Behörden Spiegel September 2024

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In der Spur

Der Investitionsstau bei Bund, Ländern und Kommunen ist gewaltig und zeigt sich insbesondere im Bereich der Infrastruktur. Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) leisten hier – vielfach bereits in den 2000er Jahren angestoßen – heute einen Beitrag, um eine schnellere, effizientere und kostengünstigere Erledigung der öffentlichen Aufgaben zu gewährleisten. Diese Form der Kooperation zwischen Staat und Privat könnte – auch angesichts knapper öffentlicher Kassen – zukünftig wieder an Fahrt aufnehmen.

Schulmäßig vernachlässigt

Systemischen Stillstand im Bildungssystem beheben

(BS/Dr. Eva-Charlotte Proll) Über 800.000 Kinder werden in diesem Sommer eingeschult. Sie kommen mit mangelhaften Zuständen in Berührung: materiell und personell gibt es von allem zu wenig. Die systemischen Probleme werden von den Lehrkräften ausgebadet.

Allein die Bonner Verwaltung rechnet mit 1.000 Schülerinnen und Schülern mehr. Hinzu kommt der ab 2026 geltende Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung (OGS). Auch deswegen wird mehr Platz

Kinder, die aber morgens von ihren Eltern gefragt werden, ob sie lieber den grünen statt den roten Pullover anziehen möchten, denen beigebracht wird, dass sie die Tante nicht küssen müssen, wenn sie nicht wollen, brauchen andere Lernansätze. Laut Lerncoach Caroline von würden ebenjene Kinder nicht zwei Stunden repetitiv Buchstaben schreiben. Sie identifizierten sich nicht mit den Zielen des Unterrichtsplans, binnen drei Wochen eine bestimmte Anzahl an Vokabeln auswendig zu lernen. Sie müssen anders motiviert werden, brauchen flexiblere Lehrpläne und eine anregende Lernumgebung – insbesondere, wenn sie einen Großteil ihres Tages in der Schule verbringen. Um aber neue Bildungskonzepte vom Papier in den Alltag zu überführen, bedarf es größerer Freiräume für Lehrerinnen und Lehrer. Zeitlich scheint dies aufgrund des Lehrermangels utopisch: Allein in NRW fehlen laut Schulministerium 6.000 Lehrerinnen und Lehrer. Die meisten davon an Grundschulen. Das Ausprobieren neuer Ansätze wird zudem vielfach skeptisch beäugt. Teilweise fehlt der Mut, neue

Ansätze oder Technologien zu erproben. Folgekosten für neue Geräte sind ungeklärt, nicht genutzte Whiteboards mangels WLAN sind keine Ausnahme. Das Startchancen-Programm schafft zwar finanzielle Spielräume, aber sie beheben die Vielzahl der Probleme nicht flächendeckend.

Zudem steigen Verwaltungs- und Organisationsaufwände für Lehrerinnen und Lehrer. Weniger Bürokratie und Dokumentation sind auch Wünsche von Lisa Neumann

Sammelsurium von Lerninhalten

Eklatant wird das Missverhältnis föderaler Verantwortlichkeiten aber, wenn der Lehrplan – früher bestimmt durch Lehrbücher – nun durch Apps ausgestaltet wird. Kommunen müssen laut Schwerins Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier auf NeueStadt.org nicht nur die technologische Nutzbarkeit dieser Apps prüfen, ihnen obliege es auch, über die fachliche Einsatzfähigkeit für den Unterricht zu entscheiden. Flächendeckend könne so ein Flickenteppich entstehen. Der Anspruch, dass Schulen Lernfreude vermitteln, Kinder individuell gefördert und Interessen qua Überzeugungskraft geweckt werden, steht und fällt mit dem Engagement einzelner Lehrerinnen oder Schulleiter. Dieser systemisch erzeugte Stillstand muss dringend behoben werden.

Vier-Tage-Post

Diese Implikationen hat die Neuauflage des Postgesetzes für die Zustellung von Behördenbriefen. Seite 6

Klein, aber fein

Gezielte Förderprogramme und kulturelle Angebote helfen kleinen Kommunen gegen Leerstand. Seite 15

Deep Fakes

Der Bundesrat möchte bösartige Deep Fakes ins Strafgesetzbuch aufnehmen. Die Zustimmung von Bundestag und Bundesregierung steht aus. Seite 34

Berlin und Bonn / September 2024

In der Spur

Der Investitionsstau bei Bund, Ländern und Kommunen ist gewaltig und zeigt sich insbesondere im Bereich der Infrastruktur. Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) leisten hier – vielfach bereits in den 2000er Jahren angestoßen – heute einen Beitrag, um eine schnellere, effizientere und kostengünstigere Erledigung der öffentlichen Aufgaben zu gewährleisten. Diese Form der Kooperation zwischen Staat und Privat könnte – auch angesichts knapper öffentlicher Kassen – zukünftig wieder an Fahrt aufnehmen.

Schulmäßig vernachlässigt

Systemischen Stillstand im Bildungssystem beheben

(BS/Dr. Eva-Charlotte Proll) Über 800.000 Kinder werden in diesem Sommer eingeschult. Sie kommen mit mangelhaften Zuständen in Berührung: materiell und personell gibt es von allem zu wenig. Die systemischen Probleme werden von den Lehrkräften ausgebadet.

A n einer Brennpunktschule in Aachen starten drei der 23 Schüler der Klasse 5F in das neue Schuljahr, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Ihre Klassenlehrerin Lisa Neumann (Name geändert) ist froh, dass es für sie in diesem Jahr „nur“ drei sind. Die Gesamtzahl der nicht deutschsprachigen Kinder an der Schule übersteigt ebenjene aus dem vergangenen Jahr. So ist es Neumanns Schülern in diesem Jahr nur noch möglich, sechs Stunden pro Woche in einer internationalen Klasse Deutsch zu lernen. Für den Rest des Unterrichts müsse sie sich etwas anderes einfallen lassen. In anderen Bundesländern heißen die internationalen Klassen z. B. Willkommensklassen, aber die Lage sieht dort nicht anders aus: An Grundschulen in Niedersachsen sind es für die Kinder zwei bis drei Stunden Deutsch als Zweitsprache. Immerhin hat das Land den Weg dafür freigemacht, dass Grundschullehrer genauso entlohnt werden können wie Lehrerinnen und Lehrer an den weiterführenden Schulen. Fast überall im Land werden Kinder ohne jegliche Deutschkenntnis eingeschult. Der Pisa-Studie zufolge hat jedes vierte Schulkind einen Migrationshintergrund. Einzelne Kommunen, wie die Bundesstadt Bonn, versuchen dem entgegenzuwirken, indem sie für Vierjährige eine Vorabeinschätzung zur Sprachkompetenz verlangen. In

den meisten Fällen erfolgt dies über den Kindergarten. Auch Berlin geht einen ähnlichen Weg: Mit speziellen Lernmaterialien soll dem bisweilen defizitären Deutschkenntnisstand der eingeschulten Schülerinnen und Schüler entgegengewirkt werden. Mithilfe sogenannter LauBeHefte werden die sprachlichen und mathematischen Kompetenzen der Erstklässler erfasst. Daraufhin soll jedes Kind individuelle Unterstützung erhalten, so die Idealvorstellung, die die Senatsverwaltung für Bildung nach außen kommuniziert. Von 32.000 Vollzeit-Lehrkräften dienten 14.000 Stellen einer ebensolchen „strukturellen Unterstützung“. Ob das angesichts von immer mehr zusätzlich zu leistendem Arbeitsaufwand in der pädagogischen Praxis hinreichend realisiert werden kann, bleibt fraglich. Schulalltag wie vor über 40 Jahren Zudem entsprechen die meisten Klassenräume hierzulande einem Schulalltag wie vor über 40 Jahren: Schreibtische, Stühle, Pausenhöfe, von der Technologie ganz abgesehen. Bei Letzterem hat der Digitalpakt Schule eine Grundausstattung an Schulen ermöglicht. Knapp werden in Zukunft auch die Räumlichkeiten, wenn wie in Nordrhein-Westfalen (NRW) 2026 wieder G9 eingeführt wird und dadurch unweigerlich mehr Kinder in die Schule gehen.

Allein die Bonner Verwaltung rechnet mit 1.000 Schülerinnen und Schülern mehr. Hinzu kommt der ab 2026 geltende Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung (OGS). Auch deswegen wird mehr Platz benötigt.

Kinder, die aber morgens von ihren Eltern gefragt werden, ob sie lieber den grünen statt den roten Pullover anziehen möchten, denen beigebracht wird, dass sie die Tante nicht küssen müssen, wenn sie nicht wollen, brauchen andere Lernansätze. Laut Lerncoach Caroline von St. Ange würden ebenjene Kinder nicht zwei Stunden repetitiv Buchstaben schreiben. Sie identifizierten sich nicht mit den Zielen des Unterrichtsplans, binnen drei Wochen eine bestimmte Anzahl an Vokabeln auswendig zu lernen. Sie müssen anders motiviert werden, brauchen flexiblere Lehrpläne und eine anregende Lernumgebung – insbesondere, wenn sie einen Großteil ihres Tages in der Schule verbringen. Um aber neue Bildungskonzepte vom Papier in den Alltag zu überführen, bedarf es größerer Freiräume für Lehrerinnen und Lehrer. Zeitlich scheint dies aufgrund des Lehrermangels utopisch: Allein in NRW fehlen laut Schulministerium 6.000 Lehrerinnen und Lehrer. Die meisten davon an Grundschulen. Das Ausprobieren neuer Ansätze wird zudem vielfach skeptisch beäugt. Teilweise fehlt der Mut, neue

Ansätze oder Technologien zu erproben. Folgekosten für neue Geräte sind ungeklärt, nicht genutzte Whiteboards mangels WLAN sind keine Ausnahme. Das Startchancen-Programm schafft zwar finanzielle Spielräume, aber sie beheben die Vielzahl der Probleme nicht flächendeckend.

Zudem steigen Verwaltungs- und Organisationsaufwände für Lehrerinnen und Lehrer. Weniger Bürokratie und Dokumentation sind auch Wünsche von Lisa Neumann

Sammelsurium von Lerninhalten

Eklatant wird das Missverhältnis föderaler Verantwortlichkeiten aber, wenn der Lehrplan – früher bestimmt durch Lehrbücher – nun durch Apps ausgestaltet wird. Kommunen müssen laut Schwerins Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier auf NeueStadt.org nicht nur die technologische Nutzbarkeit dieser Apps prüfen, ihnen obliege es auch, über die fachliche Einsatzfähigkeit für den Unterricht zu entscheiden. Flächendeckend könne so ein Flickenteppich entstehen. Der Anspruch, dass Schulen Lernfreude vermitteln, Kinder individuell gefördert und Interessen qua Überzeugungskraft geweckt werden, steht und fällt mit dem Engagement einzelner Lehrerinnen oder Schulleiter. Dieser systemisch erzeugte Stillstand muss dringend behoben werden.

Vier-Tage-Post

Diese Implikationen hat die Neuauflage des Postgesetzes für die Zustellung von Behördenbriefen. Seite 6

Klein, aber fein

Gezielte Förderprogramme und kulturelle Angebote helfen kleinen Kommunen gegen Leerstand. Seite 15

Deep Fakes

Der Bundesrat möchte bösartige Deep Fakes ins Strafgesetzbuch aufnehmen. Die Zustimmung von Bundestag und Bundesregierung steht aus. Seite 34

Nr. IX / 40. Jg / 37. Woche Berlin und Bonn / September 2024

Schwerpunktthema der Ausgabe

In der Spur

Wissings Füllhorn

Schulterschluss mit der Privatwirtschaft?!

Ein Interview mit dem Bundesverband Public Private Partnership................Seite 10 Hand in Hand ÖPP in der Vergabe Seite 11

Smarte Partner Wie Verwaltung und Wirtschaft die Zukunft gestalten.............................…...Seite 23

Die Versicherungslücke Rolle von (Rück-)Versicherern und Behörden.............................................…Seite 39

Folgen Sie diesem Icon: Dieses Icon finden Sie auf mehreren Seiten der aktuellen Ausgabe. Es zeigt an, dass es sich bei dem jeweiligen Beitrag um einen Schwerpunktartikel zum Thema „ÖPP in Progress“ handelt.

Kommentare Aufarbeitung bitte

(BS) Die Erwartungshaltung an den Staat ist, alles richtig zu machen. Gerade in Krisen, wenn es allen weh tut, muss er es richten. So scheint die Aufarbeitung der Corona-Pandemie vielversprechend, bleibt aber aus. Sie wäre auch falsch, würde sie in Schwarz und Weiß einsortieren. Eine Aufarbeitung dient nicht der Bestrafung aber sie sollte wissenschaftliche Ableitungen zum Ergebnis haben, was der Staat bei zukünftigen Krisen können soll und darf. Jede Bürgerin und jeder Bürger beansprucht in einem Notstand erstmal Rettung am eigenen Leib. Der sich ausbreitende Individualismus in Deutschland verstärkt den Bedarf, die Corona-Politik in Schubladen einzusortieren. Die fehlende evidenzbasierte und akademische Aufarbeitung befeuert populistische Parteien. Statt sachlicher Analysen prallen Fronten aufeinander. Konträre Meinungen in einer „Pandemie der Ungeimpften" bei gleichzeitigem Wissen, dass auch Geimpfte Corona übertragen können, waren nicht erwünscht. Teile der Gesellschaft informierten sich plötzlich auf Plattformen, die Verschwörungstheorien propagierten. Auch fi nanziell bemängelt der Bundesrechnungshof (BRH) neben einer als zu teuer geltenden Bedarfsanalyse zur Beschaffung von Impfstoff das Vorhalten von Krankenhausbetten für CoronaPatienten. Die Beschaffung und Bevorratung von Masken ist bereits als zu teuer bekannt. Der BRH kritisiert auch die privaten Coro-

na-Teststationen. Insgesamt hat der Rechnungshof Ausgaben von 62,5 Milliarden Euro geprüft. Er bilanziert, dass schnelle und unbürokratische Hilfen nicht geringere Sorgfalt bedeuten dürfen. Im Nachgang lässt sich leicht kritisieren: Das Vorhalten von Krankenausbetten war nicht in einer solchen Dimension erforderlich. Gleiches gilt für Impfstoff, Masken, Testzentren samt Missbrauchsgarantie. Kontrolle zur Einhaltung von Lockdowns: bedenklich.

Es fehlt eine vergleichende Auswertung über Länder, Kommunen und Landkreise, die teilweise entgegengesetzte Maßnahmen angeordnet haben. Das auszuwerten und Prognosen für die Zukunft abzuleiten, wäre ein Eldorado für die Wissenschaft. Selbst Vertreter eines schlanken Staates können nicht leugnen, dass für zukünftige Krisen eine andere Datenlage benötigt wird. Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Hochschule Pforzheim und des NEGZ fordert eine Definition relevanter Daten, die Standardisierung ihrer Erfassung und die Notwendigkeit zur Zusammenführung auf Basis moderner IT-Lösungen. Das ist aber nicht alles. Es braucht ein Weiterdenken in Szenarien, um künftige Maßnahmen zur Abmilderung oder Bewältigung vorhalten zu können die Grundlage ist Aufbereitung, Aufarbeitung und nochmals Aufarbeitung.

Gefährliche Normalität

Impressum

Der Behörden Spiegel wird verlegt von der ProPress Verlagsgesellschaft mbH. www.behoerdenspiegel.de

Herausgeberin und Chefredakteurin Dr. Eva-Charlotte Proll

Stellvertretender Chefredakteur Guido Gehrt

Leiterin der Berliner Redaktion Anne Mareile Walter Leiter der Bonner Redaktion Bennet Biskup-Klawon

Aktuelles Öffentlicher Dienst Ann Kathrin Herweg, Sven Rudolf, Hans-Jürgen Leersch Kommune Marlies Vossebrecker, Scarlett Lüsser Digitaler Staat Christian Brecht, Mirjam Klinger, Paul Schubert, Anna Ströbele Sicherheit & Verteidigung Jonas Brandstetter, Thomas Hönig, Lars Mahnke, Klaus Pokatzky

Sonderkorrespondenten BOS Dr. Barbara Held, Gerd Lehmann

Online-Redaktion Tanja Klement

Parlamentsredaktion Berlin

Tel. 030/726 26 22 12, Fax 030/726 26 22 10

Zentraler Kontakt

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Geschäftsführung Dr. Fabian Rusch

Anzeigenleitung Dr. Fabian Rusch Layout Yonca Bilgi, Cécile Föppl, Marvin Hoffmann, Maximilian Spuling Satz Spree Service und Beratungsgesellschaft mbH, Berlin

Druck Weiss-Druck GmbH & Co. KG, Hans-Georg-Weiss-Straße 7, 52156 Monschau Herausgeber- und Programmbeirat Uwe Proll (Vorsitz)

Im Falle höherer Gewalt und Störungen des Arbeitsfriedens besteht kein Anspruch auf Belieferung. Für unverlangt eingesandte Manuskripte keine Gewähr. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Zeitung und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen (auch Werbeeinschaltungen) sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Auflagenkontrolle durch IVW (www. ivw.de). Jahresabonnement 9,80 Euro (12 Ausgaben inkl. Porto und MwSt.)

Erfüllungsort und Gerichtsstand Bonn Altpapieranteil 100 Prozent

Für Bezugsänderungen:

(BS) Lässt sich ein Täter von einem Verbotsschild aufhalten, wenn er an anderer Stelle frei mit seinem Messer herumwedeln darf? Die jüngsten Messerangriffe, wie der eines 17-Jährigen in Stuttgart, die Attacke in einem Siegener Bus und der verheerende Vorfall in Solingen, zeigen, dass das Problem sich häufender Messerangriffe über einzelne Täter hinausgeht. CDUChef Friedrich Merz mag die Schuld bei der Migration suchen, doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache: In Nordrhein-Westfalen wurden 2023 rund 3.500 Straftaten mit Messern verübt – ein Anstieg von 43 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die meisten Täter sind junge Männer unter 21 Jahren, über die Hälfte mit deutschem Pass. Noch besorgniserregender ist, dass es für viele zum guten Ton gehört, Messer mit sich zu tragen. Das

Schlimmste daran: Es ist zu einfach, an ein Messer zu kommen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat eine Verschärfung des Waffenrechts mit einem Führungsverbot von Messerklingen ab sechs Zentimetern angekündigt. Sinnvoll, aber nicht ausreichend. Messer sind Waffen und sollten so behandelt werden. Ein generelles Messer-

von Mirjam Klinger

verbot in der Öffentlichkeit würde die Sicherheit erhöhen und die Arbeit der Polizei erleichtern. Polizisten müssten nicht mehr Klingen vermessen, sondern könnten Messer direkt konfiszieren. Nur so kann verhindert werden, dass Messer weiter als gefährliches Spielzeug in den Händen von Jugendlichen landen.

von Dr. Eva-Charlotte Proll

„Ein Arbeitgeber kann seinen Mitarbeitenden nicht verbieten, ihre Meinung zu äußern – weder durch Weisungen noch durch Richtlinien oder Regelungen im Arbeitsvertrag“, erklärt Rechtsanwalt Jürgen Kutzki. Die gesetzlich verankerte Meinungsfreiheit sei zu wahren. Auch die Treuepflicht im Öffentlichen Dienst ändere nichts daran. Trotzdem könnten politische Äußerungen in bestimmten Fällen zur Kündigung führen, so der Diplom-Verwaltungswirt online beim Führungskräfte Forum. Auch Meinungsfreiheit hat ihre Grenzen. Beleidigung, Verleumdung und Hetze gelten als Straftat und können eine Kündigung zur Folge haben. Im Sylt-Fall ermittelt der Staatsschutz derzeit, ob der Straftatbestand der Volksverhetzung nach Paragraf 130 Strafgesetzbuch erfüllt sein könnte. Die Situation ist nicht eindeutig. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2010 besagt, dass bestimmte Begleitumstände vorliegen müssen, um einer Äußerung den „notwendigen volksverhetzenden Charakter zu verleihen“. Diese sind z. B. dann erfüllt, wenn die Äußerungen Hass schüren oder Gewalt oder Willkür gegen Teile der Bevölkerung fördern sollen. Das gilt es nun mit Blick auf die Vorkommnisse auf Sylt zu erörtern. Kommt der Staatsschutz zu dem Schluss, dass sich die Beteiligten einer Straftat schuldig gemacht haben, gilt dies als Verletzung der Treuepflicht und kann mit einer außerordentlichen Kündigung bestraft werden. Kutzki hält eine dahingehende Einschätzung der Situation jedoch für fraglich.

Loyalität ist Pflicht

Wenn Mitarbeitende der öffentlichen Verwaltung durch rechtsextremistische Äußerungen auffallen, an Treffen rechtsextremistischer Gruppen teilnehmen oder anderweitig mit der rechten Gesinnung in Verbindung gebracht werden, ist das besonders heikel. Für sie gilt eine gesteigerte Loyalitäts- bzw. Treuepflicht, die zur Treue gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung verpflichtet. Dementsprechend werden an sie besonders hohe Anforderungen gestellt. Fehlverhalten wird strenger

Wenn Feiern zum Verhängnis wird

Zwischen Treuepflicht und rechtsextremen Parolen

(BS/Ann Kathrin Herweg) Eine Bar auf Sylt, junge Menschen feiern ausgelassen und filmen sich, während sie rechtsextremistische Parolen grölen. Das Video wird in den Sozialen Medien mit viel geteilt und kostet einige Partygäste ihre Arbeitsstelle. Welchen Arbeitsrechtlichen Konsequenzen hätten einfache Staatsdienerinnen und Staatsdiener und Kernfunktionsträger in einem solchen Fall zu fürchten – Treuepflicht steht besonderen Kündigungsregelungen gegenüber.

definiert und entsprechend geahndet. Fraglich ist, ob bereits eine rassistische Äußerung oder der Veranstaltungsbesuch allein als eine Verletzung der Treuepflicht zu bewerten sind. Bestehende Gerichtsurteile zu ähnlichen Fällen geben Anhaltspunkte, wie der Vorwurf eines Verstoßes gegen die Verfassungstreue im Sylt-Fall einzuschätzen ist.

Eine langjährige Mitarbeiterin der Stadt Köln nahm Ende des vergangenen Jahres am sogenannten Potsdamer Treffen teil, bei dem sich Rechtsextremisten versammelten. Die Mitarbeiterin war tariflich ordentlich nicht kündbar. Also entschied die Stadt, ihr mehrere außerordentliche Kündigungen auszusprechen. Die Begründung: Sie habe durch die Teilnahme am Treffen mit mutmaßlich

rechtsextremen Teilnehmenden und aufgrund der dort diskutierten Remigrationspläne gegen ihre Loyalitätsplicht ihrem Arbeitgeber gegenüber verstoßen. Die Frau klagte gegen die Kündigung und bekam Recht. Laut Arbeitsgericht Köln war kein wichtiger Grund –wie die vorgeworfene Verletzung der Treuepflicht – vorhanden.

Zweierlei Maß

Dass das Gericht so entschieden hat, hängt auch mit der Tätigkeit der Mitarbeiterin zusammen. Die politische Treuepflicht gilt für alle Beschäftigten im Öffentlichen Dienst. Je nach Stellung und Aufgabenbereich werden allerdings unterschiedliche Maßstäbe für die Erfüllung dieser Pflicht angesetzt. Die sogenannten Kernfunktionsträger (Soldaten, Beamte und Richter)

Was ist erlaubt?!

Eine Kolumne von Ralph Heiermann

unterliegen einer besonderen politischen Treuepflicht – der positiven Treuepflicht. Für einfache Verwaltungsangestellte hingegen gilt eine einfache politische Treuepflicht, die lediglich darin besteht, dass die Verfassung nicht aktiv bekämpft werden darf. Die Mitarbeiterin der Stadt Köln war als zentrale Ansprechpartnerin für das Beschwerdemanagement im Umwelt- und Verbraucherschutzamt tätig und galt damit als einfache Verwaltungsmitarbeiterin mit einfacher politischer Treuepflicht. Allein die Teilnahme am Treffen rechtfertige nicht den Schluss, dass sich die Klägerin in innerer Übereinstimmung mit dem Inhalt der Beiträge befunden habe, so das Fazit des Arbeitsgerichts. Daraus resultiert die Einschätzung, dass die 64-Jährige

die Treuepflicht nicht verletzt hat. Überträgt man diese Folgerung auf den Sylt-Fall, scheint das Argument der Verfassungstreue auch hier nicht als aussagekräftig und zielführend, um eine Einschätzung zur Rechtskräftigkeit möglicher Kündigungen abzuleiten.

Das letzte Mittel Ein weiteres Verhalten, das für Arbeitnehmende zur Kündigung führen kann, ist die Störung des Betriebs, wie sie in Paragraf 241 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geregelt ist. Die kann den Partygängern allerdings nicht vorgeworfen werden, denn der Vorfall fand außerhalb des Betriebs statt. „In der Freizeitgestaltung sind Arbeitnehmer frei. Es geht den Arbeitgeber nichts an, was ich privat mache“, so Kutzki. Die Ausnahme: ruf- oder geschäftsschädigendes Verhalten dem Arbeitgeber gegenüber. Und auch rassistische Beleidigungen gegenüber Kolleginnen und Kollegen können aus Sicht der Arbeitsgerichte und des Bundesverfassungsgerichts zu fristlosen Kündigungen führen. Keiner der genannten Kündigungsgründe lässt sich eindeutig erkennen, die Lage bleibt unklar. Wie in den meisten anderen Fällen muss auch bei den Geschehnissen auf Sylt im Einzelfall entschieden werden, Pauschalisierungen helfen nicht weiter. So bleibt letztendlich nur die Einschätzung der Staatsanwaltschaft zum strafrechtlichen Verfahren abzuwarten.

Sollten sie mehr Interesse an der Fragestellung haben, fi ndet am 15.10.2024 ein Webinar zum Thema statt. Mehr Informationen unter: https://www.fuehrungskraefte-forum.de/detail.jsp?v_id=12053

Beschäftigte im Öffentlichen Dienst, gleich ob verbeamtet oder angestellt, sind in besonderem Maße verpflichtet, sich rechtmäßig zu verhalten. Das gilt nicht nur nach außen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern als Kunden der Verwaltung, sondern auch gegenüber dem Dienstherrn und öffentlichen Arbeitgeber. Das ist glücklicherweise eine gelebte Selbstverständlichkeit. Manchmal entfernt sich jedoch die Praxis vom Ideal: Denn es geschieht immer wieder, dass der öffentlichen Hand Schaden entsteht, weil eigene Bedienstete nicht sauber zwischen richtig und falsch unterscheiden: mit der dienstlichen Tankkarte das private Fahrzeug betanken, Material aus Bauhöfen, Werkstätten und Büros verschwindelassen, dienstliches Gerät wird für private Zwecke genutzt oder während der Arbeitszeit werden private Dinge erledigt. Derartige Sachverhalte ereignen sich in der Arbeitswelt überall. Es handelt sich nicht etwa um eine Spezialität des Öffentlichen Diens-

tes. Die Folgen sind für die Täter im Fall der regelmäßig erfolgenden Entdeckung in beiden Arbeitswelten fatal. Das gilt nicht nur für die Fälle mit hohem Schaden.

Entscheidend ist der Vertrauensverstoß Das einmalige unerlaubte private Tanken mit der dienstlichen Tankkarte genügt grundsätzlich genauso für ein abruptes Ende des Dienstverhältnisses wie ein Beihilfe- oder Abrechnungsbetrug. Entscheidend ist der Vertrauensverstoß des Beschäftigten. Das Vertrauen des Dienstherrn ist dahin, wenn er bestohlen oder betrogen wird. Derartige Delikte rechtfertigen grundsätzlich bei Beschäftigten die außerordentliche Kündigung und erfordern bei Beamtinnen und Beamten regelmäßig die Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme, also die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Arbeitsgerichte und Verwaltungsgerichte sind sich darin einig. Es sind jedoch nicht nur diese offensichtlichen Fehlverhalten wie

bei der Entwendung dienstlichen Eigentums, dem Schummeln bei Abrechnungen von Dienstreisen oder bei der Beihilfe. Das ist jedem Beschäftigten bewusst. Problematischer sind die Kleinigkeiten, über die nicht nachgedacht wird. Das gilt häufig für die nicht ganz korrekte Erfassung der Arbeitszeit. Man bucht sich für die Pausen zwischendurch nicht aus oder nutzt statt der Zeiterfassung mit dem Transponder die nachträgliche und nicht zutreffende Zeiterfassung nach Start des dienstlichen Rechners.

Vorsatz hat gewichtige Konsequenzen Entdeckt wird Derartiges nämlich meist durch den Arbeitgeber oder Dienstherrn erst, wenn sich das Verhalten eingeschlichen hat, also öfter oder regelmäßig geschieht. Dann aber sind aus wenigen Minuten vielleicht schon Stunden geworden. Ein Versehen, also fahrlässiges Handeln, wird man in solchen Fällen nicht mehr glaubhaft behaupten können und Vor-

satz hat immer gewichtigere Konsequenzen. Gerade die Fälle nicht korrekter Zeiterfassung sind seit der Veränderung der Arbeit durch die Corona-Pandemie häufiger geworden und Gegenstand vieler Disziplinarverfahren und arbeitsrechtlicher Maßnahmen. Das gilt speziell für die Bürotätigkeiten. Wie muss ich es im Homeoffice mit der Erfassung von Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie der Pausen halten? Wie erfasse ich Arbeitszeit, die geleistet worden ist, nachdem die Kinder abends ins Bett gebracht worden waren? Es gilt, die Regelungen in Erlassen und Dienstvereinbarungen zu beachten, um nicht in das Fadenkreuz dienstrechtlicher Ermittlungen zu

Dr. Ralph Heiermann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Arbeitsrecht und besitzt eine Kanzlei in Hannover. Er berichtet an dieser Stelle regelmäßig über arbeitsrechtliche Entwicklungen in der Verwaltung und die aktuelle Rechtsprechung.

Foto: BS/privat

geraten. Hier ist die Gefahr fahrlässiger Verstöße groß. Man denkt schlicht nicht (mehr) an die zu beachtenden Regelungen. Schließlich gibt es noch die Fälle, in denen die Betroffenen annehmen, doch alles richtig gemacht zu haben, z.B. bei der Mitnahme von Dingen, die nach dem Willen des Dienstherrn eigentlich entsorgt werden sollen. Kann man diese Dinge noch gebrauchen, dann kann man sie doch einfach mitnehmen – oder etwa nicht? Auch davor: Achtung! Die Gegenstände bleiben Eigentum des Dienstherrn und er bestimmt, was mit ihnen geschieht. Im Fall der Mitnahme ohne ausdrückliche Erlaubnis drohen selbst dann arbeitsrechtliche oder disziplinarische Folgen.

L’Amour toujours: Ein Party-Hit aus den späten 90ern wird zur Hintergrundmusik für rechtsextreme Gesänge. Derzeit ermittelt der Staatsschutz, ob das Mitsingen für die Gäste einer Sylter Party arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
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Dr. Franz Werner Gansen Präsident Sozialgericht Koblenz
Prof. Dr. Markus Stoffels Universität Heidelberg Karin Spelge Vorsitzende Richterin BAG (6.Senat)
Aktuelles aus dem Arbeitsrecht

Am Ende jedes Studiums steht traditionell die Abschlussarbeit. Studierende setzen sich an ihre Laptops und schreiben einen akademischen Text, der ihre Note maßgeblich bestimmt. Diese Praxis war seit der Bologna-Reform 1999 europaweit etabliert. Doch mit dem Aufkommen und der zunehmenden Bedeutung von Künstlicher Intelligenz könnte sich die Prüfungslandschaft nun grundlegend verändern. Laut Prof. Dr. Susanne Meyer, Vizepräsidentin der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR), bringt der Einfluss von generativer Künstlicher Intelligenz eine Disruption der Hochschullehre mit sich. Bei dem 33. Glienicker Gespräch zum „Umgang mit Künstlicher Intelligenz an den Hochschulen für den öffentlichen Dienst“ betonte die Professorin für Wirtschaftsrecht die Bedeutung von KI-Strategien an Hochschulen. Speziell der Launch von ChatGPT habe dazu geführt, dass sich Lehrende an Prüfungsämter und die Hochschulleitung gewendet hätten mit der Bitte: Macht endlich was. Wir brauchen eine Anleitung, wir brauchen Handlungssicherheit. Die Möglichkeit, generative KI zu nutzen, erschwert vor allem die Be-

Ghostwriter

ChatGPT & CO gefährden wissenschaftliches Arbeiten

(BS/mk) Hochschulen können sich schon lange dem Einfluss von Künstlicher Intelligenz nicht mehr entziehen. Vor allem grundlegende Veränderungen für die Prüfungslandschaft werden stark diskutiert.

KI verändert die Hochschullehre – einheitliche Regelungen zum Umgang mit

und Co. an Hochschulen gibt es bisher allerdings nicht. Foto:

wertung wissenschaftlicher Arbeiten. Ob eine Studentin oder ein Student die eigene Arbeit mithilfe von Künstlicher Intelligenz geschrieben hat, ist schwer überprüfbar. Hinzu

kommt, dass jede Hochschule in Deutschland aktuell für sich selbst entscheidet, wie mit KI-Nutzung in Prüfungen umgegangen werden soll. Dies reicht von einem generel-

Förderprogramme sollten mehr Nutzen spenden als Arbeit machen

Eine Kolumne von Dr. Gisela Meister-Scheufelen Öffentliche Förderprogramme sind ein wichtiges politisches Steuerungsinstrument. Die Politik adressiert damit nicht nur ihre Schwerpunkte und Ziele, sondern nimmt Einfluss darauf, wer welche Mittel für welche konkreten Maßnahmen im Rahmen welcher Kontrollmechanismen erhält. Eine detailliertere Einflussnahme des Staates auf politisch relevante Aktivitäten von Kommunen, öffentlichen Institutionen, Unternehmen, Bürger und Vereine ist kaum möglich. Wen wundert es, dass die EU, der Bund und die Länder in Zeiten, in denen der Staat ständig an Dominanz zunimmt (was von der Bevölkerung regelmäßig eingefordert wird) auch das Förderwesen ausweitet. Es nimmt wesentlich stärker zu als allgemeine Finanzzuweisungen an Kommunen oder Steuererleichterungen für Bürger und Unternehmen.

Mängelliste

Allein für Kommunen gibt es von EU, Bund und Ländern ca. 900 Förderprogramme. Deren Regulatorik zeichnet sich oft durch bunte Vielfalt, sprich fehlende Systematik (geschweige denn Standardisierung), häufig Unverständlichkeit, unzureichende Begleithinweise sowie umständliche, aufwendige und analoge Verfahren aus. Immer mehr Kommunen, erst recht Vereine sowie kleine und mittlere Betriebe, verzichten auf Fördermittel, weil sie den Aufwand als unverhältnismäßig empfinden.

Aber auch gute Nachrichten

Die Förderdatenbank des Bundes (www.foerderdatenbank.de) gibt einen Überblick über sämtliche Förderprogramme der EU, des Bundes und der Länder. Eine gute Nachricht ist auch, dass mehrere Massenverfahren – insbesondere neu aufgelegter Programme – vollständig digital ablaufen (z. B. Corona-Überbrückungshilfen, Energiepauschale für Studierende). Warum sind Förderprogramme oft viel zu kompliziert und wie ließe sich dies lösen? Förderprogramme

sind ein Einfallstor für die Ursachentrias der Überbürokratisierung: Misstrauen des Staates gegenüber dem Bürger, Perfektionismus und Einzelfallgerechtigkeit. Hier gilt es anzusetzen.

Finanzzuweisung statt Zweckbindung Entbürokratisierer fragen zunächst einmal danach, ob eine Vorschrift oder ein Antragserfordernis überhaupt notwendig ist. So stellt sich bei Förderprogrammen die Frage, ob sie sinnvoll sind oder zumindest gebündelt werden können. Wenn gar kein öffentlicher Zweck vorliegt, muss dies auch nicht mit Steuermitteln gefördert werden. So ist es z. B. mehr als fragwürdig, wenn Probefahrten mit Elektroautos bei Autohändlern staatlich bezuschusst werden. Bei kommunaler Förderung sollte die allgemeine Finanzzuweisung immer Vorrang vor der zweckgebundenen Förderung haben. 2023 lag der Anteil der Fördermittel an der Finanzierung von kommunalen Investitionen bei 22 Prozent (KfW-Kommunalpanel), Tendenz steigend. Jeder vierte bis fünfte Euro für Investitionen musste von der gegen Personalmangel kämpfenden Kommunalverwaltung mit hohem Aufwand generiert werden –bei ähnlich hohem Aufwand auf der Zuwendungsgeberseite.

Bürokratiekosten sparen

Die KPMG AG hat im Auftrag des Normenkontrollrats BadenWürttemberg mehrere Förderprogramme untersucht und mithilfe von Interviews und eines World-Cafés Lösungsvorschläge herausgearbeitet: „Vereinfachung von Landesförderprogrammen“ (www.normenkontrollrat-bw.de) Danach könnten 40 Prozent der

Dr. Gisela Meister-Scheufelen, ist Dozentin, Autorin und ehemalige Vorsitzende des Normenkontrollrats Baden-Württemberg. Foto: BS/privat

Kosten eingespart werden, wenn die Programme und Antragsformulare verständlicher und Begriffe vereinheitlicht würden, die Förderprozesse digitalisiert wären, Informationen über die Förderbedingungen leichter zugänglich und kundengerecht aufbereitet würden und zuständige Sachbearbeiter erreichbar wären.

Standardisieren und digitalisieren Eine wichtige Erkenntnis der Studie ist, dass die am Förderwesen Beteiligten nur nachhaltig entlastet werden können, wenn die Förderprogramme weitestgehend standardisiert werden. Dies setzt eine zentrale Koordination voraus, die sinnvollerweise im Finanzministerium (siehe die Niederlande) angesiedelt ist. Sachsen zeigt, dass ein landesweit zentrales Förderportal den besten Zugang zu Informationen und dem Antragsverfahren ermöglicht. Der flächendeckende Einsatz derselben Förderverfahrenssoftware vereinfacht die Anwendung und erleichtert die Einarbeitung auf Behördenseite. Eine umfassende Konzentration der Zuständigkeit für Förderprogramme (so in Schweden) ermöglicht Synergieeffekte.

Ressortinteressen überwinden Nicht selten verteidigen kleine Referate in den Ministerien ihre Förderzuständigkeit und kämpfen mit Erfolg für die Verlängerung von Programmen – ohne Wirkungskontrolle. Transparenz und Kontrolle werden gescheut. Förderpolitik wird als politische Spielwiese mit Autonomieverständnis betrachtet. Um Fördermittel zielgenauer einzusetzen, sollte eine Regierung Bewilligungszuständigkeiten bündeln und klare Vorgaben machen, innerhalb welcher Fristen und wie die Wirksamkeit eines Förderprogramms überprüft werden muss. Unverzichtbar sind Standards zu vorausgehenden Praxistests, zur Anwendung einer KI-basierten Verständlichkeitssoftware sowie zur Qualifizierung der Förderprogramm-Legisten.

len Verbot bis hin zum erlaubten Gebrauch unter bestimmten Voraussetzungen.

Hausarbeiten anpassen statt abschaffen Bereits im vergangenen Jahr entschied die erste europäische Universität, Bachelorarbeiten gänzlich aus ihrer Prüfungsordnung zu streichen: Ab dem Wintersemester 2024 schreiben Studierende der Wirtschaftsuniversität Prag keine Abschlussarbeiten mehr. Stattdessen setzt man dort auf ausführlichere Projektarbeiten. Auch an deutschen Hochschulen muss man sich laut Dr. Anna Faust, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität Berlin, die Frage stellen: „Bilden wir mit einer Haus-, Bachelor- oder Masterarbeit die richtige Kompetenz aus? Ist das der richtige Weg oder ist er es nicht?“ Laut Prof. Dr. Albrecht von Graevenitz vom Mannheimer Institut für das Personalmanagement der Bundeswehr müssen schriftliche Abschlussprüfungen an die neuen Gegebenheiten angepasst und nicht abgeschafft werden. Der Professor

für Zivil- und Beschaffungsrecht schlägt eine vorgeschriebene Begrenzung des Anteils, welcher mithilfe von KI geschrieben wurde, eine ergänzte Eigentständigkeitserklärung und eine Änderung der Aufgabenstellung vor. Wie genau diese Änderungen auszusehen hätten, sei noch zu diskutieren. Zudem müsse vor allem der Entstehungsprozess einer wissenschaftlichen Arbeit transparenter gestaltet werden, sagt er. Die Studierenden sollten durch einen ausgeweiteten Methodenteil oder ein Rechercheprotokoll ihre Vorgehensweise – mit KI – dokumentieren.

Wie viel wiegt das Wort Ein weiterer Punkt, der immer wieder rege von Vertreterinnen und Vertretern verschiedener deutscher Hochschulen für öffentliche Verwaltung diskutiert wird, ist die Gewichtung des mündlichen Teils einer Abschlussarbeit. „Man könnte beispielweise die mündliche Prüfung von einer halben Stunde auf eine Stunde verlängern und die Gewichtung von 30 Prozent auf 50 Prozent erhöhen“, empfahl von Graevenitz. So erhalte man einen guten Eindruck, wie sehr sich die Studierenden tatsächlich mit der Thematik auseinandergesetzt hätten. Ebenso ließen sich Betrugsversuche leichter identifizieren. Am wichtigsten seien jedoch einheitliche, hochschulübergreifende Regelungen.

Sommerputz in Bayern

Verfahrensaltlasten beseitigen und verschlanken (BS/sr) Bayern hat im Zuge von Endbürokratisierungsmaßnahmen ein Modernisierungsgesetz vorgelegt, welches „mehr ermöglichen und weniger verhindern“ soll. Das Gesetz sorgt für einen Abbau von verzichtbaren materiellen Standards. Das Land erhofft sich eine weitergehende Verschlankung von Verfahren, insbesondere von Genehmigungs- und Anzeigeverfahren.

Um dieses Ziel zu erreichen, passt das Gesetz insgesamt 16 andere Gesetze und Verordnungen an. Darunter sind das Bayerische Beamtengesetz (BayBG), das Bayerische Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) und das Gesetz über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof (VfGHG).

Ohne Probephase Im BayBG werden in erster Linie Maßnahmen entfernt oder modernisiert, die selten bis nie Anwendung finden, aber zusätzlichen Verwaltungsaufwand mit sich bringen, wie die Verbeamtung auf Zeit im Falle von höheren Positionen in Ämtern und Behörden. Hier war immer noch einer verlängerte Verbeamtung auf Probe erforderlich. Diese Regelung war seit 1998 in Kraft und kam seitdem laut Gesetzesentwurf kaum zur Anwendung.

Amtsartztbesuch

Inflationsausgleich

Weitere Änderungen ergeben sich am Bayerischen Verfassungsgerichtshof. Er verfügt über die Möglichkeit, bei unzulässigen oder offensichtlich unbegründeten Klagen dem Beschwerdeführer oder Antragsteller eine Gebühr aufzuerlegen. Grund dafür ist, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof – anders als z. B. das Bundesverfassungsgericht nach Paragraph 93a des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes – nicht die Möglichkeit hat, eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung anzunehmen. Daher wird auf diese Weise dem Gericht ein gewisser Überlastungs- und Missbrauchsschutz eingeräumt. Das hier zu verhängende Bußgeld belief sich seit 2002 auf max. 1.500 Euro und ist auch noch auf den ursprüglich 1991 fesgelegten Betrag von 3.000 DM zurückzuführen. Nun wird dieser Betrag nach Rücksprache mit dem Verwaltungsgericht auf insgesamt 3.000 Euro Zwecks Inflationsanpassungen angehoben.

Zusätzlich werden Anpassungen bei der amtsärztlichen Einstellungsuntersuchung vorgenommen. Diese wird durch eine Selbstauskunft ersetzt und nur in Zweifelsfällen soll ein Amtsarzt aufzusuchen sein. Ausnahmen sind Stellen, die eine körperliche Leistungsfähigkeit voraussetzen, wie der Polizeidienst. Grund für die Abschaffung der Untersuchung ist die geringe Anzahl an gesundheitlich ungeeigneten Personen. Denn nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahr 2013 ist eine Person nur dann ungeeignet, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Anwärterin oder der Anwärter vor Erreichen der Altersgrenze aufgrund von Dienstunfähigkeit aus dem Dienst ausscheiden wird. Wenn die Altersgrenze jedoch erreicht wird greifen die Anpassungen des Beamtenversorgungsgesetzes. Diese haben im Gegensatz zu anderen Änderungen den Fachkräftemangel als Ursache beziehungswesie sollen selbigem entgegen wirken. Im Gesetz werden Maßnahmen ergriffen, die eine Weiterbeschäftigung von Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten erleichtern sollen, indem die Hinzuverdienstgrenze angehoben wird. Durch diese allgemeine Anpassung kann die Sonderregelung für Tätigkeiten im Zusammenhang mit Corona und Ukraine-Flüchtlingen entfallen. Ausgenommen von dieser neuen Regel werden Ruhestandsbeamtinnen und -beamte, die Aufgrund von Dienstunfähigkeit in den Ruhestand gehen.

MODERNE VERWALTUNG MEISTERN

E-Auto

Prämie und eine WallBox auf staatliche Kosten: Das sollten die großen Anreize für die private Mobilitätswende und den Umstieg auf E-Fahrzeuge sein. Am 17. Dezember 2023 endete allerdings die staatliche E-Auto-Förderung durch den Umweltbonus. Zwar reagierten viele Hersteller darauf mit eigenen Rabatten, aber der Grundgedanke der ausbleibenden Förderung konnte nicht ersetzt werden. Das belegen aktuelle Anmeldezahlen von reinen E-Fahrzeugen: So sind nach Daten des ADAC im Juli 37 Prozent weniger E-Autos angemeldet worden als im Vorjahr. Den Förderstopp bei der Anschaffung betrifft auch und vermutlich in einem noch viel größeren Maße die Betreiber von Verkehrsbetrieben in Deutschland. Die Umstellung ist mit dem Erwerb eines alternativbetriebenen Fahrzeuges nicht beendet. Im Anbetracht der aktuellen Haushaltsdebatten stellt sich die Frage wie wird die Verkehrswende vorangetrieben wenn nicht durcht die Förderung des Kaufs von alternativ angetriebenen Fahrzeugen.

Kritik am Haushalt

Investitionen in einen klimafreundlichen Verkehr und dessen Logistik sind nicht nur ein Anreiz zur Veränderung, sondern gerade für viele öffentliche Stellen auch eine Voraussetzung, die damit verbunden Kosten stemmen zu können.

Geld auf die Straße bringen

Fördermitteleinsatz für eine erfolgreiche

Verkehrswende

(BS/sr) Die Wende zu einem klimafreundlichen und modernen Verkehr ist eine kostspielige Angelegenheit. Kostenpunkte dabei sind – inkl. einer neu zu schaffenden Infrastruktur an Lademöglichkeiten – Elektro-Lkws und -Busse, die fast zweimal so teuer wie Dieselfahrzeuge sind. Ein Mittel, den Umstieg und die hohen Investitionen dennoch attraktiv zu machen, ist die staatliche Förderung.

Busse mit alternativen Antrieben sind um einiges teurer als dieselbetriebene. Deshalb benötigen Verkehrsbetriebe staatliche Unterstützung, um die Verkehrswende zu beschleunigen. Zudem ist beim Einsatz der neuen Fahrzeuge bisweilen auch eine Umplanung erforderlich, da gerade Batteriefahrzeuge nicht schnell betankt werden können.

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Kein Wunder also, wenn Kritik am Wegbrechen dieser Unterstützung entsteht. In Anbetracht der Haushaltsdebatten der Bundesregierung kritisierte unter anderem der wissenschaftliche Beirat des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen die Förderpraxis des Bundes. Kern der Beschwerde ist, dass durch fehlende Zuschüsse bei der Beschaffung von Elektro- und Wasserstofffahrzeugen die Antriebswende gefährdet werde. Immerhin fordere der Bund von der öffentlichen Verkehrsbranche die Umsetzung der CO2-Grenzwerte, streiche ihr dazu aber die Fördergelder. Der Verband fordert daher eine Rücknahme der Kürzungen und eine Förderung der Ladeinfrastruktur für Busse. Daneben sieht der Beirat die Zukunftsfähigkeit des ÖPNV als gefährdet an, da dieser trotz gestiegener Mittel nicht ausreichend finanziert sei. So bleibe die Transformation hin zu Ausbau und Digitalisierung der Verkehrsinfrastruktur auf der Strecke. Prof. Thomas Siefer, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates, sagte dazu: „Uns allen ist bewusst, dass diese Maßnahmen zusätzliches Geld kosten. Die Investitionen in Infrastruktur sollten nach Ansicht des Wissenschaftlichen Beirats auch durch Staatsschulden oder den Verzicht auf Straßenneubau finanziert werden.“ Natürlich hat der Bund die Förderung der Mobilitätswende nicht beendet.

Kosten senken

Die Hilfe bei der Umstellung ist also vielfältig, zeigt aber auch, wie viele Kostenpunkte auf private und öffentliche Anbieter zukommen. Von den Baumaßnahmen für die nötige Infrastruktur einmal abgesehen sind besonders die hohen Kosten der neuen Technologien sowohl bei Wasserstoff- als auch Batterietechnologie ein Problem für Anbieter des ÖPNV. Eine Änderung dieses Zustandes könnte in den nächsten Jahren zwar stattfinden, schließlich wird aktuell an Natrium-Ion Batterien geforscht, die günstiger sind als auf Lithium basierende Modelle. Doch dazu muss diese Forschung von Industrie und Staat auch vorangetrieben werden. Dafür werden weitere Fördergelder benötigt. So oder so bleibt die Förderung ein wichtiger Bestandteil wenn Deutschland seine ehrgeizigen Ziele bei der Mobilitätswende erreichen möchte.

Eine Spanne an Maßnahmen Nicht immer findet die Verwaltung der Förderprogramme dabei über die Ministerien des Bundes direkt statt. Organisationen wie die NOW GmbH verwalten viele der wichtigen Förderprogramme für den Umbau des Mobilitätssektors: Von Ladeinfrastruktur bis zur Forschung an neuen Antrieben für den Flugverkehr ist vieles vertreten. Aktuell läuft zum Beispiel auch ein Programm, das nicht öffentliche Ladeinfrastruktur für Unternehmen fördert. Aber auch Forschungsprogramme zum Thema alternative Kraftstoffe und neue Antriebe im Schienenverkehr finden sich in den gelisteten Förderprogrammen. Zudem informiert die bundeseigene GmbH auch darüber, wie man die verschiedenen Anforderungen der Fördergeber bei Branding und Kommunikation einhält. Aber Förderprogramme sind nicht die einzige Möglichkeit der Regierung, die Mobilitätswende voranzubringen. Einen vollständigen Überblick über die Vielzahl an Maßnahmen bietet der jährlich erscheinende Klimaschutzbericht der Bundesregierung. In diesem finden sich sämtliche Maßnahmen und ihr Umsetzungsstand aufgeschlüsselt. Aus dem Klimaschutzbericht 2023 geht hervor dass es 52 Förderprogramme, 14 Gesetze, fünf Verordnungen, drei EU-Rechtsakte, eine Regelung mit steuerlichen Anreizen, eine Bund-Länder-Vereinbarung und 17 sonstige Maßnahmen gab. Sie umfassten natürlich nicht nur den Umbau des Straßenverkehrs, sondern auch zur Umstellung des Schienenund Schifffahrtsverkehrs. Allerdings sind einige der aufgeführten Förderprogramme bereits beendet oder nicht fortgeschrieben worden, wie die Förderung zur Anschaffung von klimafreundlichen Fahrzeuge. Länder stocken auf Nicht alle Fördermöglichkeiten werden jedoch ausgeschöpft. So gibt es keine Programme zur Fahrzeugbeschaffung. Anders sieht es da bisweilen in den Ländern aus. So hat z. B. Nordrhein-Westfalen im August ein Förderprogramm auf den Weg gebracht, das insgesamt 14 Millionen Euro zur Anschaffung von Lkws mit alternativen Antrieben bereitstellt. Dabei können pro Fahrzeug 60 Prozent des Kaufpreises bezuschusst werden. Einen etwas anderen Weg geht Thüringen im Linienverkehr. Das Landesamt für Bau und Verkehr steuert 75 Prozent der Mehrausgaben für den alternativen Antrieb hinzu. Daneben existieren weitere Förderprogramme der Länder, welche die direkte Anschaffung und Modernisierung von Fuhrparks fördern. Oft werden Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrs, vor allem Busse in der Anschaffung, gefördert. Es gibt allerdings auch Förderprogramme, die helfen, andere Verkehrsangebote zu modernisieren. So hat Baden-Württemberg ein Programm zur Anschaffung von E-Autos als Fahrzeuge für Carsharing oder Taxis. Berlin hat ein Förderprogramm zur Modernisierung oder Umrüstung von Passagierschiffen ausgeschrieben. Hinzu kommen Maßnahmen zur Schaffung passender Infrastruktur und einer generellen Modernisierung der Angebote des ÖPNV. Dazu zählen u. a. die Weiterbildung des Personals und die Deutschlandweit größte Förderung von Bund und Ländern für eine Verkehrswende: das Deutschlandticket.

Deshalb möchte ich gerne die Idee der Innenministerkonferenz eines gemeinsamen Arbeitskreises aus Landesverwaltungen und Bundespolitik ist ein ermutigender Schritt. Diese Initiative, beschlossen mit dem Zwischenbericht zur Evaluation des Glücksspielstaatsvertrags 2021, eröffnet neue Perspektiven für eine kooperative Weiterentwicklung des Glücksspielmarktes in Deutschland.

Ein solcher Arbeitskreis sollte meiner Meinung nach im Rahmen der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) eingerichtet werden. Dabei könnte er sich an den bewährten Strukturen der seit 2020 bestehenden Föderalen IT-Kooperation (FITKO) orientieren. Diese Struktur hat gezeigt, wie erfolgreich eine koordinierte Arbeitsweise zwischen Bund und Ländern sein kann. Durch eine ähnliche Herangehensweise kann der Arbeitskreis sicherstellen, dass sowohl die Erfahrungen der Landesverwaltungen als auch die politischen Ziele des Bundes optimal integriert werden. In meiner Keynote auf dem Deutschen Glücksspielkongress habe ich die Weiterentwicklung des Glücksspielmarktes betont. Der Glücksspielstaatsvertrag von 2021 bietet ein solides Fundament. Er hilft, den illegalen Schwarzmarkt zu bekämpfen und den Schutz der Spielerinnen und Spieler zu gewährleisten. Doch die Entwicklungen, besonders im Bereich der Online-Angebote, erfordern kontinuierliche Anpassungen und eine verstärkte Zusammenarbeit.

Neues Kapitel im Glücksspielmarkt

Zusammenarbeit als Schlüssel zum Erfolg

(BS/Alexander Bartz) Die enge Zusammenarbeit und der offene Dialog zwischen allen Beteiligten sind der Schlüssel zum Erfolg. Nur durch eine gemeinsame Anstrengung können wir einen fairen und sicheren Glücksspielmarkt in Deutschland schaffen. Dieser Markt muss den Schutz der Verbraucher gewährleisten und illegale Angebote konsequent bekämpfen.

Wenn es um die Regulierung eines erfolgreichen, sicheren und legalen Glückkspielmarktes in Deutschland geht, müssen die Bedenken aller Geschäftspartner ernst genommen werden. Foto : BS/Mister, stock.adobe.com

Fünf konkrete Ziele Aus meiner Sicht sollte ein solcher Arbeitskreis primär fünf Ziele verfolgen, die klar definiert sein müssen: 1. Schutz der Verbraucher: Der Schutz der Spieler vor den Gefahren der Glücksspielsucht ist zentral. Dies umfasst präventive Maßnahmen sowie ausreichende Mittel für Suchtberatung und Therapie. Ich unterstütze die Forderung nach

Vier-Tage-Post

einer Aufstockung der Mittel für Suchtberatung voll und ganz. 2. Bekämpfung des illegalen Glücksspiels: Der illegale Glücksspielmarkt bedroht Spieler und staatliche Einnahmen. Es ist notwendig, diesen Markt durch strenge Kontrollen und harte Strafen unattraktiv zu machen. Häufigere Kontrollen durch Ordnungsämter und Polizei sind erforderlich, um illegale Aktivitäten effektiv zu unterbinden.

Bekanntgabefiktion für behördliche Briefe ist anzupassen (BS/ecp) Mit der Neuauflage des Postgesetzes ist die Post nur noch verpflichtet, am dritten Werktag nach Einwurf 95 Prozent der Briefe zuzustellen. Implikationen für die Zustellung behördlicher Briefe: Diese gelten ab 2025 ab dem vierten Tag als zugegangen. Die Post darf zudem häufiger Automaten zu ihrem Filialnetz dazuzählen, sofern das Mitspracherecht der betroffenen Kommunen und der Bundesnetzagentur (BNetzA) berücksichtigt wurde.

