommunen ausreichend Mittel erhalten werden, um solche Projekte zu bewerkstelligen: „Deswegen ist vieles von dem, was wir machen, Open Source.“ Andere Kommunen müssten aber auch bereit dazu sein, die Lösung anzunehmen, anstatt sie selbst zu entwickeln.

jekt gehabt, bevor sie sich auf eine Förderung bewarben. In dieser Zeit sprachen sie mit den Sicherheitsbehörden, entwickelten ein Systemkonzept und führten Workshops durch. Außerdem wählten sie einen nutzerzentrierten Ansatz, teilt Häuslschmid mit: „So haben wir es geschafft, eine Vision von einer Lösung zu zeichnen, die sehr auf die Bedarfe der Endanwender eingeht.“ Diesen Fokus empfiehlt sie sehr, um Lösungen zu bauen, die im Alltag brauchbar sind – und nicht „in der Schublade landen“.

Abschließend betont die Projektleiterin die Notwendigkeit in den Kommunen, Veränderungswillen zu schaffen. Das gehe einerseits, „indem wir Visionen schaffen, die so attraktiv sind, dass sie fast schon unwiderstehlich sind“. Andererseits müssten Ängste genommen werden.

Sollte

mehr zentralisiert werden?

Die Projektleiterin Dr. Renate Häuslschmid beschreibt das System FreiburgRESIST als eine Art digitaler Zwilling von Veranstaltungen. Foto: BS/Bildschön

Datenaustausch per Telefon Damit soll auch die Kommunikation der Sicherheitsbehörden unterstützt werden. Obwohl Feuerwehr und Polizei oft und in kritischen Situationen zusammenarbeiteten, so Häuslschmid, gebe es kein gemeinsames System zum Datenaustausch. Dieser laufe oft noch per Telefon und manuell ab und sei damit langsam und fehleranfällig. „An anderer Stelle wären diese Ressourcen viel besser eingesetzt“,

Einheitliche Partitur

Dr. Michael Zügel, Referatsleiter E-Government, Open Government, Verwaltungsmodernisierung im Ministerium des Innern, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg, betonte die Notwendigkeit einer „einheitlichen Partitur“ für die Digitalisierung. So könnten die „16 plus eins Dirigenten“ koordiniert werden. Im Gegensatz dazu plädierte der CEO der govdigital, Martin Schallbruch, für ein unabhängiges und selbstständiges Handeln von Bund, Ländern und Kommunen. Es gehe eher darum, die Akteure klug miteinander zu vernetzen und dort zusammenzuarbeiten, wo es nötig sei, anstatt ein einheitliches Bild zu produzieren. Thomas Rysgaard Christiansen von Netcompany unterstützte die Zentralisierung und verwies auf positive Erfahrungen aus Dänemark, wo eine Zusammenarbeit über Ebenen hinweg sowie eine gemeinsame Infrastruktur zu besseren Lösungen geführt hätten: „Wir haben alle den gleichen Fokus: die Bürgerinnen und Bürger. Es ist unwichtig, ob eine Dienstleistung von der Kommune, Region oder dem Staat kommt. Der Bürger will nur gute, nutzbare Dienstleistungen.“ Andreas Pelzner, Vorstandsmitglied von Komm.ONE, betonte ebenfalls die Wichtigkeit der Zusammenarbeit und gemeinsamer Ziele. Gleichzeitig wies er auf die Frustrationen der Kommunen hin, die sich durch unzureichende Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) ausgebremst fühlten. „Die Kommunikation von unten nach oben funktioniert leider nicht gut. Auf der Kommunalebene

Nützliche Lösung Für FreiburgRESIST hätten die Beteiligten eineinhalb Jahre zur Auseinandersetzung mit dem Pro-

Wie viel Zentralisierung braucht das Land?

(BS/Anna Ströbele) Mutige Schritte und mehr Zusammenarbeit für die Verwaltungsdigitalisierung – darauf konnten sich die Expertinnen und Experten der Thesendebatte einigen. Unterschiedliche Ansichten zeigten sich bei der Frage der Zentralisierung und Kommunikation über Ebenen hinweg. Die Kommunen fühlten sich nicht ausreichend gehört.

(V.l.n.r.) Martin Schallbruch, CEO der govdigital, Dr. Michael Zügel, Referatsleiter im Ministerium des Innern, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg, Thomas Rysgaard Christiansen, Netcompany, Dr. Freya Ostlinning, PROSOZ Herten, Andreas Pelzner, Mitglied des Vorstands von Komm.ONE, und Ariane Krüger, Leiterin der Stabsstelle Digitalisierung im Landkreistag Baden-Württemberg. Foto: BS/Bildschön

wird man nicht gut gehört. Die Entscheidungen oben werden anders gefällt“, so Pelzner.

Zu spät gehört

Dem stimmte die Leiterin der Stabsstelle Digitalisierung, Landkreistag Baden-Württemberg, Ariane Krüger, zu. Sie kritisierte, dass die Kommunen oft zu spät in den Digitalisierungsprozess eingebunden würden. „Wir predigen seit sechs Jahren, dass wir Ende-zu-Ende-Digitalisierung brauchen. Das ist nichts Neues. Doch es scheint, als sei dies erst 2024 angekommen“, beklagte

„in time and budget“ (CIO Stefan Krebs).

Die Kommune müsse gewillt sein, Ressourcen zu investieren und den schweren Weg zu gehen. Aber Häuslschmid ermutigt: „Wir nähern uns dem Ganzen lieber in kleinen Schritten als gar nicht.“

sie. Damit sei viel Vertrauen in die Verwaltungsdigitalisierung verloren gegangen und dies führe dazu, dass man sich frage: „Was kann ich selbst auf den Weg bringen? Wo habe ich keine Abhängigkeiten von Bund, Land oder weiteren Akteuren? Damit wenigstens etwas auf die Straße oder auf die Bühne kommt“, verdeutlichte Krüger. Außerdem fehle der richtige politische Rahmen. So habe die Politik die Verwaltungsdigitalisierung in den letzten Jahren „immens gestoppt“, findet die Leiterin der Stabsstelle Digitalisierung. Ohne Politik geht es nicht Auch Zügel sprach sich für eine Entpolitisierung der Verwaltungsdigitalisierung aus. Er räumte ein, dass der IT-Planungsrat inzwischen politischer geworden sei, was manchmal den notwendigen „Flow“ störe. Gleichzeitig sei es „undenkbar“, dass sich die Politik raushalte. „Es ist wichtig, zu wissen: Die Politiker interessieren sich nicht wirklich für die Digitalisierung“, erzählte Rysgaard Christiansen aus seiner Erfahrung in Dänemark. Was die Politiker wollten, sei die Bereitstellung von guten Dienstleistungen für die Bürger. „Sie müssen ihnen erklären, inwiefern die Digitalisierung das Mittel sein kann, um das zu erreichen,“ so Rysgaard Christiansen.

In der traditionellen Reithalle des Maritim Hotels Stuttgart fanden Fachausstellung und Fachforen parallel statt.

Udo Würtz, CDO European Platform Business bei Fujitsu, erläuterte den Einsatz von generativer KI in der Praxis.
Dr.
Algermissen,
deutung
Dr. Daniela Oellers, Leiterin der IT-Leitstelle im Innenministerium, gelang der Rollout der E-Akte in Baden-Württemberg
Fotos: BS/Bildschön

Ein angesagter Mainzer Nachtclub, es ist ein Donnerstag spätabends einige Monate später. In der einen Hand halte ich einen Drink, in der anderen ein Mikrofon. Blitzgewitter erhellt den dunklen Tanzraum, während Models zu lauter Musik einen Catwalk entlanglaufen. Sie präsentieren Mode aus lokalen Boutiquen. Eben noch war ich kurz in der Maske, wo mir Profis Haare und Make-up machten. Ich bin nicht im Feierabend, sondern im Dienst als kommunale Verwaltungsangestellte. Mein Ziel: gute Beziehungen zum Einzelhandel, Sichtbarkeit und Publicity für die Stadtverwaltung und Klimakommunikation. Aber vor allem Vertrauensaufbau. Vertrauensaufbau zu meinen Bürgerinnen und Bürgern. Mein Plan war aufgegangen.

Plötzlich hip

Dass wir als Grünabteilung einmal als interessant und hip unter den jungen Entrepreneuren der Stadtgesellschaft angesehen werden sollten, das war ein paar Monate zuvor in dem besagten Teammeeting nicht abzusehen. Frustriert und etwas verzweifelt grübelten wir vor uns hin. Warum bloß sind die Menschen so desinteressiert an unseren Angeboten? Ob kleine Beratungen für nachhaltige Themen wie Energieeffizienz oder Mobilität oder Einladungen zu Veranstaltungen, es kamen stets wenige oder die gleichen Bürgerinnen und Bürger. Als kommunale Klimaschutzmanagerin hatte ich natürlich einen Fo-

Die Einführung mobiler Lösungen in der öffentlichen Verwaltung hat das Potenzial, zahlreiche Prozesse zu optimieren. Von Bürgerservices bis hin zu administrativen Abläufen, bei denen E-Mails, Kalender und Kontakte auf mobilen Geräten benötigt werden, ist ein breites Spektrum an Anwendungsfällen abgedeckt. Noch heute werden viele dieser Aufgaben manuell erfasst und später digitalisiert, was ineffizient und zeitaufwendig ist. Ein Beispiel dafür sind Kontrollszenarien beim Zoll und der Polizei sowie mobile Beratungsdienste wie in Job-Centern. Auch bei der Verkehrssicherheit und der Vorgangsbearbeitung ist die mobile Erfassung und Bearbeitung von Daten zunehmend von Vorteil.

Die mobilen Endgeräte bieten die Möglichkeit, Daten direkt digital zu erfassen und zu bearbeiten, was die Effizienz und Aktualität der Informationen erhöht. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Anwendungen auch auf mobilen und ultramobilen Geräten rechts-

Vom 2. bis 4. September 2024 bieten wir dazu in Hamburg mit dem Intensiv-Lehrgang E-Akte eine wegweisende Veranstaltung zur einfachen und zielgerichteten digitalen Transformation in der Verwaltung an. Expertinnen und Experten aus Stadtverwaltungen, Kreisbehörden und anderen Institutionen teilen ihre Erfahrungen und Best Practices. Einer der Referenten ist der erfahrene Organisationsleiter a. D. Volker Staupe, der bereits auf einen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz im Bereich der Einführung einer E-Akte und Begleitung anderer Behörden auf diesem Weg zurückblicken kann. Seine langjährige Erfahrung und fundierte Expertise machen ihn zu einer wichtigen Stimme in diesem Bereich.

Ebenfalls im Referententeam vor Ort ist Thomas Heucken, erfahrener Verwaltungs-ITler im Bereich Dokumentenmanagementsystem

„You find me in the Club“

Der Weg der Verwaltung in die Herzen der Menschen

(BS/Tatiana Herda Muñoz) „Sie interessieren sich null für uns. Wir müssen raus aus diesem Büro, das nach Kaffee und alten Akten riecht, dorthin, wo die Leute sind“, dachte ich während einer Teambesprechung in meiner Stadtverwaltung.

kus auf die Nachhaltigkeitsthemen. Das Problem hatten andere Abteilungen aber auch: Wie schaffen wir mehr Reaktion, Partizipation, ja sogar Begeisterung der Menschen für Veranstaltungen und Maßnahmen der Verwaltung? Denn eine meiner größten Lektionen als Sachbearbeiterin war: Ohne Beteiligung der Menschen laufe ich am Leben vorbei. Die Rückendeckung von Bürgerinnen und Bürgern kann Gold wert sein, vor allem wenn politische Befindlichkeiten aufkommen. Und ganz ehrlich, die Hilfe und Unterstützung aus der Zivilgesellschaft machen viele Verwaltungsmaßnahmen erst möglich.

Hilfe und Unterstützung aus der Zivilgesellschaft

Konkret ging es damals darum, den lokalen Einzelhandel und die Gastronomie für Themen wie Energieeffizienz zu gewinnen. Es gab bereits verschiedene Netzwerke, eines sogar spezifisch für nachhaltiges Handeln in der Wirtschaft. Einmal im Monat traf man sich, es wurden Protokolle geschrieben und eine kleine Pressemitteilung folgte. Das waren gute Ergebnisse des Netzwerks, das jedoch nur

aus alten Mitgliedern bestand. Wie aber gewinnt man neue? Vor allem die jungen Einzelhändlerinnen und Gastronomen waren noch nicht auf dem Radar, das öffentliche Interesse hielt sich in Grenzen. Gleichzeitig war die Kommunikation des Themas etwas verstaubt. Die Maßnahmen rund um Nachhaltigkeit und Klimaschutz hatten einen 90er-Jahre-Öko-Vibe, nicht wirklich attraktiv für den jungen, kreativen Einzelhandel. Ich saß da also, kein Geld für schicke Kommunikationsagenturen, kaum personelle Ressourcen. Die nachvollziehbare Erwartungshaltung der Dezernentin und damit auch meines Chefs:

Maßnahmen umsetzen und sie sichtbar machen. Not macht kreativ und so fasste ich einen eher ungewöhnlichen Plan. Ich baute meine ganze Arbeit auf überraschenden Kooperationen auf. Das sagt sich jetzt so leicht, aber was bedeutet das konkret? Zutaten, die echte Kooperationen brauchen, haben es in sich: Vertrauen aufbauen, echte Wertangebote machen, Kontrolle abgeben. Nicht unbedingt das Selbstverständnis der Verwaltung. Umso glücklicher war ich nach der AL-Runde, auch wenn ich mit dem Personalchef beim Thema Kontrolle aneinandergerasselt bin. Wichtig war: Ich durfte meinen Plan umsetzen und eine Woche lang ganz offiziell als Stadtverwaltung das Thema „Fashion“ bespielen. Meine „Partners in Crime“ als Grünabteilung wurden die Wirtschaftsförderung, Mode-Boutiquen, junge Künstlerinnen, einige Start-ups und sogar der angesagte Nachtclub. Zeitlich hatte ich das Projekt in die weltweite „Fashion Revolution Week“ eingebettet, so hatte ich als „Trittbrettfahrerin“ eine komplette Kommunikationskampagne zur Verfügung. Mode, ein Thema, dass alle Menschen bewegt, den lokalen Einzelhandel be-

Effizienz durch ultramobile Lösungen

Die mobile Revolution in der Verwaltung

(BS/Timon Schmotz/Johannes Rosenboom*) Immer mehr Behörden setzen bei der Digitalisierung auch auf mobile Lösungen, um Prozesse effizienter zu gestalten und auf die Anforderungen eines zunehmend mobilen Verwaltungshandelns reagieren zu können. Dabei müssen mobile Anwendungen sowohl die Fachlichkeit als auch höchste Sicherheitsstandards erfüllen. Materna bietet hierfür passgenaue Lösungen und Services an.

sicher funktionieren. Insbesondere in sensiblen Bereichen wie bei der Polizei oder in der Justiz, wo mit hochsensiblen Daten gearbeitet wird, ist dies von entscheidender Bedeutung.

Fachlichkeit, Sicherheit und Mobilität

Ein wesentlicher Fortschritt besteht heute darin, dass die unternehmenskritische Fachlichkeit der Verwaltung mobil und gesichert verfügbar gemacht werden kann. Dies flexibilisiert und beschleunigt das Verwaltungshandeln erheblich. Der produktive Dreiklang aus Fachlichkeit, Sicherheit und Mobilität ist nun umsetzbar.Die Software Factory von Materna ent-

wickelt seit Jahrzehnten behördliche Fachanwendungen für diverse Bereiche wie Zoll, Justiz, Innere Sicherheit und Verkehr. Diese Anwendungen werden zunehmend auch für mobile Endgeräte benötigt. Eine besondere Rolle spielt dabei die Usability, also die Benutzerfreundlichkeit der Applikationen, damit diese intuitiv und effektiv genutzt werden können. Hierbei wird die komplexe Fachlichkeit so reduziert, dass sie sinnvoll auf kleinen Bildschirmen nutzbar bleibt, ohne an Rechtssicherheit zu verlieren. Sichere Lösungen sind ein weiterer entscheidender Faktor für die mobile Verwaltung. Das Tochterunternehmen Materna Virtual Solution

bietet mit SecurePIM eine BSI-zertifizierte Sicherheitslösung für iOS und Android, die für die Arbeit mit Verschlusssachen zugelassen ist. Diese Lösung umfasst eine App mit Funktionen wie Mail, Kalender und einem sicheren Browser sowie ein Management-Portal und ein eigenes Gateway im Backend. Apple hat kürzlich mit Indigo (iOS Native Devices in Government Operation) ein eigenes Sicherheitskonzept für das sichere und mobile Arbeiten im behördlichen Kontext eingeführt. Das „gehärtete“ iOSBetriebssystem wurde vom BSI speziell für das Bearbeiten von VS-NfD klassifizierten Daten auf dem iPhone und dem iPad mit einer Einsatzerlaubnis versehen.

Digitale Revolution in der Verwaltung

Wie meistern Sie als Organisation die Einführung der E-Akte?

(BS/Claudia Roth*) Die deutsche Verwaltungslandschaft steht vor einem bedeutenden Wandel: Die Einführung der elektronischen Akte, kurz E-Akte, verspricht Effizienzsteigerungen und eine moderne Arbeitsweise. Doch viele Behörden stehen noch immer vor einem schier unbezwingbaren Aufgabenberg. Wie gelingt also die erfolgreiche Umstellung? Welche Herausforderungen sind (auch mit Bordmitteln) zu meistern?

und Experte für die pragmatische Umsetzung der Anforderungen aus TR-Resiscan im Alltagsbetrieb. Er wird über technische Herausforderungen und zielgerichtete Lösungsansätze berichten. Mit seinem tiefen Einblick in die IT-Infrastruktur und seiner Erfahrung bei der Implementierung von digitalen Lösungen bietet er wertvolle Einblicke. Weitere Leistungsträger bei der Einführung von E-Akten werden in spannend aufbereiteten und auf den Dialog ausgelegten Themenblöcken ihren Erfahrungsschatz mit den Teilnehmenden teilen. Dabei werden

verschiedenste Aspekte beleuchtet: Neben einer Übersicht zu Anforderungen aus dem digitalen Wandel selbst werden auch Change-Management-Themen und der Umgang mit der Aussage „Aber das haben wir doch schon immer so gemacht“ betrachtet. Die Referentinnen und Referenten beleuchten die E-Akte als Führungsaufgabe und erörtern gemeinsam, dass es bei der Einführung der E-Akte nicht mit der reinen Bereitstellung der Software getan ist.

Auch ein aus der Erfahrung verschiedener Verwaltungsexperten er-

schäftigt, die Wirtschaftsförderung interessiert und Content für Presse und Social Media erschafft – so ein Thema ist wie geschaffen für Kooperationen zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Ich habe das Logo der Stadt beigesteuert und die Kontrolle abgegeben an eine großartige Gruppe von Mainzerinnen und Mainzern. In regelmäßigen Planungstreffen verstand ich mich eher als Unterstützerin denn als Taktgeberin, als Möglichmacherin für die Menschen und ihre Ideen. Heraus kam eine Woche mit Poetry Slams, einer Influencer Party, Kleidertausch, Filmabenden und einer Fashion Show in einem Club. In dieser einen Woche haben hunderte Menschen die Verwaltung neu kennengelernt, waren überrascht und neugierig. Und das Beste? Wir haben eine vertrauensvolle Beziehung zum Einzelhandel und zur Wirtschaftsförderung gestartet, mit Gesprächen jenseits von Mode.

Seitdem beschäftigt mich die Frage: Was wäre, wenn die Verwaltung systematisch dorthin ginge, wo die Menschen sind? Ich denke, es würde viel Wunderbares passieren.

Indigo erfordert iPhones und iPads mit den neuesten Chips und bietet Basisfunktionen für Mail, Kontakte und Kalender. Um diese Funktionen zu erweitern, hat Materna Virtual Solution ein Kompetenzcenter eingerichtet, das Apples Lösung mit eigenen Technologien ergänzt. Dazu gehören eigene App-Entwicklungen für Indigo sowie spezielle Services, die den vollen Funktionsumfang für die Behörden sicherstellen. Die zukünftige Entwicklung wird viele weitere Apps umfassen, die sowohl mit Indigo als auch mit SecurePIM kompatibel sind, um immer mehr Funktionen für den mobilen Arbeitsalltag abzudecken. Diese Fortschritte ermöglichen es der öffentlichen Verwaltung, die Fachlichkeit ihrer Prozesse sicher und mobil zu gestalten, was die Effizienz und Flexibilität erheblich steigert.

*Timon Schmotz (Business Development Manager) und Johannes Rosenboom (SVP Sales) sind im Ressort Public Sector bei Materna tätig.

mittelter praxisechter Kostencheck wird geboten und die Beantwortung der Frage „Was kommt mit einer EAkte tatsächlich auf mich zu?“

Die Referentinnen und Referenten schätzen mit den Teilnehmenden gemeinsam ein, ob Schnittstellen immer notwendig sind oder ob es nicht auch anders geht und erklären, wie man tatsächlich vom Papier zum Pixel kommen kann und wie man das ganze Vorhaben möglichst innovativ organisiert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden aber auch erfahren, dass eine E-Akte nicht mal eben

nebenbei eingeführt wird. Im Gegenzug wird hierzu direkt eine Übersicht präsentiert, welche Themen von einem solchen Großprojekt tatsächlich berührt werden und dabei bedacht werden müssen. Die Veranstaltung richtet sich an Verwaltungsmitarbeitende und behördliche Funktionsträger-/innen. Dreh- und Angelpunkt ist der praxisnahe Ansatz, der sich auch im Dialogaufbau des Intensiv-Lehrgangs widerspiegelt.

Weitere Informationen zum „Intensiv-Lehrgang E-Akte“ sowie eine Anmeldemöglichkeit finden Sie unter www.fuehrungskraefte-forum.de, Suchwort „Intensiv-Lehrgang“.

*Claudia Roth ist als Projektleiterin in der Flensburger Stadtverwaltung tätig, wo sie die Segel für die Einführung der verwaltungsweiten E-Akte setzt. Sie ist eine der Referentinnen des Intensiv-Lehrgangs E-Akte.

Tatiana Herda Muñoz berät heute für PD die öffentliche Hand in Fragen der Verwaltungsdigitalisierung und -modernisierung. Foto: BS/privat

Behörden Spiegel: Frau Kusmin-Tyburski, wie kommen Sie morgens ins Büro?

Sabina Kusmin-Tyburski: Das ist bei mir zweigeteilt. Ich bin Brandenburgerin, also nutze ich neben der U- und Straßenbahn auch die Regionalbahn. Wenn das manchmal nicht klappt, weil zum Beispiel auf der Strecke gebaut wird, muss ich auch mal mit dem Auto zur Arbeit kommen.

Behörden Spiegel: Sie sind seit Februar die neue CIO der BVG. Was reizt Sie an der Aufgabe?

Kusmin-Tyburski: Ich habe den Job gewechselt, weil mich die Themen der BVG, insbesondere die Mobilitätswende, interessieren. Ich hatte nach einem Unternehmen gesucht, das mir Perspektiven und Möglichkeiten bietet. Ich komme aus dem Bankenbereich und mich hat es gereizt, im öffentlichen Auftrag tätig zu werden.

Behörden Spiegel: Was ist Ihre Kernaufgabe bei der BVG?

Kusmin-Tyburski: Einer unserer Schwerpunkte liegt auf der Digitalisierung der Projekte. Da haben wir mit Jelbi schon vor einiger Zeit eine multimodale Mobilitätsplattform eingerichtet, die wir weiter ausbauen möchten. Wir haben auch generelle Themen im Bereich IT wie das Setzen von Standards und das effiziente Arbeiten in der Gesamtorganisation, in den Fokus genommen. Und natürlich ist es auch eine stetige Herausforderung, einen hohen Standard im Bereich der IT-Sicherheit zu gewährleisten. Unsere Arbeit beeinflusst aber auch Themen, bei denen man vielleicht nicht gleich an IT denken würde. Zum Beispiel die Angebotsplanung. Da müssen wir klären, wie wir z. B. den Einsatz der neuen E-Busse besser planen können: Auf welchem Betriebshof sollen sie stehen? Welche Reichweite haben sie? Wo werden sie am besten geladen? Dann beschäftigt uns der Bereich Predictive Maintenance, also wie die Wartungsabläufe besser gestaltet werden können. Damit sollen zum Beispiel Zugausfälle proaktiv verhindert werden, indem die Systeme effizienter gewartet werden.

Behörden Spiegel: Wie funktioniert Jelbi genau?

Datenschätze nutzen

Wie die BVG mit anonymisierten Daten für eine bessere Infrastruktur sorgt

(BS) Sabina Kusmin-Tyburski ist seit Februar 2024 als CIO die neue Digitalstrategin bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG). Mit Dr. Eva-Charlotte Proll und Paul Schubert sprach sie über die Herausforderungen für moderne Mobilität und wie anonymisierte Daten für eine effektivere Wartung und die Verkehrsplanung dienlich sind.

Kusmin-Tyburski: Jelbi ist unsere multimodale Mobilitätsplattform. Die Plattform ist nicht nur auf den ÖPNV beschränkt und soll Mobilität anders denken. Die App bündelt Mobilitätsangebote – neben dem Nahverkehr auch ganz viele Sharing-Angebote – und dafür ist dann nur eine einzige Anmeldung nötig. Das ist eine sehr niedrige Hürde, um den Service nutzen zu können. Dann habe ich die Möglichkeit, mir ein stets individuelles „Mobilitätsangebot“ zu erstellen. Wie möchte ich unterwegs sein? Möchte ich die letzte Meile mit dem E-Roller zurücklegen, möchte ich laufen oder das Fahrrad nehmen? Auch Mietwagen sind nicht außen vorgelassen. Und der Vorteil für die Nutzenden: Kommt ein neues Angebot, integrieren wir das auf der Plattform, damit der Anwender immer unkompliziert entscheiden kann, welche Mobilitätsform er wählt.

Behörden Spiegel: Bietet Jelbi noch andere Funktionen?

Kusmin-Tyburski: Neben der digitalen Plattform und der Jelbi-App gibt es im Stadtraum sogenannte Jelbi-Punkte und -Stationen. Wir sagen dazu: „Jelbi räumt die Stadt auf.“ Ein wirklich toller Zusatzeffekt. Wir haben in Absprache mit den Bezirksämtern Orte eingerichtet, an denen Fahrräder und E-Roller abgestellt werden können, damit die Geräte nicht kreuz und quer auf den Bürgersteigen stehen. Mittlerweile

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haben wir mehr als 240 Stationen und Punkte in Berlin und im Umland.

Behörden Spiegel: Wie nutzt die BVG personenbezogene und anonymisierte Daten?

