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Gaming & E-Sports
Andreas Heyden, Geschäftsführer der DFL Digital Sports GmbH
Nur noch ein Level!
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Vom Gamer zum professionellen E-Sportler schaffen es nur die wenigsten. Das gemeinsame Spielen ist viel wichtiger.
E-Sportler werden! Und damit richtig viel Geld verdienen! Die Anzahl der Jugendlichen, die ihren Lebensunterhalt gerne als professioneller Onlinespieler bestreiten würden, dürfte sich durch den während der Pandemie exorbitant gestiegenen Konsum elektronischer Spiele mindestens verzehnfacht haben. Nie wurde so viel an Playstation, Xbox oder Rechner gespielt wie innerhalb des letzten halben Jahres. Doch reicht das, um als E-Sportler Karriere machen zu können?
Wichtigste Erkenntnis auf dem Weg nach oben: Viel bringt nicht viel. „Um in die Profiliga aufzusteigen, sind exzessive, mehrstündige Spielsessions nicht unbedingt der richtige Weg“, sagt Andreas Heyden. Der 47-Jährige mit dem markanten Bart ist Geschäftsführer der DFL Digital Sports GmbH, der Digital-Tochter der DFL GmbH, und der EVP Digital Innovations DFL Group. Denn längst ist E-Sport in der realen Sportwelt angekommen: Mehr als zwei Drittel der deutschen Fußballvereine der Bundesliga und zweiten Bundesliga bauen inzwischen eine E-Sports- Abteilung auf, in der – natürlich – die Fußballsimulation EA SPORTS FIFA trainiert wird.
Wer sich bei FIFA behaupten kann, hat die Chance, sich beim Grand Final mit dem Meister der Bundesliga Club Championship zu messen. Ein klitzekleiner Bruchteil der vielen jungen E-Football-Enthusiasten schafft das. Und wird auf dem Weg dorthin von professionellen Coaches beobachtet.

„Um in die Profiliga aufzusteigen, sind exzessive, mehrstündige Spielsessions nicht unbedingt der richtige Weg.“ Andreas Heyden
„Spieler mit guten Platzierungen werden hier gescoutet und vielleicht als Profis rekrutiert“, so Heyden.
Der Experte weiß, worauf es beim professionellen Gaming ankommt: „Als E-Sportler muss man viele Prioritäten in Einklang bringen. Bestimmte Bewegungen sehr schnell und wie im Autopilot ausführen zu können, zählt zur Grundvoraussetzung.“ Doch neben Talent sind harte Arbeit, Disziplin und vor allem eine gute Balance zwischen Geist und Körper wesentlich. Denn beim Spiel an Bildschirm und Konsole siegen diejenigen, die Weltmeister in Konzentration und Aufmerksamkeit sind, ähnlich wie beim Schach.
E-Sportler müssen also vor allem dazu imstande sein, Ruhepausen einzulegen und nachts das Handy auszuschalten und zu schlafen. Die meisten schaffen das auch. Wer allerdings wegen des nächsten Levels seine Freunde versetzt, Körperpflege und Schule oder Job vernachlässigt, muss die Notbremse ziehen und sich Hilfe holen. Laut einer Studie der DAK aus dem Jahre 2016 ist jeder zwölfte Junge zwischen 14 und 25 Jahren in Deutschland süchtig nach Computerspielen.
Gleichzeitig steigt die Begeisterung für elektronische Spiele quer durch alle Altersgruppen: Die Bitkom hat herausgefunden, dass jeder zweite Bundesbürger ab und an Computerspiele spielt, also 40 Millionen Menschen, vom Kind bis ins hohe Alter. Sieht man sich in einem vollen Zug um, findet man diese Zahl bestätigt.
„Für uns ist Gaming Teil der Realität der Deutschen“, so Heyden. „Denn es gibt Zeitpunkte im Leben, an denen die Menschen Ablenkung wollen: selbstbestimmte Ich-Zeit genießen und an Smartphone, Rechner oder Konsole entspannen.“ Ungefähr zehn Prozent dieser 40 Millionen spielen ambitioniert gegen andere – fünf bis zehn Stunden pro Woche. Als semiprofessionelle E-Sportler gelten etwa eine bis zwei Millionen Spieler.
Doch der Markt wird wachsen, denn während im realen Bundesligabetrieb Spieler- und Zuschauermarkt existieren, hat sich beim E-Sport als dritte Ebene ein zusätzlicher Zwischenmarkt entwickelt. „Streamer, die auf Kanälen wie Twitch und YouTube wahnsinnig hohe Reichweiten generieren, haben zum Teil mehr Zuschauer als die Spieler an sich“, so Heyden. „Sie sind die Ersten, die neue Spiele ausprobieren, Tricks zeigen, ganze Tutorials erstellen.“
In Europa findet das größte E-Sport- Event im polnischen Kattowitz statt, wo jährlich das von der ESL ausgerichtete Counter Strike Finale ausgerichtet wird. „Wichtig ist, dass wir Strukturen schaffen, bei denen Menschen auch physisch zusammenkommen, um im Verein E-Sports zu spielen“, sagt Andreas Heyden. „Indem wir also eine digitale Interaktion mit einer sozialen Interaktion paaren.“
Wo es um Geld geht, ist Betrug nicht weit. Welche Schutzmaßnahmen greifen gegen Cheating? „Im Code of Conduct steht, was erlaubt ist – wie z. B. die Ausnutzung bekannter oder unbekannter Bugs“, sagt Andreas Heyden. „Neben klaren Dopingrichtlinien führen wir Drogentests durch, Wettbewerbe werden aufgezeichnet, Schiedsrichter virtuell zugeschaltet oder sogar hinter die Spieler gestellt.“ Einen Profi anzuheuern und sich den Gewinn mit zehn anderen zu teilen, geht also nicht so einfach.
Immer mehr Menschen wollen auch im Urlaub nicht mehr auf ihr liebstes Hobby verzichten. Die ersten Hotels begannen schon vor Jahren mit dem Einrichten hochwertiger Gaming-Räume, bei Airbnb lässt sich als Wunschausstattung standardmäßig „Playstation“ ankreuzen. Auch wenn in Deutschland nur einhundert bis zweihundert E-Sportler damit Geld verdienen – Spielen ist eben ein Grundbedürfnis der Menschheit, es fasziniert, ist oft wahnsinnig spannend, macht Spaß, bringt zusammen. Alte und Junge, Menschen jeglicher Hautfarbe und Herkunft oder Geschlecht, Menschen mit und ohne Behinderungen. In der virtuellen Welt sind alle gleich.
» Fun Facts:
Andreas Heyden …
> funktioniert nur mit gutem Kaffee
> fährt mehr Rennrad, als dass er im Stadion ist
> spielt Computerspiele seit 1985 und ist online seit 1995