2025 sind Änderungen im Verwaltungsverfahrensgesetz im Asylgesetz und SGB X notwendig. Foto : BS/stgrafik, stock.adobe.com

Aktuell müssen mindestens 80 Prozent der täglich eingeworfenen Briefe beim Empfänger am nächsten Werktag zugestellt sein, weitere 15 Prozent am übernächsten Werktag. Mit dem vor der Sommerpause beschlossenen 80-seitigen Postrechtsmodernisierungsgesetz gelten nunmehr andere Laufzeitvorgaben: Erst am dritten Werktag müssen 95 Prozent der Briefe beim Empfänger ankommen.

Die BNetzA geht davon aus, dass bei Briefen ab dem kommenden Jahr durchschnittlich von einer Verlängerung der Laufzeit um einen Tag zurechnen ist. Aus diesen Änderungen resultieren auch Anpassungsbedarfe für die Zustellungsregelung behördlicher Briefe. Die „verschiedenen bundesgesetzlichen Regelungen der Bekanntgabefiktion“ werden laut BNetzA zum Jahreswechsel geändert. Dazu zählt z. B. Paragraf 41 Absatz 2 des Verwal-

tungsverfahrensgesetzes (VwVfG).

In diesem heißt es aktuell: „Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben.“

Anpassungen vonnöten

Neu ist ab 2025 dann, dass behördliche Briefe am vierten Tag nach der Aufgabe bei der Post als bekannt gegeben gelten. Entsprechende Änderungen werden auch in der Abgabenordnung (AO), dem Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG), im Asylgesetz, im Sozialgesetzbuch X (SGB X), in den verschiedenen Prozessordnungen und in weiteren bundesrechtlichen Vorschriften erforderlich. Laut BNetzA haben die Bundesländer „die Gelegenheit, ihre landesgesetzlichen Vorschriften bis zum Jahresende anzupassen“. So haben u. a. Baden-Württemberg,

Bayern und Mecklenburg-Vorpommern eigene Gesetze. Die meisten davon verweisen jedoch auf das Bundesgesetz oder das zugehörige Bundesgesetzblatt.

Automaten zur Pflichterfüllung

Mit der Reform des Postgesetzes bekommt neben den Kommunen auch die BNetzA ein Mitspracherecht bei der Platzierung von Automaten, die zur Pflichterfüllung, ein großes Filialnetz zu betreiben, dazugezählt werden. Gegenüber dem Behörden Spiegel betont die Behörde, sie werde dabei berücksichtigen, wie hoch die örtliche Nachfrage nach Postdienstleistungen sei und ob diese mit einem Automaten hinreichend erfüllt werden könne, ob erhöhte Aufwände für Filialen bestehen, z. B. fehlende Einzelhändler als Partner vor Ort, sowie generell eine angemessene und ausreichende Verfügbarkeit von Filialen.. Zusätzlich müssen ebenjene Automaten barrierefrei und ohne Smartphone bedienbar sein.

Durch die Zunahme des OnlineHandels gelten dieselben Laufzeitvorgaben in Zukunft auch für die Zustellung von Paketen. Im Jahresdurchschnitt müssten 95 Prozent aller Pakete innerhalb von drei Werktagen und 99 Prozent innerhalb von vier Werktagen zugehen, so der Gesetzgeber. Der BNetzA zufolge gilt für täglich und wöchentlich erscheinende Zeitungen und Zeitschriften, dass diese in der Regel am Erscheinungstag zugestellt werden. Zu Frust dürfte die Modernisierung des Postgesetzes dennoch bei vielen Verlagen führen, denn dort, wo Briefe später ankommen, werden vermutlich auch Zeitungen liegen bleiben.

eine strengere Regulierung der Glücksspielwerbung, um sicherzustellen, dass diese nicht an gefährdete Gruppen gerichtet ist. 5. Attraktivität des legalen Marktes: Der legale Glücksspielmarkt muss attraktiv und wettbewerbsfähig bleiben, um den Spielern eine sichere Alternative zum illegalen Glücksspiel zu bieten. Dies erfordert eine kontinuierliche Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen an die aktuellen Herausforderungen und Entwicklungen. Der Arbeitskreis sollte hierfür nicht nur die bereits bestehenden Regelungen evaluieren und anpassen, sondern auch innovative neue Ansätze entwickeln. Dazu gehört aus meiner Sicht in jedem Fall ein Fokus auf die Förderung der Medienkompetenz und Aufklärung, insbesondere bei Eltern und Jugendlichen. Ebenso wichtig ist aber auch die Überprüfung der Auswirkungen neuer Technologien und Geschäftsmodelle im Glücksspielbereich.

3. Regulierung und Überwachung: Die GGL hat wichtige Fortschritte gemacht, doch es gibt weiterhin Herausforderungen. Internationale Zusammenarbeit und der Einsatz modernster Ermittlungsmethoden sind von großer Bedeutung.

4. Jugendschutz: Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren des Glücksspiels muss oberste Priorität haben. Dies umfasst präventive Maßnahmen und

Alexander Bartz (SPD) ist MdB, Mitglied im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Digitales des Deutschen Bundestages. Foto: BS/Marco Urbanz

Widerspruch in der Kartei

Organspende-Situation hat sich noch nicht gebessert

(BS/sr) Das Gesetz zur Verbesserung der Organspende-Situation in Deutschland gilt seit 2022 und sollte für bessere Aufklärung und Informationen zum Thema Organspende in Deutschland sorgen. Zudem wurde die Aufnahme in das Register, welches Organspender erfasst und im März 2024 gelauncht wurde, vereinfacht. Trotzdem bleiben die Zahlen der registrierten Organspender hinter den Erwartungen zurück. Erst 145.000 Menschen haben sich online registriert.

Laut Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage des CDU-Abgeordneten Dr. Stephan Pilsinger ist der Registerbetrieb noch in der ersten Phase der Umsetzung, in der mit hohen Standards zum Schutz der Erklärung vor unberechtigten Zugriffen gearbeitet wird. Die Richtlinien für den Einsatz von Identifikationsmethoden mit hohem Vertrauensniveu entspreche den Richtlinien des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Neben der Identifikation über die Online-Ausweisfunktion soll den Bürgerinnen und Bürgern in naher Zukunft auch die Möglichkeit der Nutzung ihrer Gesundheits-ID über die Krankenkassen nutzbar gemacht werden. Nun kommt mit einem neuen Gesetzesentwurf aus dem Bundesrat die bereits diskutierte Widerspruchslösung zurück, die eine schnelle Verbesserung der Situation bewirken soll. Danach gilt jede Person als Organ- und Gewebespender, es sei denn, es liegt ein erklärter Widerspruch oder ein der Organ- oder Gewebeentnahme entgegenstehender Wille vor. Durch diese Lösung soll Deutschland zu den Ländern Europas aufschließen, die bereits erfolgreich in der Organspende sind und eine bessere Versorgung der Bevölkerung mit Spenderorganen haben.

Register umfunktionieren

Das beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) befindliche Register soll umfunktioniert werden, Einschränkungen und Widersprüche gegen die Organspende festzuhalten. So könnte man die bereits 2022 etab-

lierten Strukturen verwenden. Wer also ausschließen möchte, dass er Organ- oder Gewebespender wird, muss dies in das Register eintragen lassen. Dazu ist die Möglichkeit der Abgabe der Willenserklärung niederschwellig ausgestaltet worden, um auch für die Menschen eine Zugangsmöglichkeit zu schaffen, die selbst keine digitale Eintragung vornehmen können. Demnach ist dann jeder Arzt, der eine Organoder Gewebeentnahme vornimmt oder verantwortet, verpflichtet, vorher eine Anfrage an das Register zu stellen. Ebenfalls soll er sich bei den nächsten Angehörigen erkundigen, ob ihnen ein entgegenstehender Wille bekannt ist. Ist das der Fall, ist dieser Wille maßgebend. Die Einführung der Widerspruchslösung wird vor allem in der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu zusätzlichen Kosten führen. Im Entwurf rechnet man mit ungefähr 170 Millionen Euro an Kosten für die dreifache Information der Bürger.

Ethische Frage Eine Stellungnahme der Bundesregierung nach Drucksache 20/12609 besagt, dass sie die Initiative begrüße, weist aber darauf hin, dass die Wirkung vieler weiterer Maßnahmen zur Verbesserung der Situation, die gezielt Krankenhäuser betrifft, noch nicht beurteilt werden könne. Grund dafür sei die Pandemie. Inhaltlich Stellung nehmen möchte die Bundesregierung hingegen nicht abgeben, da es sich um eine ethische Frage handele, die am besten im Deutschen Bundestag beantwortet werden solle.

ÖPP

IN PROGRESS

Öffentlich-Private Partnerschaften sind eine Lösung, um gerade langwierige Projekte wie Bau- und War tungsmaßnahmen umzusetzen. Ob nun Bundestraßen und Autobahnen oder doch Schulen und Krankenhäuser: Die Möglichkeiten sind vielfältig. Im Bundeshaushalt wird sogar eine ÖPP über die Simulationsausbildung am Mehrzweckhubschrauber NH 90 der Bundeswehr aufgeführt, für die 2024 mehr als 50 Millionen Euro genehmigt wurden. Aber wer präferiert Öffentlich-Private Partnerschaften und welche Rolle spielen sie 15 Jahre nach ihrem Boom?

Anzahl der Dokumente (Drucksachen, Mitteilungen, Protokolle, Schriftstücke etc.) mit ÖPP-Bezug in den letzten drei Legislaturperioden Bundes (Alle Institutionen des Bundes und der Länder)

Spitzen in der Dokumentenzahl kommen häufig aufgrund von Diskussionen über Haushalte oder in Finanzausschüssen zustande und nicht aufgrund bestimmter Projekte.

Wer spricht über ÖPP?

Zahl der Dokumente mit ÖPP-Bezug nach Bundesländern

Hamburg 50

Bremen 869

Niedersachsen 40

Nordrhein-Westfalen 21

Hessen 49

Rheinland-Pfalz 29

Saarland 7

Baden-Württemberg 91

Ausgaben für ÖPP-Projekte im Bundeshaushalt in Mio. Euro

Schleswig-Holstein 51

MecklenburgVorpommern 13

Brandenburg 30

Berlin 159

Sachsen-Anhalt 68

Sachsen 38

Thüringen 27

Gesamtzahl der Dokumente auf Bundesebene (20. Legislaturperiode)

Bayern 60

Seit

Beginn des Jahres 2024 ist die Bibliothek digital. Mit „digital.VM.LESEN“ können die Beschäftigten online im Bibliotheksbestand recherchieren, Ausleihvorgänge anstoßen und ihre Konten selbst verwalten. Mit dem integrierten Lizenzmodul werden die digitalen Medien (E-Paper) verwaltet und bereitgestellt. Die digitale Lernplattform „digital.VM.AKADEMIE“ ist ein weiterer Baustein. Dort gibt es ein Grundangebot von Fortbildungen für die öffentliche Verwaltung, hausinterne Schulungen und gesetzlich vorgeschriebene Unterweisungen, aber auch andere Lerninhalte in unterschiedlichen Formaten.

Zentraler Bestandteil des Angebots ist das neue digitale Produkt „digital.VM.SERVICES“. Das Tool bietet allen Beschäftigten des Ministeriums einen zentralen Zugang zu internen Verwaltungsdienstleistungen. Ein besonderer Fokus lag auf der Entwicklung intelligenter Webformulare, die standardisierte Arbeitsabläufe abbilden und den Verwaltungsprozess von der Antragstellung bis zur Genehmigung und Umsetzung durchgehend unterstützen. Diese Formulare vereinfachen die Antragstellung mit vorausgefüllten Eingabemasken und strukturierten Abfragen und der automatischen Weiterleitung der eingegebenen Daten an die zuständigen Stellen in der Behörde. Fehlerhafte Eingaben werden durch integrierte Plausibilitätsprüfungen minimiert.

Open und low Bereits kurz nach der Einführung zeigt sich, dass die Effizienz gesteigert, Medienbrüche vermieden und eine höhere Transparenz im gesamten Antragsverfahren erzielt werden konnten. Die technischen Grundlagen von digital.VM.SERVICES basieren auf lizenzfreien Open-Source-Lösungen und anpassungsfähigen LowCode-Modulen. Statt klassischer textbasierter Programmiersprachen werden visuelle Werkzeuge und grafische Modellierungen verwendet, die eine intuitive Handhabung ermöglichen und die Entwicklungsgeschwindigkeit erhöhen.

Nach digital.LÄND nun digital.VM

Ein Meilenstein in der Verwaltungsmodernisierung

(BS/Joachim Kroll) Im Rahmen der Digitalisierungsstrategie in Baden Württemberg, bekannt als „digital.LÄND“, hat das Verkehrsministerium mit „digital.VM“ ein umfassendes digitales Angebot für interne Verwaltungsprozesse entwickelt. Ziele des Projekts sind der Abbau bürokratischer Hürden, der optimale Einsatz von Ressourcen und eine bessere Servicequalität. Das Ministerium präsentiert sich damit als moderner Dienstleister und Arbeitgeber.

Die Optimierungen in den Prozessen des Ministeriums können auch bei der Verkehrswende helfen, schließlich sollte ein modernes Ministerium auch moderne Prozesse anstoßen.

Die Umsetzung des Projekts liegt in der Hand eines interdisziplinären Teams aus Beschäftigten des Ministeriums, des IT-Dienstleisters publicplan GmbH sowie des Beratungsunternehmens PD – Berater der öffentlichen Hand GmbH. Die Leitung des Projekts hat die Digitalisierungsreferentin der Abteilung 1 des Ministeriums, Lisa Künzle, übernommen. Das Projektteam hat die ersten „SERVICES“ konsequent agil mit der Scrum-Methode implementiert. Die gewählte Vorgehensweise gewährleistet maximale Flexibilität, Effektivität und Effizienz, da sie eine enge Zusammenarbeit und eine schnelle Reaktionsfähigkeit ermöglicht. Technisch wird das Projekt durch die IT Baden-Württemberg (BITBW) begleitet.

Schneller Zugriff

Das digitale Angebot digital.VM.SERVICES bietet den Beschäftigten des Verkehrsministeriums einen einfachen und schnellen Zugriff auf interne Dienstleistungen und Anträge, wie z. B. Zugangsberechtigungen, Materialbestel-

Die grüne Bundestagsfraktion lädt ein zur Konferenz:

A M 1 1 O K TO B E R

lungen, Schadensmeldungen und die Vergabe digitaler Rechte. Der administrative Aufwand konnte erheblich reduziert werden und ermöglicht es den Antragstellenden, sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren.

Zudem verbessert das System die Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Prozesse, was sowohl die Qualität der erbrachten Dienstleistungen als auch die Zufriedenheit der Beschäftigten steigert.

Kontinuierlich lernen

Ein weiterer Benefit ist die ständige Verbesserung und Anpassung des

Foto: BS/horizon, stock.adbe.com

Systems. Durch die kontinuierliche Auswertung der Nutzung und des gesammelten Feedbacks können Schwachstellen identifiziert und behoben werden. Dies fördert eine Kultur des kontinuierlichen Lernens und der Innovation innerhalb des Ministeriums.

Das Team hinter digital.VM.SERVICES arbeitet kontinuierlich an der Erweiterung des Systems. Derzeit sind sechs Antragsprozesse verfügbar, die teilweise mehrere thematische Antragsstrecken bündeln. Beispielsweise deckt der Prozess für postfachbezogene Rechte elf verschiedene Anträge ab, da-

Einer geht, 14 warten

runter solche für Funktionspostfächer, E-Mail-Verteiler und persönliche Postfächer. In der nächsten Software-Version sind Anträge auf Medienbestellung und Zeitschriftenumlauf geplant sowie Anträge auf Materialbestellungen wie Visitenkarten und Namensschilder für Veranstaltungen. In Vorbereitung sind unter anderem die Broschürenbestellung über die Poststelle, die Bestellung von Dienstausweisen, der Antrag für das Vorschlagswesen sowie die Störungsmeldung. Das positive Feedback und die vielen Anfragen zur Erweiterung des Systems stellen das Projektteam vor die Herausforderung, die neuen Anforderungen trotz begrenzter finanzieller und personeller Ressourcen zeitnah umzusetzen.

Das Projekt digital.VM.SERVICES des Verkehrsministeriums BadenWürttemberg ist ein beispielgebendes Modell für die erfolgreiche Digitalisierung und Modernisierung von Verwaltungsprozessen. Mit dem Einsatz moderner Technologien, agiler Methoden und interdisziplinärer Zusammenarbeit kann die nachhaltige und nutzerzentrierte Transformation gelingen. Positive Effekte sind beschleunigte Prozesse, die Entlastung bei der innerbehördlichen Bürokratie und eine moderne Organisationskultur.

Joachim Kroll ist leiter der Abteilung Verwaltung des Verkehrsministeriums Baden-Württembergs.

Foto: BS/privat

Bezahlkartenausschreibung bei Dataport verzögert sich

(BS/sr) Erst Ende August hat Mecklenburg-Vorpommern den Zuschlag bei seiner europaweiten Ausschreibung für eine Bezahlkarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber erteilt. Das Land geht damit in die nächste Phase bei der Bezahlkarte. In den anderen Bundesländern, ausgenommen Bayern, verzögert sie sich bis mindestens Mitte Oktober.

I M D E U T S C H E N B U N D E S TAG

Die Bezahlkarten sollen vornehmlich die lokalen Verwaltungen entlasten und lange Warteschlangen in den Ämtern verhindern.

Foto: BS/alfons, stock.adobe.com

Organisierte Kriminalität entschlossen bekämpfen

Mit unseren Abgeordneten Dr. Irene Mihalic, Marcel Emmerich, Dr. Konstantin von Notz und Staatsanwalt Giuseppe Lombardo, Steuerfahnderin

Info/Anmeldung: gruene-bundestag de/termine

Birgit Orths sowie weiteren Fachleuten

Schon in knapp zwölf Wochen könnte die Bezahlkarte in der Erstaufnahmeeinrichtung von Mecklenburg-Vorpommern verteilt werden. „Damit sind wir voll in unserem Anfang des Jahres bekannt gegebenen Zeitplan“, erklärt dortige Innenminister Christian Pegel Er erinnert daran, dass durch die Bezahlkarte ein großer Arbeitsaufwand bei monatlichen Bargeldauszahlung wegfallen wird. Ein konkreter Umsetzungsplan müsse jedoch zunächst noch erarbeitet werden. Nicht so zügig läuft es bei der gemeinsamen Auschreibung der anderen Bundesländer.

14 Länder warten auf Beschwerde Erst Ende August hat Dataport verkündet, dass sich der Zuschlag für die ausgeschriebene Bezahlkar-

te weiter verzögert. Das hat auswirkungen auf 14 Bundesländern. Grund dafür ist die Beschwerde eines unterlegenen Bieters. Obwohl die zuständige Vergabekammer alle Nachprüfungsanträge zurückgewiesen hatte und feststellte, dass das Vergabeverfahren rechtskonform durchgeführt worden ist, hat ein Bieter sofortige Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe eingereicht. Die Verhandlung soll Mitte Oktober stattfinden. Ob dann eine Entscheidung fallen wird, ist allerdings unsicher.

Das gemeinsame Projekt „Durchführung einer bundesweiten Vergabe für eine Bezahlkarte“ wurde im Januar von einer Arbeitsgruppe der Länder Hessen, Niedersachsen, Hamburg und Baden-Württemberg angestoßen. In Mecklenburg-Vorpommern soll

die Bezahlkarte zunächst nur in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes verwendet werden und erst langfristig Landkreisen und Städten zur Verfügung gestellt werden. Die Karte soll zur Zahlung in Geschäften des täglichen Bedarfs verwendet werden können. Überweisungen ins Ausland sollen nicht möglich sein. MecklenburgVorpommern hat sich dabei für eine Einzellösung entschieden, um sicherzustellen, dass die Belange der kommunalen Ebene, also der Landkreise und kreisfreien Städte, berücksichtigt werden, erörtert Pegel die Entscheidung für das separate Ausschreibungsverfahren. Der Minister zeigte sich aufgeschlossen gegenüber der Gesetzesänderung: „Die Gesetzesänderung, neben Geld- und Sachleistungen auch ausdrücklich die Bezahlkarte als Option zu benennen, hat für die Länder Rechtssicherheit geschaffen, um die bisherigen Bargeldzahlungen durch die Bezahlkarte zu ersetzen. Gleichzeitig wird weiterhin –auch das ist bundesweit geeint –den Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfängern die Möglichkeit eingeräumt, einen Teil der monatlichen Leistungen in Form von Bargeld abzuheben.“

Limit umgangen

Aus Bayern sind Fälle bekannt, die die Bargeldgrenze gegen die gesetzlichen Vorgaben umgingen. Die Erfahrungen den Umsetzungsplan neuen Bezahlkartenfunktionen in Mecklenburg-Vorpommern beeinflussen.

Grafik: Behörden

Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen Ellen Kubica -5342

Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung Rheinland-Pfalz

Ministerin für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung Dörte Schall

Persönlicher Referent des Staatssekretärs Dr. Kristofer Oedekoven -4485

Staatssekretär Dr. Denis Alt

Projekt „Strategien gegen Einsamkeit“

Büro der Ministerin Timo Philippi -2345

Parlamentsund Kabinettsangelegenheiten Jennifer Braun -5049 Bundesrat, Fachministerkonferenzen, Länderkoordinierung Roland Schäfer -2034

Persönliche Referentin der Ministerin Nastassja Oberfrank -2011

Pressestelle und Öffentlichkeitsarbeit Esther Höfler -2377

Projektleiter: Priv.-Doz. Dr. Marcel Lewandowsky -5882

Pressesprecherin Esther Höfler -2377 Öffentlichkeitsarbeit Lucia Webb Weilacher -5883 Grundsatz und Koordinierungsaufgaben Carolin Oldenstein -5013

Abteilung 64 Soziales Joachim Speicher -4477 Referat 641 Grundsatzfragen der sozialen Sicherung und Armutsbekämpfung, Schuldnerberatung, Betreuungswesen, Soziales Entschädigungsrecht Olaf Noll -2394

Referat 642 Drogenbeauftragte, Suchtprävention, Suchtkrankenhilfe Sabine May -4655 Referat 643 Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, SGB IX (Wohnen, WfbM) Axel Merschky -2699 Referat 644 Sozialhilfe, Grundsicherung für Arbeitsuchende Derya Lodge -2063

Abteilung 63 Digitalisierung Cornelia Weis -3309 Referat 631 IT-Management und -Recht, Steuerung des Landesbetriebes Digitales, IT-Finanzsteuerung Philipp Römer -3299 Referat 632 Ressortübergreifende Informationssicherheit

Dr. Oliver Gabel -3921

Referat 633 Geschäftsstelle, E-Rechnung, Digitalstrategie

Dr. Stefan Puderbach -6410

Referat 634 E-Government, Kooperation mit EU, Bund, Ländern und Kommunen Marcel Boffo -3246

Referat 645 Pflege, Gut leben im Alter Bernd Aichmann -2381 Fabia Heischling -2053 Marion Hilden-Ahanda -2055 Referat 646 Neue Wohnformen, Grundsatzfragen des Demografischen Wandels Christoph Beck -4484 Referat 647 Inklusion (Gleichstellung, Partizipation, Barrierefreiheit) Katrin Meuthen -5040 Referat 648 Erwachsene Menschen mit Behinderungen: Inklusion und Erster Arbeitsmarkt, Kinder und Jugendliche mit Behinderungen, Inklusive Lösung, Schwerbehindertenrecht Stephania Karalia -5015

Referat 635 Programmreferat, E-Akte Dialog RLP, Digitalisierung der Vorgangsbearbeitung Roman-Tibor Stache -3341 Referat 636 Digitale Infrastrukturen, GigabitKompetenzzentrum, Grundsatzfragen der Netzinfrastruktur und Telekommunikationspolitik, Clearingstelle Mobilfunk Raymond Twiesselmann -3843

Koordination Umsetzung Cannabisgesetz * N.N.

Abteilung 62 Arbeit und Transformation Jeannette Mischnick -2083

Referat 629 Gesundheitsfachberufe, Fachkräfteinitiative Gesundheitsfachberufe

Heiko Strohbach -2320

Referat 621 Allgemeine Arbeitsmarktpolitik, Arbeitsförderung, Grundsicherung für Arbeitsuchende, Arbeitsmigration

Referat 6210 Weiterbildungsgesetz, Schulabschlusskurse, Modellprojekteförderung

Sybille Straßner -5469

Andrea Roth -2022 Referat 622 Arbeitsund Beschäftigungspolitik, Fachkräftesicherung, Transformation, Jugendarbeitsmarktpolitik

Referat 6211 Bildungsfreistellungsgesetz, Weiterbildungsportal, Weiterbildungspreis Charity Peuker -2017 Referat 6212 Digitalisierung in der Weiterbildung, Alphabetisierung und Grundbildung, Inklusion, politische Bildung Sabine Caron -5458

Spiegelreferate in der Staatskanzlei

Dienstsitz Mainz: Geschäftsbereich des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung Christian Schlüter -4695 Dienstsitz Berlin: Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung, Koordinierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit Nathalie Eghbalizadeh (030/72629-1138) (Fax: 030/7269-1289)

Dienstsitz Brüssel: Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung, Koordinierung der Europaangelegenheiten Victoria Siegismund (030/374346-1025)

Dr. Kay Bourcarde -2040 Referat 623 Europäische Arbeitsmarktpolitik, Europäischer Sozialfonds Regina Wicke -2351 Referat 624 Arbeitsrecht, Gewerkschaften, Konversion Stefanie Schneider -2363 Clarissa Göbel -2033 Referat 625 Unfallund Rentenversicherung Wiebke Geismar -5880 Referat 626 Sozialer Arbeitsschutz, Landestariftreuegesetz (ÖPNV/SPNV) Lothar Schuster -2023 Referat 627 Technischer Arbeitsschutz

Esther Trapp-Harlow -2041 Referat 628 Gesunde Betriebe, Medizinischer Arbeitsschutz, Betriebliches Gesundheitsmanagement Ursula Fuchs -2097

Abteilung 61 Zentrale Aufgaben

Dr. Nils Hoffmann -2356 Referat 611 Personalverwaltung, Personalund Organisationsentwicklung

Nadine Pepe -2028 Michael Wagner -2088

Referat 612 Gesetzgebung, allgemeine und grundsätzliche Rechtsangelegenheiten

Andreas Sackreuther -2382

Referat 613 Haushalt, Finanzplanung Jürgen Dorsch -2350 Referat 614

Neue Medien, E-Government, Veranstaltungen

Roland Schiffer (m.d.W.d.G.b.) -5046 Paula Tetzlaff -2355 Julia Engelberty -5337 Referat 615 Organisation, Zentrale Dienste Peter Sauer -2407 Referat 616 Controlling, Projekte Stephan Engel (m.d.W.d.G.b.) -2081 ESF-Prüfbehörde Mario Schmidt -2775

Vorsitzende des Personalrats: Sabine Collet -4496 Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen: Mario Müller -2073

Gleichstellungsbeauftragte: Marion Sölter -2066

Bauhofstraße 9, 55116 Mainz Fuststraße 4, 55116 Mainz (Abt. Digitalisierung) (Anschrift: Postfach 3180, 55021 Mainz) Telefon: 06131/16-0, Telefax: 06131/16-2452

E-Mail: Poststelle@mastd.rlp.de Internet: www.mastd.rlp.de

„Wir haben von ÖPP gelernt“

Schulterschluss mit Privatwirtschaft inmitten der Haushaltskrise (BS) Die Haushaltslage im Bund ist angespannt, in vielen Kommunen herrscht Investitionsstau. Über die Bedeutung von Öffentlich-Privaten Partnerschaften inmitten der aktuellen Finanzsituation sprachen Monica A. Schulte Strathaus, erste Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Public Private Partnership (BPPP), und Michael Korn, Vorstand des BPPP, mit dem Behörden Spiegel. Die Fragen stellte Anne Mareile Walter.

Behörden Spiegel: In Anbetracht der aktuellen Finanzsituation: Sind Öffentlich-Private Partnerschaften mehr denn je eine Alternative zu Finanzierungen der öffentlichen Hand?

Monica A. Schulte Strathaus: ÖPP können als wichtige Alternative zu einer konventionellen Auftragsvergabe gelten, weil sie Projekte der öffentlichen Infrastruktur wirksam realisieren. In der aktuellen Finanzsituation stellen wir häufiger die Bereitschaft fest, diese Beschaffungsvariante zu reflektieren.

Gleichzeitig ist momentan auch die Notwendigkeit größer, eine solche Option zu prüfen. Denn im Rahmen von ÖPP werden Risiken frühzeitig evaluiert und in die Frühphase der Planung wird viel Zeit investiert, damit die Projekte über 25 oder 30 Jahre funktionieren.

Michael Korn: Auch mit Blick auf den Klimawandel rücken ÖPPs mehr und mehr in den Fokus. Die Herausforderungen des Klimawandels sind nicht zu lösen, wenn wir nur hier und da etwas machen. Mehr Sinn macht es beispielsweise, größere öffentliche Sanierungsmaßnahmen zu bündeln und daraus ein ganzheitliches Projekt zu stricken. Damit erreichen wir am Ende mehr Energieeffizienz.

Behörden Spiegel: Die Zahl der abgeschlossenen ÖPP-Verträge hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter verringert. Wird sich diese Entwicklung umkehren?

Schulte Strathaus: Die Zahlen enthalten oftmals viele ÖPP-Projekte nicht, insbesondere auch, weil sich die Statistik vermutlich auf die „reinen“ oder „klassischen“ ÖPP-Projekte bezieht. Und aktuell und insbesondere auch in der Zukunft wird es nicht mehr das klassische ÖPP-Projekt

Dem Wahlkampf für die drei Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg dürften FDP-Vorschläge wie die Abschaffung des Entwicklungsministeriums und der Ruf nach Senkung des Bürgergeldes geschuldet gewesen sein. Auch die Forderung nach einer Abschaffung von Parkgebühren in Innenstädten ging in diese Richtung. Ernster zu nehmen war schon eine Salve, mit der Lindner den Streit um den Haushaltsentwurf 2025 neu entfachte, der nach einer Verständigung von SPD, Grünen und FDP beigelegt zu sein schien.

Kredite für die Autobahngesellschaft?

Lindner hatte wegen einiger Finanzierungsvorschläge wie einer Kreditaufnahme durch die bundeseigene Autobahngesellschaft und die Deutsche Bahn ein juristisches Gutachten bestellt. Der beauftragte Bielefelder Rechtswissenschaftler Johannes Hellermann hatte zwar gegen eine Kreditaufnahme durch die Bahn keine Bedenken, sah jedoch bei der Autobahn GmbH ein „nicht unerhebliches rechtliches Risiko“, weil die Autobahngesellschaft im Gegensatz zur Bahn keine eigenen Einnahmen habe und somit Schulden nicht zurückzahlen könne.

Eine Lösung lieferte der Professor gleich mit: Man könne ja der Autobahngesellschaft eigene Einnahmen zuweisen. In Berlin kursier-

Michael Korn ist Mitglied des Vorstands beim Bundesverband Public Private Partnership. Foto: BS/BPPP

Monica A. Schulte Strathaus ist erste Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Public Private Partnership. Foto: BS/BPPP

geben, sondern eher eine ÖPP 2.0. Ein Beispiel hierfür ist die ÖPP in Potsdam, die nur einen Teilbetrieb über eine bestimmte Laufzeit enthielt. Ein solches Projekt wird vermutlich auch nicht in der Statistik auftauchen, da es nicht den klassischen ÖPP-Ansatz verfolgt.

Behörden Spiegel: Können ÖPP den Investitionstau der Kommunen reduzieren?

Korn: Die Partnerschaften sind immer da gut geeignet, wo es um einen sinnvoll induzierten Lebenszyklusansatz geht: beim Straßenbau oder dem Bau von Schulen und Verwaltungsgebäuden beispielsweise. Sie sorgen langfristig für gute Qualität und damit auch für hohe Nutzerzufriedenheit.

Hinzu kommt: Die öffentliche Hand hat bekanntermaßen Schwierigkeiten, Personal in ausreichendem Umfang und Qualität zu generieren. Es fehlt also die Kapazität, um die Vorbereitung und Umsetzung der Projekte auf gesunde Füße zu stellen. Diese Managementaufgabe wird

durch ÖPP auf die Privatwirtschaft übertragen. Gleichzeitig hat die Verwaltung dann mehr Kapazität, um die konventionell finanzierten Projekte umzusetzen.

Behörden Spiegel: Unwirtschaftlich und mittelstandsfeindlich – so lautet die gängige Kritik an Öffentlich-Privaten Partnerschaften. Was halten Sie dagegen?

Schulte Strathaus: ÖPP sind nicht für jedes Projekt sinnvoll. Im Vorfeld ist immer zu überlegen, ob eine ÖPP die sinnvollere wirtschaftliche Alternative ist. Dabei sollten die Verträge so gestaltet werden, dass die Vorteile genutzt werden, anstatt zu sagen: Wir ziehen das als ÖPP durch und verlagern die Risiken in die Zukunft. Es scheitern immer nur einzelne Projekte – weil die Planung nicht ausreichend war oder weil die Verträge falsch waren.

Korn: Bei ÖPP ist im Vorfeld eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nötig. Einer der häufigsten Gründe für das Scheitern ist, dass der Bedarf unzureichend ermittelt wurde. Wir haben allerdings von der Vorgehensweise bei ÖPP auch gelernt. Denn dadurch sind Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Risikomanagement auch Teil der konventionellen Beschaffung geworden.

Beteiligungssteuerung

Update mit Blick auf die Stadt Frankfurt am Main (BS/Lars Scheider*) Beteiligungssteuerung in Kommunen ist ein komplexes Themenfeld mit vielen Dimensionen, für die es entsprechende Steuerungsinstrumente braucht.

Jenseits des akademischen Diskurses ist Beteiligungssteuerung im öffentlichen Sektor für den Bürger durchaus im täglichen Leben wahrnehmbar. Etwa 50 bis 70 Prozent der Daseinsvorsorgeleistung werden von den deutschen Städten mit kommunalen Beteiligungsunternehmen erbracht. Deshalb ist ein modernes, effizientes Beteiligungsmanagement nicht nur gesetzliche Pflichtaufgabe, sondern insbesondere auch demokratierelevant. Die Kommunen stehen aufgrund der vielen, immer schneller aufeinanderfolgenden Krisen verstärkt unter (finanziellem) Druck. Dies erfordert eine stetige Optimierung der Beteiligungssteuerung. Die seinerzeit im KGSt-Bericht 3/2012 (Steuerung kommunaler Beteiligungen) ausgesprochenen Empfehlungen sind teilweise auch heute noch gültig und werden durch den KGSt-Bericht 13/2024 (die Veröffentlichung ist für den September 2024 vorgesehen) um die aktuellen Anforderungen angepasst, ergänzt und erneuert.

Steuerungsinstrumente des Beteiligungsmanagements

mit den Rahmen für eine moderne Beteiligungssteuerung bilden. Die Steuerungsinstrumente als Basis für ein modernes Beteiligungsmanagement werden grundlegend erläutert und um örtliche Beispiele aus dem Beteiligungsmanagement der Stadt Frankfurt am Main ergänzt. Verweise auf KGSt-Publikationen ermöglichen zudem tiefergehende Informationen zu einzelnen Themenbereichen, wie z. B. zum Risikomanagement. Daraufhin wird der kommunale Aufsichtsrat betrachtet, seine Funktion sowie sein Aufgabenspektrum und welche Möglichkeiten zu einer optimierten Steuerung der Beteiligungen führen können.

Zukünftige Entwicklungen Abschließend wird ein Ausblick auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen gegeben, wie z. B. Nachhaltigkeit und Fachkräfteengpass. Vor diesem Hintergrund zielt die Veröffentlichung darauf ab, den aktuellen Stand des Beteiligungsmanagements und zugleich Ansätze zu dessen Weiterentwicklung aufzuzeigen.

*Mehr zum Thema erfahren Sie im Webinar „Beteiligungsmanagement“ am 25.09.2024 unter folgendem Link: https://www.fuehrungskraefte-forum.de/detail.jsp?v_id=11059.

Der KGSt-Bericht gibt in zunächst einen allgemeinen Überblick über den Status Quo im Beteiligungsmanagement und im Besonderen mit Blick auf die Stadt Frankfurt am Main. Neben einer Schärfung der Begrifflichkeiten in diesem Kontext werden vorrangig die Bedeutung und das Rollenverständnis hervorgehoben. Nachfolgend werden die Anforderungen und die damit einhergehenden Steuerungsinstrumente an ein modernes und effizientes Beteiligungsmanagement beschrieben. Die Ausführungen zum Public Corporate Governancekodex (PCGK) sollen das Grundverständnis in dieser Thematik stärken und so-

Das liberale Ideenfeuerwerk

Steuerklassen-Reform wird noch schwierig werden

(BS/Hans-Jürgen Leersch) Ideenreichtum ist der FDP nicht abzusprechen. Ob Haushalt, Steuerklassen oder Parken in den Innenstädten: Parteichef Christian Lindner und die Liberalen haben in der themenarmen parlamentarischen Sommerpause ein Feuerwerk an Vorschlägen gezündet – und nach Ansicht von Kritikern das Sommerloch damit gut gefüllt. Was vom Tage übrig bleiben wird, dürfte der Versuch einer Neuordnung der Steuerklassen für Arbeitnehmende sein.

ten sofort Vorschläge, wonach der Autobahngesellschaft Einnahmen aus der Lkw-Maut zur Verfügung gestellt werden könnten, damit sie die Schulden bedienen könne. Doch Lindner erklärte zu seinem Haushalt: „Nicht alle Maßnahmen sind verfassungsgemäß.“ Und schon ging der Haushaltsstreit in der Koalition wieder los, bis Kanzler Olaf Scholz (SPD), ebenfalls unter Verweis auf das Hellermann-Gutachten, ein Machtwort sprach und erklärte: „Doch, das geht.“ Damit ebbte der Haushaltsstreit schließ-

lich ab. Das Zeug zum Dauerbrenner hat jedoch die geplante Neuordnung der Steuerklassen. Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es dazu: „Im Zuge einer verbesserten digitalen Interaktion zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung werden wir die Kombination aus den Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV überführen, das dann einfach und unbürokratisch anwendbar ist und mehr Fairness schafft.“ Die

Steuerklassenkombination III/V steht in der Kritik, weil sie bei Ehepaaren oder Lebenspartnerschaften den besser verdienenden Partner in der Steuerklasse III beim monatlichen Lohnsteuerabzug begünstigt, während der schlechter Verdienende höher besteuert wird. Mit der jährlichen Steuerschuld gegenüber Vater Staat hat das nichts zu tun: Hier soll für Ehepaare und eingetragen Lebensgemeinschaften weiterhin das Ehegattensplitting gelten. Mit der Steuerklassen-Änderung verbinden die Befürworter die Erwartung, dass vor allem Ehefrauen mit Teilzeitjobs ihre Tätigkeit ausweiten oder dass Hausfrauen eine Arbeit aufnahmen könnten. Neuordnung der Steuerklassen Möglich machen soll dies das Faktorverfahren in der Steuerklasse IV, das ausgeweitet werden soll. Damit soll eine gerechtere Verteilung der monatlichen Steuerbelastung der Partner bei unterschiedlicher Gehaltshöhe erreicht werden. Auch sollen die bei Einstufung in III/V möglichen Nachzahlungen ans Finanzamt entfallen. Lindners Vor-

Lars Scheider ist Verwaltungsdirektor und Abteilungsleiter Beteiligungsmanagement bei der Stadtkämmerei der Stadt Frankfurt am Main. Er ist Mitglied in verschiedenen Fachkreisen und Berichtsprojekten der kommunalen Spitzenverbände.

Foto: BS/privat

haben offenbart – unfreiwillig – Verbesserungsbedarf bei den digitalen Fähigkeiten der Steuerbehörden: Die Umstellung ist so kompliziert, dass das neue Faktorverfahren frühestens zum 1. Januar 2030 eingeführt werden kann. Und selbst dieser Termin gilt als optimistisch.

Ungelöste Probleme

Zahlreiche Probleme sind noch ungelöst: Wenn der Bezug von Elterngeld oder anderer Sozialleistungen ansteht, wechselt bisher der geringer verdienende Ehepartner in die Steuerklasse III, wodurch das Elterngeld erheblich höher ausfällt. Das geht künftig nicht mehr. Lindner beeilte sich zu versichern, es werde „Übergangsregeln bei einzelnen Lohnersatzleistungen“ geben. Und bisher gar nicht geregelt sind die Fälle, bei denen ein Ehepartner nicht arbeitet oder selbstständig ist. Denn die Klasse IV mit Faktor funktioniert nach einer Untersuchung des Fraunhofer-Instituts nur, wenn beide Partner in einem Beschäftigungsverhältnis stehen. Für die Grünen bedeutet der Gesetzentwurf einen Einstieg in ein ganz anderes Steuermodell. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) sprach von einem „Startpunkt in Richtung Abschaffung des Ehegattensplittings“. Lindner hält dagegen: „Das Ehegattensplitting wird nicht abgeschafft, weil das eine massive Steuererhöhung wäre.“

► RPW

Ganz oder gar nicht

Anlehnen ist unzulässig

Der Auftraggeber lobt einen Realisierungswettbewerb für ein Hochbauprojekt aus. Doch die einschlägigen Richtlinien für Planungswettbewerbe erschienen ihm für sein Vorhaben als ungeeignet. So wollte er an einigen Stellen von den RPW 2013 abweichen und erklärte in den Vergabeunterlagen, das Verfahren werde „in Anlehnung an die RPW 2013“ geführt. Die Abweichungen betrafen u. a. die vergleichsweise geringe Höhe des Preisgeldes und die Beurteilung der Eignung der Bewerber, da große Planungsbüros bevorzugte werden sollten. Diese Abweichungen waren in den Vergabeunterlagen offengelegt. Ein Interessent bemängelte sie und verlangte noch im Stadium des Teilnahmewettbewerbs die Nachprüfung.

Mit Erfolg. Der Auftraggeber hob die Ausschreibung auf. Die Vergabekammer entschied hinsichtlich der Kosten zugunsten des Antragstellers. Dabei erklärte sie, was der Auftraggeber falsch gemacht hatte: § 78 VgV verlangt, dass einheitliche, veröffentlichte Wettbewerbsrichtlinien für Planungswettbewerbe zu verwenden sind. Eigene Richtlinien des Auftraggebers erfüllen diese Voraussetzung nicht, wenn sie auftragsbezogen (also nicht einheitlich) sind und nur im Rahmen der Ausschreibung (also nicht öffentlich) bekannt gemacht wurden. Sofern sich der Auftraggeber auf die RPW 2013 als Grundlage berufen wollte, hätte er sich die Abweichungen von der Architektenkammer genehmigen lassen müssen, was vorliegend auch nicht der Fall war.

VK Südbayern

(Beschl. v. 29.04.2024, Az.: 3194.Z3-3_01-24-04)

► WERTUNG

Bekanntgabe erforderlich Was ist ein Unterkriterium?

Für die Beschaffung von IT-Leistungen erbat der Auftraggeber im Teilnahmewettbewerb eine Projektbeschreibung seitens der Bewerber. Diese Beschreibung sollte gemäß den Vergabeunterlagen hinsichtlich der Fragen der persönlichen Erfahrungen, der zu erwartenden Personentage der Projektmitarbeiter und der Qualität der Projektbeschreibung bewertet werden, und zwar in einer „Gesamtschau“. Im laufenden Wertungsvorgang aber legt der Auftraggeber Gewichtungen für diese Aspekte fest, die zuvor nicht benannt waren. Dies wird von einem Bieter gerügt, der sich dadurch um seinen Wettbewerbserfolg gebracht sieht. Dem stimmt die Vergabekammer zu. Kriterien und Unterkriterien müssen mindestens in den Vergabeunterlagen benannt sein, damit die Bieter ihre Angebote auf die Anforderungen des Auftraggebers hin optimieren können. Solange die drei genannten Aspekte in einer Gesamtschau bewertet werden sollen, sind sie nur Untergliederungen eines Hauptkriteriums. Durch die Zuordnung fester Gewichtungen für diese Aspekte aber haben sie sich in Unterkriterien gewandelt. Will der Auftraggeber aber nachträglich Unterkriterien einführen, muss er das Verfahren zurückversetzen bis vor Bekanntgabe des Kriterienkataloges. Hier konnte dies im laufenden Verfahren geschehen, weil die Kriterien nicht in der Vergabebekanntmachung sondern nur in den Vergabeunterlagen benannt waren. Andrenfalls hätte das Verfahren vollständig aufgehoben werden müssen.

VK Westfalen

(Beschl. v. 17.05.2024, Az.: VK 3-9/24)

► LOSLIMITIERUNG

Preisdeckel erlaubt?

Abgrenzung zur Nachverhandlung

Ein Fall aus Dänemark beschäftigte den EuGH, dem folgende Konstruktion eines Beschaffungsvorgangs zugrunde lag: Zu beschaffen waren Bücher für die Bibliotheken des ganzen Landes. Dafür wurde das Land in zwei Gebietslose aufgeteilt. Um eine Monopolisierung unter den wenigen Großhändlern für dänischsprachige Bücher zu vermeiden, sollte ein Bieter nur eines der beiden Gebietslose erhalten. Ist ein Bieter auf beiden Losen führend, so soll das zweite (kleinere) Los an den Zweitplatzierten gehen, sofern dieser bereit ist, zu den gleichen Konditionen wie der Erstplatzierte zu liefern – ansonsten an den Dritten usw. Nur wenn keiner bereit ist, den Preis des Führenden zu übernehmen, erhält dieser beide Lose. Das Problem ist, dass in das Verfahren ein Preisdeckel eingeführt wird, der von den Angeboten anderer Bieter abhängt. Insofern findet eine Preisverhandlung zwischen dem Zweitplatzierten und dem Auftraggeber statt, nachdem die Angebote eröffnet worden sind. Hinzu kommt, dass auf diesem Wege der Preis des Führenden gegenüber den Bietern auf den hinteren Rängen bekannt wird. Dennoch findet dieses Vorgehen die Billigung des EuGH. Er sieht weder Transparenz noch Gleichbehandlungsgebot verletzt, weil die Limitierungsmethode vollständig in den Vergabeunterlagen erläutert war. Deswegen handele es sich auch nicht um eine unzulässige Nachverhandlung. Zur Sicherstellung künftigen Wettbewerbs war die Loslimitierung an sich auch gerechtfertigt.

EuGH

(Urt. v. 13.06.2024, Rs. C-737/22)

► NACHPRÜFUNG Gerissene Kette

Keine Chance für den Letzten Zweifelsfrei aufklärungsbedürftig ist ein niedriger Preis, wenn er weit unter demjenigen des Zweitplatzierten liegt. Wenn aber gleich zwei Bieter unseriös niedrig kalkuliert haben, muss das dann nicht mehr aufgeklärt werden? Und wie ist das, wenn bis auf einen alle zu „Dumping-Preisen“ anbieten? So jedenfalls vermutete es der Fünftplatzierte in einem Vergabeverfahren um die Reinigung von Landesstraßen in Thüringen. Er hatte gleich gar kein Vorabinformationsschreiben erhalten. So focht er, nachdem er aus unbekannter Quelle die Vergabeabsicht erfahren hatte, die Zuschlagsentscheidung an, ohne die Zahl der Bieter zu kennen. Er griff die Wertung der „drei führenden“ Bieter an. Das bleibt vor der Vergabekammer ohne Erfolg. Denn selbst wenn die drei führenden Bieter ausscheiden würden, bliebe noch der Viertplatzierte. Insofern kann er selbst bei einem Erfolg seiner Einwendungen nicht den Zuschlag erhalten. Die Vergabekammer sieht auch keinen Grund, von Amts wegen die Kalkulation überprüfen zu lassen. Es sei absolut unwahrscheinlich, dass gleich drei Bieter fehlerhaft kalkuliert hätten. Die fehlende Vorabinformation allein begründet ebenfalls keinen Schaden für den Antragsteller: Auch mit dieser Information hätte er keine Möglichkeit gehabt, sich bessere Chancen zu erstreiten. Letzteres würde durch andere Vergabekammern aufgrund der zwingenden gesetzlichen Regelung des § 135 Abs. 1 GWB durchaus anders gesehen werden.

VK Thüringen

(Beschl. v. 01.11.2023, Az.: 4003-418-2023-E001-SHK)

► ZERTIFIKATE

Veraltete Version Zertifizierungsgrundlage beachten

Dass eine gültige Zertifizierung veraltet sein kann, musste ein Bieter lernen, der sich um Straßenbauarbeiten beworben hatte. Der Auftraggeber hatte für diesen Auftrag gefordert, dass der Bieter einen Nachweis seiner Qualifikation gemäß MVAS 99 auf der Grundlage der RSA 21 vorlegen solle. Das bedeutet im Klartext: Es soll belegen, dass sein Personal in Sachen der Verkehrssicherung an Straßen geschult ist – und zwar entsprechend einem Merkblatt (MVAS) aus dem Jahr 1999, dem jedoch abweichend die technischen Regeln (RSA) von 2021 zugrunde gelegt werden sollen. Der Bieter, um dessen Zulassung zum Vergabeverfahren es hier geht, hatte stattdessen ein Zertifikat vorgelegt, das zwar dem Merkblatt entsprach, jedoch auf einer noch älteren Variante der technischen Regeln aufbaute, nämlich auf den RSA 95. Derartige Zertifikate seien ohne zeitliche Befristung ausgestellt und verlören ihre Gültigkeit nicht, meint der Auftraggeber. Insofern spreche nichts dagegen, dieses uralte Zertifikat zu akzeptieren. Das sieht die Vergabekammer anders. Die RSA 21 verlangen als wesentliche Änderung gegenüber den RSA 95 den Nachweis der regelmäßigen Schulung der Mitarbeiter. Insofern kann nur ein nach RSA 21 ausgestelltes Zertifikat sicherstellen, dass die auf der Straßenbaustelle Beschäftigten aktuell in Sicherheitsfragen unterwiesen sind. Das Zertifikat nach RSA 95 stellt das nicht sicher. Deswegen ist das alte Zertifikat nicht wertbar, auch wenn es formal unbefristet gilt.

Zusammenfassung der Entscheidungen: RA und FA für Vergaberecht Dr. Rainer Noch, München (Oppler Büchner PartGmbB)

jeden Monat im Behörden Spiegel ◄

Hand in Hand

ÖPP in der Vergabe (BS/bk) Bessere Effizienz, Know-how-Transfer und Kapital – das erhofft man sich, wenn öffentliche Stellen eine Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP) eingehen. Trotz partnerschaftlicher Zusammenarbeit müssen einige Punkte beachtet werden.

Während die Diskussion um ÖPP seit Ende der 1980er in Deutschland angekommen ist, kam es erst in der Mitte der 2000er Jahre zu einem kleineren „Boom“. Ein Rückgang ließ sich dann seit 2009 beobachten. Das Thema ÖPP in der Vergabe erlebe in der Wahrnehmung von Politik und Medien Wellenbewegungen, sagt Prof. Dr. Martin Burgi, Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Umwelt- und Sozialrecht und Leiter der Forschungsstelle für Vergaberecht an der LMU München, der das Thema seit 25 Jahren beobachtet. In der Praxis bleibe die Anwendung von ÖPP relativ konstant. Dr. Frank Wenzel, Partner und Rechtsanwalt bei Gaßner,

Groth, Siederer & Coll, sieht keinen spezifischen Bereich, wo sich eine ÖPP am ehesten anbietet. Dies sei von Projekt zu Projekt unterschiedlich und hänge immer von einer Vielzahl von Fragen ab. „Grundsätzlich steht eine ÖPP für jeden Bereich als grundsätzliche Alternative im Raum, wenn die öffentliche Hand die konkrete Tätigkeit weder einer regulären Drittbeauftragung (damit einhergehender Ausschreibung) überlassen noch in Eigenleistung erbringen will“, so Wenzel Bei der Vergabe bietet eine ÖPP zwei Vorteile, so Burgi. Auf der einen Seite habe man das Knowhow, aber eben nicht das komplette Wissen bei Themen wie beispielsweise der Müllentsorgung. Dieses Know-how könnte man über eine solche Partnerschaft erwerben. Der zweite gewichtige Vorteil ist finanzieller Natur. Hier biete sich für die öffentlichen Stellen die Möglichkeit, an Investmentkapital zu gelangen oder auch die Schuldenbremse zu umgehen. Gleichzeitig hätten die privaten Partner mit dem Staat einen verlässlichen Partner, was die Finanzierung angehe. Auch Wenzel sieht die beiden Vorteile in der Finanzierung und dem Gewinn von Know-how. Im Best Case könnte es

„das Beste aus zwei Welten“ geben: einerseits die Wirtschaftlichkeit privater Prägung und die politische Steuerung durch die öffentliche Hand.

Das reine Vergaberecht sei gut händelbar. Es gebe zu dem Thema Vergabe und ÖPP viele Veröffentlichungen. „Die eigentliche Herausforderung ist das Management der ÖPP“, betont Burgi. Man brauche Leute, die sich gut im Vertragsrecht auskennen. Man könne sich nicht einfach zurücklehnen. Zudem warnt Burgi, dass man durch eine ÖPP kein Personal einsparen könne, vor allem nicht in den höheren Ebenen. Es empfehle sich, nach Klärung der Vorfragen eine Markterkundung aufzusetzen. Hierdurch könne eine bessere Kenntnis des Marktes sichergestellt werden, wodurch man auch zu einer besseren Einschätzung gelangen könne, ob es genügend interessierte Bieter für einen Wettbewerb geben wird, da andernfalls keine wirtschaftliche Leistungserbringung zu erwarten sei. Zudem könne durch die Gespräche im Rahmen der Markterkundung geklärt werden, wie das Vergabeverfahren möglichst optimal zu gestaltet sei, erklärt Wenzel

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Seite an Seite mit Deutschland

Berliner Gespräch mit der rumänischen Botschafterin Adriana-Loreta Stănescu (BS/ps) Rumänien, „Land der Römer“ und einst römische Provinz, ist bis auf den südöstlichen Küstenstreifen am Schwarzen Meer landumschlossen. Die Donau bildet die Südgrenze zu Bulgarien. Es grenzt nördlich an die Ukraine, westlich an Moldawien, nördlich und östlich an Ungarn bzw. Serbien im Westen. Die Transsilvanischen Alpen und Karpaten ziehen sich in weitem Bogen von der Ukraine aus über das ganze Land und gelten als Heimat von Graf Dracula.

Botschafterin Adriana-Loreta-Stănescu ist stolz darauf, dass die Bevölkerung ihres Landes wenig Euroskeptizismus zu verzeichnen hat und lobt die Integretion von ukrainischen Geflüchteten.

Die von dem irischen Schriftsteller Bram Stoker, Ende des 19. Jahrhunderts geschriebene Geschichte spielt in Siebenbürgen (rumänisch: Transilvania) auf dem Karpaten-Schloss Bran von Fürst Vlad Dracula und seinem Sohn Tepes, der literarische Blutsauger Dracul. Junior hat nämlich die schlechte Angewohnheit, seine Gegner bisweilen zu pfählen. Weil das Wappen der Vlads auch noch einen Drachen zeigt, machte es bei Stoker klick – fertig war der Flattermann. 1922 wird daraus „Nosferatu“, der Filmklassiker von F.C. Murnau und 1966 die wunderbare Polanski-Parodie „Tanz der Vampire“. Botschafterin des gleichsam in der Mitte Südeuropas gelegenen Rumäniens ist seit September 2021 Adriana-Loreta Stănescu . Nach einem Politik- und Verwaltungsstudium in Bukarest kommt sie 1995 ins Außenministerium, 1998 bis 2002 zur ständigen Vertretung Rumäniens bei den internationalen Organisationen in Wien, danach als Attaché ins Kabinett des Außenministers und in die NATO-Abteilung des Ministeriums. Zwischen 2003 und 2009 arbeitet sie für die Botschaft in Wien, dann von 2011 bis 2016 als Ministerialrätin an der Berliner Botschaft, anschließend wieder im Außenministerium und wird vor drei Jahren Missionsche

in ihres Landes bei uns, womit sie eigentlich nicht gerechnet hatte.

„Die früheren Erfahrungen als Diplomatin“, so Stănescu pragmatisch, „kommen mir hier und jetzt sehr zupass. Überdies ist es äußerst ehrenvoll, sein Land auf hohem Niveau zu vertreten, ganz gleich, wie viele Arbeitsstunden und lange Reisen es mit sich bringt, um Partner zu treffen, die interessiert sind, Rumänien kennenzulernen, mit uns zusammenarbeiten wollen oder mit Vertretern der rumänischen Diaspora zu sprechen und sie gegebenenfalls zu unterstützen.“

Große rumänische Gemeinschaft in Deutschland

Da trifft es sich auch gut, dass der deutsch-rumänische Freundschaftsvertrag von 1992 die Grundlage für die guten und engen bilateralen Beziehungen bildet und wir, neben den USA, der wichtigste außenpolitische Partner Rumäniens und sein größter Handelspartner und Hauptinvestor sind. „Bedeutsam für die Erfolge ist auch das sehr gute Verhältnis zwischen der deutschen Minderheit in Rumänien und der rumänischen Gemeinschaft in Deutschland. Auch bei zahlreichen anderen Themen wie der EU-Erweiterung, Hilfen für die Ukraine und die Republik Moldau – politisch und praktisch – oder der

Fußball-Fan Adriana-Loreta Stănescu mit UEFA-Maskottchen beim Spiel Rumänien gegen die Niederlande am 2. Juli in München. „Diese Europameistermeisterschaft“, so die Botschafterin, „war für uns alle eines der wichtigsten Fußballerlebnisse überhaupt und wir sind sehr froh, dass es in Deutschland stattfand und wir dabei das Gefühl hatten, zu Hause zu sein.“ Deutschland sei ein perfekter Gastgeber gewesen und sollte dafür einen Orden bekommen, so Stănescu .