Kusmin-Tyburski: Wir lernen gerade, dass wir auf einem Schatz an Daten sitzen. Den gilt es zu heben und zugleich natürlich alle Regeln des Datenschutzes einzuhalten. In meiner Abteilung stehen daher anonymisierte Daten im Mittelpunkt. Für Jelbi nutzen wir z. B. die Informationen, um herauszufinden, wo wir den nächsten Jelbi-Punkt einrichten. Denn immer, wenn neue Jelbi-Stationen oder -Punkte eröffnet werden, verändert sich das Nutzerverhalten. Wir nutzen also diese Daten, um auf Basis des Nutzerverhaltens das Angebot zu erweitern. Ein weiterer Punkt ist die Predictive Maintenance. Hier nutzen wir die Informationen, um Wartungszyklen und -intervalle zu verbessern. Ein Beispiel dafür sind die U-Bahn-Türen. Die können – je nachdem, wie sie von den Fahrgästen „behandelt“ -werden – nicht ewig eingesetzt werden. Und wenn dann eine Tür ausfällt, muss auch der Wagen abgekoppelt werden. Das möchten wir im Regelbetrieb natürlich verhindern. In dem konkreten Fall heißt das, wenn eine Tür z. B. 10.000 Mal auf- und zugegangen ist, wird sie mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit in den nächsten

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drei bis sechs Monaten ausfallen. Das können wir bei den nächsten Wartungsintervallen berücksichtigen.

Behörden Spiegel: Wie ist die BVG beim Last- und Lademanagement aufgestellt?

Kusmin-Tyburski: Wir haben verschiedene E-Bussysteme.Und diese heterogenen Flotten müssen wir laden. Bisher fand das größtenteils auf dem Betriebshof statt. Perspektivisch wird es aber auch Ladeinfrastruktur auf den Strecken benötigen. Aber wie soll das aussehen? Wie verbinden wir diese Punkte? Grundlegend ist für uns die Frage: Wo laden wir den Bus? An der Endhaltestelle? Auf dem Betriebshof? Diese Gesamtkommunikation muss über ein IT-System erfolgen. Wir haben Systeme, die werden von den Anbietern mitgebracht. Dabei stellt sich auch die Frage, ob wir dafür ein übergeordnetes System anlegen. Deshalb ist das Last- und Lademanagement eines der neuen Kernthemen der IT. Das ist dann essenziell für die Angebotssteuerung und Tourenplanung.

Behörden Spiegel: Können Sie uns ein Beispiel nennen?

Kusmin-Tyburski: Ein neuer E-Bus kommt im Sommer vielleicht 350 bis 500 Kilometer weit. Im Winter ist die Situation anders. Da spielen Wetterdaten eine Rolle. Das spielt in die Angebotsplanung mit hinein. Auch welche Busse auf den verschiedenen Routen eingesetzt werden, wird über die IT-Systeme gesteuert.

Behörden Spiegel: Wie wird der Bereich der IT innerhalb der BVG strukturell abgebildet?

Kusmin-Tyburski: Mein Bereich heißt intern abgekürzt VI – wir kümmern uns um die Informations- und Vertriebstechnologie der BVG. Dafür haben wir vier Abteilungen plus Stäbe. Eine Abteilung beschäftigt sich mit der Vertriebstechnik, aber auch mit Backbone, also Netzaufbau

und Netzinfrastruktur. Ein weiterer Bereich beschäftigt sich mit dem digitalen Unternehmensservice und der Anwendungslandschaft der BVG: Dazu gehört unter anderem unser Service-Universum auf der „Service Now“-Plattform, die stets weiterentwickelt wird und somit zur zentralen Anlaufstelle für alle Belange der Mitarbeitenden werden soll. Da liegt auch unser Thema SAP mit drin, das wir für alle Controllingund Logistikprozesse nutzen. Eine weitere Abteilung ist die Fahrgastinformation und Vertriebstechnologie. Dazu gehört der Softwarepart für den Vertrieb aber auch die vielen neuen Betriebsthemen, die wir bereits besprochen haben. Die letzte Säule ist der Kernbetrieb IT, also der Serverbetrieb für die Rechenzentren und perspektivisch auch für die Cloud. Die Stabsstellen verantworten übergeordnete Funktionen wie das Gesamtportfoliomanagement und die Weiterentwicklung der Produktorganisation. Von der Mitarbeitendenanzahl sind wir bei etwa 465 – mit einigen freien Stellen in der IT, die wir jetzt sukzessive, insbesondere bei digitalen Themen, nachbesetzen wollen.

Behörden Spiegel: Wie steht die BVG zu automatisiertem und autonomem Fahren?

Kusmin-Tyburski: Mit dem Mobilitätsdienstleister Moia möchten wir selbstfahrende Shuttles erproben. Ende 2025 soll es hier mit einem Pilotprojekt losgehen. Dort möchten wir herausfinden, ob wir mit diesen Transportmitteln die Lücke, die wir zwischen ÖPNV und Individualverkehr noch haben, schließen können. Insbesondere für Randgebiete ist das eine Möglichkeit, Mobilität ganz neu zu erfahren.

Behörden Spiegel: Was ist die BVGCloud-Strategie?

Kusmin-Tyburski: Wir sind noch in der Evaluationsphase, um herauszufinden, was in die Cloud verlagert werden kann und was nicht. Wir prüfen, welche technischen Herausforderungen wir noch bewältigen müssen. Perspektivisch fahren wir eine hybride Strategie mit einem eigenen Rechenzentrum samt Betrieb. Dazu werden wir in die Cloud gehen, weil wir viele neue Anwendungen erproben, die wir gar nicht selbst betreiben können.

BVG-CIO Sabina Kusmin-Tyburski nutzt Daten für bessere

Vom 15 – 17. Mai 2024 versammelten sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zum vierten „Once-Only Technical System Projectathon“ in Brüssel, um die grenzüberschreitende Umsetzung des Once-Only-Prinzips zu erproben. Basierend auf dem Once-Only Technical System zielt das Once-Only-Prinzip darauf ab, Verwaltungsleistungen für EU-Bürgerinnen und -Bürger, Unternehmen und Verwaltungsbehörden zu verbessern und zu verschlanken und dabei reziproke Ressourcenaufwände in erheblichem Maße zu reduzieren. Dies gelingt durch den automatisierten Austausch von amtlichen Dokumenten und Nachweisdaten, wie Bescheinigungen, Zertifizierungen oder Genehmigungen zwischen den jeweils zuständigen Behörden. Das führt dazu, dass bereits vorhandene Nachweisdaten nicht nochmals vom Antragsteller oder der Antragstellerin vorgelegt werden müssen. Zuständige Behörden können stattdessen Nachweise, welche der Verwaltung bereits vorliegen, einfach, sicher und sparsam austauschen, während Nutzerinnen und Nutzer Transparenz über ihre Daten erlangen.

Peer-to-Peer-Interoperabilitätsund Konformitätstests

Der von der Europäischen Kommission veranstaltete Projectathon ist ein Marathon-Format, in welchem Peer-to-Peer-Interoperabilitäts- und Konformitätstests in einer strukturierten Umgebung durchgeführt werden. Der vierte Once-Only Technical System Projectathon fokussierte sich dabei auf die Erprobung der grenzüberschreitenden Umsetzung des Once-Only-Prinzips anhand der zwei fachlichen Schwerpunkte “Bildung” und “Personenstand” und hat erstmalig auch die zuständigen Behörden zur aktiven Teilnahme eingeladen.

Für die Registermodernisierung erwies sich der vierte Once-Only Technical System Projectathon als voller Erfolg. Im Rahmen von Erprobungsprojekten der Gesamtsteuerung Registermodernisierung unter der Leitung der nationalen SDG-Koordination des Bundesministeriums des Innern und für Heimat konnten die beiden CoFederführer Nordrhein-Westfalen und Hamburg etwaige Tests zur Nachweisübermittlung mit acht teilnehmenden EU-Mitgliedsstaa-

Die Konsultation ermöglicht es Fachleuten und der interessierten Öffentlichkeit, den Entwicklungsprozess zum NOOTS aktiv mitzugestalten. Er ist ein bedeutender Schritt in Richtung einer transparenten und partizipativen Entwicklung von Verwaltungssystemen.

Das NOOTS soll ein zentraler Baustein der Registermodernisierung werden. Es wird technische Komponenten, Schnittstellen und Standards sowie organisatorische und rechtliche Regelungen umfassen. Ziel ist es, Behörden den rechtskonformen Abruf von elektronischen Nachweisen aus den Registern der Verwaltung in Bund, Ländern und Kommunen zu ermöglichen und damit das europarechtlich vorgegebene Once-Only-Prinzip umzusetzen. Für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen bedeutet das, dass Daten nur einmal angegeben werden müssen und mit ausdrücklichem Einverständnis digital von Behörden abgerufen werden können. Dies spart Zeit, reduziert Fehler, erhöht die Datensicherheit und steigert die Nutzendenfreundlichkeit der öffentlichen Verwaltung. Die Architekturdokumentation des

Hand in Hand

Grenzüberschreitende Erprobung des Once-Only-Prinzips

(BS/Dr. Brigitte Klamroth*) In Erprobungsprojekten der Registermodernisierung wurde im Rahmen des 4. Projectathons in Brüssel der grenzüberschreitende Nachweisaustausch in den Bereichen Bildung und Personenstand zur SDG-konformen Umsetzung des Once-Only-Prinzips erfolgreich getestet.

Die deutsche Delegation auf dem 4. Projectathon in Brüssel

ten (Österreich, Belgien, Spanien, Slowenien, Litauen, Lettland, Italien und Polen) zeitgleich durchführen. Auf einer eigens dafür eingerichteten Testplattform testeten die Mitgliedsstaaten im Rahmen realer Austauschszenarien unter der Verwendung von Testdaten den Nachweisdatenaustausch. Technische Experten sowie Teilnehmende aus beobachtenden EU-Mitgliedsstaaten begleiteten und überwachten die dreitägige Testphase dabei als externe Beobachter. Als Ergebnis des Projektathons standen 215 durchgeführte Peer-to-Peer-Tests.

Die Erfolgsquote der Tests zwischen den Mitgliedsstaaten lag dabei bei 74 Prozent. 19 Tests schlugen fehl (neun Prozent), 22 Tests wurden „teilweise verifiziert“ (zehn Prozent), es fehlten also nur noch zusätzliche Nachweise von den Mitgliedstaaten (z. B. Beweisanfragen oder Antwortnachrichten) und 14 (sieben Prozent) Tests waren noch „im Gange“. Diese Tests wurden in den Tagen nach der Veranstaltung durch zusätzlichen Austausch zwischen Testern und Monitoren abgeschlossen. Exemplarisch für die erfolgreiche

Erprobung dienen die Tests rund um den Online-Dienst „Kinderleicht zum Kindergeld“, in dessen Kontext Geburtsnachweise grenzüberschreitend aus allen acht teilnehmenden Mitgliedsstaaten abgerufen oder an diese übermittelt werden konnten. In diesem Zuge kam die von Nordrhein-Westfalen im Auftrag des Bundes entwickelte „Intermediäre Plattform für die grenzüberschreitende Umsetzung des Once-Only-Prinzips“ zum Einsatz, die zuvor bereits bei der grenzüberschreitenden Gewerbeanmeldung erfolgreich getestet wurde. Erstmals wurde sie nun in einem anderen Verwaltungsbereich nachgenutzt, was ihre Integrationsfähigkeit und damit vielseitige Einsetzmöglichkeiten demonstriert. Dieser Erfolg des Teams aus Nordrhein-Westfalen und Hamburg zeigt, dass die beiden Co-Federführer der Gesamtsteuerung Registermodernisierung substanzielle technische Fortschritte erreicht haben und stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur erfolgreichen Umsetzung des OnceOnly-Prinzips auf nationaler sowie europäischer Ebene dar.

Foto: BS/Europäische Kommission

Parallel zu den Interoperabilitäts- und Konformitätstests boten sogenannte „Exploration Rooms“ den Teilnehmenden aus den verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, gemeinsam tiefer in relevante Themen rund um das Once-Only Technical System einzutauchen. So wurden innerhalb von interaktiven Workshop-Formaten prägende Diskussionen zwischen den Mitgliedsstaaten initiiert oder Inhalte zu zentralen Fragestellungen rund um das Once-Only Technical System erarbeitet. Der fachliche Austausch mit den teilnehmenden EU-Mitgliedsstaaten liefert dabei wichtige Erkenntnisse für Deutschland auf dem Weg zur Ende-zu-Ende-Digitalisierung der Verwaltungsdienstleistungen. Das erfolgreiche gemeinsame Erproben des grenzüberschreitenden Nachweisdatenaustauschs und der direkte persönliche Austausch zwischen den europäischen Partnern vor Ort legen dabei den Grundstein für neue Kooperationsmöglichkeiten im Kontext der Verwaltungsdigitalisierung. Die Kollaboration und der proaktive Austausch sind

Gemeinsam gestalten

Der Konsultationsprozess zum Nationalen Once-Only-Technical-System

(BS/Sybille Behling/Tessa Buchwitz/Vanessa Bohn*) Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Um eine moderne, effiziente und bürgerfreundliche Verwaltung zu schaffen, hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) einen Konsultationsprozess zum Nationalen Once-Only-TechnicalSystem (NOOTS) gestartet. Das NOOTS ist ein wichtiger Baustein, um Verwaltungsprozesse vollständig zu digitalisieren und Once-Only zu ermöglichen – und damit Herzstück des Projekts Registermodernisierung.

NOOTS (AD-NOOTS) setzt sich aus verschiedenen Teildokumenten zusammen und bewegt sich auf einem hohen Software-Architekturlevel. Dabei wird in zwei Formen von übergreifenden Dokumenten unterschieden. Eines ist die High-Level-Architecture zum Einstieg in die Zielarchitektur des NOOTS, sozusagen der grobe Rahmen. Die andere Form stellen die Anschlusskonzepte dar. Diese werden für Data Consumer wie beispielsweise Online-Portale und für Data Provider wie etwa registerführende Stellen bereitgestellt. Diese dienen dem Zweck, Anschluss- und Rahmenbedingungen zu dokumentieren und aufzubereiten, um den Anschluss von Data Consumern und Data Providern an das NOOTS und das europäische Once-Only Technical-System (EUOOTS) zu ermöglichen.

Neben den übergreifenden Dokumenten gibt es eigenständige Komponenten-Dokumentationen und übergreifende Konzepte, die jeweils Teilaspekte des NOOTS beschreiben.

Im März 2024 initiierte das BMI mit Unterstützung des Bundesverwaltungsamtes (BVA) einen iterativen Konsultationsprozess zu ausgewählten Architekturdokumenten des NOOTS. Die Teilnehmenden waren eingeladen, ihre Expertise und Anregungen einzubringen, um den Entwicklungsprozess aktiv mitzugestalten. Die Atmosphäre war offen und konstruktiv, was zu wertvollem Feedback führte. Nun hat das BMI die zweite Iteration des Konsultationsprozesses auf der Webseite Open CoDE gestartet. Diese ist geeignet, um Mitwirkung und Transparenz im

dabei mitentscheidend für die zeitige und umfassende Verwirklichung des Once-Only-Prinzips, die nicht nur einer engen Zusammenarbeit innerhalb Deutschlands, sondern, im Einklang mit Art. 14 SDG-VO, auch mit den europäischen Nachbarn bedarf.

Zum Auftakt und zum Abschluss des Projectathons sprachen fünf Keynote Speaker der Europäischen Kommission aus den Generaldirektionen GROW, DIGIT und REFORM über die Bedeutung der zuständigen Behörden und die Arbeit der nationalen Umsetzungsteams für die Umsetzung des Once-Only Technical Systems. Sie wiesen dabei konkret auf die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten als auch den Direktionen der Europäischen Kommission zur Unterstützung der Initiativen in den einzelnen Mitgliedsstaaten hin. Der vierte Projectathon erwies sich dabei als fruchtbare Veranstaltung, um den technischen wie fachlichen Austausch mit anderen Mitgliedsstaaten, Institutionen der EU sowie technischen Experten zu pflegen und sich damit für eine noch engere Zusammenarbeit im Zuge europäischer Programme zur Verwaltungsdigitalisierung aufzustellen.

Once-Only kann Realität werden Zusammenfassend unterstreicht der Erfolg des vierten Projectathons, dass der Weg zur vollständigen Umsetzung des Once-OnlyPrinzips sowohl technisch als auch organisatorisch realisierbar ist. Die erfolgreichen Tests und die positive Resonanz der Teilnehmenden belegen den Fortschritt und das Potenzial des Once-Only-Prinzips, um die Verwaltungsdigitalisierung in Europa gemeinsam voranzutreiben. Bei tiefergehendem Interesse am vierten Once-Only Technical System Projectathon können weitere Informationen dem Abschlussbericht der EU-Kommission (https://ec.europa. eu/digital-building-blocks/sites/ display/OOTS/Projectathon4) entnommen werden.

*Dr. Brigitte Klamroth ist Federführerin Hamburg und Programmbereichsleiterin Kommunikation der Gesamtsteuerung des Programms Registermodernisierung im Amt für IT und Digitalisierung in der Senatskanzlei der Freien und Hansestadt Hamburg. Kontakt: registermodernisierung@ sk.hamburg.de

Prozess zu gewährleisten. In dieser Runde werden neue Architekturdokumente zur Kommentierung bereitgestellt: NOOTS auf Open CoDE (URL: https://gitlab.opencode.de/ bmi/noots) Es handelt sich um die Architekturdokumente: • Vermittlungsstelle (VS), • Identity- und Access Management für Behörden (IAM für Behörden), • Transportinfrastruktur/Sicherer Anschlussknoten (SAK). Fachexpertinnen und -experten sowie die Öffentlichkeit sind bis zum 4. September eingeladen, aktiv Feedback einzubringen. Zu jedem der Dokumente wurden mehrere Leitfragen erstellt. Über diese haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre Perspektive zielgerichtet abzugeben. Dadurch soll erreicht werden, dass das NOOTS nicht nur

höchste Standards erfüllt, sondern auch gezielt auf die Bedürfnisse der Gesellschaft eingeht. Im Anschluss an die Kommentierungsphase wird das eingegangene Feedback in der Fachlichkeit ausgewertet. Während der Iterationen und darüber hinaus wird der kontinuierliche Dialog durch Informationsveranstaltungen und technischen Support unterstützt.

Ziel eines solchen Prozesses ist es, vielfältige Perspektiven und Fachkenntnisse aus Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft einzubringen. Dieser multidisziplinäre Ansatz trägt dazu bei, die Bildung von Informationssilos zu vermeiden und ein umfassendes, nachhaltiges NOOTS zu entwickeln.

In Zeiten fortschreitender Digitalisierung zeigt sich, wie wertvoll fachliche Impulse sind und wie bedeutsam der kontinuierliche Austausch ist.

*Sybille Behling arbeitet im NOOTSArchitektur-Team im Bundesministerium des Innern und für Heimat. Tessa Buchwitz und Vanessa Bohn sind im NOOTS-Konsultations-Team im Bundesverwaltungsamt tätig.

Voraussetzung hierfür ist eine erfolgreiche Registermodernisierung auf der kommunalen Ebene. Sie soll die Grundlage für den digitalen und effektiven Nachweisdatenaustausch zwischen Behörden schaffen. Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen stellen den Verwaltungen antragsrelevante Daten über Onlinedienste einmalig („Once-Only“) zur Verfügung. Bei jedem Verwaltungsvorgang werden die benötigten Daten in allen beteiligten Registern in Echtzeit angefragt.

Durch miteinander vernetzte Register erfolgt der Datenabruf weitgehend automatisiert. Die Verwaltungsleistung wird medienbruchfrei erbracht.

Maßnahmen der Verwaltungsdigitalisierung zusammendenken Um das Zusammenspiel aller Register zu gewährleisten, muss das Ziel der Registermodernisierung als Kernstück der digitalen Verwaltung eine robuste, skalierbare und zukunftsfähige IT-Architektur haben.

Die Gesamtlösung muss flexibel auf sich verändernde technische oder organisatorische Anforderungen der kommunalen behördlichen Systemlandschaften angepasst werden können. Die Vorgangsbearbeitungen in den Kommunalverwaltungen unterliegen verschiedensten Anforderungen. Dies muss bei der Modernisierung der dezentralen Register genauso berücksichtigt werden wie andere relevante Themenkomplexe der Verwaltungsdigitalisierung an der Schnittstelle zur Registermoder-

Ein quelloffenes Sprachmodell (LLM) bietet Vorteile im Hinblick auf die hohen Anforderungen an Datenschutz, Transparenz und Verantwortlichkeit im öffentlichen Sektor. Es kann sicherheitstechnisch abgeschottet werden, und feingranular konfiguriert werden –sogar so, dass die Chatbots für bestimmte Fälle oder bei bestimmten Personen die gestellten Fragen und gelieferten Antworten aus Compliance-Gründen „vergessen“. Warum das Ganze? Im öffentlichen Sektor ist die Datenarchitektur komplex, sie reflektiert die geltenden Gesetze und Bestimmungen mitsamt Sicherheitsanforderungen. So unterliegen etwa Daten im SGB-Umfeld unterschiedlichen Rechtskreisen mit unterschiedlichen Schutzklassen – und diese dürfen nicht vermischt werden.

Vier Gründe für Open-Source-KI im öffentlichen Sektor

Erstens haben Entscheidungen im öffentlichen Sektor weitreichende Folgen für die Gesellschaft: Die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von KI-basierten Entscheidungen sind herausfordernd. Aleph Alpha strebt mit dem Sprachmodell Luminous an, die Entscheidungsfindung der KI nachvollziehbarer zu machen, indem die Herkunft der Informationen offengelegt wird. Zweitens rücken hohe Datenschutzanforderungen Open Source in den Fokus: Durch einen offenen Zugang zum Quellcode sind Funktionsweise und Entscheidungsprozesse des Modells nachvollziehbar und anpassbar. Konzepte für Trustworthy AI können dafür sorgen, dass Modelle keine Vorurteile kodieren und vertrauenswürdig bleiben. Drittens bietet Open Source eine kosteneffiziente Lösung: Es fallen keine Lizenzgebühren an und spezifische Anforderungen können ohne teure Zusatzlösungen umgesetzt werden.

Viertens fördert der Open-SourceGedanke Innovation und Zusammenarbeit: Öffentliche Einrichtungen profitieren von den Erfahrungen

Kern digitaler Kommunalverwaltung

Ein Blick auf die Registermodernisierung von VITAKO

(BS/Katrin Giebel) Mit der Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland verfolgen Bund, Länder und Kommunen das Ziel, dass Verwaltungsleistungen schnell und bequem von überall aus abgewickelt werden können. Bürgerinnen, Bürger, Unternehmen sowie Verwaltungsmitarbeitende sollen durch optimierte Prozesse entlastet werden. Entscheidungsunterstützende Automatisierungen in den Abläufen sorgen für effizientes Verwaltungshandeln und mildern den steigenden Druck durch zunehmenden Fachkräftemangel in den Verwaltungen ab.

nisierung. Hierzu gehören OnlineServices und KI, digitale Identitäten mit EUDI-Wallet, IT-Sicherheitsaspekte und Cloud-Computing. Nur so entstehen Synergieeffekte und Effizienzgewinne.

Ein gesamtheitliches Zielbild unter Berücksichtigung der verschiedenen rechtlichen Grundlagen, der bereits bestehenden Lösungen und der geplanten Maßnahmen ermöglicht ein systematisches Vorgehen. Digitalisierungsprojekte müssen aufeinander einzahlen, statt monolithisch nebeneinander zu stehen.

Der aktuelle Stand aus kommunaler IT-Perspektive Bund und Länder arbeiten aktuell an der Entwicklung von IT-Architektur und Anschlussbedingungen der Registermodernisierung und entwickeln so das National-OnceOnly-Technical-System (NOOTS) in einem iterativ-agilen Vorgehen. Im Rahmen von zahlreichen Projekten erproben die kommunalen IT-Dienstleister gemeinsam mit den Fachabteilungen der Kommunalverwaltungen und den Fach-

verfahrensherstellern technische Lösungsansätze zur Anbindung dezentraler Register an die Komponenten der Registermodernisierung. Hierbei wird unter anderem eine neue Technologie für den Datentransport (NOOTS) durch das BVA entwickelt.

Praxisorienter Beitrag der IT-Dienstleister

Die Praxisperspektive von Fachverfahrensherstellern und -betreibern sollte bei der Entwicklung des NOOTS und bei der Anbindung der dezentralen Register dringend berücksichtigt werden. Dies gilt für den bestehenden und im föderalen Kontext bewährten Datentransportstandard OSCI, welcher zumindest für den Übergang zugelassen werden sollte, sofern der Standard weiterhin den Bedarf an sicherer Behördenkommunikation deckt. Auch für die zweite Iteration des Konsultationsverfahrens NOOTS können die IT-Dienstleister einen praxisorientierten Beitrag leisten. Die Vorbereitungen zur Anbindung von IDA-Verfahren und

Datenschutz-Cockpit sind vorangeschritten. Die Erfahrungen und das Wissen, welche in den erwähnten Erprobungsprojekten generiert werden, müssen dringend auf die kommunale Ebene transferiert werden. Denn Kommunikations- und Informationsdefizite auf kommunaler Ebene sich nach wie vor massiv vorhanden.

Kommunikation und Information für die kommunale Ebene stärken Hier sollen die bestehenden Austausch- und Workshopformate systematisch ausgebaut und deren Ergebnisse in die Fläche gebracht werden. Die Kommunen benötigen ein breit angelegtes Wissensmanagement. Dieses muss aufbereitete Informationen, Handlungsleitfäden und praktikable Umsetzungshilfen der RegMo-Anforderungen enthalten und stetig weiterentwickeln. VITAKO hat zur Unterstützung der Kommunen und ihrer ITDienstleister einen RegMo-Readiness-Check für registerführende Stellen (Data Provider) entwickelt und stellt diesen ab 2. September

KI-Sprachmodelle im öffentlichen Sektor

Die Vorteile von Open Source für besondere Anforderungen (BS/Eldar Sultanow/Matthias Seßler/Thomas Heimann*) Laut dem DBB Beamtenbund und Tarifunion fehlen dem Staat aktuell mindestens 551.500 Beschäftigte und in den nächsten zehn Jahren gehen 1,36 Millionen Beschäftigte in den Ruhestand . Künstliche Intelligenz (KI) kann ein Instrument sein, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Aus diesem Grund wird KI im öffentlichen Sektor beispielsweise bereits auf Bundesebene sowie in Bayern und Baden-Württemberg verstärkt eingesetzt.

Verschieden mächtige Sprachmodelle (Multi-Agenten-Ansatz) in unterschiedlichen Rechtskreisen

und Best Practices anderer und können eigene Innovationen einbringen. Partnerschaften mit akademischen Einrichtungen bieten technischen Support und Zugang zu neuesten Forschungserkenntnissen.

