Behörden Spiegel Februar 2024

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Leitmedium für den Öffentlichen Dienst

ISSN 1437-8337

Nr. II / 40. Jg / 6. Woche

Berlin und Bonn / Februar 2024

G 1805

www.behoerdenspiegel.de

Verwaltung neu denken! Innovative Methoden bringen frischen Wind in spröde Strukturen. Spielerische oder hierarchiefreie Vorgehensweisen werden nicht nur von jüngeren Mitarbeitenden begrüßt. Kreativität bringt die Verwaltung voran, setzt neue Impulse und trägt zur Modernisierung des Staatsdienstes bei. Mehr dazu auf Seite 2.

Grafik: BS/ Marvin Hoffmann unter Verwendung von Viktoriia, Kay, Pablo Syvak, mast3r, d1sk, pakoefoto, barberry, Torontotokio; stock.adobe.de

Das Leid mit den Fristen OZG 2.0 lässt auf sich warten. SDG-Verordnung wurde nicht erfüllt. Sanktionen sind nicht zu erwarten. (BS/Benjamin Hilbricht) Das Onlinezugangsgesetz (OZG 2.0) ist immer noch nicht beschlossen. Damit ist das Gesetz seit vierzehn Monaten überfällig. Die abschließende Lesung im Bundestag ist bisher nicht terminiert. Außerdem hat die Bundesrepublik gerade eine weitere Digitalisierungsfrist verfehlt.

Ein Datum macht aus einer Vision einen Plan. Es baut Druck auf, es lässt sich gut kommunizieren. Nur, wenn die Betroffenen die Frist nicht einhalten, kann das jeder sehen. Eine Frist dient der Kontrolle. Der Staat ist gerade nicht gut darin, Fristen einzuhalten – zumindest in der aktuellen Digitalpolitik. Seit über einem Jahr ist das OZG 2.0 überfällig. Die Zweite und Dritte Lesung im Bundestag sollten eigentlich im Dezember erfolgen. Bislang ist aber immer noch kein Termin bekannt. Nach dem Beschluss im Parlament wäre noch die Zustimmung des Bundesrates erforderlich – eine weitere Verzögerung. Bis dahin bleibt die Verwaltungsdigitalisierung in einem diffusen Post-OZG-Zustand.Das zeigt sich Adressfeld

auch an anderer Stelle. Im Jahr 2018 – ein Jahr nach dem OZG 1.0 – beschloss die Europäische Union ihren Digitalisierungs-Fünf-Jahres-Plan, die Single-Digital-Gateway-Verordnung (SDG-Verordnung). Bis Dezember 2023 sollten 21 Leistungsbündel in allen Mitgliedsstaaten digitalisiert und miteinander kompatibel sein. Es war die OZG-Frist nach der Frist, Deutschlands Chance, es besser zu machen. Laut dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) muss Deutschland 18 SDG-Leistungsbündel digitalisieren. Davon ist jedes dritte in Deutschland nicht flächendeckend verfügbar. Dazu gehören wesentliche Leistungen wie die Meldung einer Adressänderung. Dazu gehört auch die i-Kfz, also die digitale Zulassung eines Kraftfahrzeugs. Nebenbei: Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) schaltete laut einem Sprecher bei jeder zehnten Zulassungsstelle zum Jahreswechsel die i-Kfz wieder ab – zumindest vorübergehend. Die entsprechenden Kommunalverwaltungen erfüllten nicht die Mindestanforderungen an die IT-Sicherheit (siehe Seite 28). Das BMI hat die Schuldigen ausgemacht: Grundsätzlich liege die Verantwortung für die SDG-Umsetzung bei den für diese Leistungen zuständigen Behörden. Die nur teil-

Das Instrument des Vertragsverletzungsverfahrens droht zwar immer, die Kommission macht davon auch durchaus Gebrauch, es bleibt aber letztlich ein zahnloser Tiger.“ Dr. Ariane Berger, Deutscher Landkreistag

weise verfügbaren Leistungen seien föderal. Sprich: Manche Kommunen und Länder hätten die Frist nicht eingehalten. Die Länder müssen sich laut Behörden Spiegel-Informationen sogar gegenüber dem Kanzleramt rechtfertigen. Anfang Februar sollen die Digitalverantwortlichen im Bundeskanzleramt erklären, warum sie trotz zusätzlicher Finanzmittel aus dem Konjunkturpaket die OZGFokusleistungen noch nicht umgesetzt haben. Aber vielleicht sind wir Deutschen wenigstens nicht allein mit unse-

rer Digitalisierungsaufschieberitis? Die EU-Kommission müsste wissen, wie weit ihre Mitgliedsstaaten sind. Doch sie hält sich mit solchen Informationen zurück: „Eine systematische Bewertung der Umsetzung in den Mitgliedsstaaten wurde bisher nicht vorgenommen“, sagt eine Sprecherin. Gibt es Konsequenzen für die Säumigen? Die Kommission beabsichtige, bis Ende dieses Jahres einen Bericht über die Umsetzung des Single Digital Gateways durch die Mitgliedsstaaten vorzulegen, erklärte die Sprecherin weiter. Mit Blick auf Strafen der EU sei sie „relativ gelassen“, sagt Dr. Ariane Berger, die Digitalisierungsbeauftragte des Deutschen Landkreistages. „Das Instrument des Vertragsverletzungsverfahrens droht zwar immer, die Kommission macht davon auch durchaus Gebrauch, es bleibt aber letztlich ein zahnloser Tiger“, sagt Berger. Auf selbst auferlegte Pflichten, an die er sich nicht hält, kann der Staat verzichten. Insbesondere dann, wenn es keine Sanktionen gibt. Deswegen machen sich Grüne und CDU/CSU derzeit für einen Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen stark. Wer nicht digitalisiert, wird verklagt, so die Idee. Ob das helfen würde? Wer weiß. Der Staat sollte sich jedenfalls nur Fristen setzen, die er einhalten kann und will.

Europäische Vorbilder Der Bund sucht nach neuen Finanzierungsoptionen für die Sanierung der Deutschen Bahn. Seite 7

E-Rezept: erste Bilanz Die Etablierung des E-Rezepts ist vorerst gelungen. Doch es gibt auch Hindernisse. Seite 23

Illusion als Hilfsmittel Hauptfeldwebel Andreas Steinkat sucht in der Kunst einen Weg, um Kriegstraumata zu verarbeiten. Seite 34


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