Verpflichtung zur euro-atlantischen Sicherheit und Aufrechterhaltung internationaler Normen und einer regelbasierten Ordnung gehen wir Seite an Seite mit Deutschland.“ Rumänien vertraue darauf, dass diese hervorragenden Kooperationen weitergeführt und vertieft würden und ihre Bedeutung als ein solider Pfeiler des Aufbaus des gemeinsamen europäischen Hauses gelte, so Stănescu. Eine anderer außenpolitischer Schwerpunkt Bukarests, die Stabilität auf dem Westbalkan, ist durch den Krieg in der Ukraine erheblich gestört. Als Nachbarstaat mit der längsten NATO- und EU-Grenze, sieht Rumänien seine eigene Sicherheit und die in der gesamten Schwarzmeerregion beeinträchtigt. „Darüber hinaus ist das Schwarze Meer nicht nur für die Anrainerstaaten relevant, sondern auch für die Sicherheit Europas und als Brücke zum Kaukasus und Zentralasien von entscheidender Bedeutung. Es dient als Lieferketten-Korridor für die globale Ernährungssicherheit, Energieversorgung und den Handel.“

Man solle auch nicht die Risiken unterschätzen, die der Krieg für die Nachbarstaaten der Ukraine mit sich bringe und die zunehmend heftigen hybriden Angriffe gegen sie, insbesondere gegen die Republik Moldau, dem zweithäufigst vom russischen Krieg betroffenen Staat. „Der Krieg“, so die Botschafterin nachdrücklich, „tobt faktisch an unserer Grenze, zur EU und NATO. Als russische Drohnen die ukrainischen Donauhäfen Ismail und Reni, die über den Fluss nur ein paar hundert Meter von uns entfernt sind, angreifen, stürzen Drohnenteile auf rumänischen Boden.“

Dank NATO- und EU-Mitgliedschaft, 2004 bzw. 2007, befindet sich Rumänien unmissverständlich in der besten Position, was den Schutz seiner Sicherheit anbelangt. „Jede europäische Nation hat das Recht, seine Sicherheitsvorkehrungen selbst zu wählen, ohne dass ein Dritter dabei ein Mitspracherecht hat. Wir glauben fest daran, dass die Zukunft der Ukraine (und Georgiens) in der NATO liegt.“

Derweil muss sich Rumänien auch um sechs Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine, von denen etwa 100.000 bleiben, kümmern. Ihnen stehen, mit der Perspektive der mittel- und langfristigen Integration in den mobilen Flüchtlingslagern, kostenloser Zugang zu medizinischer Versorgung, Bildung und zum

Arbeitsmarkt zur Verfügung. „Wir waren das erste EU-Mitgliedsland, das einen nationalen Plan zu ihrem Schutz und zu ihrer Integration entwickelte und hierfür eigens mehr als 20 Gesetze änderte“. Eine große Herausforderung für ein Land, wo etwa 32 Prozent der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind – auch junge Menschen. Mit rund 25,4 Prozent der Jugendlichen ist das die höchste Rate in der EU. Ein Euroskeptizismus konnte sich dennoch nie „breit“ machen.

Von EU-Mitgliedschaft profitieren „Nach der Wende 1989 sahen die Rumänen die EU als historische Chance zur Rückkehr ihres Landes an ihren rechtmäßigen Platz im Herzen Europas an. 69 Prozent glauben, dass ihnen die EU-Mitgliedschaft mehr Wohlstand und neue, bessere Arbeitsmöglichkeiten bringt. Das Bruttoinlandsprodukt ist 2023 um über zwei Prozent gestiegen und für 2024 wird eines von mehr als drei Prozent erwartet.“ Natürlich sind diese Vorteile noch nicht allen zugutegekommen. Die schnell wachsenden Städte haben junge Menschen und Bewohner der umliegenden Gebiete wie ein Magnet angezogen, zum Nachteil der Dörfer, in denen jetzt Arbeitskräfte fehlen. Auch die geografische Lage hat die Entwicklung bestimmter Regionen im Westen des Landes zum Nachteil anderer beeinflusst, aber dieses Problem ist nicht spezifisch für Rumänien.

Positiv sieht Botschafterin

Stănescu auch den Ruf ihres Landes „als konstruktiver Partner, wichti-

Rezept der Botschaftlerin

Papanași – das rumänische Dessert

Zutaten für vier Portionen:

250 g Topfen, 1 Packung Vanillezucker, 1 TL Backpulver (5 g), 150 g Weizenmehl (Typ 405), 1 Ei, 50 g Zucker, eine Prise Salz, ½ L Speiseöl zum Frittieren.

Zutaten für die Garnitur: 125 g Schmand, 150 g Konfitüre (nach Geschmack)

ger Akteur auf EU-Ebene, verlässlicher Verbündeter und Garant der NATO-Südostflanke. Seit diesem Jahr wird der 21. April als „Tag der Freundschaft“ zwischen Rumänien und der Bundesrepublik gefeiert. Die Entscheidung des rumänischen Parlaments unterstreicht diese besondere gegenseitige Wertschätzung und den strategischen Charakter unserer Zusammenarbeit. Es sei ihr eine Ehre und ein Vergnügen, Rumänien zu vertreten. In den Gesprächen habe sie immer das Gefühl, dass die Menschen hierzulande auch die Arbeit als Diplomatin goutiern. Typisch dabei ist die Offenheit, das Interesse für andere Länder und Kulturen, das Selbstvertrauen, etwas schaffen zu können, wenn man es richtig macht, das Beste dabei zu wollen und: Vorliebe und Interesse für Technik, Sportbegeisterung, Direktheit und Ehrlichkeit. „Von daher vermisse ich in Deutschland nichts, außer Freunden, Verwandten, meiner Heimatstadt Bukarest und den Bergen, die von Berlin weiter entfernt sind.“ Fast 30 Jahre ist Adriana-Loreta Stănescu im diplomatischen Dienst, drei davon als Botschafterin in der deutschen Hauptstadt. Die 56-jährige darf zufrieden sein. „Ehrlich gesagt würde ich mit niemand anderem tauschen. Da mein Leben bisher von Höhen und Tiefen geprägt war, fühle ich mich glücklich mit dem, was ich erreicht habe und bin dankbar für die Menschen, die ich kennengelernt habe und die Ereignisse, die ich erlebt habe. Auch wenn ich viele Menschen bewundere, glaube ich nicht, dass ein Tausch mir was bringt.“

Zubereitung: Den gut abgetropften Topfen in eine Schüssel geben, Zucker, Ei und Salz hinzufügen und zum Homogenisieren mischen. Mehl separat mit Backpulver und Vanillezucker vermischen und schrittweise in die erste Schüssel geben. Nachdem alle Zutaten gut vermischt wurden, lässt man den entstandenen Teig 30 Minuten ruhen. Aus dem geformten Teig werden vier Ringe und vier Kugeln hergestellt, die frittiert werden. Zum Anrichten jeweils einen Teigring platzieren, eine Teigkugel in seine Mitte legen und die „Papanași” mit etwas Schmand und Konfitüre garnieren. Sie werden warm serviert. Am besten schmeckt selbstgemachte Konfitüre dazu, beispielsweise Blaubeerkonfitüre, Brombeerkonfitüre, Sauerkirschmarmelade oder Preiselbeerenkonfitüre.

Fotos: BS/Rumänische Botschaft

Ohne Sonne kein Strom?

(BS/Marlies Vossebrecker) In Deutschlands Kommunen steigt der Strombedarf. Zugleich werden Erneuerbare Energien weiterhin ausgebaut, um die Klimaneutralität zu erreichen. Doch was, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht? Und welche Gefahr geht von Extremwetterereignissen aus? Fachleute beruhigen – flächendeckende Ausfälle oder Engpässe stünden – vorerst – nicht zu befürchten.

„Einsteigender Anteil von Strom aus Erneuerbaren Energien im Stromsystem führt nicht zu mehr Stromausfällen“, erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW). Vielmehr habe sich dadurch die Netzstabilität verbessert. Dennoch brauche es Investitionen in den Ausbau und die Ertüchtigung der Netze, um sie zukunftsfest zu machen, mahnt Andreae mit Blick auf die Politik: Für den weiterhin notwendigen Ausbau der Erneuerbaren Energien müssten dringend finanzielle Rahmenbedingungen festgelegt werden. Außerdem müsse auch die Entwicklung von Energiespeichern im Zuge des Ausbaus bedacht werden. Angesichts der Witterungsabhängigkeit vieler Erneuerbarer Energien müssen alternative Kraftwerke bei Bedarf bereitstehen. Andreae führt als Beispiel wasserstofffähige Gaskraftwerke an, die von Erdgas auf Wasserstoff umgestellt werden könnten, wenn ausreichend Wasserstoff verfügbar sei. Der Bau solcher Kraftwerke müsse zügig vorangetrieben werden, denn: „Können sie nicht rechtzeitig in Betrieb gehen, müssten Kohlekraftwerke länger laufen.“

Intelligente Systeme gegen Ausfälle Für eine sichere Stromversorgung sind laut dem Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) insbesondere zwei Aspekte entscheidend: eine ausreichende Anzahl an Stromerzeugern und ein stabiles Stromnetz. Das deutsche Stromnetz zähle zu den sichersten und stabilsten in Europa, was durch den SAIDI-Wert (System Average Interruption Dura-

tion Index) bestätigt werde. Dieser gibt die durchschnittliche Versorgungsunterbrechung je angeschlossenem Letztverbraucher innerhalb eines Kalenderjahres an und liegt in Deutschland bereits seit Jahren unter 13 Minuten. Nach Einschätzung des VKU bringt der Umbau der Energieversorgung im Sinne der Klimaneutralität bei gleichzeitiger Versorgungssicherheit zahlreiche Herausforderungen mit sich. „Damit die Stromverteilnetzbetreiber ihre Netze trotzdem stabil halten und vor Ausfällen schützen können, braucht es beispielsweise intelligente Messsysteme und steuerbare Geräte – sowohl für den Energiebezug als auch für die Energieeinspeisung“, erklärt ein Sprecher des VKU. Zusätzlich installierte Ortsnetztransformatoren könnten zudem im Falle einer Überlastung in einem Netzstrang automatisch gegensteuern.

Obwohl die Sicherheit des Stromnetzes immer wieder bestätigt wird, liegen dennoch Maßnahmen und Pläne für den Fall von Engpässen oder Ausfällen vor. „Es geht darum, mögliche Engpässe im Stromnetz vorausschauend zu identifizieren, um sie frühzeitig vermeiden oder beheben zu können“, heißt es vom VKU. Dieses Vorgehen nennt sich Redispatch: Bei Gefährdungen der Netz- oder Systemstabilität dürfen Stromnetzbetreiber in die Erzeugungsleistung von Kraftwerken eingreifen, um Leistungsabschnitte vor einer Überlastung zu schützen. Dazu gehört z. B. die Abschaltung großer Stromverbraucher. Sollte sich tatsächlich ein großer Stromausfall oder gar ein Blackout ereignen, so könnten die Netzbetreiber dank eines detaillierten Plans und mittels sog. schwarzstartfähiger Kraftwerke die Stromversor-

gung wiederherstellen. Auch Dr. André Berghegger, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB), hebt die Bedeutung schnell umsetzbarer Notfallpläne bei einem Stromausfall in Kommunen hervor und benennt mögliche Maßnahmen: „Hier kann es um die Schaffung von Redundanzen gehen, also die Planung alternativer Versorgungsstrukturen bei einer Unterbrechung der übergeordneten Stromversorgung bei Sturm oder ähnlichen Ereignissen.“

„Ein steigender Anteil von Strom aus Erneuerbaren Energien im Stromsystem führt nicht zu mehr Stromausfällen.“

Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung beim BDEW

Zudem sei es vor Ort notwendig, über Notstromaggregate eine Versorgung der wichtigen Einrichtungen, wie etwa der Krankenhäuser oder Einsatzzentralen der Rettungsdienste, sicherzustellen. Städte und Gemeinden seien auf Ausfälle oder Engpässe vorbereitet und böten der Bevölkerung eine Anlaufstelle, so Berghegger weiter. Die Grundlage dafür bildeten Krisenpläne, die kontinuierlich weiterentwickelt und an die Rahmenbedingungen angepasst würden. Nicht zuletzt spiele die regelmäßige Information der Bevölkerung eine zentrale Rolle, damit

Sammelpunkte, Eigenvorsorge und Verhaltensweisen im Krisenfall bekannt seien.

München: Steigender Bedarf ist noch zu bewältigen Die Stadtwerke München (SWM) geben ein Beispiel für die Ausgangslage einer Stadt bei der Stromversorgung samt den zugehörigen, aufkommenden Herausforderungen. Auch hier müssen Anpassungen des städtischen Netzes aufgrund von Extremwetterlagen vorgenommen werden, wenngleich dieses dank Verkabelung weitgehend resilient ausfällt. Ein steigender Strombedarf, der primär auf die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung und der Fahrzeuge, also etwa auf elektrische Wärmepumpen oder die E-Mobilität, zurückzuführen sei, könne aktuell noch gut verkraftet werden, heißt es von den SWM. Dennoch bereiteten sie sich durch einen kontinuierlichen Ausbau und die Erneuerung des Netzes auf einen weiteren Lastzuwachs vor. In diesem Zusammenhang würden auch Möglichkeiten der Digitalisierung des Netzes genutzt. Da das Münchner Stromnetz mehrfach an das vorgelagerte Höchstspannungsnetz angebunden und somit teilweise redundant aufgebaut sei, seien derzeit keine Engpässe zu erwarten. Andernfalls könnten einzelne Leitungen zunächst durch Redispatch-Maßnahmen entlastet werden. „Sollte es zu einem überregionalen Engpass oder Ausfall –bei dem das vorgelagerte Netz des Übertragungsnetzbetreibers Tennet betroffen ist – kommen, besitzt das Stromnetz in München die Fähigkeit, aufgrund einer starken Erzeugungsstruktur innerhalb des Münchner Netzes sich selbst als sog. Inselnetz zu halten“, erläutert eine Sprecherin

der SWM auf Anfrage. Für den Teil des lokalen Verbrauchs, der dabei im Gleichgewicht mit der lokalen Erzeugung stehe, könne München mit geöffneten Verbindungen zum vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber versorgt werden. Der Energiedienstleister Westenergie AG legt neben dem Netzausbau großen Wert auf die Modernisierung und Stärkung bestehender Netze. Die konsequente Modernisierung der Stromverteilnetze sei eine zentrale Voraussetzung, um den weiteren Hochlauf an Erneuerbaren Energien, Wärmepumpen, Ladestationen und Energiespeichern erfolgreich zu bewältigen. Zukunftsgerichtete Bestandsnetze ermöglichten nicht nur eine bessere Auslastung der Gesamtkapazität, sondern seien auch robuster für die immer größer werdenden Schwankungen bei den Ein- und -ausspeisungen aufgestellt. Für eine hohe Versorgungsqualität sind zudem laut Westenergie digitalisierte Stromverteilnetze ein wichtiger Faktor. Auf diese Weise ließen sich Strom und Spannung messen, Energieflüsse steuern sowie Beobachtungen vornehmen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse dienten dazu, die Netze noch bedarfsgerechter ausbauen und effizienter betreiben zu können. Intelligente Messsysteme lieferten dem Verteilnetzbetreiber anonymisierte Daten zur Netzauslastung, zum Stromverbrauch und zur Einspeisung. „Damit lassen sich Energieflüsse annähernd in Echtzeit messen und Netzengpässe frühzeitig erkennen sowie zukünftige prognostizieren“, erklärt eine Sprecherin der Westenergie. „Solche intelligenten Netze erhöhen nicht nur die Sicherheit, Flexibilität und Verfügbarkeit, sondern senken auch Kosten, potenzielle Risiken und den ökologischen Fußabdruck.“

Titelbild: BS/Hoffmann unter Verwendung von gradt, stock.adobe.com

BFoto: BS/Stadt Bad Homburg

ehörden Spiegel: In Bad Homburg gibt es verschiedene Angebote im Bereich der Digitalisierung, wie etwa eine App zur Stadt oder das Programm zur digitalen Inklusion jüngerer und älterer Menschen. Liegt auf der Digitalisierung ein Schwerpunkt?

Alexander Hetjes: Digitalisierung spielt in Bad Homburg eine zentrale Rolle. Dementsprechend sind auch wir längst auf den Daten-Highway abgebogen und haben eine Digitalisierungsstrategie entworfen. Auf kommunaler Ebene soll Digitalisierung Transparenz und moderne Verwaltungsprozesse ermöglichen. Um diesen Prozess zu beschleunigen, hat Bad Homburg als eine der ersten Kommunen bundesweit die Stelle eines „Chief Digital Officers“ (CDO) geschaffen.

Unsere Digitalisierungsstrategie beruht auf drei Säulen: „Digitale Verwaltung“, „Smart City“ und „Arbeitsplatz Zukunft“. Ein besonderer Akzent liegt auf der Schaffung von digitalen Verwaltungsleistungen. Aktuell sind bereits 180 der insgesamt rund 200 städtischen Dienstleistungen online verfügbar.

Behörden Spiegel: Gerade hat wieder das Kulturprogramm Bad Homburger Sommer stattgefunden. Inwiefern profi tiert die Stadt von einem solchen kulturellen Angebot?

Hetjes: Veranstaltungen wie der Bad Homburger Sommer stärken nicht nur die lokale Wirtschaft, da sie Auswärtige wie Einheimische gleichermaßen anziehen, sondern fördern auch Gemeinschaftsgefühl und die Lebensqualität der Einwohnenden. Generell bieten die vielfältigen kulturellen Angebote den Bewohnerinnen und Bewohnern immer wieder die Möglichkeit, an hochwertigen kulturellen Erlebnissen teilzunehmen, ohne weit reisen zu müssen. Ich denke da auch an das Poesie- und Literaturfestival oder

S o sahen es auch die Verantwortlichen in Gelsenkirchen: In einem Eilverfahren hat das Verwaltungsgericht der Stadt Recht gegeben, die E-Scooter aus der Stadt zu verbannen. Damit reagierte die Stadt auf die Ablehnung der E-Scooter-Verleiher, in die neue Sondernutzungserlaubnis auch Bedingungen der Stadt aufzunehmen. Die Stadt forderte, in die neuen Bedingungen eine Identitätsbestätigung der Nutzenden vor Fahrtantritt aufzunehmen, um missbräuchliche Nutzung oder schwere Unfälle juristisch verfolgen zu können. Das Verfahren läuft aktuell noch weiter. Die Verbannung der Scooter, die übrigens nicht einem Verbot gleichkommt, ist jedoch ein letzter Schritt. Es gibt viele andere Möglichkeiten zur Verbesserung der aktuellen Problemlage zugunsten der Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden.

Sammelparkflächen als Alternative Nürnberg etwa hat ein umfassendes Konzept entwickelt, um Behinderungen und Gefährdungen durch achtlos abgestellte E-Scooter ent-

VIER Fragen– VIER Antworten

Interview mit Alexander Hetjes, Oberbürgermeister der Stadt Bad Homburg

Alles unter einem Hut

Ein Standort, aber viele Angebote

(BS) Dass auch mittelgroße Städte durch Engagement in vielen Bereichen Menschen aus nah und fern anziehen können, beweist Bad Homburg vor der Höhe. Oberbürgermeister Alexander Hetjes stellt Klimaschutzmaßnahmen, Kulturprogramme und soziale Projekte vor. Die Fragen stellte Marlies Vossebrecker.

unser Orgelfestival Fugato. Solche Events tragen zur Attraktivität der Stadt als Wohnort bei und können auch dazu führen, dass sich mehr Menschen entscheiden, nach Bad Homburg zu ziehen oder dort zu bleiben.

Kurzum: Solche kulturellen Angebote sind ein wesentlicher Bestandteil des städtischen Lebens und spielen eine entscheidende Rolle bei der Förderung des sozialen Zusammenhalts und der Identität der Stadt.

Behörden Spiegel: Ihre Stadt hat Neubauten für sozialbedürftige Menschen wie etwa Obdachlose errichtet, um ihnen Wohnraum zu bieten. Wie wird das Konzept angenommen?

Hetjes: Man muss sagen: leider gut. Ich würde mir wünschen, dass solche Bauten und Konzepte gar nicht notwendig wären, aber das ist natürlich illusorisch.

Auch eine Stadt wie Bad Homburg benötigt sozialen Wohnraum und Unterkünfte für unverschuldet Obdachlose aus mehreren Gründen.

Erstens gibt es in jeder Stadt Menschen, die trotz des allgemeinen Wohlstands in finanzielle Schwierigkeiten geraten können. Unvorhersehbare Ereignisse wie Jobverlust, Krankheit oder familiäre Krisen können dazu führen, dass Menschen ihre Wohnung verlieren. Deshalb ist es wichtig, ein soziales Netz bereitzuhalten, um diesen Personen schnell und effektiv zu helfen.

Zweitens trägt die Bereitstellung von sozialem Wohnraum und Notunterkünften zur sozialen Gerech-

Damit sich Einwohnende ebenso wie Besuchende wohlfühlen, bringt Bad Homburg vor der Höhe viele Angebote, Projekte und Programme unter einen Hut.

tigkeit bei. In einer gerechten Gesellschaft sollte jeder Zugang zu grundlegenden Lebensbedingungen wie einer sicheren Unterkunft haben. Dies ist ein Ausdruck von Mitmenschlichkeit und Solidarität, die auch in wohlhabenden Gemeinschaften wichtig sind. Es zeigt, dass die Stadt sich um alle ihre Bürgerinnen und Bürger kümmert, unabhängig von ihrer aktuellen finanziellen Situation.

Schließlich trägt die Unterstützung von sozial Schwächeren auch zur allgemeinen Lebensqualität in der Stadt bei. Eine Stadt, die sich um alle ihre Einwohnenden kümmert, schafft ein inklusives und unterstützendes Umfeld, in dem sich jeder sicher und wertgeschätzt fühlen kann. Dies stärkt das Gemeinschaftsgefühl und macht Bad

Foto: BS/Muhammad, stock.adobe.com

Homburg zu einem attraktiveren Ort zum Leben und Arbeiten für Menschen aller sozialen Schichten.

Behörden Spiegel: Sie treiben den Ausbau der Busflotte mit klimafreundlichem Antrieb voran, auch in Kooperation mit benachbarten Städten. Welche Vorteile bietet dabei die interkommunale Zusammenarbeit?

Hetjes: Interkommunale Zusammenarbeit bietet zahlreiche Vorteile, sowohl im Allgemeinen als auch speziell beim Ausbau einer klimafreundlichen Busflotte. Grundsätzlich ermöglicht die Bündelung von Ressourcen und die gemeinsame Nutzung von Infrastrukturen erhebliche Kosteneinsparungen, sodass beteiligte Kommunen größere Projekte realisieren können. Durch den Austausch von

Der Fortschritt blockiert Wege

E-Scooter im Stadtverkehr

(BS/Marlies Vossebrecker) Des einen Freud ist des anderen Leid – so verhält es sich auch bei der Nutzung von E-Scootern in Städten. Ersetzen sie so manch langen Fußmarsch, so bereiten sie an anderer Stelle häufig Probleme: Achtloses Abstellen, Blockieren von Fußgängerwegen, Missachten von Verkehrsregeln und nicht zuletzt steigende Unfallzahlen sorgen für Ärger. Doch es gibt andere Möglichkeiten als bloße Verbote.

gegenzuwirken. In einem Sondernutzungsvertrag mit den Anbietern hat die Stadt „[…] auch Auflagen zum regelkonformen Abstellen und Befahren im Stadtgebiet“ festgelegt, erklärt Frank Jülich, Dienststellenleiter des Verkehrsplanungsamtes. Das Abstellkonzept für E-Scooter sieht vor, dass diese ausschließlich in bestimmten Bereichen abgestellt werden dürfen. Bis Herbst 2024 sollen stadtweit rund 300 Sammelparkplätze für etwa 4.000 Fahrzeuge entstehen, so Jülich. Innerhalb der Altstadt hat die Stadt bereits Sammelparkplätze einrichtet. Jülich sieht für hilfreiche Maßnahmen den Bund in der Verantwortung, um strengere Regulierungen zu ermöglichen. Unter die Maßnahmen falle etwa das „Geofencing“, um nachhalten zu können, ob E-Scooter in den zugelassenen Flächen abgestellt werden. Zudem kann so die Geschwindigkeit in bestimmten Bereichen gedrosselt werden. Die Zulassung dieser Technologie steht noch aus.

Achtlos abgestellte E-Scooter blockieren häufig Gehwege und gefährden so andere Verkehrsteilnehmende.

Foto: BS/Dr. Eva-Charlotte Proll

Ausbau von „Slow-Speed-Zones“ In Düsseldorf werden neben bereits bestehenden Vorkehrungen weitere Regeln geprüft, um die Probleme mit E-Scootern zu bekämp-

fen. Mit Interesse verfolgt die Stadt das noch laufende Verfahren zwischen Gelsenkirchen und den EScooter-Anbietern, denn möglicherweise sei auch in Düsseldorf die Identitätsprüfung der Nutzenden denkbar, so ein Sprecher der Stadt. Gegen Verstöße bei der Nutzung von E-Scootern setzt Düsseldorf auf die stadtverträgliche Regulierung von Sharing-Angeboten, zu der etwa ähnlich wie in Nürnberg der Ausbau von Parkverbotszonen und Sammelparkflächen für EScooter zählt. Zusätzlich soll ein Vergabeverfahren die Anzahl der Anbieter zugunsten von besserer Qualität begrenzen. Für mehr Sicherheit soll zudem der Ausbau der Infrastruktur sorgen, etwa durch „Slow-Speed-Zones“, in denen eine automatisierte Anpassung der Geschwindigkeit beim Durchqueren digitaler Grenzen erfolgt.

Know-how und bewährten Praktiken können Kommunen effizienter und effektiver Projekte umsetzen. Die Zusammenarbeit stärkt zudem ihre Verhandlungsposition gegenüber Lieferanten und Dienstleistern, was bessere Konditionen ermöglicht. Eine verbesserte Infrastruktur und verbesserte Dienstleistungen steigern die Attraktivität der gesamten Region für Einwohner und Unternehmen. Beim Ausbau einer klimafreundlichen Busflotte bietet die interkommunale Zusammenarbeit ganz spezifische Vorteile. Verkehrsnetze können über kommunale Grenzen hinweg besser geplant und optimiert werden, was zu effizienterer Nutzung der Busflotte und zu kürzeren Wartezeiten führt. Eine koordinierte Beschaffung von Bussen mit klimafreundlichem Antrieb senkt die Anschaffungskosten, und auch die Wartung kann zentralisiert und kosteneffizienter gestaltet werden. Beim Ausbau der Lade- und Betankungsinfrastruktur ergeben sich Synergien, die eine bessere Auslastung und Kostenteilung ermöglichen. Gemeinsame Projekte haben zudem bessere Chancen, Fördermittel von Landesoder Bundesregierungen sowie der EU zu erhalten, was eine schnellere Umsetzung klimafreundlicher Maßnahmen ermöglicht. Umweltvorteile entstehen durch eine größere Flotte klimafreundlicher Busse, die den CO2-Ausstoß und andere Schadstoffe über ein größeres Gebiet hinweg reduziert, was zur Verbesserung der Luftqualität und zum Klimaschutz beiträgt. Durch die interkommunale Zusammenarbeit beim Ausbau einer klimafreundlichen Busflotte profitieren die beteiligten Städte von effizienter Ressourcennutzung, Kosteneinsparungen und verbesserter Umweltbilanz. Gleichzeitig wird die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs gesteigert, was langfristig zu höherer Akzeptanz und Nutzung führt.

Keine Verbannung von E-Scootern nach Gelsenkirchener Vorbild plant Duisburg, obwohl dort dennoch Gefährdungen in den Blick genommen werden. So sind die Anbieter-Firmen gemäß Vereinbarung dazu verpflichtet, Missstände zu beseitigen, insbesondere bei behindernd abgestellten E-Scootern, heißt es aus der Stadt Duisburg auf Anfrage.

Abstellen auf Gehwegen grundsätzlich erlaubt Die Mehrzahl von Beschwerden beziehe sich auf einschränkendes Abstellen. Darum verweist die Stadt auf die bundesweit gültigen Vorschriften der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV), die auch Regeln zum Abstellen enthalten: Hier gelten dieselben Vorschriften wie beim Abstellen von Fahrrädern – sie dürfen also grundsätzlich auf Gehwegen abgestellt werden.

In Duisburg sind daher bestimmte Bereiche vor dem erstmaligen Betriebsbeginn festgelegt worden, in denen E-Scooter nicht geparkt werden dürfen, welche im Laufe der Zeit durch Beschwerden weiter ergänzt worden sind.

Die Innenstädte der Kommunen in Deutschland befinden sich seit einiger Zeit im Wandel. Bedingt durch ein erhöhtes Umweltbewusstsein entstehen immer mehr autofreie Zonen. Zugleich bringen Online-Handel und inflationsbedingte Preissteigerungen gerade kleine Geschäfte in Not und sorgen für verstärkten Leerstand der Ladenlokale. Die Nutzungsansprüche der Menschen an den öffentlichen Raum haben sich geändert: Nicht erst seit der Corona-Zeit dient er zunehmend als Treffpunkt. Zwar bleiben Innenstädte eine wichtige Anlaufstelle für Einkäufe und Erledigungen. Doch zugleich entwickeln sie sich immer mehr zum Aufenthaltsort aller Generationen und Altersklassen. Insbesondere kleine Kommunen stehen aufgrund der Neugestaltung der Innenstadtbereiche vor großen Herausforderungen. Neben Förderprogrammen durch Bund un Länder versprechen vor allem Konzepte Erfolg, die auch den Handel beleben und auf kulturelle Angebote setzen. Ein gelungenes Beispiel ist etwa die 41.000-Einwohner-Stadt Buchholz in der Nordheide. Die Beliebtheit des Ortes ist bei Anwohnenden und Besuchenden hoch und unter anderem darauf zurückzuführen, dass es das ganze Jahr über ein umfangreiches kulturelles Angebot gibt. „Auf diese Weise bietet Buchholz in der Nordheide deutlich mehr als ‚normales‘ Einkaufsvergnügen“, fasst es eine Sprecherin der Stadt zusammen.

Solche Veranstaltungen und Ereignisse steigerten als Treffpunkt die Aufenthaltsqualität enorm. Daher hat die Stadt vor zwei Jahren eine eigene innerstädtische Bühne zur kostenlosen Nutzung für Vereine o. Ä. angeschafft. Hier finden z. B. unter der Woche im Sommer Musikevents statt. Die SummerLounge vor dem Einkaufszentrum, ein Wochenmarkt, das Winzerfest oder der Weihnachtsmarkt ziehen ebenfalls Menschen in die Stadt. Ein Pumptrack für Fahrradfahrende, also eine speziell angelegte Strecke aus Hügeln, Kurven und Wellen, richtet sich besonders an jüngere Menschen.

Buchholz: quirliges Zentrum dank Vielfalt an Angeboten Das Engagement zeigt Wirkung: Laut einer Umfrage unter den Bürgerinnen und Bürgern bewertet fast jede zweite befragte Person die Entwicklung der Buchholzer Innenstadt positiv. Nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen Veranstaltungen ziehen viele der Befragten den Einkauf vor Ort dem Online-Shopping vor. Trotz der bereits positiven Resonanz hat Buchholz im vergangenen Jahr ein professionelles Innenstadtmanagement eingerichtet, um lokale Akteure zu vernetzen und gemeinsam erarbeitete Maßnahmen umzusetzen. „Zielsetzung des Innenstadtmanagements ist es, die Innenstadt als vielfältigen Funktions-, Erlebnis- und Aufenthaltsort für Jung und Alt zu bewahren, auch vor dem Hintergrund des ver-

Klein, aber fein

Belebung von Innenstädten im ländlichen Raum

(BS/Marlies Vossebrecker) Leerstehende Ladenlokale, kaum Menschen, die durch die Straßen flanieren und in die Jahre gekommene Aufenthaltsmöglichkeiten, die nicht zum Verweilen einladen – mit diesen Problemen haben insbesondere kleinere Städte zu kämpfen. Ein breites kulturelles Angebot sowie gezielte Fördermaßnahmen lassen Innenstäde und Handel aufblühen.

änderten Einkaufsverhaltens der Bevölkerung und diverser weiterer Herausforderungen wie der hohen Inflation“, heißt es aus der Stadt auf Anfrage. Das Innenstadtmanagement wird mit Fördermitteln aus dem Programm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) finanziert.

Weitere Maßnahmen zur Belebung der Innenstadt und zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität profitieren von Zuschüssen anderer Förderprogramme: So soll die Fußgängerzone nahezu barrierefrei gestaltet werden und zusätzlich mit Spielgeräten, digitalen Infostellen sowie hohen Bäumen ausgestattet werden. Auch soll der Rathauspark aufgewertet werden.

Nicht nur in Niedersachsen verhelfen gezielte Förderprogramme und Kultur den Innenstädten zu neuem Leben. Auch in NRW finden sich kleine Kommunen, die den aktuellen Entwicklungen mit Kreativität und staatlichen Hilfen entgegenwirken.

Wipperfürth hält Klimaschutz im Blick

Die Hansestadt Wipperfürth mit rund 21.000 Einwohnenden hat durch das NRW-Landesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Ortszentren“ etwa 350.000 Euro erhalten, um Maßnahmen zur Steigerung der Aufenthaltsqualität sowie der Attraktivität der Innenstadt umzusetzen. Um Leerstand von Geschäften vorzubeugen, konnten so z. B. bereits 26 Ladenlokale angemietet und weitervermittelt werden. Zusätzlich sind verschiedene Einsätze geplant, um das Zentrum noch einladender für Anwohnende und Besuchende zu gestalten. Darunter finden sich auch Maßnahmen für mehr Klimaschutz: So sollen alte oder erkrankte Bäume durch robustere Sorten ersetzt werden. Fassaden und Mauern sollen für ein besseres Stadtklima begrünt und Bäume in mobilen Pflanzkübeln aufgestellt werden. Außerdem werden zwei Bereiche durch neue Pflanzungen, Sitzmöglichkeiten und Spielgeräte aufgewertet und modernisiert.

„Mit den Maßnahmen möchten wir dem Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger nachkommen, die sich mehr Grün, Sitzgelegenheiten und Spielmöglichkeiten in der Stadt wünschen“, erläutert Wipperfürths Bürgermeisterin Anne Loth. Die Einzelhändler haben in Zusammenarbeit mit dem Citymanagement selbst die Initiative ergriffen: die drei zentralen Einkaufsstraßen werden nun durch Pflanzkübel mit Rosen und Lampions verziert.

Auch in Wipperfürth setzt man nicht allein auf den Handel, sondern kalkuliert die Reichweite des kulturellen Angebots ein. Im Mittelpunkt steht hier der Marktplatz mit umliegender Gastronomie, auf dem im Sommer musikalische Ver-

Fußgängerzone und Einkaufszentrum in Buchholz profitieren von dem vielfältigen Kulturangebot.

Foto: BS/Stadt Buchholz in der Nordheide

anstaltungen stattfinden. Für Besucherströme sorgen zudem das Stadtfest mit Kinderflohmarkt, der verkaufsoffene Sonntag, der Bergische Feierabendmarkt oder der Weihnachtsmarkt. Diese Ereignisse „[…] bilden einen geselligen Rahmen für das Leben in der Stadt“, erklärt eine Sprecherin auf Anfrage. Wichtig sind dabei auch sportliche Veranstaltungen: Am Wanderevent Bergische 50, einer 50 Kilometer umfassenden Erlebniswanderung über die Dauer von zwölf Stunden, beteiligen sich etwa jährlich mehr als 3.000 Personen.

Neues Quartier in Wermelskirchen soll Zentrum stärken

Ebenfalls in NRW liegt das rund 35.000 Einwohnende zählende Wermelskirchen. Obwohl bisher nur wenige Leerstände zu verzeichnen sind, wirkt hier das Sofortprogramm Innenstadt des NRW-Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung in Koope-

ration mit dem Stadtmarketingverein entgegen. Weitere Programme, z. B. zur Verschönerung des Stadtbildes oder ein Verfügungsfonds zur Unterstützung von Vereinen bei Investitionen, dienten der Steigerung der Aufenthaltsqualität sowie der Belebung des Zentrums, erläutert Florian Leßke, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung. Bis 2012 wurde bereits die gesamte Innenstadt mithilfe von Mitteln aus der Städtebauförderung umgebaut. Aktuell sind weitere Maßnahmen in Planung, um ein neues Quartier zu schaffen, das an die Innenstadt angrenzt und diese weiter beleben soll. Zu dem Quartier auf einem ehemaligen Industriegelände liegt bereits ein Entwurf für ein Innovationsquartier vor, das Dienstleistungen, Gewerbe, Kultur und soziale Einrichtungen umfassen soll. Allerdings ist für die Umsetzung eine Änderung des Flächennutzungsplans notwendig. Kulturelle Angebote und Veranstaltungen wirken auch hier als Verstärker: Die jährlich stattfindende Herbst-Kirmes, die Veranstaltungen des Kulturzentrums sowie der Feierabendmarkt zögen neben Konzerten oder verkaufsoffenen Sonntagen regelmäßig viele Besuchende in die Innenstadt und stellten auch für die Händler eine wichtige Säule dar, betont Leßke

Kempten auf dem Weg zum Torfausstieg

Ein Vorbild für Nachhaltigkeit im städtischen Gartenbau Im Rahmen der Klimaschutzziele 2030 plant die Bundesregierung den weitgehenden Torfausstieg für Deutschland. Hier können Erwerbsgartenbau, Privatgärtnerinnen und -gärtner, aber vor allem auch Kommunen einen großen Beitrag leisten. Die Stadtgärtnerei Kempten im Allgäu geht bereits seit über zehn Jahren mit gutem Beispiel voran. Alle Grünflächen, Sportanlagen und die über 30 Parks im Stadtgebiet wurden nach und nach auf eine torffreie Bewirtschaftung umgestellt.

Die kreisfreie Stadt mit rund 70.000 Einwohnenden im bayerischen Regierungsbezirk Schwaben zeigt, wie der Torfausstieg im städtischen Gartenbau erfolgreich umgesetzt werden kann. Kemptens Weg begann 2009 durch eine Initiative der Allgäuer Moorallianz. Die Umstellung auf torffreie Produktion war ein Prozess, der mehrere Jahre in Anspruch nahm, wobei zunächst kleine Mengen getestet wurden. Seit 2018 ist die Stadtgärtnerei komplett torffrei –ein Erfolg, der durch die Eigeninitiative der Mitarbeitenden und die Unterstützung der Stadtverwaltung möglich wurde.

„Für uns ist der Torfausstieg ein nicht zu unterschätzender Beitrag für den Klimaschutz, weil Moore keine nachwachsenden Rohstoffe liefern. Es motiviert unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wenn das eigene Engagement zum Erfolg geführt hat“, so Bürgermeister Thomas Kiechle

Torfersatz durch regionale Erdenproduktion

Der Umstieg auf torffreies Gärtnern brachte einige Herausforderungen mit sich. Es mussten Substrate entwickelt werden, die in Qualität und Nährstoffversorgung dem Torf gleichkommen. Dies erforderte intensive Forschung und Anpassungen, insbesondere beim Wasserbedarf der Pflanzen.

Für die verschiedenen Anwendungsgebiete wurden Torfersatzprodukte entwickelt, die größtenteils aus regionalen Produkten hergestellt werden. Für das hauseigene Substrat zur Pflanzenaufzucht zum Beispiel werden heimischer Mutterboden, Grüngutkompost aus eigener Produktion, Mineraldünger, Keramikpulver und ein Mix aus Kokosfasern, Miscanthusgras und Reisspelzen

„Unsere regionalen, nachwachsenden Ressourcen zu nutzen, anstatt in Moorregionen wertvolle Biotope zu zerstören, gibt mir persönlich ein besseres Gefühl.“

Daniela Frank, Gärtnermeisterin Stauden, Stadt Kempten. Fotos: BS/FNR, Horbelt

in einem genau definierten Verhältnis zusammengemischt. Für die Zukunft plant die Stadtgärtnerei, schließlich auch die Kokosfasern durch ein regionales, nachwachsendes Produkt zu ersetzen. Auch in anderen Bereichen werden die Torfersatzstoffe durch stetige Versuche optimiert, sodass gleichwertige oder sogar bessere Ergebnisse als mit Torf erzielt werden können.

Ausbildung und Wissenstransfer Neben der Produktion spielt die Ausbildung zum torffreien Gärtnern in Kempten eine zentrale Rolle. Die Auszubildenden lernen von Anfang an, wie Torf durch nachhaltige Alternativen ersetzt werden kann. Dieses Wissen tragen

sie weiter in ihre Berufsschulen und später in andere Betriebe, wodurch sie zu Botschaftern des Torfausstiegs werden.

Weitere Informationen zum Torfausstieg in Kommunen finden Sie unter einkauf.fnr.de/torffreie-kommune-kempten. Beachten Sie auch das kostenfreie Online-Seminar „Grünflächenmanagement mit nachwachsenden Rohstoffen“ am 19. November 2024. Die Veranstaltung beleuchtet verschiedene Handlungsfelder für nachhaltiges, torffreies Gärtnern auf kommunaler Ebene und behandelt u. a. natürliche Mulchstoffe, umweltfreundliche Substrate und Gütezeichen. Anmeldung unter https://veranstaltungen.fnr.de/nachhaltige-beschaffung/garten-und-landschaftsbau

Kontaktdaten: Im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) – OT Gülzow, Hofplatz 1, 18276 Gülzow-Prüzen beschaffung@fnr.de beschaffung.fnr.de

Torffrei: Die Stadtgärtnerei Kempten bewirtschaftet u. a. 64 Hektar Parkanlagen, 2.700 m2 Staudenflächen und 1.600 m2 Wechselflorbeete.

Die Bilanz ist gemischt: Größere Schulträger wie die Hansestadt Lübeck haben mit ihrer Power die Gunst der Stunde genutzt, um das Thema entscheidend voranzubringen und für die Zukunft fit zu machen. Hier wurde ein trägerweites Medienentwicklungskonzept durchgesetzt, welches Standardisierung, Zentralisierung und Professionalisierung für alle 70 Schulen vorsieht und die IT-Dienstleistungen auf die lokalen Stadtwerke auslagert. Damit kommt das Konzept den bewährten Standards eines Dienstleisters für Unternehmens-IT nahe. Heute werden in Lübeck statt fünf Tickets pro Tag 15 IT-Themen der Schulen bearbeitet. Die Bearbeitungszeit im First Level Support hat sich von 60 Stunden im Jahr 2021 fast auf das Dreifache erhöht. Alle Schulen, die dem Schulträger Hansestadt Lübeck zugeordnet sind, nutzen die zentrale Infrastruktur. Möglich wurde dies unter anderem durch fraktionsübergreifende politische Einigkeit in der Bürgerschaft. Eines hat sich im DigitalPakt Schule 1.0 also gezeigt: Die Schulträgerzuschnitte und der politische Zusammenhalt entscheiden in Deutschland über das Gelingen einer zeitgemäßen Digitalisierung der Schulen.

Große Schulträger können mit „First Mover“-Schulen – häufig Gymnasien – vorangehen und diese erprobten Standards auf Schulen übertragen, die von der pädagogischen Arbeit intensiver gefordert werden und keine Zeit für IT haben. So wird Lübeck Ende 2024 mit dem Auslaufen des DigitalPakt Schule 1.0 eine flächendeckende Server-Infrastruktur mit zentralen Diensten haben, die zentral von der Dienstleisterin Stadtwerke Lübeck digital gemanagt wird. In Lübeck kommen

Die Frage, die mir mit Abstand am häufigsten gestellt wird, ist die, wie wir Tempo, Qualität und Effizienz im Schulbau steigern können. In der Regel lautet meine Antwort: gar nicht. Wir schöpfen bereits sämtliche Vergabeformen aus und haben nicht mehr Personal, sondern eher weniger. Wir gewinnen bereits viele Preise mit unseren Schulbauten für deren architektonische Entwürfe. Zertifizierungen für deren Nachhaltigkeit sind wichtige Zeichen, aber für uns nicht entscheidend. Um zukunftsorientierte und nachhaltige Lernumgebungen zu schaffen, braucht es vor allem das Vertrauen der Politik, flexible Teams mit einheitlichen Standards sowie starke Baupartner.

Seit der Rat der Stadt Köln 2017 beschlossen hat, Schulbauvorhaben auch mit General- und Totalunternehmen (GU/TU) zu realisieren, sind die politischen Gremien in diese Projekte seltener, aber nicht weniger intensiv eingebunden. TUVergaben reduzieren die Schnittstellen im Projekt und entlasten uns als Auftraggeberin. Die Koordination des inzwischen zweiten Maßnahmenpaketes – mit 1,7 Milliarden Euro das größte in der SchulbauGeschichte der Stadt Köln – haben wir mittlerweile innerhalb der Gebäudewirtschaft in einer eigenen Abteilung gebündelt. Hier haben wir in der Strategie- und Entscheidungsphase eine ämterübergreifende Struktur und innerhalb unserer neuen Abteilung interdisziplinäre Teams aufgebaut.

60 Mitarbeitende in fünf Teams mit sechs Führungskräften bearbeiten die beiden Pakete nach einheitlichen Standards. Mittlerweile sind es 77 Maßnahmen an 38 Kölner Schulstandorten. Im Schnitt lässt sich ein TU-Projekt einschließlich

Gießkanne vs. Brennpunktförderung

Schuldigitalisierung braucht interkommunale Zusammenarbeit

(BS/Farina Steinert) Bisher konnten sich Bund und Länder nicht einigen, wie es mit dem DigitalPakt Schule weitergeht. Der Bund hat von 2019 bis 2024 fünf Milliarden Euro bereitgestellt, um die Schulen in Deutschland flächendeckend zu digitalisieren. Dieser Schulterschluss sollte den digitalen Rückstand an unseren Schulen unabhängig von der Schulform bundesweit beseitigen – eine Maßnahme in der Breite.

Beim Fortschritt der Digitalisierung an Schulen spielen viele Faktoren eine Rolle – so auch etwa die Größe der Kommune. Foto: BS/stock.adobe.com

auf einen Client Manager mittlerweile 5.000 schulische Endgeräte. Die Schulen bestellen ihre LernApp-Wünsche über eine zentrale Support-Seite und müssen sich am Folgetag nur noch im WLAN anmelden, dann kann der digitale Unterricht mit der Wunschklasse direkt starten. So können in Lübeck heute 30.000 Schülerinnen und Schüler mit offiziellen Apps arbeiten. Jedes Kind hat ein endgeräteunabhängiges, eigenes Benutzerprofil.

Schul-IT stellt kleine Kommunen vor Herausforderungen Kleinere Schulträger haben mithilfe des DigitalPaktes sukzessiv Stellen für Schul-IT eingerichtet. Deren Besetzungen sind mehr oder weniger Einzelkämpferinnen und Einzelkämpfer. Kleinen Kommunen

fehlt aufgrund der Personaldecke der konzeptionelle Weitblick mit belastbaren technischen Folgeabschätzungen. Es mangelt aber auch an finanziellen Mitteln für den späteren Betrieb. Spätestens beim Datenschutz, bei der IT-Sicherheit oder beim dauerhaften Betrieb von Produkten kommen viele Verantwortliche an den Punkt, nicht mehr weiter zu wissen und zu können. Zwar hat der Digitalpakt interkommunale Zusammenarbeit nicht ausgeschlossen, aber im Bereich SchulIT fehlt es an einer gemeinsamen Vision und Lobby für das Thema. Kommunen haben mittlerweile erhebliche Kraftakte auch in anderen Bereichen der Daseinsvorsorge zu stemmen. Sei es die Energiewende oder die Aufrechterhaltung einer funktionierenden kommunalen

Selbstverwaltung mit ehrenamtlichen Politikerinnen und Politikern. IT ist in Unternehmen Sache von hochspezialisierten Fachkräften –wie soll das auf dieser Grundlage gehen? Und doch sind die Kommunen dichter an den praktischen Bedarfen der Schulen als die Länder.

Digitale Schule: Chancen & Herausforderungen

Schule ist Raum zum Wachsen, Raum für das Erlernen vom Leistungsverständnis in unserer Gesellschaft und das Sich-Ausprobieren in einem sozialen Kontext. Doch schauen wir uns den privaten Konsum digitaler Medien an, wird offenkundig, dass das Thema organisatorisch nicht mehr als Randerscheinung neben diesen Zielen eingeordnet werden kann. Die Bedingungen sind jedoch anders als im Unternehmenskontext. Schule hat im Vergleich zur Unternehmens-IT die Besonderheit, dass sich Standards und hohe Flexibilisierung nicht ausschließen dürfen. Das technische Fundament muss wirtschaftlich und sicher sein, aber die Nutzenden benötigen eine viel stärker ausgeprägte Flexibilität und Autonomie. Der standardisierte, mittlerweile Notebook-basierte ITArbeitsplatz in Unternehmen besteht aus einer Office-Lösung und ggf. SAP-Zugängen oder Zugängen zum Warenwirtschaftssystem. Diese Anwendungen werden von Fachab-

Ein einmaliges Schulbauprojekt

Köln baut die erste Holzhybridschule im Kölner Stadtteil Ossendorf

(BS/Petra Rinnenburger) Kommunale Verwaltungsstrukturen sind hierarchisch in Linien gegliedert und primär auf Stabilität und Routinen ausgelegt. Schulbauprojekte stellen komplexe Aufgabenstellungen dar und erfordern daher ein agiles Projektmanagement.

Bereits zum Schuljahr 2026/27 soll der Neubau der Schule in Holzhybridbauweise fertiggestellt sein. Foto:BS/Krausen

Vergabe innerhalb von rund 4,5 Jahren termin- und kostensicher umsetzen. Und das aktuell mit Abstand außergewöhnlichste und gefragteste Projekt in dieser Abteilung ist der Neubau einer Gesamtschule in Köln-Ossendorf. In der Fitzmauricestraße realisieren wir einen „durchgrünten“ Holzhybridbau, innovativ und energieeffizient, architektonisch attraktiv und ressourcenschonend.

Schwammdach und Fassadenbegrünung

An den Laubengängen der Schulhäuser sind umfangreiche Fassadenbegrünungen vorgesehen, die erheblich zur Abkühlung beitragen werden. Wir haben neben Photovoltaik auch Grün auf den Dächern.

Diese werden als Retentionsdächer mit null Prozent Gefälle ausgebildet, die Regenwasser speichern und wieder dem Erdreich zuführen, anstatt die Kanalisation zu belasten. Damit bekommen wir sozusagen ein

„Schwammdach“. Das anfallende Niederschlagswasser wird dadurch dosiert in die Fallrohre und über fünf Rigolen abgeleitet. Wir errichten vier viergeschossige Schulhäuser in Holzmischbauweise sowie eine Fünffach-Sporthalle mit Tiefgarage. Die Schulhäuser entstehen in einer Holzmischbauweise mit einem großen Holzanteil. Dank der Verwendung von Holz wachsen wir klimagerecht und umweltfreundlich. Atmosphärisch entsteht durch das innen gut sichtbare Holz ein angenehmeres Raumgefühl. Wir verbauen Holz als nachhaltigen Rohstoff nicht nur in den Stützen und Balken, sondern auch in den Wänden. Damit sparen wir rund 2.800 Tonnen Kohlendioxid. Wir setzen damit einen Ratsbeschluss aus dem Jahr 2019 für den vermehrten Einsatz von Holzbaustoffen in Schulbauprojekten um. So haben wir seit 2022 bereits drei Schulerweiterungen in Holzmodulbauweise verwirklicht, elf weitere in dieser Bauart sind in Planung. Doch anders als bei Holzmodulbauten, bei denen nahezu fertig vorproduzierte Raumeinheiten verbaut werden, ist es beim Holzhybridbau so, dass massive Holzbauelemente in Verbindung mit Beton-Bauteilen vor Ort montiert werden, damit sie ein gemeinsames Tragwerk ergeben. Hauptmaterialien: Holz und Beton So besteht das vertikal tragende Bauwerk in der Fitzmauricestraße aus Holz, die Konstruktion der Geschossdecken aus StahlbetonFertigteildecken mit Aufbeton in Verbindung mit tragenden Holzbalkenquerschnitten. Gründung (Teilunterkellerung), Treppenhauskerne und Brandwände werden komplett aus Stahlbeton hergestellt. Um die Genehmigungsfähigkeit herstellen zu können, darf der Bau nicht komplett aus Holz bestehen. Denn noch nie wurde in NRW baurechtlich ein Schulbau dieser Art und Größe gestattet. Für das Vorhaben haben wir seit März 2024 eine „normale“ Baugenehmigung. Doch wir arbeiten mit Konstruktionen und Anschlüssen von Holzträgern und Betondecken sowie Holzstützen an Betonkernen, die noch keine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung haben. Sie werden derzeit zum allerersten Mal bauaufsichtlich zugelassen, womit wir echtes Neuland betreten. Dazu sind wir in engem Austausch mit den Genehmigungsbehörden. Und das Bauen mit Holz ist nicht teurer: Die Benchmark im Vergleich

teilungen streng vorgegeben und sie überdauern so manche Geschäftsführenden-Generation. Schule ist da quirliger, bunter und wenig von außen vorhersagbar sowie steuerbar. Jede Lehrkraft muss unterstützt werden in ihrer vom Gesetz zugesicherten Freiheit, individuell auf die Kinder einzugehen. Das Unterrichtsszenario in Klasse 7a) unterscheidet sich täglich von dem in Klasse 7b) und jenem in Klasse 7c). Wer das digital abbilden möchte, der benötigt eine anspruchsvolle und verlässliche IT-Infrastruktur, deren Fundament weder zu groß noch zu klein zugeschnitten sein darf und größtmögliche Nutzungsfreiheit bietet. In der Folge können nur interkommunale Zusammenschlüsse mit einer Spezialisierung auf Schul-IT erfolgreich sein. Hier gibt es erste Bewegungen von ITVerbünden. Doch nun konkurriert der DigitalPakt 2.0 faktisch mit dem Startchancen-Programm der Bundesbildungsministerin StarkWatzinger. Wer den DigitalPakt 1.0 nicht sinnvoll für Standardisierung, Zentralisierung und Professionalisierung genutzt hat, zieht heute den Kürzeren. Die Brennpunktschulen bekommen mit dem Startchancen-Programm eine gezielte zweite Chance und das ist wichtig. Leider wird aber auch die Chance vertan, an neuen Schulgemeinschaften zu arbeiten. Denn stark sind wir doch zum Schluss immer nur systemübergreifend und gemeinsam.

Farina Steinert leitet seit 2022 die Abteilung Digitale Schule bei der Stadtwerke Lübeck Digital GmbH (SWL Digital). Foto: BS/privat

zu den anderen Schulbaumaßnahmen zeigt keinen wesentlichen Ausreißer. Der Markt spiegelt zwar in den laufenden Verfahren, dass die Holzbauweise erhöhte Kosten mit sich bringt – insbesondere weil herkömmliche Bauweisen erprobter sind und weniger Risikozuschläge brauchen.Trotzdem zeigt der Kostenanschlag in dem konkreten Projekt keine erhöhte Benchmark. Natürlich gibt es überall gerade Teuerungen aufgrund Inflation oder Baupreisindex. Doch falls es teurer werden sollte, so liegt das nicht an der Bauart. Unser TU vor Ort hat ein Auftragsvolumen von 140 Millionen Euro. Für diesen Preis schaffen wir rund 33.300 Quadratmeter Bruttogeschossfläche für rund 1.300 Schülerinnen und Schüler. Da es sich nicht um Holzmodulbau handelt wie an vielen anderen Stellen, an denen wir die Schulen in unserem Sondereigentum erweitern oder in Containerbauweise nachverdichten, ist unsere Methode nicht schneller. Wir haben bei dieser Holzmischbauweise den gleichen Vorfertigungsgrad wie bei einer klassischen Stahlbetonbauweise mit Fertigteilen. Dadurch erhalten wir keine Beschleunigung in der Ausführung. Trotzdem wird der Neubau, für den im Oktober 2023 Baubeginn war, ein Jahr früher fertig und in Betrieb gehen, als es vorgegeben wurde – nämlich schon zum Schuljahr 2026/2027. Das macht mich stolz.

