POLITIK Brief aus Rom
Geschätzte Leser,
Spaß beiseite! von Robert Adami
Kettenreaktion Neulich war ich wieder mal zu Besuch bei meiner Großtante Hilde. Tantchen ist zwar mit ihren 89 Lenzen nicht mehr ganz taufrisch, aber noch bestens in Schuss und benutzt von Zeit zu Zeit immer noch ihr Fahrrad. Was mich insofern betrifft, als ich deswegen ebenfalls von Zeit zu Zeit meine „exzellenten“ Fähigkeiten als Fahrradmechaniker ins Spiel bringen darf. So auch beim letzten Besuch. „Geh, Bua, würdest mer net das Radl anschauen? Die Kette klemmt nämlich ein bissl“. Aha. Klemmende Kette, kein Problem. Also machte ich mich auf in den Hinterhof, während Tante Hilde meine Arbeit vom Fenster aus begutachtete. „Du, Entschuldigung…“, hörte ich Sie sagen, aber nein, kluge Ratschläge bevor ich überhaupt angefangen hatte, das konnte ich wirklich nicht brauchen. Ich musste mich ja auf die Kette konzentrieren. Auf den ersten Blick nix zu erkennen, also kurz das Hinterrad ausbauen, während Tantchen wieder ansetzte: „Na Entschuldigung“… Entschuldigung gar nix, dachte ich mir, ich muss mir doch von meiner Großtante nicht sagen lassen, wie man ein Fahrrad repariert, und montierte die Schaltung und den Kotflügel ab, man weiß ja nie, dann auch noch die Kurbel mit Pedalen, während Tante Hilde weiter leierte: „Ich will Dich ja net stören…“ Doch Tantchen, Du störst, Du nervst sogar, lass mich in Frieden werkeln, dacht ich mir, und montierte weiter alles ab, was nicht niet- und nagelfest war, und wenig später stand ich vor 543 losen Fahrradteilen und hatte immer noch keine Ahnung, warum die verdammte Kette klemmte, dafür durfte Tante Hilde jetzt endlich auch was bemerken, und zwar: „Du Entschuldigung, ich wollt‘ nur sagen, Du hast da grad das Radl von der Frau Huber zerlegt – meins steht ganz da drüben … Aber Spaß beiseite. Der Frühling kommt bestimmt, die Vorboten der ersten warmen Tage haben schon angeklopft. Also wirklich Zeit, den Drahtesel wieder in Schuss zu bringen. Denn in Sachen Umweltschutz; Park-Flexibilität und gleichzeitiger körperlicher Ertüchtigung ist das gute alte Fahrrad als Fortbewegungsmittel immer noch unerreicht. 22
Russland hat den Feldzug gegen die Ukraine letzte Nacht tatsächlich begonnen und die Welt erwacht mit vielen Fragen. Dass Putin kein Zauderer ist, ist uns allen bewusst, wieviel er aber tatsächlich zu riskieren bereit ist, um sein Ziel der Einverleibung zumindest eines Teils der Ukraine durchzusetzen, ist ungewiss. Auf dem Schachbrett der Weltpolitik sind die Ukrainer dazu verdammt, die undankbare Rolle der Bauern zu übernehmen, denn trotz der weltweiten verbalen Verurteilungen der russischen Invasion, von Putin süffisanterweise als friedenserhaltende Mission (‚peacekeeping‘) definiert, ist es kaum vorstellbar, dass es im Herzen von Europa zu einer militärischen Hilfestellung für die Ukraine kommen kann. Und bis wirtschaftliche und andere Sanktionen, so heftig sie auch trotz Europas Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen sein mögen, greifen, sind die Menschen in der Ukraine einem Kriegsherrn ausgeliefert, dem sie wenig entgegenzusetzen haben. Die vielfach beschworene Diplomatie blieb auf der Strecke, auch als Putin sich vehement dagegen wehrte, die Ukraine als Mitgliedsland der Nato in Betracht zu ziehen. Ohne damit Putins Vorgangsweise legitimieren zu wollen, ist sein Widerstand gegen das Projekt der Ausweitung der NatoLänder im Grenzbereich zu Russland wohl auch verständlich, seine Reaktion bleibt aber fern von völkerrechtlicher Rechtfertigung. Während also Europa den Atem anhält, wird Italiens Politik nicht müde, den Beweis dafür zu liefern, dass Stabilität eine abstrakte Größe im Tagesgeschehen bleibt. Seit der Wahl des Staatspräsidenten übertreffen sich die Mehrheitsparteien darin, in Abweichung von der offiziellen Linie der Regierung, der sie angehören, eigene Positionen zu vertreten und gegen die eigene Regierung zu stimmen. So geschehen in der Nacht des Dekretes ‚Milleproroghe‘, als die Regierung in den zuständigen Gesetzgebungskommissionen viermal unterging und selbst