Umsetzung und Zielarchitektur sind anspruchsvoll Jede Medaille hat zwei Seiten. Der Einsatz von Open-Source-LLMs bringt hohe Infrastrukturvoraussetzungen und Anforderungen mit sich, insbesondere mit Blick auf die Wartung und Aktualisierung der Modelle. Öffentliche Einrichtungen müssen sicherstellen, dass sie über die erforderlichen Ressourcen und Kompetenzen verfügen, um diese Modelle effektiv zu nutzen und weiterzuentwickeln. Die Industrie demonstriert, wie eine technische Umsetzung großer und skalierender Lösungen mit Open Source aussehen kann. Einige Unternehmen integrieren das quelloffene multi-

Grafik: BS/Capgemini

modale Modell OpenFlamingo, das Open-Source-LLM Mixtral oder Llama 3.

Ein Beispiel für behördenübergreifenden Datenbezug aus dem SGBBereich:

„Wie wirkt sich mein Umzug von Gemeinde A nach Gemeinde B auf meine Leistungen nach dem SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) aus und wie stelle ich meine Gesundheitsversorgung in der neuen Gemeinde sicher?“

über die Homepage der Bundesarbeitsgemeinschaft zur Verfügung. Mit dem RegMo-Readiness-Check können der Status der Anschlussfähigkeit sowie die Ableitung notwendiger Maßnahmen und Aktivitäten in den einzelnen Kommunen ermittelt werden. Der Check hilft Kommunen und registerführenden Stellen bei der Einschätzung, ob sie für die Registermodernisierung technisch und rechtskonform gut aufgestellt sind, inkl. Sicherstellung der Rechtskonformität der von ihnen entwickelten, bereitgestellten und/oder genutzten Verfahren. Der Check enthält Prüffragen, um die Anbindung der RegMo-Komponenten des BVA „IDA-Verfahren, Datenschutzcockpit“ und „NOOTS“ vorzubereiten und basiert auf der offiziellen Dokumentation der Gesamtsteuerung Registermodernisierung, weshalb die Unterlagen und Prüffragen laufend angepasst und aktualisiert werden. Damit unterstützt VITAKO wirkungsvoll die Kommunikation und Information für die kommunale Ebene, was ein zentraler Erfolgsfaktor für die Vernetzung der dezentralen Register ist.

und Regionen hinweg fördern. Dies könnte nicht nur die Effizienz in der öffentlichen Verwaltung steigern, sondern auch die Qualität und Einheitlichkeit der Services innerhalb der Behörden und Bürgerdienste. Ein deutschlandweiter KISprachmodell-Hub?

Die Daten im SGB-Umfeld liegen in unterschiedlichen Rechtskreisen. Es gibt Daten, welche besonders schutzbedürftig sind – zum Beispiel Sozialversicherungsdaten im Bereich SGB II. Und es gibt Fragen, deren Beantwortung Informationen aus mindestens zwei Behörden mit unterschiedlichen Datenschutzklassen erfordert: Nötig sind Informationen des Jobcenters, die einen hohen Datenschutzstandard erfordern, sowie teils personenbezogene Daten aus dem Einwohnermeldeamt und solche aus dem Gesundheitsamt mit einer anderen Schutzklasse, da sie nicht direkt sozialrechtlichen Regelungen unterliegen.

Ein Ansatz, um die unterschiedlichen Rechtskreise und Schutzklassen der Daten zu berücksichtigen, ist die Einführung von Multi-Domänen-Sicherheit. Das heißt, für die einem Rechtskreis zugeordneten Datenbestände gibt es jeweils ein Sprachmodell, das innerhalb einer Sicherheitsdomäne liegt. Die Domänen sind durch einzelne Netzwerke strikt segmentiert. Diese Netzwerke agieren als isolierte Umgebungen, in denen Sprachmodelle operieren (etwa nach dem Multi-Agenten-Ansatz untereinander kommunizieren) können, ohne dass Daten unautorisiert zwischen den Domänen übertragen werden.

Dies verhindert, dass sensible Informationen aus hochsicheren Bereichen in weniger sichere Domänen oder gar in die Öffentlichkeit gelangen.

Die zentrale Koordination von Sprachmodellen würde die Standardisierung von KI-Anwendungen über verschiedene Behörden

Ein zentraler Hub, bereitgestellt von der öffentlichen Verwaltung, könnte die Konformität von behördlichen KI-Anwendungen mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen sicherstellen.

Durch die zentrale Bereitstellung und Verwaltung der Sprachmodelle würden Ressourcen gebündelt und Kosten gesenkt, da nicht von jeder Behörde individuelle Lösungen entwickelt und gewartet werden müssten. Ein solcher Hub könnte zudem behördenübergreifend die Rechenleistung skalieren und als Innovationszentrum dienen.

Fazit und Ausblick

Was die Entwicklung, Einführung und das Ausschöpfen der Potenziale von Sprachmodellen angeht, stehen wir erst am Anfang. LLMs im öffentlichen Sektor können dazu beitragen, dem Fachkräftemangel zu begegnen, die Effizienz zu steigern und die Zugänglichkeit öffentlicher Dienste für die Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Open-Source kann eine valide Antwort auf die hohen Anforderungen des öffentlichen Sektors an Datenschutz und Transparenz sein. Allerdings verlangt die strikte Trennung der Daten aus verschiedenen Rechtskreisen eine hochspezialisierte Zielarchitektur und MultiDomänen-Sicherheit.

*Eldar Sultanow ist CTO des Bereichs Insights & Data bei Capgemini in Deutschland. Matthias Seßler ist fachlich-technischer Verantwortlicher für Datenbanktechnologien und -services und Lead Senior Architect im IT-Systemhaus der Bundesagentur für Arbeit. Thomas Heimann ist Enterprise Architect Director & Client Chief Architect bei Capgemini.

Katrin Giebel ist Geschäftsstellenleiterin bei VITAKO.
Foto: BS/privat

KI ist nicht gleich KI. Der Begriff umfasst ein breites Spektrum verschiedener Anwendungen. Was diese aber gemeinsam haben, ist ihre Neuheit und die Ratlosigkeit, die sie bei vielen auslösen: Fragen nach digitaler Souveränität, Datensicherheit und Datenschutz stehen im Raum, sobald es um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Behörden geht. Trotzdem gibt es bereits heute konkrete Anwendungsfälle, nur oftmals noch nicht in „echten Verwaltungsleistungen“, wie Prof. Dr. Manuel Heinemann, MBA, auf dem Führungskräfte Forum des Behörden Spiegel erläuterte. In Pilotprojekten würden eher technische statt personenbezogener Daten genutzt, zum Beispiel bei der Erfassung von Straßenschäden mithilfe von KI. Heinemann ist überzeugt: Für den Einsatz von KI-Lösungen in Behörden braucht es eine Struktur. Der Hochschullehrer kritisiert, dass bisher weder ein KI-Beauftragter noch eine entsprechende Abteilung in öffentlichen Verwaltungen üblich seien und appelliert, dies zu ändern. Weiterhin sollte bei der Auswahl von KI-Lösungen auf die eigenen Bedürfnisse geachtet werden: „Sie müssen schauen, was Sie brauchen und welche KI-Anwendung sinnvoll ist“, bekräftigte Heinemann. Durch die praktische Anwendung erfahre man mehr über KI und die verschiedenen Möglichkeiten, die die Technologie biete – „Learning by Doing“. Die beliebteste Funktion bis jetzt sei die Zusammenfassung von Texten. Generative KI-Systeme seien aber auch heute schon gut, „um Punkte nicht zu vergessen“, etwa bei der Erstellung eines Vertrags oder beim Sammeln von Unterlagen.

Für die interne Regulierung des KIEinsatzes empfiehlt Heinemann, in

Der derzeitige KI-Hype wird durch die großen Sprachmodelle getragen, die mithilfe von Hochleistungsrechnern Beziehungen zwischen Wörtern in Texten ableiten. Diese KI-Anwendungen werden kontinuierlich mit immer mehr Funktionalitäten angereichert, wie Bilderstellung und Videobearbeitung, automatische Programmierung und Debuggen von Code. Google lässt jetzt seine KI Gemini sogar auf andere Unternehmens-Apps zugreifen, um etwa Terminabstimmungen zu erleichtern. Apple will zunächst ChatGPT für IPhones an Bord holen, prüft aber zudem eine eine KI-Partnerschaft mit Meta zur Integration von deren KI-Unterstützung. Adobe reagiert auf die unzähligen KI-Bildbearbeitungsapps und wird sein bekanntes Produkt Photoshop mit der selbst entwickelten KI „Firefly“ anreichern.

ChatGPT hat Vorsprung

Auch im IT-Sicherheitsbereich wächst die Anwendungsbreite. So erhalten Kunden von GitHub Advance Security automatische Vorschläge zum Beheben von Programmierschwachstellen. Der KIChatbot Scamio von Bitdefender soll Betrugsversuche erkennen. Und auch Microsoft stellt nun „Copilot“ mit Verbindung zu seinem „Defender Threat Intelligence“-Programm bereit. Allerdings hat GPT-4 wohl immer noch einen Vorsprung beim Nutzen für die Cyber Security gegenüber allen anderen LLMs, so jedenfalls lautet das Ergebnis einer entsprechenden Vergleichsuntersuchung der Firma Sophos vom März dieses Jahres.

Aktuell wird besonders über den Grad der KI-Automatisierung von Entscheidungsprozessen diskutiert. Denn KI ist im Detail doch

KI-Stopper Datenschutz?

Nicht, wenn man es richtig macht

(BS/Anna Ströbele) Es gibt bereits einige Beispiele für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Behörden. In der Breite ist die Technologie aber noch nicht angekommen und weckt bei vielen neben Hoffnung auch Bedenken. An erster Stelle steht dabei die Frage des Datenschutzes. Wie KI rechtskonform genutzt werden kann, erklärten Experten auf dem Führungskräfte Forum des Behörden Spiegel.

Jens Gehres stellte das KI-Portal des ITZBund (KIPITZ) vor. Dieses biete den Bundesbehörden verschiedene Open-Source-Sprachmodelle, die jeder und jede in der täglichen Arbeit verwenden könne.

die Zukunft zu denken, da sich die Technik schnell entwickle. Hilfestellung für eine Dienstvereinbarung bietet beispielsweise ein Dokument der Datenschutzkonferenz, das im Mai veröffentlicht wurde. „Eine Dienstvereinbarung dauert, deswegen haben wir erst einen Leitfaden entwickelt, um den Beschäftigten eine Handlungsempfehlung an die Hand zu geben“, berichtete ein Teilnehmer aus der Landeshauptstadt Stuttgart. Zeitweise wurde dort sogar überlegt, ChatGPT zu sper-

Foto: BS/Ströbele

ren. Letztlich entschied man sich aber dagegen. Grundsätzlich sei es wichtig, die Beschäftigten nicht „einfach laufen zu lassen“, sondern sie auf Risiken hinzuweisen und ihr Know-how zu verbessern, bestätigte Heinemann. So dürften viele Daten nicht in frei verfügbare Anwendungen eingegeben werden und Ergebnisse müssten durch eine menschliche Aufsicht kontrolliert werden.

Auch Dr. Daniel Sandvoß, Hochschuldozent für Datenschutz am Niedersächsischen Studieninstitut

KI + Qubit = QML

für kommunale Verwaltung e. V., empfiehlt Behörden, eine Dienstvereinbarung und eine Richtlinie für den KI-Einsatz zu erarbeiten, „sonst sind Sie sehr angreifbar“. Ferner glaubt er, dass ein „Team Datenschutz“ notwendig ist, statt eines einzelnen (externen) Beauftragten. In den Fachlichkeiten brauche es zudem Datenschutzkoordinatoren, welche mit dem Hauptbeauftragten kommunizierten. Weiterhin stellte er klar: „Die Datenschutzaufsichtsbehörden stehen nicht über dem Gesetz.“ Trotzdem sei es am besten, direkt mit den Bundes- und Landesdatenschutzbeauftragten zusammenzuarbeiten. Eine der größten Herausforderungen bei Künstlicher Intelligenz betreffe die Bereitstellung datenschutzkonformer Trainingsdaten für die Algorithmen, machte Sandvoß deutlich. Bei Anonymisierung und Pseudonymisierung von Daten gehe viel Information verloren. Synthetische Daten, die künstlich erzeugt würden, aber Eigenschaften und Muster realer Daten imitierten, seien hingegen technisch nicht erfolgversprechend. Sie würden zu einer „KI-Demenz“ führen, also die KI „dumm“ machen. „Meines Erachtens muss ein Data Warehouse für Trainingsdaten entwickelt werden“, bekräftigte der Hochschuldozent.

Prof. Dr. Manuel Heinemann beschreibt ebenfalls seinen Idealfall für den KI-Einsatz in Behörden:

Maschinelles Lernen mit Quantencomputern eröffnet neue Möglichkeiten (BS/Oliver Wege) Die zwei populärsten IT-Begriffe sind derzeit KI (Künstliche Intelligenz) und Quantencomputer. KI ist heute schon real und hat nicht zuletzt durch ChatGPT eine enorme Aufmerksamkeit erfahren. Quantencomputer mit ihrer Recheneinheit Qubit dagegen haben erst das theoretische Potenzial, künftig bestimmte Probleme viel effizienter lösen zu können als die klassischen Rechner. Beide Technologien machen derzeit große Fortschritte. Logisch ist nun das Zusammenbringen dieser zwei Technologien: das sogenannte maschinelle Quantenlernen.

Nicht alle KI-Simulationen treten in der Realität ein.

sehr fehleranfällig, wie jüngst die Simulation der Fußball-EM 2024 gezeigt hat. Unter dem Eindruck von zunehmenden kriegerischen Ereignissen auf der Welt ist es aber bei zeitkritischen Situationen kaum noch möglich, der KI die Handlungsmacht zu entziehen. Man denke hier nur an die Abwehr von Hyperschall-Raketen. Die Europäische Union (EU) hat deshalb wohlweislich den militärischen Bereich aus ihrem erst kürzlich verabschiedeten KI-Gesetz ausgenommen.

Grafik: kaho/DTAI

Dagegen ist der Hype um die Quantencomputer doch etwas abgeflacht. Quantencomputer sollen künftig bestimmte Probleme viel effizienter lösen als gewöhnliche Rechner, indem sie die einzigartigen Eigenschaften der subatomaren Welt (Superposition, Verschränkung) nutzen. Theoretisch sollen Quantencomputer eines Tages spezielle Rechenaufgaben (wie etwa die Simulation von Molekülen oder, sicherheitsrelevant, die Suche nach Primfaktoren großer ganzer Zahlen)

„Sie haben alle Daten einer Verwaltung in einem geschlossenen System. Alle Bescheide der letzten 15 Jahre, alle Dienstanweisungen etc. Dann sagen Sie der generativen Verwaltungs-KI, einer Art BundesChatGPT: Erstelle mir eine Dienstanweisung.“ So würde die Antwort auf Verwaltungsdaten basieren, nicht auf Daten aus dem – oftmals US-amerikanischen – Internet, welche nicht gut für die deutsche Verwaltung passten. Diesem großen Traum stehe der Föderalismus entgegen. Es gebe schließlich keine Bundesdatenbank, in welcher alle Daten vorlägen. Heinemann plädiert daher für individuelle Lösungen innerhalb der Verwaltungen, die mit eigenen Daten gefüttert werden. Solche maßgeschneiderten Systeme seien zwar technisch möglich und würden von Unternehmen bereits umgesetzt, sie seien aber teuer. Ideal wäre ein eigenes System Trotzdem könnten Behörden schon ihre Daten vorbereiten, sagte Jens Gehres, Abteilungsleiter im ITZBund. Strukturiertes Wissen sei schließlich die Basis, um in Zukunft Retrieval-Augmented Generation (RAG) zu nutzen. Diese Wissensdatenbanken sorgten dafür, dass Sprachmodelle sinnvolle und richtige Ergebnisse lieferten. Aktuell hätten Sprachmodelle zwar immer überzeugende Antworten parat, diese könnten aber „Quatsch“ sein, so Gehres. Mit RAG basierten Antworten nicht auf den Inhalten, mit denen ein Sprachmodell trainiert worden sei, sondern auf dem kuratierten Wissen aus der Behörde. „Meine persönliche Wette ist, dass wir irgendwann an die Grenze der Sprachmodelle kommen und RAG die eigentliche Zukunft ist“, spekuliert der Abteilungsleiter.

lösen, die auf klassischen Rechnern mehr Zeit erfordern, als das Universum alt ist. Allerdings machen technische Probleme wie die Stabilisierung der Qubits und deren möglichst fehlergeringe Kombination, noch große Schwierigkeiten.

Dazu kommen Sinnfragen. In vielen Fällen werden nämlich die Dateneingabe durch Umwandlung der klassischen Daten in einen Quantenzustand und die Datenausgabe langsam ablaufen und damit die Vorteile wieder zunichtemachen. Die Datenausgabe wird deshalb problematisch, da die Quantenphysik von Natur aus probabilistisch ist und damit das Auslesen ein Element der Zufälligkeit enthält. Hier muss der Quantencomputer die Berechnungen mehrfach wiederholen und die so gelieferten Ergebnisse müssen gemittelt werden, um eine endgültige Antwort zu liefern. Zusätzlich fand die junge Informatikerin Ewin Tang im Jahr 2018 einen Weg, einen zwei Jahre zuvor entwickelten Quantenalgorithmus mit einem gewöhnlichen dualen Rechner zu übertrumpfen. Das Beispiel zeigt den gewissen Grad an gradueller Unsicherheit hinsichtlich zukünftiger Entwicklungen auf, wie auch ein kürzlich veröffentlichtes Papier, das einen neuen Algorithmus zum Angriff auf gitternetzbasierende Verfahren vorstellt. Die amerikanische NIST hatte erst vor zwei Jahren in diesem Zu-

sammenhang solche Verfahren als Sieger für quantencomputersichere Verschlüsselungen und Signaturen gekürt; erste Messenger bauen diese Algorithmen in ihre Programme bereits ein. Nach einer Prüfung soll der Angriff für die speziell ausgewählten Einzelverfahren Kyber und Dilithium zwar nicht klappen, doch in Sicherheit sollte man sich hier nie wiegen, denn häufig tendieren Kryptografen dazu, einmal eröffnete Angriffswege kontinuierlich zu erweitern.

Können Quantencomputer LLM verbessern?

Da die Quantencomputer dessen ungeachtet trotzdem weiterhin versprechen, bestimmte Probleme viel effizienter zu lösen als gewöhnliche Rechner, fragen sich Fachleute schon seit einigen Jahren, ob zu diesen Problemen auch das maschinelle Lernen gehören könnte. Die Idee ist es nun, Quantencomputer einzusetzen, um klassische Machine-Learning-Modelle zu beschleunigen oder zu verbessern. Manche Fachleute glauben, dass maschinelles Lernen mithilfe von Quantencomputern Muster erkennen könnte, die klassischen Computern entgehen – selbst wenn der Vorgang an sich nicht schneller ist. Diese zusätzliche bzw. neue Erkennung von Mustern ist durchaus plausibel, da die dann beinhaltete Quantenverschränkung neue Korrelationen zwischen Datenpunkten herstellen könnte. Ob sich das bewahrheitet und daraus nützliche Anwendungen entstehen, ist bislang allerdings noch unklar und ein aktueller Forschungsgegenstand. Denkbar wäre dann eine neue Klasse an Intrusion-Detection- und Intrusion-Prevention-Systemen bzw. der Einsatz im Bereich Data-Loss-Prevention.

Ein Planet hat den Blues: Auf vielen großen und kleinen Bildschirmen der Welt erschien am Freitag, den 19. Juli 2024, der „Blue Screen of Death“ (Blauer Bildschirm des Todes). Auf Microsofttypischem Blau war ein trauriger Smiley zu sehen, gefolgt von einem Warnhinweis: „Your PC ran into a problem that it could´t handle, and now it needs to restart.“

Die betroffenen Computer sollten also neu gestartet werden, um das technische Problem zu beheben.

Das Problem dabei: Der Fehler war Teil des Startvorgangs selbst und die Systeme somit im Loop gefangen. Spätestens da war klar, dass die Auswirkungen weitreichend sein würden: Schätzungsweise 8,5 Millionen mit Windows betriebene Geräte seien betroffen, wie Microsoft am Tag nach dem IT-Crash verlauten ließ. Das seien nur rund ein Prozent aller weltweiten Rechner. Der Großteil davon gehört allerdings zu Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen, denn die verursachende Sicherheitssoftware wird selten von Privatkunden genutzt.

Fehlerquelle CrowdStrike

Diese Sicherheitssoftware ist „Falcon Sensor“ vom Unternehmen Crowdstrike Holdings, Inc. mit Sitz in Austin, Texas, USA. Ein fehlerhaftes Update von Falcon Sensor

Systemcrash

Fehlerhaftes CrowdStrike-Update verursacht weltweit Chaos

war am Freitagmorgen in Umlauf gebracht worden und hatte zu den Ausfällen geführt. Weltweit waren Kritische Infrastrukturen (KRITIS) betroffen, u. a. Krankenhäuser, Flughäfen und die Lebensmittelversorgung. Am Berliner Flughafen BER wurden über 100 Flüge gecancelt. Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) musste geplante Operationen absagen und kurzzeitig die Ambulanz schließen. Dass Menschen durch das IT-Versagen zu Schaden kamen, ist bislang nicht bekannt. Die KRITIS scheinen im wahrsten Sinne des Wortes mit einem blauen Auge davongekommen zu sein, die Notfallsysteme griffen.

Deutsche Kommunen betroffen In Deutschland setzen manche kommunalen IT-Dienstleister auf CrowdStrike und bekamen den Systemausfall dementsprechend zu spüren. Die Südwestfalen-IT (SIT)

aus Siegen etwa nutzt Falcon Sensor „zur Sicherung seiner Endgeräte und Server“, wie ein Pressesprecher des Unternehmens mitteilte. Kaum wurde die IT-Panne am vergangenen Freitag bekannt, fuhr SIT seine

„Man

wird in den kommenden Wochen sehen, welche Milliardenschäden der kurze Ausfall verursacht hat.“

Systeme herunter, um Schlimmeres zu verhindern: Ohne den funktionierenden Endgeräteschutz durch CrowdStrike sei die Gefahr für einen Cyber-Angriff zu hoch gewesen. Ein vernünftiger Schachzug, wie auf der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz aus den Aussagen

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von Claudia Plattner, Präsidentin des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), hervorging. Cyber-Kriminelle hätten die Sicherheitslücke sofort für unterschiedliche Formen von Phi-

Dr. Sven Herpig, interface

shing, Scam oder Fake-Webseiten genutzt. Auch inoffizieller Code sei in Umlauf gebracht worden. Das BSI empfahl ausdrücklich, technische Informationen zur Wiederherstellung der Systeme ausschließlich aus CrowdStrike-Quellen zu beziehen.

(BS/Christian Brecht/Paul Schubert) Flughäfen stellten den Flugverkehr ein. Krankenhäuser sagten Operationen ab. Banken, Medienhäuser und auch die Verwaltung waren betroffen. Immerhin: Es war kein Cyber-Angriff, der zum für viele IT-Fachleute größten IT-Ausfall der Geschichte führte. Doch die globalen Auswirkungen der CrowdStrike-Panne zeigen ein systemimmanentes Risiko: die Konzentration vieler Einrichtungen auf wenige IT-Service-Anbieter. Auch die Sicherheit von Clouds steht wieder im Fokus. Die neue heise-Konferenz für Storage, Server, Network

jeweiligen IT-Administratoren der betroffenen Unternehmen vorgenommen werden, was abermals Zeit und Personal beanspruchte. Um diesen Prozess zu beschleunigen, bot Microsoft tags darauf ein Tool zum Download an, welches die fehlerhaften Teile des CrowdStrikeUpdates automatisch löscht. Das Tool enthält das Script MsftRecoveryToolForCSv2.ps1, welches in der Kommandozeile automatisch ausgeführt wird.

Probleme in der Microsoft-Cloud Weniger mediale Präsenz bekommt eine weitere Panne im Hause Microsoft, die quasi zeitgleich zum fehlerhaften CrowdStrike-Update zu verzeichnen war: Microsoft meldete einen Konfigurationsfehler bei seiner Cloud-Plattform Azure. Microsoft Azure ist eines der weltweit größten Cloud-Systeme, zählt u. a. neben Amazon Web Services (AWS) und der Google Cloud zu den sogenannten Hyperscalern.

Die Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein konnte während der abgeschalteten Systeme keine Dienstleistungen anbieten. Die Kfz-Zulassungsstellen in Siegen und Bad Berleburg waren vorübergehend geschlossen. In der Stadt Siegen konnten keine Pässe und Ausweise, An- und Ummeldungen sowie Beurkundungen im Geburten- und Sterberegister beantragt werden. Die Stadtbibliothek blieb wegen der ausgefallenen elektronischen Leihe und Rückgabe von Medien geschlossen. Noch am Freitag konnte die Südwestfalen-IT die Probleme beheben und fuhr ihre Systeme wieder hoch. Insgesamt blieben die Auswirkungen in der deutschen Verwaltung verhältnismäßig gering.

Tool entfernt fehlerhafte Datei Um die Systeme schnellstmöglich wieder zu starten, veröffentlichte CrowdStrike ebenfalls noch am Freitag einen Workaround: das Löschen der fehlerhaften Datei C-00000291.sys im Verzeichnis C:\Windows\System32\drivers\ CrowdStrike. Allerdings musste dieses Löschen manuell von den

IT-Sicherheit in der Zeitenwende Cloud-Probleme wie die von Azure lassen die Rufe nach mehr Unabhängigkeit und Open Source wieder lauter werden. Für den Digitalpolitiker Konstantin von Notz, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, ist „offenkundig, dass bestehende Abhängigkeiten von einzelnen Anbietern viel zu groß sind“, wie er über seine Partei verlauten ließ. Von Notz bemängelt zudems dass es bisher noch kein KRITISDachgesetz gebe und forderte aus dem Bundeshaushalt mehr finanzielle Mittel für IT-Sicherheit. Die Zeitenwende müsse „endlich auch beim effektiven Schutz unserer Kritischen Infrastrukturen“ ankommen, resümierte der Politiker. Der CrowdStrike- und Azure-Vorfall werde weiter analysiert und man stehe mit Microsoft in engem Kontakt, gab das BSI Ende Juli bekannt. Nach Dr. Sven Herpig, Leiter für Cybersicherheitspolitik und Resilienz beim Thinktank interface (vormals Stiftung Neue Verantwortung), könnten ähnliche Vorfälle allerdings immer wieder auftreten: „Das war nicht das erste Mal das IT-Sicherheitsanwendungen wie Endpoint Detection and Response Software (EDR) zum Unsicherheitsfaktor werden.“ Man werde in den kommenden Wochen sehen, welche Milliardenschäden der kurze Ausfall verursacht habe. Insbesondere die Auswirkungen auf die Lieferketten und Verzögerungen beim operativen Betrieb würden sich dann noch weiter offenbaren, erklärte Herpig

Unter einem Lock-in-Effekt wird verstanden, dass Kundinnen und Kunden an Produkte und Dienstleister gebunden werden, da Wechselkosten oder sonstige Barrieren die Migration zu Alternativprodukten erschweren. Prof. Dr. Torsten Oltmanns, Managing Partner von zNT, erklärte dazu, dass viele Unternehmen Angebote nutzten, die Cloud- und Softwareprodukte kombiniert. Die Lock-in-Effekte würden teilweise schon lange bestehen: „Zwischen Software- und CloudAnbietern und ihren Unternehmenskunden bestehen komplexe, betriebsübergreifende Abhängigkeiten, die teilweise über Jahrzehnte zurückgehen“, so Oltmanns. Das Interesse an der Cloud wird insgesamt immer höher: 84 Prozent der Befragten haben ihre Aktivitäten bereits ganz oder teilweise in die Cloud verlagert.