Petra Rinnenburger ist technische Betriebsleiterin der Gebäudewirtschaft der Stadt Köln. Foto: BS/Goyert

Das deutsche Bildungssystem steckt in einer tiefen Krise: Jedes Jahr verlassen über 50.000 Jugendliche die Schule ohne Abschluss. Viele weitere haben zwar ihren formalen Abschluss, gelten aber nach der aktuellen LEO-Studie als gering literarisiert – mit weitreichenden Folgen für die Gesellschaft. Zehntausende Lehrkräfte und Erziehende fehlen oder werden extra für die Sommerferien entlassen, um wenig später wieder eingestellt zu werden – ein absurder Zustand. On top kommt die soziale Ungerechtigkeit: Der Bildungserfolg von Kindern hängt nach wie vor stark vom Bildungs- und Kontostand der Eltern ab. Der Fachkräftemangel reicht in viele Branchen. Verwaltung und Wirtschaft sind längst kalt erwischt.

Marodes System als Bremse Wie es um die Digitalisierung in Deutschland bestellt ist, wissen alle, die in der Verwaltung arbeiten. Schulen bilden da keine Ausnahme – trotz 6,5 Milliarden Euro schwerem DigitalPakt und Erfahrungen aus der Pandemiezeit. Dabei ist die digitale Transformation ein grundlegender Faktor für die Bildungsgerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit unseres Bildungssystems. Bis heute verfügen viele Schulen – wenn überhaupt – nur über instabile WLAN-Verbindungen. Die Ausstattung mit digitalen Endgeräten für alle Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte ist nicht sichergestellt. Einzelne Lehrkräfte müssen sich in ihrer Freizeit mit der Technik auseinandersetzen, anstatt sich vom herausfordernden Schulalltag zu erholen. Ihren pädagogischen Kernaufgaben nachzukommen, ist in den maroden Strukturen schwierig genug. Viele Schulen haben zwar medienpädagogische Konzepte erstellt, doch gelingt es kaum, sie unter diesen Umständen in den Unterricht zu integrieren. So verpuffen die Inves-

Die Rettung für das Bildungssystem?

Digitalisierung erleichtert Lernbedingungen

(BS/Philipp Dehne/Melanie Krause/Markus Sänger/Stefan Schoo*) Die Bildungskrise in Deutschland zeigt sich nicht nur in der unzureichenden Digitalisierung der Schulen, sondern auch an einem alles durchdringenden Mangel: Es fehlt an Ausstattung, Personal und politischem Willen. Das Aktionsbündnis Bildungswende JETZT! fordert ein gerechtes, zukunftsfähiges und inklusives Bildungssystem. Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung, und wie kann sie unser System aus der Krise führen?

längst überfälligen

titionen und Anstrengungen.

Dies macht klar: Anpassungen und Einzelmaßnahmen sind keine Lösung, nicht mal kurzfristig, sondern verfestigen die Probleme des bestehenden Bildungssystems.

Echte Bildungswende statt punktueller Maßnahmen

Wir brauchen eine grundlegende Wende im Bildungssystem, die politisch angestoßen und gesellschaftlich tragfähig ist sowie pädagogisch umgesetzt wird.

Diese Wende muss auf höchster Ebene beginnen, z. B. mit einem vom Bundeskanzler einberufenen nationalen Bildungsgipfel, der die Positionen aus Administration, Bildungspraxis und Zivilgesellschaft vereint. Gleichzeitig brauchen wir

Neulich …

ausreichende finanzielle Mittel, um personelle und technische Ressourcen in allen Schulen zu garantieren – etwa durch ein Sondervermögen Bildung. Die Digitalisierung kann zum Wendepunkt werden: Reines Auswendiglernen wird in Zeiten von KI an Bedeutung verlieren. Stattdessen braucht es Kompetenzen für einen kritischen und konstruktiven Umgang mit KI sowie Unterrichtsformate, die verstärkt auf Teamfähigkeit, Kooperation und Kreativität setzen.

Mögliche Sofortmaßnahmen Jedoch wird es dauern, bis all diese Punkte tatsächlich an Schulen Wirkung entfalten. Allerdings gibt es Maßnahmen, die kurzfristig durch

die Digitalisierung umgesetzt werden können und das System sofort entlasten:

• Entlastung der Lehrkräfte: Lehrkräfte werden von der Rolle als „Allwissende“ befreit und zur Lernbegleitung beim selbstbestimmten Lernen der Lernenden.

• Inklusion und individuelle Förderung: Adaptive Lernsoftware ermöglicht es Schülerinnen und Schülern, im eigenen Tempo zu lernen, und Lehrkräften, sie nach ihren Bedürfnissen individuell zu begleiten.

• Partizipation und Mitgestaltung:

Z. B. können Lernende mit ihren digitalen Kompetenzen als Experten anerkannt werden und ihr Wissen aktiv in Lehrpläne und Lerninhalte einbringen.

• Fokus auf den Lernprozess: Der Lernprozess, Organisationsfähigkeit, Reflexion und nicht das – durch ein Prüfungsformat zu bewertende und ggf. von KI beeinflusste – Endergebnis stehen im Zentrum des Unterrichts.

• Stärkung der Autonomie von Schulen: Während Schulen mehr Freiheiten beim Einsatz finanzieller Mittel und bei der Gestaltung der Lernsettings bekommen, stellen die Kultusministerien der Länder Konzepte für digitales Lernen zur Verfügung.

• Demokratisierung der Schule: Online-Abstimmungen und digitale Beteiligungskonzepte stärken die Mitbestimmung von Lehrkräften, Lernenden sowie ihrer Familien, z. B. bei Unterrichtsgestaltung, Projekten und Schulstruktur.

• Fächerübergreifendes und projektbasiertes Lernen: Durch die Kombination z. B. von Informatik, Kunst und gesellschaftlichen Fragen lernen Schülerinnen und Schüler, komplexe Probleme ganzheitlich zu verstehen und zu lösen.

• Flexible Lernformen: Hybride Lernformen, also eine Mischung aus Präsenzunterricht und digitalen Angeboten, ermöglichen mehr zeitliche Flexibilität.

Solche Maßnahmen kosten im ersten Schritt Zeit und Energie, nehmen jedoch Druck aus dem überlasteten System Schule. So kann die Notwendigkeit zur Digitalisierung beim Lernen Ausgangspunkt für eine echte Bildungswende werden, weil alle an Bildung Beteiligten merken, wie förderlich selbstbestimmteres und fächerübergreifendes Lernen für die intellektuelle, emotionale und soziale Entwicklung der Schülerinnen und Schüler ist und wie viel Freiraum für individuelle Förderung geschaffen wird.

Gesamtgesellschaftliche Aufgabe Damit die Digitalisierung unser Bildungssystem aus der Krise führen kann, brauchen wir mehr als Technik. Es geht um eine neue Lernkultur, die Zusammenarbeit, Kreativität, Selbstbestimmung und einen kritischen Umgang mit digitalen Medien ins Zentrum stellt. Die Bildungswende ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und muss von klaren politischen Prioritäten getragen sein, langfristig gedacht und finanziell abgesichert werden. Wir müssen jetzt handeln – für eine Schule, die allen Kindern faire Chancen bietet und sie auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet.

*Die Autorinnen und Autoren gehören zum Sprecherteam und zur Koordinierungsgruppe des Bündnisses Bildungswende JETZT! Weitere Informationen finden Sie unter www.bildungswende-jetzt.de.

Ernst des Lebens – weniger ernst

Lerngerechtigkeit herstellen

… berichtete die Tagesschau von einer digitalen Kehrtwende in Schweden. Das berühmte Karolinska-Institut warnt vor den negativen Auswirkungen der Digitalisierung. Es ist eine Stellungnahme aus medizinischer und psychologischer Sicht. In Schweden sollen die Grundschülerinnen und -schüler wieder mehr in Büchern lesen, als von App zu App zu wischen. Bringt die Schuldigitalisierung für die Schülerinnen und Schüler etwa mehr Nach- als Vorteile? Müssen wir wieder zurück zu Kreide und Tafel?

Digitaler Masterplan lässt auf sich warten Fehlendes WLAN, veraltete Hardware, Lehrkräfte, denen die digitale Lehrkompetenz fehlt, die Weigerung, Künstliche Intelligenz in die Lehrpläne zu integrieren: Die Liste der vorgehaltenen Defizite in Deutschlands Bildungspolitik ist lang. Unerwartet scheint es gute Gründe für das deutsche Schneckentempo zu geben. So einfach ist es jedoch nicht.

Jedenfalls taugen die Nachrichten aus Schweden für die zögerliche Entwicklung in Deutschland als Rechtfertigung wenig. Lesen und Schreiben lernt man am besten immer noch mit Stift und Papier. Dass Kinder stundenlang vor digitalen Endgeräten sitzen, war noch nie eine gute Idee. Das hat bisher auch noch niemand ernsthaft in Zweifel gestellt. Jedenfalls ist Deutschland weit entfernt von

einer Überdigitalisierung. Unser Land läuft Gefahr, die Chancen von digitalen Tools besonders für leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler zu verpassen. Es fehlt nach wie vor ein digitaler Masterplan. Dieser ist im föderalen Bildungsflickenteppich nicht ansatzweise zu finden. Es reicht eben nicht, möglichst oft das Wort „digital“ zu gebrauchen oder wahllos Tablets mit Bundes- und Landesmitteln zu kaufen und diese dann aus großen Taschen in den Klassenzimmern auszuschütten. Nach der unsäglichen Diskussion um den Digitalpakt 1.0 kommt eine Version 2.0 im Entwurf des Bundeshaushaltsplanes für 2025 erst gar nicht mehr vor.

Das Durcheinander wird auf der Länderebene auch nicht kleiner. Die Kultusministerien sind dafür verantwortlich, was im Unterricht gelehrt wird. Städte und Gemeinden kümmern sich um die Hardware, also z. B. um die Internetausstattung in den Gebäuden. Wenn ein Schulcomputer nicht funktioniert, ist die Zuständigkeit nicht eindeutig geregelt. Liegt das Problem im First Level, also z. B. in Anwendungsproblemen mit der Software, ist es eine Aufgabe der Schule. Aufgaben der Kommunen sind die des Second Levels, also beispielsweise die Behebung von Problemen des Betriebssystems. Meistens sind die Schulen von der digitalen Affinität der Lehrerinnen und Lehrer abhängig. Die Länder sehen hierfür in der Regel keine

Stellen vor. Der Zufall ist der beste Freund bundesdeutscher digitaler Bildungspolitik.

Unterricht digital oder doch wieder in Präsenz?

Nach dem coronabedingten Lockdown frohlockten Politik, Bildungspersonal und Eltern gleichsam: endlich wieder Präsenzunterricht. Das muss aber nicht unbedingt „nie wieder Online-Unterricht“ heißen.

Corona wirkte leider nicht wie ein Weckruf. Es ist kein politischer Schulansatz zu erkennen, dass die erzwungenen Ausflüge ins Digitale in dieser seltsamen Zeit der Pandemie genutzt wurden, um den Unterricht weiterzuentwickeln.

Hinzu kommt, dass die Bedenkentragenden nicht in Überzahl, aber am lautesten sind. Wenn alles nichts hilft, wird der Datenschutz diejenigen ausbremsen, die es einfach gerne anpacken und ausprobieren würden. Man könnte annehmen: Deutschland verschläft nicht die Digitalisierung in, an und für Schulen, sondern will sie einfach nicht.

(BS/sl) Pünktlich zum neuen Schuljahr begann in vielen Bundesländern das Startchancen-Programm. Auch Stadtstaaten wie Bremen oder Hamburg nehmen an dieser Bildungsinitiative teil.

Bund und Länder legen für das Startchancen-Programm zusammen, um über einen Zeitraum von zehn Jahren 20 Milliarden Euro für alle Bundesländer bereitzustellen und somit „den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft zu entkoppeln und für mehr Chancengerechtigkeit“ zu sorgen, wie das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erklärt. Dazu sollen Basiskompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen gestärkt werden. Welche Schulen gefördert werden können, legt ein Kriterienkatalog des Programms fest, mit dessen Hilfe die Bundesländer überprüfen können, welche ihrer Schulen in Frage kommen. Aus Bremen sind 43 Schulen eingetragen, aus Hamburg haben sich 90 Schulen für das Programm qualifiziert. Damit erhält Bremen über die gesamte Laufzeit 10 Millionen Euro, Hamburg rund 215 Millionen Euro. Allgemein sollen insgesamt 60 Prozent der Fördergelder für Grundschulen und 40 Prozent für weiterführende und berufsbildende Schulen eingesetzt werden.

folg unabhängiger von der sozialen Herkunft zu machen und zeigen, dass zusätzliche finanzielle Unterstützung spürbare Verbesserungen bewirkt.“ Auch aus Hamburg zeigt sich unter anderem Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) sehr zufrieden mit der Initiative: „Ich freue mich sehr, dass dieses große Programm für mehr Chancengerechtigkeit und für die Verringerung der sozialen Spaltung zum neuen Schuljahr starten kann und die Schulen feststehen. Der Abbau von Bildungsbenachteiligung ist eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe, zu der Schulen einen großen Beitrag leisten können.“

Rolf Hartmann war von 2004 bis 2020 Bürgermeister der Gemeinde Blankenheim.

Foto: BS/privat

Bei der Kick-off-Veranstaltung in Bremen erklärt S ascha Karolin Aulepp, Senatorin für Kinder und Bildung (SPD): „Mit diesen Mitteln wollen wir Schülerinnen und Schüler konzentriert und gezielt unterstützen, um den Bildungser-

Das Startchancen-Programm stützt sich inhaltlich auf drei Säulen: Einmal die Investition in moderne, lerngerechte Ausstattung und Infrastruktur, dann Spielräume für eine neue und bedarfsgerechte Unterrichtsentwicklung sowie eine Stärkung des Personals auf multiprofessioneller Ebene, damit auch Beratungen sowohl für Schüler als auch Eltern erfolgen können (zum Beispiel bei der Inanspruchnahme von staatlichen Leistungen für Bedürftige). Das Ziel des Programmes sei es, am Ende die Zahl der Schüler zu halbieren, die die Mindeststandards in Mathematik und Deutsch verfehlen, so das BMBF.

Die Digitalisierung kann zum
Wendepunkt im Bildungssystem führen, u. a. hin zu selbstbestimmtem Lernen. Foto: BS/Gorodenkoff, stock.adobe.com
Kolumne Hartmann

Prägen Sie aktiv die Zukunft unserer Schullandschaft!

Mit rund 500.000 Einwohner*innen ist die Stadt Duisburg die westlichste Großstadt des Ruhrgebietes, Universitätsstadt und Oberzentrum des Niederrheins. Sie fasziniert durch die Kontraste ihrer Erscheinung: Hier trifft die urbane Industriekulisse auf malerische Fluss- und Seelandschaften sowie grüne Refugien in Parks und Wäldern. Die hervorragende Verkehrsanbindung, der weltweit größte Binnenhafen und die zentrale Lage machen die Stadt außerdem zu einem idealen Standort für Wirtschaft und Handel.

Das Amt 40 - Schulische Bildung bei der Stadt Duisburg ist in fünf Abteilungen gegliedert: Zentrale Dienste, Digitale Schule, Kommunale Schulentwicklung, Schulraumplanung und Objektbetreuung sowie Personal und Schulorganisationen. Im Zuge einer Nachfolgeregelung suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine souveräne Führungspersönlichkeit als

Amtsleitung Schulische Bildung (w/m/d)

Diese attraktive Position ist nach B 2 LBesG NRW bewertet bzw. wird für Tarifbeschäftigte entsprechend außertariflich vergütet. Interessiert?

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Raza Hoxhaj, Sanny Groß oder Waishna Kaleth gerne zur Verfügung.

Lassen Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bitte über die zfm-Jobbörse zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Mit Ihrer Innovationskraft und Dienstleistungsorientierung führen Sie unser Personalmanagement in die Zukunft!

Die Stadt Mettmann ist mit ihren etwa 40.000 Einwohner_innen eine dynamische und wachsende Stadt mit einem historischen Stadtkern.

Die zentrale Lage und Nähe zur Metropolregion Rheinland, zur Landeshauptstadt Düsseldorf und der reizvolle Landschaftsgürtel mit dem weltberühmten Neandertal bieten eine hohe Lebensqualität.

Unterstützen Sie uns zum nächstmöglichen Zeitpunkt als Amtsleitung für zentrale Dienste, Personal und Organisation (w/m/d)

Die Vergütung dieser unbefristeten Vollzeitstelle erfolgt nach Besoldungsgruppe A 14 LBesG NRW bzw. Entgeltgruppe 14 TVöD.

In dieser Querschnittsfunktion stehen Sie als Ansprechperson für die Belange der Verwaltungsmitarbeitenden zur Verfügung und bilden als Amtsleitung die relevante Schnittstelle zur Bürgermeisterin.

Interessiert?

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Gianna Forcella, Elisa Heinen oder Julia Schwick gerne zur Verfügung.

Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung

Anz_AL-Schulische-Bildung_Duisburg_09-2024.indd 1 19.08.24 16:33 Für unser wachsendes und engagiertes Team suchen wir Verstärkung.

Eine Riesenchance – für den innovativen Wirtschaftsstandort Kreis Unna und für Sie!

Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Unna mbH (WFG) ist der zentrale Ansprechpartner für Unternehmen im Kreis Unna. Wir planen, erschließen und vermarkten Gewerbeflächen für die zehn kreisangehörigen Kommunen und unterstützen regionale Betriebe durch ein umfassendes Serviceangebot im Bereich Digitalisierungs-, Fördermittel-, Gründungs-, Innovationsund Nachhaltigkeitsberatung sowie Fachkräftesicherung.

Gestalten Sie mit uns aktiv den Zukunftsstandort Kreis Unna! Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine begeisterungsfähige und kommunikationsstarke Führungspersönlichkeit als Abteilungsleitung Unternehmensservice (w/m/d)

In dieser Funktion berichten Sie direkt an die Geschäftsführung der WFG. Unser Team freut sich auf Sie und Ihre Expertise. Interessiert?

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Annika Lachmann, Alexander Wodara oder Roland Matuszewski gerne zur Verfügung.

Lassen Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bitte über die zfm-Jobbörse zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Dieses in dieser Art einmalige Qualifizierungsprogramm bringt Sie auf den neuesten Stand in Sachen Rekrutierung – und vermittelt erprobte Praxislösungen, speziell für öffentliche Verwaltungen und kommunale Unternehmen.

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Entwickeln Sie mit Ihren Visionen unseren Bereich Ordnung und Soziales weiter!

23.08.24 11:27

Die Stadt Monheim am Rhein versteht sich als moderne Dienstleisterin, die ihren Service bedarfsgerecht und anwendungsorientiert auf die Bedürfnisse der Bürgerschaft, der Unternehmen sowie der Touristinnen und Touristen abstimmt und ausbaut. Dabei arbeiten wir innovativ, lösungsorientiert und gerne auch unkonventionell. Wir handeln loyal gegenüber den Zielen der Stadt, kommunikativ, respektvoll und verbindlich. Veränderungen betrachten wir als Chance. Mit und bei unserer Arbeit fördern wir Diversität und begegnen uns diskriminierungsfrei im Hinblick auf Geschlecht, Alter, Herkunft, ethnische Zugehörigkeit, Religion, sexuelle Orientierung und mögliche Behinderungen. Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine leistungsmotivierte und kommunikationsstarke Führungspersönlichkeit als Bereichsleitung Ordnung und Soziales (w/m/d)

In dieser Funktion berichten Sie direkt an den Bürgermeister. Diese attraktive Position wird nach A 15 LBesG NRW bzw. EG 15 TVöD vergütet. Als erfahrene Führungskraft gestalten Sie den neu gegründeten Bereich Ordnung und Soziales mit Ihrem Organisationsgeschick und hoher Ergebnisorientierung zukunftsweisend.

Interessiert?

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Theresa Meister, Alexander Wodara oder Roland Matuszewski gerne zur Verfügung.

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Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung

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Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung

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Sie schaffen ein zukunftsweisendes Facility Management für eine nachhaltige FH Aachen!

Die FH Aachen gehört mit über 14.000 Studierenden zu den größten Fachhochschulen in Deutschland. An den Standorten Aachen und Jülich bieten wir auf ca. 70.000 qm ein hervorragendes Lehr- und Lernumfeld. Das Dezernat Facility Management verwaltet diese Flächen mit einem Miet- und Bewirtschaftungsbudget von ca. 26 Millionen Euro.

Das Facility Management der FH Aachen hat die Aufgabe, optimale bauliche und gebäudetechnische Rahmenbedingungen für Lehre und Forschung zu schaffen und einen reibungslosen Gebäudebetrieb sicherzustellen. Hierbei steht die ganzheitliche Betrachtung der Hochschulliegenschaften im Fokus.

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine gestaltungsmotivierte Führungspersönlichkeit als Sachgebietsleitung Kaufmännisches Gebäudemanagement (KGM) und stellvertretende Dezernatsleitung Facility Management mit dem Schwerpunkt in der Leitung der Entwicklungsplanung und des Baumanagements (w/m/d)

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Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung

Mehr Infos:

Korruption untergräbt das Vertrauen in die Integrität und Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung. Auffällig ist das Vergaberecht. Das Volumen ist riesig. Im Jahr 2022 erreichte es 131,7 Milliarden Euro. Gleichzeitig sind die Regelungen des Vergaberechts komplex. Die Anforderungen der Vergabeverfahren an die Vergabestellen sind hoch. Die Personalkapazitäten in der öffentlichen Ver-

„Bedeutung des Internen Kontrollsystems“

Vergaberecht auch unter Handlungsdruck?

waltung sind dagegen begrenzt. Unregelmäßigkeiten gehen zu leicht unter – viel Potenzial für Korruptionsstraftaten. Hier helfen nur Interne Kontrollsysteme (IKS). Deswegen untersuchen wir regelmäßig die IKS Vergabewesen – leider nicht immer mit dem gewünschten Erfolg. Oft werden die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen erst ergriffen, nachdem es bereits zu Verstößen oder so-

Nach der Insolvenz einer Firma für Schulreinigungen entschieden sich Stadt und Landkreis für eine freihändige Vergabe. Doch auch bei dieser Form des Vergabeverfahrens ist ein minimaler Wettbewerb erforderlich. Foto: BS/Renata Hamuda, stock.adobe.com

Behörden Spiegel: Gibt es in der aktuell schwierigen Finanzlage der Kommunen noch Nachfragen zur Förderung, und welche Förderprogramme sind für die Kommunen dabei besonders von Interesse?

Eva Witt: Wir beobachten aktuell eine sehr hohe Nachfrage nach unseren Förderprogrammen. Laut KfW-Kommunalpanel 2024 stieg der wahrgenommene Investitionsrückstand der Kommunen auf 186,1 Milliarden Euro. Das sind 12,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Anstieg ist neben steigenden Preisen auf die zunehmenden Anforderungen an die kommunale Infrastruktur zurückzuführen. Unser Investitionskredit Kommunen – ein Angebot für die Finanzierung kommunaler Investitionen in die Daseinsvorsorge – erfreut sich großer Beliebtheit. Gerade in diesem Jahr stellen wir ein starkes Interesse fest. Bis zum 30. Juni haben wir den Kommunen rund eine Milliarde Euro an Krediten zugesagt. Im gleichen Vorjahreszeitraum lagen die Zusagen bei 500 Millionen Euro. Zusätzlich arbeiten wir mit einigen Landesförderinstituten zusammen, die den Kommunen auf Basis des Kredits eigene attraktive Investitionsfinanzierungen anbieten. Aufgrund des Beihilferechts können wir nur Investitionen in die Daseinsvorsorge finanzieren. Die am stärksten nachgefragten Verwendungszwecke sind Schulen, Kindergärten und Verkehrswege, vor allem Straßen. Kommunale Vorhaben wie Gesundheitsfürsorge, Abfallentsorgung oder Rettungsdienste konnten bislang aus beihilferechtlichen Gründen nicht oder nur unter engen Voraussetzungen gefördert werden, da wir wirtschaftliche Tätigkeiten annehmen mussten. Wir arbeiten jedoch gerade daran, künftig auch Dienstleistungen aus allgemeinem wirtschaftlichem Interesse mitzufinanzieren.

Behörden Spiegel: In welchem Bereich lohnt sich eine Förderung für

genannten dolosen Handlungen kam. Das ist zwar immerhin richtig. Allerdings würden wir uns dies schon im Vorfeld wünschen. Zu oft finden wir Unzulänglichkeiten und müssen immer wieder vorbeugende Maßnahmen thematisieren sowie einfordern.

Auch im aktuellen Kommunalbericht 2023 haben wir das IKS Vergabewesen untersucht und uns dabei auf die wirtschaftlich bedeutendsten Vergaben aus den Bereichen Abfall, öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) und Schulreinigung fokussiert.

Die Untersuchung des Vergabewesens zeigte, dass trotz festgestellter Fortschritte weiter Verbesserungsbedarf besteht. Gerade in zugegebenermaßen kniffligen Situationen wird das Vergaberecht häufig nicht vollumfänglich richtig angewandt.

Grenzen der freihändigen Vergabe einhalten

Im Main-Taunus-Kreis und bei der Stadt Hanau gingen die mit der Schulreinigung beauftragten Dienstleister in die Insolvenz und kamen ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr nach. Richtigerweise wurden die Verträge aufgelöst. Um die Reinigung der Schule aber lückenlos fortführen zu können, standen der

Dr. Ulrich Keilmann leitet die Abteilung Überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften beim Hessischen Rechnungshof in Darmstadt.

Foto: BS/privat

Main-Taunus-Kreis und die Stadt Hanau unter hohem Handlungsdruck und entschieden sich für eine freihändige Vergabe. Das ist zwar nachvollziehbar, aber nur teilweise richtig. Denn das Vergaberecht sieht in solchen Fällen zwar vor, Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vorzunehmen. Dennoch ist für diese Verfahren ein minimaler Wettbewerb obligatorisch. Konkret konnte zwar kurzfristig freihändig vergeben werden, aber eben nicht für einen längeren Zeitraum. Der Zeitraum einer freihändigen Vergabe bestimmt sich dann vielmehr danach, bis wann ein paralleles Ausschreibungsverfahren (ggf. auch ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb) abgeschlossen werden kann. Nur in dieser Interimsphase kann eine freihändige Vergabe zulässig sein. Danach eben nicht

Investitionsprojekt Stadt

Fördermöglichkeiten trotz schwieriger Finanzlage (BS) Trotz der angespannten finanziellen Situation in den meisten Kommunen ist die Nachfrage nach bestimmten Förderprogrammen groß. Eva Witt, Bereichsleiterin „Individualfinanzierung und Öffentliche Kunden“ bei der KfW-Bank, gibt angesichts des Investitionsbedarfs an vielen Stellen einen Überblick über Fördermöglichkeiten und erklärt, wie Projekte priorisiert werden können. Die Fragen stellte Marlies Vossebrecker.

Städte und Gemeinden momentan am meisten?

Witt: Neben dem Investitionskredit Kommunen gibt es Kreditprogramme mit höheren Zinsverbilligungen oder Tilgungszuschüssen für bestimmte, besonders förderwürdige Themen. Diese Kredite sind deutlich günstiger als grüne Schuldscheine. Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz bieten wir beispielsweise die Bundesförderung für effiziente Gebäude an. Auch die Umstellung auf nachhaltige Mobilität ist für Kommunen momentan ein wichtiges Thema. Für diese haben wir ein passendes Programm im Repertoire. Neben Förderkrediten bietet die KfW im Auftrag des Bundes auch Zuschüsse für Kommunen an, zum Beispiel im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude.

Behörden Spiegel: Welche weiteren Beratungs- oder Unterstützungsangebote bieten Sie den Kommunen im Umsetzungsprozess an? Gibt es beispielhafte Projekte mit Vorbildcharakter?

Witt: Zu informieren, beraten und unterstützen ist uns sehr wichtig. Unser Anspruch ist, dass die Kommunen das passende Finanzierungsangebot finden und möglichst einfach nutzen können. Zusätzlich haben wir für Kommunen ein Key-AccountManagement-Team. Bei Bedarf berät dieses die Kommunen im persönlichen Gespräch vor Ort zu unseren Programmen. Darüber hinaus sind wir unter einer eigenen Hotline und E-Mail-Adresse für die Kommunen ansprechbar und unterstützen bei

allen Fragen. Es gibt regelmäßig kostenfreie Online-Seminare, einen Newsletter und wir sind bei Veranstaltungen wie Kongressen und Messen vor Ort. Ihre Frage nach Projekten mit Vorbildcharakter ist nicht so leicht zu beantworten – es gibt viele positive Umsetzungen. Aktuell finden Sie auf unserer Internetseite ein Video zur Wärmewende in Hamburg sowie einen Artikel über die Pläne der Gemeinde Flecken Steyermark, weitestgehend klimaneutral zu werden – Stichwort „Das Dorf der Zukunft“. Beides sind inspirierende Beispiele, wie die grüne Transformation gelingen kann.

Ob Klimaschutz, Schulen oder Straßen –Eva Witt von der KfW­Bank zeigt Fördermöglichkeiten für Kommunen auf.

Foto: BS/KfW, Anastasia Sidorovnina

Behörden Spiegel: Nutzen aktuell weniger Kommunen die Fördermöglichkeiten, weil sie eine hohe Zinsbelastung fürchten?

Witt: Das beobachten wir nicht. Die Zinsbelastung ist beim Investitionskredit Kommunen aufgrund der langen Laufzeiten und Zinsbindungen von zehn oder 20 Jahren gut kalkulierbar. Außerdem verringern sich Belastungen zum Teil deutlich,

wenn wir aus Bundesmitteln oder eigenen Mitteln Förderkomponenten wie Zinsverbilligung und/oder Tilgungszuschüsse berücksichtigen. Des Weiteren profitieren die Kommunen z. B. bei Investitionen in besonders energieeffiziente Gebäude von dauerhaft niedrigeren Energiekosten. Das entlastet die öffentlichen Haushalte zusätzlich. Hierbei unterstützen wir beispielsweise durch unsere Programme im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz oder beim klimafreundlichen Neubau im Auftrag des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Investitionen in die Energieeffizienz bringen nicht nur finanzielle Vorteile: So leisten die Kommunen auch einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele.

Behörden Spiegel: Klimawandel, Verkehrswende, mehr Wohnraum –an vielen Stellen herrscht dringender Investitionsbedarf. In welchen Bereichen sollten Kommunen beginnen und wie sollten sie die Investitionen priorisieren?

Witt: Das erwähnte Kommunalpanel für 2024 nennt Schulen mit 12,9 Milliarden Euro und Straßen mit 10,8 Milliarden Euro als wichtigste Investitionsschwerpunkte. Ein weiterer kommunaler Schwerpunkt ist die Transformation der Energieversorgung: Das sind die Modernisierung, der Ausbau und die Stärkung der Resilienz der Strom-Verteilnetze sowie der Fernwärme. Auch die Umstellung auf nachhaltige Formen der Wärmeerzeugung ist zentral.

mehr. Hoher Handlungsdruck ist nachvollziehbar. Er ist jedoch kein Freifahrtschein, das Vergaberecht insgesamt nicht mehr zu beachten. Den untersuchten Fällen im Main-Taunus-Kreis und bei der Stadt Hanau lagen keine dolosen Handlungen zugrunde und es ergaben sich hieraus auch keine wirtschaftlichen Nachteile für die beiden Körperschaften. Die Überörtliche Prüfung empfiehlt dennoch allen Körperschaften, IKS im Vergabewesen einzurichten und in Fällen von Dringlichkeit die Spielräume des Vergaberechts nur im zulässigen Maße zu nutzen.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema im Kommunalbericht 2023, Hessischer Landtag, Drucksache 20/11686 vom 21. November 2023, S. 262 ff. Der vollständige Bericht ist kostenfrei unter rechnungshof. hessen.de abrufbar.

Schätzungen von Fachleuten gehen von einem Investitionsbedarf in Höhe von 721 Milliarden Euro bis 2030 aus. Dieser Umbau wird vor allem von den Stadtwerken mit erheblichen Investitionen umzusetzen sein. Die Kommunen als Haupteigentümer der Stadtwerke werden gefordert sein, die Stadtwerke zu unterstützen. Dividendenverzichte oder Eigenkapitalerhöhungen werden die kommunalen Haushalte belasten. Je nach Finanzlage der Kommune wird diese bei der Transformation zusätzliche Unterstützung brauchen. Aus diesem Grund ist ein enges, koordiniertes Vorgehen von Bund, Ländern und Kommunen wichtig.

Behörden Spiegel: Viele Großstädte bauen klimaneutrale, moderne Quartiere oder haben sie schon fertiggestellt. Zahlt sich die Investition in solche Quartiere aus, weil sich dadurch die Finanzlage einer Stadt verbessert?

Witt: Die Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte können wir nur schwer einschätzen. Entscheidend sind aus unserer Sicht neben den finanziellen die gesellschaftlichen Aspekte. Klimaneutralität und infrastrukturelle Anbindung von Quartieren sind essenziell – aber auch die gesellschaftliche Integration muss mitgedacht werden. Dies stärkt soziale Interaktionen. Selbstverständlich gehört dazu auch eine konsequente Barrierefreiheit. Bei der Planung ist es wichtig, die Klimarisiken in den Blick zu nehmen. Hierbei unterstützen Prognosemodelle der Versicherungswirtschaft, um bei der Gestaltung der Quartiere Klimafolgen und Klimaresilienz zu berücksichtigen. So sorgen Grünflächen und Bademöglichkeiten bei hochsommerlichen Temperaturen für Abkühlung und Vergnügen bei Jung und Alt. Derart entwickelte Quartiere sind gut für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und sind auch im Sinne der Kommunalfinanzen nachhaltig.

Der Schritt ist Teil der Bemühungen, die die Stadt Köln unternimmt, um bis zum Jahr 2035 klimaneutral zu werden. In diesem Zusammenhang wird auch grundsätzlich geprüft, ob alternative Antriebsenergien für Einsatzfahrzeuge möglich sind. Der eRTW wurde im Oktober 2023 in Anwesenheit des Bundesministers für Digitales und Verkehr, Dr. Volker Wissing, und Stadtdirektorin Andrea Blome feierlich auf der Feuer- und Rettungswache 2 in Marienburg in Dienst gestellt. Wissing sagte dazu: „Sonderfahrzeuge sind ein wichtiger Hebel, um die Elektromobilität voranzubringen. Ihr Einsatz reduziert neben klimaschädlichen Emissionen die Schadstoffemissionen im Stadtverkehr, wodurch sie auch einen spürbaren Beitrag zu mehr Lebensqualität in ihrer Stadt leisten. Die Elektromobilität wird durch sie für alle Bürgerinnen und Bürger sichtbarer und alltäglicher. Insbesondere die Umstellung von Sonderfahrzeugen wie Rettungs- und Einsatzfahrzeugen auf alternative Antriebe ist für die Kommunen herausfordernd. Daher unterstützen wir hier, wo wir können und freuen uns über das Engagement der Feuerwehr Köln, gemeinsam diesen Schritt erfolgreich zu gehen.“

Die für den elektrischen Antrieb des eRTW anfallenden Mehrkosten in Höhe von 119.000 Euro werden zu 80 Prozent durch das „Förderprogramm für klimaschonende Nutzfahrzeuge“ (KsNI) des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr übernommen.

Einsatz bei der Feuer- und Rettungswache 2

Der eRTW wird über eine Gesamtlaufzeit von sechs Jahren auf der Feuer- und Rettungswache 2 in Marienburg stationiert sein. Die-

Seit

Jahren stagniert die Sanierungsquote bei rund einem Prozent – und ging 2023 sogar auf 0,72 Prozent zurück. Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) treibt die Deutsche Energie-Agentur (dena) deshalb die serielle Sanierung nach dem Energiesprong-Prinzip in Deutschland voran. Energiesprong ist ein in den Niederlanden entwickelter Modernisierungsansatz, der digitale Planung mit industrieller Präfabrikation und standardisierten Prozessen kombiniert. Auf diese Weise lassen sich mit weniger Fachkräften mehr Bestandsgebäude in kürzerer Zeit auf den klimaneutralen NetZero-Standard bringen. Eine mehrjährige Pilotphase im Mehrfamilienhaussegment hat gezeigt, dass selbst Worst Performing Buildings mit seriellen Sanierungslösungen energetisch auf Neubauniveau gebracht werden können und Energieeinsparungen von bis 90 Prozent möglich sind. Nun wird das innovative Modernisierungskonzept auch auf den Nichtwohngebäudebereich übertragen. Aufgrund ihrer einfachen Gebäudekubatur sind Schulen, Kindergärten, Sporthallen und Verwaltungsgebäude optimal für das neuartige Verfahren geeignet.

Attraktive Förderprogramme helfen Kommunen

Im Rahmen der Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG) wird die Sanierung von Nichtwohngebäuden mit zinsverbilligten Krediten und Tilgungszuschüssen in Höhe von 50 Prozent unterstützt. Darüber hinaus stehen auf regionaler Ebene attraktive Programme zur Verfügung, die kommunale Gebäudeenergieeffizienzmaßnahmen mit bis zu 90 Prozent fördern.

eRTW im

Einsatz

Fährt die Zukunft der Rettung elektrisch?

(BS/Marc Oberließen/Marc Härthe*) Rettungsfahrzeuge gehören zu den am stärksten beanspruchten Vehikeln von Feuerwehr und Rettungsdienst in der Millionenstadt Köln. Sie müssen bis zu 500-mal am Tag ausrücken, um Notärzte und Sanitäter möglichst schnell an die Einsatzorte überall im Stadtgebiet zu bringen. Bis Oktober letzten Jahres waren die Fahrzeugmodelle für Rettungswagen (RTW) ausnahmslos dieselbetrieben. Dann wurde im Rahmen eines vierjährigen Rahmenliefervertrags der erste eRTW – also rein elektrisch betriebene –Rettungswagen in die Fahrzeugflotte der Feuerwehr Köln aufgenommen.

Mit dem nun fast ein Jahr alten eRTW zeigt die Stadt Köln, dass es auch anders geht. Foto: BS/Feuerwehr Köln

ser Standort wurde ausgewählt, weil er ziemlich genau zwischen Innenstadt und den ländlicheren Außenbezirken im Süden Kölns liegt und somit über die idealen Testbedingungen verfügt. Durch die intensive Testphase des eRTW sollen Erkenntnisse aus der Praxis gesammelt werden, um die Elektrifizierung von weiteren Einsatzfahrzeugen voranzubringen. Zum Laden des eRTW verfügt die Wache über eine eigene 22-kW-Wallbox in der RTW-Halle. Des Weiteren befinden sich mehrere Schnellladesäulen in nächster Nähe an einer Tankstelle am Kölner Südverteiler. Einer der Hauptvorteile des eRTW liegt unter anderem in seiner starken Motorleistung. Das Drehmoment ist sofort abrufbar. Gerade durch Alarmfahrten entsteht bei Verbrennermotoren im kalten Zustand hoher Verschleiß, der bei Fahrzeugen mit Elektroantrieb

komplett entfällt. Im Fahrbetrieb entsteht zudem kein CO2-Ausstoß. Auch fällt der Wartungsaufwand im Vergleich zur Verbrennervariante deutlich geringer aus. Weitere Vorteile sind die Energierückgewinnung durch Bremsvorgänge und die Ladevorgänge während der Standzeit in der Wache – wodurch externe Tankstopps bisher kaum notwendig waren. Der Fahr- und Einsatzstellenbetrieb ist dazu noch deutlich leiser. Aber es gibt auch E-Fahrzeug-spezifische Nachteile: Diese liegen z. B. in den höheren Anschaffungskosten im Vergleich zur Dieselvariante. Bisher gibt es nämlich keine Serienfahrgestelle für E-Nutzfahrzeuge bis 5,5 t. Zudem muss eine eigene Ladeinfrastruktur vorab errichtet und unterhalten werden. Hierfür sind weitere Investitionen in die Gebäudeinfrastruktur erforderlich. Denn hier muss auch bedacht werden, wie die Fahrzeuge geladen werden können, wenn der Strom über mehrere Stunden oder sogar längerfristig ausfällt (sog. Blackout-Szenario). Ein weiterer Punkt, um den es bei jedem Fahrzeug mit Elektroantrieb geht, ist die geringere Reichweite. Fernverlegungen wären dann nur mit Zwischenladevorgängen möglich. Ob eine sinnvolle Nutzungsdauer über die geplanten sechs Jahre funktioniert,

besonders was die Haltbarkeit des Akkus angeht, muss sich im Praxistest zeigen. Nach einem knappen Jahr im Einsatz sieht die Bilanz so aus: Der eRTW hat eine Laufleistung von ca. 11.000 km absolviert und ca.1.300 Rettungsdiensteinsätze gefahren.

Fahrplan zur Umstellung

*Brandamtsrat Marc Oberließen (Senior Procurement) arbeitet im Sachgebiet Technik der Feuerwehr Köln und kümmert sich seit mehreren Jahren insbesondere um rettungsdienstliche Fahrzeug-Beschaffungsprojekte der Feuerwehr Köln sowie um die Beschaffung von Sanitäts- und Medizinprodukten für Feuerwehr und Rettungsdienst.

Marc Härthe ist Redakteur in der Stabsstelle Kommunikation und Medien der Feuerwehr Köln.

Da es sich um eine neue Technologie und ein fast individuell gebautes Fahrzeug handelt, blieben auch begrenzte Außerdienststellungsphasen nicht aus, in denen Anpassungen und Korrekturen durchgeführt wurden. Der Elektroantrieb, die Aufladestrategie und die Regelnutzbarkeit wurden aber von allen Rettungsdienstmitarbeitenden als sehr positiv empfunden und zurückgemeldet. Ein Aufladen an externen Schnellladepunkten war bisher nur selten erforderlich, ein „Liegenbleiben“ wegen einer leeren Fahrzeugbatterie gab es nicht. Für ein klimaneutrales Köln und die damit verbundene Verkehrswende ist die Umstellung des städtischen Fuhrparks auf alternative Antriebe – inklusive des Ausbaus städtischer Ladeinfrastruktur – unerlässlich. Um die Dienststellen auf ihrem Weg zur Elektromobilität zu unterstützen und zu beraten, konnte drittmittelfinanziert ein Unternehmen für eine Umsetzungsberatung beauftragt werden. Im Fokus dieser Untersuchung steht die Erarbeitung eines dienststellenspezifischen Fahrplans zur schrittweisen Umstellung städtischer Fahrzeuge auf Elektromobilität bzw. alternative Antriebe. Standorte mit besonders vielen Dienstfahrzeugen werden mit Blick auf den Ausbau entsprechender Ladeinfrastruktur und Netzkapazitäten zudem genauer betrachtet. Derzeit wird mit dem Abschluss des Projektes im vierten Quartal 2024 gerechnet, die Ergebnisse werden nach Abschluss der Untersuchung auch den Ratsgremien entsprechend vorgestellt. Auf Basis dieser Machbarkeitsuntersuchung soll im nächsten Schritt eine Richtlinie zur Beschaffung klimaneutraler Antriebe erarbeitet werden. Diese soll für die Dienststellen handlungsleitend werden, um das Ziel eines klimaneutralen städtischen Fuhrparks in den kommenden Jahren zu erreichen. Es werden also auch in kommenden Fahrzeugbeschaffungsprogrammen der Feuerwehr Köln alternative Antriebe für Fahrzeuge von Feuerwehr, Rettungsdienst und Bevölkerungsschutz geprüft. Für die kommende NEF-Generation sind schon zwei Notarzt-Einsatzfahrzeuge (NEF) als eNEF mit rein elektrischem Antrieb optional geplant.

Seriell aus dem Sanierungsstau

Innovative Konzepte helfen

(BS/Ariane Steffen*) Der kommunale Bestand ist ein Sanierungsfall: Rund 85 Prozent der 180.000 Schulen, Kitas, Rathäuser, Sporthallen und Verwaltungsgebäude sind unzureichend oder gar nicht gedämmt, werden mit Gas oder Öl beheizt und verbrauchen fünfmal mehr Energie als heutzutage technisch möglich wäre. Die Kosten sind hoch: Fast fünf Milliarden Euro geben die 12.000 deutschen Städte, Landkreise und Gemeinden für die Wärme- und Stromversorgung ihrer Liegenschaften aus. Einen Ausweg aus dem energetischen Modernisierungsstau bieten serielle Sanierungslösungen nach dem Energiesprong-Prinzip in Kombination mit Energiespar-Contracting.

In Berlin wird derzeit die erste Feuerwache in Deutschland seriell saniert. Feuerwachen, Schulen und Sporthallen sind aufgrund ihrer einfachen Kubatur optimal für den innovativen Sanierungsansatz geeignet. Foto: BS/Claudius Pflug, dena

In Charlottenburg-Nord geht die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) voran und lässt derzeit die erste Feuerwache in Deutschland seriell sanieren. Das Projekt könnte zum Vorbild für die schnel-

le und wirtschaftliche energetische Modernisierung kommunaler Liegenschaften werden. „Um die Berliner Landesliegenschaften fit für die klimaneutrale Zukunft zu machen, setzen wir auf nachhaltige Baustoffe und innovative Verfahren. Dazu gehören auch zukunftsweisende Themen wie das serielle Sanieren, die in unserem InnoLab vorangetrieben und als BIM-Standards etabliert werden“, macht Martin Sowinski, Mitglied der Geschäftsleitung der BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH, deutlich.

Erste seriell sanierte Feuerwache

Die rund 2.750 Quadratmeter große Feuerwache erhält für rund zwei Millionen Euro eine neue Gebäudehülle aus 86 bis zu 8,58 Meter hohen und 2,36 Meter breiten Fassadenelementen in Holztafelbauweise. Diese werden inklusive Dämmung, Fenstern, Lüftung und Sonnenschutz im Werk vorgefertigt, per Tieflader auf die Baustelle transportiert und dort nur noch montiert. Die Erneuerung der Gebäudehülle dauert mit dem innovativen Verfahren nicht länger als vier Wochen. Nach der Sanierung reduziert sich der Energiebedarf der zweigeschossigen Feuerwache um 255.000 Kilowattstunden pro Jahr, die jährliche CO2-Einsparung liegt bei rund 53 Tonnen.

Ein weiteres zukunftsweisendes Konzept, die energetische Modernisierung kommunaler Liegenschaften trotz angespannter Haushaltslage voranzutreiben, ist das Energiespar-Contracting (ESC). Dabei übernimmt ein Dienstleister die Finanzierung, Planung und Umsetzung individuell auf ein Gebäude oder einen Gebäudepool zugeschnittener Effizienzmaßnahmen. Die Refinanzierung der Investition erfolgt innerhalb einer Laufzeit von acht bis zwölf Jahren über vertraglich garantierte Energiekosteneinsparungen. Da viele Kommunen weder über das Know-how noch die personellen und finanziellen Ressourcen verfügen, um die energetische Modernisierung ihrer Liegenschaften aus eigener Kraft zu stemmen, ist ESC ein attraktives Business-Modell für die öffentliche Hand. Zumal die Einsparungen der Kommune am Ende der Vertragslaufzeit in vollem Umfang zugutekommen. Initiiert vom Kompetenzzentrum Contracting begleitet die Deutsche EnergieAgentur ausgewählte Kommunen auf ihrem Weg in die Klimaneutralität. Die ESC-Modellprojekte sollen Städten, Gemeinden und Landkreisen Orientierung für eigene Modernisierungspläne bieten und zum Nachahmen anregen. Zu den kommunalen Vorreitern

im Bereich Contracting zählt Krefeld. Die nordrhein-westfälische Stadt hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, bis 2035 klimaneutral zu sein. Ein großer Hebel sind die rund 740 Bestandsliegenschaften, die vom Zentralen Gebäudemanagement (ZGM) betrieben, entwickelt und verwaltet werden.

Ein Beispiel aus der Praxis Im Rahmen des ESC-Modellvorhabens wurden 42 Liegenschaften mit insgesamt 130 Gebäuden identifiziert, die mithilfe maßgeschneiderter Contracting-Konzepte in den nächsten zehn Jahren energetisch optimiert werden. „Aus unserer Sicht ist Energiespar-Contracting derzeit ein hocheffizientes Instrument, um die Energiewende in Städten, Landkreisen und Gemeinden auf den Weg zu bringen. Dass wir dabei mit fachlichem Know-how und finanziellen Ressourcen erfahrener Contracting-Dienstleister unterstützt werden, ist ein doppelter Gewinn“, sagt Carola Schellhorn aus der Stabsstelle Grundsatzentscheidungen Energie beim ZGM der Stadt Krefeld. Nach europaweiten Recherchen habe man die Ausschreibungsphase gestartet. Läuft alles nach Plan, könnte die Umsetzung der Maßnahmen noch in diesem Jahr beginnen.

In den nächsten 21 Jahren muss ein enormes Sanierungsvolumen gestemmt werden. Um den Wettlauf gegen die Zeit zu gewinnen, braucht es innovative Lösungen wie das serielle Sanieren nach dem Energiesprong-Prinzip und Energiespar-Contracting, die mehr Tempo in die Bestandssanierung bringen.

*Ariane Steffen arbeitet als Kommunikationsexpertin Innovation & Transformation bei der dena.

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) hat eine Beispielsammlung zur Gestaltung innerstädtischer Straßen herausgegeben, in welcher genau darauf der Fokus gelegt wurde. Mittlerweile umfasst die Online-Sammlung 18 dokumentierte Beispiele zu „Guten Straßen in Stadt und Dorf“. Für zwei weitere zwischenzeitlich dokumentierte Beispiele ist die Veröffentlichung in Vorbereitung.

Eine gute Straße

Gute Straßen für alle

Verkehrssichere Planung in Stadt und Land

(BS/Prof. Dr. Isabelle Dembach) Innerörtliche Straßen bilden trotz stetiger Bemühungen immer noch ein hohes Sicherheitsrisiko. Ein Großteil der Unfälle mit Personenschaden wird innerhalb von Städten und Dörfern verzeichnet. Immer wieder werden Menschen dabei auch schwer verletzt oder sogar getötet. Demnach spielen die sichere Verkehrsführung und Gestaltung innerörtlicher Straßen eine zentrale Rolle. Wie passen gut und sicher zusammen?

denzen bei den vorliegenden Unfalldaten, andererseits auf Hinweisen und Anmerkungen der jeweiligen kommunalen Fachbehörden. Folgende Erkenntnisse können festgehalten werden:

• Insbesondere im Radverkehr mindern eine unklare Verkehrsführung z. B. durch fehlende Radverkehrsanlagen beim direkten Abbiegen im Knotenpunktbereich oder schlechte Sichtbarkeiten sowie Sichtbeeinträchtigungen von Radfahrenden z. B. durch zurückgesetzte Radwege am Knotenpunkt und an Grundstückseinfahrten offenbar die Verkehrssicherheit.

• Auch Radfahrstreifen mit einer Regelbreite von 1,85 Metern zeigen bei hohen Radverkehrsstärken Sicherheitsdefizite. Diese werden insbesondere durch Überholvorgänge innerhalb des Radverkehrs bei gleichzeitiger Zunahme breiter Rad-Fahrzeuge wie auch E-Bikes und E-Scooter verursacht.

Nach dem Umbau der Bonner Straße in Köln: Der neu gegliederte Fahrbahnquerschnitt mit gesicherten Überquerungsstellen bietet mehr Raum für Radfahrende sowie Fußgängerinnen und Fußgänger.

Selbst im Dauereinsatz unverwüstlich

Bodenbeläge überzeugen durch Qualität

Was eine gut und sicher gestaltete Straße ausmacht, lässt sich aufgrund der vielseitigen Rahmenbedingungen nicht so einfach sagen. Die Kriterien sind abhängig von den Nutzenden selbst. Eine vorrangig unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit geplante Straße ist nicht zwingend gut gestaltet. Es gilt, die vielfältigen Nutzungsansprüche und Anforderungen der Verkehrsteilnehmenden und des städtebaulichen Umfelds mit dem hohen Anspruch an die Sicherheit zusammenzubringen. Viele innerörtliche Straßen sind primär für den Autoverkehr gestaltet worden. Innerörtliche Straßen sind aber mehr: Sie sind Teil des öffentlichen Raums und nehmen zusätzlich zur Verbindungsfunktion auch wichtige soziale und städtebauliche Funktionen auf. Neben Geschäften und deren Auslagen, Außengastronomie, Raum zum Verweilen oder schattenspendenden Bäume brauchen auch die schwächeren Verkehrsteilnehmenden, sprich Gehende und Radfahrende, ausreichend Platz. Eine gut gestaltete Straße zeichnet sich durch eine hohe Multifunktionalität aus, welche sowohl den Bewohnerinnen und Bewohnern als auch den Nutzenden zugutekommt und künftig auch die klimatischen Veränderungen, wie zunehmende Hitze oder Starkregenereignisse, berücksichtigen muss. Den vielen Regelwerken und Leitfäden für die Straßenplanung können klare Vorgaben für die Dimensionierung der einzelnen Flächen entnommen werden. Aufgrund der oft beengten Platzverhältnisse erfordert die praktische Umsetzung jedoch häufig Anpassungen und Kompromisse. Dabei sollte der Entwurfsgrundsatz einer Planung von „außen nach innen“ niemals verworfen werden. Gehenden und Radfahrenden sollten komfortable und ausreichend dimensionierte Anlagen bereitgestellt werden. Eine Kombination von Mindestmaßen sollte ausgeschlossen werden. Eine Straße kann dann als sicher bezeichnet werden, wenn ihre Gestaltung allen Verkehrsteilnehmenden ein hohes Maß an Sicherheit bietet. Das wird insbesondere durch eine gute Übersicht und Sicht aufeinander erreicht. Wenn dabei gleichzeitig z. B. durch die Anordnung von Fußgängerüberwegen die Aufmerksamkeit aller hoch gehalten werden kann und sich dadurch die Geschwindigkeit im Straßenver-

Im BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin stellen norament und noraplan Bodenbeläge seit mehr als 25 Jahren auf über 12.000 Quadratmeter ihre Strapazierfähigkeit und Wirtschaftlichkeit unter Beweis. Trotz hoher Belastung durch Patientinnen und Patienten, Bettentransporte sowie Publikumsverkehr überzeugen die Kautschukböden bis heute durch ihr einwandfreies Erscheinungsbild.

Die Bodenbeläge halten den hohen Belastungen im Klinikalltag stand und bewahren ein ansprechendes Erscheinungsbild. Foto: BS/Simone Augustin

Die Langlebigkeit der Böden – bis zu 50 Jahre bei norament und 30 Jahre bei noraplan – reduziert Renovierungsintervalle und schont Ressourcen. Dank der dichten Oberfläche kommen die Böden ohne Beschichtung

aus, was die Reinigung vereinfacht und die Unterhaltskosten senkt. Für das BG Klinikum ist die Entscheidung für nora Kautschuk-Bodenbeläge eine Investition in die Zukunft: Sie profitieren von langlebigen, pflegeleichten und nachhaltigen Böden, die über Jahrzehnte höchsten Ansprüchen gerecht werden. Auch bei Neu- und Umbauten setzt das Klinikum weiterhin auf die bewährte Qualität der nora Bodenbeläge.

• Wachsende Radverkehrsstärken und eine geänderte Flottenzusammensetzung führen auch bei gemeinsam genutzten oder parallel geführten Verkehrsflächen zu Konflikten und Unfällen mit dem Fußverkehr.

• Hingegen zeigt die teilweise Auflösung der Trennung der Flächen für verschiedene Verkehrsarten und nichtverkehrliche Straßenraumnutzungen eine Erhöhung der Verkehrssicherheit. Generell wird aus den Beispielen deutlich, dass dem Umgang mit dem (Kurz-)Parken sowie Laden/Liefern im Straßenraum eine maßgebliche Rolle zukommt. Die Reduzierung von Parkraum muss daher einerseits mit einem entsprechenden Kommunikationsprozess im Rahmen des Planungsverfahrens begleitet und anderseits durch vorausgehende bzw. begleitende, konzeptionelle Planungen unterstützt werden.

Vor dem Umbau fehlten jegliche Sicherheitselemente.

kehr wirksam reduziert, gewinnt die Straße zusätzlich an Verkehrssicherheit. Menschliches Fehlverhalten, welches oft rechtswidrig ist, wie z. B. das Halten oder Parken im Einmündungsbereich oder an Grundstückszufahrten, mindert die Verkehrssicherheit ungemein, wird aber heutzutage noch häufig geduldet und viel zu selten geahndet. Ebenso sind nicht angepasste Geschwindigkeiten eine Hauptunfallursache, die für eine Temporeduzierung in Bereichen mit vielfältigen Nutzungsansprüchen spricht. Verkehrssicherheitsrisiken

Die Evaluation der in den Jahren 2022/23 aktualisierten Fallbeispiele der Beispielsammlung lässt Schlussfolgerungen zu Verkehrssicherheitsrisiken bei der Straßenraumgestaltung zu. Dazu ist anzumerken, dass es sich hierbei aufgrund der geringen Anzahl der vorliegenden Daten nicht um systematisch erhobene und damit wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse handelt. Vielmehr basieren die Erkenntnisse einerseits auf Ten-

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass i. d. R. das wünschenswerte Komfortmaximum für die einzelnen Nutzungen in bestehenden Straßenräumen nicht gewährleistet werden kann. Eine gut gestaltete Straße findet jedoch einen angemessenen Kompromiss. Dabei wirkt sich eine Straßenraumgestaltung, welche eine hohe Akzeptanz der Nutzenden erfährt und mit der sich Menschen wohlfühlen, auch positiv auf das Verkehrsverhalten und die Verkehrssicherheit aus.

