PLUS 11 vom 09/11/2022

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POLITIK Brief aus Rom

Geschätzte Leser,

Spaß beiseite! von Robert Adami

Fragen über Fragen

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Heute beschäftigen wir uns mit einem sozialwissenschaftlichen Thema von tiefgreifender Bedeutung, nämlich der Fangfrage. Es handelt sich dabei um einen noch weitgehend unerforschten Aspekt menschlichen Verhaltens in freier Wildbahn, den wir nun gemeinsam analysieren werden. Folgende Situation: Das menschliche Weibchen stellt seinem angetrauten Männchen die Mutter aller Fangfragen: „Du, macht dieses Kleid mich dick?“ Wenn das Männchen „nein“ sagt, meint das Weibchen „Das sagst Du nur, damit ich zufrieden bin“, bei einem „Ja“ folgt ein Beziehungs-Tsunami von biblischen Ausmaßen. Das Männchen hat nur 2 Chancen, um dieser lebensbedrohlichen Situation zu entkommen: Erstens: Einen Herzinfarkt vortäuschen und Sich totstellen. Oder zweitens: nicht antworten, sondern eine Gegenfrage stellen, und zwar: „Du ääh, Schatzi, entschuldige, was ist das eigentlich für ein grausiges Vieh mit acht langen, pelzigen Beinen, das dir gerade in die Haare kriecht?“ Danach ist die Frisur des Weibchens total im Eimer, wodurch sie nicht mehr an ihr Kleid denkt, und das Männchen ist um die Bezahlung eines 8gängigen Versöhnungsessens in einem Luxusrestaurant herumgekommen. Aber Spaß beiseite. Fragen sind wichtig. Dies scheint eine banale Feststellung zu sein; aber leben wir nicht immer mehr in einer Gesellschaft, die das Fragen verlernt haben, weil ja jeder eine Meinung zu allem hat? Meist auf Halbwissen basierende Meinungen und oft laut dem Grundsatz: Je ahnungsloser, desto überzeugter. Aber Sie haben keine Ahnung, was es für eine persönliche Befreiung ist, wenn man sich endlich eingesteht: Ich habe keine Ahnung! Deswegen versuche ich mir jetzt anzugewöhnen, keine Meinung mehr zu haben, sondern Fragen zu stellen. Immer wenn mir irgendetwas unlogisch vorkommt, frage ich nach und es ist oft wirklich amüsant, was man dabei für ratlose Gesichter zu sehen bekommt. Also, machen Sie sich frei von der gesellschaftlichen Meinungspflicht: Sie müssen nicht auf alles eine richtige Antwort haben, wenn Sie stattdessen die richtigen Fragen stellen…

Giorgia Meloni - benütze hartnäckig die weibliche Form - hat in Rekordzeit ihre Regierung gebildet. Die Konsultationen des Staatspräsidenten gingen rasch über die Bühne, die Mehrheitsverhältnisse waren klar, da gab es wenig zu diskutieren oder abzuwägen. Meloni selbst hat auf die Konsultationen mit den im Parlament vertretenen Parteien verzichtet, wären selbige doch überflüssig gewesen, da es keinen Zweifel darüber gab, wer dieser Regierungsmehrheit nun angehören und wer sich in die Opposition flüchten würde. Die Antrittsrede der Ministerpräsidentin - Italiens erste Frau in diesem Amt - war spannungsgeladen, ein politischer Diskurs, der nicht allen gefallen hat, aber unmissverständlich zu verstehen gab, dass sie die Regierungsführung nicht anderen überlassen wird. Ein Bekenntnis zu Europa und zum Nordatlantischen Pakt, die Verurteilung Russlands als Aggressor und die Zusicherung, der Ukraine weiterhin zur Seite zu stehen, sollten kritische Stimmen, wonach die außenpolitische Positionierung Italiens nicht mit der erforderlichen Klarheit definiert werden könne, zum Schweigen bringen. Die Loslösung von faschistischem Erbgut ist schon schwieriger zu vermitteln, die Positionierung als Rechtspartei bleibt unverkennbar, die Anerkennung von Homosexuellen- und allgemein LGBTIMenschenrechten fällt ihr schon deutlich schwerer, auch wenn doch nicht zu erwarten ist, dass Italien sich vom einigermaßen modernen, offenen Gesellschaftssystem wieder einer dunklen Vergangenheit zuwendet. All dies lässt sich jedoch im Moment nicht klar abschätzen, die tägliche Regierungsarbeit wird die Stoßrichtungen vorgeben und es erlauben, eine Gesamtbewertung vorzunehmen. Es ist daher jedenfalls zu früh, nun Mutmaßungen darüber anzustellen, wie diese Regierung - teilweise mit