Softwaremonokulturen attraktiv für Cyber-Kriminelle

Die Abhängigkeit von großen Cloud-Anbietern wie Microsoft Azure wirkt sich vor allem finanziell aus. Die Mehrkosten für einen CloudWechsel betrügen etwa 25 Prozent, so Oltmanns. Ferner: Wenn Unternehmen sich entscheiden, bei einem großen Cloud-Anbieter zu bleiben, besteht die Gefahr, dass die Kosten für die Services stark steigen. Dazu kommen Sicherheitsrisiken: „Softwaremonokulturen sind immer ein Risiko für die Cyber-Sicherheit, weil sich der Aufwand für die Kompromittierung durch Cyber-Kriminelle lohnt“, erklärt Prof. Dr. Dennis-Kenji Kipker von der Universität Bremen. Bestes Beispiel ist der chinesische Cyber-Angriff auf das US-Außenministerium vor einem Jahr, bei dem für Microsoft eklatante Sicherheitsmängel festgestellt wurden. Das USMinisterium für Innere Sicherheit

Als

CIO des Freistaates Sachsen freue ich mich, dass die Anforderungen der NIS-2-Richtlinie rechtzeitig vor Ende der Legislaturperiode in Sachsen in unser seit 2019 bestehendes Sächsisches Informationssicherheitsgesetz integriert wurden. Damit ist Sachsen das erste Bundesland, welches die Rechtsgrundlagen geschaffen hat, um ab 1. Oktober dieses Jahres NIS-2 umzusetzen.

Die NIS-2-Richtlinie zielt darauf ab, die Sicherheit von Netz- und Informationssystemen innerhalb der EU zu verbessern. Sie erweitert den Anwendungsbereich der ursprünglichen NIS-Richtlinie, um einer größeren Anzahl von Sektoren und Diensten gerecht zu werden, die für die Gesellschaft und Wirtschaft von wesentlicher Bedeutung sind. Dazu gehört erstmals explizit die Verwaltung. Das ist aus meiner Sicht logisch und richtig. Behörden sollten in der Umsetzung von Informationssicherheitsmaßnahmen und -management-Systemen nicht nur mit gutem Beispiel vorangehen, sondern der Staat und seine Institutionen sind längst selbst Teil der Lieferketten von anderen kritischen Sektoren. Für ihr Funktionieren ist die Verwaltung maßgeblich von Bedeutung. Das bereits seit fünf Jahren bestehende Sächsische Informationssicherheitsgesetz adressiert sowohl die Behörden der Staatsverwaltung

Prof. Thomas Popp ist Staatssekretär für digitale Verwaltung und Verwaltungsmodernisierung und CIO des Freistaats Sachsen. Foto: BS/Matthias Rietschel

Die Schwierigkeiten am Cloud-Markt

Studie zeigt Probleme durch Lock-in-Effekte und Preissteigerungen

(BS/Paul Schubert) Der Cloud-Markt wird von amerikanischen Hyperscalern beherrscht. Das ist insbesondere für die öffentliche Verwaltung ein Problem, die eine Stärkung der digitalen Souveränität der IT wünscht. Eine Umfrage des zentrums für Nachhaltige Transformation (zNT) unter öffentlichen Unternehmen weist darauf hin, dass Lizenzpraktiken und Lock-in-Effekte ein Problem darstellen.

Auf einer Expertenrunde sprachen Prof. Dr. Dennis-Kenji Kipker (Universität Bremen, links), Dr. Patrick Krauskopf (ZHAW Zürich, Mitte) und Prof. Dr. Torsten Oltmanns (zNT, rechts) über die Probleme des Cloud-Marktes. Foto: BS/zNT

(United States Department of Homeland Security, DHS) veröffentlichte im Anschluss an den Vorfall einen Bericht mit den Versäumnissen von Microsoft. Dies hätte aber nicht zu weiteren Schlussfolgerungen seitens der Behörden geführt, so Kipker Dazu kommen noch die bekannten Schwierigkeiten zur Einhaltung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die Hyperscaler stehen unter der Aufsicht der amerikanischen Regierung. Nach dem Cloud Act sind diese verpflichtet, Daten, die auf US-amerikanischen Servern lagern, auf Anfrage herauszugeben. Das gilt auch für Daten deutscher Unternehmen, die in den Vereinigten Staaten gehostet werden. Zwar könnten diese Cloud-Dienste mit bestimmten Einstellungen daten-

schutzkonform arbeiten, so Kipker, aber für US-Behörden spiele es keine Rolle, ob die Cloud-Infrastruktur z. B. von einer Tochterfirma betrieben werde und auf europäischem Boden stehe. Sobald faktisch – also technisch – Zugriff bestehe, gelte der US-Cloud-Act, so der IT-Sicherheitsprofessor. Beteuerungen einer irgendwie gearteten „Datengrenze“, wie sie z. B. von Microsoft vermarktet werde, seien deshalb mit Vorsicht zu genießen.

Klagen können helfen Um sich gegen ungerechtfertigte Kostensteigerungen von Cloud-Anbietern zu wehren, können private und öffentliche Unternehmen sich an das Kartellamt wenden. Gemäß dem Professor für Wettbewerbs-

recht, Dr. Patrick Krauskopf sind –zumindest parallel dazu – in zahlreichen Fällen Bemühungen um einvernehmliche Lösungen sinnvoller: Von diesen hat allerdings die Öffentlichkeit keine Kenntnis, weil die Parteien Vertraulichkeit mittels sog. Non-Disclosure-Agreements (NDA) vereinbart haben. Krauskopf ist außerdem Vorsitzender der Schweizer Stiftung KMU für Rechtsdurchsetzung (SKR): Die SKR kann kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), aber auch der öffentlichen Hand, etwa bei ungerechtfertigten Preiserhöhungen durch marktmächtige Cloud-Provider, helfen. Die SKR unterstützt politisch und medial den „David“, der sich gegen den „ITGoliath“ wehren möchte, auch in rechtlicher Hinsicht, indem z. B. die Bedürfnisse der „Kleinen“ gepoolt werden, um eine Gegenmacht aufzubauen. Dieses Vorgehen hat viele Vorteile, namentlich in Bezug auf Kosten und Dauer: Während sich kartellrechtliche Bußgeldverfahren bis zu einem Entscheid in die Länge ziehen können, und zwar bis zu 15 Jahre, kann man mit Vergleichen eine Einigung in sechs bis zwölf Monaten erzielen, gibt der Praktiker Krauskopf zu bedenken. Nach Krauskopf haben sich große Cloud-Betreiber auf Klagen vor Kartellbehörden, wie z. B. der EUKommission, eingestellt und oft kartellrechtliche Sanktionsrisiken einkalkuliert, auch wenn die Hyper-

Auch Verwaltung ist KRITIS

Sachsen mit Pionierarbeit bei der NIS-2-Umsetzung

(BS/Thomas Popp) Die Umsetzung der NIS-2-Richtlinie der Europäischen Union (EU) in Landesrecht ist eine staatspolitische Notwendigkeit. Und sie ist auch eine Chance dafür, dem Streben nach einem hohen Niveau an Informationssicherheit neue Impulse zu verleihen. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass die Verwaltung Kritische Infrastruktur ist und entsprechend handeln muss.

als auch die Kommunen. Dass die Kommunen einbezogen sind, ist wichtig. Schließlich werden die meisten Verwaltungsleistungen mit Bezug zu Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen doch auf der kommunalen Ebene ausgeführt. Dadurch haben wir einen spürbaren Fortschritt in der Informationssicherheit in Sachsen erreicht. Auf Grundlage dieser guten rechtlichen Basis konnten wir die NIS-2-Richtlinie zügig in Landesrecht umsetzen. Ein wichtiger Aspekt ist ein effektiver Kontroll- und Durchsetzungsmechanismus, der geschaffen werden musste. Der Arbeitsbereich des Beauftragten für Informationssicherheit des Landes als zentraler, strategischer Akteur in diesem Themenfeld wurde um die Aufgaben einer Aufsichtsbehörde erweitert. Dies bedeutet, er überwacht die Einhaltung des Gesetzes und ergreift bei Verstößen entsprechende Maßnahmen.

Für den Notfall: SAX.CERT

Eine andere zentrale Aufgabenerweiterung betrifft das Sicherheitsnotfallteam SAX.CERT, das beim Staatsbetrieb Sächsische Informatik Dienste angesiedelt ist. Es erhält zum Beispiel eine redundante Infrastruktur und eine 24/7-Rufbereitschaft. Dadurch wird das Sicherheitsnotfallteam weiter professionalisiert. Ein weiterer Fokus liegt auf den Sensibilisierungen und Schulun-

In Juni trafen sich rund 40 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sächsischer Städte und Gemeinden in Meißen, um gemeinsam über Informationssicherheit zu diskutieren. Foto: BS/SSG-Matthias Martin

gen in den Behörden zum Thema Informationssicherheit. In den vergangenen Jahren wurden bereits mehrere zehntausend Bedienstete in den sächsischen Verwaltungen sensibilisiert und vor allem online geschult. In dem neuen Gesetz wurden diese Punkte weiter konkretisiert. So ist es fortan nicht nur die Pflicht der Behördenleitungen, für eine ausreichende Sensibilisierung und Schulung ihrer Mitarbeitenden zu sorgen. Die Behördenleitungen sind auch verpflichtet, sich selbst regelmäßig in der Informationssicherheit fortzubilden. Ich erhoffe mir dadurch einen wichtigen Im-

scaler dies nicht öffentlich zugeben würden. Derzeit laufen Untersuchungen der EU-Kommission, ob Microsoft gegen die Kartellvorschriften der EU verstößt, indem es seine Marktposition bei Produktivitätssoftware nutzt und sein paketzentriertes Modell gegenüber konkurrierenden Anbietern individueller Software abschottet. Nichtsdestotrotz wünscht sich Krauskopf, dass die Vormachtstellung großer amerikanischer Cloud-Provider auf anderem Wege gestoppt wird: „Man sollte den Auf- und Ausbau europäischer Lösungen ermöglichen, das passiert nicht über das Kartellrecht“, resümiert der ehemalige Vizedirektor des Schweizer Kartellamtes WEKO.

Cloud-Struktur muss transparenter werden

Das wünscht sich auch Prof. Torsten Oltmanns vom zNT. Die Befragung zur Lage des CloudMarktes für öffentliche Unternehmen läuft noch bis August 2024. Bisher hätten sich etwas über 30 Unternehmen beteiligt. Nach Abschluss der Studie sollen es 150 sein. Dennoch lassen sich schon die ersten Schlussfolgerungen ziehen. „Politiker und Regulierer sollten die Bedingungen auf dem Cloud-Markt kritisch durchleuchten“, so Oltmanns. Des Weiteren sollten Kunden bessere Transparenz über Kosten und Leistung der Cloud-Anbieter erhalten. Oltmanns schlägt dafür die Einrichtung einer unabhängigen Clearing-Stelle vor, die Daten sammelt und anonymisiert. Darüber hinaus sollten sich betroffene Unternehmen häufiger zusammenschließen: „Beispiele aus der Schweiz zeigen, dass juristische Auseinandersetzungen erfolgreich sein können, wenn Unternehmen sich zusammentun“, fasst Oltmanns zusammen.

umzusetzen wären. Da die EU die wirtschaftliche Tätigkeit sehr weit fasst, gilt dies nicht nur für klassische, privatrechtlich organisierte Unternehmen, sondern auch für Behörden, Eigenbetriebe und andere Organisationsformen aus der Landes- oder Kommunalverwaltung.

Über Anforderungen und Pflichten informieren

puls, der das Thema in den Behörden insgesamt voranbringt. Denn die Informationssicherheit ist eine Managementaufgabe und hängt maßgeblich von der Unterstützung der Behördenleitung ab.

In Sachsen haben wir unsere Hausaufgaben also gemacht. Ich möchte an die Verwaltungen und besonders an die Unternehmen in den kritischen Sektoren appellieren, nicht auf das Inkrafttreten von Gesetzen oder Verordnungen zu warten. Jeder kann sich bereits jetzt damit auseinandersetzen, ob der eigene Sektor zum Anwendungsbereich gehört und wie die geforderten Maßnahmen

Deshalb haben wir bereits eine Reihe von Informationsveranstaltungen organisiert, um die potenziell betroffenen Akteure über die neuen Anforderungen und ihre Pflichten zu informieren. Das betrifft sowohl das erneuerte Sächsische Informationssicherheitsgesetz als auch die Entwurfsfassung des sogenannten NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetzes des Bundes. Klar ist: Die Umsetzung der NIS2-Richtlinie bietet zahlreiche Vorteile. Sie trägt dazu bei, die Resilienz unserer Kritischen Infrastrukturen gegenüber Cyber-Angriffen zu erhöhen und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Funktionieren unseres Staates und in die Daseinsvorsorge zu stärken. Zudem schafft sie einen klaren Rechtsrahmen, der den betroffenen Akteuren Orientierung und Sicherheit bietet. Wenn wir in Deutschland die europäischen Vorgaben schnell und effektiv umsetzen, fördert dies auch die Innovation und Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der Cyber-Sicherheit. Durch höhere Standards werden Anreize für Investitionen in Sicherheitsmaßnahmen und -technologien geschaffen. Das trägt nicht nur zur Verbesserung der Cyber-Sicherheit bei, sondern bringt auch unseren Staat und die Unternehmen bei der Digitalisierung weiter voran.

Sicherheit & Verteidigung

Behörden Spiegel Berlin und Bonn / August 2024

Prävention – Schutz – Aufklärung

Merkur Spiel-Arena www.polizeitage.de 04.09.2024

www.behoerdenspiegel.de

VGerade so den Standard halten

(BS/lm/rup/bk) Während Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im eisigen Alaska seinem Ärger über nur 1,2 Milliarden Euro mehr im Haushalt für 2025 Luft machte – „damit lassen sich nicht mal die inflationär und durch Tarifrunden gestiegenen Mehrkosten im Einzelplan 14 decken“ –, schweigt man im Bundesinnenministerium (BMI) über immerhin fast eine Milliarde mehr für 2025. Der Genießer schweigt? Keinesfalls, denn während der Verhandlungen um den Nachschlag herrschte Schweigepflicht für das gesamte Innenressort, um die Verhandlungen mit dem BMF nicht zu gefährden, wie es hieß.

or allem aber auch, um nicht Ressorts wie Umwelt, Familie und wirtschaftliche

Zusammenarbeit, die gravierende Kürzungen hinnehmen müssen, zu öffentlichen Reaktionen zu provozieren. Zwar ist der Haushalt nach zähen Verhandlungen durch das Kabinett gekommen, der befürchtete Bruch der Koalition blieb aus, doch erst nach der Sommerpause kommt der Haushalt 2025 in den Bundestag. „Also in trockenen Tüchern ist da noch gar nichts“, sagt eine Spitzenbeamtin.

Haushaltsentwurf soll genau geprüft werden

Einen Vorgeschmack liefert dabei z. B. die Aussage von Sven-Christian Kindler (Bündnis90/Die Grünen), Sprecher für Haushaltspolitik: „Es ist ungerecht und unverständlich,

cken, meint Andreas Schwarz MdB (SPD), Hauptberichterstatter für den Verteidigungsetat (siehe diese Ausgabe, S. 39). Doch ähnlich wie bei der Bundeswehr wird die BMI-Milliarde (Bundespolizei 312 Millionen Euro, Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben [BDBOS] 205 Millionen Euro, Bundeskriminalamt [BKA] 127 Millionen Euro, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik [BSI] 33 Millionen Euro, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe [BBK] 100 Millionen Euro und Technisches Hilfswerk [THW] 40 Millionen Euro) kaum reichen, um die laufenden Betriebskosten und vertraglich vereinbarten Leistungen zu decken. Immerhin wird verhindert, dass Bundespolizei und

„Die Bundesregierung spart erneut am falschen Ende und setzt die falschen Prioritäten.“
Joachim Hermann, Bayerischer Innenminister

dass bei der humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit angesichts der vielen globalen Krisen gekürzt wird.“ Man werde sich den Entwurf für den Haushalt genau anschauen. Die parlamentarischen Haushaltsberatungen würden sich über mehrere Wochen ziehen. Diese Zeit werde man nutzen, um den Haushalt an vielen Stellen noch zu verbessern, so Kindler weiter. Ganz besonders den Einzelplan 14 gelte es signifikant aufzusto-

andere in wenigen Wochen „Zahlungsunfähigkeit“ melden müssen. Das gilt auch für das BBK, wo man wie bei der Polizei des Bundes laufende Betriebskosten längst aus Investitionshaushalten deckte. Wie dringend die zusätzlichen Mittel nötig sind, zeigt die Aussage von BBK-Präsident Ralph Tiesler. „Ohne Haushaltserhöhung wäre es für uns extrem schwierig geworden.“

Ein weiteres Beispiel ist der BOSDigitalfunk, den die Polizei, aber

auch der gesamte Katastrophenschutz und die Rettungsdienste nutzen. Der Weiterbetrieb ist wegen Geldmangels gefährdet. Die Netze des Bundes (NdB), ebenfalls bei der BDBOS ressortiert, waren bisher finanziell für ihren Weiterbetrieb nicht unterfüttert. Daher drohte das BMI vor der Haushaltseinigung, Rechnungen an andere Ressorts für die Nutzung der Netze zu schicken, wenn nicht dem Einzelplan 06 hierfür aus dem allgemeinen Haushalt mehr Geld zur Verfügung gestellt würde. Das Entsetzen bei den anderen Ressorts war groß und half.

Geldknappheit in vielen Ressorts zu spüren

Bei der Bundespolizei haben nicht nur die Kosten für Hotelunterbringungen der eingesetzten Beamtinnen und Beamten und der Treibstoff für deren Transport während der Fußball-EM sowie die Grenzkontrollen einen Fehlbedarf von insgesamt 500 Millionen Euro verursacht. Diese sind kontinuierlich aufgelaufen. „Die Bundesregierung spart erneut am falschen Ende und setzt die falschen Prioritäten“, erbost sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Die bisherigen Anstrengungen des Bundes im Zivilschutz und für die zu diesem Zweck vom Bund bereitgestellte ergänzende Ausstattung im Katastrophenschutz seien absolut inakzeptabel. Herrmann bezeichnete es als Unding, dass die Mittel für das BBK in den letzten zwei Jahren jeweils um mehr als 20 Prozent gekürzt worden seien. „Da ist auch der für 2025 geplante Mittelaufwuchs nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die jetzt geplante Aufstockung ist nicht mehr als ein nachgezogener Ausgleich“, so

der CSU-Inneminister. In Bayern fehlten derzeit 36 Prozent beziehungsweise 295 von 828 Einsatzfahrzeugen des Bundes aus dem sogenannten „ergänzenden Katastrophenschutz“. Von der ergänzenden Ausstattung des Bundes für den Katastrophenschutz der Länder – immerhin 5.700 Fahrzeuge –seien erst zwei Drittel ausfinanziert, heißt es aus München. Das

Bundes gerade so gesichert werden kann, so bleibt doch völlig offen, wo das Geld für die Zeitenwende herkommen soll bzw. wie eine Folgeregierung das auftreiben kann. Allein der Einzelplan 14 (Verteidigung) soll bis 2028 auf 80 Milliarden anwachsen, notwendigerweise gefolgt von den Mitteln für die zivile Verteidigung: Warnung der Bevölkerung, Bevorratung von

„Es ist ungerecht und unverständlich, dass bei der Humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit angesichts der vielen globalen Krisen gekürzt wird.“

Sven-Christian Kindler, Bündnis 90/Die Grünen

Geld reiche zwar, um den Standard zu halten, jedoch nicht, um der Zeitenwende gerecht zu werden. Die Grundlagen dafür fi nden sich in den Rahmenrichtlinien für die Gesamtverteidigung (RRGV). In diesem Papier sind eine ganze Reihe von Aufgaben ziviler Behörden definiert. Diese reichen von der Unterstützung der Bundeswehr im Ernstfall, der Aufrechterhaltung von Staats- und Regierungsfunktionen bis hin zur Versorgung der Bevölkerung. Alles Aufgaben, die innerhalb von fünf Jahren bearbeitet werden müssen. So schreiben es die Rahmenrichtlinien vor.

Unterschiedliche Wege führen zum Ziel

Wenn mit der knappen Milliarde die Betriebs- und Einsatzfähigkeit der Sicherheitsbehörden des

Lebensmitteln, Wasser und Sanitätsmaterial, Unterstützung für die Bundeswehr bei Transport und Logistik, Sicherung der Regierungsfähigkeit, also Ausweichsitze und vertrauliche Kommunikation usw. Mindestens zehn Milliarden auf zehn Jahre ist die Forderung der Experten. THW-Präsidentin Sabine Lackner fordert 3,50 Euro pro Bürger und Jahr, die THW-Helfervereinigung fordert zwei Prozent von zwei Prozent und das Deutsche Rote Kreuz (DRK), hier Generalsekretär Christian Reuter, schlägt 0,5 Prozent des Bundehaushalts für Katastrophen- und den damit eng verwobenen Zivilschutz vor, also zwei Milliarden pro Jahr. Egal welche Berechnungsgrundlage angewandt wird, sie führt für alle zum gleichen Ergebnis: mehr Geld für Sicherheit.

Titelbild: BS/Hoffmann unter Verwendung von donatas1205, Jiri Hera, aekkorn; alle stock.adobe.com

Auf

einer öffentlichen Sachverständigen-Anhörung im Innenausschuss des Bundestags konnte man im April dieses Jahres zum Thema Palantir das breitgefächerte Meinungsspektrum der Akteure aus Politik, Polizei und Wirtschaft live verfolgen. Initiiert hatte das Meeting die CDU/CSU-Fraktion, die das zuständige Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) zur Freigabe des Einsatzes der „polizeilichen Analyse-Software Bundes-VeRA“ im Bund drängt, um die „Handlungsfähigkeit der Strafverfolgungsbehörden zu sichern“.

Pro und Kontra der Experten

Die Polizei in Bund und Ländern ist von den Suchergebnissen und dem praktischen Nutzen der Palantir-Software überaus angetan. Deren Suchmechanismen kombinieren hocheffizient Funde aus den unterschiedlichsten unstrukturierten Datenbeständen – seien diese behördenintern oder stammten sie aus externen Quellen oder dem World Wide Web. Besonders beeindruckt sind die Einsatzkräfte von der ungewohnt nutzerfreundlichen Oberfläche, die die Interpretation der Daten erleichtert. Im Bundestag trat der Bund Deutscher Kriminalbeamter e. V. (BDK) daher vehement für die „flächendeckende Implementierung“ ein.

IT-Experten aus Industrie und Forschung äußern sich deutlich zurückhaltender: Die machtvolle Künstliche Intelligenz (KI), die hinter den Programmen der US-amerikanischen Firma steckt, bietet längst nicht mehr das überlegene Alleinstellungsmerkmal wie noch vor wenigen Jahren. Zu rasant entwickeln sich die technischen Analysefähigkeiten der KI, global getrieben von neuen Playern, teilweise auch aus Europa. Sprecher der Branchenverbände Bitkom und BDSV (Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie) verknüpften bei der Anhörung im Bundestag nachdrücklich die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit mit der politisch angestrebten Wahrung

„Das Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz stellt die wichtigste Gesetzgebungsinitiative zur Bekämpfung von Finanzkriminalität in dieser Legislatur dar“, betonte der parlamentarische Finanz-Staatssekretär Florian Toncar (FDP) auf Anfrage des Behörden Spiegel. Im Zentrum des Gesetzes stehe das Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF), welches in Köln und Dresden angesiedelt werden soll. Ziel der neuen Behörde sei es, die drei Säulen der Geldwäschebekämpfung (Analyse, Ermittlungen und Aufsicht) unter einem Dach zu bündeln. Die Zuständigkeiten des BKAs und des Zollkriminalamts (ZKA) für die Ermittlung vortatenbezogener Geldwäsche blieben bestehen. Neu besetzt würden jedoch die Schnittstellen zwischen BBF und BKA bzw. ZKA. Alle relevanten Akteure seien vor diesem Hintergrund bereits von Beginn an in die Arbeiten zur Errichtung des BBF eng eingebunden worden.

KLOSTER-KLAUSUR:

27. – 29.08. 2024

Eine komplizierte Geschichte

Die Diskussion um das Thema Palantir

(BS/Barbara Held) Auch ohne eine Softwarefirma namens Palantir wäre die Harmonisierung der deutschen Polizei-IT im Programm P20 ein komplexes Unterfangen. Die andauernde Auseinandersetzung um die machtvolle US-amerikanische Recherche- und Analyseplattform führt in einem aktuell wichtigen Modernisierungsbereich regelrecht zum Stillstand.

technologischer Souveränität in kritischen Bereichen, wie sie die Nationale Sicherheitsstrategie von 2023 propagiert. Mit ihnen plädierte die deutsche Sicherheitsfirma Secunet für den Aufbau einer Recherche- und Analyseplattform durch deutsche bzw. europäische Firmen. Am kritischsten ist der Blick der Datenschützer, die bei ungeregeltem Einsatz von Palantir wie auch bei anderen Recherche- und Analyseplattformen den Schutz der Grundrechte in Gefahr sehen.

Palantir im Einsatz Dabei sind in einzelnen Bundesländern kundenspezifisch angepasste Palantir-Programme längst im Einsatz: In Wiesbaden weiß die Polizei von Fahndungserfolgen mit „Hessen-Data“ zu berichten. NRW betreibt ebenfalls eine Palantir-Version, Projektname: „DAR“ (Datenanalyse und Recherche). Auch Hamburg plant die Implementierung einer eigenen Instanz.

kDie aktuelle politische Auseinandersetzung entstand aus einer bayerischen Ausschreibung für eine Recherche- und Analyseplattform von 2022, die von Palantir gewonnen und vom Bayerischen Landtag im Juni gesetzlich unterlegt wurde. Durch die von vornherein geplante Öffnung des Vertrags für alle P20-Teilnehmer steht das Ergebnis unter dem Namen VeRA allen Bundesländern sowie dem Bund zur Verfügung. P20 untersuchte daraufhin die Möglichkeit einer „Bundes-VeRA“, die als zentrale Verbund-Plattform allen beteiligten Polizeien zur Verfügung stehen würde.