Die„Beispielsammlung Gute Straßen in Stadt und Dorf" des DVR finden Sie auf dvr.de.

Prof. Dr.-Ing. Isabelle Dembach, Professorin für Verkehrsplanung und Straßenentwurf, Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik, TH Köln Bild: BS/privat

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Foto: BS/TH Köln, Karl Heinz Schäfer
Foto: BS/Stadt Köln/Amt für Straßen und Verkehrstechnik

Beweglich und sicher

Leichte Fahrzeuge für Polizei und Rettungsdienste

(BS/Sven Rudolf) Mit dem Voranschreiten der Mobilitätswende werden zunehmend alternative und kreative Lösungen für die bisherigen Standards gesucht. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem öffentlichen Nahverkehr mit sogenannten Light Electric Vehicles (LEV), die E-Bikes, E-Scooter und mehr umfassen. Könnten solche Fahrzeuge auch im Einsatz Ersthelfern von Polizei und Rettungsdiensten dienlich sein?

Light Electric Vehicles können Lücken bei den Bedarfen von Einsatzkräften schließen. Dafür müssen sie aber gewisse Anforderungen erfüllen. Foto: BS/Urban 23

Das Thema Nachhaltigkeit ist auch bei den Fahrzeugen von Polizei und Rettungsdiensten ein wichtiges Thema, schließlich sind Mobilität und schnelle Reaktionszeit von entscheidender Bedeutung, wenn sie zum Einsatzort fahren. Bislang kommen häufig noch Verbrenner zum Einsatz, aber elektrische Varianten werden entwickelt und getestet. So testet die Polizei in Österreich aktiv E-Autos in unterschiedlichsten Anforderungsbereichen und Regionen. Auch Hersteller von LEVs bieten Alternativen für Rettungs- und Sicherheitskräfte. So plant Urban 23 beispielsweise ein Elektrofahrzeug, das einfacher zu bedienen sein soll als ein Motorrad. Klassische RTW oder Polizeiwagen sollen solche Lösungen natürlich nicht ausnahmslos ersetzen. Sie könnten – lokal gesehen – aber eine optimierte Lösung darstellen.

Durch den Stau

So ist zum Beispiel in Städten gerade zu Verkehrsspitzen das Vorwärtskommen nicht immer einfach. Könnten leichtere Fahrzeuge dieses Problem umgehen und so vielleicht auch das entscheidende, aber oft

unvermeidbare „therapiefreie Intervall" (Zeit bis zum Eintreffen fachlicher Hilfe) verringern? Schließlich könnte sich ein zwei- oder dreirädriges Fahrzeug durch schmalere Straßen und Lücken fortbewegen. Die Landespolizei NRW könnte sich vorstellen, LEVs anstelle der kraftstoffbetriebenen Motorräder einzusetzen. Sie beobachtet den Markt und bewertet ihn unter polizeilichen Gesichtspunkten.

Dr. Florian Reifferscheid, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften Notärzte Deutschlands e. V., sieht in der besseren Beweglichkeit mit wenigen Ausnahmen wie dem angesprochenen Großstadtverkehr (zu Spitzenzeiten) keinen entscheidenden Vorteil gegenüber konventionellen und mit Wegerecht ausgestatteten Einsatzfahrzeugen. Er erörtert, dass die kleinere Größe und die damit verbundene schlechtere Sichtbarkeit sogar ein Nachteil sein könnten.

Sondereinsätze

Dennoch könnten LEVs gewisse Nischen füllen, führt Reifferscheid aus. Sie könnten First-ResponderKonzepte ergänzen, wenn diese um

finanzielle Mittel für LEVs erweitert werden. Denn diese privaten Kräfte haben häufig nur kurze Wege zurückzulegen und nur einen geringen Materialbedarf. Ein weiterer Anwendungsbereich für Rettungskräfte könnten Großveranstaltungen sein. Dort sind kleinere, wendigere Fahrzeuge schneller am Einsatzort als größere Rettungsmittel. Diese Fahrzeuge müssten aber auch mindestens zwei Personen plus Zuladung transportieren können. Es ist also immer eine Frage der Abwägung, ob LEV-Fahrzeuge für den Einsatz geeignet sind. Die Landespolizei NRW überprüft daher die Einsatzmöglichkeiten verschiedenster Fahrzeuge auch in der Praxis. Dabei wird schnell klar: Die Fahrzeuge müssen unterschiedliche Anforderungen erfüllen. Für First Responder sollten laut Reifferscheid einige Anforderungen gegeben sein. So ist es v. a. wichtig, dass die Fahrzeuge mindestens einer Person unter allen Wetterbedingungen eine sichere Transportmöglichkeit bieten. Vierrädrige Fahrzeuge mit schmaler Spurbreite wären seiner Auffassung nach hier optimal. Ein weiterer wichtiger Punkt ist selbstverständlich die Sichtbarkeit des Fahrzeuges.

Mehr Schutz auf dem Bahnhof

Maßnahmen für sichere Verkehrsstationen

(BS/lm) Mit Hilfe von 200 Kameras soll am Hamburger Hauptbahnhof die Kriminalitätsrate gesenkt werden, sowohl Bundespolizei wie Deutsche Bahn nutzen die Geräte. Doch die Videoüberwachung wird nicht nur eingesetzt, um einen abschreckenden Effekt zu erzielen. Sie soll auch dabei helfen, Gefahrensituationen frühzeitig zu erkennen, um schnell und zielgerichtet einschreiten zu können.

Die „Allianz sicherer Hauptbahnhof“ realisiert damit nach der Waffenverbotszone (Oktober 2023) und dem Alkoholkonsumverbot (April 2024) eine weitere Säule, um das Bahnhofsumfeld sicherer zu machen.

Auf dem Hachmannplatz und dem Heidi-Kabel-Platz wurden zusammen 24 Kameras installiert, von denen 17 fest ausgerichtet sind und sieben über eine Zoom- und Schwenkfunktion verfügen. Nach 30 Tagen werden die Aufnahmen automatisch gelöscht. Über diesen Zeitpunkt hinaus wird das Videomaterial nur dann gespeichert, wenn die Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung ist, sagten Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) und Polizeipräsident Falk Schnabel bei der Inbetriebnahme der Videoüberwachung.

Positive Erfahrungen gesammelt

schrecken und dazu beitragen wollen, dass sich alle am Hauptbahnhof sicher fühlen können.“ Auch die Anfang 2023 eingeführten und rund um den Hauptbahnhof eingesetzten Quattro-Streifen sollen von der Videoüberwachung profitieren. Die Streifen, bestehend aus Einsatzkräften der Bundespolizei, der Polizei Hamburg, der DB-Sicherheit und der Hochbahnwache, bündeln die jeweiligen Kompetenzen und Zuständigkeiten und sind somit auf allen Ebenen und in sämtlichen Bereichen des Hauptbahnhofs einsatzbereit. Im ersten Halbjahr 2024 überprüften die Vierereinheiten etwa 7.000 Personen und stellten 320 Strafanzeigen. Auch Bremen hat sich das Konzept mittlerweile zum Vorbild genommen und führte im Juni Quattro-Streifen am Bremer Hauptbahnhof ein.

Doppelt sichert besser!

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem im November erscheinenden Mission Mobility Magazin des Behörden Spiegel. Bestellen Sie jetzt ein Exemplar unter: https:// www.behoerden-spiegel.de/son derpublikationen/

Die positiven Erfahrungen, die man mit Videoüberwachungsmaßnahmen gemacht habe, sind laut Grote der Hauptgrund für die Installation von Kameras am Hauptbahnhof: „Mit der zusätzlichen Videoüberwachung erhöhen wir das Sicherheitsniveau am Hauptbahnhof systematisch weiter. Die Videoüberwachung in den Bereichen Reeperbahn, Jungfernstieg und Hansaplatz hat sich bewährt, daher setzen wir den Ausbau mit der Videoüberwachung am Hauptbahnhof konsequent fort.“ „Dadurch hätten Einsatzkräfte die Lage und die Sicherheit am Hauptbahnhof noch besser im Blick“, so der Innensenator.

Polizeipräsident Schnabel betonte die ergänzende Rolle, die der Videoüberwachung im Gesamtkonzept zukommt: „Mit starker Polizeipräsenz und dem konsequenten Ausschöpfen unserer rechtlichen Möglichkeiten ist die Videoüberwachung die dritte Komponente unseres Maßnahmenpakets, mit der wir die Strafverfolgung stärken, Täter ab-

Wie können sich unsere Wege sicher kreuzen?

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Erfolgreiche Waffenverbotszone Durch Kontrollen im Rahmen der Durchsetzung der Waffenverbotszone stellten Beamte seit deren Einrichtung im Oktober vergangenen Jahres insgesamt 366 Messer und 156 sonstige verbotene Gegenstände sicher. 54 Ordnungswidrigkeitsverfahren wurden im Zuge des Verstoßes gegen das Alkoholkonsumverbot seit Anfang April dieses Jahres erlassen. Als weitere Maßnahme wurde zudem die Reinigungsfrequenz deutlich erhöht. Mit Erfolg: Seit Herbst 2023 stellen die Sicherheitsbehörden einen leichten Rückgang der Kriminalität im Umfeld des Hauptbahnhofes fest. Grote betonte, die „Allianz sicherer Hauptbahnhof“ erfahre aufgrund ihrer positiven Auswirkungen auf die Sicherheit und die Aufenthaltsqualität bundesweite Aufmerksamkeit. Dass mehr Sicherheit an Bahnhöfen gefordert ist, zeigt der kürzlich veröffentlichte Jahresbericht der Bundespolizei. Im vergangenen Jahr habe es insgesamt 425.090 Straftaten an Bahnhöfen oder in Zügen gegeben.

Digitale Verwaltung

Top-Regional-Events 2024/25

26. November 2024

www.dv-rlp.de

6. Februar 2025

www.zukunftskongress.bayern

3. Juli 2025

31. Oktober 2024

www.e-nrw.info

BADENWÜRTTEMBERG

www.bw-4-0.de

21. August 2025

www.hedigital.de

Plattformen mit regelmäßigen Online-Events

www.digitaler-staat.online

www.neuestadt.org

Digitale Verwaltung

geht auf Sendung

18. – 19. März 2025 SAVE THE DATE DIGITALER-STAAT.ORG

Vienna House Andel’s Berlin

Digitaler Staat

Behörden Spiegel Berlin und Bonn / September 2024

Smarte Partner

(BS/Christian Brecht) Was macht eine gute Partnerschaft aus: Gleich und gleich gesellt sich gern? Oder Gegensätze ziehen sich an? Wie in zwischenmenschlichen Beziehungen lautet die Antwort auch bei kommunalen Infrastrukturen: meistens beides und im richtigen Verhältnis. Denn die Partner Öffentliche Verwaltung und Privatwirtschaft müssen einerseits an einem Strang ziehen und andererseits ihre individuellen Stärken einbringen, um das Leben zu vernetzen und die Städte und Regionen der Zukunft zu formen. Eine besonders glückliche Beziehung gibt es in Hamburg.

www.behoerdenspiegel.de

Die Privatisierung ehemals rein öffentlich betriebener Bereiche der Gesellschaft ist allgegenwärtig. Gerade im digitalen Zeitalter ist die öffentliche Hand auf die Wirtschaftskraft und Agilität von Unternehmen angewiesen. Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP), die seit dem Ende der 1990er-Jahre existieren und aufgrund gescheiterter Millionengrab-Projekte auch immer wieder Kritik hervorrufen, erweisen sich an anderen Stellen als Erfolgsmodell. Bestimmte Vorhaben sind zudem derart komplex, dass sie aus einer Vielzahl von Projekten bestehen und ihre Umsetzung ohne das Zutun der Privatwirtschaft kaum möglich wäre. Ein Paradebeispiel dafür sind Smart Citys, die digital vernetzten, mobilen und klimaschonenden Städte der Zukunft.

Ziele setzen, Standards schaffen „Eine Smart City hat eine klare Zielsetzung, die definiert, was sie durch den Technologieeinsatz erreichen will“, erklärt Dr. Chirine Etezadzadeh, Präsidentin des SmartCity.institute in Stuttgart. Eine Smart City habe „eine Umsetzungsstrategie und realisiert diese mit dem Rückhalt des Oberbürgermeisters und eines kritischen, aber konstruktiven Gemeinderates“, so Etezadzadeh. Die privaten Unternehmen stellten – häufig in enger Zusammenarbeit mit der Wissenschaft – „Innovationen und Technologien bereit und sorgen für eine Weitergabe von diesbezüglichen Erfahrungswerten“, beschreibt die Institutsleiterin das Verhältnis der Stakeholder. Auf Basis staatlicher Vorgaben schaffe „die Regionalbzw. Landeskommunalverwaltung Rahmenbedingungen, Regulierung und Standards für die Nutzung smarter Anwendungen“. Den ent-

scheidenden letzten Schritt, die Implementierung, realisierten Verwaltung und Privatanbieter dann gemeinsam. Zudem sollten Kommunalverwaltung und Wirtschaftsunternehmen laut Etezadzadeh „möglichst über die Gemeindegrenzen hinaus“ denken: Interkommunale Kooperation sei für die Ziele förderlich und für den Roll-out bestehender Lösungen notwendig.

„Auf beiden Seiten gibt es noch großen Anpassungsbedarf.“
Dr. Chirine Etezadzadeh

Smart City Hamburg

Als Basis einer smarten Stadt hat die SmartCity.institute-Chefin drei Säulen ausgemacht: erstens eine sichere, bezahlbare und weitgehend regenerative Energieversorgung. Zweitens eine umfassende digitale Infrastruktur, bestehend aus Netzen, Internet-of-ThingsGeräten (IoT), Cloud-Technologien und dem Einsatz Künstlicher Intelligenz. Drittens ein übergreifendes integriertes Sicherheitssystem. Drei Säulen, die ohne die Innovations- und Umsetzungskraft der Wirtschaft weit weniger tragfähig wären.

Eine Stadt, in der diese Säulen stabil wirken und die Öffentlichprivate Partnerschaft gut funktioniert, ist Hamburg: Im „Smart City Index“ des Branchenverbands

Bitkom, der jährlich den Digitalisierungsgrad deutscher Städte misst, landete die Hansestadt seit 2019 immer auf dem ersten Platz und wurde nur 2023 erstmalig von München verdrängt. Einer, wenn nicht der Erfolgsfaktor für Hamburgs gutes Abschneiden: die Verkehrsinfrastruktur. „Der Aufbau eines modernen, zukunftsfähigen und nachhaltigen Mobilitätssystems“ sei nicht nur für Hamburg eines der „Schlüsselthemen dieses Jahrzehnts“, macht Dennis Krämer, Pressesprecher der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende, Freie und Hansestadt Hamburg, klar. Für eine erfolgreiche Umsetzung brauche es langfristige Pläne, eine konsequente Umsetzung – und „partnerschaftliche Zusammenarbeit“.

In dieser Partnerschaft ist die Verwaltung wie die introvertierte, besonnene und gewissenhafte Planerin. Die Wirtschaft übernimmt den extrovertierten Part der Beziehung: die schnell agierende Macherin. Anders ausgedrückt: Die öffentliche Verwaltung regele die Daseinsvorsorge und agiere „dementsprechend ganzheitlich, umsichtig und integrativ“, wie es Etezadzadeh beschreibt. Die Verwaltung habe zudem Gestaltungsmöglichkeiten, die es in der Privatwirtschaft nicht gebe. Die Kernkompetenzen der Wirtschaftsunternehmen wiederum seien eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit und „radikale prozessuale Eingriffe“.

Lang angelegte Strategien

Auch in Hamburg werden die verschiedenen Charaktere der beiden Partner deutlich. 2016 rief der Hamburger Senat die „Strategie für die Weiterentwicklung und Umsetzung Intelligenter Transportsyste-

me und Services (ITS)“ ins Leben. Die Stadt positioniert sich zudem als Ort des Experimentierens: Der ITS-Weltkongress 2021 gilt als Beschleuniger der Verkehrsdigitalisierung, die UITP Global Public Transport Summits 2025 und 2027 sollen es werden. Jüngst wurde das ursprüngliche Strategiepapier zur „Strategie Digitale Mobilität“ weiterentwickelt. Um die darin definierten Strategieziele zu erreichen, braucht es die Stärken des Partners: die „Eigenleistung“ ausgewählter Wirtschaftsunternehmen, wie es Krämer formuliert.

High-Level-Partner

Mit Privatunternehmen kooperiert die Stadt Hamburg in Form von „High-Level-Partnerschaften“. Dazu gehören die Siemens AG, die BMW Group, Mercedes, T-Systems und DHL. Eine „Smart City Partnerschaft“ verbindet Hamburg und die Deutsche Bahn: Bis 2030 soll eine Voll- bzw. Teilautomatisierung von S- und U-Bahnen in Hamburg erfolgen. Eine „strategische Mobilitätspartnerschaft“ besteht zudem mit Volkswagen. Hierbei sollen die bestehenden Ridepooling-Angebote in ein weitgehend automatisiertes und führerloses Fahren überführt werden. Die Testphase der autonomen On-Demand-Shuttles ist Teil der Förderprojekte Ahoi und Alike. Neben Volkswagen sind die Hamburger Hochbahn sowie die Unternehmen (Moia) und (Holon) Teil des Alike-Projekts. Sie kümmern sich um den Fahrbetrieb, die technische Überwachung und die angeschlossenen digitalen Dienste.

Anreize für beide Seiten schaffen Wird an einer Beziehung nicht kontinuierlich gearbeitet, ist auch die beste Partnerschaft zum Scheitern verurteilt. Laut Etezadzadeh gibt es auf beiden Seiten „noch großen Anpassungsbedarf“. Große Datenschätze müssten digitalisiert und integriert, der Ressourcenverbrauch minimiert werden. Technologie- und Lieferantenabhängigkeiten seien weiterhin ein Konfliktthema, ebenso die „asymmetrischen Machtverhältnisse“ im juristischen Bereich. Die „ungleiche Verteilung von Risiken, Lasten und Rechenschaftspflichten“ könne die Partnerschaften stark belasten. Die Beziehungstipps der SmartCity-Expertin: Die Produkte aus der Privatwirtschafft sollten „so beschaffen sein, dass sie den vielfältigen Anforderungen im kommunalen Einsatz noch besser und vor allem dauerhaft gerecht werden“. Die Verwaltung wiederum sollte „die Restriktionen von Unternehmen stärker berücksichtigen“. Ähnlich wie in zwischenmenschlichen Beziehungen klingt Etezadzadehs Lösung theoretisch simpel: Die Bedürfnisse der Akteure müssten berücksichtigt und für beide Seiten Anreize geschaffen werden. Dann könne eine Zusammenarbeit auch bei der Gestaltung der Smart Citys „für beide Seiten fruchtbar werden“.

Unser Fakten-Check zur Digitalisierung in Kooperation mit Civey zeigt genau hier jedoch einen ernüchternden Status quo. 77 Prozent der kommunalpolitischen Entscheidungsträgerinnen und -träger sowie mehr als 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger zweifeln daran, dass die Digitalisierung der Verwaltung in den kommenden Jahren noch gelingen kann. Ein Stimmungsbild, mit dem wir uns nicht abfinden dürfen und wollen. Insbesondere angesichts der Tatsache, dass digitale Lösungen auf kommunaler Ebene, die den Alltag der Bürgerinnen und Bürger erleichtern und ihre Lebensqualität erhöhen, in Zukunft eine der wichtigsten Aufgaben der staatlichen Versorgung sein werden. Um die bestehenden Zweifel auszuräumen und die digitale Kompetenz von Gemeinden auszubauen, spielen aus Sicht der kommunalpolitischen Entscheiderinnen und Entscheider vor allem digitale Kompetenzschulungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, eine sichere digitale Infrastruktur sowie die Übernahme von Projekten aus anderen Kommunen und Städten eine wichtige Rolle. Ein weiterer relevanter Faktor: die digitale Souveränität und damit die Unabhängigkeit.

Das Zusammenspiel von Kompetenz, Erfahrung und Kooperation ist folglich bei der Umsetzung der digitalen Daseinsvorsorge weit mehr als nur ein Stichwort – es ist Gatekeeper für den Erfolg. Konkret bedeutet es, dass die Umsetzung der digitalen Daseinsvorsorge nicht isoliert erfolgen kann, sondern flächendeckend betrachtet und angegangen werden muss.

Tragende Säule

Ohne kommunale Unternehmen keine Digitalisierung

(BS/Dr. Jens Meier) Die Daseinsvorsorge hat sich gewandelt. Ob der digitale Kauf von Bustickets, die Verfügbarkeit von Glasfaseranschlüssen oder die Ermöglichung digitaler Teilhabe im Bildungswesen – die Teilhabe an Digitalisierung ist längst kein Hygienefaktor mehr, sondern genauso essenziell für Bürgerinnen und Bürger wie Strom, Wasser, Wärme oder ÖPNV. Für das menschliche Dasein braucht es eine digitale Grundversorgung. Folglich muss die digitale Daseinsvorsorge als eigene und selbstverständliche Säule der Daseinsvorsorge verstanden werden.

Damit dies gelingt, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Städten, Kommunen und kommunalen Unternehmen erforderlich – vor Ort sowie landes- und bundesweit.

Kommunale Unternehmen sind Schlüsselakteure

Eine besondere Rolle bei der Umsetzung der digitalen Transformationen wird Stadtwerken als kommunale Unternehmen zuteil. Als Stadtwerk digitalisieren wir nicht nur alle unsere bisherigen Felder der Daseinsvorsorge, sondern möchten auch die Dateninfrastruktur, den Zugang zu Daten und deren Sicherung gewährleisten.

Im Schulterschluss mit Städten und Kommunen können so zum einen Kompetenzen ausgebaut, Systeme integriert sowie offene Software gewartet und aktualisiert werden. Zum anderen kann aber auch sichergestellt werden, dass die Wertschöpfung und Entscheidungshoheit in kommunaler Hand bleiben. Dies ist besonders wichtig, um die digitale Souveränität langfristig zu sichern.

Die Erfahrung zeigt: Seit jeher setzen Städte und Kommunen auf eben diese enge Zusammenarbeit bei der Umsetzung der klassischen

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Daseinsvorsorge – und sollten dies auch bei allen Bestrebungen der digitalen Transformation künftig tun! Denn kommunale Unternehmen bauen nicht erst seit heute ihre Expertise in Bezug auf Digitalisierung aus und transformieren, teils schon sehr erfolgreich, ihre Geschäftsmodelle. Sie verfügen über das notwendige Wissen in der Region, haben bereits wertvolle Daten und sind vertrauenswürdige Partner. Klar ist, dass es dafür ein stimmiges Rollenverständnis braucht. Hierfür muss die Umsetzungsexpertise der kommunalen Unternehmen anerkannt werden und ein einheitliches Verständnis darüber bestehen, dass die Digitalisierung keine Modeerscheinung ist, sondern als eigenständige Säule der Daseinsvorsorge unabdingbar für die Zukunftsfähigkeit von Städten und Kommunen ist.

gen und bundesweite Rahmenkonzepte.

Eine elementare Frage die unweigerlich gestellt werden muss, ist

miezeiten über 2.700 Sensoren zur Messung der Luftqualität in Schulen installiert – nur eines von vielen Vorhaben, bei dem wir die Digitalisierung der Schulen unterstützen. Und auch die „Smart City Plattform“ als Herzstück der „Smart City IT“-Infrastruktur, die bereits in mehreren weiteren Städten Anwendung findet und mit dem Stadtwerke-Award 2023 ausgezeichnet wurde, ist ein wichtiger Baustein der digitalen Souveränität in Lübeck.

All das sind konkrete Beispiele, die als Erfahrungen und erfolgreiche

die Frage nach der Finanzierbarkeit. Denn neue Aufgaben für die Städte und Kommunen bedeuten auch einen neuen Ressourcenbedarf. Folglich ist auch das Thema der Finanzierung entscheidend, damit die Städte und Kommunen ihren Verantwortlichkeiten gerecht werden können und die digitale Daseinsvorsorge in der Fläche und die digitale Zeitenwende effizient gelingen können.

Die digitale Zeitenwende braucht einen klaren Rahmen Als Basis bedarf es Austauschformaten, bei denen die mit der Umsetzung vor Ort betrauten Akteurinnen und Akteure mit am Tisch sitzen sowie ganz grundlegende rechtliche Rahmenbedingun-

Im Schulterschluss für eine lebenswerte Zukunft

Wie viel der enge Austausch und die starke Partnerschaft zwischen Stadt und Stadtwerk bewirken können, zeigen die Erkenntnisse aus fünf Jahren Smart City Lübeck. Als Stadtwerke Lübeck haben wir uns vor allem in den vergangenen Jahren eine hohe Expertise angeeignet und bereits konkrete Leuchtturmprojekte für die Hansestadt Lübeck realisiert.

So betreiben wir seit 2019 ein stadtweites LoRaWan und haben hierin beispielsweise in Pande-

DATA-PLAN

Blaupausen dienen können und mittlerweile auch anderen Städten und Kommunen bundesweit angeboten werden. Positive Erfahrungen aus ganz Deutschland zeigen, dass eine starke Partnerschaft zwischen Stadt und Stadtwerk viel bewirken kann. Wir sollten diese Impulse nutzen, um voneinander zu lernen, vorhandene Expertisen einzusetzen und gemeinsam die digitale Transformation in der Fläche zu ermöglichen –der Erfolg kann nur im Schulterschluss gelingen.

Dr. Jens Meier ist Vorsitzender der Geschäftsführung (CEO) der Stadtwerke Lübeck Gruppe. Er leitet zudem die „Task Force Digitale Daseinsvorsorge“ des Verbandes kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) und ist Vorsitzender des Ausschusses Digitalisierung des VKU. Foto: BS/Oliver Vonberg

Kompetenz hoch 4

Die besten Spezialisten der Branche treiben die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung zukünftig gemeinsam voran. Freuen Sie sich auf geballte Kompetenz.

Heute gilt im Regelfall: Um als Bürger oder Bürgerin einen Verwaltungsservice in Anspruch zu nehmen, muss in den meisten Fällen qua Gesetz oder Verordnung ein Antrag gestellt werden. Am Antragserfordernis orientiert sich derzeit (noch) die Digitalisierung und Modernisierung von Bürgerservices. Das führt dazu, dass die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen häufig mit nur sehr kleinschrittigen organisatorischen Veränderungen einhergeht. Kleinteilige Prozessverbesserungen werden allerdings nicht ausreichen, wenn es darum geht, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in einen funktionsfähigen Bürgerservice zu stärken.

Eine Antwort auf diese Entwicklung ist die proaktive Verwaltung. Sie ist mutig und transparent. Proaktivität bedeutet, dass eine Verwaltung aktiv mit Informationen und Antragsangeboten auf die

Der Blick in die Praxis zeigt: Prozessmanagement kommt in der bisherigen Form nicht in der Breite der Organisation an. Akribisch, mit viel Aufwand und vielfach übertriebenem Ehrgeiz werden Ist-Prozesse in Tabellen, Textdokumenten oder Prozess-Tools dokumentiert und ggf. auch visualisiert. Was dabei verloren geht, ist die Einbeziehung der Mitarbeitenden, obgleich diese die neuen Prozessänderungen leben müssen. Die Folge: Die Motivation für notwendige Veränderungen nimmt deutlich ab. Mitarbeitende fühlen sich abgehängt und Prozessmanagement wird als technokratisches, kompliziertes „Expertenthema“ wahrgenommen. Was fehlt, sind eine aktive Beteiligung der Mitarbeitenden, lebhafte Prozessdiskussionen sowie die anschließende Umsetzung von gemeinsam identifizierten Potenzialen – von der Theorie in die Praxis. Es braucht eine Zusammenführung von bisheriger Prozessmodellierung und -dokumentation mit Elementen und Ansätzen des Veränderungsmanagements. Zudem bedarf es intuitiver Methoden, damit Mitarbeitende frühzeitig Ihre Prozesse tatsächlich „mitdesignen“. Nur dann durchbrechen

Digitale Verwaltungsdienstleistungen

Wie proaktiv können, dürfen und müssen Services des Staates sein?

Bürger zugeht und – wo möglich – Leistungen antragslos ausgibt. Beste Beispiele hierfür sind Erinnerungsfunktionen für die Aktualisierung von Ausweisdokumenten, die lebenslagenorientierte Bündelung von Verwaltungsservices oder die antragslose Ausgabe von Sozialpässen. Internationale Erfahrungen –etwa in Österreich oder in Estland – zeigen: Proaktivität funktioniert. Aber es braucht einen Rahmen. Wie proaktiv können Services des Staates sein? Die simpelste Voraussetzung für einen proaktiven Service ist, dass die Verwaltung über den Anspruch eins Bürgers auf einen Verwaltungsservice Kenntnis haben muss. Proaktive Services müssen also an eine Bedingung geknüpft sein. Dieses Prinzip lässt sich am Beispiel der freiwilligen Ausgabe von Sozialleistungen – zum Beispiel Sozialpässe für Ermäßigungen in öffentlichen Einrichtungen – erklären. So könnte die Ausgabe

Eine Kolumne der KGSt, von Matthias Hörmeyer Referent für Diversity Management, KI und Prozessmanagement bei KGSt

Foto: BS/KGSt

von Sozialpässen an den Bezug von pflichtigen Sozialleistungen wie zum Beispiel das Wohngeld geknüpft sein. Die einfache Logik dahinter: Wer Wohngeld bezieht, erhält proaktiv ohne Antrag einen Sozialpass. Wie proaktiv dürfen Services des Staates sein? Wäre es so einfach wie unter der Frage des „Könnens“ beschrieben, gäbe es schon heute zahlreiche proaktive Services. Aber

Jetzt auch im Bund

es gibt zwingende Voraussetzungen. Diese liegen insbesondere im Datenmanagement sowie in der Logik von Gesetzestexten. Gerade im Kontext der Datenhaltung sind proaktive Services auf viele aktuell diskutierte Themen wie zum Beispiel das Once-Only-Prinzip und die Registermodernisierung angewiesen. Hier braucht es klare Entscheidungen auf Bundes- und Länderebene, um in der Konsequenz datensichere proaktive Services aufbauen zu können. Gleichzeitig muss der Antrag als leitendes Element im Aufbau von Gesetzestexten hinterfragt werden. Eng mit diesen Anforderungen verknüpft ist ein wirksames Prozessmanagement, das von Auto-

MODULO – das Werkzeug zur Prozesserhebung

Angesichts des demografischen Wandels, diverser Krisen und der schleppenden Digitalisierung setzen Behörden vermehrt auf Prozessmanagement (häufig auch: Geschäftsprozessoptimierung), um Behördenabläufe zu analysieren, Verbesserungen zu identifizieren und diese umzusetzen. Vielfach geht es aber auch um die komplette Neugestaltung von Prozessen.

MODULO soll u. a. Prozesskompetenz in Behörden nachhaltig aufbauen. Foto: BS/SHI

Prozessdiskussionen den gewohnten Arbeitsalltag und fördern Kreativität und Tatendrang. Kurz: Es braucht Prozessdiskussionen und ein pragmatisches Improvisieren, denn hinter Prozessdiskussionen steckt die eigentliche „Magie“ und das enorme

Potenzial des Prozessmanagements. MODULO: einfach, haptisch & kollaborativ

Wie gelingt nun der methodische Spagat zwischen Prozessmodellierung und Veränderungsmanagement? Mit dem passenden Werkzeug: MODULO wurde durch das SHI | Stein-Hardenberg Institut auf Grundlage jahrelanger Forschungsarbeit entwickelt. Im Fokus steht hierbei die intuitive Beteiligung der Mitarbeitenden als Schlüssel zu erfolgreichem Prozessmanagement und wertvollen Prozessdiskussionen. Eine detaillierte Modellierung nutzt wenig, wenn sie auf unzureichenden Ersterhebungen basiert und nicht von den Mitarbeitenden als Ergebnis „ihrer“ Prozesse anerkannt wird. Die Methode „MODULO: KopfTisch-Digital“ zielt deshalb darauf ab, Wissen aus den Köpfen auf den

Tisch zu bringen, gemeinsam zu diskutieren, nach Verbesserungen zu suchen und zu digitalisieren. MODULO soll Prozessdiskussionen in der Behörde aktiv fördern, Prozesskompetenz nachhaltig aufbauen und eigenständige Veränderungen ermöglichen.

Einfache Anwendung für alle Mitarbeitenden Mit MODULO lassen sich Prozesse einfach intuitiv erfassen und diskutieren: Koffer oder Browser öffnen und los geht’s. Anhand vordefinierter Bausteinkarten – sowohl haptisch als auch digital – werden Prozesse kollaborativ erarbeitet und verständliche Prozessmodelle erstellt. Alle Beteiligten sind sofort involviert und bringen sich aktiv ein, was nicht nur die Zusammenarbeit verbessert, sondern auch konstruktive Lernsituationen schafft.

matisierung, Nutzendenzentrierung und Innovation geprägt ist. Wie proaktiv müssen Services des Staates sein? Das Prinzip „Proaktivität“ ist selbstverständlich nicht auf alle Services anwendbar. Die unter der Frage des „Dürfens“ aufgeführten Rahmenbedingungen dürfen keine Ausrede dafür sein, das Thema Proaktivität nicht anzugehen. Gerade im Bereich freiwilliger Leistungen gibt es zahlreiche Gestaltungspotenziale, insbesondere auf kommunaler Ebene. Denn klar ist: Verwaltungen müssen zur Effizienz- und Innovationssteigerung ihrer Prozesse Wege zur proaktiven Kommune aktiv angehen. Proaktivität entlastet die Bürger von langwierigen Anträgen. Gleichzeitig werden in den Verwaltungen Ressourcen für qualitative Arbeiten zum Beispiel im Bereich der Beratung oder der Strategieentwicklung frei. Ein Win-win für die Verwaltung und ihre Kunden.

Gemeinsam erarbeitete Prozessmodelle lassen sich via App digitalisieren und in beliebige ModellierungsTools überführen – die Integration von MODULO in bestehende IT-Infrastrukturen ist spielend leicht. Die digitale MODULO-Webanwendung ermöglicht es zudem, auch online gemeinsame Prozessmodelle zu erarbeiten, was die Flexibilität und Effizienz in der Modellierung und Optimierung der Prozesse erhöht.

Erfolgreiche Implementierung und breite Nutzung

Zahlreiche Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden arbeiten bereits mit MODULO. Sie berichten von lebhaften Diskussionen und einer neuen Dynamik des Zusammenarbeitens, die sich in den Prozessworkshops entfaltet. Abteilungen, die sonst durch Zuständigkeitsgrenzen getrennt sind, arbeiten jetzt konstruktiv zusammen. Das Beste daran: MODULO ist über einen Rahmenvertrag im Kontext der IT-Dienstekonsolidierung für alle Bundesbehörden verfügbar.

Für mehr Informationen rund um MODULO: shi-institut.de/produkte/ modulo/

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Über kurz oder Lang

Servicestandard 2.0: bitte verständlich, praktisch und wirksam

Vor einem Jahr habe ich Sie an dieser Stelle gefragt: „Kennen Sie den Servicestandard?“ Mit der These, dass der Leitfaden, dessen Ziel es ist, Qualität und Transparenz der digitalen Dienstleistungen des Bundes für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Behörden zu verbessern, noch weitgehend unbekannt ist. Das haben die Rückmeldungen auf die damalige Kolumne bestätigt. Wenige kannten den Standard, praktisch niemand wandte ihn aktiv an.

Damals habe ich aber auch gesagt: Der Servicestandard ist eine gute Vorarbeit mit sinnvollen Kriterien, er hat eine neue Chance verdient. Deshalb freut es mich, dass der DigitalService gemeinsam mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) nun am Servicestandard 2.0 arbeitet!

Gute digitale Entwicklungspraxis Kurz zur Einordnung: Der Servicestandard wurde 2020 als Leitfaden für die OZG-Umsetzung entwickelt. Er umfasst sechs

Kategorien: konsequente Nutzerzentrierung, iteratives Vorgehen, interdisziplinäre Zusammenarbeit, offenes Arbeiten, robuster technischer Betrieb und effektives Wirkungscontrolling. Darunter sind 19 konkrete Prinzipien subsumiert. Insgesamt definiert der Servicestandard eine gute digitale Entwicklungspraxis.

Potenzial soll stärker genutzt werden

Nun möchte das BMI das Potenzial des Standards stärker nutzen. Gemeinsam entwickeln wir den Servicestandard inhaltlich weiter. Ziel ist es, den Standard anschlussfähig an das European Interoperability Framework (EIF) zu machen.

Mit dem EIF verfolgt die Europäische Union das Ziel, die Zusammenarbeit und den Datenaustausch zwischen öffentlichen Verwaltungen innerhalb der EU zu verbessern. Aber auch für Digitalprojekte innerhalb der deutschen Verwaltung soll die Über-

KI-Starter Kit

Einfacher Einstieg in Künstliche Intelligenz (BS/Dr. Markus König*) Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz kann für Behörden ein entscheidender Faktor für mehr Effizienz und nutzerzentrierte Verwaltungsarbeit sein. Wie können Behörden den Einstieg in die Welt der KI schaffen? Materna und Infora bieten mit dem „Starter Kit KI“ eine maßgeschneiderte Vorgehensweise für den einfachen Einstieg in die KI-Implementierung.

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz hat das Potenzial, die Arbeitsweise in Behörden grundlegend zu verändern. KI kann repetitive Aufgaben automatisieren, große Datenmengen analysieren und so fundierte Entscheidungsprozesse unterstützen. Beispielsweise können Bürgeranfragen mithilfe von KI-basierten Lösungen schneller und effizienter bearbeitet werden, was zu einer erheblichen Entlastung der Mitarbeiter führt. Ebenso kann KI helfen, komplexe Daten zu verarbeiten und in Echtzeit relevante Informationen für Entscheidungsprozesse bereitzustellen. Insgesamt trägt der Einsatz von KI in der Verwaltung dazu bei, die Servicequalität zu steigern, die Bearbeitungszeiten zu verkürzen und die Effizienz der Prozesse erheblich zu erhöhen.

Individueller Weg zum KI-Einsatz Der Weg zum KI-Einsatz ist so individuell wie die eigene Organisation. Dabei muss die Vertrauenswürdigkeit der KI vom ersten Tag an sorgfältig berücksichtigt werden. Dies betrifft sowohl organisatorische als auch technologische Maßnahmen. Um das Risiko von Halluzinationen – also falschen oder ungenauen Ergebnissen – zu minimieren, sollten beispielsweise Antworten der KI ausschließlich aus vertrauenswürdigen und festgelegten Datenquellen stammen. Ein sorgfältig geplanter und umgesetzter KIEinsatz ist daher entscheidend, um die Zuverlässigkeit und Integrität der Ergebnisse sicherzustellen.

Das Starter Kit KI von Materna und Infora ist speziell darauf ausgelegt, Behörden den Einstieg in

die Welt der Künstlichen Intelligenz zu erleichtern. Das Angebot umfasst einen zweitägigen partizipativen Workshop und bietet eine praxisnahe Einführung in die Grundlagen und Anwendungsfelder von KI. Die Teilnehmenden werden durch ein erfahrenes Team von Materna-Experten an die Thematik herangeführt. Sie lernen nicht nur die theoretischen Grundlagen kennen, sondern erarbeiten auch konkrete Anwendungsfälle (Use Cases) für ihre eigene Behörde. Diese praxisorientierte Vorgehensweise stellt sicher, dass die Teilnehmenden ein klares Verständnis für die Potenziale von KI entwickeln und konkrete Schritte zur Umsetzung in ihrer eigenen Organisation planen können.

Klarheit, Einfachheit, Flexibilität Das Starter Kit KI zeichnet sich durch Klarheit, Einfachheit und Flexibilität aus. Es vermittelt den Teilnehmenden ein eindeutiges Verständnis davon, was KI leisten und wie sie in den Arbeitsalltag integriert werden kann. Anhand von funktionsfertigen Assistenten und Beispielen aus dem Behördenalltag wird gezeigt, wie KI praktisch eingesetzt werden kann. Zudem erfahren die Teilnehmenden, wie sie eine flexible und zukunftssichere Basis für künftige KI-Projekte schaffen können – und das alles unter Berücksichtigung höchster Sicherheitsstandards.

Infos zum Starter Kit KI unter: www.materna.de/ps

*Dr. Markus König ist Partner bei der Unternehmensberatung Infora GmbH.

Christina Lang ist Chief Executive Officer (CEO) des DigitalService.

Foto: BS/DigitalService

arbeitung ganz konkrete Vorteile bringen: Durch die inhaltliche Ausarbeitung kann anhand des Servicestandards in Zukunft überprüft werden, ob ein Projekt gut digitalisiert ist. Die Prinzipien des Standards sorgen somit für eine Messbarkeit und Verbindlichkeit und geben Orientierung auf dem Weg zu einem guten staatlichen Onlinedienst.

Muss praktisches Werkzeug sein Wichtig ist, dass der Servicestandard vor allem für die Projektbeteiligten in der öffentlichen

Verwaltung zu einem praktischen Werkzeug wird. Denn Projektverantwortliche sollen damit Digitalprojekte souveräner leiten können und eine höhere Qualität für die Nutzerinnen und Nutzer von Onlinediensten sichern.

Und nur wenn der Standard durch die Auftraggeber aus der Verwaltung verstanden und eingefordert wird, werden auch Dienstleisterinnen und Umsetzungspartner beginnen, den Servicestandard zu befolgen.

Bekannheit muss erhöht werden

Da gibt es das eingangs erwähnte Problem: Projektverantwortlichen der Verwaltung ist der Servicestandard noch weitgehend unbekannt. Deshalb müssen wir ihn den Beschäftigten näherbringen. Das kann durch Schulungen, Workshops oder auch das Teilen von Erfolgsgeschichten und An-

wendungsbeispielen passieren. Ziel muss es jedenfalls sein, dass die Personen dazu befähigt werden, mit dem Servicestandard wirklich zu arbeiten. Dann können sie eine gute Umsetzung entlang der Prinzipien steuern und überprüfen.

Neben Kriterien für die Dienstleistersteuerung ist ein Commitment der Verwaltung zum Servicestandard übrigens auch eine Selbstverpflichtung: Aspekte wie iteratives Vorgehen und interdisziplinäre Zusammenarbeit etwa halten die Behörden dazu an, selbst anders an die Projektumsetzung heranzugehen, selbst die Digitalisierung mitzugestalten. Wenn wir es schaffen, dass der Servicestandard 2.0 nicht nur inhaltlich gut ist, sondern auch bei unserer Zielgruppe bekannt und geschätzt wird, dann können wir gute staatliche Onlinedienste erwarten. Und dann steht auch einer Verbindlichkeit des Standards meiner Meinung nach nichts mehr im Weg.

„Konsequente Digitalisierung ist im Public Sector ein Muss. Mit DATEV können wir alles rechtssicher umsetzen.“

Digitale Prozesse zu initiieren und auszubauen, ist eine der großen Herausforderungen im Public Sector – die leistungsstarke und rechtssichere Software von DATEV für Finanzwesen, Personalwesen und Verwaltungsprozesse unterstützt Sie zuverlässig bei Ihren Vorhaben. Das macht DATEV und die steuerlichen Berater zu den idealen Partnern an Ihrer Seite.

Mehr Informationen unter go.datev.de/public-sector

ÖFFENTLICHE IT (ÖFIT)

Was leisten die Datenlabore des Bundes?

Spätestens mit der Datenstrategie der Bundesregierung 2021 beschäftigten sich alle Bundesressorts mit der Einrichtung von Datenlaboren zum Aufbau von Datenkompetenz und zur Erhöhung der Evidenzbasierung der Politik. Nach den Haushaltsverhandlungen ist nun klar: Es geht weiter mit den Datenlaboren – zumindest bis 2025. Doch was passiert in den Datenlaboren des Bundes und welche Projekte werden dort verfolgt?

Mit der ersten Datenstrategie der Bundesregierung begann der Auf- bzw. Ausbau von Datenlaboren in allen Bundesministerien und im Bundeskanzleramt aus Mitteln des Deutschen Aufbau- und Resilienzplans. Seit über dreieinhalb Jahren sind die Datenlabore also nun schon aktiv – mehr oder minder, denn bis alle Labore ihre Arbeit aufnehmen konnten, dauerte es in einigen Ministerien. Was aber haben die Datenlabore bisher erreicht? Wie und woran arbeiten sie und welche Projekte konnten bereits umgesetzt werden? Mit diesen Fragen beschäftigt sich eine Studie des Kompetenzzentrums Öffentliche IT gemeinsam mit neuland21, für die Ende letzten Jahres Interviews mit 14 der 16 Datenlaborleitungen geführt wurden.

KI im Fokus

Insgesamt wurden bis Ende 2023 in den Datenlaboren Datenprodukte für knapp 200 Anwendungsfälle entwickelt. Hoch im Kurs stehen hierbei KI-Anwendungen wie Sprachmodell-basierte Assistenten. So wird im BMUV „KIRAS“ (KI-Re-

chercheassistent) entwickelt, der die Beantwortung Kleiner Anfragen erleichtern soll und daher auch in anderen Ministerien sehr gefragt ist. „GPT-4U“ hingegen ist eine Entwicklung des BMZ, ein auf ChatGPT basierender offener KI-Chatbot, der den hohen Datenschutzanforderungen der Bundesverwaltung entspricht und künftig auch von weiteren Behörden genutzt werden könnte.

Es gibt jedoch nicht nur KI-Produkte, auch eine Reihe visualisierender Dashboards wurde entwickelt, unter anderem zur Veranschaulichung des Photovoltaikausbaus (Bundeskanzleramt) oder zur Migration (BMI). Das Migrationsdashboard unterstützt Behörden bei der Planung und Entscheidung zur Unterbringung und Integration von Geflüchteten und wird bereits von allen 16 bundesdeutschen Ländern und zwei Dritteln der Landkreise genutzt. Grundlagen für evidenzbasierte Politikgestaltung

Die Datenlabore entwickeln nicht nur Anwendungen und Datenpro-

dukte, sie fördern auch die Datenkompetenz der Mitarbeitenden. Von Kursen an der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung über Webinare und Kurzvorträge bis hin zu Handreichungen und Schritt-fürSchritt-Anleitungen gibt es vielfältige Aktivitäten zur Vermittlung von Wissen und Kompetenzen rund um datenbasiertes Arbeiten. Langfristig entscheidend sind die Bestrebungen zum Aufbau einer ressortübergreifenden Infrastruktur für die Datenarbeit. Hierunter fallen Vorhaben wie die Bereitstellung von Datenkatalogen und Schnittstellen sowie die Etablierung gemeinsamer Plattformen. PLAIN ist eine solche Analytics Plattform, die es ermöglicht, gemeinsam im geschützten Raum mit Daten und KI zu arbeiten. Jedes Bundesressort kann dort eigene Data-Science-Cases umsetzen und Daten und Code mit anderen Ressorts austauschen.

Das Bundeskanzleramt koordiniert zudem einen Machbarkeitsnachweis zu einem Datenpool, der die Verfügbarkeit maschinenlesbarer Daten der Bundesverwaltung erhöhen soll. Hierdurch sollen datengetriebene Prozesse und Entscheidungen in den Bundesbehörden, ein effektiveres Wissensmanagement, das ressortübergreifende Teilen von Daten und die Aufbereitung und Bereitstellung von Open Data unterstützt werden.

Quo vadis Datenlabore?

Nachdem das Land Brandenburg im April dieses Jahres den Beitritt zum 115-Verbund erklärt hat, wird die 115 zukünftig in fünfzehn Bundesländern in Deutschland flächendeckend verfügbar sein. Der Anspruch der Behördennummer 115 ist eine deutschlandweit einheitliche Qualität der Informationen. Dazu spielen alle 115-Verbundteilnehmer ihre Infos zu Verwaltungsleistungen nach einer einheitlichen Systematik in die sogenannte 115-Wissensdatenbank ein. „Ob Bund, Land oder die Kommune zuständig ist, soll bei einem Anruf der 115 keine Rolle spielen“, erklärt Thorsten Maid, fachlicher Leiter der Behördennummer 115 in der FITKO. Die 115-Wissensdatenbank dient den Mitarbeitenden in den Servicecentern als einheitliche Grundlage, um die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger kompetent zu beantworten. In manchen Regionen ist derzeit noch nicht der volle 115-Service verfügbar. Anrufer erhalten dann bei einem Anruf der 115 die Kontaktdaten der zuständigen Stel-

Datenkompetenz

Sheets« Experimentierund Lernraum Webinare »Datenanalytische Kaffeepause«

Datenprodukte

Semantische Suche zu neuen Leitbegriffen (BMZ)

Sprachmodellbasierte Anwendungen

Geschäftsverteilungsplan/ Betroffenheitsfinder (BMUV)

(BMZ)

Beispielhafte Aktivitäten und Outputs der Datenlabore der Bundesregierung

Interdisziplinarität, agiles Arbeiten, interministerielle Kooperation –die Datenlabore wollen vieles anders machen. Gleichzeitig werden sie von vielen Seiten unter Druck gesetzt, müssen einerseits schnelle Erfolge liefern, andererseits vielerorts erst einmal die notwendigen Grundlagen für datenbasiertes Arbeiten schaffen. Eine langfristige Finanzierung ihrer Arbeit gibt es dabei noch nicht. Es ist nun Aufgabe der nächsten Bundesregierung, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie Datenarbeit und Evidenzbasierung nachhaltig in den Ressorts verankert werden können.

Die Nummer für Verwaltungsfragen

Deutschlandweit einheitliche Verwaltungsinformationen

(BS/FITKO*) Eine Nummer für alle Fragen an die Verwaltung, Montag bis Freitag von 8–18 Uhr erreichbar: Das ist das zentrale Versprechen der Behördennummer 115. Was 2009 als Pilotprojekt in wenigen Modellregionen begann, ist heute in vielen Teilen Deutschlands Standard: Wer von zu Hause oder unterwegs die 115 wählt, wird automatisch in das geografisch nächstgelegene Servicecenter des 115-Verbunds weitergeleitet. Die Mitarbeitenden in den Servicecentern beantworten allgemeine Fragen der Anrufer zu Personalausweis und Kfz-Zulassung, über Gewerbeanmeldung bis hin zu Kindergeld oder zur Verzollung von Waren. Gesteuert wird die Behördennummer 115 vom Produktmanagement der FITKO (Föderale IT-Kooperation) im Auftrag des IT-Planungsrats.

len für ihr Anliegen: „Wir arbeiten intensiv daran, den Service der 115 deutschlandweit auszubauen“, so Maid

Entlastung und besserer Service 2023 gingen rund vier Millionen Anrufe bei den Mitarbeitenden der 54 Servicecenter ein.

HRE BEHÖRDENNUMMER

Größere Städte und Landkreise betreiben häufig ein eigenes Servicecenter, während sich kleinere Kommunen in der Regel als Kooperationspartner einem der bestehenden Servicecenter anschließen. Ein wichtiger Grund für den Betritt der Kommunen ist die Entlastung der

Fachämter: „Unsere speziell geschulten Mitarbeiter im Servicecenter der Stadt Karlsruhe können nahezu 90 Prozent aller Anfragen direkt am Telefon beantworten. Eine Weiterleitung an die Fachebene ist in den meisten Fällen durch die 115 überhaupt nicht mehr notwendig“, erklärt Britta Heck, Leiterin des Karlsruher Servicecenters. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist die gemeinsame Entwicklung von Service-Innovationen im 115-Verbund. „Für einzelne Kommunen ist die Entwicklung neuer Service-Technologien häufig sehr aufwendig und teuer. Deswegen werden im 115-Verbund Lösungen gemeinsam erarbeitet, von denen dann alle 115-Teilnehmer profitieren“, erklärt Thorsten Maid. Zentrale Kosten für die Entwicklungen werden hierfür in der Regel von der FITKO getragen.

Jüngstes Beispiel für die Innovationskraft des 115-Verbundes ist die Entwicklung eines eigenen ServiceChatbots für den 115-Verbund, der Verwaltungsanliegen auf Verwaltungs-Websites beantwortet. Zehn ausgewählte Städte und Landkreise aus dem 115-Verbund beteiligten sich an einem mehrmonatigen Pilottest, darunter die Stadt Frankfurt und der Bodenseekreis. Entwicklung und Test des 115-Chatbots werden zentral vom Produktmanagement der FITKO koordiniert. Der 115-Verbund reagiert damit auch auf das steigende Interesse an digitalen Zugangskanälen zum Serviceangebot der 115. „In den kommenden Monaten wollen wir den 115-Chatbot nicht nur weiteren Kommunen zur Verfügung stellen, sondern auch um KI-basierte Funktionen erweitern“, betont Maid

Die vollständige Studie steht kostenlos zum Download bereit: https://www.oeffentliche-it.de/ publikationen?doc=349484. Um datenbasiertes Arbeiten geht es auch bei der Konferenz „Public Data – besser mit Behördendaten umgehen“ am 19. September am Fraunhofer FOKUS in Berlin. Hier geht es zur Anmeldung: https:// www.fokus.fraunhofer.de/de/DPS/ events/public-data-konferenz.

Autorin des Beitrags ist Nicole Opiela, stellv. Leiterin des ÖFIT am Institut Fraunhofer FOKUS.

Ein weiterer Meilenstein für die 115 soll im kommenden Jahr erreicht werden. Ab 2025 werden Bürgerinnen und Bürger die 115 auch bei Fragen zu Online-Verwaltungsleistungen nutzen können, wenn bei der Nutzung der Online-Dienste Hilfe notwendig ist. Die entsprechenden Beschlüsse hierfür hat der ITPlanungsrat im vergangenen Jahr gefasst.

Telefonische Unterstützung bei digitalen Anträgen

Erste technische Fragestellungen werden von den Servicecentern ebenso beantwortet wie inhaltliche Aspekte. Derzeit werden für die telefonische Unterstützung zu OnlineVerwaltungsdiensten die technischen Voraussetzungen geschaffen. „Das Angebot soll sich nahtlos in das bestehende Serviceangebot der 115 integrieren und vor allem auch dazu führen, dass wir beim FirstLevel-Support für Online-Dienste einen einheitlichen Standard in Deutschland setzen“, betont Thorsten Maid

*In der Oktober-Ausgabe wird das Produkt eGov-Campus vorgestellt. Weitere Infomationen zum Produkt unter www.115.de

Ab Herbst 2024 eröffnen sich damit für den öffentlichen Sektor in Deutschland neue Möglichkeiten: Erstmals wird es über BTC möglich sein, Cloud-Services führender Anbieter wie Amazon Web Services (AWS) zu beziehen. Diese Entwicklung ermöglicht es Städten, Gemeinden und Behörden, von den Vorteilen der Cloud zu profitieren, ohne durch Ausschreibungsprozesse ausgebremst zu werden. Interessierte Verwaltungen können sich unkompliziert über die Nutzungsmöglichkeiten bei govdigital informieren. Doch welche konkreten Chancen und Möglichkeiten ergeben sich durch diesen erleichterten Zugang zu AWS-Diensten für die öffentliche Verwaltung?

Herausforderungen für die öffentliche Verwaltung

Eine der größten Bedrohungen für öffentliche Verwaltungen sind Cyber-Angriffe – insbesondere durch Ransomware. Um dieser Gefahr zu begegnen, bietet AWS für alle seine Services und Lösungen ein umfassendes Portfolio von mehr als 300 Cloud-Sicherheitstools und Features. Diese beinhalten besonders umfassende Compliance-Kontrollen. Sie unterstützen 143 Sicherheitsstandards und Compliance-Zertifizierungen – einschließlich der DSGVO – und helfen Kunden bei

Neue Möglichkeiten nutzen

Zentraler Broker soll Cloud-Rollout in Behörden vorantreiben (BS/Philip von Haehling*) Die Digitalisierung prägt heute nahezu jeden Aspekt des täglichen Lebens – auch die öffentliche Verwaltung. Während Bürger zunehmend digitale Services im Alltag nutzen, wächst der Druck auf Behörden, ihre gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen. Dabei kristallisieren sich Cloud-Technologien als Schlüsselfaktor heraus, um Services agiler, kosteneffizienter und sicherer zu gestalten. Ein Meilenstein auf diesem Weg wurde kürzlich von govdigital gesetzt, der Genossenschaft öffentlicher IT-Dienstleister. In einer richtungsweisenden Entscheidung wurde BTC (Business Technology Consulting) als zentraler Cloud-Broker für den Zugang zu Cloud-Lösungen ausgewählt.

der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften auf der ganzen Welt. Hinzu kommen automatisierte Updates und Reaktionsmaßnahmen sowie Protokollierungs- und Überwachungsdienste. Von besonderer Bedeutung sind auch die von AWS bereitgestellten Disaster Recovery- und Back-up-Lösungen.

Die AWS Cloud setzt darüber hinaus auf das „AWS Nitro System“, ein Computing-Backbone eigens für AWS, bei dem Sicherheit und Leistung im Mittelpunkt stehen. Die spezielle Hardware und die zugehörige Firmware sind so konzipiert, dass niemand – auch nicht bei AWS – auf Workloads oder Daten von Kunden zugreifen kann, die auf Nitro-basierten Instanzen von Amazon Elastic Compute Cloud (Amazon EC2) laufen. Gleichzeitig unterstützt das System die Einhaltung gesetzlicher Aufbewahrungsfristen für Verwaltungsdokumente und bietet ska-

lierbare Speichermöglichkeiten für stetig wachsende Datenmengen –entscheidende Faktoren für den Schutz vor Datenverlust. Neben den technologischen Herausforderungen sieht sich der öffentliche Sektor auch mit globalen Makrotrends konfrontiert. Cloud-Technologien können hier einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie flexible und skalierbare Lösungen für diese komplexen Herausforderungen bieten.