die der Mehrheit zugehörigen zwei Berichterstatterinnen voneinander abweichende Gutachten zu den Abänderungsanträgen abgaben und damit teilweise gegen die Regierung stimmten. Draghi wirkt ungeduldig und aus seinem Umfeld wird immer häufiger kolportiert, dass er seinen Job auch hinschmeißen könne. Das mühsame Aushandeln von häufig faulen Kompromissen mit nicht berechenbaren Verhandlungspartnern ist wohl nicht sein Ding, wie sein bisheriger, letztendlich doch autoritärer Führungsstil gezeigt hat. Freilich, eine Regierungskrise in Zeiten wie diesen ist alles andere als aufbauend und vor allem die Spannungen auf dem internationalen Parkett dürften noch als Klebeband für die Regierungsmehrheit wirken. Die Notwendigkeit, geeint die Herausforderungen anzugehen, um die Aufbaugelder aus Brüssel einzusetzen, spräche ebenfalls für politische Stabilität, doch maximal ein Jahr vor den Wahlen sind die Parteien nicht mehr zu zähmen, zumal hinter vorgehaltener Hand schon das Eingeständnis die Runde macht, Italien bzw. die geforderten Verwaltungen seien ohnehin nicht in der Lage, den Wiederaufbauplan praktisch umzusetzen und die angepeilten Vorhaben zu verwirklichen. Es bleibt also wie immer, große Worte und wenig Taten. Mit solchen Nachrichten aus Rom am Faschingsdonnerstag, den 24. Februar 2022
Manfred Schullian Kammerabgeordneter
Brief aus dem Landtag
Stromselbstversorger Südtirol Die Südtiroler Bürger müssen von der heimischen Energieproduktion profitieren und nicht noch tiefer in die Tasche greifen. Die inzwischen explodierenden Stromund Energiepreise haben Fehlentwicklungen aufgezeigt, die unbedingt behoben werden müssen. Als freiheitliche Landtagsfraktion haben wir umgehend mit einem Antrag auf die herrschenden Missstände reagiert. Sowohl eine rasche Soforthilfe zur Abfederung der steigenden Preise wurde gefordert als auch Vorschläge für ein autonomes Energie-Netzwerk wurden vorgestellt. Trotz der akuten Problematik konnte sich die Mehrheit aus SVP und Lega nicht dazu durchringen Südtirols Strompolitik neu auszurichten, um ein genossenschaftliches Energie-Netzwerk aufzubauen. Dies hätte den Vorteil, von den staatlichen Bestimmungen und Märkten größtenteils wegzukommen, sodass im Verhältnis der Strom wesentlich günstiger an den Südtiroler Endverbraucher weitergegeben werden kann. Da dieser Antrag von der Regierungsmehrheit in den wesentlichen Teilen abgelehnt wurde, konnten auch die Wettbewerbsnachteile für Südtirols Wirtschaft, die sich selbstverständlich daraus ergeben, nicht abgebaut werden. Es wäre das Gebot der Stunde und oberste Aufgabe der Südtiroler Politik endlich aktiv zu werden und rasche Lösungen zur Abfederung des aktuellen Preisanstieges in
die Wege zu leiten. Insbesondere muss längerfristig die Energiegewinnung im Sinne der Autonomie ausgerichtet werden, sodass Südtirol zum Selbstversorger wird. Dazu gehören auch ökologische und technische Verbesserungen, damit die Energiepreise in einem lokalen Energie-Netzwerk verbrauchsorientiert gestaltet werden können. Uns Freiheitliche geht es um die Sache und wir werden auch weiterhin für die Nutzung aller autonomen Spielräume eintreten, die eine zukunftsorientierte Strompolitik ermöglichen im Sinne der Verbraucher und der Umwelt. Eine offizielle Anhörung von Experten im Landtag wurde bereits beantragt, um die wichtige Thematik auf eine breitere Ebene zu heben und inhaltlich weiterzuarbeiten. Es müssen die Chancen der Südtiroler Energiewirtschaft ausgelotet werden, damit zusammen mit den Experten die besten Zukunftsmodelle für unser Land entworfen werden können.
L. Abg. Ulli Mair