Vorläufiges Aus für Bundes-VeRA Auf der Tagesordnung des P20Verwaltungsrats tauchte das Thema Bundes-VerRA wiederholt auf, ohne dass Grundlegendes entschieden wurde.

Innenministerin Nancy Faeser hat im Sommer 2023 ein Machtwort

Bild: BS/visual_ideas, stock.adobe.com

gesprochen und entschieden, dass zumindest der Bund Palantir nicht einsetzen wird, da die Nutzung der Software mit erheblichen datenschutzrechtlichen, rechtlichen und sicherheitspolitischen Bedenken verbunden sei. Damit wurde auch das P20-Projekt der „Bundes-VERA“ obsolet, die über Bund-LänderGrenzen hinweg komplexe polizeiliche Recherchen möglich machen sollte.

Das BMI hat sich zugunsten einer herstellerunabhängigen Entwicklung entschieden. In Zusammenarbeit mit geeigneten Industriepartnern sollen die benötigten Recherche- und Analysekapazitäten in eigener digitaler Kompetenz entwickelt werden. Gern wird in der anschließenden Debatte das Ende der Saarbrücker Agenda prophezeit, die allen polizeilichen Einsatzkräften optimale Informations- und Kommunikationsinfrastruktur verspricht. Übergangen wird dabei, dass P20 den Neuauf-

Der Streit um Zuständigkeiten

Neues Gesetz gegen Finanzkriminalität soll Zusammenarbeit der Behörden erleichtern

(BS/Mirjam Klinger) Bereits im Dezember 2023 diskutierte der Bundestag erstmalig über den Entwurf des Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetzes (FKGB) der Bundesregierung. Es folgte wiederkehrende Kritik seitens der Opposition. Im Fokus stehen dabei die Auswirkungen auf die betroffenen Behörden wie den Zoll oder das Bundeskriminalamt (BKA).

bau des gesamten polizeilichen Informationswesens in Deutschland zum Ziel hat. Die Recherche- und Analyseplattform war dabei immer nur ein, wenn auch besonders leistungsfähiges, Modul, das auf Einsätze in der Terrorismusbekämpfung und in Bereichen der Schwerkriminalität zielte. Entsprechend ist die Nutzung auf gesetzlich genau definierte Rechercheanlässe sowie auf einen kleinen Personenkreis von spezialisierten Ermittlern beschränkt.

Wie geht es weiter?

Palantir ist aber viel mehr als ein Lieferant performanter Software. Wie der deutsche Dokumentarfilm „Watching you: die Welt von Palantir und Axel Karp“ eindrücklich zeigt, verfolgt sein auf höchster US-Ebene bestens vernetztes Führungspersonal auch eigene politische Vorstellungen. Der Einsatz in der zentralen IT-Infrastruktur polizeilicher Aufklärung Deutschlands wirft also vielfältige Fragen auf. An der Ablehnung einer BundesVeRA auf Basis von Palantir durch das BMI hat sich im Übrigen nach der Sitzung des Innenausschusses nichts geändert. Derzeit werden in Polizei- wie Industriekreisen mögliche Alternativen diskutiert. Bei P20 fehlen für weiterführende Aktivitäten die nötigen Haushaltsmittel. Dem Vernehmen nach will man nächstes Jahr in weitere konzeptionelle Erwägungen für den Bereich Datenauswertung und Analyse investieren, um die Funktionalität im künftigen P20-Datenhaus gesetzeskonform darstellen zu können. Darin enthalten ist dann aber noch nicht das eigentliche System, mit dem die Daten bewirtschaftet und ausgewertet werden können. Da bleibt noch viel Raum für weitere Initiativen kompetenter IT-Unternehmen. Ohne eine strategische Vision und die dazugehörige haushalterische Ausstattung vonseiten der politisch Verantwortlichen entsteht daraus allerdings nur eine Endlosschleife ergebnisloser Diskussionen.

offenbar politische Spielchen Vorrang vor der effektiven Geldwäschebekämpfung haben“, kritisierte der BDZ.

ten suchen dürfe, wenn er Hinweise darauf erhalte, dass ein Vermögenswert aus einer Straftat herrühren könnte. „Was wir bräuchten, wäre dagegen eine Behörde, die sich von Amts wegen systematisch auf die Suche nach Verdachtsmomenten macht“, so der Juraprofessor.

Erhebliche Mehrbelastung

vorgesehen ist“, thematisierte der BDZ. Dieser „Kompetenz-Flickenteppich“ dürfe langfristig so nicht stehen bleiben. Die Zollbehörden selbst würden durch das neue Gesetz eine erhebliche Mehrbelastung erhalten. „Zum einen, weil der Aufbau der neuen Behörde personell und materiell zulasten des Haushalts der Zollverwaltung geht. Zum anderen, weil das BBF die Befugnis erhalten wird, Einsatz- und Ermittlungsunterstützung beispielsweise von der Zollfahndung anzufordern“, konkretisierte die Pressestelle des BDZ. Es sei davon auszugehen, dass die Ermittlungsverfahren des BBF im Zuge immer weiter steigender Verdachtsmeldungen erheblich über das heutige Volumen von Verfahren hinausgehen werden.

Verzögerungen für das FKBG

KLOSTER DRÜBECK, HARZ

Mitte Juli hatte die Ampel-Fraktion gemeinsam im Finanzausschuss für das Gesetz gestimmt. Doch anschließend verhinderten die Grünen die endgültige Verabschiedung in der letzten Bundestagswoche vor der Sommerpause. „Im Sinne einer nachhaltigen Verfolgung von Finanzkriminalität brauchen wir nicht nur ein neues Bundesamt, sondern auch personelle Ressourcen, Befugnisse und Kompetenzen auf solider gesetzlicher Grundlage“, kommentierte Madeleine Henfling, innenpolitische Sprecherin der Grünen im Thüringer Landtag. Die Umsetzung des FKBG steht vor großen Herausforderungen. Während die Zielsetzung, die Geldwäschebekämpfung in Deutschland zu verbessern, auf breiten politischen Konsens stößt, bleibt die praktische Umsetzung umstritten.

www.fuehrungskraefte-forum.de; Suchwort: Kloster

Kritik an den neu geregelten Zuständigkeiten kam vorwiegend seitens der Unionsfraktion. Diese hatte Mitte Juli in einer Anfrage an die Bundesregierung konkrete Änderungen gefordert. So sollten unter anderem die bisher über Polizei- und Zollbehörden zerstreuten polizeilichen Kontroll-, Fahndungsund Ermittlungsdienste „zu einer geschlossenen und schlagkräftigen Zollpolizei im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen“ gebündelt werden. Laut Prof. Dr. Kilian Wegner, Juniorprofessor für Strafrecht, Strafprozessrecht und Wirtschaftsstrafrecht an der Europauniversität Viadrina Frankfurt (Oder), sind bereits im Vorfeld der Reform verschiedene Modelle zur Reformierung der deutschen Geldwäscheabwehr diskutiert worden, darunter auch die Schaffung einer aus dem Zollkriminalamt heraus entwickelten Finanzpolizei. Jedoch habe sich dieses Modell in der Diskussion nicht durchsetzen können. Wegner selbst begrüßt die geplante Schaffung einer Zentralstelle für Geldwäscheaufsicht. Kritik äußert er aber daran, dass auch nach dem Entwurf des FKBGs der Staat erst nach verdächtigen Vermögenswer-

Die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ) befürwortet die Bündelung der Kompetenzen in einer neuen Behörde, sieht jedoch Probleme in der mangelnden Kernkompetenz des BBF. Dies könnte zu fortbestehenden Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Behörden führen, teilte der BDZ dem Behörden Spiegel mit. Hier müsse das FKBG eine Antwort finden. Laut dem BDZ sind zwar bis zu drei gemeinsame Ermittlungsgruppen zwischen BBF, BKA und ZKA mit Schnittstellen zu Strafverfolgungsbehörden der Länder vorgesehen, jedoch im Gesetz selbst aktuell noch nicht geregelt. „Unklar bleibt, wie dabei die Zusammenarbeit bezüglich des Datenaustauschs mit europäischen und internationalen Partnern (z. B. Europol) abläuft und ob dafür ein einheitlicher Ansprechpartner

Um diese Mehrbelastung zu bewältigen, benötige es jedoch modernster Analysemethoden wie Künstlicher Intelligenz in allen Anti-Geldwäsche-Einheiten des Zolls. „Der BDZ sieht aktuell mit großer Sorge, dass solche Sachfragen auf politischer Ebene zu wenig Berücksichtigung finden und stattdessen

17.– 18. September, Fulda und virtuell

Die Bedenken bzgl. Palantir sind nicht ganz unbegründet. Wir wissen schließlich nicht, wer noch zuschaut.

Nur anderthalb Wochen nach dem Angriff in Mannheim stach ein 19-jähriger Afghane unvermittelt mit einem Cutter-Messer am Frankfurter Mainufer auf eine Frau ein und verletzte sie schwer. Nur wenige Tage später erfolgte der Messerangriff eines 27-jährigen Afghanen auf einer EM-Party in Wolmirstedt. Zuvor hatte er bereits einen 23-jährigen Landsmann getötet. Der Täter wurde durch Polizeibeamte erschossen, als er auch diese angreifen wollte. Ende Juni attackierte in Stuttgart ein 25-jähriger Syrer in der EM-Fanzone drei Männer mit einem Messer und verletzte sie zum Teil schwer. Anfang Juli griff dann ein 34-jähriger Iraner mit einem Messer Kräfte der Bundespolizei an. Eine Beamtin schoss daraufhin auf den Angreifer und verletzte ihn tödlich. Mitte Juli wurde ein Dozent einer Musik- und Volkshochschule in Wedel Opfer eines Messerangriffs zweier syrischer Brüder. Ob es sich um gezielte und geplante Angriffe oder Affekttaten handelt: Es fällt auf, dass es sich bei den Tätern zuletzt oft um junge Männer aus dem Nahen Osten handelte. Natürlich muss man nicht das Klischee des „südländischen Messermannes“ bedienen. Jedoch warnen Experten, dass es durchaus eine Kultur unter jungen Geflüchteten gebe, Messer mit sich zu führen. Dies gilt aber nicht nur für junge Migranten: Vielmehr strahlen Waffen im Allgemeinen eine Faszination auf junge Männer insgesamt aus. Sie gelten ihnen als Ausdruck von Männlichkeit und Dominanz. Wer ein Messer besitzt oder bei sich trägt, genießt Anerkennung. Gefährlich wird es, wenn in einer Auseinandersetzungen tatsächlich ein Messer gezogen wird. Denn mit einem Messer können lebensgefährliche Verletzungen herbeigeführt werden. Zuletzt war die Zahl der Messerangriffe in Deutschland von 8.160 im Jahr 2022 auf 8.951 im Jahr 2023 gestiegen. Das sind fast 25 Angriffe pro Tag.

Ein generelles Waffenverbot? Der ehemalige Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeam-

Gefährliche Messerattacken

Dem Trend angemessen begegnen

(BS/lm/rup) Der Angriff eines 25-jährigen Afghanen auf fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bewegung Pax Europa (BPE) auf dem Mannheimer Marktplatz, in dessen Verlauf der 29-jährige Polizist Rouven Laur getötet wurde, richtete die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit abermals auf die Gefahr, die von Messern ausgeht. In der Folge erfuhren ähnliche Taten ein großes mediales Interesse.

Ein einfaches Klappmesser kann in den falschen Händen verheerenden Schaden anrichten. Foto:

ter e. V. (BDK), MdB Sebastian Fiedler (SPD), forderte bereits Mitte Juni ein generelles Verbot des Mitführens von Messern im öffentlichen Raum und im ÖPNV. Er plädiert für die Umkehr des Regel-AusnahmeVerhältnisses, denn „wird ein Messer mitgeführt, steigt das Risiko, es in Konfliktsituationen als Waffe einzusetzen“. Eine solche Regelung würde das komplizierte Waffenrecht vereinfachen und dabei helfen, Affekttaten zu verhüten. Gezielte Attentate, wie die Tat in Mannheim, ließen sich mit dieser Verschärfung aber nicht verhindern. Auch

begrenzte Waffenverbotszonen können keinen Schutz vor solchen Taten leisten. Sie dienen lediglich der Erhöhung der Sicherheit an ohnehin kriminalitätsbelasteten Orten. So können Personen in den Verbotszonen verdachtsunabhängig durchsucht werden. Wie aber ist im Ernstfall vorzugehen? Der Schutz und die Sicherheit der Einsatzkräfte haben in dieser Frage Priorität. Der gesamte Oberkörper, vor allem aber der ToraxBereich, ist besonders zu schützen, da Stichverletzungen hier im Grunde immer lebensgefährlich sind.

Auch Glück ist mittlerweile OK

Illegale Glücksspielautomaten auf dem Vormarsch (BS/Uwe Proll) Aus Überlieferungen von Homer wissen wir, dass die alten Griechen dem Glücksspiel heftig frönten. Sie durften es nur an vorgegeben Orten. Die Römer waren strenger, erließen Verbote und lizenzierten Spielräume, um die Staatskasse zu füllen. Da sind wir dann schon ganz nah an der heutigen Realität.

Der deutsche Staat in Gestalt der Bundesländer, ist der mit Abstand größte Glücksspielanbieter mit Lotterien. Diese machen 43 Prozent des gesamten milliardenschweren Markts aus. Der Staat ist Anbieter und Regulator zugleich. Moniert durch die EU-Kommission musste ein neuer Staatsvertrag her, dafür zuständig sind die Länder. In der Folge wurden im Online-Bereich neue Spielformen zugelassen. Aber alle nur mit einer Lizenz einer dafür neu geschaffenen Behörde. Dies war trotz etlicher Umsetzungsprobleme eine gute Idee, um des illegalen Glücksspiels Herr zu werden. Zudem: Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wollte das illegale Glücksspiel aus der Strafprozessordnung ins Ordnungsrecht herabstufen. Das hat die Ampelkoalition gekippt. Doch die Realität hat den gedanklichen Ansatz, den unregulierten Markt besonders über lizenzierte Online-Angebote zu regulieren, konterkariert. Denn im Markt mit Glücksspielautomaten – 26 Prozent des Gesamtvolumens – macht sich seit Langem die Organisierete Kri-

minalität breit und erwirtschaftet in diesem Milliardengeschäft nach Einschätzung des Landeskriminalamtes (LKA) NRW einen Großteil ihrer Einnahmen zur Finanzierung weiterer Straftaten. Es werden Glücksspielautomaten eingesetzt, die die gesetzlichen Vorgaben wie Einsatz- und Gewinnhöhen überschreiten. Entweder sind die Spielgeräte manipuliert oder stammen aus staatlichen Spielcasinos aus Albanien, der Türkei oder anderen Ländern.

Manipulierte Automaten

In einer internen Studie des LKAs NRW heißt es, dass häufig eine legale Fassade wie eine Gaststätte genutzt werde, um illegales Glücksspiel mit dann auch noch manipulierten Automaten anzubieten. Doch auch Poker und andere Spiele werden in „Pop-up-Casinos“ angeboten. Durch Mundpropaganda werden die Spieler gewonnen, die sich dann in privaten Räumlichkeiten oder geschlossenen Gaststätten versammeln. Das LKA NRW geht in seiner internen Einschätzung davon aus, dass die mangelnde Sachkenntnis

über manipulierte Automaten und der mangelhafte Informationsaustausch zwischen Polizeibehörden, Finanzermittlern und kommunalen Ordnungsbehörden die Möglichkeiten des Vorgehens gegen illegales Glücksspiel, in NRW durch Clans und Rocker betrieben, bremsten.

Organisierte Banden bieten mit illegalen und oftmals manipulierten Geräten unreguliertes Glücksspiel an. Diese Möglichkeit spricht insbesondere pathologische Spieler an. Foto: BS/Kostya, stock.adobe.com

Bitter die Schlussfolgerungen des LKAs NRW: Es fehle nicht nur an Fachwissen, sondern auch an querschnittlicher Zusammenarbeit, ja es fehle selbst an Lagerraum für illegal betriebene und beschlagnahmte Automaten.

fahr, die beim Einsatz eines Messers immer vorhanden ist, könnte hier mehr Berücksichtigung finden. Beispielsweise könnte der Tatbestand des Messereinsatzes grundsätzlich über eine gefährliche Körperverletzung hinausgehen und eine entsprechende Mindeststrafe festgesetzt werden. Derzeit muss dem Täter die Tötungsabsicht erst nachgewiesen werden.

Schusswaffengebrauch unausweichlich

Er kann mithilfe einer stichfesten Schutzweste geschützt werden. Der Halsbereich bleibt hier aber weiterhin vulnerabel. Aber auch im Oberschenkel- und Unterarmbereich verlaufen Arterien. Sollte ein informierter Angreifer diese Stellen gezielt attackieren, drohen lebensgefährliche Verletzungen. Dies hat die Tat von Mannheim gezeigt. Messerangreifer sind daher unbedingt auf Distanz zu halten. Um eine größere Abschreckung der Täter zu erreichen, müsste die Straffolge in den Fokus gerückt werden. Die grundsätzliche Ge-

Der Schutz des Angegriffenen hat oberste Priorität. Handelt es sich um einen Bürger, eine Rettungskraft oder eine Feuerwehrfrau ist nur die Flucht sinnvoll, denn Auseinandersetzungen mit Messern lassen sich nicht ohne Verletzungen überstehen. Doch was ist mit den Polizeivollzugsbeamten? Selbstschutz durch stichsichere Westen ist nur eine Option, wie bereits ausgeführt. Der Schusswaffengebrauch ist bei einem Angreifer, der mit einem Messer oder einer Machete droht, häufig die letzte, unausweichliche Option. Und so ist es leider in der polizeilichen Praxis auch gekommen. Das hat allerdings Konsequenzen für Ausbildung und auch Training. Galt bisher beim Schusswaffeneinsatz, Kopf- und Thoraxbereich nicht anzuzielen, könnte sich das notwendigerweise ändern, denn ein am Bein oder Arm angeschossener Messerangreifer bleibt weiter gefährlich. Eine solche Entwicklung ist keine Ausbildungs- und Trainings-Petitesse. Die Einstellung beim Dienstwaffengebrauch muss sich bei der Schutzpolizei ändern. Dass dies intensivere psychologische Betreuung nach sich zieht, versteht sich. In Berlin hatten letztes Jahr 53 Prozent der Messertäter keinen deutschen Pass, von den restlichen 47 Prozent hatten 16 Prozent neben dem deutschen auch einen zweiten Pass. Einige Kriminologen treten den Zahlen entgegen und sehen Motive im sozialen Umfeld. Anderseits ist in der kriminologischen Forschung bekannt, dass bestimmte Gewaltformen kulturellen Faktoren unterliegen.

BS/Shutter2U, stock.adobe.com

Die Zentralstelle Cybercrime Bayern ist deshalb vor mehreren Jahren dazu übergegangen, interessante Forschungsprojekte, die das Potenzial haben, Lücken im forensischen Werkzeugkasten zu füllen, in einem kollaborativen Prozess mit Partnern aus der Wissenschaft aufzugreifen, in konkreten Ermittlungsverfahren zu testen und zu praxistauglichen Tools weiterzuentwickeln.

Zahlreiche Kooperationen

Bereits seit 2020 kooperiert die Zentralstelle Cybercrime Bayern, unterstützt durch das Bayerische Staatsministerium der Justiz, sehr erfolgreich mit der niederländischen Forschungsgesellschaft TNO, um mit dem „Dark Web Monitor“, das Dark net für Ermittler recherchierbar zu machen. Es folgte 2022 eine Kooperation mit dem Complexity Science Hub aus Wien mit dem Ziel, das Blockchain-Analysetool „Graph Sense“ mit Funktionalitäten anzureichern, die eine ressourcenschonende Analyse von Kryptowährungstransaktionen in der täglichen Praxis ermöglichen. Mit dem Austrian In stitute of Technology wird seit 2023 daran gearbeitet, einen KI-basierten „Fakeshop Detector“ an die Bedürfnisse der Strafverfolgungsbehörden anzupassen, so dass diese frühzeitig flüchtige Online-Spuren sichern und zu besseren Ermittlungsergebnissen kommen können. Dasselbe Ziel verfolgt eine 2024 durch den bayerischen Justizminister Georg Eisenreich (CSU) besiegelte weitere Kooperation mit TNO zur Pilotierung des Tools „BigPhish“ im Kampf gegen

Die beiden am häufigsten genannten Herausforderungen waren erstens die schiere, ständig ansteigende Last an zu untersuchenden Asservaten in ihrer Zahl und Verschiedenheit und die damit verbundene Personalknappheit. Als genauso herausfordernd wurden aber neue kryptografische Verfahren wie Secure Elements und Trusted Platform Modules in den Asservaten angesehen. Waren in der Vergangenheit Asservate zur Auswertung durch die Digitale Forensik vor allem mit Straftaten im Bereich Cybercrime verbunden, gibt es 2024 kaum noch ein Strafverfahren, das ohne Asservate für die Digitale Forensik auskommt. Smartphones sind zu alltäglichen digitalen Begleitern geworden und in fast jedem Strafverfahren eine wichtige Spur. Hinzu kommt die steigende Digitalisierung im Bereich des Internets of Things, die der Polizei einen schier unendlichen „Zoo“ an verschiedensten Asservaten beschert. Allein die Software des israelischen Herstellers Cellebrite (Weltmarktführer im Bereich Mobilfunkforensik) wurde im Jahr 2023 in mehr als 2,5 Mio. Ermittlungen eingesetzt. Dazu kommen noch die Verfahren, in denen Konkurrenzprodukte eingesetzt wurden oder nicht das Smartphone die Spur war. Hinzu kommt der Fakt, dass kaum ein Ermittlungsverfahren mit einem einzigen Asservat daherkommt.

Die Ermittlungsbehörden antworten auf diese Herausforderung mit Automatisierung. Immer wieder

Prof. Dr. Christian Hummert ist der Forschungsdirektor der Agentur für Innovation in der Cybersicherheit GmbH in Halle und Honorarprofessor an der Hochschule Mittweida.

Foto: BS/Andreas Stedtler, Cyberagentur

Forschungsbereich Digitale Forensik

Eine Bestandsaufnahme aus Sicht der Strafverfolgung

(BS/Thomas Goger) Cybercrime im engeren Sinn, aber auch andere Formen von technologieunterstützter Kriminalität, erfordern in ihrer Aufklärung regelmäßig technische Lösungen. Auf dem diversifizierten Markt für Digitale Forensik existieren zahlreiche Tools, die sich für viele Anwendungsszenarien als Quasi-Standard etabliert haben. Gleichwohl bleiben die Ermittlungsbehörden mit Herausforderungen konfrontiert, auf die es inhaltlich zufriedenstellende und skalierbare Antworten noch nicht gibt, weswegen eigene Forschungs- und Entwicklungsarbeit unabdingbar ist.

das Phishing von Zugangsdaten für Online-Banking-Dienste.

All diesen Partnerschaften ist gemein, dass sich aus Ermittlungsverfahren heraus ein konkreter Bedarf für maßgeschneiderte Lösungen ergeben hat, aufgrund der breiten Vernetzung der Zentralstelle Cybercrime Bayern in die internationale Forschungslandschaft taugliche Forschungsprojekte bekannt waren und dass die Bereitschaft auf beiden Seiten besteht, in einem dynamischen und an die tägliche Ermittlungsarbeit rückgekoppelten Entwicklungsprozess vor allem die Bedürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung in den Blick zu nehmen. Entstanden bzw. im Entstehen begriffen sind so passgenaue technologische Lösungen, die über entsprechende SpinOffs der nationalen und internationalen Law-Enforcement-Community im Kampf gegen Hightech-Kriminalität zur Verfügung stehen. Unabhängig davon, ob im forensischen Alltag Eigenentwicklungen, die Resultate von Entwicklungskooperationen oder kommerzielle Lösungen zum Einsatz kommen, stellen sich die gleichen Heraus-

forderungen: Die Erkenntnisse, die durch den Einsatz dieser Werkzeuge gewonnen werden, müssen nachvollziehbar und erklärbar sein. Dies gilt auch dort, wo Geschäftsgeheimnisse berührt sind oder Methoden aus dem breiten Arsenal der Künstlichen Intelligenz zum Einsatz kommen. Für den staatsanwaltschaftlichen oder richterlichen Entscheider, aber auch für eine wirksame Verteidigung müssen Funktionsweisen und Heuristiken zumindest in ihren Grundzügen transparent und verständlich gemacht werden. Echte „Black Boxes“, die aus Eingabedaten Ergebnisse ableiten, ohne dass der Weg dahin transparent wird, sind in einem rechtsstaatlichen Ermittlungsverfahren kaum denkbar. Hinzu kommt, dass ein Mindestmaß an Interoperabilität der verwendeten Werkzeuge gegeben sein muss. Nicht nur in komplexen Cybercrime-Verfahren sind Datenquellen und Datenarten heterogen, so dass neben mächtigen Forensik-Plattformen auch spezialisierte Tools zum Einsatz kommen müssen. Dies setzt aber, gerade wenn es um die Analyse von Massendaten geht, voraus, dass

eine sinnvolle Verknüpfung der Tools im Idealfall über entsprechende Programmierschnittstellen leicht und schnell umsetzbar ist.

Massendaten erfassbar machen Für grundlegende Herausforderungen fehlen indes – ungeachtet vollmundiger Marketing-Versprechen der Tool-Hersteller – noch wirklich valide Ansätze. Die immense Datenflut, regelmäßig im Umfang mehrer Terabytes, mit der Ermittler auch in alltäglichen Verfahren konfrontiert sind, bringt auf allen Stufen des forensischen Prozesses noch erhebliche Schwierigkeiten mit sich. Monatelange Auswertezeiten, etwa in Verfahren wegen des Besitzes kinderpornografischer Inhalte, sprechen ein beredtes Zeugnis. Es bleibt abzuwarten, ob neue Ansätze aus dem Bereich der KI-Forschung, wie etwa die „Retrieval-Augmented Generation“, in Zukunft Abhilfe schaffen können. Die Hypothese, mit einer Verzahnung der Fähigkeiten von großen Sprachmodellen und einem forensisch aufbereiteten Datenbestand bessere Analysezugänge zu schaffen, erscheint jedenfalls vielversprechend. Keine wirkliche Antwort gibt es zudem auf den allgegenwärtigen Einsatz von wirksamer Verschlüsselungstechnologie. Cloud-Speicher, IT-Geräte und Datenbestände aller Art sind heutzutage oftmals schon ab Werk verschlüsselt. Was aus Gründen der IT-Sicherheit zu begrüßen ist, schützt in der Praxis allerdings auch Kriminelle. Die Menge an Beweismitteln, die sich so einer Auswertung bereits im Ansatz entziehen, wächst beständig. Das weite Feld der digitalen Forensik bleibt also spannend. Die Strafverfolgungsbehörden haben in den letzten Jahren in technischer Hinsicht deutlich aufgeholt. Die Vernetzung mit der Forschungscommunity ist besser geworden, Ermittler und Staatsanwälte sind auch in technischer Hinsicht „sprachfähig“. Mit technischem Verständnis, einer ausgeprägten Innovations-, aber auch einer gewissen Risikobereitschaft werden sich auch auf neue Herausforderungen die richtigen Antworten finden lassen.