Demografischer Wandel und Nutzerfreundlichkeit

Auch der demografische Wandel stellt die IT-Infrastruktur von Behörden auf die Probe. Prognosen von PwC zufolge werden dem öffentlichen Sektor ohne geeignete Gegenmaßnahmen im Jahr 2030 mehr als eine Million Fachkräfte fehlen. Zudem sieht er sich einem verstärkten Wettbewerb um Talente ausgesetzt. In diesem Kontext gewinnen Cloud-Lö-

sitioniert und setzt dabei auf die Bereitstellung nachhaltiger städtischer Dienstleistungen unter Verwendung offener Standards. In der Digitalisierung erkennt die Stadtverwaltung Heidelberg ein vielseitiges Instrument, das in nahezu allen Lebensbereichen Anwendung findet, um den Alltag der Bürger zu vereinfachen und komfortabler zu gestalten.

sungen von AWS an Bedeutung, denn mit ihnen lässt sich das Personal durch Automatisierung bei Routineaufgaben entlasten. Einen besonderen Mehrwert bieten auch KI-gestützte Wissensmanagement-Systeme, die es ermöglichen, wertvolles Expertenwissen zu bewahren und effizient zu nutzen. Ergänzend verbessern moderne Collaboration-Tools die Zusammenarbeit und erleichtern den Wissenstransfer innerhalb der Verwaltungen. Nicht zuletzt bietet AWS kostenlose Schulungsangebote und Initiativen an. Dadurch erhalten 29 Millionen Menschen auf der ganzen Welt bis 2025 Unterstützung, um ihre technischen Fähigkeiten zu verbessern. Dank Cloud-Lösungen lässt sich außerdem auf wertvollem Know-how aufbauen und damit die Verwaltung auf zukünftige Herausforderungen vorbereiten. Parallel dazu wachsen auch die Erwartungen der Bürger an digitale Verwaltungsdienstleistungen. Um den steigenden Ansprüchen gerecht zu werden, bietet AWS ein breites Spektrum an innovativen Lösungen. Diese umfassen die Entwicklung intuitiver E-Government-Anwendungen, die Integration KI-gestützter Chatbots für einen rund um die Uhr verfügbaren Bürgerservice sowie den Aufbau einer skalierbaren Infrastruktur, die selbst Spitzenlasten bei OnlineDiensten zuverlässig bewältigen kann. Ein anschauliches Beispiel für diese bürgernahe Technologie sind BürgerserviceAvatare in Selbstbedienungsterminals, die den Bürgern bei ihren Anliegen kompetent zur Seite stehen.

Heidelberg als Vorreiter der digitalen Stadt Bereits heute setzen öffentliche Verwaltungen in Deutschland erfolgreich auf AWS Cloud-Lösungen. Ein Beispiel für die erfolgreiche Implementierung von Cloud-Technologie im öffentlichen Sektor bietet die DigitalAgentur Heidelberg der Stadt Heidelberg. Die baden-württembergische Universitätsstadt hat sich als Pionier im Bereich der digitalen Stadtentwicklung po-

Die Kooperation mit AWS eröffnet Heidelberg neue Perspektiven, bestehende Dienstleistungen zu erweitern und zu optimieren. Durch den Einsatz von AWS-Technologien gelingt es der Stadt, moderne Lösungsansätze zu implementieren, die sich durch hohe Benutzerfreundlichkeit auszeichnen und gleichzeitig die Datensouveränität sicherstellen. Diese Erfahrungen demonstrieren eindrucksvoll das Potenzial der Cloud-Technologie, die Lebensqualität der Bürger zu steigern und simultan die Effizienz der Verwaltung zu erhöhen. Weitere Möglichkeiten für die öffentliche Verwaltung

Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung hat sich von einer Option zur unabdingbaren Notwendigkeit entwickelt. Den Landes- und Kommunalverwaltungen eröffnet der Zugang zu AWS-Diensten die Chance, unkompliziert von hochmodernen Cloud-Technologien zu profitieren. Von verbesserter Cyber-Sicherheit über effizientes Wissensmanagement bis hin zu innovativen Bürgerservices reicht die Bandbreite der Möglichkeiten. Die AWS Cloud bietet damit Lösungsansätze für die drängendsten Herausforderungen des öffentlichen Sektors. Mit Blick auf die Zukunft plant AWS für Ende 2025, die AWS European Sovereign Cloud (ESC) einzuführen. Sie erfüllt hohe Anforderungen an Datenschutz, Sicherheit und Souveränität. Dadurch stellt sie eine zusätzliche Option für Verwaltungen dar, die mit besonders sensiblen Workloads im europäischen Raum operieren und regulatorischen Vorgaben unterliegen. Die Entwicklung der ESC unterstreicht das Engagement von AWS, maßgeschneiderte Lösungen für den europäischen öffentlichen Sektor bereitzustellen. Zudem adressiert sie gezielt die Bedenken hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener und kritischer Daten in der Cloud. Damit positioniert sich AWS als verlässlicher Partner für die fortschreitende Digitalisierung des öffentlichen Sektors in Europa.

*Philip von Haehling ist Head of Germany, Public Sector bei AWS.

THEMENTAG Hoch hinaus

Die Zukunft der Cloud mit KI im Fokus

Mittwoch, 25. September 2024

Es ergibt sich folgendes Bild der aktuellen Lage: im BMWK wird seit Monaten am Vergabetransformationspaket gearbeitet, dessen Veröffentlichung jedoch immer wieder verschoben wurde. Baden-Württemberg hat die Wertgrenze, bis zu der man ohne formales Vergabeverfahren Aufträge vergeben darf, auf 221.000 Euro angehoben. Hamburg nutzt zur Start-up-Förderung die landeseigene Venture Client-Einheit GovTecHH, um Problemstellungen mit den Fachabteilungen zu identifizieren, entsprechende Lösungen im Start-up-Umfeld zu suchen und zu bewerten. In Hessen hat man im Rahmen des Ideenwettbewerbs „hybrides eGovernment“ gemeinsam mit Startups Prototypen entwickelt und diese Start-up-freundlich ausgeschrieben. Außerdem entsteht in Berlin der GovTech Campus Deutschland, Baden-Württemberg und die Freie Hansestadt Hamburg haben ebenfalls einen und in Mecklenburg-Vorpommern möchte man einen eröffnen. Auf europäischer Ebene wird durch das mehrjährige Projekt GovTech Connect, das verschiedene Initiativen aus dem Bereich zusammenführen möchte, an der Entstehung eines GovTech-Ökosystems gearbeitet. Das alles sind gute Initiativen -dennoch läuft es noch nicht so ganz rund bei der Anbahnung von Staat und Start-ups. Das aktuelle Lagebild zeigt daher eher einen Flickenteppich als ein harmonisiertes Gesamtkonzept zur bundesweiten Förderung und Vergabe. Folgende Punkte müssen angegangen werden, damit zwischen Staat und Start-ups wirklich etwas geht: Den aktuellen rechtlichen Rahmen stärker nutzen: Die aktuellen Vergabegesetze auf Bundes- und Landesebene beinhalten bereits Re-

Behörden Spiegel: Herr Dr. Wintergerst, was erwarten Sie von der SCCON 2024?

Dr. Ralf Wintergerst: Die Smart Country Convention hat sich zur führenden Veranstaltung in Deutschland entwickelt, wenn es um die Digitalisierung der Verwaltungen und die Entwicklung smarter Städte und Regionen geht. Wir erwarten mehr als 15.000 Teilnehmende aus Politik und Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft. Wir müssen in Deutschland verstehen: Eine digitale Verwaltung ist kein Nice-to-have. Es geht nicht allein um Komfort für die Bürgerinnen und Bürger. Eine leistungs- und handlungsfähige digitale Verwaltung ist auch ein entscheidender Standortfaktor für Unternehmen. Sie ist Voraussetzung für smarte Städte und Regionen. Und sie ist vor allem auch die Grundlage für einen funktionsfähigen Staat – und damit ebenso die Grundlage für Vertrauen der Menschen in die Politik, vom Bund über die Länder bis hin zu den Kommunen. Wenn die Menschen das Gefühl haben, dass ihre Verwaltung nicht funktioniert, dann führt das zu Politikverdrossenheit und einer Entfremdung von Gesellschaft und Staat. Die Smart Country Convention zeigt an drei Tagen, wie digitale Verwaltung funktionieren kann. Dabei wollen wir auch auf Erfolgsfälle schauen, die sich in der Praxis vor Ort bewährt haben. Wenn etwas anderswo bereits erdacht und erfolgreich umgesetzt wurde, dann sollten wir es nicht im nächsten Landkreis oder Bundesland noch einmal neu erfinden, sondern eins zu eins übertragen und die so eingesparten Ressourcen anders nutzen.

Behörden Spiegel: Mit Lettland gibt es – nach Litauen im Jahr 2019– bereits zum zweiten Mal ein Partnerland

Geht da was?

Staat und Start-up

(BS/Esther Steverding*) „Wir ermöglichen einen vereinfachten, rechtssicheren Zugang für Start-ups und junge Unternehmen zu öffentlichen Aufträgen.“ So steht es auf Seite 24 im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP aus 2021. Genau diesen rechtssicheren Zugang wünschen sich laut Bitkom Startup Report 2023 auch 83 Prozent der Start-ups. Doch in der Praxis sieht es oft noch anders aus. Zwar wird in einigen Bundesländern und Institutionen bereits daran gearbeitet, dass dieser rechtssichere Zugang entsteht, jedoch ist flächendeckend noch kein einheitliches Vorgehen zur GovTech-Förderung und Transformation der Vergabe erkennbar.

Die diesjährige Smart Country Convention (SCCON) findet vom 15. bis 17. Oktober auf dem Berliner Messegelände statt. Foto: BS/Messe Berlin GmbH

gelungen, um Start-up-freundlicher zu vergeben bzw. auszuschreiben. So sollten Innovationspartnerschaften verstärkt genutzt werden, Anforderungen an die Mitarbeitendenanzahl oder Anforderungen an im öffentlichen Sektor durchgeführte Projekte inkl. Referenzen angepasst werden. Gerade Letzteres führt aktuell jedoch zu einem unauflösbaren Zirkelschluss: keine Projektreferenzen im öffentlichen Sektor gleich keine Auftragsvergabe im öffentlichen Sektor. Dabei sammeln viele Startups ihre ersten Projekterfahrungen und -referenzen im privaten Sektor. Der Einbezug von im Privatsektor erworbenen Referenzen in die Vergabepraxis könnte hier Abhilfe schaffen. Innovationspartnerschaften wurden mit der Vergaberechtsreform 2016 als Instrument eingeführt, aber

laut einer Studie der Europäischen Kommission wurden zwischen 2016 und 2021 in Deutschland nur 16 Innovationspartnerschaften abgeschlossen. Dies zu ändern wäre kurzfristig, und ohne politische Entscheidungen möglich. Jede der rund 30.000 Vergabestellen in Deutschland könnte dies für sich sofort so umsetzen.

Eine Innovationsprämie einführen: Angebote mit besonders innovativen Lösungen würden von der Einführung einer Innovationsprämie im Unterschwellenbereich bei der Gewichtung der Eignungskriterien profitieren (dies ist bereits im Oberschwellenbereich möglich). Vergaberechtsrahmen harmonisieren und entbürokratisieren: 16+1 verschiedene Vergabegesetze allein in Deutschland führen dazu,

dass sich Start-ups immer wieder auf neue Prozesse und Feinheiten einstellen müssen. Das bindet sowohl personelle als auch finanzielle Ressourcen. Eine digitale Präqualifizierungsplattform würde hier Abhilfe schaffen, Bürokratie abbauen und den Aufwand für beide Seiten verringern. So müssten z.B. Nachweise nicht jedes Mal aufs Neue eingereicht und geprüft werden. Beteiligte des Vergabeprozesses schulen: Vor allem Start-ups, die kein GovTech-Start-up sind, schrecken aufgrund von Unwissen vor öffentlichen Ausschreibungen zurück. Auf der anderen Seite kennen nicht alle Beschaffenden alle rechtlichen Möglichkeiten und Spielräume, die das Vergaberecht eröffnet. Schulungen für beide Seiten und ein Austausch zwischen diesen würde Berührungsängste mildern. Um auch Start-ups, die nicht vorrangig im öffentlichen Sektor unterwegs sind, zu erreichen und so ein breiteres Angebot zu erhalten, bietet es sich an, Ausschreibungen nicht nur auf öffentlichen Vergabewebsites zu veröffentlichen, sondern auch in einschlägigen Start-up-Portalen, um so auf sich aufmerksam zu machen. Standards wie die EVB-IT-Verträge in der Fläche nutzen: Die zwischen der Digitalwirtschaft und der öffentlichen Hand verhandelten EVB-IT Verträge setzen Standards,

Stärker auf die Praxis schauen SCCON 2024 will mehr Erfolgsfälle präsentieren

(BS) Die Smart Country Convention – kurz SCCON – wird 2024 bereits zum siebten Mal ausgetragen und hat sich – wie auch der Kongress „Digitaler Staat“ des Behörden Spiegel – fest im Veranstaltungskalender der öffentlichen Verwaltung etabliert. Im Vorfeld der diesjährigen SCCON sprach Guido Gehrt mit Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst über Erwartungen, Highlights, Neuerungen und das aktuelle Partnerland Lettland.

Dr. Ralf Wintergerst ist seit Juni 2023 Präsident des Bitkom: Der Hightech-Verband ist gemeinsam mit der Messe Berlin Veranstalter der SCCON. Foto: BS/Bitkom

aus dem Baltikum. Was machen „die Balten“ bei der Digitalisierung anders als wir hierzulande?

Dr. Wintergerst: Lettland und das Baltikum gehören weltweit zu den führenden Regionen, wenn es um Digitalisierung, aber auch wenn es um Datensicherheit geht. Wir können dort sehen, was eine hochvernetzte Gesellschaft in der Praxis bedeutet. Nur ein Beispiel: In Lettland nutzen acht von zehn Bürgerinnen und Bürger E-Government-Dienste und digitale IDs. Mehr als 90 Prozent der öffentlichen Dienstleistungen werden dort online abgewickelt. Und in Deutschland? Wir haben im vergangenen Jahr die Menschen gefragt: Gerade einmal 14 Prozent hatten eine Verwaltungsleistung online beantragt. Die am häufigsten genutzte digitale Verwaltungsleistung

war die Online-Terminvergabe für den persönlichen Besuch auf dem Amt. Das hatten immerhin schon 61 Prozent gemacht. Aber das kann ja nicht unser Zielbild einer digitalen Verwaltung sein – zumal sich die Bürgerinnen und Bürger etwas ganz anderes wünschen. 71 Prozent sind überzeugt, dass sich mit digitalen Behördengängen Zeit sparen lässt. Und 70 Prozent denken, dass die meisten Behördengänge problemlos auch online erledigt werden könnten. Das denke ich auch – und wie das geht, das können wir uns unter anderem bei den Letten abschauen. Dabei ist mir natürlich klar, dass

sich aufgrund einer sehr unterschiedlichen Größe und Struktur der Länder nicht alles eins zu eins übertragen lässt. Aber wir werden von den Letten lernen.

Behörden Spiegel: Gibt es – neben den bewährten Bestandteilen der Kongressmesse – in diesem Jahr Neuerungen, auf die sich die Besucherinnen und Besucher freuen können?

Dr. Wintergerst: Wir sind in diesem Jahr noch näher an der Praxis und werden auf der Smart Country Convention die vielen Erfolgsfälle rund um Smart City und Smart Regions,

Digitale Lösung für öffentliche Verwaltung

vereinfachen die Vergabe und reduzieren Prüfaufwände bei den Unternehmen. Mit der neuen EVB-IT –Rahmenvereinbarung erhalten die Beschaffer ein weiteres Instrument an die Hand, mit dem die Beschaffung von IT standardisierter erfolgen kann.

Transparenz in Vergabeverfahren schaffen: Es ist nicht nachvollziehbar, wie viele Aufträge explizit an GovTechs und Start-ups im Allgemeinen vergeben werden, da keine Daten hierüber erhoben werden. Um weitere Förderungsmöglichkeiten für Start-ups im Bereich der Vergabe zu schaffen und den Statusquo zu kennen, ist dies unerlässlich. Start-ups und Staat kommen auch bei der diesjährigen Smart Country Convention des Bitkom und der Messe Berlin vom 15. bis 17. Oktober auf dem Berliner Messegelände zusammen. Die Smart Country Convention ist mit rund 15.000 Teilnehmenden das führende Digitalisierungsevent im Bereich Smart City und Verwaltungsmodernisierung. Neben Paneldiskussionen, Keynotes von Bundesministerinnen und -ministern, Workshops und Deep Dives haben GovTech-Startups die Möglichkeit, ihre Lösungen einem breiten Fachpublikum vorzustellen. Kostenfreie Tickets und Informationen gibt es hier: www.smartcountry. berlin/de

*Esther Steverding ist Referentin Public Sector beim Bitkom. Dort betreut sie die Arbeitskreise „Digitale Verwaltung" und „Öffentliche Aufträge".

Foto: BS/Bitkom

E-Government und digitale Justiz sichtbar machen. Dazu wird es eine eigene neue Bühne geben, auf der ganz konkrete Beispiele gezeigt und erklärt werden. Und wir bauen das Angebot an Workshops und Weiterbildungsangeboten vor Ort weiter aus, damit die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch ganz konkrete Hilfe für ihre Arbeit vor Ort von der SCCON mit nach Hause nehmen können. Zudem bringen wir die Expertinnen und Experten aus Verwaltung, Politik und Unternehmen enger zusammen. Mich freut besonders, dass der Digitalausschuss des Bundestages zur SCCON kommt und ein Rundgang der Digitalministerinnen und Digitalminister der Länder geplant ist. Das Hickhack um die Weiterentwicklung des OZG hat gezeigt, dass Bund, Länder und Kommunen stärker als bisher an einem Strang ziehen müssen. Auch dazu wird die SCCON einen Beitrag leisten.

Heute liegen so viele Daten vor wie nie zuvor. Wer sie richtig einzusetzen weiß, kann einen großen Mehrwert schaffen. In vielen Städten kommen Daten bereits in Pilotprojekten zum Einsatz, sei es bei der Verkehrssteuerung oder der intelligenten Nutzung von Energie. Auch auf dem Land gibt es zahlreiche Use Cases, die das Potenzial von Daten beweisen. Dazu gehörten die Dorfentwicklung, der Klimaschutz, die digitale Transformation oder der Bürokratieabbau, informiert eine Sprecherin des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) auf Anfrage. Insbesondere auf dem Land könnten mittels Daten bedarfsgerechte Mobilitätsangebote entwickelt werden, meint auch Sven Wagner Smart-City-Experte beim Digitalverband Bitkom. Letztes Jahr förderte das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg beispielsweise die Erschließung offener Mobilitätsdaten, um unter anderem die Erreichbarkeit des ländlichen Raums und den Klimaschutz zu verbessern.

Mit Daten zum Smart Farming Ein besonderes Beispiel für die Anwendung von Open Data im ländlichen Raum ist das Konzept „Smart Farming“. „Ob für die intelligente Bewässerung des Feldes, die Verhaltensanalyse der Tiere im Stall oder die datenbasierte Entscheidungshilfe bei der Aussaat – die Landwirtschaft wird zunehmend auf Daten und KI setzen“, prognostiziert Wagner. Laut einer Befragung von Bitkom und der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) beschäftigt sich fast die Hälfte der Höfe in Deutschland derzeit mit den Einsatzmöglichkeiten von KI. Damit sei die Landwirtschaft den meisten anderen Branchen voraus. Insgesamt bestehe in ländlichen Regionen aber noch Nachholbedarf beim Thema Daten, verdeutlicht der Experte des Bitkom. „Neben einer flächendeckenden Datenbereitstellung ist die Datennutzung ebenfalls entscheidend. Hier stehen die meisten Regionen noch am Anfang“, so Wagner Auch das BMEL habe aus Forschungsprojekten die Erkenntnis gezogen: Ansätze, öffentliche Daten

Im Kern steht für mich die Weiterentwicklung von klassischer hierarchischer Führung, hingewandt zu einem modernen, kommunikativem mitarbeiter- und kundenorientierten Führungsstil unter Nutzung der digitalen Möglichkeiten. Dabei stehen die Ziele und Ergebnisse im Vordergrund, weniger der Weg dorthin. Wenngleich das geltende Recht den Rahmen bildet. Darüber hinaus verstehe ich unter dem Begriff „Digital Leadership“ eine Form der Mitarbeiterführung, die mehr denn je eine Orientierung im stetigen Wandel bieten muss und klar präzisiert, was die Ziele einer Organisation sind. Die Aufgabe der Führungskraft ist es, diese Ziele herunterzubrechen und den Beschäftigten zu vermitteln. Eine weitere Herausforderung ist es, immer komplexer werdende Aufgaben zu lösen. Diese können heute fast ausschließlich mithilfe

Holger Lehmann ist Leiter des Projektes operative IT-Konsolidierung (ProITK), Leiter der Stabstelle ProITK und Pressesprecher des ITZBund. Foto: BS/ITZBund

Datengetriebenes Dorf

Was steht dem „smarten Land“ noch im Weg?

(BS/Anna Ströbele) Daten bergen viele Chancen – auch auf dem Land. Dazu zählen die Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion, bedarfsgerechte Mobilitätsangebote sowie transparentes Verwaltungshandeln. Kleineren Kommunen fehlt es jedoch oft an Kapazitäten, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Hier setzt die Unterstützung von Bund und Ländern an.

Daten erscheinen zwar

und spürbare

für eine bessere Daseinsvorsorge zu nutzen, seien noch nicht ausreichend weit verbreitet.

Luis Moßburger, Product Owner für open.bydata bei der Bayerischen Agentur für Digitales (byte), sieht dies ähnlich: „Es fehlt oft die Kapazität, sich überhaupt damit zu beschäftigen. Kleine Kommunen haben schließlich ungefähr die gleichen Aufgaben wie größere, haben dazu aber weniger Personal zur Verfügung. Das versuchen wir auszugleichen.“ Mit ihrem Angebot will die byte möglichst viel Arbeit abnehmen und den Einstieg in Open Data erleichtern. Sie stellt das Bayerische Open-Data-Portal als Infrastruktur bereit, um Daten sichtbar zu machen. Dazu kommen die OpenData-Präsenzen für bayerische Datenbereitsteller, die besonders von Kommunen genutzt werden. „Das sind quasi eigene mini Open-DataPortale, die individualisiert werden, aber trotzdem alle Funktionalitäten von open.bydata haben“, erläutert Moßburger. Diese sind kostenfrei nutzbar. Zusätzlich bietet die byte Information und Beratung an. Ein

Erklär-Artikel zu Datenlizenzen und eine Handreichung zur Dateninventur sind besonders beliebt. So können sich die Kommunen auf die Kernaufgabe konzentrieren, ihre Daten aufzubereiten und zu

veröffentlichen – ohne sich dabei über die Infrastruktur Gedanken zu machen. Noch dazu haben sie bei Fragen einen Ansprechpartner. Das Modell scheint Erfolg zu haben: Zumindest befinden sich unter den 17 Kommunen, die bereits das Open-Data-Portal der byte nutzen, auch kleinere Kommunen wie Penzberg, Haßfurt und Haar. „Wir bewegen uns in diese Richtung“, sagt Moßburger. Und er fügt hinzu: „Manche hätten sich, glaube ich, nicht angeschlossen, wenn es nicht so umfangreiche Unterstützungsangebote gäbe.“

Auch in Baden-Württemberg werden Kommunen bei der Bereitstellung von Daten unterstützt. Im Referat Digitalisierungsstrategie im Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen wurde der Start des Open-Data-Portals daten-bw.de betreut. Trotz des hohen Ressourcenaufwands – gerade auch für kleinere Kommunen

– wurde grundsätzlich ein hohes Interesse an den bereitgestellten Informationsangeboten zu Open Data festgestellt. Mit der Gemeinde Ostrach ist beispielsweise eine kleinere Kommune an das Portal angebunden.

Im nächsten Schritt müssen die zur Verfügung stehenden Daten genutzt werden, um daraus Vorteile zu ziehen. Hier setzt eine Initiative des BMEL an: Bis Mitte August 2024 lief die Bewerbungsfrist für einen Ideenwettbewerb für innovative Projekte zur Datennutzung in ländlichen Kommunen. „Wir suchen die besten Konzepte, wie offene Verwaltungsdaten helfen können, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen und die Daseinsvorsorge zu stärken“, erläutert eine Sprecherin des BMEL. Im nächsten Schritt werden die Eingänge geprüft, bewilligt und anschließend veröffentlicht. Zu gewinnen sind Fördermittel bis zu 50.000 Euro. Wie viele Kommunen die Angebote annehmen werden und wie groß ihre Wirkung tatsächlich sein wird, bleibt abzuwarten. Im besten Fall gelingt es auch den ländlichen Regionen, durch gezielte Datennutzung eine effizientere und zukunftsfähige Verwaltung zu etablieren und die Lebensqualität ihrer Bürgerinnen und Bürger ein Stück weit zu steigern.

Digital Leadership

Zusammenspiel von Menschen, Prozessen und Technik

(BS/Holger Lehmann) Nach fast 30 Jahren in der öffentlichen Verwaltung bin ich der festen Überzeugung, dass sich Verwaltung modernisieren muss. Sie muss digitaler und kundenorientierter werden. Es gilt weiterhin, dass die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen der Verwaltung (Exekutive) das oberste Gebot ist. Veränderungsprozesse müssen gestaltet und moderiert werden und das Umfeld sowie die Bedürfnisse der Stakeholder reflektieren. Hierzu zählen u. a. die Rechtmäßigkeit, Geschwindigkeit, Digitalisierung und Fachkräftegewinnung in Konkurrenz zu der Privatwirtschaft. Führungstechniken und Personalentwicklung durch Führungskräfte müssen hiermit Schritt halten. Die durchgreifende Digitalisierung mit ihrem Zusammenspiel von Menschen, Prozessen und Technik bietet zahlreiche Möglichkeiten und Chancen. Dabei gilt es, eine Sache nicht aus den Augen zu verlieren: den Faktor Mensch. Ich möchte in den folgenden Absätzen weniger einen wissenschaftlichen Blick auf das Thema werfen, vielmehr möchte ich eine persönliche Sicht auf Digital Leadership darstellen.

interdisziplinärer Teams umgesetzt werden. Die Führung solcher Teams bringt neue Anforderungen mit sich. Diese liegen in der lösungszentrierten Verknüpfung der einzelnen Disziplinen, bspw. juristischer und technischer Fragestellungen. Zu moderieren, Meinungen Raum zu geben und abzuwägen sowie Sachverhalte präzise zu klären, sind elementare Grundlagen. Um meine Beschäftigten zu befähigen, eigene Entscheidungen treffen zu können, ist es für mich daher enorm wichtig, die Ziele und den Rahmen vollständig transparent zu machen. Für meine tägliche Arbeit ist Vertrauen die wichtigste „Währung“. Ich habe Vertrauen in die Fähigkeiten und Entscheidungen meiner Beschäftigten, was ich mit angemessenem Ziel- und Er-

gebniscontrolling flankiere. Die Art meiner Führung richtet sich hierbei an den Fähigkeiten meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus, nicht umgekehrt. Dennoch muss die Führungskraft final Entscheidungen im Sinne des Ergebnisses treffen, Verantwortung übernehmen und sich mit anderen Meinungen vor allem inhaltlich auseinandersetzen. Für mich sind hierbei zwei zentrale Fragen ausschlaggebend: Arbeiten wir an den richtigen Dingen? Und machen wir die Dinge richtig? Was vor ein paar Jahren ein sogenannter Gamechanger war, kann mittlerweile ein Ladenhüter sein.

In meinem Studium des New Public Managements ging es darum, privatwirtschaftliche Instrumente wie Controlling oder Projektma-

nagement in die Verwaltung zu implementieren. Mich interessiert es, die Verwaltung in wirtschaftlichen Zusammenhängen zu betrachten, Wirtschaftlichkeit neben der Rechtmäßigkeit im Sinne der Kunden und knapper Ressourcen in den Vordergrund zu stellen. Auch das gehört m. E. zum modernen Leadership in der öffentlichen Verwaltung. Diese inhaltlichen Komponenten werden in den letzten Jahren zunehmend von einer weitreichenden digitalen Komponente flankiert, die meinen Führungsalltag stark verändert hat. Das ITZBund hat die Arbeitszeiten der Beschäftigten weitreichend flexibilisiert und die Möglichkeiten zum mobilen Arbeiten ausgebaut. Als Führungspersönlichkeit ist es auch hier mein

Anspruch diesen Prozess zu gestalten, zu moderieren, Vorbild zu sein. Neben den Vorteilen für die Beschäftigten durch „New Work“ gilt es auch, die Potenziale von agilen und kreativen Methoden zu nutzen. Neue Formen der Kommunikation – und auch manchmal der Disziplin – sind gefragt. Hierbei gilt es, a) den Bedürfnissen und b) den Ideen der Beschäftigten Raum zu lassen, zu experimentieren und zu moderieren und hierbei nicht die Ziele und Ergebnisse aus dem Fokus zu verlieren. Ich habe gelernt, dass Kommunikation mit den Beschäftigten keine Einbahnstraße ist und die Kunst, „aktiv zuzuhören“, virtuell ein Erfolgsgarant ist. Es ist unabdingbar, auch Feedback von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aktiv einzufordern. Darüber hinaus habe ich deutlich gemerkt, wie wichtig es ist, Ergebnisse – auch virtuell – transparent zu machen sowie Erfolge und auch Misserfolge zu thematisieren. Abschließend bleibt mir damit nur zu sagen: „Seien Sie mutig, auch in der Führung!“ Thomas Alva Edison soll gesagt haben: „Ich bin nicht entmutigt, denn jeder erkannte Irrtum ist ein weiterer Schritt nach vorn.“ Und das gilt nach meiner Überzeugung auch für das Prinzip Leadership.

nicht wie Sternbilder im Himmel wie auf diesem Bild, können aber sicht-
Veränderungen bewirken, wenn sie richtig eingesetzt werden. Foto: BS/Ströbele mit Adobe Firefly

Zeit für Digitalisierung

Innovative Cloud-Lösungen auf der SCCON

Deutschland steht vor einer digitalen Herausforderung: Die Welt verändert sich rasant und der öffentliche Sektor muss Schritt halten.

Sie möchten die digitale Transformation Ihrer Organisation beschleunigen? Dann sichern Sie sich jetzt Ihren persönlichen Termin auf der Smart Country Convention –denn die Zukunft beginnt heute! Wir präsentieren Ihnen innovative Cloud-Lösungen, die Ihre Organisation zukunftsfähig machen. Erleben Sie inspirierende Vorträge, interaktive Demos und praxisnahe Anwendungsfälle. Profitieren Sie

Hier setzen die ekom21, Hessens größter kommunaler IT-Dienstleister, und [ui!] Urban Software Institute gemeinsam mit ihrem umfassenden Know-how an. Die Smart Country Convention in Berlin bietet eine hervorragende Möglichkeit für Kommunen, sich über die neuesten Entwicklungen der Smart-Region-Technologien von der ekom21 und dem [ui!] Urban Software Institute zu informieren. Hier können Sie praxiserprobte Lösungen für die digitale Transformation von Gemeinden, Städten und Regionen kennenlernen. Im Mittelpunkt steht dabei die offene urbane Datenplattform „cosma21“. Diese dient als zentrale Drehscheibe für die Integration

vom Austausch mit unseren Expertinnen und Experten und erfahren Sie mehr zu KI, Cyber- und Datensicherheit, sowie zu souveränen Cloud-Lösungen nach deutschen Maßstäben.

Wir freuen uns darauf, Sie auf der Smart Country Convention begrüßen zu dürfen!

goo.gle/SCCON2024

Gemeinsam Zukunft gestalten

Praxiserprobte Lösungen für Ihre Kommune mit ekom21 und [ui!]

Sie stehen mit Ihrer Kommune auch vor aktuellen Herausforderungen in Bereichen wie Infrastruktur, Mobilität und Energie und benötigen fundierte Entscheidungshilfen? Effiziente Energienutzung, optimiertes Abfallmanagement, intelligente Verkehrssteuerung, Hitzeinseln, Bewässerung oder präzise Hochwasserwarnung sind nur einige der Herausforderungen, die auf Ihrer Agenda stehen?

verschiedener digitaler Anwendungen, die den Alltag in Kommunen effizienter und nachhaltiger gestalten. Die Plattform ermöglicht es, unterschiedliche Daten, auch in Echtzeit, zu sammeln, zu harmonisieren, zu analysieren und somit konkrete Mehrwertdienste zu schaffen. Auf Basis Ihrer vorhandenen oder neuen Daten werden Sie befähigt, ein Lagebild Ihrer Kommune zu erstellen und entsprechende Entscheidungshilfen

für anstehende Umsetzungen zu finden.

Praxiserprobte Lösungen für Ihre Kommune

Einige der wichtigsten Anwendungsfälle, die bereits erfolgreich in vielen Kommunen umgesetzt wurden, sind:

• Hochwasserwarnung und -vorhersage: Durch die Kombination von Pegelstandsüberwachung und Niederschlagswerten können

#zukunftsstark mit Apple Geräten Zeit und Kosten sparen.

Hochwasserereignisse besser vorhergesagt und Schäden minimiert oder gar verhindert werden.

• Effizientes Energiemanagement: Die Analyse und Optimierung des Energieverbrauchs in öffentlichen Gebäuden führt zu spürbaren Kosteneinsparungen und besserer Nachhaltigkeit.

• Smart Parking: Echtzeitinformationen über freie Parkplätze erleichtern die Parkplatzsuche und tragen zur Verringerung des Park-

suchverkehrs und somit nachweislich zur CO2-Reduzierung bei.

• Umweltfreundliche Beleuchtung: Intelligente Straßenlaternen, die sich bedarfsorientiert automatisch dimmen, helfen, Energie zu sparen und Lichtverschmutzung zu reduzieren.

• Effizientes Abfallmanagement: Durch die bedarfsgerechte Entleerung von Abfallbehältern wird die Sauberkeit auf öffentlichen Flächen erhöht und Ressourcen werden effizienter genutzt. Mehr über diese und weitere Anwendungsfälle erfahren Sie an unserem Stand auf der Smart Country Convention in Berlin. ekom21: hub27, 117 [ui!]: hub25, 210 Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Mit der Zulassung aus dem Projekt indigo durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) können Bundesbehörden zukünftig iPhone und iPad bedenkenlos einsetzen. Selbst für Informationen bis zum Geheimhaltungsgrad „Verschlusssache –nur für den Dienstgebrauch“ (VS-NfD).

Was das in der Praxis bedeutet, erläutern wir Ihnen gern ausführlich vom 15. bis 17. Oktober 2024 auf der Smart Country Convention.

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15. – 17. Oktober

Messegelände Berlin Hub27 Stand 401

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Zentrale Herausforderung für Behörden ist es, ein umfassendes und aktuelles Bild von der eigenen IT, den Fachverfahren, den Abhängigkeiten dieser untereinander, von deren Betrieb und der Bedrohungslage zu haben, diese ernst zu nehmen und mögliche Szenarien auch im Hinblick auf Zweit- und Drittbetroffenheit bereits im Vorfeld zu antizipieren und zu analysieren. Häufig sind es diese Betroffenheiten, die eine IT-Störung zur Krise auswachsen lassen. Präventives Krisenmanagement erfordert dafür das frühzeitiges Erkennen potenzieller Störungen und Strategien zum

Wenn plötzlich nichts mehr geht ...

Mit Cyber-Krisenprävention und Organisationsentwicklung Behörden stärken

(BS/Sabine Griebsch/Dirk Kunze) Die Abhängigkeit von IT-Systemen ist, auch in der öffentlichen Hand, enorm gestiegen. Kommunen tragen eine besondere Verantwortung für die Gesellschaft: Sie stellen die Daseinsvorsorge sicher und tragen damit maßgeblich zur Stabilität und Sicherheit des Gemeinwesens bei. Ein Ausfall der IT kann – unabhängig von der Ursache – für sie und die Bevölkerung weitreichende Folgen haben, die über finanzielle Verluste hinausgehen und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung nachhaltig beeinträchtigen. Maßnahmen zur Erhöhung der Cyber-Resilienz sind daher von besonderer Bedeutung.

„Interne und externe Kommunikationsstrategien erweitern den strategischen Planungsradius und werden so zum umfassenden präventiven Krisenmanagement.“

Vermeiden des Eintritts einer Krise oder deren Abmilderung. Gleichzeitig fördert Organisationsentwicklung das kontinuierliche Verbessern und Anpassen von Strukturen und Prozessen, um besser auf Veränderungen reagieren zu können. Die Kombination dieser Ansätze unterstützt proaktiv die Fähigkeit, sich schnell und effektiv an neue Bedrohungslagen anzupassen. Eine positive Fehlerkultur und ein konsequentes Überprüfen eigenen Handelns schaffen, gepaart mit kontinuierlichem Lernen und Wissensaustausch, die wesentlichen

Seit

mehreren Jahren schon stellt die Implementierung, Pflege und Wartung von Identity-, Credential- and Access-Management(ICAM)-Systemen einen der zentralen Arbeitsschwerpunkte von IT-Entscheidern und Sicherheitsteams im Bereich der Public IT dar. Sicher, schnell und unkompliziert soll der Online-Verkehr zwischen Bürgern, Kommunen und Behörden abgewickelt werden können. Hierzu bedarf es eines effektiven Systems zum Management aller beteiligten digitalen Identitäten. In diesem Jahr nun wurden in diesem Zusammenhang zwei relevante Neuerungen verabschiedet: eIDAS 2.0 und OZG 2.0. Beide haben der Entwicklung und Zurverfügungstellung einer sicheren Lösung für den Einsatz qualifizierter digitaler Signaturen einen erheblichen Schub verpasst. Die Wallet-Technologie hat das Potenzial den gesamten OnlineBehördenverkehr – auch über die deutschen Landesgrenzen hinaus – erheblich zu vereinfachen und zu beschleunigen. Doch müssen sich Kommunen und Behörden hierzu umfassend auf die neue Technologie vorbereiten. Für ihre IT-Entscheider bedeutet das: über die Einführung der neuen Technologie dessen eigentliche Basis, das eigene ICAM-System, nicht aus den Augen zu verlieren. Die neue Technologie erfordert Schnittstellen, Ansatzpunkte, Datenoptimierungen – zum Beispiel in Form von Datensparsamkeit – um an die bestehenden Systeme andocken zu können. Und eben hier haben viele staatliche Einrichtungen immer noch erheblichen Nachholbedarf, auch in Deutschland.

In diesem Frühjahr wurde die EUVerordnung eIDAS 2.0, in diesem Sommer das OZG 2.0 verabschie-

Voraussetzungen für Anpassungen innerhalb der Organisation. Konsequente Nachbetrachtungen sichern die Informationsgewinnung und die Weiterentwicklung von Prozessen und Lösungsstrategien (Lessons Learned). So wird ein Umfeld geschaffen, in dem Veränderungen als Chance begriffen werden. Wissen wird als Organisationswissen aufgebaut. Damit ist bei Störungen die Fähigkeit der Behörde gestärkt, flexibel und effizient auch auf neue, größere Herausforderungen sachgerecht zu reagieren. Wissenssilos und Bündelung von Informationen in Personen wirken sich negativ darauf aus oder verhindern effektives Arbeiten.

Offene Kommunikationswege fördern

Effektives präventives Krisenmanagement erfordert klare Kommunikationswege und eine gute Zusammenarbeit zwischen Abteilungen und externen Partnern, um in der Lage zu sein, Krisen frühzeitig zu erkennen und zu bewältigen. Eine aktive und dauerhafte Organisationsentwicklung fördert offene Kom-

munikationswege. Das frühzeitige Einbinden externer Partner, zum Beispiel des Wirtschaftsschutzes der Verfassungsschutzbehörden oder der Zentralen Ansprechstellen Cybercrime der Landeskriminalämter, bereits in Planungsprozessen baut Informationsdefizite und Kommunikationshürden frühzeitig ab und sichert eine effiziente Aufgabenwahrnehmung und Unterstützung im Schadensfall.

Präventives Krisenmanagement erhöht die Widerstandsfähigkeit der Behörde gegenüber Schocks und Orientierungslosigkeit in der Anfangsphase („Headless-ChickenPhase“), während Organisationsentwicklung die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit fördert. Diese Kombination schafft eine widerstandsfähige Organisation, die in Krisen schnell und effizient agieren kann, Auswirkungen abmildert und dadurch sowohl die Informationsund IT-Sicherheit als auch das Vertrauen der Bevölkerung in die Verwaltung stärkt.

Synergien schaffen und üben Durch die Integration von Krisenpräventionsstrategien in die strategische Planung wird die Behörde besser und nachhaltig auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet. Dies sichert die Hand-

lungsfähigkeit der Behörde auch in Krisenzeiten. Dafür antizipiert das Risikomanagement umfassend mögliche Gefahren und Auswirkungen und plant Maßnahmen und Handlungsoptionen sowie Bearbeitungsstrukturen vor (kalendermäßige Vorbereitung) und hält

„Effektives präventives Krisenmanagement erfordert klare Kommunikationswege und eine gute Zusammenarbeit zwischen Abteilungen und externen Partnern, um in der zu Lage sein, Krisen frühzeitig zu erkennen und zu bewältigen.“

diese Planungen aktuell. Interne und externe Kommunikationsstrategien erweitern den strategischen

Moderne ICAM-Systeme mit Cloud und KI

Auch Identity-Wallet & Co. benötigen eine leistungsfähige Identitätsmanagement-Basis (BS/Ruth Glasmeier*) Das Management digitaler Identitäten im Bereich der Public IT – es ist und bleibt ein spannendes Thema, auch und gerade im Jahr 2024. Mit eIDAS 2.0 und OZG 2.0 haben zwei zentrale Richtlinien zum Umgang staatlicher Einrichtungen mit digitalen Identitäten ein wesentliches Update erfahren. IT-Verantwortliche von Kommunen und Behörden dürfen nun aber mit den zahlreichen Neuerungen, die in absehbarer Zeit auf sie zukommen werden, eines nicht aus den Augen verlieren: ihre Identitätsmanagement-Systeme. Nur wenn sich diese auf dem neuesten technologischen Stand befinden, wird es ihnen gelingen, die erforderlichen Anpassungen und Updates schnell, unkompliziert und vor allem reibungslos über die Bühne zu bringen.

det. Kernziel der beiden Verordnungen: die Digitalisierung und Vernetzung von Kommunen und Behörden zu erweitern, die OnlineInanspruchnahme ihrer Dienstleistungen durch Bürger zu ermöglichen und zu vereinfachen. Schon länger stand hierzu jedem Bürger eine qualifizierte digitale Signatur zur Verfügung – über die auf seinem Personalausweis gespeicherte eID. Doch war das OnboardingVerfahren zu unpraktisch, waren die Anwendungsmöglichkeiten zu begrenzt. Bislang kam die qualifizierte digitale Signatur im Behördenalltag kaum zum Einsatz.

Die Wallet kommt Das dürfte sich spätestens 2026, mit der Einführung der deutschen Wallet-ID, ändern. Denn mit der auf der Wallet gespeicherten qualifizierten Signatur werden alle deutschen Bürgerinnen und Bürger staatliche und privatwirtschaftliche Dienstleistungen rechtssicher in Anspruch nehmen können – in Deutschland und ganz Europa. Und mit der Erweiterung des BundID-Portals zum DeutschlandIDPortal werden sie auch in Deutschland online auf ein immer breiteres Spektrum an staatlichen Dienstleistungen zurückgreifen können.

IT-Entscheider von Behörden und Kommunen stehen nun vor der großen Herausforderung, sicherzustellen, dass die ICAM-Systeme

ihrer Einrichtung in der Lage sind, an die neue Technologie anzudocken und ihre Ressourcen anzuschließen – ein Punkt, der in den internen Fachdiskussionen leider immer noch allzu häufig vernachlässigt wird.

ICAM-Systeme in der Public IT

In den unterschiedlichsten Bereichen der Public IT sind ICAM-Systeme seit Jahren und Jahrzehnten erfolgreich im Einsatz: im zivilen, wie im militärischen Sektor, in der Kommunikation von Behörden mit Zulieferern, Partnern, anderen Behörden und Bürgern. Das Problem: meist handelt es sich dabei um Legacy-Systeme. Häufig operieren sie isoliert von den Systemen anderer Behörden oder Dienststellen – und: On-Premises – was ihre Einsatzmöglichkeiten enorm reduziert.

Moderne ICAM-Systeme

Moderne ICAM-Systeme operieren über die Cloud und nutzen neueste KI-Technologien, um das Management digitaler Identitäten und ihrer Attribute so unkompliziert und sicher wie nur möglich zu gestalten. Zu ihren Features zählen etwa:

• ein Federation Hub – eine globale Authentifizierungsinstanz für standardbasierte Single Sign-on(SSO)-Verfahren,

• eine attributbasierte Zugriffs-

Planungsradius und werden so zum umfassenden präventiven Krisenmanagement. Zusammen mit der Organisationsentwicklung führt dies zu einer robusteren und anpassungsfähigeren Organisation. Durch eine enge Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und den Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden, insbesondere den Verfassungsschutzbehörden und den Landeskriminalämtern, können Synergien geschaffen werden, die beide Seiten stärken und die Cyber-Resilienz erhöhen. Ein aktives Üben möglicher Szenarien schafft darüber hinaus Sicherheit und Aufgabenklarheit für die handelnden Personen im Krisenfall. Präventive Maßnahmen und die kontinuierliche Weiterentwicklung der Strukturen sind entscheidend für die Sicherheit und Stabilität der Gesellschaft. Die Behörden sollten diese Chance nutzen und gemeinsam Maßnahmen zur Erhöhung ihrer Cyber-Resilienz ergreifen.

kontrolle (ABAC), die eine fein abgestufte Autorisierung für Anwendungen, APIs und Daten - bis hinunter zur URL-Ebene –ermöglicht,

• ein flexibles, adaptives Low-Code-Integrations-Framework zur Orchestrierung der Nutzerflows und -interaktionen (inklusive der User Interfaces) für Authentisierungs- und AutorisierungsEntscheidungen,

• Phishing-resistente MFA-Verfahren,

• ein Lebenszyklus- und Beziehungsmanagement, das beim Onboarding und der Beantragung von Nutzerkonten hilft, um den richtigen Nutzerzugang zur richtigen Zeit bereitzustellen sowie

• ein „Identity Governance & Administration (IGA)“-System, zur Optimierung von Zugriffsanfragen, Zugriffsüberprüfungen und Aufgabentrennungen.

Das Problem: Lange Zeit wurden diese modernen Anbieter-Lösungen vor allem für den Einsatz in der Cloud konzipiert und entwickelt.

Modernisierte Identitätsmanagementsysteme

Das hat sich mittlerweile aber geändert. Längst sind auch erste Cloud-basierte Out-of-the-Box-Anbieterlösungen auf dem Markt, die genau dies können – dank offener Standards. Mit ihnen werden ITEntscheider von Behörden und Kommunen endlich in die Lage versetzt, ihre On-Premises-Identitätsinfrastruktur technologisch aufzurüsten. Die Lösungen können On-Premises betrieben werden, bieten darüber hinaus aber auch einen sicheren und relativ einfachen Weg hin zu einer CloudLösung. Sie werden den jetzigen Anforderungen einer Behörde gerecht, sind aber auch zukunftsorientiert angelegt. Endlich können die alten IAM-, Verbund- und Verzeichniskomponenten modernisiert werden, um den angestrebten skalierbaren, behördenübergreifenden Verbundzugang zu ermöglichen.

Fazit

Auch in Behörden und Kommunen schreiten Digitalisierung und Vernetzung unermüdlich voran. Die Einführung der Identity-Wallet wird in diesem Zusammenhang sicherlich als Meilenstein gewertet werden können. IT-Entscheider in Behörden und Kommunen werden ihre Identitäts-Landschaft auf die neue Technologie vorbereiten müssen. Viele werden dabei um ein Update ihrer Legacy-ICAM-Systeme nicht herumkommen. Anders werden die zahlreichen Anpassungen an die Richtlinienänderungen des Jahres 2024 kaum zu meistern sein.

*Ruth Glasmeier ist Major Account Executive bei Ping Identity.

Die meisten staatlichen Einrichtungen betrieben und betreiben ihre ICAM-Infrastruktur aber On Premises. Sie konnten deshalb nicht einfach andocken und zu neuen ICAM-Technologien aufschließen.

Sabine Griebsch ist Krisenmanagerin und Managing Director bei GovThings. Foto: BS/studioline Leipzig
Dirk Kunze ist Leiter „Ermittlungen Cybercrime“ im LKA NRW. Foto: BS/privat ANZEIGE

Mit Deep Fakes und den damit einhergehenden technischen Manipulationen entstehen sowohl erhebliche Gefahren für individuelle Persönlichkeitsrechte als auch für den demokratischen Willensbildungsprozess. Nach dem Gesetzesentwurf stellt die Technologie „eine für den Staat und seine Bürgerinnen und Bürger besonders gefährliche Form der Informationsmanipulation“ dar. Neben der Verletzung von Persönlichkeitsrechten kann durch Deep Fake auch missbräuchlich Geld angefordert werden oder es können Desinformation verbreitet werden. Dabei werden mitunter Gesichter oder andere Körperteile in Videos ausgetauscht, Mimik und Gestik gezielt gesteuert oder Stimmen nachgeahmt. So wird der Anschein einer authentischen Wiedergabe suggeriert. Zu den Deep Fakes zählen auch sogenannte Deep Nudes. Hier werden die digitalen Fälschungen in einen sexuellen Kontext gesetzt. Deep-Fake-Video von Olaf Scholz Eines der bekanntesten Deep-Fake-Videos ist eine manipulierte Aufnahme des Bundeskanzlers Olaf Scholz. In dieser kündigt der Bundeskanzler ein Parteiverbotserfahren gegen die Alternative für Deutschland (AfD) an. Das DeepFake-Video wurde vom „Zentrum für Politische Schönheit“, einem Kollektiv von Aktivisten, erstellt. Das Landgericht Berlin verbot die Verbreitung des Videos Anfang dieses Jahres. Regierungssprecher Steffen Hebestreit schrieb damals auf Twitter (heute X), dass Deep Fakes kein Spaß seien: „Sie schüren Verunsicherung und sind manipulativ.“

Gesetzesentwurf zu Deep Fakes

Handlungsbedarf für die KI-Technologie wird immer größer

(BS/Paul Schubert) Deep Fakes sind auf dem Vormarsch. Dabei handelt es sich um hochwertige Fälschungen von Ton-, Bild- und Videoaufnahmen. Der Bundesrat hat auf einen Vorschlag des Freistaats Bayern einen Gesetzesentwurf angefertigt, der den strafrechtlichen Schutz von Persönlichkeitsrechten vor Deep Fakes sicherstellen soll. Als nächstes muss die Bundesregierung Stellung beziehen. Anschließend kann das Gesetzesvorhaben in den Bundestag eingebracht werden.

Auch für Kinder und Jugendliche wird Deep Fake immer mehr zur Gefahr. Im Jahresbericht von jugendschutz.net heißt es, dass der Einsatz der Technologie die Risiken für junge Menschen im Netz verschärfe. „Gepaart mit Nacktheit (Deep Nudes) oder Pornografie (Deep Porn)

entstehen hieraus schnell CyberMobbing oder sexualisierte Gewalt“, heißt es im Jugendschutzbericht.

Bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe Bisher gibt es keine strafrechtlichen Regelungen bezüglich Deep Fakes. Eine bloße Kennzeichnungspflicht

Weniger Geld für das BSI

von Deep Fakes würde den Auswirkungen für die Betroffenen nicht gerecht werden, heißt es im Entwurf des Bundesrates. Dieser sieht vor, dass künftig digitale Fälschungen bestraft werden, wenn infolge eines veränderten Medieninhalts das Persönlichkeitsrecht einer Person

verletzt wird. Das soll auch für Verstorbene gelten, so der Gesetzesvorschlag. Dafür schlägt der Bundesrat die Schaffung des § 201b Strafgesetzbuch (StGB) vor.

Für einen Verstoß gegen den Paragrafen soll eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe verhängt werden können. Der Gesetzesentwurf geht auf einen Vorschlag des Freistaats Bayern zurück.

„ G epaart mit Nacktheit (Deep Nudes) oder Pornografie (Deep Porn) entstehen hieraus schnell Cyber-Mobbing oder sexualisierte Gewalt.“

Auszug aus dem Jahresbericht von jugendschutz.net über die Gefahr von Deep Fakes für Kinder und Jugendliche

In der Regel erhalten Gesetzesinitiativen, die auf den Bundesrat zurückgehen, selten die finale Zustimmung von Bundestag und Bundesregierung. Allerdings sorgt der Vorstoß zumindest für eine intensivierte Debatte, sich mit der problematischen Technologie zu beschäftigen.

40 Millionen Euro für Wallet und Co.

Bundesregierung möchte für e-Brieftasche werben

(BS/ast) Die Bundesregierung gibt Auskunft über den aktuellen Stand der eIDAS 2.0-Umsetzung: Nächstes Jahr sollen Prototypen für die deutsche Wallet getestet werden. Dabei ist für 2025 das gleiche Budget wie für 2024 vorgesehen: 40 Millionen Euro.

Der Digitalverband Bitkom zeigte sich sehr unzufrieden mit der Kürzung der Mittel für die Registermodernisierung um 48 Millionen Euro. Ohne digitalisierte und vernetzte Register gelingt die Verwaltungsdigitalisierung nach Ansicht des Bitkom nicht.

Das meiste Geld wird – wieder – in die digitale Infrastruktur gesteckt. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würde die Breitbandförderung 2025 mit rund 2,9 Milliarden Euro noch höher als bisher ausfallen. Tatsächlich werden im kommenden Jahr aber vor allem laufende Projekte finanziert. Für neue Projekte soll hingegen nur ein Drittel des diesjährigen Budgets zur Verfügung stehen. Diese Veränderung überrascht. Schließlich habe das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) zuvor „immer wieder betont, dass die jährlichen Mittel in Höhe von rund drei Milliarden auch in den kommenden Jahren zur Verfügung stehen werden“, erklärt der digitalpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dr. Jens Zimmermann, auf Anfrage. Der Bitkom begrüßt die Kürzungen. Auf der anderen Seite kritisiert der Verband Kürzungen von 21 Millio-

nen Euro beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). In Zeiten von steigender Cyber-Bedrohung sei das falsch. Im Haushalt 2024 hatte das BSI rund 238 Millionen Euro erhalten.

Kürzungen im Haushalt 2025 von 21 Millionen Euro (BS/ast) Auch wenn der Bundeshaushalt 2025 noch einige Fragen offen lässt, lohnt sich ein Blick auf die geplante Finanzierung. Für neue Breitbandausbauprojekte stehen 2025 weniger Mittel bereit, was der Bitkom positiv bewertet. Die Kürzungen für das BSI und die Registermodernisierung kritisiert der Verband hingegen hart. Vor knapp einem Monat beschloss das Bundeskabinett den Haushaltsentwurf für 2025. Im nächsten Jahr beläuft sich der Bundeshaushalt demnach auf 481 Milliarden Euro – acht Milliarden Euro weniger als 2024.

Auch Dr. Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, forderte angesichts der Crowd-Strike-Ausfälle im Juli eine „angemessene“ Finanzierung einer neuen IT-Sicherheitspolitik. Mit Blick auf den Haushaltsentwurf werde deutlich, dass das Thema nicht „mit der notwendigen politischen Priorität“ bearbeitet werde, so von Notz. „Eine Verstetigung von Haushaltsmitteln auf niedrigem Niveau reicht bei Weitem nicht aus“, kommentierte der Grünen-Politiker.

Die eIDAS 2.0-Verordnung soll die Nutzung sicherer digitaler Identitäten und Vertrauensdienste fördern und einen europäischen Rahmen dazu schaffen. Ein zentrales Element der Verordnung ist die Einführung der EUDI-Wallet. Diese soll den Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union (EU) ermöglichen, ihre Identität elektronisch nachzuweisen und digitale Zertifikate sicher zu verwalten. Die EUDI-Wallets sollen voraussichtlich ab 2027 für alle EU-Bürger verfügbar sein.

Konkrete Schritte der Bundesregierung

Aufteilung der Mittel offen Für das Jahr 2025 sind – wie 2024 auch – Mittel in Höhe von 40 Millionen Euro für das „Europäische Identitätsökosystem“ vorgesehen. Damit sollen einerseits Entwicklung, Roll-out und Betrieb der Wallet im Jahr 2025 finanziert werden. Andererseits soll das Budget auch für „die Planung und Erarbeitung des deutschen Beitrages zum EUDI-Wallet-Ökosystem“ genutzt werden, so die Bundesregierung. Wie genau die Mittel aufgeteilt würden, sei noch nicht klar.

