THEMA
Fachkräftemangel, ein gesamtwirtschaftliches Problem Dr. Urban Perkmann leitet am Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO das „Amt für Studien“. Er ist verantwortlich für die Analyse der Struktur und der strategischen Herausforderungen der Südtiroler Wirtschaft. Zu seinen Schwerpunkten gehören u. a. Bildung und Sozialkapital. Die BAZ sprach mit dem Experten: Betriebe klagen zusehends über Lehrlings- und Fachkräftemangel. Wie konnte es dazu kommen?
Urban Perkmann: Von einem Arbeitskräftemangel kann gesprochen werden, wenn die Arbeitsnachfrage dauerhaft über dem Arbeitsangebot liegt. Der Fachkräftemangel ist für viele westeuropäische Staaten schon seit langem eine Herausforderung. Nicht nur bei uns klagen Unternehmen von einer schwierigen Suche nach geeigneten Lehrlingen und Fachkräften. Dabei spielt der demografische Wandel eine nicht zu unterschätzende Rolle. Mit den geburtenschwachen Jahrgängen gibt es heute halt viel weniger Schulabgänger als früher.
Hat die Lehre ein zu schlechtes Image, dass Jugendliche die Oberschule bevorzugen? Und welche Rolle spielen die Eltern bei der Wahl der Ausbildung?
Im Unterschied zum restlichen Staatsgebiet, wo die Berufsbildung eher am unteren Ende der sozialen Skala steht, trifft das bei uns überhaupt nicht zu. Seit Jahrzehnten wird das arbeitsbezogene Lernen, das sogenannte Duale System, als ein geeignetes Modell betrachtet, weil es als äußerst erfolgreiches Mittel für den Arbeitseinstieg qualifizierter Jugendlicher und demzufolge für eine niedrige Jugendarbeitslosigkeit gilt. Jugendliche lassen sich bei ihrer Berufswahl allerdings stark von ihrem sozialen Umfeld beein-
flussen. Schulabgänger aus Elternhäusern, die zum Beispiel selbst keine Verbindung zum Handwerk haben und von ihren Kindern die Matura oder einen Hochschulabschluss erwarten, haben in ihrem sozialen Umfeld natürlich keine Vorbilder, die für das Handwerk werben und den Reiz sowie die Vorteile dieser Berufe anschaulich vermitteln könnten. Die Folge ist, dass Mittelschulabgänger oft nicht mal in Erwägung ziehen, eine Berufsausbildung im Handwerk zu machen. Sie denken einfach gar nicht an diese Option. Eltern muss daher die Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung noch stärker als bislang vor Augen geführt werden. Haben die Betriebe auch Mitschuld, dass es so weit gekommen ist?
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Teilweise sicher auch. Gehalt, Arbeitszeiten, Qualität der Ausbildung usw. sind ein Thema, viel wichtiger sind aber Weiterbildungsperspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten. Viele unserer kleinstrukturierten Betriebe haben einfach kaum Möglichkeiten und Ressourcen über Personalentwicklung nachzudenken bzw. Werbekampagnen zu starten, um geeignete Bewerber zu finden. Über 100 Ausbildungsberufe gibt es in Südtirol. Werden die Jugendlichen darüber zu wenig informiert? Wissen sie zu wenig über Ausbildung, Weiterbildung sowie Aufstiegsmöglichkeiten in der Berufsbildung?
Informationskampagnen sind immer sinnvoll. Vor allem aber braucht es Initiativen, welche Karrierewege beschreiben, wie zum Beispiel im Handwerk at-
Urban Perkmann
traktive Beschäftigungsmöglichkeiten bis hin zur Selbstständigkeit erreicht werden können. Das Berufsziel „Unternehmer“ müsste dabei besonders hervorgehoben werden. Was sollte sich in unserem Bildungssystem ändern?
Unsere Schulen sind gut aufgestellt. Der Lehrlings- und Fachkräftemangel ist ein gesamtwirtschaftliches Thema und als solches anzugehen. Die Durchlässigkeit zwischen den Schulsystemen, die Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Berufsschüler sind zu fördern. Klar vor Augen geführt werden sollte, dass mit der Lehre am Beginn eine Entwicklungsmöglichkeit steht, vom Gesellen zum Meister bis hin in die Selbständigkeit. Wichtig erscheint mir auch, dass Jugendliche „ihren“ Bildungsweg finden: der zu ihnen passt, der ihren Stärken, Potentialen und Interessen gerecht wird. Das sogenannte „Talentcenter“, das die Handelskammer Bozen in Zusammenarbeit mit der Berufsberatung des Landes dabei ist einzurichten, wird Mittelschülern die Entscheidung zu einer auf sie zugeschnittenen Studien- und Berufswahl erleichtern, indem es sie auf ihre Interessen und Fähigkeiten testet.