Herausfordernde Asservate

Lösungsansätze für die digitale Forensik (BS/Christian Hummert) Auf dem 9th INTERPOL Digital Forensics Expert Group Meeting, das vom 19. bis 21. Juni 2024 in Edinburgh stattfand, trafen sich Experten aus dem Feld der Digitalen Forensik aus aller Welt. Dort wurde eine Umfrage durchgeführt, die die aktuell größten Herausforderungen für die Digitale Forensik erfragte.

wird vom sogenannten NintendoForensiker gesprochen, der nur noch eine Software bedienen kann, aber kein tieferes Verständnis von den dahinterliegenden Vorgängen und den möglichen digitalen Spuren hat. Das ist fatal, denn digitale Spuren können leicht gelöscht oder verändert werden, was die Beweissicherung erschwert. Zudem erfordert die Analyse großer Datenmengen leistungsstarke IT-Systeme und spezialisierte Software, was zusätzliche technische und finanzielle Ressourcen beansprucht.

Noch kritikwürdiger ist das verstärkte Outsourcing von Analysen in der Digitalen Forensik an privatrechtliche Dienstleister. Die Verfolgung von Straftaten ist eine originäre hoheitliche Aufgabe und kann nicht an Firmen, die im schlimmsten Fall im Ausland sitzen, übertragen werden.

Fachkräftemangel in Behörden Hier müssten schlicht mehr Fachkräfte in den Behörden eingesetzt werden. Dies stellt aber zumindest die Behörden in Deutschland vor erhebliche Probleme. In vielen Bundesländern werden die in der Digitalen Forensik eingesetzten Angestellten und Beamten nicht in den höheren Dienst eingruppiert. Dazu kommt die Starrheit des TVöD, die es nicht erlaubt, einen brillanten Hacker, der vielleicht keinen Master-Abschluss hat, auch adäquat zu bezahlen. Oft werden Experten teuer von der öffentlichen Hand ausgebildet und wechseln dann in die Wirtschaft, wo sie deutlich mehr Lohn bekommen. Ein weiteres Problem ist die internationale Zusammenarbeit, da Cyber-Kriminalität keine Grenzen kennt und eine enge Kooperation zwischen

verschiedenen Ländern notwendig ist. Schließlich müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen ständig an die neuen technischen Herausforderungen angepasst werden, um eine effektive Strafverfolgung zu ermöglichen.

Lösungen liegen vor allem in der Ausbildung von mehr Experten und hier ist es begrüßenswert, dass immer mehr Hochschulen inzwischen eigene Studiengänge für die Digitale Forensik gegründet haben und solche Experten ausbilden. An zweiter Stelle muss der Stellenwert dieser Experten mehr gewürdigt und der TVöD hier flexibilisiert werden.

Das andere große Problem für die Digitale Forensik ist der inzwischen allgegenwärtige Einsatz von Kryptografie. Wurde bis in die 1990er Kryptografie vor allem durch Nachrichtendienste und das Militär genutzt, findet sie sich jetzt in jedem Device. Das ist auch gut so, weil es unsere Kommunikation sicher macht und die Bürger und Bürgerinnen vor Cyber-Angriffen und Ausspähungen schützt. Leider schützt der Einsatz dieser Verfahren aber auch die Telefone und Speichermedien von Kriminellen vor dem berechtigten Zugriff durch die Polizei. Die Politik hat hier keine guten und zukunftsweisenden Antworten gefunden. Einerseits ist das Eckwertepapier der Bundesregierung zur Kryptopolitik auf das Jahr 1999 datiert. Andererseits fehlt eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, welche Befugnisse Strafverfolgungsbehörden und Nachrichtendienste haben sollen und welche nicht. Dogmatische Haltungen, wie sie bei den Verfechtern beider Seiten vorherrschen, sind hier nicht hilfreich.

Bis es hierfür eine politische Lösung gibt, bleiben nur technische Lösungen, die aber zunehmend kompliziert werden. Es ist gut, dass in Deutschland mehrere Stellenwie das Kriminaltechnische Institut im

Thomas Goger ist Leitender Oberstaatsanwalt und seit 2015 stellvertretender Leiter der Zentralstelle Cybercrime Bayern sowie assoziierter Wissenschaftler am Graduiertenkolleg „Cyberkriminalität und Forensische Informatik“ an der Friedrich-AlexanderUniversität Erlangen-Nürnberg.

Foto: BS/Goger

Bundeskriminalamt, die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS) und die Agentur für Innovation in der Cybersicherheit (Cyberagentur) die Entwicklung und Erforschung technischer Lösungen für die Digitale Forensik vorantreiben. Förderlich wäre aber noch eine zentrale Stelle, die analog zum niederländischen NFI als behördlicher, neu traler und professioneller Anbieter forensische Analysen und gutachterliche Tätigkeiten übernimmt.

DIGITALE FORENSIK

Entwicklung und Optimierung des Prozesses

Integrierte KI-basierte Analyse Erstellung gerichtsverwertbarer Gutachten Deutschsprachige Herstellerschulungen

it-forensik@sva.de

www.sva.de

Behörden Spiegel: Die Pandemie ist nun seit etwas über einem Jahr für beendet erklärt worden. Ist Corona noch ein Thema im Öffentlichen Gesundheitswesen?

Prof. Dr. Dagmar Starke: Das Thema ist nicht so dominant wie zu Zeiten der Pandemie, gleichwohl erfolgt ein Monitoring der Fallzahlen durch das Robert Koch-Institut (RKI), basierend auf einer genomischen Surveillance und dem Abwassermonitoring. Derzeit bewegen sich die Fallzahlen insgesamt auf niedrigem Niveau, es ist jedoch von einer Dunkelziffer auszugehen, da weniger Menschen sich bei einer Atemwegserkrankung selbst testen. Abgesehen vom Infektionsgeschehen selbst spielen andere Aspekte der Pandemie in den Institutionen des Öffentlichen Gesundheitswesens eine Rolle, etwa die hohe Arbeitslast während der Pandemie und damit einhergehend Mehrarbeitsstunden, aber auch die psychosoziale Belastung der Kolleginnen und Kollegen und Effekte, die wir als Syndemie bezeichnen. Dieser Begriff meint, dass insbesondere strukturell und sozioökonomisch benachteiligte Bevölkerungsgruppen neben einer höheren COVID-19-Morbidität und Mortalität auch in anderen gesundheitlichen Bereichen stärker belastet waren und sind.

Behörden Spiegel: Aus dieser damals neuen Situation sind viele Maßnahmen entstanden. Wie bewerten Sie diese rückblickend? Welche würden Sie erneut zum Einsatz bringen? Was ist aus der Pandemie übrig geblieben?

Prof. Starke: Wir müssen die unterschiedlichen Wellen und Virusvarianten bei einer Bewertung in den Blick nehmen. Zu Beginn der Pandemie war wenig über SARS-CoV-2 bekannt und dementsprechend hat die Politik das Ziel verfolgt, die Pandemie einzudämmen. In der Folge sind eine Reihe von Kontaktbeschränkungen beschlossen worden. Während der ersten Welle und dem relativ niedrigen Erkenntnisstand sind diese Entscheidungen nachvollziehbar gewesen. Anders verhält es sich im weiteren Verlauf der Pandemie. Hier müssen rückblickend sicher die Schulschließungen infrage gestellt werden, weil es zu diesem Zeitpunkt durchaus erste Einschätzungen gab, dass Kinder eher seltener sogenannte Pandemietreiber waren. Auch die

In Tagen um die Welt

Moderne Krankheiten sammeln Vielfliegermeilen

(BS) Immer wieder hört man von Berichten über die sich ausbreitende Vogelgrippe in Amerika – zunächst bei Kühen, inzwischen auch bei ein paar wenigen Menschen. Durch unsere globalisierte Welt haben auch Krankheitserreger eine gute Chance, sich weithin zu verbreiten, was man nicht zuletzt an der Corona-Pandemie gesehen hat. Ca. ein Jahr nach dem offiziellen Ende der Pandemielage erklärt Prof. Dr. Dagmar Starke, fachliche Koordination und Leiterin der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen (AÖGW), was Deutschland aus der Pandemie gelernt hat und wie das Öffentliche Gesundheitswesen für künftige Lagen aufgestellt ist. Die Fragen stellte Scarlett Lüsser.

Schließung von Sportplätzen oder die Einschränkungen, sich im Freien aufzuhalten müssen vor dem Hintergrund, dass das Infektionsrisiko in engen Räumen bei schlechter Luftqualität erhöht war, kritisch betrachtet werden. Erneut waren strukturell und sozioökonomisch benachteiligte Bevölkerungsgruppen stärker betroffen, alleine schon aufgrund ihrer Wohnsituation. Kritisch zu hinterfragen waren auch die Entscheidungen, in Altenund Pflegeheimen Besuchsverbote auszusprechen. Hier sind kritische Abwägungsprozesse vor solchen Entscheidungen notwendig. Das bedeutet auch abzuwägen, ob der Schutz von Hochrisikogruppen absolut über deren Lebensqualität zu stellen ist oder ob hier nicht in höherem Maße eine partizipative Entscheidungsfindung erfolgen kann. Welche Maßnahmen im Falle einer erneuten Pandemie zum Einsatz kommen könnten, hängt von der Virusart ab. Entscheidend ist,

dass Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger von einem multidisziplinären Fachgremium beraten werden, dem auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Public Health, Medizinsoziologie, Sozialund Gesundheitswissenschaften etc. angehören. Es ist notwendig, dass deliberative Entscheidungsprozesse evidenzinformiert erfolgen, unter Abwägung unterschiedlicher Interessen. Im Sinne der gesundheitlichen Chancengleichheit und -gerechtigkeit sind strukturell und sozioökonomisch benachteiligte Bevölkerungsgruppen unbedingt in den Blick zu nehmen – und das geht über die unter medizinischen Gesichtspunkten verletzlichen Menschen hinaus. Arbeits- und Wohnverhältnisse haben sich als bedeutsame Faktoren herausgestellt.

Behörden Spiegel: Bei der Pandemie handelte es sich um eine globale Katastrophe. Ist es sinnvoll, den Öf-

fentlichen Gesundheitsdienst stärker in das Katastrophenmanagement einzubeziehen, um solchen Pandemiesituationen schneller Herr zu werden?

Prof. Starke: Unbedingt, sofern die Kollegen im ÖGD entsprechend qualifiziert sind und vor allen Dingen über genügend personelle Ressourcen verfügen. Zu Beginn der Pandemie ist deutlich geworden, dass durch den über Jahrzehnte erfolgten Personalabbau im ÖGD im Falle einer Pandemie des erlebten Ausmaßes dessen Personal nicht in der Lage war, ohne Unterstützung aus anderen Verwaltungsbereichen die Situation zu bewältigen. Der Pakt für den ÖGD, bei dem der Bund erstmalig Mittel in Höhe von vier Mrd. Euro bereitgestellt hat, war ein wichtiger Beitrag dazu, dass der ÖGD insgesamt – unter Inkaufnahme hoher Belastungen – die Pandemie relativ gut hat bewältigen können. Der erfolgte Personalaufwuchs von 5.000 Stellen bundesweit im ÖGD muss mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen, z. B. Klimawandel-assoziierte Gesundheitsgefahren, aufrechterhalten werden. Wenn das nicht klappt, wird der ÖGD in einer erneuten pandemischen Lage wieder auf Unterstützung angewiesen sein.

Behörden Spiegel: Hat Deutschland seine Lektion gelernt und ist der Öffentliche Gesundheitsdienst für eine erneute Pandemie besser aufgestellt und vorbereitet?

Prof. Starke: Temporär ja, siehe die Ausführungen zum Pakt für den ÖGD oben. Aber der Personalaufwuchs muss nachhaltig gestaltet werden. Was die Vorbereitung angeht, so sind unterschiedliche Punkte auch Gegenstand verschiedener Forschungsprojekte. Ein Aspekt ist die Berücksichtigung strukturell und sozioökonomisch benachteiligter Bevölkerungsgruppen bei der

Pandemieplanung. Es ist sinnvoll, jetzt aktuelle Pandemiepläne zu erarbeiten und die Learnings aus der Pandemie dabei zu berücksichtigen. Es gab Kommunen, die hier als Good Practice-Beispiele genannt werden können, z. B. Köln und Bremen. Die dort realisierten Maßnahmen sollten als Beispiel herangezogen werden, wenn Kommunen jetzt ihre Pandemiepläne aktualisieren.

„Ein Aspekt ist die Berücksichtigung strukturell und sozioökonomisch benachteiligter Bevölkerungsgruppen bei der Pandemieplanung.“

Behörden Spiegel: Als konkretes Beispiel: In den USA gibt es vermehrt auftretende Fälle der Vogelgrippe. Wie gut wäre Deutschland gewappnet, sollte dies größere Ausmaße annehmen?

Prof. Starke: Wichtig sind einerseits die Surveillance und andererseits die Entwicklung von Impfstoffen. Es gibt Impfstoffe; inwieweit sie bei Mutationen wirken, ist unklar. Zudem forschen verschiedene Unternehmen an neuen Impfstoffen. Bis diese verfügbar sind, muss eine medikamentöse Versorgung sichergestellt sein. Was die Surveillance angeht, so wäre es sinnvoll, auch in Deutschland zu prüfen, ob Kühe beispielweise bereits betroffen sind. Gleichzeitig ist eine entsprechende Sensibilisierung notwendig, wenn bei respiratorischen Erkrankungen die Tests auf die „üblichen Verdächtigen“ negativ ausfallen. Für den ÖGD gilt das bereits Gesagte: Stand heute wäre die personelle Lage etwas entspannter als zu Beginn der Pandemie, aber nach Auslaufen des Paktes und ohne eine nachhaltige Sicherung der Stellen könnte eine neue pandemische Situation den ÖGD nicht unvorbereitet, aber eventuell in einer personell schwierigen Lage treffen.

WEB-KONFERENZ

10.–11. September

Lernen in und aus der Dauerlage

AUS UNSEREM PROGRAMM

10. September, 14:05 Uhr

DEBATTE:

u.a. mit:

Katastrophendemenz in der deutschen Politik?

››› Albrecht Broemme, THW-Präsident a.D.

››› Prof. Dr.-Ing. Frank Fiedrich, Inhaber des Lehrstuhls für Bevölkerungsschutz, Katastrophenhilfe und Objektsicherheit, Bergische Universität Wuppertal

››› Leon Eckert, Mitglied des Deutschen Bundestages

››› Cornelia Weigand, Landrätin Kreis Ahrweiler

Prof. Starke ist Honorarprofessorin für angewandte Epidemiologie und kommunale Gesundheitsförderung. Foto: BS/Malinka, AÖGW

In der Bundesrepublik Deutschland werden in der Regel überall dieselben Sirenensignale verwendet. Häufig wird zwischen vier Signalen unterschieden: Warnung, Entwarnung, Probealarm und Alarmierung der Feuerwehr. Teilweise wird in einzelnen Gebietskörperschaften weiter zwischen Warnung und Alarm unterschieden. Warnung verweist hierbei auf eine Gefahr, die sich akut nähert oder entwickelt, Alarm darauf, dass die Gefahr direkt besteht und Schutz gesucht werden muss. Bei einer Untersuchung in der Städteregion Aachen im Jahr 2022 waren wir Forschenden erstaunt über die guten Ergebnisse, die sich in Bezug auf das Erkennen des Sirenensignals Warnung vor Gefahren (einminütiger auf- und abschwellender Heulton) ergaben: In zwei Untersuchungen ordneten zwischen zwei Drittel bis drei Viertel der rund 1.800 Befragten das Signal richtig zu. Dies warf die Frage auf, ob die Zuordnung zu leicht erraten werden konnte, da sie sehr naheliegend war. Für die Forschungskolumne wurde die Frage nach dem Erkennen von Sirenensignalen nun im Zeitraum vom 12. bis zum 16. Juni 2024 repräsentativ für die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland durch Forsa Sozialforschung erhoben (1.011 befragte Personen, computergestützte telefonische Befragung [CATI]). Dabei wurde das Entwarnungssignal angespielt (rund 20 Sekunden), anschließend darauf hingewiesen, dass das Signal in der Form eine Minute lang dauert und dann abschwillt. Die Ergebnisse dazu, wie die Befragten das Entwarnungssignal einordnen, sind in Abbildung 1 aufgeführt.

Zunächst lässt sich festhalten, dass nur 8,5 Prozent der Befragten das Entwarnungssignal richtig erkannt haben. Über 50 Prozent ordneten das Signal der Warnung (32,6 Prozent) oder dem Alarm (21,4 Prozent) zu. Dies stützt die These, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit die naheliegendste Antwort ausgewählt wird und die Vorbehalte in Bezug auf die positiven Ergebnisse (Städteregion Aachen) berechtigt sind. Mit einer größeren Interpretationstoleranz könnte man bei den Ergebnissen aus Abbildung 1 unterstellen, dass der Entwarnungsdauerton von einer Minute mit einem Warndauerton von drei Minuten verwechselt wurde. Vor diesem Hintergrund wären die Ergebnisse etwas positiver. Es bedeutet aber auch: Die allgemeine Bevölkerung kennt die Sirenensignale eher nicht. Dies wird auch von Dennis Mileti, zu Lebzeiten der wohl wichtigste Warnforscher der Welt, immer wieder bestätigt.

Konkret sieht die Reform mehrere Punkte vor. U. a. sollen akute Fälle von sog. „Akutleitstellen“ unter der Rufnummer 116117 vermittelt werden. Dazu beurteilen diese Leitstellen die Dringlichkeit anhand des standardisierten Ersteinschätzungsverfahren und vermitteln Hilfesuchende in die passende Behandlung. Dabei sollen die Rufnummern 112 und 116117 verbindlich zusammenarbeiten. Unter der 116117 sollen außerdem rund um die Uhr telemedizinische und aufsuchende Notdienste zur medizinischen Erstversorgung zur Verfügung stehen. Als neue Struktur für Notfälle werden Integrierte Notfallzentren (INZ) flächendeckend etabliert. Sie gewährleisten fortan rund um die Uhr eine zentrale Anlaufstelle für die medizinische Erstversorgung. Ein weiterer Baustein soll die Reform des Rettungsdienstes werden. Dazu erarbeitet das BMG aktuell

Vorbereitung auf den Warntag

Forderung: bundesweit nur noch ein Sirenensignal

(BS/Prof. Dr. Henning Goersch) Am 12. September dieses Jahres heulen ab elf Uhr wieder die Sirenen, es ist Warntag. Sirenen stellen nicht den einzigen Warnkanal dar, aber einen sehr wichtigen, da sie eine breite Weckwirkung entfalten können. Sie können – zumindest theoretisch – darauf aufmerksam machen, dass eine Gefahr besteht.

Abbildung 1

Wie ordnen die Befragten das Entwarnungssignal ein?

keine Angabe weiß nicht

akute dringende Gefahr – sofort Schutz suchen

Probealarm

Entwarnung – die Gefahr ist vorüber

Alarmierung der Feuerwehr

Warnung der Bevölkerung – es besteht Gefahr

Computergestützte telefonische Befragung (CATI), durchgeführt von Forsa Sozialforschung im Zeitraum vom 12. bis zum 16. Juni 2024, Insgesamt 1.011 befragte Personen. Alle Angaben in Prozent. Durch Rundung der Werte ergeben sich in der Summe u. U. nicht immer genau 100 Prozent.

Teilweise wurde bereits die Feuerwehralarmierung von den Sirenen entkoppelt, was ein richtiger Schritt ist.

Meiner Ansicht nach geht dies aber noch nicht weit genug. Denn unabhängig davon, um welches Signal es

Wenn ich eine Sirene höre, bin ich unsicher, was ich tun soll.

Sobald ich eine Sirene höre, suche ich nach weiteren Informationen, welche Gefahr für mich besteht, z. B. im Internet, Radio oder über Warnapps.

Wenn ich eine Sirene höre, gehe ich davon aus, dass es sich vermutlich um eine Probewarnung handelt.

Grafiken: BS/Dach

derholt? Antworten ergeben sich nur über die ergänzenden Warnkanäle. So komme ich zu dem Ergebnis: Wir sollten bundesweit nur ein Sirenensignal verwenden. Hören wir eine Sirene oder auch nur einen Teil eines Sirenensignals, bedeutet dies

2–4

nach dem Hören der Sirenen untersuchten. Das erste Item lautet: „Wenn ich eine Sirene höre, bin ich unsicher, was ich tun soll.“ Diese Aussage sollte auf einer fünfstufigen LikertSkala von trifft voll und ganz zu bis trifft überhaupt nicht zu beurteilt werden. Die Ergebnisse sind in Abbildung 2 aufgeführt und bilden eine typische zweigipflige Verteilung. Einerseits ist dies als positiv zu werten, da nur 17,2 Prozent die mittlere Kategorie („unentschieden“) gewählt haben. Andererseits ergibt sich auch kein eindeutiges Ergebnis: 42 Prozent der Befragten versammeln sich in den Zustimmungskategorien, sind also unsicher, was sie tun sollen, wenn sie eine Sirene hören. Demgegenüber stehen 39,5 Prozent der Befragten, die sich nicht unsicher fühlen (Ablehnungskategorien), was sie tun sollen. Auch wenn dies teilweise als Erfolg für das Warnsystem in Deutschland

Item „Wenn ich eine Sirene höre, gehe ich davon aus, dass es sich vermutlich um eine Probewarnung handelt.“ Was das Item untersuchen soll, ist, wie ernst Warnungen genommen werden.

Auch ergibt sich im Ergebnis (Abbildung 3) hier eine zweigipflige Verteilung: 47,2 Prozent der Befragten gehen in den beiden Zustimmungskategorien zusammen davon aus, dass es sich um eine Probewarnung handelt, wenn sie eine Sirene hören. Dieser Wert ist ein wenig höher als beim ersten Item. Ihm steht jedoch in beiden Ablehnungskategorien zusammen ein Wert von 39,2 Prozent gegenüber, also dem Anteil der Befragten, die nicht von einer Probewarnung ausgehen.

Da die automatisierte Annahme einer Probewarnung als gefährlich angesehen werden kann, ergibt sich auch hier die Notwendigkeit, nachzusteuern.

Abgeschlossen werden soll die Kolumne mit einem positiven Ergebnis (Abbildung 4): 76,9 Prozent der Befragten gaben an, nach Hören einer Sirene nach weiteren Informationen zu suchen.

Dies gehört sicherlich zu den ersten richtigen Maßnahmen in einem solchen Fall. Es handelt sich dabei auch um ein Verhalten, das Menschen sowieso im Kontext eines Warnerhalts zeigen, das so genannte „Milling“. Einschränkend muss ergänzt werden, dass Milling auch negativ sein kann, wenn es darum geht, sich sofort in Sicherheit zu bringen.

Forschungskolumne Gefahrenabwehr

trifft zu trifft voll und ganz zu

unentschieden

keine Angabe weiß nicht trifft überhaupt nicht zu trifft eher nicht zu

sich handelt, wird stets angenommen, dass es vollständig gehört wird. Es ist je nach Aufenthaltsort jedoch weit realistischer, dass nur Teile vernommen werden. Rezipientinnen und Rezipienten der Warnung müssen sich entsprechend fragen: War dies nun ein dreiminütiger oder ein einminütiger Ton? Wie lange und wie oft wurde der Ton wie-

An dieser Stelle erscheint quartalsweise eine Forschungskolumne zu Gefahrenabwehr und Bevölkerungsschutz. Die jeweiligen Fragestellungen werden durch Prof. Dr. Henning G. Goersch von der FOM Hochschule für Oekonomie und Management entwickelt und durch Forsa Sozialforschung repräsentativ für die Bundesrepublik Deutschland erhoben. Ziel der Kolumne ist es vor allem, ein vertieftes Verständnis dahin gehend zu erlangen, wie die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland Themen des Bevölkerungsschutzes beurteilt. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zu einem evidenzbasierten Sicherheitssystem, in welchem auf Basis empirischer Ergebnisse und nicht auf Basis implizit angenommener, jedoch nicht verifizierter Sachverhalte gehandelt wird. Die Themen nehmen oft bisherige Forschungen von Prof. Dr. Henning G. Goersch auf, entstammen darüber hinaus aber auch den Diskussionen im FOM-Studiengang B.Sc. Management in der Gefahrenabwehr. 0

Gefahr. Wir sollten sofort Schutz und weitere Informationen suchen. Eine Entwarnung kann über die anderen Warnkanäle erfolgen, hierzu wird kein eigenes Signal benötigt.

Verhalten nach dem Sirenensignal Ergänzend wurden den Befragten drei Items (Aussagen) vorgelegt, die ihre Gedanken und ihr Verhalten

gewertet werden könnte (immerhin sind sich 39,5 Prozent sicher, was nach Hören einer Sirene zu tun ist), bleibt ein großer Teil (42 Prozent), der sich in dem Kontext unsicher ist.