Aktivierung durch eID-Funktion Die Bundesregierung plant, die Bürgerinnen und Bürger über die EUDI und deren Vorteile aufzuklären und die Wallet selbst zu bewerben. Länder und Kommunen sollen in die Einführung von EUDI-Wallets eingebunden werden. Wie genau das passieren soll, wird noch festgelegt. Der Bedarf etwaiger Schulungen für Beschäftigte der Kommunen hänge noch von ausstehenden Entscheidungen ab. Für die initiale Aktivierung sei denkbar, entweder die Online-Ausweisfunktion zu nutzen oder ein Ausweisdokument mit eIDFunktion vor Ort auszulesen.

In der Mediathek des Digitalen Staat Online können Sie den Thementag eiDAS 2.0 nachschauen.

Die Bundesregierung plant, diese Frist einzuhalten, erklärt sie in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Unionsfraktion. Dazu habe sie bereits „mehrere konkrete Schritte unternommen“. So wurde im Sommer 2023 ein partizipativer Architektur- und Konsultationsprozess für EUDI-Wallets gestartet. In diesem Prozess würden zentrale Fragen zur Erarbeitung einer eIDAS-2.0-konformen Infrastruktur „offen mit der Öffentlichkeit“ diskutiert. Bis Herbst 2025 soll ein „umfassendes Konzept“ vorliegen, das alle zentralen Fragen zur deutschen Umsetzung der Verordnung klärt. Im April startete die Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) im Auftrag des Bundesinnenministeriums (BMI) einen Innovationswettbewerb zur Entwicklung von Prototypen für die EUDI-Wallet für Smartphones. In Anwendungsfällen sollen diese von Januar bis Juli nächsten Jahres getestet werden, informiert das BMI. Für die sichere Identifizierung soll eine Evolutionslösung bis Juli 2025 zur Verfügung stehen.

Die missbräuchliche Nutzung von Deep Fakes, in dessen Folge Persönlichkeitsrechte verletzt werden, könnte demnächst in das Strafgesetzbuch aufgenommen werden. Foto: BS/terovesalainen, stock.adobe.com

Sicherheit & Verteidigung

Behörden Spiegel Berlin und Bonn / September 2024

POLIZEITAGE 2024

www.behoerdenspiegel.de

(BS/bk) Über 2.000 Seiten – also wesentlich länger als die meisten Romane (zum Vergleich: Alle drei Teile der Herr der Ringe -Saga kommen ungefähr auf 1.200 Seiten) – so lang ist der Untersuchungsbericht zur Ahrtal-Katastrophe. Mehr als drei Jahre nach der Katastrophe, die in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen über 180 Menschenleben gefordert hatte, geht man auf die Suche –nach den Schuldigen. Doch bleiben dabei die Lessons Learned auf der Strecke? Wie kann man mit Fehlern besser umgehen?

Mehr als drei Jahre nach der Flut im Ahrtal kann die Öffentlichkeit nun den Abschlussbericht zu einer der größten Katastrophen der vergangenen Jahre in Gänze lesen. Mehr als 220 Zeuginnen und Zeugen wurden geladen, über 20 Sachverständige angehört. Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses sollten herausfinden, welche Maßnahmen zur Katastrophenbewältigung erfolgten und umgesetzt wurden. In diesem Zusammenhang sollte geprüft werden, ob es „durch die Landesregierung, ihre nachgeordneten Behörden oder sonstige öffentliche Stellen des Landes Rheinland-Pfalz oder seiner Kommunen – auch im Zusammenwirken mit Stellen des Bundes und der Europäischen Union sowie sonstiger Warnender – zu Fehlern, Versäumnissen bzw. Pflichtverletzungen oder Unterlassungen sowie Überlastungen gekommen ist“ – und wer dafür die rechtliche sowie wer die politische Verantwortung trägt.

Whodunit in Reinform Schuld und Fehler fanden die Ausschussmitglieder in Hülle und Fülle – wie es nicht anders zu erwarten war. Dem Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), der für den Katastrophenschutz im Landkreis zuständig war, wird vorgeworfen, sich nicht ausreichend um das Hochwasser gekümmert zu haben. Auch habe er nie vorher an einer Katastrophenschutzübung teilgenommen (Diese Feststellung trifft landab wohl auf mehr kommunale Entscheidungsträgerinnen und -träger). So weit, so bekannt. Ein ähnlicher Vorwurf trifft die damalige rheinland-pfälzische Umweltministerin Anne Spiegel (Bündnis90/Die Grünen). Sie habe sich erst zu spät und nicht ausreichend informiert.

Auch beim SPD-Politiker Roger Lewentz, der rheinland-pfälzische Innenminister zum Zeitpunkt der Katastrophe, wird nicht mit Kritik gespart. So ist u. a. die Rede von „Realitätsverweigerung“. Zum Ende holen die Ausschussmitglieder zum Rundumschlag aus: „Im Übrigen gilt auch für den ehemaligen Innenminister wie für alle politisch Verantwortlichen: Ihm ist nicht nur zuzurechnen, was er gewusst hat, sondern auch, was er hätte wissen können oder sogar wissen müssen, wenn er sich um eine proaktive Informationsbeschaffung gekümmert hätte, um ein klares Lagebild zu bekommen. Dafür jedoch hat er – wie die übrigen in der Flutkatastrophe zuständigen Vertreter des Kabinetts – nichts getan.“

Erste personelle Konsequenzen zog bereits ein Jahr nach der Katastrophe die damalige Bundesfamilienministerin Spiegel. Auch die nordrhein-westfälische Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) musste ihren Hut nehmen. Wenig später trat auch der rheinland-pfälzische Innenminister von seinem Posten zurück.

Die Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Landrat des Kreises Ahrweiler und den Leiter der Technischen Einsatzleitung wurden drei Wochen nach dem Unglück von der Staatsanwaltschaft Koblenz wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässige Körperverletzung im Amt eingeleitet. Die Verfahren wurden mittlerweile eingestellt. Als Begründung führte die Staatsanwaltschaft an, dass die Ermittlungsergebnisse nicht für eine Anklage ausreichen würden.

Weitere Entlassungen von Spitzenbeamten soll es nicht geben. Zumindest wenn es nach dem rheinlandpfälzischen Ministerpräsidenten

Alexander Schweitzer (SPD) geht. Neue Erkenntnisse habe der Bericht nicht geliefert, so Schweitzer in einem Interview mit dem Bonner General-Anzeiger. Es liege nun an Regierung und Parlament, Schlüsse aus dem Bericht zu ziehen.

Keine Ursachenanalyse in Sicht Die meisten Katastrophen bzw. deren Aufarbeitung haben gemein, dass nur am Rande darüber gesprochen wird, wie man mit Fehlern in der Vergangenheit umgeht bzw. wie man das System, die Organisation oder die Abläufe verbessern kann. Vielmehr entwickeln sich Untersu-

Ich sage immer, man muss erst mal akzeptieren, dass jeder Fehler macht, sich selbst eingeschlossen. Man muss aber Methoden haben, um mit diesen Fehlern umzugehen“

Prof. Dr. Michael Frese

chungsausschüsse und die Aufarbeitung in den Medien zum „Blame Game“: die Suche nach dem oder der Schuldigen – siehe RKI-Protokolle oder die Aufarbeitung der Evakuierung nach der Machtübernahme der Taliban in Kabul. Das liegt natürlich in der Sache selbst. Untersuchungsausschüsse bieten politische Munition für Parteifreunde und die Opposition. Die Medien funktionieren nach der Erregungsökonomie und Aufmerksamkeit erzielt man

durch Empörung. „Ich befürchte, dass unter ‚Aufarbeitung‛ ‚Suchen nach Schuldigen‛ verstanden wird und das hat mit Lessons Learned nichts zu tun“, sagt auch Albrecht Broemme, ehemaliger Präsident des Technischen Hilfswerks (THW), im Zusammenhang mit der PandemieAufarbeitung. Aber wie kann man es besser machen?

Prof. Dr. Michael Frese, Professor für Management & Entrepreneurship an der Asia School of Business in Kuala Lumpur und Gastwissenschaftler an der Leuphana Universität Lüneburg, hat Ideen, wie es besser gehen könnte. Frese beschäftigt sich mit Fehlermanagement oder, wie er sagt, „Fehlermanagementkultur“. Diese zeichne sich dadurch aus, dass man die negativen Konsequenzen des Fehlers minimiere, aber wisse, dass man Fehler auf dem Weg zum Ziel machen werde. Menschen versuchten typischerweise, Fehlerhandlungen zu vermeiden. „Da bin ich etwas skeptischer, weil wir als Menschen alle fehlerträchtig sind und viele Fehler machen." Er sei der Ansicht, man müsse erst mal akzeptieren, dass jeder Fehler macht, sich selbst eingeschlossen. Man muss aber Methoden haben, um mit diesen Fehlern umzugehen“, so Frese. Es brauche eine Fehlerkultur, um zu wissen, was man machen muss, wenn Fehler passierten. Im Falle der Ahrtal-Katastrophe geht es nicht darum, dass man Sie hätte 100-prozentig verhindern können. Frese ist sich sicher, dass eine Katastrophe in dieser Art und Weise nicht noch mal geschehen wird. Eine wichtige Säule einer funktionierenden Fehlerkultur sei Kommunikation. „Häufig ist es aber so, dass Leute, die einen Fehler begangene haben und dann kommunizieren,

der Kopf abgerissen wird. Das muss umgekehrt sein“, so Frese. Es sei zwar nicht gut, Fehler zu machen. Aber wenn ein Fehler passiert ist, sei es wichtig, dass man diesen zugebe und anspreche. Erst die Kommunikation bietet die Möglichkeit, die Auswirkungen zu minimieren und einen Plan B in Gang zu setzen. Dazu kann eine Krisenmanagementausbildung beitragen, um im Ernstfall einen kühlen Kopf zu bewahren. Neben der (frühzeitigen) Kommunikation in und nach einem Ereignis ist der Zeitpunkt der Aufarbeitung wichtig. „Ein Problem ist die ‚Hochwasser-Demenz‘: Nach einem halben Jahr ist vieles vergessen, nach einem Jahr das meiste“, sagte Broemme schon vor zwei Jahren. Nach einem solchen Ereignis sollte eine Evaluation stattfiden, sagt auch Frese. Er ist sich bewusst, dass das nicht unmittelbar geleistet werden könne. „Aber 14 Tage danach ist sicherlich ein sinnvoller Zeitraum, bei dem man auch noch weiß, was eigentlich abgelaufen ist“, betont Frese. So könnten Verantwortliche die Kaizen-Methode anwenden. Sie stammt aus Japan und wurde für Produktionsprozesse geschaffen. Dabei stehe nicht im Vordergrund, wer den Fehler begangen habe. Interessanter sei laut Frese: Warum hat der Nächste den Fehler nicht entdeckt?“, erklärt Frese. Diese Frage werde mehrfach wiederholt. So gelangen Verantwortlichen von der operationalen zur organisatorischen Ebene. Ziel dabei ist es, überall Stellschrauben zu verändern, damit das gesamte System besser wird, und nicht nur bei demjenigen, der den Fehler gemacht hat. Das NEGZ veröffentlichte zu diesem Thema eine Studie. Sie finden diese auf der NEGZ-Webseite unter dem Titel: Kaizen für Kommunen.

Titelbild: BS/Hoffmann unter Verwendung von blobbotronic, stock.adobe.com,

Für ganze 141 Millionen Euro wurde im Juni 2024 das historische Heizkraftwerk in BerlinSteglitz ersteigert. Der eigentliche Wert der Immobilie lag jedoch weit darunter. Im Zuge der Zwangsversteigerung hatte ein Gutachter das ehemalige Industriegebäude auf minus 448.000 Euro geschätzt. Laut Medienberichten trieben am Ende der Versteigerung zwei Männer den Preis in die Millionenhöhe. Der Gewinner des „Rennens“ soll das 14 Hektar große Grundstück für eine in Mecklenburg-Vorpommern ansässige Firma erworben haben. Der Geschäftsführer der Firma ist der Berliner Justiz kein Unbekannter. Er soll in Verbindung mit dem sogenannten Abou-Chaker stehen. Die Großfamilie stand bereits mehrfach unter dem Verdacht mit Immobilien Geldwäsche betrieben zu haben. In Berlin ist das kein Einzelfall. Erst im Juli dieses Jahres hatte das Landesgericht Berlin I den Einzug von fünf Immobilien auf Grund eines Geldwäscheverdachts angeordnet. Laut der Vorsitzenden Richterin Susann Wittley sind diese „mit Geldern aus Straftaten finanziert worden.“ Besitzer der Immobilien sollen Mitgliedern des sogenannten RemmoClans sein.

Bis Juli 2024 haben Berliner Notarinnen und Notare insgesamt 362 Verdachtsfälle von Geldwäsche gemeldet. Dies geht aus der Antwort des Berliner Senats auf eine Anfrage der SPD hervor. Die meisten der gemeldeten Fälle beziehen sich auf einen Geldwäscheverdacht beim Immobilienkauf. Im Jahr zuvor lag die Zahl aller Verdachtsfälle zum Vergleich bei rund 470. Bei Immobiliengeschäften und anderen Transaktionen sind Notare gesetzlich dazu verpflichtet, Meldung an die Zentralstelle für Finanztransaktionen (FIU) zu machen, sobald ein Verdacht auf Geldwäsche besteht. Durch eine Regelungsänderung im Jahr 2020 wurde es Notaren deutlich erleichtert, solche Meldungen

Neue, grundrechtsschonende und verfassungsfeste Rechtsgrundlagen: Damit sollen künftig das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), der Bundesnachrichtendienst (BND) und das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) qua Gesetzesnovelle ausgestattet werden. Dies geht auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. September 2022 zurück, der nach einer Verfassungsbeschwerde gegen das Bayerische Verfassungsschutzgesetz gefasst wurde. Demzufolge waren die Übermittlungsvorschriften für die Behörden bis zum 31. Dezember 2023 neu zu fassen. Als Konsequenz aus dem Urteil hat der Bundestag bislang zwei Gesetzesentwürfe zur Novellierung des Bundesverfassungsschutzgesetzes und des Bundesnachrichtendienstgesetzes aufgesetzt. Der erste Entwurf zur Neufassung der Übermittlungsvorschriften wurde 2023 verabschiedet, die zweite, grundlegendere Reform soll bis Ende dieses Jahres umgesetzt werden. Nun weisen im Vorfeld der zweiten Gesetzesnovellierung Mitglieder des Bundestags auf die Dringlichkeit der juristischen Novellierung hin – mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung.

Hohe Priorität in aktueller Sicherheitslage

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, bekräftigte gegenüber dem Behörden Spiegel: die Reform des Nachrichtendienstrechts besitze für seine Partei insbesondere inmitten der aktuellen internationalen

Ohne Scheine und Beweise

Die Geldwäschemaschine in der Hauptstadt dreht sich weiter

(BS/Mirjam Klinger) Seit April 2023 ist es gesetzlich untersagt, Immobilien mit Bargeld zu bezahlen. Doch ob die Gesetzesänderung etwas bewirkt hat, ist fraglich. Fest steht: Vor allem Berlin hat immer noch ein großes Geldwäscheproblem.

Bis zum 1. April 2023 konnten Kriminelle große Summen Bargeld aus illegalen Quellen für den Kauf von Immobilien verwenden, ohne dass die Herkunft des Geldes hinterfragt wurde. Foto: BS/Hoffmann

abzugeben. Aus diesem Grund gab es vor 2020 so gut wie keine gemeldeten Verdachtsfälle. Seit 2020 konnte jedoch ein stetiger Anstieg verzeichnet werden.

Ein Tropfen auf dem heißen Stein „Als Metropole zieht Berlin nicht nur nationale, sondern auch viele internationale Käufer an, das erhöht den Umfang und die Komplexität von möglichen Geldwäschefällen“, erklärte Rechtsanwältin Barbara Helten, Mitglied der Notarkammer Berlin, dem Behörden Spiegel. Im Vergleich zu anderen deutschen Städten stehe Berlin somit vor besonderen Herausforderungen. Das im April 2023 eingeführte Bargeldverbot, welches vor allem anonyme Transaktionen auf

dem Immobilienmarkt verhindern soll, hat jedoch laut Helten für die Notarinnen und Notare Berlins zu keinen messbaren Auswirkungen geführt. So hätten Barzahlungen bei Immobiliengeschäften im Notariat auch vor dem Verbot „praktisch keine Rolle gespielt“. Stattdessen hätten die Notarinnen und Notare in den letzten Jahren verschiedene Umgehungsstrategien beobachtet. Beispielsweise versuchten Akteure, die Zahlungsströme durch komplexe Finanzierungen oder den Einsatz grenzüberschreitend agierender Unternehmensstrukturen zu verschleiern. Somit sei das Barzahlungsverbot allein kein wirksames Mittel zur Bekämpfung von Geldwäsche. Auch laut Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der

Polizei (GdP), ist ein Erfolg durch die Gesetztesänderung noch nicht messbar. Im Gegensatz zu Barbara Helten sieht Jendro jedoch das Verbot zumindest als „guten Anfang“. Früher sei es durchaus „gang und gäbe“ gewesen, „dass jemand eine halbe Million für eine Villa in Berlin-Buckow auf den Tisch gelegt hat und niemand fragte, wo das Geld herkommt“, so der Beamte. Der nächste Schritt wäre nun die Einführung einer generellen Obergrenze für Bargeldzahlungen. Diese wurde im Mai dieses Jahres von den Mitgliedsstaaten der EU in Brüssel beschlossen. Ab 2027 dürfen Käufe mit einem Wert über 10.000 Euro nur noch bargeldlos erfolgen. Einen weiteren Schwachpunkt sieht Jendro in der sogenannten Beweislast-

Getrennte Kompetenzen

Reform der Nachrichtendienste

(BS/Anne Mareile Walter) Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sind die Übermittlungsvorschriften für das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), den Bundesnachrichtendienst (BND) und das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) neu zu fassen.

Inmitten der aktuellen internationalen Sicherheitslage und angesichts verstärkter hybrider Bedrohungen drängt die anstehende Reform des Nachrichtendienstrechts. Foto: BS/Prasanth, stock.adobe.com

Sicherheitslage eine „extrem hohe Priorität“. „Wir werden alles dafür tun, unsere Nachrichtendienste mit effektiven Befugnissen und verfassungskonformen Rechtsgrundlagen auszustatten“, sagte er. Wesentliche Inhalte der zweiten Reform müssten sein: Nachrichtendienstliche Befugnisse sollten „abschließend im Gesetz genannt, nach Eingriffstiefe sortiert und mit Schwellen versehen werden“. Zudem halte er eine Vorabkontrolle für alle eingriffsintensiven Maßnahmen für essenziell.

Ob die Zuständigkeiten von BfV und BND mit der anstehenden Gesetzesreform hinreichend voneinander abgegrenzt werden, bleibe hingegen abzuwarten, ergänzte er. Der Vorsitzende des CDU-Bundes-

fachausschusses für Außen- und Sicherheitspolitik, Roderich Kiesewetter, betrachtet die bereits vollzogene erste Reform des Nachrichtendienstrechts kritisch. Mit dem Gesetz seien „die Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerdiensten beschränkt, die Übermittlung personenbezogener Daten durch unsere Dienste an Polizeien und Staatsanwaltschaften erschwert sowie die Schwelle durch Erfordernisse von Konkretisierung der Gefahr erhöht“ worden. Dies mindere „den gesamtgesellschaftlichen Schutz“. Aus der Sicht von Kiesewetter ist eine Bedrohungsgesamtrechnung nötig, von der aus „man die Erforderlichkeiten für technische

erleichterung bei der Vermögensabschöpfung. Diese greife aktuell noch zu kurz. Stattdessen fordert der Pressesprecher eine generelle Beweislastumkehr, wie sie beispielsweise Italien im Kampf gegen Mafiastrukturen geschaffen hat. „Sie stoßen an Ihre Grenzen, wenn man im Libanon herauszufinden versucht, ob die entfernte Tante nicht wirklich zufällig zwei Häuser verkauft hat“, erklärte Jendro Dies stimmt auch mit der Aussage des Landesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Berlin, Bodo Pfalzgraf, überein. Da aktuell sowohl die Straftat an sich als auch die kriminelle Vortat nachgewiesen werden müssten, um Gewinne einziehen zu können, hätten Polizei und Justiz schlichtweg „null Chancen“. „Kann Geldwäsche etwa bei einem Drogenhändler im Görlitzer Park, der seine ‚Einkünfte‘ bei einem Juwelier durch den Erwerb einer teuren Uhr ‚waschen‘ will, noch leicht nachgewiesen werden, so ist dies im Immobilienbereich schwer bis unmöglich“, argumentierte Pfalzgraf dem Behörden Spiegel gegenüber. Aus diesem Grund sei eine Beweislastumkehr oder „zu mindestens bedeutende Beweiserleichterungen“ vonnöten. Die fehlende Beweislast kam auch Ende 2023 einem 27-jährigen Mann – Teil der deutsch-arabischen Großfamilie, deren fünf Häuser nun eingezogen werden sollen – zugute. In einem Prozess vor dem Berliner Landesgericht wurde seit Januar 2023 um acht Immobilien in Berlin verhandelt. Die Ankläger vermuteten, dass der Betroffene im Alter von 18 Jahren begonnen hatte, Wohnungen und Häuser mit der Beute aus Straftaten zu kaufen. Dies sei jedoch nicht nachweisbar, erklärte schließlich das Landgericht. Es könne „nicht ausgeschlossen werden“, dass die Bezahlung aus legalen Quellen erfolgt sei, lautete das abschließende Urteil.

Nachrichtengewinnung, rechtliche Befugnisse und Personal ableitet. Grundsätzlich müssen wir die strukturelle, finanzielle wie personelle Ausstattung der Nachrichtendienste und die Gesetzeslage an die breitere Bedrohungslage anpassen“, ergänzte er. Dazu gehörten technische Fähigkeiten und Aufklärungstools „insbesondere im Bereich der Aufklärung von Finanzströmen, Cyber-Schutz und resiliente und sichere Kommunikationswege“.

Verschwimmende Zuständigkeiten angesichts hybrider Bedrohungen Die Zuständigkeiten von BfV und BND würden angesichts hybrider Bedrohungen immer mehr verschwimmen, von einer Überregulierung rät Kiesewetter aber ab: „Vielmehr gilt es, die Zusammenarbeit unter den Diensten, auch unter den Verfassungsschutzämtern der Bundesländer, sowie Datenübermittlungen und -austausch zwischen den Diensten und mit den Sicherheitsbehörden zu erleichtern.“ Aus Behördenkreisen ist auch zu vernehmen, dass eine Novelle nicht zu Einschränkungen der aktuellen Befugnisse im BfV führen dürfe.

Dr. Gerhard Conrad vom Gesprächskreis Nachrichtendienste e. V. (GKND) dringt indes darauf, dass alle Neuregelungen die Faktoren Handlungssicherheit, Hand-

lungsfähigkeit und Agilität der Dienste in Zeiten dynamischer Bedrohungen berücksichtigen müssten. Vorab- und Verlaufskontrollen dürften nicht auf Kosten des operativen und analytischen Stammpersonals gehen. Hier sei personell vorausschauend zu planen. Im Dezember 2022 wurde infolge des BVerfG-Beschlusses das Bayerische Verfassungsschutzgesetz geändert. Seitdem ist die „Beobachtungsbedürftigkeit“ verfassungsfeindlicher Bestrebungen nach ihrer Dringlichkeit in mehrere Stufen eingeteilt sowie den Befugnissen des Verfassungsschutzes zum Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel gemäß „ihrer jeweiligen Eingriffstiefe zugeordnet“.

Gegen das überarbeitete bayerische Verfassungsschutzgesetz legte kürzlich der gemeinnützige Verein Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) Klage ein – konkret richtet sich die Klage gegen eine Regelung, nach der personenbezogene Informationen an Arbeitgeber oder Vermieter weitergegeben werden dürfen. Bislang wurde über die Vefassungsbeschwerde aber noch nicht entschieden. Im Januar dieses Jahres zog das Bundesland Sachsen nach und brachte eine auf dem BVerfG-Beschluss basierende Novellierung des sächsischen Verfassungsschutzgesetzes in den Landtag ein.

Unter dem Motto „leistungsstark und legitim“ widmet sich am 17. und 18. Oktober 2024 die Nachrichtendienstkonferenz des Behörden Spiegel den deutschen Diensten in der Zeitenwende. Anmeldung unter: www.nd-konferenz.de

In der digitalen Forensik werden alle möglichen elektronischen Geräte als Spurenträger betrachtet. Dies können offensichtlich wichtige Quellen für Informationen wie Computer, Laptops oder Mobiltelefone, bis hin zu weniger offensichtlichen wie Videokameras, Smartphones, Informations- und Telekommunikationsgeräte, Fahrzeuge oder sogar elektronisches Spielzeug sein. Ein Großteil unseres Lebens spielt sich im digitalen Raum ab und den meisten Menschen ist nicht bewusst, wie viele Spuren sie dabei erzeugen und hinterlassen. Dadurch werden elektronische Geräte für polizeiliche Ermittlungen in allen Bereichen –also von Körperverletzungen über Cybercrime bis hin zu Mord oder Terrorismus – Spurenträger von unschätzbarem Wert.

Systemarchitektur bestimmt angewandte Methode

Besonders Smartphones sind heutzutage ein essenzielles Werkzeug für die Verwaltung des eigenen Lebens. Von der täglichen Kommunikation über Recherchearbeiten, Hotelbuchungen, Navigation, der Erfassung von Trainingsdaten über Fitnesstracker, Notizen und vielem mehr haben Smartphones alle Bereiche des Lebens durchdrungen. In Firmen werden alle wichtigen Daten wie E-Mails, Rechnungen, Aufträge und Geschäftspläne elektronisch abgelegt.

Alle diese Daten müssen im Rahmen der digitalen Forensik zunächst gesichert werden. Das bedeutet, dass eine forensische Kopie angefertigt wird, die möglichst alle auf dem zu untersuchenden Gerät

POLIZEISYMPOSIUM WIESBADEN

Digitale Polizei – Cyber-Abwehr Hotel Nassauer Hof 09.10.2024

Digitale Spurensuche

Herausforderungen bei der Sicherung und Verwertung von Daten

(BS/Philip Schütz) Die digitale Forensik befasst sich – wie die klassische Forensik an einem physischen Tatort – mit der Sicherung von Spuren mit wissenschaftlichen Methoden. Hierbei stehen elektronische Spuren im Vordergrund, die für die Ermittlungen bei Straftaten ebenso wichtig sind wie Blut, DNA- oder Fingerspuren.

Um Spuren auf digitalen Datenträgern zu sichern, bedarf es individueller Methoden. Je nach Art des Geräts kommen spezielle Hilfsmittel zum Einsatz, die die in der Technik gespeicherten Informationen zutage fördern Foto: BS/ganteng, stock.adobe.com

gespeicherten Daten enthält. Dabei dürfen die Originaldateien nicht verändert werden, die verwendeten Methoden müssen nachvollziehbar und reproduzierbar sein.

Eine der Herausforderungen hierbei ist die große Bandbreite der zu untersuchenden Geräte. Ein Smartphone besitzt eine gänzlich andere Systemarchitektur als zum Beispiel ein umfangreiches Serversystem in einem Rechenzentrum. Deshalb kommen bei der Datensicherung eines Staubsaugerroboters grundsätzlich andere Methoden zur Anwendung als bei einem WindowsLaptop. Jede Datensicherung ist eine neue Herausforderung, bei der oft Spezialwissen benötigt wird. Häufig kann die erforderliche Bandbreite nicht durch einzelne Personen, sondern nur durch größere Teams abgedeckt werden. Darüber hinaus bietet die digitale Forensik weitere Herausforderun-

Anstieg der Gewalt

gen. Die gestiegenen Ansprüche der Benutzerinnen und Benutzer an Sicherheit und Privatsphäre haben dazu geführt, dass Verschlüsselungen und Zugriffssperren wie Passwörter wesentlich intensiver genutzt werden als noch vor einigen Jahren. Die Hersteller der elektronischen Geräte haben gleichzeitig den Zugriff auf die Daten durch die Implementierung von immer komplexeren Sicherheitsmaßnahmen erschwert. Dies führt zu einem ständigen Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Herstellern von zum Beispiel Smartphones und Firmen, die sich darauf spezialisiert haben, Sicherheitslücken zu identifizieren und forensisch nutzbar zu machen. Eine weitere Herausforderung sind die stetig steigenden Datenmengen. Vor zehn Jahren waren neu entwickelte Smartphones typischerweise mit acht GB Speicher ausgestattet, heutzutage sind es mindestens

128 GB – die sechzehnfache Menge. Ebenso können heute Smartphones mit ein TB Speicher erworben werden, was dem 128-Fachen der typischen Menge von 2014 entspricht.

Weiterverarbeitung unabdingbar Wenn die für die Ermittlung relevanten Daten gesichert wurden, ist die Arbeit der Digitalforensikerinnen und -forensiker nicht beendet. Die Daten müssen zunächst verarbeitet werden, um sie für alle am Strafprozess Beteiligten auswertbar, verständlich und nachvollziehbar zu machen. Bei der Polizei NRW unterstützen die jeweiligen Dienststellen für IT-Ermittlungsunterstützung/digitale Forensik zwar bei der Auswertung, die eigentliche Arbeit liegt jedoch bei den polizeilichen Ermittlerinnen und Ermittlern. Deshalb ist es von großer Wichtigkeit, die Daten in eine Form zu bringen und so darzustellen, dass auch Personen ohne informationstechnische Ausbildung Erkenntnisse gewinnen können.

Dazu existieren kommerzielle Werkzeuge, die automatisiert arbeiten und auch große Datenmengen in annehmbarer Zeit verarbeiten können, sofern hierfür ausreichend leistungsfähige IT-Systeme zur Verfügung stehen. Dabei ist die Bandbreite der Daten, die aufbereitet werden müssen, groß. Ein fache Fälle, wie die Aufbereitung von Daten aus einem Windows-System und das Auffinden von Fotos und Videos lassen sich gut automatisieren, in anderen Fällen führt eine automatische Aufbereitung nicht zu einem vollständigen Ergebnis. Die eingesetzten Werkzeuge können nur die Daten verarbeiten, die bei ihrer Entwicklung einprogrammiert wurden. Jegliche Sonderfälle und bis dato unbekannte oder nicht er-

forschte Datenquellen können demnach nicht gefunden werden. Auch können diese Werkzeuge bestimmte, wesentliche Spezialfragen nicht beantworten, zum Beispiel wenn es um den Ursprung von bestimmten Daten geht oder die Art und Weise, wie diese zustande gekommen sind beziehungsweise sein können. Als Beispiel sei hier ein Bild angeführt, dass auf einem System gefunden wird. Ein automatisches Werkzeug kann selten die Frage beantworten, ob dieses Bild vom Benutzer bewusst heruntergeladen, über eine App gesendet oder im Rahmen des Besuchs einer Webseite oder eines Sozialen Netzwerks automatisch und vom Benutzer unbemerkt heruntergeladen wurde.

Ständige Weiterentwicklung Digitalforensikerinnen und -forensiker haben Spezialkenntnisse und betreiben Forschung, um immer neue Datenquellen zugänglich zu machen und die automatisierten Werkzeuge zu unterstützen und zu verbessern.

Die technische Entwicklung von elektronischen Geräten schreitet stetig voran. Daher müssen Digitalforensikerinnen und -forensiker ihr Wissen aktuell halten und durch Forschung erweitern. Zur Bewältigung der Datenmassen müssen leistungsfähige und intelligente Auswertesysteme entwickelt und bereitgestellt werden, die hohe Investitions- und Betriebskosten verursachen. Damit steht die Polizei dauerhaft vor enormen personellen und finanziellen Herausforderungen.

Philip Schütz ist Sachverständiger für digitale Forensik und stellvertretender Leiter des Sachgebietes „IuK-Ermittlungsunterstützung, Digitale Forensik“ im Kompetenzzentrum Cybercrime des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen. Foto: BS/Schütz, Philip, LKA NRW

Bahnhöfe werden immer mehr zu Risikobereichen

(BS/lm) Die Hinrichtung eines jungen Mannes im Frankfurter Bahnhof Ende August markiert einen traurigen Höhepunkt der Gewalttaten in Zügen und auf Bahnhöfen. Mit einem Schuss in den Kopf streckte der 54-jährige Täter sein 27-jähriges Opfer in aller Öffentlichkeit nieder. Danach feuerte er noch zweimal auf den am Boden liegenden Mann. Täter und Opfer haben die türkische Staatsangehörigkeit. Bei der Tat handelte es sich offenbar um einen Racheakt im Zuge einer Familienfehde. Der stellvertretende Vorsitzende der kurdischen Gemeinde Deutschland, Mehmet Tanriverdi, spracht von Blutrache. Am Frankfurter Hauptbahnhof existiert seit Anfang Juni eine Waffenverbotszone. Zwischen 20 Uhr und 5 Uhr dürfen keine Waffen mitgeführt werden. Doch hätte dies den konkreten Fall verhindert? Den Täter hat das nicht gestört – wer eine solche Tat plant, lässt sich von einer Waffenverbotszone nicht abhalten. Er wäre also nur dann vor Ausübung der Tat entdeckt worden, wenn er kontrolliert und gründlich nach Waffen durchsucht worden wäre. Doch wie will man an einem hochfrequentierten Verkehrsknotenpunkt wie einem Bahnhof konsequente Waffenkontrollen durchführen?

Gewalt an Bahnhöfen nimmt zu Die Gewalt an Bahnhöfen steigt in den letzten Jahren immer mehr. In Frankfurt hat sich die Zahl der Gewaltdelikte mit Waffengebrauch mehr als verdoppelt, ist von 80 im

Jahr 2019 auf 176 im Jahr 2022 gestiegen. In ihrem Ende August erschienenen Jahresbericht registrierte die Bundespolizei 2023 insgesamt 425.090 Straftaten an Bahnhöfen oder in Zügen. „Wie bereits in den letzten Jahren sind insbesondere die Großstadtbahnhöfe von Gewaltdelikten betroffen“, ist darin zu lesen. Die Zahl der Gewaltdelikte stieg erneut um beinahe elf Prozent: von 23.110 auf 25.640 Vorfälle im Jahr 2023. Im Vergleich zum Jahr 2019 (18.003 Fälle) ist dies ein Anstieg von über 42 Prozent. In 60,8 Prozent (15.579 Fälle) der Gewalttaten handelte es sich um Körperverletzungen, bei 2,2 Prozent (555 Fälle) wurden Messer eingesetzt. Auch die Gewalt gegen Einsatzkräfte ist deutlich gestiegen: Bei 2.979 Übergriffen gegen Beamte wurden 793 Bundespolizisten verletzt, 88 waren im Anschluss dienstunfähig. Die Zahl der Sexualdelikte stieg um 12,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und lag im Jahr 2023 bei 1.898. Zieht man das Vor-Corona-Jahr zum Vergleich heran (1.184 Fälle), handelt es sich um einen Anstieg von 60,3 Prozent. Bei den ermittelten Tätern von Gewaltdelikten handelte es

sich zu 78 Prozent um Männer, im Durchschnitt sind sie 33 Jahre alt und knapp die Hälfte stand unter Drogen- oder Alkoholeinfluss. Der Großteil war polizeibekannt, rund ein Viertel sogar Mehrfach- oder Intensivtäter. Etwa 50 Prozent der Täter besitzen zudem keinen deutschen Pass.

Kriminelle Ausländer ausweisen Hessens Innenminister Roman Poseck sagte, Ausländer, die Waffen gegen andere Bürger einsetzten, sollten konsequent in ihr Heimatland abgeschoben werden. Zudem forderte er ein strengeres Waffenrecht und mehr Kontrollbefugnisse für die Polizei. Den spezifischen Fall am Frankfurter Hauptbahnhof bezeichnete Poseck als eiskalten Mord: „Der Täter erschießt sein Opfer ohne Rücksicht auf andere Passanten.“ Alexander Throm, innenpolitischer Sprecher der CDUBundestagsfraktion, forderte den Einsatz von Überwachungskameras mit Gesichtserkennung an Bahnhöfen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) müsse die Waffengewalt in Bahnhöfen und Zügen endlich in den Griff bekommen.

Ungerechtfertigte Anschuldigungen kommen für die Betroffenen meist aus dem Nichts. Scheinbar ohne Grund werden sie in die Dienststelle einbestellt und mit Vorwürfen konfrontiert, die ihnen absolut unhaltbar erscheinen. In diesem Moment ist die Maschinerie bereits angesprungen: Die internen Untersuchungen sind in vollem Gange, ein Disziplinarverfahren wird angestrengt, gegebenenfalls sogar ein Strafverfahren. Leicht kann sich das Gefühl von Vorverurteilung breit machen. Die Auswirkungen auf die berufliche und private Lebenswirklichkeit können immense Ausmaße annehmen.

Persönliche Krise ausgelöst

In dem Fall, den wir an dieser Stelle betrachten wollen, wurde der Betroffene, nennen wir ihn Karl P., im Rahmen von Verfahren innerhalb eines Polizeipräsidiums aus dem Bereich der Behörde separat zur Meldung gebracht. Die Unterstützung durch die Vorgesetzten wurde von ihm in dieser schweren Situation schmerzlich vermisst. Die Unschuldsvermutung schien außer Kraft gesetzt. Stattdessen sah sich Karl P. mit negativen Bewertungen zu seiner Person und – mit dem Fall nicht in Zusammenhang stehenden – Unterstellungen konfrontiert. Die Führung schien mit Beginn des Verfahrens von einer vorliegenden Dienstpflichtverletzung auszugehen und drohte im weiteren Verlauf mit dienstrechtlichen Konsequenzen. Die fehlende Unterstützung und die daraus resultierende seelische Belastung hatten auch gesundheitliche Folgen: Es stellte sich eine depressive Gesamtstimmung ein, begleitet von massiven Schlafstörungen. Die Unsicherheiten und Ängste hinsichtlich des Ausgangs des Verfahrens führten zu regelrechter Paranoia. Mit der psychischen Verfassung ging es immer weiter bergab, sodass sich bald auch körperliche Beschwerden bemerkbar machten. Der Gesamtzustand verschlechterte sich dermaßen, dass Karl P. am Ende professionelle medizinische Hilfe in Anspruch nehmen musste. Er-

Rehabilitation Fehlanzeige?

Vom Umgang mit falschen Anschuldigungen (BS/Lars Mahnke) Wird eine Polizeibeamtin oder ein Polizeibeamter mit der Anschuldigung eines Fehlverhaltens konfrontiert, hat das in der Regel ernsthafte Folgen. Das berufliche Lebenswerk ist in Gefahr und der gute Ruf mindestens angekratzt. Sollten sich die erhobenen Anschuldigungen am Ende als ungerechtfertigt herausstellen, bleibt der erlittene Schaden meist bestehen. Der Behörden Spiegel schildert einen exemplarischen Fall.

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Sven Hüber, sieht ein großes Problem in der wachsenden Zahl informeller Beschwerdestellen. Vor allem anonyme Beschwerden öffneten falschen Verdächtigungen Tür und Tor, da die Beschuldigenden nicht zur Rechenschaft gezogen werden könnten. Foto: BS/GdP/Bensmai

schwerend kam hinzu, dass der interne Fall anonym an die Presse weitergetragen wurde. Dass die Anschuldigungen im öffentlichen Raum thematisiert wurden, sorgte für zusätzliche psychische Belastung. Karl P. berichtet, dass es hauptsächlich seiner Lebensgefährtin zu verdanken war, dass er diese schwere persönliche Krise überstand. Zudem habe die professionelle Betreuung durch seinen Disziplinarverteidiger sowie dessen kollegiale und menschliche Art dazu beigetragen, dass Mut und Zuversicht nicht gänzlich verloren gingen. Am Ende des Verfahrens stand der vollständige Freispruch.

Gemeinsam die Zukunft der einsatz- und geschäftskritischen Kommunikation gestalten

Anwender, Anbieter, Dienstleister und Bescha er im Dialog

aller Gewerkschaften. Weiterhin sollten im Sinne des gesetzlichen Beschleunigungsgebots klare Untersuchungsfristen eingerichtet werden.

Unrechtmäßig Beschuldigte rehabilitieren

Auf die Karriere können die Mechanismen eines Verfahrens fatale Auswirkungen haben. In der Folge kann es zur Umsetzung in eine andere Dienststelle, dem Verlust einer Führungsfunktion oder sogar zur Suspendierung kommen. Fortbildungs- und Beförderungschancen sind vorerst auf Eis gelegt. Der entstandene (materielle) Schaden bleibt in der Regel ohne Entschädigung. Die entgangenen Aufstiegschancen können nach dem Unschuldsnachweis nicht wieder ausgeglichen werden.

Alle Anschuldigungen und Behauptungen erwiesen sich als unwahr und frei erfunden. Der dauerhafte Schaden, den solche Verleumdungen anrichten, ist schwer zu beziffern – es bleibt immer etwas hängen. Im Falle von Karl P. kam es zu einer schnellen Einstellung des Verfahrens; die Auswirkungen auf die Berufswirklichkeit hielten sich in Grenzen, da Kollegen und Mitarbeiter loyal zum Beschuldigten blieben. Doch das Vertrauensverhältnis zur Direktionsleitung blieb gestört, auch weil diese sich nicht für eine öffentliche Entlastung von den Vorwürfen einsetzte. Sein Fazit wirkt ernüchternd: „Eine Rehabilitierung war für mich jedoch nicht wahrnehmbar. Abschließende Einlassungen des PP sowie der Direktionsleitung beinhalteten an mich gerichtete Ratschläge und Hinweise. […] Ich dachte mir zuletzt nur: herzlichen Dank.“

Schutz der Dienstkräfte gewährleisten

Sven Hüber, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), klagt den derzeitigen Umgang mit solchen Fällen an. Beamtinnen und Beamte, die sich mit Anschuldigungen konfrontiert sähen, vermissten oft die Rückendeckung durch Vorgesetzte, was zu einem erheblichen Vertrauensverlust führe. Interne Ermittlungen könnten für die Dienstkräfte psychisch, persönlich und finanziell sehr belastend sein. Die GdP fordere daher im Rahmen einer respektvollen und offenen Fehlerkultur personalvertretungsrechtliche Maßnahmen des Gesundheitsschutzes und der Personalführung. Durch eine Betroffenenbetreuung während des Verfahrens sollten die negativen Auswirkungen auf betroffene Beschäftigte weitestgehend abgemildert werden. Immerhin gelte noch immer die Unschuldsvermutung – Betroffene sollten während eines Verfahrens auf die Unterstützung und Fürsorge des Dienstherrn vertrauen können. Dazu trage auch eine gegen die Polizei gerichtete politische und mediale Kultur des Generalverdachts bei. Hüber – seit über 30 Jahren in der gewerkschaftlichen Rechtsschutzbegleitung tätig – sagt, es sei in den letzten Jahren schwerer geworden, seinen Ruf zu verteidigen. Einen großen Anteil daran habe in den letzten Jahren die Einrichtung redundanter, informeller Stellen, bei denen Beschwerden oft anonym vorgebracht werden können: Vertrauensstellen, Innenrevision, Polizeibeauftragte, Antidiskriminierungsstellen, usw. Verwaltungsvorermittlungen würden ohne klaren ersichtlichen Regelungsrahmen ausgelöst und Datenbanken und Nebenakten angelegt, die sich außerhalb des Personalaktenrechts befänden. Die Personalakte könne man einsehen und gegebenenfalls eine Gegendarstellung einfügen, über den Inhalt der von informellen Stellen geführten Akten wisse man hingegen nichts. „In einem Disziplinarverfahren hat man ganz klare Regeln, wie in der Strafprozessordnung. In diesem Graufeld der Verwaltungsermittlung aber haben sie gar kein Recht“, wird der Gewerkschafter deutlich. Aufgrund der mangelnden Transparenz fordert er eine Normierung solcher Verfahren. Ein großes Problem sei die Wahrung der Anonymität der Beschuldigenden. So fragt Hüber: „Funktioniert demokratische Kontrolle nur anonym? Muss nicht gerade in einer rechtsstaatlich organisierten, demokratisch verfassten Polizei die Offenheit der Auseinandersetzung gelten?“. Rechenschaftslegung für falsch bezichtigende Whistleblower „erfolgt nicht, denn es ist ‚en vougue‘ anonym Hinweise auf angebliches oder tatsächliches Fehlverhalten zu geben“. Zudem sollten Disziplinarverfahren – wie früher üblich – wieder von Volljuristen durchgeführt werden. Dies sei eine Forderung

Die Rufschädigung, die mit derlei Anschuldigungen einhergehe, hafte den Betroffenen oft dauerhaft an. Die Untersuchungen finden im beruflichen und oft auch privaten Umfeld statt, was die Gerüchteküche befeuere. So entstehe schnell der Eindruck einer gewissen „Anrüchigkeit“, die Betroffene ohne entsprechende Gegenmaßnahmen seitens der Behörde ein ganzes Berufsleben lang begleiten kann. Dies gilt auch für den privaten Bereich. Wird den Gerüchten nicht entschieden und offen entgegengetreten, bleibt das Renommee angekratzt. Die psychischen und gesundheitlichen Auswirkungen haltloser Vorwürfe auf Beschuldigte können sich so weiter verstetigen. Daher legt die GdP großen Wert auf die Etablierung von Rehabilitationsmechanismen innerhalb der Polizeien. „Als Soforthilfe möchten

„Als Soforthilfe möchten wir unter dem Rubrum „Gesundheitsschutz“ über die Polizeihauptpersonalräte initiativ werden, um sowohl im Prozess als auch danach zur seelischen Wundheilung und Gesundung mit beizutragen.“

wir unter dem Rubrum „Gesundheitsschutz“ über die Polizeihauptpersonalräte initiativ werden, um sowohl im Prozess als auch danach zur seelischen Wundheilung und Gesundung mit beizutragen.“, so Hüber. Entschuldigungen hätten auf Wunsch in der Dienststellenöffentlichkeit zu geschehen, um das Vertrauensverhältnis zwischen Dienstherrn und Betroffenem wieder herzustellen. „Nur weil der Disziplinarvorgesetzte weiß, dass die Person unschuldig ist, heißt das nicht, dass auch das berufliche und soziale Umfeld darüber informiert ist, dass sie zu Unrecht beschuldigt wurde“, so der Gewerkschafter. Dazu böten sich beispielsweise Dienstversammlungen an, in denen die Vorwürfe klar entkräftet würden und der Beschuldigte vollständig vor den Kollegen rehabilitiert werde. Sven Hüber betont, dass sich die Pflicht zur Rehabilitierung nicht nur auf die Nachsorge beschränkt: „Rehabilitation beginnt nicht erst mit dem Abschluss der Untersuchung, sondern bereits bei der Prozessbegleitung, denn es gilt ja die Unschuldsvermutung.“

Sven Hüber

In Deutschland zum Beispiel, für das Hochwasser im Juli 2021, summierten sich die Sachschäden laut Schätzungen der Bundesregierung auf mehr als 30 Milliarden Euro, aber nur ein Teil dieser Schäden war durch Versicherungen abgedeckt. Der Gesamtverband der Versicherer (GdV) spricht von 8,5 Milliarden Euro. 2024 rechnen die deutschen Versicherer nach der Flut in Bayern und Baden-Württemberg mit Schäden in Höhe von etwa zwei Milliarden Euro, aber nur ein Teil der Häuser ist gegen Überschwemmungen versichert: In Bayern liegt die Quote bei rund 47 Prozent, in Baden-Württemberg bei 94 Prozent. Prognosen liefern weitere Beweise dafür, dass der Klimawandel in den kommenden Jahrzehnten klimabedingte Extreme (z. B. Starkniederschläge, Dürren, Überschwemmungen…) und die damit verbundene Schutzlücke verschärfen wird, falls keine Maßnahmen ergriffen werden. Lücke verstehen und Resilienz erhöhen

Es ist unabdingbar, die Versicherungsschutzlücke zu verstehen und die zugrunde liegenden Ursachen zu benennen. EIOPA hat zu diesem Zweck ein Dashboard entwickelt, das die Versicherungsschutzlücken für viele Naturkatastrophen in Europa aufzeigt. Ziel des Dashboards ist es, die Faktoren dieser klimabedingten Lücke darzustellen, um die Identifizierung von Maßnahmen zu ermöglichen, die die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft im Falle von Naturkatastrophen erhöhen. Gleichzeitig soll das Dashboard auch dazu beitragen, das Bewusstsein zu stärken und ein wissenschaftsbasiertes Vorgehen und Handeln zu fördern. Obwohl die Versicherung eine schnellere und vollständigere Erholung nach Katastrophen ermöglicht, steht außer Zweifel, dass die beste Lösung darin besteht, die Ursachen des Klimawandels zu reduzieren und uns an die Realitäten von heute anzupassen. Proaktive Maßnahmen zur Reduzierung der Schadensanfälligkeit von Gebäuden, die Berechnung der Gefährdung und ein

Die Aufgaben von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) nehmen mit den sich häufenden Wetterextremen immer mehr zu. Hinzu kommen Großveranstaltungen wie die Fußball-Europameisterschaft oder andere Lagen wie Naturkatastrophen. Doch nicht nur die Aufgaben wachsen, auch die Technik entwickelt sich weiter, mit der Einsatzkräfte arbeiten können. Gerade im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) gibt es hier ein paar spannende Entwicklungen.

Eine dieser neuen Technologien ist das zuvor schon angedeutete Projekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Hier sollen Drohnenaufnahmen aus der Luft von einer Lage binnen Sekunden ausgewertet und an die entsprechenden Einsatzleitungen übermittelt werden. So können Luftaufnahmen von beispielsweise überschwemmten Wohngebieten schnell auf verschiedene Faktoren hin ausgewertet werden, was die Rettung von Personen deutlich beschleunigen kann. Es solle nach Personen gesucht werden können, aber auch nach Autos oder Gebäuden und nach dem Beschädigungsgrad eines Gebäudes, erklärt Dr. Monika Gähler, die Leiterin des Zentrums für satellitengestützte Kriseninformation beim DLR. Allerdings befände sich das Projekt noch in der Entwicklungsphase, so

Die Versicherungslücke

Die Rolle von (Rück-)Versicherern und nationalen Behörden

(BS/Marie Scholer Mendez) Die EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel unterstreicht die Tatsache, dass die Bezahlbarkeit von Versicherungsschutz und die damit verbundene Versicherbarkeit von Naturkatastrophen zunehmend zu größeren Bedenken führen wird. Untersuchungen belegen, dass in der Vergangenheit in ganz Europa nur ein Viertel der durch extreme Wetter- und Klimaereignisse verursachten Gesamtschäden versichert waren, was eine große Versicherungsschutzlücke aufzeigt.

Der Klimawandel stellt die Versicherungsbranche und den Katastrophenschutz gleichermaßen vor große Herausforderungen. Foto: BS/Christian, stock.adobe.com

optimierter Versicherungsschutz werden wichtige Elemente einer widerstandsfähigen Gesellschaft sein. (Rück-)Versicherer können als Risikomanager der Gesellschaft dazu beitragen, die Risiken des Klimawandels zu reduzieren. Einige Versicherer tun dies bereits auf vielfältige Weise, beispielsweise durch die Beratung von Versicherungsnehmern zu (möglichen) Anpassungsstrategien (z. B. könnten Versicherer Empfehlungen zur Installation von Flood-proof Walls geben). Das von EIOPA entwickelte Konzept des Impact Underwritings zielt darauf ab, Möglichkeiten zu erfassen, wie durch Preisgestaltung und Underwriting Anpassungen an den Klimawandel bzw. Maßnahmen zu seiner Eindämmung umgesetzt werden können. Ein weiterer wichtiger Aspekt zur Schließung der Schutzlücke ist die Aufklärung der Verbraucher. Da Verbraucher den von ihnen erworbenen Versicherungsschutz möglicherweise nicht vollständig verstehen, können unrealistische Erwartungen entstehen. Aus diesen Erwartungslücken kön-

nen sich Nachteile für die Verbraucher ergeben und so deren Vertrauen in den Versicherungssektor beeinträchtigen. EIOPA fördert deshalb die Vereinfachung von Verträgen und einen stärker kundenorientierten Ansatz. Verbraucher neigen dazu, die Verluste bei einer Katastrophe zu unterschätzen und daher könnten sie die Vorteile einer Versicherung im Verhältnis zur Prämie und den Kosten der Police zu teuer finden. Daher ist es auch wichtig, das Bewusstsein für die Risiken zu schärfen, denen Verbraucher ausgesetzt sein können. Da jedoch damit zu rechnen ist, dass das Risiko von Naturkatastrophen zunimmt und ihre Versicherung immer schwieriger wird, müssen die politischen Entscheidungsträger die Einführung anspruchsvollerer Rahmenbedingungen in Betracht ziehen, um mit extremen Wetterereignisse umzugehen und künftige Kosten für den Steuerzahler zu minimieren. Dazu gehören publicprivate Partnerschaften (PPPs) und öffentliche Vorabsicherungen – die durch eine EU-weite Komponente

KI hilft Helfern

Marie Scholer Mendez ist Senior Expertin für nachhaltige Finanzen bei der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen (European Insurance and Occupational Pensions Authority EIOPA). Foto: BS/EIOPA

verstärkt werden könnten – sowie geeignete Schutzmaßnahmen und Anreize zur Förderung der Risikominderung. Das Ziel dieser Ansätze ist nicht, pauschale staatliche Garantien für nicht versicherte Schäden bereitzustellen, sondern die Effizienz bei der Verwendung öffentlicher Mittel zu steigern.

Die Rolle der Verwaltung

Der öffentliche Sektor kann sich auf Eventualverbindlichkeiten im Zusammenhang mit klimabedingten Katastrophen vorbereiten, indem er seine Strategie für das Katastrophenrisikomanagement verbessert. Dazu könnten auch Maßnahmen gehören wie zum Beispiel öffentlich-private Versicherungssysteme, die Risiken bündeln und diversifizieren. PPPs auf nationaler Ebene können das allgemeine Funktionieren des Versicherungsmarktes unterstützen, indem sie entweder über Direktversicherungen oder durch Policenoptionen zusätzliche Deckung bieten. Während der private Versicherungssektor sein umfassendes Fachwissen bei der Schadensbeurteilung und -auszahlung einbringen kann, kann die öffentliche Hand die rechtlichen Rahmenbedingungen verbessern und so als Rückversicherer der letzten Instanz fungieren. Die Ge-

Wie neueste Technik BOS-Akteure unterstützen kann

(BS/Scarlett Lüsser) Eine Hochwasserkatastrophe wie im Ahrtal 2021 kommt in der Regel ohne Vorwarnung und bedeutet für die eingesetzten Rettungskräfte eine aufwendige Suche nach zu rettenden Personen, gefährdeten und beschädigten Gebäuden oder Infrastrukturpunkten. Diese mühselige und zugleich zeitkritische Aufgabe, könnte bald durch Künstliche Intelligenz vereinfacht werden.

Kratos erkennt die Einsatzkräfte über die Maschinenführerweste und folgt hier Vamsi Origanti (DFKI) durch das Gleisbett. Foto: BS/Tom Becker, DFKI GmbH

Dr. Gähler. Jedoch gibt dies einen Ausblick auf das, was in naher Zukunft schon möglich ist. Ein weiteres interessantes Beispiel für ein solches Projekt stammt aus den Robotics Innovation Centers (RCI) aus dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI). Dr. Sirko Straube, stellvertretender Leiter des RCI, erläutert das Projekt ROBDEKON – Kompetenzzentrum „Robotersysteme für die Dekontamination in menschenfeindlichen Umgebungen“. Gemeinsam mit dem Fraun-

hofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) sollen hier Systeme entwickelt werden, die autonom oder teilautonom handeln können und in kontaminierter Umgebung an der Dekontamination arbeiten können, damit sich Menschen nicht mehr dieser Umgebung aussetzen müssen. Beispiele wären die Sanierung von Altlasten oder der Rückbau kerntechnischer Anlagen. Ein zusätzliches Projekt, an dem das DFKI arbeite, sei der Transportroboter Kratos, der gemeinsam mit dem Technischen

Hilfswerk (THW) entwickelt werde. Hierbei handele es sich ebenfalls um einen teilautonomen Roboter, der den Einsatzkräften schwere Lasten abnehme und ihnen dank Gestensteuerung durch schwieriges Gelände folgen könne.

Eine Lösung für alle? Jedoch gibt es auch einige Hürden bei der Etablierung solcher Projekte. Häufig ist es ein Problem, die entwickelten Lösungen bei der tatsächlichen Nutzung kompatibel und einheitlich einzuführen, sodass es häufig zu Insellösungen kommt.

Wie Simon Franke – Teamleiter für Forschungsprojekte beim Informations- und Technologie Center (ITC) des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Landesverband RheinlandPfalz e. V. – erklärt, liege es zum Teil an den unterschiedlichen Markenanbietern bekannter Systeme, aber auch am Ausschreibungswesen der einzelnen Bundesländer.