‚altbewährten‘ Ministern und nur schwach mit Frauen besetzt - diese Krisenzeit zu meistern imstande ist. Noch mehr ist es verfrüht, bereits jetzt über die Dauer dieser Regierung zu spekulieren. Die Mehrheiten sind klar verteilt, daran sollte es nicht scheitern, auch wenn im Senat aufgrund des Umstandes, dass einige Senatoren zur Regierungsmannschaft gehören, nicht mehr von einer komfortablen Mehrheit gesprochen werden kann. Für Südtirol fand die Ministerpräsidentin in ihrer Antrittsrede klare Worte, sie wolle Verhandlungen aufnehmen, um den Autonomiestandard von 1992, Jahr der Streitbeilegungserklärung von Österreich vor der UNO, wiederherzustellen. Es versteht sich, dass hier die seit der Verfassungsreform von 2001 auch aufgrund verschiedener Urteile des Verfassungsgerichtshofes spürbare Zuständigkeitszerfransung, nicht jedoch die zwischenzeitlich neu gewonnenen Kompetenzen, rückgängig gemacht werden sollen, wie dies schon in malam partem gedeutet wurde. Mit Regionenminister Roberto Calderoli, zwar kein Ausdruck von Erneuerung in der Politik, dürfte Südtirol jedenfalls einen Ansprechpartner finden, der die Sonderautonomie nicht nur kennt, sondern ihr auch wohlwollend gegenübersteht. Lassen wir diese Regierung arbeiten, messen wir sie an den Fakten und bleiben wir wachsam. Mit dieser Haltung aus Rom, am 2. November 2022, Allerseelen.

Manfred Schullian Kammerabgeordneter

Brief aus dem Landtag

Das Gartl im Rosengarten an Freunde verschachern? Im UNESCO-Weltnaturerbe Dolomiten bilden der Rosengarten, die Laurinswand und die Vajolet-Türme wohl eines der schönsten Panoramen Südtirols. Die jüngste Mega-Erweiterung der Santner-Schutzhütte hat die Unversehrtheit dieses Naturreservats bereits erheblich gestört. Als ob das nicht genug wäre, hat die Landesregierung beschlossen, das Grundstück im bekannten „Gartl“ des Rosengartens dem privaten Betreiber der Schutzhütte zu einem Spottpreis zu verkaufen. Zu diesem x-ten Beispiel für Freunderlwirtschaft im System-Südtirol, mit einer Landesregierung, die mit teuren Showveranstaltungen Nachhaltigkeit predigt, aber dann das Gegenteil tut, haben wir im Landtag einen Antrag auf Aktenzugang gestellt und eine Anfrage eingereicht. Wir prüfen auch eine Eingabe bei der Staatsanwaltschaft. Das Medienecho Ende Juni war leider ein Strohfeuer, das nur wenige Tage dauerte. Am Santnerpass wurde die kleine, gut in die Umgebung integrierte Holzhütte, zu einem neuen, riesigen Bauwerk mit einem achtfachen Bauvolumen erweitert, das sogar von Bozen aus sichtbar ist. Doch damit nicht genug. In den Medien ging nämlich fast völlig unter, dass die Landesregierung sogar das Grundstück um die Hütte, 1.100 Quadratmeter des berühmten „Gartl“ in der Mitte des Rosengartens, an den der SVP nahestehenden Besitzer der Schutzhütte verkauft hat. Ein Stück der Dolomiten, des UNESCO-Weltnaturerbes, das uns allen gehört, zu verschachern ist schlichtweg inakzeptabel. Die Begründung für den Verkauf ist ebenso lächerlich. “Dieses Gebiet wird nicht für institutionelle

Zwecke genutzt”. Mit dieser Begründung könnte jeder ab jetzt ein Stück der Dolomiten kaufen, da sie ja nicht ‚für institutionelle Zwecke‘ genutzt werden. Und genauso sprachlos macht mich der Verkaufspreis des Grundstücks: 27.450 Euro für einen Teil der Dolomiten. Damit bekommt man in Bozen nicht einmal eine Garage. Dieses Grundstück muss öffentliches Eigentum und somit unser aller Eigentum bleiben, und Privatinteressen dürfen niemals über die Interessen des Gemeinwohls gestellt werden. Ich frage mich, wie es möglich ist, ein Grundstück an einem so einzigartigen Ort an eine Privatperson zu verkaufen. Also kann jetzt in Zukunft jeder ein Stück der Dolomiten kaufen, wenn er das richtige Parteikartl hat? Diesmal ist es aber mit Kopfschütteln nicht getan, wir werden alles versuchen, diesen Verkauf rückgängig zu machen und zumindest in Zukunft solche Geschäfte zu verhindern, indem wir hier bis vor Gericht ziehen. Jeder, der uns dabei unterstützen will, ist willkommen und kann sich gerne melden, über Facebook oder E-Mail paul.koellensperger@landtag-bz.org.

Liebe Grüße aus dem Landtag Paul Köllensperger


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