Die Zielrichtung eines wirkungsvollen Warnsystems sollte hier eine deutlich geringere Ausprägung aufweisen. Dies gilt auch für das zweite

Und täglich grüßt der Rettungsdienst

Ärger um die Notfallreform

(BS/bk) Dass der Rettungsdienst in Deutschland angesichts von jährlich steigenden Einsatzzahlen Reformbedarf hat, wird keiner bestreiten. Nach der angestoßenen Krankenhausreform seitens des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) hat das Bundeskabinett die nächste Reform auf den Weg gebracht und das Gesetz zur Reform der Notfallversorgung beschlossen. Nicht alle sind damit glücklich, dass der Bund sich dem Rettungsdienst widmet.

die Inhalte für eine Reform des Rettungsdienstes. Dazu erarbeitet das BMG aktuell die Inhalte. Als wesentliche Komponente der Reform ist die Aufnahme des Rettungsdienstes als eigenständiger Leistungsbereich in das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch vorgesehen. Außerdem soll der Rettungsdienst mit den anderen Akteuren der Notfall- und Akutversorgung unter Nutzung der Telematikinfrastruktur digital vernetzt werden. Ebenso soll die Etablierung von bundesweit gleichwertigen Mindeststandards im Rettungsdienst angegangen werden. Dazu wird beabsichtigt, Prozesse aufzusetzen,

die die Entwicklung von bundesweit einheitlichen Rahmenvorgaben für die Leistungserbringung der Rettungsdienste unter Einbeziehung aller Akteure und der Länder sicherstellen. Diese Inhalte sollen im parlamentarischen Verfahren Teil der Notfallreform werden. Genau daran stören sich jedoch die kommunalen Spitzenverbände. Diese befürchten, dass so die Beteiligungsrechte sowie die Abstimmungen mit den Ländern und den Verbänden umgangen werden. „Rettungsdienst ist und bleibt Ländersache. Dafür wird der Deutsche Landkreistag mit aller Macht kämpfen. Wir rufen Bundesminister Lauterbach auf, die Finger von der Länderzuständigkeit für den Rettungsdienst zu lassen“, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages (DLT), HansGünter Henneke

Die Landkreise machten einen hervorragenden Job beim Rettungsdienst. Zudem regelten die Länder alle Einzelheiten in ihren Rettungsdienstgesetzen. Die Reform ziele, so Henneke, in Wahrheit darauf ab, die Krankenkassen bei den Investitionskosten zu entlasten und so in die strukturelle Unterfinanzierung zu drängen. Dies geschehe schon bei den Krankenhäusern. Deutschland brauche so eine Reform nicht, so der DLT-Hauptgeschäftsführer. Woher kommt das Personal? Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Rettungswissenschaften (DGRe) oder die Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands (BAND e. V.) begrüßen die Zielsetzung der Entlastung von Notaufnahmen und Rettungsdiensten. Bedenken bzgl. der Umsetzung kommen jedoch u. a. von BAND. So fragt sich die Vereinigung: „Bei vollständiger Umsetzung des Gesetzesvorhabens ist in den Strukturen der Kassenärztlichen Vereinigung ein erheblicher Personalaufwuchs erforderlich. Bei bereits heute deutlich eingeschränkter Leistungsfähigkeit in diesem Bereich wird nicht klar, wie die zukünftig erforderlichen personellen Ressourcen generiert werden sollen.“

75

Jahre später kamen die Staatsund Regierungschefs der mittlerweile auf 32 Bündnispartner angewachsenen „North Atlantic Treaty Organisation“ im Juli erneut zu einem Gipfeltreffen am selben Ort zusammen, um das Jubiläum dieses Bündnisses als das erfolgreichste der jüngeren Zeit zu feiern und Entscheidungen für den weiteren Weg zu treffen.

Abschreckung und Verteidigung

Mit den im Vergleich zum Vorjahr um etwa 18 Prozent höheren Verteidigungsausgaben der europäischen Bündnispartner und Kanadas und damit dem größten Anstieg seit Jahrzehnten hatte der Washington-Gipfel bereits seine erste Erfolgsmeldung zu verzeichnen. Insgesamt haben 23 Länder in diesem Jahr die Schwelle von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreicht bzw. überschritten. Darüber hinaus bekräftigten alle Bündnispartner ihre Selbstverpflichtung, auch künftig mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren und erkannten an, dass dringend mehr getan werden muss, um ihre Verpflichtungen als NATO-Bündnispartner nachhaltig zu erfüllen. Hierzu werden jedoch in vielen Fällen noch höhere Ausgaben erforderlich sein, um bestehende Defizite auszugleichen und allen Anforderungen gerecht zu werden, die sich aus einer stärker umkämpften Sicherheitsordnung ergeben. Nach dem Beitritt Finnlands und Schwedens sollen deren Fähigkeiten vollständig in die Pläne, Streitkräfte und Kommandostrukturen des Bündnisses integriert und eine NATO-Präsenz in Finnland aufgebaut werden. Neuen Bedrohungsdimensionen wird durch die Beschleunigung der Integration des Weltraums in die Planungen, die Einrichtung des Integrierten CyberVerteidigungszentrums der NATO sowie die Weiterentwicklung des NATO-Zentrums für den Schutz kritischer Unterwasserinfrastrukturen Rechnung getragen. Des Weiteren ist geplant, die integrierte Luft- und Raketenabwehr der NATO durch neue Mittel zur Abwehr ballistischer Flugkörper weiter zu verbessern. Diese können zwar die Rolle der Kernwaffen bei der Abschreckung ergänzen, sie aber nicht ersetzen. Daher wird die nukleare Abschreckung weiterhin als Eckpfeiler der Sicherheit des Bündnisses betrachtet, deren Zweck darin besteht, den Frieden zu erhalten, Zwang zu verhindern und Aggressionen abzuschrecken. Die Bündnispartner erneuerten auch ihr Engagement für die Umsetzung der in Vilnius für 2023 vereinbarten Verteidigungsinvestitionszusage für den Kapazitätsausbau der Verteidigungsindustrie, welcher als unverzichtbar für die Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit sowie für die weitere Unterstützung der Ukraine erachtet wird. Diese

NATO-Gipfel in Washington

75 Jahre Sicherheit und Frieden für den euro-atlantischen

Raum

(BS/th) Gemeinsame Werte wie Demokratie, individuelle Freiheit, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit haben am 4. April 1949 zwölf Staats- und Regierungschefs in Washington zusammengebracht, um ein Sicherheitsbündnis aus Partnern zu gründen. Der damals amtierende Präsident der Vereinigten Staaten, Harry S. Truman, brachte die Zielsetzung des Washington-Vertrages bei der Unterzeichnung auf den Punkt: „Das Ziel dieses Treffens ist es, den ersten Schritt zur Verwirklichung eines internationalen Abkommens zur Sicherung des Friedens und des Wohlstands dieser Völkergemeinschaft zu tun.“

Zusage unterstreicht die strategische Bedeutung der transatlantischen Zusammenarbeit und umfasst langfristige Maßnahmen wie die Entwicklung nationaler Pläne zur Stärkung der industriellen Kapazitäten, die Beschleunigung der multinationalen Beschaffung, die verstärkte Umsetzung von Standards zur Verbesserung der Interoperabilität, die Beseitigung von Handelsund Investitionshemmnissen und die Sicherung wichtiger Lieferketten. In den nächsten fünf Jahren wollen die NATO-Bündnispartner in Europa und Kanada Tausende von Luftverteidigungs- und Artilleriesystemen,

derartige Bedrohungen vorzubereiten, um fähig zu sein, diese abzuwehren. Die Bündnispartner weisen in der Gipfelerklärung darauf hin, dass hybride Operationen gegen Bündnispartner das Ausmaß eines bewaffneten Angriffs erreichen und damit den Nordatlantikrat veranlassen könnten, sich auf Artikel 5 des Washingtoner Vertrags zu berufen. Russlands aggressives Vorgehen auf dem Gebiet der hybriden Kriegsführung soll damit eingeschränkt und seiner Fähigkeit zu destabilisierenden Aktivitäten gegenüber der NATO und den Bündnispartnern entgegengewirkt werden. Für das nächste

(JATEC) zwischen der NATO und der Ukraine, das die Lehren aus dem russischen Angriffskrieg auswerten sowie die Interoperabilität mit der NATO verbessern soll.

ses mit seinem Netz von Partnern in Europa und im indopazifischen Raum sowie mit anderen internationalen Organisationen zu intensivieren.

Anzahl der Alliierten, die 2024 das Zwei-Prozent-Ziel erreichen werden: *Schätzwerte

850 moderne Flugzeuge, vor allem F-35 der fünften Generation, sowie eine beträchtliche Anzahl von HighEnd-Fähigkeiten beschaffen. Die Bündnispartner unterstrichen die in Artikel 3 des Washingtoner Vertrags verankerte nationale Verantwortung und die kollektive Verpflichtung einer hinreichenden Resilienz als wesentliche Grundlage für eine glaubwürdige Abschreckung und Verteidigung. Diese erfordert einen gesamtstaatlichen Ansatz, die Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor und Überlegungen zur gesellschaftlichen Resilienz. Um diesem Erfordernis zu entsprechen, verpflichten sich die Alliierten, auf den laufenden Bemühungen zur Stärkung der nationalen Resilienz aufzubauen, und die zivile Planung in die nationale und kollektive Verteidigungsplanung einzubeziehen.

Angesichts des immer aggressiveren Vorgehens staatlicher und nichtstaatlicher Akteure mit hybriden Mitteln gegen die Bündnispartner wurde vereinbart, sich stärker auf

Gipfeltreffen werden entsprechende Empfehlungen für einen strategischen Ansatz der NATO gegenüber Russland erarbeitet.

Zusage langfristiger Sicherheitshilfe für die Ukraine

Die Bündnispartner bekräftigten in Anwesenheit des ukrainischen Präsidenten Selenskyj ihre weitere Unterstützung der Ukraine auf deren unumkehrbaren Weg zur vollständigen euro-atlantischen Integration, einschließlich der NATOMitgliedschaft – allerdings erneut, ohne konkrete Zeitlinien festzulegen. In einer Erklärung des NATOUkraine-Rates begrüßten sie die Einrichtung der NATO-Sicherheitsunterstützung und -ausbildung für die Ukraine (NSATU) in Wiesbaden, die über logistische Knotenpunkte an der Ostflanke der NATO verfügt und die Bereitstellung von militärischer Ausrüstung und Ausbildung für die Ukraine koordinieren soll. Die Bündnispartner begrüßten auch die Einrichtung des Joint Analysis Training and Education Centre

Grafiken: BS; Quelle: NATO

Außerdem bekräftigten die Alliierten ihr Engagement für die Ukraine als souveränen, demokratischen und unabhängigen Staat und die damit verbundene Notwendigkeit einer langfristigen Unterstützung. Mit der Ankündigung einer langfristigen Sicherheitshilfe für die Ukraine zur Bereitstellung von militärischer Ausrüstung, Hilfe und Ausbildung sollen die ukrainischen Streitkräfte in die Lage versetzt werden, eine russische Aggression abzuwehren. Durch anteilige Beiträge beabsichtigen die Bündnispartner, innerhalb des nächsten Jahres der Ukraine eine Mindestbasisfinanzierung in Höhe von 40 Milliarden Euro bereitzustellen und ein nachhaltiges Niveau der künftigen Sicherheitsunterstützung zu gewähren. Zudem verpflichteten sich die Bündnispartner, der Ukraine rasch Munition sowie Luft- und Raketenabwehrsysteme zu liefern und begrüßten die Entscheidung des Generalsekretärs, einen hochrangigen NATO-Beauftragten in der Ukraine zu ernennen.

Bedeutung strategischer Partnerschaften Angesichts der Bemühungen der sogenannten „CRINK-Staaten“ (China, Russland, Indien, Nord-Korea), den Einfluss des Westens einzudämmen, kommt der strategischen Partnerschaft der NATO mit demokratischen Nationen und Organisationen zunehmende Bedeutung zu, was durch die Anwesenheit führender Vertreter Australiens, Japans, Neuseelands und der Republik Korea auf dem diesjährigen Gipfeltreffen unterstrichen wurde. Gerade der indopazifische Raum ist für die NATO von großer Bedeutung, da Entwicklungen in dieser Region auch direkte Auswirkungen auf die euro-atlantische Sicherheit haben können. Die Verteidigung einer auf Regeln beruhenden internationalen Ordnung ist stärker und sicherer, wenn die NATO mit gleichgesinnten Partnern zusammensteht. Diesem Ansatz folgend waren gemeinsame Sicherheitsherausforderungen und potenzielle Bereiche der Zusammenarbeit Gegenstand der mit den Partnern erörterten Themen. Im Ergebnis wurde gemeinsam beschlossen, die Zusammenarbeit des Bündnis-

Der Europäischen Union kommt dabei zwar eine entscheidende Rolle zu, gleichwohl fanden sich auch Vorbehalte einer einzelnen NATO-Nation gegenüber einer vertieften Zusammenarbeit mit der EU in den GipfelDeklarationen und Kommuniqués der vergangenen Jahre wieder. Die aktuelle Washington-Deklaration liest sich insgesamt positiver, indem von der Europäischen Union als einzigartigem und wichtigem Partner der NATO und einer Zusammenarbeit auf einem noch nie dagewesenen Niveau die Rede ist. Zudem wurde beschlossen, diese wichtige Partnerschaft weiter zu stärken und die praktische Zusammenarbeit in den Bereichen Weltraum, Cyberspace, Klima und Verteidigung sowie bei neu entstehenden und disruptiven Technologien auszuweiten, wenn auch unter der Maßgabe der uneingeschränkten Beteiligung von Nicht-EU-Bündnispartnern an den Verteidigungsanstrengungen der EU. Ungeachtet dessen wurde der Wert einer stärkeren und leistungsfähigeren europäischen Verteidigung anerkannt, da diese einen positiven Beitrag zur transatlantischen und globalen Sicherheit leistet und die NATO ergänzt und mit ihr interoperabel ist.

Mit Blick auf die südliche Nachbarschaft der NATO verabschiedeten die Bündnispartner einen Aktionsplan für ein stärkeres, strategischeres und ergebnisorientiertes Konzept für die Region und regten an, einen Sonderbeauftragten zu benennen, der dort als Anlaufstelle der NATO und Koordinator der NATO-Bemühungen dienen soll.

Insgesamt ist festzuhalten, dass sich die NATO heute mit einer wesentlich komplexeren globalen sicherheitspolitischen Lage als in ihrem Gründungsjahr konfrontiert sieht. Eine weitere Komplexitätsebene ist in der deutlich angewachsenen Anzahl der Bündnispartner zu sehen, die zwar ein starkes gemeinsames Hauptinteresse der Gewährleistung äußerer Sicherheit haben, aber auch sehr unterschiedliche Partikularinteressen. Zudem gibt es große Unterschiede in Bezug auf die Wirtschaftskraft der Alliierten und abweichende, regional geprägte Sicherheitsperzeptionen mit daraus resultierenden Prioritäten und Sicherheitsbedürfnissen. Darüber hinaus haben sicherheitsrelevante Ereignisse in anderen Teilen der Erde aufgrund der gestiegenen Globalisierung potenziell auch Auswirkungen auf die Sicherheit der Bündnispartner und der Allianz insgesamt. Vor diesem Hintergrund dürfen die Entscheidungen und Zukunftsperspektiven als Erfolg des diesjährigen Gipfels bewertet werden.

Prozentualer Anteil der Verteidigungsausgaben am BIP basierend auf dem Preisniveau und den Wechselkursen des Jahres 2015

Behörden Spiegel: Die Brigade Litauen nimmt langsam Form an. Mittlerweile ist das Vorkommando im Land eingetroffen. Wie schreiten die Arbeiten voran? Konnten Unterkünfte als Miet- oder Kauflösung aufgetan werden und wer kommt für deren Kosten auf?

Generalleutnant Alfons Mais: Der Bau einer Kaserne für fast 4.000 Bundeswehrangehörige – wie wir sie in Rūdninkai brauchen – innerhalb von nur drei Jahren ist eine große Herausforderung. Dass es möglich ist, schnell und zielgerichtet für die eigene Truppe zu bauen, haben die Litauer ja bereits bewiesen. Das gibt mir Grund, optimistisch zu sein. Aber natürlich ist es so, dass es bei solchen Vorhaben leicht zu Verzögerungen kommen kann. Daher halten wir enge Verbindung zu den Litauern und stimmen uns immer wieder eng mit dem Verteidigungsministerium ab. Zur Frage der Wohnungen kann ich sagen, dass wir auch für einen möglichen Übergang planen. Bis zur Bereitstellung der Infrastruktur würden alle Bundeswehrangehörigen auf den zivilen Wohnungsmarkt in Litauen zurückgreifen. Darüber hinaus wäre vorgesehen, für unterkunftspflichtige Soldatinnen und Soldaten – bis zur Fertigstellung der Wohnheime – durch die Bundeswehr Wohnraum in sogenannten Co-Living-Spaces anzumieten. Das sind im Prinzip voll ausgestattete Kleinstwohnungen mit Räumen für die gemeinschaftliche Nutzung. Die Kosten für den Wohnraum auf dem zivilen Wohnungsmarkt tragen grundsätzlich die Bundeswehrangehörigen, sofern sie nicht unterkunftspflichtig sind, wie in Deutschland, selbst. Gleichwohl gibt es natürlich in allen Auslandsdienststellen die Möglichkeit der Unterstützung, entweder durch Auslandstrennungsgeld bzw. Mietzuschüsse. Für die Unterkunftspflichtigen wird der Wohnraum in jedem Fall bereitgestellt.

Behörden Spiegel: Was unternimmt das Heer, um die Verwendung in Litauen für Bundeswehrangehörige und ihre Familien attraktiv zu machen?

Mais: Attraktive Rahmenbedingungen sind natürlich wichtig. Wichtig ist aber auch Klarheit, was die Soldatinnen und Soldaten und zivilen Mitarbeitenden erwartet. Sie müssen eine solide Grundlage für ihre Entscheidung haben, ob sie in der Panzerbrigade 45 Dienst leisten wollen. Wir arbeiten daran, die Informationen schnell und zielgruppenorientiert zur Verfügung zu stellen. Das Freiwilligkeitsprinzip hat derzeit Vorrang. Maßgeblich bleibt aber die Kriegstüchtigkeit der Brigade! Die Ressortabstimmung für das „Artikelgesetz Zeitenwende“ („Gesetz zur weiteren Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft und zur Änderung weiterer Vorschriften für die Bundeswehr“) haben aber erst begonnen. Sie müssen schnell abgeschlossen werden, damit das Artikelgesetz Anfang 2025 in Kraft treten kann, um die bestehenden

and their Allies: Deterring Threats to Freedom and Democracy

19.–20. November 2024, Berlin

Verteidigung

Herausfordernde Zeiten

Die künftige Ausrichtung des Heeres

(BS) Wie steht es um den Aufbau der Brigade Litauen? Wie wird die Bundeswehr ihrer Rolle als NATO-Drehscheibe gerecht? Was bringt der aktuelle Vorschlag einer Wiedereinführung der Wehrpflicht? Diese und weitere Fragen erörtert der Behörden Spiegel im Gespräch mit dem Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais.

In drei Jahren werden an der NATO-Ostflanke mehr militärische Übungen stattfinden. Bei der Steadfast Defender werden auch weitaus mehr Kräfte des Heeres auf Grundlage realer NATO-Verteidigungspläne üben. Foto: BS/Bundeswehr/Carl Schulze

Rahmenbedingungen in Litauen zu ergänzen.

Gemeinsam mit dem Zusatzabkommen, über welches wir derzeit mit Litauen verhandeln, sollen –analog zu bereits bestehenden Auslandsdienststellen – weitere Anreize für eine Versetzung nach Litauen geschaffen werden. Die Schaffung und Umsetzung dieser Anreize ist sehr wichtig, aber auch herausfordernd.

Behörden Spiegel: Ein erstes Konzept für eine Wiedereinführung des Wehrdienstes liegt auf dem Tisch. Wie schätzen sie den Vorschlag ein?

Mais: Die Wiedereinführung eines Wehrdienstmodells ist richtig und ein wichtiges politisches Signal nach außen und nach innen. Der Verteidigungsminister hat dafür die Eckpunkte seiner Idee vorgestellt. Ziel muss es sein, die Rekrutinnen und Rekruten so auszubilden, dass sie grundbeorderungsfähig sind. Ob dies in sechs Monaten gelingt oder es einer späteren Anpassung der Verpflichtungsdauer bedarf, wird man ausprobieren müssen. Jede und jeder, der über diesen Weg zu uns kommt, kann seinen Wehrdienst auf bis zu 23 Monate ausdehnen oder einen Zeitvertrag unterschreiben. Das birgt eine riesige Chance, junge Menschen für den Arbeitgeber Bundeswehr zu begeistern und auch langfristig an die Streitkräfte in allen Laufbahnen zu binden.

Behörden Spiegel: Das Konzept sieht auch die Möglichkeit für Wehrdienstleistende vor, die Dienstzeit zu verlängern und sich in diesem Rahmen weiter zu qualifizieren. Welche heeresspezifischen Fähigkeiten könnten hier abgebildet werden?

Mais: Das hängt stark von der Dauer der Weiterverpflichtung ab. Grundsätzlich kann man hier sagen: Je länger die Verpflichtungszeit, desto größer die Ausbildungserfordernisse und -möglichkeiten. Im Heer gibt es eine unglaublich große Bandbreite an Ausbildungen, um Mannschaftsoldatinnen und -soldaten für ihre jeweiligen Aufgaben vorzubereiten. Hierbei reden wir zum Beispiel über Ausbildung an schweren Waffen, in logistischen Aufgaben wie der Instandsetzung, als Besatzungsmitglied von Panzern und Lkws, in der Bedienung von Funk- oder Computersystemen, zur Militärkraftfahrerin oder zum Militärkraftfahrer.

Behörden Spiegel: Die Spezialausbildung ukrainischer Soldaten im Rahmen von EUMAM wird entsprechend der akuten Wünsche und Bedarfe der ukrainischen Partner gestaltet. Welche Fähigkeiten wurden von ukrainischer Seite in den vergangenen Wochen angefragt?

Mais: Deutschland unterstützt die Ukraine mit Ausbildungsbeiträgen unter anderem im Bereich der militärischen Führung, in der Gefechtsstandausbildung und der Gefechtsausbildung, in der Ausbildung an Waffensystemen und Gerät sowie deren taktischem Einsatz, Wartung, Instandhaltung und Logistik, Sanitätsdienst und Pionierausbildung. Dabei bildet die Bundeswehr unter anderem am Flugabwehrsystem Patriot, der Panzerhaubitze 2000, dem Schützenpanzer Marder und den Kampfpanzern Leopard 1 und Leopard 2 aus. Teilweise wird an den Systemen ausgebildet, die die ukrainischen Soldatinnen und Soldaten dann direkt mit zurück in ihre Heimat und somit in das Kriegsgebiet nehmen.

Behörden Spiegel: Wie ist diese Ausbildungsunterstützung organisiert und wie schätzen Sie den künftigen Bedarf der Ukraine ein?

Mais: Das Multinational Special Training Command (MN ST-C) in Strausberg koordiniert und führt alle in Deutschland stattfindenden Ausbildungen ukrainischer Streitkräfte. Insbesondere das Heer stellt sowohl in der Besetzung des multinationalen Stabes im ST-C als auch in der Ausbildung in den Ausbildungsstandorten die Masse des Personals und zusammen mit der materiellen Unterstützung den größten Anteil der Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche an diesem derzeit größten „Einsatz“ der Bundeswehr. Der Bedarf der ukrainischen Streitkräfte an Ausbildung im Rahmen von Ausrüstungsunterstützung und der laufenden Mobilmachung wird weiterhin hoch sein. Das Deutsche Heer ist bereit, auch in der Zukunft im jetzigen Umfang ukrainische Soldatinnen und Soldaten auszubilden.

Behörden Spiegel: Die Rolle als Drehscheibe der NATO fordert insbesondere die logistischen Fähigkeiten der Bundeswehr. Die jüngste Auslösung weiterer 1.515 Wechselladesysteme-Lkws aus einem Rahmenvertrag mit Rheinmetall zeugt

Logistik für Deutschland auch in Beschaffungsvorhaben wider?

Mais: Ja, Sie sprachen ja bereits die Beschaffung weiterer moderner Wechselladesysteme-Lkws an. Mit ihren unterschiedlichen Ausprägungsgraden sind diese ein wichtiger Beitrag zur Flexibilität und bilden das Rückgrat der logistischen Transportfahrzeuge der Logistik des Heeres. Aus dem jüngsten Abruf wird das Heer rund 600 Fahrzeuge bis Ende 2024 erhalten. Weitere jährliche Abrufe sind aber dringend erforderlich. Mit den bestehenden Rahmenverträgen ist bei auskömmlicher Finanzierung eine schnelle Deckung des Mobilitätsbedarfes innerhalb der jeweiligen Fahrzeugklasse möglich. Hier wurde ein deutlicher Schritt zur Verbesserung der Transportkapazität im Deutschen Heer gemacht.

Behörden Spiegel: Gibt es beim Heer Planungen, Drohnen und deren Aufklärungsfähigkeit in den operativen Einsatz der Panzerverbände zu integrieren? Welche Einsatzszenarien für Drohnen zieht das Heer in Betracht?

davon. Wie wird sich das Heer hier perspektivisch aufstellen?

Mais: Aus der geostrategischen Lage unseres Landes im Herzen Europas ergeben sich für uns weitreichende Forderungen der NATO für den Aufmarsch, Durchmarsch und die Versorgung verbündeter und eigener Streitkräfte in der Drehscheibe Deutschland. Als oberste taktische Führungsebene für alle in der Dimension Land operierenden Kräfte übernimmt das Heer diese zentrale Aufgabe. Die Logistik spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Ohne eine gut organisierte und effektive logistische Unterstützung in und aus Deutschland heraus bis an die Ostflanke der NATO ist eine glaubhafte Abschreckung und Verteidigung des Bündnisses nicht möglich. Wichtig ist hierbei eine der Bedrohungslage sowie dem Operationsgebiet angepasste zivil-militärische Zusammenarbeit, da der Kern der Kräfte des Heeres und damit auch die Heereslogistiktruppen nicht primär in Deutschland operieren, sondern sehr schnell an der Ostflanke des NATO-Bündnisgebietes eingesetzt sind.

Mais: Das Heer hat eine Vielzahl an Ideen, die jetzt an dem Machbaren gespiegelt werden müssen. Dazu haben wir ein entsprechendes Konzept erstellt, das als Grundlage für die weiteren Arbeiten dient. Dabei betrachten wir den Einsatz von unbemannten Systemen – nicht nur Drohnen, sondern je nach Auftrag und Szenar auch Loitering-Munition – als Möglichkeit bei allen Truppengattungen, nicht nur bei Panzerverbänden.

Der Einsatz unbemannter Systeme in allen operativen Bereichen wird helfen, Personal für andere Aufgaben freizusetzen, Personal von lebensfeindlichen Umgebungen fernzuhalten und gleichzeitig die Operationsgeschwindigkeit zu erhöhen. Personal und Personalverfügbarkeit spielen eine immer größere Rolle. Die große Chance unbemannter Systeme liegt in der möglichen Kampfkraftsteigerung bei gleichbleibendem oder sich auch verringerndem Personalansatz. Es ist aber entscheidend, Drohnen nicht nur einzusetzen, sondern auch abwehren zu können. Dazu werden weltweit unterschiedliche, einander ergänzende Ansätze genutzt. Gemeinsames Element ist die große Anzahl von Sensoren zur

Generalleutnant Alfons Heribert August Mais, 21. Inspekteur des Heeres, sieht den Vorschlag zur Wiedereinführung des Wehrdienstes als Chance, junge Menschen für den Arbeitgeber Bundeswehr zu begeistern. Foto: BS//Trenkel

Die Logistik – zivil und militärisch – muss flexibel genug sein, um sich schnell an wechselnde Unterstützungsbedarfe in einer volatilen Umgebung anpassen zu können. Voraussetzung für die entsprechende Flexibilität ist natürlich eine ausreichende personelle und materielle Hinterlegung, ohne die weder bei den zivilen noch bei den militärischen Logistikern eine Leistungserbringung möglich ist.

Behörden Spiegel: Spiegelt sich die zunehmende Bedeutung der

Aufklärung hochbeweglicher Ziele als Voraussetzung zur Bekämpfung. Mit der Wiederaufstellung der Heeresflugabwehrtruppe machen wir hier einen großen Schritt nach vorne. Die Realisierung dieser Fähigkeit wird vom Zulauf des Materials abhängen. Insgesamt hat das Heer begonnen, die eigenen Fähigkeiten für einen Schutz gegen Bedrohungen aus der Luft zu erhöhen.