Jedoch gebe es zum Teil auch Projekte, bei denen von vornherein die Kompatibilität gefordert und gefördert werde, beispielsweise durch

staltung der PPPs sollte sicherstellen, dass die mit einem robusten Katastrophenversicherungsprogramm verbundenen Kosten und Verantwortlichkeiten zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor aufgeteilt werden. In einigen europäischen Ländern gibt es bereits PPPs zur Bewältigung spezifischer Katastrophenrisiken. Bei selteneren Katastrophen größeren Ausmaßes könnte ein EUweites öffentliches System zur Naturkatastrophenversicherung, das ein breites Spektrum schwach korrelierter Gefahren abdeckt, die nationalen Systeme ergänzen. Die Bündelung von Risiken auf EUEbene könnte dazu beitragen, die wirtschaftlichen Kosten von Katastrophen zu senken und die Wiederherstellungs- und Wiederaufbaubemühungen zu beschleunigen. Dabei könnten gleichzeitig Anreize geschaffen werden, die eine Risikominderung im Vorfeld durch Eindämmungs- und Anpassungsmaßnahmen fördern. Ein solcher Fonds würde die Klimapolitik der EU ergänzen und die Erfahrungen bestehender Instrumente zur Katastrophenhilfe nutzen, die derzeit nicht an die steigenden Bedürfnisse im Zusammenhang mit dem Klimawandel angepasst sind. Der Klimawandel stellt auch für die Versicherungsbranche ein wachsendes Risiko dar. PPPs können eine wichtige Rolle dabei spielen, den Versicherungsschutz für Versicherungsnehmer bezahlbar zu halten. Tatsächlich sind der Austausch von Daten, Innovationen und Anreize erforderlich, um sich auf zukünftige Risiken vorzubereiten.

das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Bei Projekten mit dem BMWK werde auf einen einheitlichen Datenstandard und eine projektübergreifende Vernetzungsmöglichkeit geachtet. Auch Straube unterstreicht die Wichtigkeit einer Standardisierung: „Wir haben bis heute in der Robotik, bei den Robotik- und Automatisierungsfirmen immer noch das Problem, dass jede Firma ihr eigenes Interface hat, obwohl man weiß, dass allein bei der Automatisierung die Systeme eigentlich Hand in Hand arbeiten müssen.“ Das sei ein Riesenproblem, doch könnten die Forschungseinrichtungen so etwas nicht allein durchsetzen, dafür brauche es einen gewissen Willen und auch Druck hinter der Forderung, so Straube. Grundsätzlich brauche es mehr Mut und Offenheit von den Entscheidern und Investoren, damit vor allem die Forschung auch in die richtigen Anwendungen transferiert werden könne, erklärt Franke. „Also da braucht man dann auch den Mut der Entscheider, auch vielleicht Technologien einzusetzen, die nicht 120 Prozent ausgereift sind.“ Denn nur auf diese Weise könne man sich auf dem Gebiet weiterentwickeln.

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Vielleicht keinen schwarzen, aber zumindest einen grauen Montag erlebten der bayerische Sensorspezialist Hensoldt und das größte deutsche Rüstungsunternehmen Rheinmetall. Anlass war ein Artikel, der berichtete, dass die Bundesregierung im Haushaltsjahr 2025 lediglich vier Milliarden Euro für die militärische Unterstützung der Ukraine vorgesehen hat. Zwar kalkulierte die Bundesregierung im laufenden Jahr mit derselben Summe, durch verschiedene Aufstockungen stieg deren Wert aber auf annähernd 7,5 Milliarden Euro. Im nächsten Jahr, so stellte Finanzminister Christian Lindner (FDP) klar, werde man die vier Milliarden Euro nicht überschreiten. Stattdessen solle die Unterstützung der Ukraine auf viele Schultern verteilt und über die Zinsen auf eingefrorene russische Vermögen finanziert werden. Erwartungsgemäß verhallte diese Nachricht nicht unkommentiert. Die Ampel-Koalition schränke die Unterstützung der Ukraine ein, um in den anstehenden Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen besser abzuschneiden, lautet der Vorwurf, der so unter anderem von Dr. Dietmar Barsch (Die Linke) geäußert wurde. Denn gerade die militärische Unterstützung der Ukraine ist in den ostdeutschen Bundesländern ein Reizthema. Die Mehrheit der Bevölkerung wünscht sich weniger Militärhilfen und mehr Einsatz für eine diplomatische Lösung. Genau damit warben, AfD und BSW in ihren Wahlprogrammen. Dass die Entscheidung über die Unterstützung der Ukraine auf Bundes- und nicht auf Landesebene fällt, spielt dabei keine Rolle.

„So stark sind wir noch nie gewachsen.“

Armin Papperger, CEO von Rheinmetall

Die haushaltspolitische Verkündung zur zukünftigen finanziellen

Unterstützung der Ukraine wirft –ob final oder nicht – bereits ihre Schatten voraus. Am Montag nach Bekanntwerden verlor die Rheinmetall-Aktie drei Prozentpunkte. Hensoldt verzeichnete sogar einen Verlust von fünf Punkten.

Ein Halbjahr für die Geschichtsbücher

Dabei sollte der August eigentlich ein Monat zum Feiern für die deutsche Rüstungsindustrie werden. Rheinmetall legte entsprechend vor. Wie aus dem im August veröffentlichten Geschäftsbericht über das zweite Quartal 2024 hervorgeht, kletterte der Umsatz um 49 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro nach oben. Das operative Ergebnis legte um 110 Prozent auf 270 Millionen Euro zu. Das Ergebnis nach Steuern betrug 79 Millionen Euro. Zahlen, die die Konzernzentrale in Düsseldorf zufrieden stimmen sollten. „So stark sind wir noch nie gewachsen“, bilanzierte RheinmetallCEO Armin Papperger folgerichtig. Entsprechend optimistisch fiel auch die Prognose für die kommenden sechs bis 18 Monate aus. „Auch in den kommenden Jahren erwarten wir jährliche Umsatzzuwächse in der Größenordnung von rund zwei Milliarden Euro“, so Papperger Die Ziele im laufenden Jahr werde man mindestens erreichen. Geplant ist ein Umsatz von rund zehn Milliarden Euro und eine operative Gewinnmarge zwischen 14 und 15 Prozent. Sogar Jahresumsätze in Höhe von 20 Milliarden Euro sei-

Höhenflug mit Turbulenzen

Internationale Krisen beflügeln die Rüstungsindustrie

(BS/Jonas Brandstetter) Die Vertragsbücher sind so voll wie nie, die Umsätze wachsen und die Aktienkurse steigen. Die angespannte internationale Sicherheitslage kommt der Rüstungsindustrie zugute. Davon zeugen die jüngst veröffentlichten Quartalszahlen. Aber die Reaktion an den Börsen auf eine Haushaltsdebatte zeigt: Der Erfolg ist nicht garantiert.

Rheinmetall-CEO Armin Papperger zeigt Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Produktionsstandort Unterlüß, in welche Richtung es mit seinem Unternehmen gehen soll: nach oben. BS/Rheinmetall

en mittelfristig durchaus denkbar. Treiber der positiven Konzernentwicklung ist insbesondere das Munitionsgeschäft.

Wem man die Zuwächse im Umsatz zu verdanken hat, stellt der Zentralbereichsleiter Unternehmenskommunikation bei Rheinmetall, Dr. Philipp von Brandenstein, bereits im zweiten Satz der Pressemitteilung zum Finanzbericht für das erste Halbjahr 2024 klar: „Das Geschäft mit den Streitkräften in Deutschland und den Partnerstaaten in EU und NATO sowie auch die Hilfe für die Ukraine treiben die positive Geschäftsentwicklung weiterhin maßgeblich.“

Auch Hensoldt kann eine positive Bilanz über die ersten sechs Monate im laufenden Jahr 2024 ziehen. Die Umsatzerlöse wuchsen im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 17 Prozent auf 849 Millionen Euro an. „Das positive Ergebnis im ersten Halbjahr 2024 bestätigt, dass unsere Strategie greift und wir vor allem auch in operativer Hinsicht die richtigen Weichen gestellt haben“, ordnete Oliver Dörre, CEO der Hensoldt-Gruppe, die Ergebnisse ein. Auch Auftragseingänge für weitere multifunktionale Luftraumüberwachungs- und Zielerfassungsradarsysteme TRML-4D zur Unterstützung der Ukraine tragen zu dieser Entwicklung bei. Konkret gehen etwa fünf Prozent des Unternehmensumsatzes auf unternehmerische Aktivitäten mit der Ukraine zurück. Dass gerade die HensoldtAktie mit der Ankündigung, die Militärhilfen auf vier Milliarden Euro zurechtzustutzen, um fünf Pro-

zentpunkte absackt, überrascht deshalb. Vor allem aber macht das Ereignis sowohl im Fall Hensoldt als auch bei Rheinmetall deutlich, dass das Wachstum der deutschen Rüstungsindustrie kein Selbstläufer ist. Gerade im europäischen und internationalen Vergleich wird deutlich, dass die deutsche Industrie starker Konkurrenz ausgesetzt ist.

International ein Zwerg In Deutschland ist Rheinmetall der Platzhirsch. Im europäischen Vergleich reicht es für den Rüstungsprimus der größten Volkswirtschaft

US-Dollar. Im selben Jahr schaffte es Rheinmetall etwa auf ein Zehntel dieser Summe. Die US-amerikanische Industrie steht derweil außer Konkurrenz. Beschränkt man sich auf Unternehmen, die mindestens die Hälfte der Umsätze in der Rüstungsbranche erzielen, ist die Top Drei der ökonomisch erfolgreichsten Rüstungsunternehmen exklusiv US-amerikanisch.Der Blick ins europäische Ausland und in die USA genügt allerdings nicht, um sich ein vollständiges Bild aller Wettbewerber zu verschaffen. Der militärische Unternehmensbereich der Hanwha

„Das positive Ergebnis im ersten Halbjahr 2024 bestätigt, dass unsere Strategie greift und wir vor allem auch in operativer Hinsicht die richtigen Weichen gestellt habenen.“

Oliver Dörre, CEO der Hensoldt-Gruppe

Behörden Spiegel / September 2024

Australien erneut dem südkoreanischen Konkurrenten geschlagen geben. Statt des Schützenpanzers KF-41 Lynx beschafft die australische Armee den AS-21 Redback.

Sommerliche Shoppingtour

Den ambitionierten Zielen Pappergers – mittelfristig in die Umsatzsphären des europäischen Rüstungsprimus BAE Systems vorzustoßen – entsprechend, wagte Rheinmetall in diesem Sommer mehrere strategische Zukäufe. Den Anfang machte die Planung, eine Mehrheitsbeteiligung an der Resonant Holdings (Pty) Ltd. zu erwerben. Das südafrikanische Unternehmen ist auf Anlagenbau in der chemischen Industrie spezialisiert. Die Rheinmetall Waffe Munition GmbH wird 51 Prozent der Anteile an dem neu gegründeten Joint Venture Rheinmetall Resonant South Africa halten. Damit baut das Düsseldorfer Unternehmen sein Portfolio im Munitionsgeschäft aus. Auch Rheinmetall verkündete, eine Vereinbarung zum Erwerb aller Anteile an Loc Performance Products, LLC, unterzeichnet zu haben. Von der Übernahme des in Michigan ansässigen Fahrzeugbauers verspricht sich Rheinmetalls US-amerikanische Tochter, American Rheinmetall Vehicles (ARV), den Ausbau des Geschäfts mit dem US-Militär. Außerdem vergrößere man die industrielle Basis in den USA.

Der Zukauf steht auch im Zeichen zweier großer Vergabewettbewerbe der U.S. Army, an denen ARV partizipiert. So entwickelt ARV mit seinem Industriepartner General Dynamics einen Nachfolger für den Schützenpanzer Bradley. Es lockt ein Großauftrag über 4.000 Fahrzeuge im Wert von 45 Milliarden USDollar. Darüber hinaus konkurriert ARV in der Common Tactical Truck Ausschreibung (CCT) um einen mit 16 Milliarden US-Dollar bewerteten Vertrag über die Produktion von 40.000 Logistikfahrzeugen. So ganz rutscht der Hemmschuh nicht vom Fuß

in der Europäischen Union (EU) aber nur für den vierten Rang. Die italienische Leonardo Group, das französische Unternehmen Thales und vor allem das britische Rüstungsunternehmen BAE Systems setzen weitaus mehr um als Rheinmetall. Laut Daten der Fachpublikation Defence News verzeichnete BAE Systems im Jahr 2023 Umsätze im Wert von 27,5 Milliarden

Group verzeichnete im vergangenen Jahr mehr Umsätze als Rheinmetall. Die marktreifen Produkte aus Südkorea sind auch für europäische Kunden attraktiv. So bevorzugte die polnische Armee 2022 den südkoreanischen Kampfpanzer K2 und die Panzerhaubitze K9 gegenüber den deutschen Offerten aus dem Hause Rheinmetall und KNDS. Ein Jahr später musste sich Rheinmetall in

Das Sondervermögen der Bundeswehr und die wachsende Nachfrage nach Rüstungsgütern haben die deutsche Wehrindustrie aus dem Dornröschenschlaf erweckt. Die Umsätze wachsen rasant und man versucht, sich auf dem internationalen Markt besser zu positionieren. Gleichzeitig monieren Industrievertreterinnen und -vertreter deutsche und EU-weite regulatorische Rahmenbedingungen, durch die sie sich im internationalen Wettbewerb benachteiligt sehen. Seit langem sind der deutschen Rüstungsindustrie, vertreten durch den Bundesverband der Deutschen Sicherheitsund Verteidigungsindustrie (BDSV) und dessen Hauptgeschäftsführer, Dr. Hans-Christoph Atzpodien, die EU-Taxonomie und die Selbstverpflichtungen der Kreditinstitute mehr Balken als Dorn im Auge: Sie ordnen Rüstungs- und Verteidigungsunternehmen als nicht nachhaltiges Investment ein. Bei der Bundesregierung scheint das Wehklagen aus der Industrie Gehör gefunden zu haben. In einem Entwurf der geplanten Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie identifiziert die Ampel-Koalition „Selbstverpflichtungen von Finanzinstituten bzw. Finanzproduktemittenten“ als Herausforderung für die Industrie. Folgerichtig kommt man in Berlin zu dem Schluss, dass „Sicherheits- und Verteidigungsaktivitäten aus Sicht der Bundesregierung grundsätzlich kompatibel mit ESG-Kriterien“ sind. Sollte sich diese Interpretation durchsetzen, würde das eine Wolke am rüstungsindustriellen Horizont vertreiben.

Trotz Wechsel an der Führungsspitze bleibt die NATO sich in gewisser Weise treu. Weder der amtierende noch der kommende Generalsekretär taten sich in ihrer Karriere vor der NATO als reine Sicherheitspolitiker hervor. Dass dies JensStoltenbergs Führungsfähigkeiten nicht einschränkte, ist nach fast zehn Jahren an der Spitze der größten internationalen Verteidigungsallianz evident. Aufgrund seiner begrenzten Erfahrung im Sicherheitsbereich auch Mark Rutte die Kompetenz abzusprechen, wäre voreilig.

Von 2010 bis zum Juli dieses Jahres führte der 1967 geborene Politiker als Ministerpräsident die Geschicke der Niederlande. Damit ist er eine der am längsten dienenden Führungspersönlichkeiten Europas. Vor seiner Wahl zum Ministerpräsidenten war Rutte Bildungsminister und Staatssekretär im Ministerium für soziale Angelegenheiten und Arbeit. Aus den von ihm bekleideten Ämtern wird deutlich, wo sein inhaltlicher Fokus bisher lag: Wirtschaftspolitik.

Als Regierungschef zeichnete sich Rutte durch seine Koalitionsbildungen in einem oft schwierigen politischen Umfeld aus. Er bildete mehrere Regierungen, die unterschiedliche politische Kräfte einbezogen. In seine Amtszeit fielen die europäische Schuldenkrise sowie Reformen im Sozialsystem und auf dem Arbeitsmarkt. Diesen Herausforderungen begegnete er mit großem Pragmatismus. Genau darin liegt auch seine große Stärke: Er zeichnet sich durch Verhandlungsgeschick und einen Sinn für praxisnahe Lösungen aus.

Kritische Stimmen werfen Rutte jedoch Berechenbarkeit und Zögerlichkeit in Krisensituationen vor. Darüber hinaus bemängeln innenpolitische Kritiker, er habe nicht konsequent genug bei der Bekämpfung von Wohnungsnot und in der Corona-Pandemie gehandelt.

Schweres Erbe

Ruttes Fähigkeit, ein breites Spektrum an politischen Fraktionen zu berücksichtigen, um Probleme zu lösen, könnte jedoch für seine neue Rolle vorteilhaft sein. Als künftiger Generalsekretär wird er mit der Aufgabe betraut sein, die divergierenden Interessen von inzwischen 32 Alliierten zusammenzubringen. Genau dafür muss er frei von Ideo-

Neuer Steuermann

Mark Rutte wird NATO-Generalsekretär in stürmischen Zeiten

(BS/th/jb) Die Übergabe des Amtes als NATO-Generalsekretär von Jens Stoltenberg an Mark Rutte könnte eine neue Ära für die Allianz einläuten. Sein Vorgänger hat die NATO durch herausfordernde Zeiten geführt. Rutte muss in einer komplexen internationalen Sicherheitslage agieren. Die Balance zwischen transatlantischer Solidarität und den aufkommenden geopolitischen Herausforderungen ist dabei entscheidend.

logien handeln und Entscheidungen präzise abwägen.Gerade weil er das Ruder in krisengeprägten Zeiten übernimmt.

Ruttes Vorgänger lenkte die NATO in einer der anspruchvollsten Zeiten in der Geschichte der Allianz.

Die russische Annexion der Krim 2014 und die vollumfängliche Invasion der Ukraine acht Jahre später, die Herausforderungen durch den systematischen Terrorismus und die Notwendigkeit einer verstärkten kollektiven Verteidigung infolge der geopolitischen Spannungen – diese Themen bestimmten Stoltenbergs Amtszeit.

Unter dem Eindruck dieser geopolitischen Entwicklungen traf er eine Reihe wegweisender Entscheidungen. Erwähnenswert sind dabei zwei militärische Konzepte, welche die Richtung für die laufende Anpassung der NATO vorgeben. Das Konzept für die Abschreckung und Verteidigung des euroatlantischen Raums konzentriert sich auf den Einsatz von Streitkräften zur Ab-

schreckung und Verteidigung in der heutigen Zeit. Das NATO-Kriegsführungskonzept bietet hingegen eine Vision für die langfristige Entwicklung der Kriegsführung des Bündnisses. Auch Stoltenbergs im Auftrag der alliierten Staats- und Regierungschefs erarbeitete „NATO 2030-Agenda“ stellt ein ehrgeiziges Dokument dar. Es zielt darauf ab, die NATO auch in einer neuen Ära des verschärften globalen Wettbewerbs zukunftsfähig aufzustellen.

2022 als Zäsur

Als Folge der russischen Aggression gegen die Ukraine im Februar 2022 wurde darüber hinaus das im Juni desselben Jahres auf dem NATO-Gipfel in Madrid verabschiedete neue Strategische Konzept gebilligt. Es betont die Bedeutung eines stärker integrierten und besser koordinierten Ansatzes für die Widerstandsfähigkeit innerhalb des Bündnisses.

Mit der Entscheidung, zusätzlich zu den vier bereits in Estland, Lett-

land, Litauen und Polen stationierten Bataillonen vier weitere robuste und einsatzbereite Bataillone nach Bulgarien, Ungarn, Rumänien und in der Slowakei zu verlegen, hat Stoltenberg auch reale Maßnahmen zur Stärkung der Sicherheit des westlichen Bündnisses vorzuweisen. Auf dem Folgegipfel 2023 in Vilnius konnte Stoltenberg die Staats- und Regierungschefs zu einem weiteren Schritt bewegen und deren Billigung einer neuen Generation von regionalen Verteidigungsplänen erreichen. Damit hat der amtierende NATO-Generalsekretär wesentliche Grundlagen zur Modernisierung der NATO für eine neue Ära der kollektiven Verteidigung geschaffen.

Kämpfer für mehr europäische Verantwortung Stoltenberg setzte sich darüber hinaus sehr für eine engere Kooperation mit der Europäischen Union (EU) ein. Mit der Entwicklung komplementärer und interoperabl-

er Fähigkeiten trägt sie dazu bei, die Resilienz-Aktivitäten der NATO zu unterstützen, Doppelarbeit zu vermeiden und die transatlantische Lastenteilung zu gestalten. Die enge Zusammenarbeit mit der EU und die Partnerschaften mit Nicht-NATO-Staaten und anderen Organisationen sind damit von entscheidender Bedeutung für die Stärkung der nationalen und kollektiven Widerstandsfähigkeit der Bündnispartner. Nicht zuletzt hat Stoltenbergs Engagement dazu beigetragen, dass im Jahr 2024 voraussichtlich 23 Bündnispartner das Ziel, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren, erreichen oder übertreffen. Bei seiner Amtsübernahme waren es gerade einmal drei.

Diplomat mit Hang zur Starrköpfigkeit

Retrospektiv sticht besonders Stoltenbergs Fähigkeit hervor, die NATO in der Krise zu vereinen und eine solidere Verteidigungsarchitektur zu schaffen. Das gelang sowohl im transatlantischen Rahmen als auch bei den Außenbeziehungen der Allianz.

Sein zögerliches Vorgehen in Bezug auf China und den Cyber-Terrorismus rief allerdings Unverständnis hervor. So nachvollziehbar Kritikerinnen und Kritiker auch seine mangelnde Flexibilität in bestimmten politischen Fragen monierten, sein Talent für Kommunikation und diplomatische Beziehungen ist unbestritten.

Während der Präsidentschaft von Donald Trump – der in jüngster Vergangenheit öffentlich Zweifel an der NATO und die Forderung nach einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben äußerte – gelang es Stoltenberg, die Allianz zusammenzuhalten und ihre Relevanz zu betonen.

Sollte Trump erneut ins Weiße Haus einziehen, könnte Ruttes gutes Verhältnis zu ihm dazu beitragen, die NATO, wie sein Vorgänger, auf Kurs zu halten. Ob es ihm allerdings gelingt, seinen nachgewiesenen Pragmatismus und seine Flexibilität in diplomatisches Geschick umzumünzen, wird sich an anderer Stelle offenbaren.

So ist noch offen, inwieweit sein Vorschlag aus dem Jahr 2020, die EU aufzulösen und ohne Polen und Ungarn neu zu gegründet, noch nachhallen wird.

Noch zeigt der amtierende NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg (rechts) die Richtung an. Ab dem kommenden Monat liegt diese Verantwortung in den Händen von Mark Rutte (links). Foto: BS/NATO

Behörden Spiegel: Welche Herausforderungen sehen Sie beim Thema Cyber-Sicherheit für die Sicherheit Deutschlands und für die Kommunen aktuell?

Tim Zahn: Auf nationaler Ebene und bei gesamtstaatlicher Betrachtung über Ebenen hinweg sehe ich die verteilten Verantwortungen zum Thema Cyber-Sicherheit als eine große Herausforderung. Viele Akteure müssen so zunächst vielfache Ressourcen aufbringen, um eine Grundbefähigung zum Schutz der IT und zur Detektion von Angriffen zu erreichen. Die Folgen hiervon wirken, angesichts der weiteren Herausforderung einer stetig größer werdenden Angriffsfläche durch zunehmende Digitalisierung und neue Technologien, immer schwerer. Die dritte Herausforderung ist ein erheblicher Nachholbedarf in vielen Bereichen, nach meinen hier nur begrenzten Einblicken, auch zum Schutz von IT und Operational Technology (OT) auf kommunaler Ebene.

Für das Unsichtbare sensibilisieren

Steigende Kosten zwingen zu einer Neubewertung der Cyber-Sicherheit (BS) Die Kommunen in Deutschland sind bereits heute ein beliebtes Ziel für Cyber-Angriffe. Wie sich die Situation in Zukunft entwickeln wird, welche Bedeutung das für die Gesamtverteidigung hat und welche Maßnahmen ergriffen werden sollten, erläutert der Kommandeur des Zentrums für Cyber-Sicherheit der Bundeswehr (ZCSBw), Oberst Tim Zahn, im Interview.

tung des Themas führen werden. Gegenwärtig steht Cyber-Sicherheit vor der Herausforderung, das Sensibilisierung für etwas, dass mit menschlichen Sinnesorganen nicht wahrnehmbar ist, nur schwer gelingt. Dabei werden wir alle als ITNutzende, aber auch Spezialisten, verstärkt durch neue Technologien, Architekturen und Verfahren unterstützt werden. Persönlich hoffe ich auf eine fortschreitende Konsolidierung der verteilten Verantwortungen und Anstrengungen zum Schutz der IT in Deutschland.

Handlungsfähigkeit staatlicher Institutionen, sind heute untrennbar mit der Cyber-Sicherheit verknüpft.

Behörden Spiegel: IT-Kräfte der Bundeswehr haben beispielsweise Anhalt-Bitterfeld nach dem CyberAngriff über Wochen unterstützt. Was war dafür die Grundlage und wie sah die Unterstützung konkret aus?

daher selbstverständlich. In Umsetzung der Cyber-Sicherheitsstrategie der Bundesregierung arbeiten wir eng im Nationalen Cyber-Abwehrzentrum zusammen. Aber z. B. auch Akkreditierungen und Freigaben zur Nutzung von Systemen mit IT in der Bundeswehr führen wir nach Maßgaben des BSI durch und stehen dazu in einem regen Austausch.

SAVE the DATE

7. November 2024

Haus der Bayerischen Wirtschaft, München

www.defence-innovation.de

Behörden Spiegel: Mit welchen weiteren Entwicklungen rechnen Sie für die kommenden Jahre?

Zahn: Ich erwarte, dass die steigenden Kosten durch Angriffe aus dem Cyber-Raum zu einer Neubewer-

Die leichten Kräfte des Heeres sind spezialisierte Einheiten, die für schnelle und präzise Operationen unter besonderen Rahmenbedingungen konzipiert sind. Sie können in unterschiedlichen Umgebungen agieren und sind darauf ausgerichtet, sowohl asymmetrischen Bedrohungen gegenüber zu stehen als auch in zwischenstaatlichen Konflikten eingesetzt zu werden – schnell und wirkungsvoll. Sie haben kurze Alarmierungszeiten und können mithilfe von strategischen Lufttransportmitteln schnell an jeden Ort dieser Erde verbracht werden. Dies macht sie zu den Kräften der ersten Stunde. Hauptsächlich bestehen sie aus Fallschirmjägern, Gebirgsjägern und Spezialkräften wie dem Kommando Spezialkräfte (KSK). Jede dieser Einheiten hat ihre eigenen spezifischen Fähigkeiten und Aufgaben, die sie zu einem unverzichtbaren Teil des Konzeptes machen –jedoch alles unter dem Leitspruch der Division Schnelle Kräfte, unter der sie auch truppendienstlich zusammengefasst sind: „Einsatzbereit. Jederzeit. Weltweit.“

Fallschirmjäger

Die Fallschirmjäger sind für schnelle Luftlandeoperationen vorgesehen. Sie sind befähigt, luftgestützte Vorausangriffe durchzuführen und dadurch die Voraussetzungen für Folgekräfte zu schaffen, wie beispielsweise das Nehmen eines Schlüsselgeländes. Sie sind darauf trainiert, auch hinter feindlichen Linien zu operieren, taktische und operative Ziele zu sichern und feindliche Kräfte zu bekämpfen. Ihre Fähigkeit, aus der Luft abgesetzt zu werden, ermöglicht es ihnen, schnell und

Behörden Spiegel: Was sind die wichtigsten Aufgaben der kommunalen Verwaltung und ihrer IT-Dienstleister im Verteidigungsfall aus Sicht der Bundeswehr?

Zahn: Im Verteidigungsfall sind wir alle aufs Äußerste gefordert, wie es der Begriff Gesamtverteidigung auch beschreibt. Und wir werden natürlich schon heute fortlaufend durch die systemischen Rivalen unserer Werte und Rechte im Cyber- und Informationsraum angegriffen, um das Vertrauen in staatliche Handlungsfähigkeit zu schwächen, Werte zu untergraben und falsche Informationen zu verbreiten. Daher sind die Kommunen und ihre IT-Dienstleister hier schon heute und im Verteidigungsfall besonders gefordert. Kommunale Dienste, also auch Teile der Versorgungssicherheit von uns Bürgerinnen und Bürgern und damit das Vertrauen in die

Zahn: Grundlage solch subsidiärer Unterstützung in Deutschland ist immer ein Amtshilfeersuchen des Landrats auf Grundlage des Art 35 des Grundgesetzes. Die Expertinnen und Experten des ZCSBw haben damals in der Lagefeststellung im Zusammenwirken mit anderen Behörden und Dienstleistern bis hin zur Vorbereitung der Neueinrichtung des Netzes und der Bürgerservices unterstützt. Das Wiederherstellen betroffener IT-Services ist aber regelmäßig eine betriebliche Aufgabe, nicht ein Thema der Cyber-Sicherheit.

Behörden Spiegel: Wie sieht die Kooperation mit dem BSI aktuell aus?

Zahn: Wir kooperieren mit dem BSI auf vielen Feldern. Das Bundeministerium des Innern ist mit dem nachgeordneten BSI für die Cyber-Sicherheit in Deutschland gesamtverantwortlich und wird dabei durch die Cyber-Außenpolitik (AA) und Cyber-Verteidigung (BMVg) ergänzt. Ein ständiger Austausch über Bedrohungen und Vorkommnisse ist

Behörden Spiegel: Gibt es Überlegungen, die Kooperation mit dem BSI auszuweiten?

Zahn: Wir auf Ebene des ZCSBw stehen mit dem BSI in einem regen und vertrauensvollen fachlichen Austausch auf technischer Ebene, der gut etabliert ist. Zu zukünftigen Formen der Kooperation gibt es regelmäßige Abstimmungen zwischen dem BSI und dem Kommando Cyber- und Informationsraum.

Behörden Spiegel: Was können Kommunen von der Bundeswehr rund um das Thema Cybersicherheit lernen?

Oberst Tim Zahn sieht kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsdefizit. Foto: BS/ZCSBw

Zahn: Lernen vielleicht nichts, denn häufig stellt ja kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Umsetzungsdefizit die größte Herausforderung dar. Daher nur so viel: Zum Betrieb von IT und IT-Services auf kommunaler Ebene gehören immer auch Sicherheits-Audits. Hier kann es der Informationssicherheit zuträglich sein, die kommunalen IT-Dienstleister und ihre Absicherungsmaßnahmen, insbesondere wenn die Kommunen deren Träger sind, einer unabhängigen und kritischen Prüfung zu unterziehen. Weiterhin scheitert Informationssicherheit oft an einer ganzheitlichen Betrachtung im Denken und Handeln: Datenschutz, Geheimschutz, Cyber-Sicherheit und die physische Absicherung sind zum Schutz von Information untrennbar. Der vorbildlich gehärtete Rechner, der bei Verlassen aber nicht gesperrt wird, und die Tür, die nur eben offen stehen bleibt, kommen hier in den Sinn – nicht sehr anspruchsvoll, aber immer noch aktuell. Außerdem möchte ich auf die häufig nur schwach geschützte OT, also industrielle Steuerungssysteme in kommunalen Versorgungsbetrieben, hinweisen. Energie, Kläranlagen und Wasser sind natürlich ebenso IT-gestützt wie der kommunale Fuhrpark, in dem alle LKWs und PKWs längst mit dem Netz verbunden sind. Damit sind diese angreifbar und immer im Kontext krisensicherer staatlicher Handlungsfähigkeit zu betrachten.

Wendige Spezialisten

Die leichten Kräfte des Deutschen Heeres (BS/Hauptmann Thomas Heinl*) Die leichten Kräfte des Deutschen Heeres spielen eine entscheidende Rolle in der modernen Kriegsführung. Mit ihrer Fähigkeit, schnell und flexibel zu agieren, sind sie für eine Vielzahl von Aufträgen und Einsatzszenarien geeignet. Ein Grund, hinter die Kulissen zu schauen und die Bedeutung für die Gesamtstrategie der deutschen Landstreitkräfte zu beleuchten.

Als erste Einheiten vor Ort müssen die leichten Kräfte ein besonderes Fähigkeitsprofil mitbringen. Foto: BS/Carl Schulze

überraschend den Einsatzort zu erreichen und von dort aus ihren Auftrag wahrzunehmen.

Gebirgsjäger

Die Gebirgsjäger sind auf Operationen in schwierigem und anspruchsvollem Gelände spezialisiert. Sie sind darauf trainiert, in alpinen und arktischen Regionen und unter lebensfeindlichen Bedingungen wie bspw. starker Kälte zu operieren. Ihre Ausbildung und Ausstattung lässt es zu, sich in un-

zugänglichen Gebieten zu bewegen und zu kämpfen. Dies macht sie zu einer wichtigen Ressource in Gebirgs- und Winterkampf, aber auch in vielen anderen Szenarien, wie der mehrfache Einsatz der Gebirgsjäger bspw. in Mali gezeigt hat.

Kommando Spezialkräfte (KSK) Das Kommando Spezialkräfte ist ein Spezialkräfteverband, der für besonders anspruchsvolle und gefährliche Missionen ausgebildet ist. Sie führen Operationen mit strategi-

scher Zielsetzung durch. Die Kräfte des KSK bekämpfen Terrorismus, befreien Geiseln und nehmen feindliche Führungspersonen ins Visier. Ihr hoher Ausbildungsgrad und ihre Fähigkeit, in extremen Situationen zu agieren, machen sie zu sehr effektiven, aber auch knappen Ressourcen. Die leichten Kräfte des Heeres durchlaufen allesamt eine anspruchsvolle Ausbildung, welche sie auf die Herausforderungen der modernen Kriegsführung vorberei-

tet. Sie sind mit hochmoderner Ausrüstung ausgestattet. Das ermöglicht es ihnen, effektiv und effizient zu operieren, unabhängig von den Bedingungen vor Ort. Schnelligkeit und Flexibilität haben jedoch auch ihren Preis – dieser ist die Durchhaltefähigkeit und Feuerkraft. Dies stellt jedoch kein Problem oder gar eine Schwäche dar, denn hierfür sind die mittleren Kräfte des Heeres vorgesehen, welche die Kräfte der ersten Stunde ablösen. Die mittleren Kräfte des Heeres bieten eine ausgewogene Kombination aus Mobilität, Feuerkraft und Schutz. Das befähigt sie, auch in intensiven Kampfsituationen gegenüber einem überlegenen Feind zu bestehen. Sie sind für breitere Einsatzspektren geeignet und können sowohl gegen konventionelle als auch asymmetrische Bedrohungen effektiv vorgehen.

Die leichten Kräfte des Deutschen Heeres spielen eine entscheidende Rolle bei der Sicherung und Verteidigung des Landes und unserer Bündnispartner. Ihre Fähigkeit, schnell zu reagieren und flexibel zu handeln, ermöglicht es dem Heer, auf verschiedene Bedrohungen und Herausforderungen ad hoc zu reagieren. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Gesamtstrategie des Heeres und tragen maßgeblich zur nationalen Sicherheit bei.

Die leichten Kräfte des Deutschen Heeres sind eine unverzichtbare Komponente moderner Streitkräfte. Ihre hohe Ausbildungsqualität, ihre spezialisierte Ausrüstung und ihre Einsatzbereitschaft machen sie zu einer effektiven und vielseitigen Einsatzoption des Heeres.

*Hauptmann Thomas Heinl ist Presseoffizier der Infanterieschule.

Behörden Spiegel: Wie lautet der Auftrag an das Fähigkeitsprofil der Deutschen Marine?

Jan Christian Kaack: Der US-Army-General George Marshall hat einmal gesagt, Streitkräfte existieren zur Abschreckung und wenn die Abschreckung versagt, zum Gewinnen. Das ist unser Anspruch. Die Deutsche Marine stellt sich mit hoher Gefechtsbereitschaft und im Wesentlichen in den uns zugeteilten Räumen an der Nordflanke mit einem besonderen Blick auf die Nord- und Ostsee auf. Hier sind wir der größte Bündnispartner und alle schauen naturgemäß auf uns.

Wir werden zudem zum Oktober mit dem sog. Commander Task Force Baltic die regionale Führung und Koordination der maritimen Kräfte der NATO für die Ostsee übernehmen. Das bedeutet, sich modern aufzustellen, sich zu hinterfragen – nicht nur mit den Erfahrungen aus dem Schwarzen Meer, sondern auch auf Basis unserer Vorhersagen, wie ein Kriegsbild ab 2035 aussieht. Dabei dürfen wir die Demografie nicht außer Acht lassen. Der vor einem Jahr entwickelte „Kurs Marine 2035+“ ist unser moderner Ansatz einer Flotte der Zukunft. Mit einer massiven Nutzung von KI und unbemannten Systemen verbessern wir zudem unsere Wirkfähigkeit.

Behörden Spiegel: Sie sprechen vom Kriegsbild 2035 – welche Anforderungen sind zu erfüllen?

Kaack: Wenn Sie das Zielbild mit dem Ist-Zustand abgleichen, haben wir 70 Prozent davon bereits abgebildet. Natürlich konnte das bestehende Fähigkeitsprofil unbemannte Systeme nicht so einfach aufnehmen. Aber eben jene Fähigkeitsprofile müssen sich auch weiterentwickeln können. Im „Kurs Marine 2035+“ bringen wir das alles mit ein und haben ein Konzept, das in der Politik weitgehend anerkannt ist. Wir sehen diesbezüglich keine Widersprüche und können damit auch in Zukunft Deutschland und seine Menschen schützen.

Behörden Spiegel: Nicht erst seit dem NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens ist die Arktis von geopolitischer Bedeutung und ein Spannungsfall nicht ausgeschlossen. Wie beurteilen Sie die Bedrohungssituation und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den neuen Partnern?

Kaack: Der Beitritt Schwedens und Finnlands ist ein alter Traum, der nun in Erfüllung geht. Wer hätte das gedacht?! Die aktuellen Auswirkungen auf die Arktis sind eher beschränkt und wenn vorhanden, dann überwiegend landbezogen. Seit über 15 Jahren schauen wir intensiv auf die Arktis und beobachten, dass die Gegenseite wieder Stützpunkte öffnet und die Arktis zu einer strategischen Region erklärt hat. Zudem erscheinen andere Player wie z. B. China auf dem Spielfeld. Sie stellen Grenzen infrage, versuchen massiv in den Landkauf einzusteigen und Basen aufzubauen. Sie wollen an die Ressourcen und setzen darauf, dass sich die Seeverbindungswege nach China verkürzen. Deswegen muss man ein Auge darauf richten. Die Arktis wird zunehmend eine strategische Region, insbesondere wenn das Eis so weit abgeschmolzen sein wird, dass man die Region wirtschaftlich nutzen kann. Fachleute prognostizieren, dass dies etwa im Jahr 2050 der Fall sein wird. Aber sind wir ehrlich – so weit im Norden zu fahren, ist keine reine Freude: Dort herrschen Seegangs- und Wetterverhältnisse, in denen Sie nicht unbedingt operieren möchten. Das GPS funktioniert sehr schlecht, Funk-

Der Kompass zeigt in alle Richtungen

Über Seegangs- und Wetterverhältnisse

(BS) Der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Jan Christian Kaack, will einen wesentlichen Beitrag zur Bündnisverteidigung (auch) im Ostseeraum leisten. Im Interview spricht er über alte Träume, wie wichtig Interoperabilität und Austauschbarkeit für die Zukunftsfähigkeit sind und wie die Teilstreitkraft zur See ihren Gegnern ein Dilemma bereiten kann.

verbindungen sind sehr schlecht. Gleichwohl stellen wir uns darauf ein, dass wir dort operieren können müssen. Unser Seebataillon stellt sich für den Winterkampf auf und ist mit den NLD Marines sehr oft in Norwegen, um genau dies zu üben. Zudem werden unsere Schiffe mit einer sog. Eisklasse ausgestattet und wir sind selbstverständlich in engem Kontakt mit den Nationen, die dort operieren – aktuell im Wesentlichen den USA und Großbritannien.

Mein Ratschlag lautet, sich an die Norweger zu halten, denn sie operieren dort täglich und haben mit der russischen Marine Kontakt. Meiner Kenntnis nach ist das einzige „Rote Telefon“, was noch funktioniert, übrigens das zwischen Murmansk und Bodø.

Behörden Spiegel: Der Bau der F 126-Klasse wurde europaweit ausgeschrieben und an ein niederländisches Unternehmen vergeben. Die NVL-Group baut die Betriebsstofftransporter der Klasse 707. Die Kosten sind angestiegen und die Indienststellung verzögert sich. Wie beurteilen Sie die Fähigkeit deutscher Werften und die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr und dem BMVg?

Kaack: Erst einmal danke ich allen, die beteiligt waren, dass bei den Fregatten der Klasse 126 die Entscheidung für die Optionsauslösung für Schiff fünf und sechs so fantastisch geklappt hat. Das war ein wesentlicher Schritt zum Erreichen der Ziele für die Flotte der Zukunft und eine wichtige Investition in die U-Boot-Jagdfähigkeit im Nordatlantik. Lassen Sie uns bei dieser Frage nicht nur auf den aktuellen Stand schauen, der ja die Folge dessen ist, was wir in den vergangenen 20 bis 30 Jahren nicht gemacht haben. Da nicht konstant in die Streitkräfte investiert wurde, hatte die Industrie keine Sicherheit in der Auftragsannahme, Kapazitäten wurden abgebaut, Fachleute gingen. Dies gilt es nun wiederaufzubauen. Eine bessere Zusammenarbeit und die zuletzt beschlossenen Gesetze, wie z. B. das Beschaffungsbeschleunigungsgesetz, sowie die bessere Einbindung der Inspekteure in den Billigungsprozess

der priorisierten Fähigkeitskataloge bringen uns voran. Wenn wir einen kontinuierlichen Plafond für die Rüstung haben, werden wir in vielen Bereichen Fortschritte machen. Uns als Marine hilft sehr, dass wir mit dem Marinearsenal an nunmehr drei Standorten eine ordentliche Instandsetzungskapazität haben und auch damit gut aufgestellt sind. Wir gehen mit der Industrie und der Rüstungsabteilung innovative Prozesse an: Um moderne Systeme einzusetzen, können wir nicht mit langen Prozessen arbeiten, sondern nehmen das auf dem Markt Verfügbare, setzen ein operatives Szenario auf und erproben es. Ein Beispiel für diese sogenannte „Operational Experimentation“ wird das Erproben einer großen Unterwasserdrohne im Herbst 2024 in Eckernförde sein.

Behörden Spiegel: Und die Fähigkeit autonomer Systeme in Zukunft - was wünschen Sie sich?

Kaack: Die Deutsche Marine möchte vernetzte, schwarmfähige Systeme –und zwar in Masse, um dem Gegner ein Dilemma zu bereiten.

Behörden Spiegel: Wie sieht ein Dilemma für den Gegner aus?

Kaack: Ein Dilemma für den Gegner wäre, wenn er sich nicht sicher sein kann, seine Schiffe aus dem eigenen Hafen herauszubekommen. Und wenn wir ihn durch die Integration von maritimen und landgestützten Operationen so sehr in die Bredouille bringen, dass wir unsere Landoperationen besser durchsetzen können. Zudem: Ohne Künstliche Intelligenz geht es schon lange nicht mehr. Die Auswertung von Massendaten, die wir mit unseren Unterwassersensoren beispielsweise durch U-Boote oder hydroakustische Anlagen erhalten, sowie von zivilen Daten, die wir von anderen Aufklärungskräften bekommen, wäre ohne KI schlicht nicht möglich. Zwei Wochen nach dem Angriff auf Nord Stream I haben wir es als unsere Verantwortung angesehen, für den Schutz kritischer maritimer Infrastruktur ein sauberes Lagebild im Über- und Unterwasserbereich zu erstellen. Dafür haben wir das

Projekt „From Seabed to Space“ aufgesetzt, in dem wir zivile und militärische Satellitendaten mit anderen Unter- und Überwasserdaten übereinanderlegen. Mithilfe von KI können wir – mit entsprechenden Wahrscheinlichkeiten hinterlegt – abschätzen, wie sich ein Schiff bewegen und wie gefährlich dies letztendlich für uns werden wird, um dort ggf. eine Einheit einzusetzen. Genau das werden wir ab Oktober aus dem Hauptquartier hier in Rostock für die Bündnisverteidigung im Ostseeraum leisten.

Behörden Spiegel: Abschließend…

Kaack: …wir haben viel über die zukünftige Marine gesprochen, aber unsere Männer und Frauen, die tagtäglich zu See fahren und fliegen, die dürfen wir nicht vergessen! Denn sie

sind diejenigen, die unsere Flotte hier und heute ausmachen. Wir sind seit Ende letzten Jahres jedes einzelne Waffensystem durchgegangen, haben überprüft, wie wir mit den bestehenden Einheiten auf die uns aktuell gestellten Herausforderungen im Schwarzen Meer, im östlichen Mittelmeer und im Roten Meer agieren können. In enger Zusammenarbeit mit dem Rüstungsbereich und der Industrie sind dabei ganz erstaunliche Dinge herausgekommen, wie wir sehr kurzfristig zu Verbesserungen kommen können, zum Beispiel bei der Luftverteidigungsfähigkeit einer Fregatte der Klasse 125. Mein Verständnis von Kurzfristigkeit ist aber nicht unbedingt deckungsgleich mit dem der Industrie und der Rüstung. Für mich bedeutet dies einen Zeitraum von ca. sechs Monaten! Auf der anderen Seite ist meistens von 14 bis 18 Monaten die Rede. Wichtig ist aber, dass es eben nicht fünf Jahre dauern darf! Mit Blick auf die Truppe heißt das, dass wir – wie der Generalsinspekteur es bezeichnet – spätestens 2029 „kriegstüchtig“ sein müssen. Und auch die Marine hat Herausforderungen im Bereich Personal. Wir haben noch ausreichenden Platz, um Menschen vom Zauber der Marine zu überzeugen. Das gelingt uns immer besser, denn wir haben authentische Gesichter, die selbst über das Leben in der Marine berichten. Im Bereich der Personalgewinnung haben wir mit diversen Praktikumsmöglichkeiten neue Wege eingeschlagen. Das zahlt sich aus: wir haben in allen Bereichen eine signifikante Erhöhung der Einstellungszahlen erreicht. Auch in der Personalbindung sind wir besser geworden und wollen uns noch weiter steigern. Ein Beispiel: Unsere Geschwader bekommen die Möglichkeit, selbstständig und dezentral Personalwerbung zu betreiben. Wir wollen agil und innovativ sein, denn genau das macht die Marine letztendlich aus.

Hören Sie in unserem Podcast Public Sector Insider - Folge 247, was Vizeadmiral Jan Christian Kaack über Deutschlands Rolle im Indo-Pazifik und den europäischen Wunsch nach mehr Standardisierung sagt. Sie können die Folge auf unserer Website unter dem Menüpunkt „Podcast“ nachhören.

Gen Norden werden die Herausforderungen für das Seebataillon anspruchsvoller. Der ranghöchste Soldat der Deutschen Marine – hier auf der Fregatte Sachsen in Tallinn – stellt sich und seine Truppe jedoch darauf ein, alsbald dort zu operieren. Foto: BS/Bundeswehr, Kristina Kolodin
Für Jan Christian Kaack (Mitte) ist im Gespräch mit Generalmajor a. D. Reinhard Wolski und Dr. Eva-Charlotte Proll klar: Der Zauber seiner Teilstreitkraft wird durch Teamgeist, Seefahrt, besondere Erlebnisse, Technik und Herausforderungen entfacht. Foto: BS/Dr. Proll

Direkt am ehemaligen Flughafen Tempelhof hat das LKA Berlin seinen Sitz. Das historische Gebäude am Columbiadamm ist imposant. Die Wege hindurch wie ein Labyrinth, sie führen lange Flure entlang, durch diverse Türen. Man braucht Zeit, um zu Susann Langners Büro zu gelangen. Der Weg dorthin ähnelt jedoch ihrem beruflichen Werdegang. Auch sie einige Abzweigungen. Mit 24 Jahren beendete Susann Langner ihr Mathematikstudium an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. „Mir war immer klar: Ich liebe Mathematik, aber ich möchte beruflich etwas anderes machen.“ Bereits nur ein Jahr nach ihrem Studium zog es sie nach Berlin. „Natürlich ist Berlin als Hauptstadt immer interessant gewesen. Mir hat es mit 20 Möglichkeiten eröffnet und sicherlich auch dazu beigetragen, dass ich mich nach dem Studium anders orientiert habe und auch orientieren konnte“, erklärt die Kriminalpolizistin. Inzwischen lebt die Beamtin bereits insgesamt 30 Jahre in Berlin.

„Geldwegnehmen tut richtig weh und macht richtig Spaß“

Um die Zeit bis zum Beginn ihres Fachhochschulstudiums bei der Polizei zu überbrücken, jobbte sie im Verkaufsbereich verschiedener Branchen. Genau vier Jahre nach

Über Umwege zur Spurensuche

Wie eine Kriminalpolizistin die Freude am Geldwegnehmen entdeckte (BS/Mirjam Klinger) Die Liebe zu Zahlen hat sie nie verloren. Doch statt eines beruflichen Werdegangs in der Mathematik bekämpft Susann Langner nun Geldwäsche. Beim Landeskriminalamt (LKA) Berlin setzt die Kriminalpolizistin ihre analytischen Fähigkeiten gezielt ein.

Sind die Ermittlungsverfahren so weit fortgeschritten, dass eine Beweismittelsicherung ansteht, geht es für

hätte ich mir auch noch einmal etwas anderes gesucht“, stellt sie klar. Die Mutter einer Tochter hat bis heute Spaß an ihrer Arbeit und

der Wende startete sie dann ihre neue berufliche Laufbahn bei der Kriminalpolizei. „Ich hatte da einfach Lust darauf. Wenn es mir nicht gefallen hätte bei der Polizei, dann

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würde dort auch keine Kompromisse eingehen. „Ich komme jeden Tag richtig gern zur Arbeit. Es ist spannend, es ist aufregend und es ist immer etwas Neues", kommt sie ins Schwärmen.

Wunschberuf Finanzermittlerin Drei Jahre dauerte ihr Fachhochschulstudium – das mit dem heutigen Bachelor vergleichbar ist – und zwei weitere die sogenannte Probezeit. Während dieser erhielt sie in die verschiedenen Dienststellen der Kriminalpolizei Einblicke. Das Rotieren der Dienststellen endete schließlich im Rauschgiftbereich. Die letzte Etappe ihrer Ausbildung wurde zur ersten ihres Arbeitsle-

bens. Jedoch blieb der Rauschgiftbereich nur für anderthalb Jahre die Wunscharbeitsstelle. Ende der 90er-Jahre baute das LKA Berlin den Bereich der Finanzermittlung und Vermögensabschöpfung auf. Direkt zu Beginn zog er Susann Langner in seinen Bann. Nach dem Wechsel ins Dezernat 31 blieb dieses mit kurzen Unterbrechungen bis heute ihr berufliches Zuhause. Unter ihrem eigenen Motto „Geldwegnehmen tut richtig weh und macht richtig Spaß“ setzt sich die Kriminalhauptkommissarin für den Kampf gegen Finanzkriminalität ein. Konkret ist sie seit dem Jahr 2022 im Bereich der Geldwäsche im Einsatz. Susann Langner bezeichnet sich selbst als „Späteinsteigerin“. Auch, weil sie sich mit Ende 40 noch dazu entschied, eine Führungsposition zu übernehmen. „Ich habe lange Jahre als Sachbearbeiterin gearbeitet und habe dann gedacht, ich möchte auch Verantwortung übernehmen.“

Wie zu Beginn ihrer Zeit bei der Kriminalpolizei begann die heute 55-Jährige die Führungsfortbildung einfach, weil sie Lust darauf hatte. Außerdem solle sie mitgestalten und ihr Wissen weitergeben: „Unsere Behörde, wie alle Bereiche in diesem Land, verändert sich. Die neue Generation kommt und hat ein Recht darauf, dass wir unser Wissen mit ihr teilen. Und das mache ich auch sehr gerne.“

Mit Veränderung hat die Beamtin definitiv kein Problem. Da passt es sehr gut, dass auch in der Finanzkriminalität nie alles beim Alten bleibt. „Es ist eine Materie, in der sich ganz viel immer noch ändert. In der Zeit, seitdem ich hier arbeite, haben wir bestimmt 40 kleinere Änderungen in der Rechtsmaterie gehabt und mehrere ganz umfassende Änderungen“, betont die Kommissarin. Gerade diese Änderungen machten die Arbeit spannend, da „man nie auslernt und sich immer auf etwas Neues einstellen muss“. Auch auf die Ermittlungen an sich treffe dies zu:

Corona-Hilfen und Goldbarren Durch ihre Führungsfortbildung landete die Beamtin während der Corona-Pandemie im Abrechnungs-

Geld. Als Beamtin bin ich Nutznießerin der Steuerzahler, also muss ich auch etwas dafür leisten“, argumentiert sie.

In eine etwas andere Richtung geht jedoch der Lieblingsfall der Polizistin. Mit einem breiten Lächeln spricht die Kommissarin über den Kapitalbetrug, den sie bis heute nicht vergessen kann. Initiiert durch eine Geldwäscheverdachtsmeldung, ermittelte das LKA 3 damals. Zu Beginn habe es danach ausgesehen, als ob jemand ein Kapitalanlagemodell betreibe, die Gelder dann jedoch nicht anlagevertragsgemäß verwende. „Als wir schließlich die Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt hatten, haben wir einen ganzen Keller voller Goldbarren gefunden“, berichtet sie amüsiert. Tatsächlich habe es äußerst lange gebraucht, bis die Beamten feststellen konnten, dass das Gold nicht echt war. Auch beim Gewicht hatte der Verdächtige etwas 'gemogelt'. Statt der angegebenen fünf Kilo wogen die Barren nur zwei. „Es war eine wahnsinnig tolle Durchsuchungsaktion. Wir haben die ganze Nacht den Tresor ausgeräumt“, schwärmt Susann Langner von ihrem Lieblingsfall.

betrug innerhalb des Gesundheitswesens. Dort behandelte sie genau die Fälle, in denen manche aus der allgemeinen, gesellschaftlich misslichen Lage ihren eigenen Profit zogen: Insgesamt 500 Verfahren mit Bezug zu Corona-Teststellen und noch einmal mehr als 17.000 sonstige Corona-Hilfe-Verfahren hat es während der Pandemie allein in Berlin gegeben. Der daraus resultierende potenzielle Schaden liegt nach aktuellen Angaben bei mindestens 300 Millionen Euro. Diese Fälle liegen ihr bis heute besonders am Herzen: „So eine ganz große Komponente von sozialer Ungerechtigkeit, dass da so unglaublich viele Gelder zulasten des Steuerzahlers an Betrüger ausgezahlt wurden. Das ist das, was mich antreibt.“ Es sei nicht richtig, dass die Kräfte in der Pflege oder die Verkäufer, die über Jahre klaglos ihre Arbeit verrichteten, ein "laues Klatschen vom Balkon" bekamen – während andere sich Hunderttausende vom Staat erschlichen. Die Kriminalhauptkommissarin sieht sich selbst in der Pflicht, diese soziale Ungerechtigkeit und Disbalance wieder geradezurücken. „Ein Freund von mir sagt immer so schön, es ist auch mein

Geldwäscheparadies Deutschland? Auf die aktuelle Lage der Finanzkriminalitätsbekämpfung in Deutschland angesprochen, gibt sie sich sehr optimistisch. „Ich denke, grundsätzlich sind wir als Polizei für die Bekämpfung der Geldwäsche gut aufgestellt – zumindest aus fachlicher Sicht.“ Nur die bloße Masse der täglich eintreffenden Verdachtsmeldungen bringe das Dezernat 31 an seine Grenzen. „Was wir hier feststellen, ist, dass die Masse beherrscht werden müssen. Die Quantität schafft keine Verbesserung der Qualität.“ Jede eingehende Meldung, die von den Banken oder von der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) eintrifft, muss überprüft, verteilt oder gegebenenfalls auch aussortiert werden. Im Schnitt seien dies 10.000 Meldungen pro Jahr. So verdoppelte sich die Anzahl der eintreffenden Meldungen, allein während des ersten Jahrs, in dem die Kriminalistin im Bereich der Geldwäsche tätig war. Das Personal verdoppelte sich jedoch nicht. Trotzdem freut sich die Kriminalhauptkommissarin jeden Tag, zur Arbeit zu kommen. Morgens einen Kaffee zu trinken, die ersten E-Mails zu beantworten und ihre To-do-Liste abzuarbeiten. „Und dann hoffe ich am Ende des Tages, alles auf der Liste geschafft zu haben und dass nicht allzu viel Neues dazugekommen ist.“

Ihrer Leidenschaft für alles Kulturelle – zeitgenössische Choreografien, klassische Ballettaufführungen oder Installationen – geht Susann Langner in verschiedenen Städtereisen nach. Besonders die Stadt London hat es ihr hierbei angetan. Foto: BS/privat

Susann Langner in den Außeneinsatz. Foto: BS/privat
Den Goldbarren konnte Susann Langner bei der Durchsuchungsaktion ihres Lieblingsfalls sicherstellen. Er stelle den Prototyp des falschen Goldes dar. Foto: BS/Mirjam Klinger

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