Die Langversion des Interviews findet sich unter www.behoerdenspiegel.de, Suchwort „Ausrichtung“.

Stationierung als Impulsgeber

Fehlende Fähigkeiten in Europa selbst entwickeln (BS/sr) Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zieht aus der geplanten Stationierung US-amerikanischer Langstreckenwaffen den Ansporn, diese Fähigkeit selbst zu entwickeln. Bis dahin schließen die Waffen der USA diese Lücke.

Die zwischen Deutschland und den USA erneut vereinbarte Stationierung von Mittel- und Langstreckenraketen ab dem Jahr 2026 veranlasste einige Medien, von einer Rückkehr des Kalten Krieges zu berichten. Neben den bereits eingeführten weitreichenden Waffensystemen vom Typ SM-6 und Tomahawk ist auch die Stationierung der in der Entwicklung befindlichen Hyperschall-Rakete Dark Eagle geplant. Verteidigungsminister Boris Pistorius erklärte, dass Europa mit der Stationierung der amerikanischen Waffen eine deutliche Fähigkeitslücke schließe. Er erinnerte gleichzeitig aber auch daran, dass die von den USA stationierten Langstreckenwaffen als Ansporn und Ziel für die Entwicklung europaeigener Kapazitäten dienen. Diese Fähigkeiten seien „ein Bestandteil unserer Nationalen Sicherheitsstrategie.“

Deep-Precision-Strike

Die Deutsche Atlantische Gesellschaft e. V. nennt die Stationierung der amerikanischen Systeme eine überfällige Antwort auf die russischen Marschflugkörper 9M729 oder SSC-8, da sich die Zahl der verteidigungsrelevanten zivilen und militärischen Ziele in Europa mit dem russischen Großangriff auf die Ukraine im Februar 2022 vervielfacht habe. Schließlich könne nicht ausgeschlossen werden, dass Russland sich militärisch gegen

Behörden Spiegel: Wie schätzen Sie die Ergebnisse der Haushaltseinigung ein?

Schwarz: Wichtig und richtig war es, dass sich die Bundesregierung noch rechtzeitig auf einen Haushaltsentwurf verständigen konnte. Als ich zum ersten Mal die Zahlen im Verteidigungsbereich gesehen habe, war ich aber ernüchtert. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat im Vorfeld konkrete Zahlen genannt. Diese Forderungen waren begründet und entsprachen den Notwendigkeiten im Fähigkeitsaufbau unserer Bundeswehr. Man muss aber auch anerkennen, dass sich die Bundesregierung auf diesen Vorschlag geeinigt hat. Die erste Etappe der Haushaltsaufstellung liegt hinter uns. Jetzt ist es Aufgabe des Parlaments, den Vorschlag zu optimieren. Wir werden uns jede einzelne Haushaltsstelle anschauen und optimieren und natürlich darf auch der Finanzminister noch einen Nachschlag liefern.

Behörden Spiegel: Wie hoch sind die Bedarfe der Streitkräfte?

Schwarz: Um die Zeitenwende mit Leben zu füllen und die Beschaffungsvorhaben kontinuierlich weiterlaufen zu lassen, also den Fähigkeitsaufwuchs bei der Bundeswehr zu ermöglichen, kommunizierte Pistorius einen Mehrbedarf von 6,7 Milliarden Euro im Vergleich zum diesjährigen Haushalt. Damit hätte sich der Verteidigungsetat auf etwa 60 Milliarden Euro belaufen. Diese Zahl hätte auch der Industrie klargemacht, dass die Zeitenwende fortgesetzt wird. Zeitenwende ist nicht nur ein Wort, sie muss auch mit finanziellen Mitteln hinterlegt werden. Deswegen wäre es wünschenswert

Die geplante Stationierung amerikanischer Mittel- und Langstreckenraketen ermöglicht die Bekämpfung strategischer Ziele in der Tiefe des Raumes. Foto: BS/oldmn, stock.adobe.com

einen oder mehrere NATO-Staaten wende. Reine Luftverteidigung könne daher nach Aussage der Deutschen Atlantischen Gesellschaft e. V. auch keine alleinige Lösung des Problems sein: „Don´t try to defend against all arrows but try to hit the bow.“ Die Umsetzung dieses Prinzips verlange die Fähigkeit zum frühen Ausschalten insbesondere von Führungszentren, Radaranlagen, Marschflugkörper- und Raketenstellungen sowie Flugplätzen „in der Tiefe des Raums“. Aber auch für den taktisch-operativen Zweck, also die Lähmung und Abwehr konventioneller russischer Angriffe entlang der Front, zeigt der Krieg in der Ukraine praktisch täglich die Notwendigkeit weitreichender land- oder luftgestützter Abstandswaffen – zur Ausschaltung von Gefechtsständen,

weitreichender Artillerie, LogistikDepots, Brücken und Bahnlinien u. a. m. weit hinter der Front. Wie lange bleiben die Waffen?

Ob diese Systeme jedoch tatsächlich in Deutschland ankommen werden und wie lange diese hier stationiert bleiben, ist allerdings angesichts der anstehenden US-Wahlen ungewiss. Denn der Ex-Präsident und erneute Präsidentschaftskandidat Donald Trump hatte in seiner ersten Amtszeit bereits den Abzug amerikanischer Truppen und Systeme erwogen. Obwohl dieser Ankündigung tatsächlich keine größeren Veränderungen folgten, bleibt unklar, wie Trump im Falle einer Wiederwahl zu der Stationierung von Langstreckenwaffen in Deutschland steht.

Gläsernes Gefechtsfeld

Physische und cybertechnische Kriegsführung (BS/sl) Der militärische Erfolg wird längst nicht mehr nur durch modernere Waffen oder die Soldaten auf dem Schlachtfeld bestimmt. Denn durch Drohnentechnologie und die damit verbundenen neuen Aufklärungsmethoden ist das Gefechtsfeld gläsern geworden.

„Krieg stellt den Willen auf die Probe und er stellt Logistik auf die Probe. […] Die Frage ist: Haben wir den politischen Willen, um uns für den Sieg zu organisieren?” fragte Lieutenant General (retired) der United States Army Ben Hodges bei seiner Rede im World Conference Center Bonn. Anlässlich der 37. AFCEA Fachausstellung, die unter dem Motto „Zeitenwende in der nationalen Sicherheit – Resilienz durch disruptive digitale Lösungen“ stand, erklärt Hodges, was seiner Meinung nach vom Westen in Bezug auf die unterschiedlichen globalen Konflikte erwartet wird.

Putins einzige Möglichkeit sei es, zu hoffen, dass der Westen aufhöre, die Ukraine zu unterstützen. Denn angesichts der passiven Unterstützung Russlands durch China und den Iran und deren gemeinsamer Abneigung gegen die geltenden, nach dem zweiten Weltkrieg aufgestellten internationalen Regeln, dürfe der Westen nicht aufhören, etwas dagegen zu unternehmen. „Der US-Präsident hat endlich unsere Politik dahingehend verändert, dass die Ukraine nun Angriffe über eine Reichweite von 300 Kilometern ausführen kann und damit auch über die Grenzen hinweg. Wir warten immer noch darauf, dass der Bundeskanzler den Marschflugkörper Taurus für die ukrainischen Streitkräfte genehmigt“, so Hodges.

Aufwuchs statt Anstieg

Zur langfristigen Finanzierung der Bundeswehr und darüber hinaus (BS) Der Bundestagsabgeordnete und SPD-Haushaltsexperte, Andreas Schwarz, sieht dringenden Investitionsbedarf in der Verteidigung, Infrastruktur und Bildung. Im Interview erklärt er, warum die Schuldenbremse in ihrer gegenwärtigen Form dem im Weg steht und wie man die Stimmung im Land hebt. Die Fragen stellte Jonas Brandstetter.

gewesen, wenn der Finanzminister dem Vorschlag des Verteidigungsministers entsprochen hätte.

Behörden Spiegel: Wie sollte sich der Verteidigungshaushalt in den kommenden Jahren entwickeln?

Schwarz: Der Verteidigungshaushalt muss anwachsen. Gegenwärtig ist für 2028 ein Aufwuchs auf 80 Milliarden Euro pro Jahr vorgesehen. Ein Vergleich mit den aktuellen Haushaltszahlen macht deutlich, dass dies einen erheblichen Sprung darstellen würde. So ein sprunghafter Anstieg ist eine besondere Kraftanstrengung. Angenehmer wäre es da, kontinuierlich anzuwachsen. Die Truppe wächst in ihren Fähigkeiten und personell. Damit geht ein Bedarf an zusätzlicher Ausbildung sowie an zusätzlichen Betriebs- und Unterhaltsmitteln einher. Außerdem muss die Truppe natürlich üben. Darüber hinaus muss auch die Brigade Litauen budgetär abgebildet werden.

„Am Ende des Tages ist es den Bürgerinnen und Bürgern egal, wo das Geld herkommt.“

Andreas Schwarz, MdB Foto:BS/redBÄR media

Das ganze Thema Wehrdienst ist dabei nicht einmal mitbedacht. Es ist also noch viel unterzubringen. Vor diesem Hintergrund wäre ein kontinuierlicher Aufwuchs sinnvoller, anstatt 2028 ruckartig in die Höhe zu springen.

Behörden Spiegel: Woher sollen die Mittel für einen derartigen Aufwuchs kommen?

Schwarz: Man darf den Verteidigungshaushalt nicht isoliert betrachten. Wir haben in vielen Bereichen Nachholbedarf, beispielsweise fehlen auch im Zivil- und Katastrophenschutz Milliarden. Im Bereich Infrastruktur belaufen sich die Bedarfe auf 400 Milliarden Euro. Auch in die Digitalisierung muss viel Geld fließen. Das Thema Bildung darf dabei auch nicht unter den Tisch fallen. In Anbetracht dieser vielen Herausforderungen, die sich uns im Prinzip alle gleichzeitig stellen, kann man nicht ein Thema sofort angehen und ein anderes auf Jahre vertagen.

Man muss alles gleichzeitig organisieren. Ich bin überzeugt, dass wir das aus dem regulären Haushalt nicht bekommen. Deswegen hat die SPD einen Vorschlag gemacht, die Schuldenbremse so zu modifizieren, sodass wir dieses Land auch zukünftig wettbewerbsfähig halten. Meiner Ansicht nach ist der Grund für schlechte Laune in diesem Land, dass Menschen feststellen, dass Dinge nicht wie gewohnt funktionieren. Deswegen müssen wir jetzt investieren. Zukunft beginnt jetzt und nicht erst in zwei Jahren. Im großen globalen Wettbewerb müssen wir Deutschland jetzt konkurrenzfähig machen.

Behörden Spiegel: Warum ziehen Sie diese Lösung einem weiteren Sondervermögen vor?

Schwarz: Am Ende des Tages ist es den Bürgerinnen und Bürgern egal, wo das Geld herkommt. Wichtig ist, dass dieses Land funktioniert. Als Parlamentarier ziehe ich aber andere Möglichkeiten einem Sondervermögen vor. Bei einem Sondervermögen sind den MdBs gewisse parlamentarische Kontrollmechanismen genommen. Die Abbildung im Haushalt ist die eleganteste und auch die transparenteste Lösung. Ein Sondervermögen kann immer ein Stück weit zur Blackbox werden.

Behörden Spiegel: Für die Umgestaltung der Schuldenbremse fehlt Ihnen aber die Mehrheit.

Doch neben der physischen Ebene gebe es mittlerweile auch noch eine andere, die mindestens genauso wichtig ist, wie Generalleutnant Andreas Marlow, Stellvertreter des Inspekteurs des Heeres und Kommandeur Militärische Grundorganisation, erklärte. Für ihn hat die Kriegsführung zwei Ebenen, zum einen die physische, materielle, wo tatsächlich gekämpft werde, und die Informationsebene, die gerade von cybertechnischen Entwicklungen abhängig sei. Beide Bereiche beeinflusten einander und so wirken sich Misserfolge oder Erfolge auf der einen Ebene auch auf die andere aus.

Gerade Drohnen seien hier eine interessante neue Entwicklung, denn hier stellten sich die Frage nach dem effektivsten eigenen Einsatz von unterschiedlichen Drohnen (Land, Luft, Wasser) und wie man sich vor gegnerischen Drohnen schützen könne. Gerade der Ukraine-Konflikt zeige die Folgen eines „gläsernen Gefechtsfelds“, erklärte Generalleutnant Marlow, denn durch Drohnenaufklärung werde dem Gegner jegliche taktische Beweglichkeit genommen. Daher seien Drohnen gerade für die Geländeaufklärung geeignet und könnten bei kritischen Entscheidungen helfen, da man die Lage mit ihrer Hilfe besser einschätzen könne, beendete Marlow seine Einschätzung.

Schwarz: Sicherlich sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine Änderung schwierig. Ich schlage deshalb eine Aussetzung der Schuldenbremse vor. Auf diese Weise sind wir in den vergangenen Jahren zum Beispiel bei der Corona-Pandemie vorgegangen. Die Reform der Schuldenbremse müssen wir der nächsten Bundesregierung vorbehalten. Das wird ein großes Thema bei den Koalitionsverhandlungen nach der kommenden Wahl. Ich bin der Überzeugung: Selbst die Parteien, die heute jede Debatte unterbinden, werden in einem Jahr mit großer Geschmeidigkeit über eine Reform der Schuldenbremse sprechen.

Behörden Spiegel: Wie fällt Ihre Bilanz zum Sondervermögen der Bundeswehr aus?

Schwarz: Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) hat in den letzten zwei Jahren Großes geleistet. Es hat eine völlig neue Kultur geschaffen. Bisher waren die Mitarbeitenden es gewohnt, den Mangel zu verwalten. Mit dem Sondervermögen standen sie plötzlich vor der Herausforderung, schnellstmöglich zu beschaffen. Bei der Menge der Projekte bin ich positiv überrascht, dass wir nach zwei Jahren im Prinzip 100 Milliarden Euro verplant und vertraglich gebunden haben. An der einen oder anderen Stelle gibt es allerdings noch Verbesserungspotenzial. Das betrifft vor allem Fragen der Digitalisierung. Mit diesem Problem steht die Bundeswehr aber nicht allein da. Die gesamte öffentliche Verwaltung hat hier Nachholbedarf. Ich würde mir wünschen, dass man das Geld nicht immer in teure Hardware steckt, sondern zukunftsfähige Software anschafft.

Kurz nach sieben auf der Liegenschaft der Polizei am Welfenplatz in Hannover: Die Morgensonne scheint durch die großen Fenster des Stalls, es riecht nach Pferd und frischem Stroh, hier und da hört man Hufe klappern. Guethe streut die Box seines Dienstpferdes Quito mit sauberem Stroh ein. Dann ist es Zeit, den Vierbeiner streifenfertig zu machen. Der Polizeioberkommissar packt alles ein, was er im Laufe des Tages benötigen könnte: Einen Ordner mit Formularen in die eine Seite der Packtasche, eine Kehrschaufel, um Pferdeäpfel zu entfernen, in die andere. Außerdem etwas Verpflegung für Pferd und Reiter sowie Regenausstattung – denn geritten wird bei jeder Witterung.

Von der ehemaligen Artilleriekaserne aus der Kaiserzeit, die heute als Stall für die 32 Dienstpferde genutzt wird, geht es los in Richtung Innenstadt. Guethe und seine Kollegin reiten durch die Straßen Hannovers, nehmen u. a. Unfälle und Strafanzeigen auf – die Aufgaben unterscheiden sich kaum von denen der Kolleginnen und Kollegen im Streifenwagen. Lediglich zu Einsätzen in Wohnhäusern werden die Teams der Reiterstaffel nicht alarmiert, denn hier müsste immer eine Einsatzkraft mit den Pferden draußen warten.

Reitstiefel im Gepäck Guethe feiert in diesem Jahr sein zehnjähriges Dienstjubiläum bei der Polizei. Das Studium absolvierte er in Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern). Ein paar Freundinnen nahmen ihn damals mit zum Reiten. Der gebürtige Hesse bekam erste Reitstunden. Eine Karriere bei der Reiterstaffel hatte er dabei noch nicht im Sinn. Nach dem Studium ging es für den Polizisten erst einmal drei Jahre in den Einzel- und Streifendienst, zuletzt als stellvertretender Dienstgruppenleiter. An den Wochenenden war er häufig mit der Hundertschaft bei Fußballspielen in Rostock im Einsatz.

Nachdem Guethe 2019 zum ersten Mal Vater geworden war, wuchs der Wunsch nach mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Der Streifendienst hat mich auch ehrlich gesagt nicht so ganz erfüllt“, gibt er zu. Also machte er sich auf die Suche nach alternativen Einsatzmöglichkeiten bei der Polizei. Mehr oder weniger spontan kontaktierte er den Leiter des Reiterzugs in Hannover, um zu fragen, ob er sich die Staffel mal anschauen könne. Guethe wurde auf die Liegenschaft am Welfenplatz eingeladen – und sollte gleich mal seine Reitstiefel mitbringen. „Kaum war ich bei der Reiterstaffel, wurde ich auch direkt auf ein Pferd gesetzt“, erinnert sich der 30-Jährige. Man wollte testen, ob der Gast vielleicht schon reiten

Ein bisschen Lucky Luke

Mit Quito durch die Straßen Hannovers

(BS/Ann Kathrin Herweg) Als Kind wollte er Reiter werden, so wie der bekannte Comic-Held Lucky Luke. Der Wunsch geriet in Vergessenheit, Pferde waren lange kein Thema. Heute, über 20 Jahre später, reitet Joshua Guethe zwar nicht durch den Wilden Westen, dafür aber als Polizist durch Hannover – wenn nötig auch, um im Galopp einen Ladendieb zu verfolgen und dingfest zu machen.

könne. Die Polizei kämpft bekanntermaßen damit, dass Frauen in den eigenen Reihen, insbesondere unter den Führungskräften, nach wie vor unterrepräsentiert sind. Bei der Reiterstaffel ist es genau umgekehrt: Hier mangelt es an männlichen Bewerbern. Bei gleicher Qualifikation werden diese daher bevorzugt eingestellt.

Der Kollege auf vier Hufen „Erfahrung ist schön, aber nicht zwangsweise vorausgesetzt“, erklärt Guethe . „Man muss kein Reiter sein, aber man brauch Talent zum Reiten, Bewegungsgefühl und Körperkoordination.“ Er selbst habe trotz einiger Vorerfahrung auch erst bei der Reiterstaffel gelernt, professionell zu reiten. Ob eine Polizistin oder ein Polizist für die Arbeit mit den Pferden geeignet ist, stellt sich meist im Rahmen einer Hospitation bei der Staffel heraus. In Guethes Fall gab es schnell grünes Licht für den Wechsel nach Hannover und schon wenige Monate später konnte er mit dem Reiterlehrgang – der Grundausbildung bei der Reiterstaffel – beginnen. Das Ziel: Sein Pferd sicher im Verkehrsraum und im Einsatz führen.

„Ich liebe mein Dienstpferd. Es ist für mich ein großes Geschenk, Quito reiten zu dürfen“, schwärmt der Sachbearbeiter Reiterzug. Quito ist ein Hannoveraner Kaltblut mit Schleswiger Ursprung. Der stattliche Wallach ist sieben Jahre alt und bringt 730 Kilo auf die Waage. Sein freundliches Gemüt und seine gemütliche Art machen ihn zum idealen Polizeipferd. Damit die Dienstpferde bestmöglich auf alle erdenklichen Einsatzszenarien vorbereitet sind, stehen regelmäßige Trainingseinheiten auf dem Programm. „Wir arbeiten bei der Pferdeausbildung ganz viel mit positiver Verstärkung, denn ich kann dem Pferd nur über Vertrauen etwas beibringen“, erklärt Guethe Es gilt der Ausbildungsgrundsatz: Vom Leichten zum Schweren, vom Bekannten zum Unbekannten. Konkret bedeutet das, die Pferde werden auf dem Reitgelände mit verschiedenen optischen und akustischen Reizen konfrontiert, die Intensität steigert sich langsam. Es werden Fahnen geschwenkt, mit einem großen Gymnastikball zufällige Berührungen simuliert und mit einem Kanister voller Steine laute Geräusche erzeugt. Guethes Dienstpferd reagiert gelassen auf die Übungen, hin und wieder schaut es sich neugierig um, aus der Ruhe bringen lässt der Hannoveraner sich aber nicht. „Quito ist ein alter Hase, den interessiert das alles reichlich wenig.“ Selbst wenn Guethe beim Reiten die Fahne direkt über das Gesicht des Pferdes legt und diesem so die Sicht versperrt – der Wallach hält Kurs, geht geduldig Schritt für Schritt weiter in die Richtung, die sein Reiter vorgibt. Das Tier verlässt sich voll und ganz auf Guethe

Im gegenseitigen Vertrauen „Die Beziehung zwischen Reiter und Pferd ist immens wichtig. Ohne Vertrauen kann ich den Einsatz nicht bewältigen“, betont Guethe „Es ist zwar auch möglich, mit einem anderen Dienstpferd in den Einsatz zu reiten, mit dem eigenen gehe ich aber schon noch mal ein Stück weiter.“ Das kann er auch,

denn er kennt sein Pferd und weiß, was er ihm zumuten kann. „Ich würde Quito nicht in eine Situation bringen, die er nicht meistern kann. Ich würde vorher sagen: Das schaffen wir nicht.“

Quito ist Guethes zweites Dienstpferd. Der Polizist hat den Kaltblüter bekommen, als dieser fünf Jahre alt war und noch in der Ausbildung zum Polizeipferd steckte. „Wir waren damals im Naturschutzgebiet unterwegs und haben einen Waldbrand gesehen“, erinnert sich Guethe. Andere Polizeikräfte waren nicht verfügbar, ein Streifenwagen hätte das Gelände auch gar nicht erreichen können. Also näherte sich das Team aus Pferd und Reiter dem 2.000 Quadratmeter großen Flächenbrand bis auf 15 Meter. Die Flammen standen zwei Meter hoch, die Feuerwehr arbeitete gleich nebenan mit großem Gerät daran, den Brand zu löschen. Obwohl er noch kein fertiges Polizeipferd war, machte Quito den Einsatz anstandslos mit und bewies damit schon früh sein Vertrauen.

Tierische Ausstrahlung

„Am Anfang besteht bei den Kolleginnen und Kollegen der Bereitschaftspolizei vielleicht das Vorurteil, das hier wäre ein Ponyhof“, erzählt Guethe. Damit die Beamtinnen und Beamten die Pferde als Einsatzmittel kennenlernen und für die Besonderheiten in der Zusammenarbeit sensibilisiert werden können, gibt es regelmäßig einen

können die Vierbeiner mit ihren Fähigkeiten punkten. Sie sind mobil, tragen ihre Reiterinnen und Reiter schnell – im Galopp auch mal mit bis zu 25 km/h – an jede Örtlichkeit in der Innenstadt, sie sind wendig und geländegängig. Die Reiterstaffel wird häufig auch bei der Vermisstensuche oder bei Kontrollen in Naturschutzgebieten eingesetzt. „Überall, wo der Streifenwagen nicht weiterkommt, kommen wir noch ein Stück weiter“, erläutert Guethe

Im Gleichgewicht

Hin und wieder, wenn Guethe und seine Kolleginnen und Kollegen mit den Pferden in der Stadt unterwegs sind, kommt der Wasserwerfer vorbei, um den Tieren etwas zu trinken zu bringen. Die Passantinnen und Passanten staunen dann nicht schlecht. „So ein Pferd kann als Eisbrecher fungieren“, erzählt der Polizist. Man kommt durch die Vierbeiner leicht ins Gespräch. Erwachsene nutzen die Gelegenheit, um Probleme anzusprechen. Kinder dürfen die Tiere streicheln und machen so erste positive Erfahrungen mit der Polizei. Nach getaner Arbeit erholt sich Quito auf dem Gelände der Reiterstaffel. Insbesondere nach längeren Einsätzen werden die Pferde am Folgetag – wenn möglich – geschont, es wird nur gymnastisch gearbeitet oder sie entspannen auf dem Paddock. Guethe findet seinen Ausgleich zum Dienst in der Gartenarbeit und vor allem in der gemeinsamen Zeit mit seiner Frau und den beiden Söhnen. Gelegenheit, auch privat zu reiten, bleibt gerade kaum. Trotzdem lässt der Gedanke, später ein eigenes Pferd zu besitzen, den 30-Jähringen einfach nicht los. Sein großer Wunsch: „Ich hoffe, dass ich Quito irgendwann übernehmen kann, wenn er mit seiner Polizeiarbeit fertig ist.“

gemeinsamen Trainingstag. Und spätestens nach dem ersten gemeinsamen Einsatz sind selbst die letzten Skeptiker von der Zusammenarbeit überzeugt. Auch wegen der deeskalierenden Wirkung der Pferde.

„So ein Pferd macht Eindruck“, erklärt Guethe. Durch ihre Größe halten die Tiere Menschen mit hohem Aggressionspotenzial auf Abstand. Außerdem überträgt sich ihre Ruhe auf die Leute, Gewaltbereitschaft lässt sich dadurch oft schon im Keim ersticken. „Es kann dann auch schon mal vorkommen, dass ein Hooligan vorbeikommt, um die Pferde zu streicheln“, lacht Guethe Ein weiterer Vorteil bei Großveranstaltungen: Während die Bereitschaftspolizistinnen und -polizisten auf Augenhöhe mit den Fußballfans o. Ä. sind, haben Reiterinnen und Reiter von oben einen guten Überblick. Und auch im Streifendienst

Reiterstaffel Hannover

Die Polizeireiterstaffel Hannover ist Teil der Polizeidirektion Hannover. Zusammen mit der Reiterstaffel Braunschweig bildet sie den Niedersächsischen Reiterzug. Zum Team der Reiterstaffel gehören 40 Polizeireiterinnen und -reiter sowie sechs Pferdewirtinnen, die sich um das Wohl der Tiere kümmern.

Die Reiterstaffel hat eine Sollstärke von 32 Dienstpferden, darunter auch Jungpferde, die sich in Ausbildung befinden. Die Pferde werden mit drei bis fünf Jahren angekauft, teilweise vor Ort angeritten und gehen mit 20 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand. Die Staffel wird sowohl für den Streifendienst als auch bei Großeinsätzen eingesetzt. Als Verfügungseinheit des Landes Niedersachsen kann die Staffel deutschlandweit für Sondereinsätze wie Fußballspiele, Demonstrationen o. Ä. angefordert werden.

Gut ausgerüstet: Für Großveranstaltungen werden die Dienstpferde mit Visier und Nasenschutz ausgestattet.
Ein eingespieltes Team: Guethe kümmert sich auch neben dem Einsatz um sein Dienstpferd. Das stärkt die Bindung zwischen Reiter und Pferd. Fotos: BS/Reiterstaffel Hannover
Auf Streife: Guethe und sein Dienstpferd sorgen für Sicherheit in den Straßen Hannovers.

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