Tennistraining Junior 2/2014

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Tennistraining Die Fachzeitschrift für innovatives Kinder– und Jugendtraining in Schule & Verein

In Kooperation mit den Instituten für Sportwissenschaft der Universitäten Darmstadt und Heidelberg

Junior 02

/ 2014

Einsatz von methodische Hilfmitteln Spielen an der Ballwand Spiel– und Übungssammlung Mentaltraining Turnierformen Clubevent „Der Tenniskönig“ Stationslernen zur Zielgenauigkeit Athletiktraining

Schwerpunkt Methodische Hilfsmittel ISSN 2195-2353

Ergänzungen und bewegte Bilder zu unseren Beiträgen im Internet unter: www.tennistraining-junior.de


EDITORIAL

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Alltagsmaterialien fördern die Bewegungskarriere Bei einer Trainerfortbildung im vergangenen Jahr wurde folgende Frage von einem Teilnehmer an den Referenten gestellt: „Bekomme ich eine Zauberschnur im Fachhandel für Zauberbedarf?“ Er meinte das rot-weiße Gummiseil, das meistens mit vielen Knoten versehen, irgendwo in der hinteren Ecke eines Geräteraums verstaubt. Aufgrund des Namens dachte der Trainer, dass dieses Hilfsmittel in Geschäften für Zaubereibedarf angeboten wird. Im Rahmen der Fortbildung wurde der Aspekt „Methodische Hilfsmittel“ ausführlich behandelt. Eine Meinung stach stellvertretend für einige der Teilnehmer heraus: „Ich brauche keine Hilfsmittel für mein Training. Ich habe einen Korb Tennisbälle und ab und zu lege ich als Zielfeldmarkierung das Abziehnetz aus. Das reicht mir, alles andere kostest viel Geld.“ Kein Trainer kann es sich heute erlauben, sein Training mit stupiden, wenig motivierenden Spiel– und Übungsformen durchzuführen. In den vergangenen Jahren wurden viele neuartige Trainingshilfen entwickelt. Leider trifft man immer wieder Trainer und Übungsleiter, die nicht verstanden haben, dass Kinder in jeder Unterrichtsstunde etwas Neues entdecken wollen. Kinderwelt heißt für Kinder insbesondere Bewegungswelt. Kinder erobern sich ihre Umgebung durch Bewegung, denn „Begreifen“ kommt bekanntlich von „Anfassen“, wobei in der kindlichen Entwicklung die Bewegung gerade diesem Kennen—Lernbedürfnis dient. Im Kindesalter ist somit auf die Bewegungserziehung ein ganz besonderes Augenmerk zu richten, der spielerische Umgang mit vielfältigen (Alltags-)Materialien ist Voraussetzung für die weitere sinnvolle Entwicklung in der „Bewegungskarriere“ der Kinder. Play+Stay das unbekannte Erfolgsgeheimnis Die im Jahr 2007 vorgestellte Play+Stay-Kampagne mit ihren drei aufeinander aufbauenden Spielfeldgrößen und den entsprechenden „farbigen“ Bällen war ein sinnvoller Schritt, Tennis mit neuen Materialien aktiv zu beleben. Schaut man sich jedoch bei vielen kleineren Vereinen und bei deren Trainern um, so ist das Play+Stay-Konzept dort ein absoluter Fremdkörper. Tennisanfänger machen ihre ersten Schläge mit abgespielten Punktspielbällen über die normale Netzhöhe. Ob hier die Spielfähigkeit nachhaltig geschult wird, mag angezweifelt werden. Solange auf diese Art und Weise Kindern das Tennisspiel näher gebracht wird, braucht man sich nicht zu wunden, wenn die Motivation bei den Schülern schnell wieder verloren geht. Nicht alles was funkelt und glänzt ist auch gut Das am häufigsten verwendete Argument vieler Vereinsfunktionäre ist der Kostenfaktor bei der Anschaffung von Trainingsmaterialien. Dieser lässt sich durch die Verwendung von Alltagsmaterialien deutlich reduzieren. Der „Praktiker“ ist gefragt mit Einfallsreichtum ohne großen finanziellen Aufwand methodische Trainingshilfen Marke Eigenbau in das Training zu integrieren. Haben Sie schon einmal versucht, Kindern mit Eiskratznern oder Fliegenklatschen und Wasserbällen das Tennispiel beizubringen? Es funktioniert, und die Schüler haben sofort ein Erfolgserlebnis. Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn Sie von Außenstehenden belächelt werden, die verneinen, dass mit seltsamen Materialien das Training bereichert wird. Reimar Bezzenberger Willi Brunert Dr. Michael Müller

„Nimm die Zeit , um zu arbeiten, es ist der Preis des Erfolges.“ (Isländisches Sprichwort)

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Inhalt Methodische Hilfsmittel Willi Brunert

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Spielen an der Ballwand / talentino - Tenniskönig Julia Lössl

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Tennis ist rot - 7. Spielstunde Reimar Bezzenberger, Dr. Michael Müller

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Stationstraining zur Zielgenauigkeit Reimar Bezzenberger, Dr. Michael Müller

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Fit in die Sommersaison Martin Seiler

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Erinnere dich an die eigene Vision Prof. Dr. Maite Rego

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Turnierformen für den Sportunterricht Willi Brunert

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Rolfs Kolumne Rolf Staguhn

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Impressum Redaktion

Reimar Bezzenberger M.A., Willi Brunert, Dr. Michael Müller

Autoren dieser Ausgabe

Reimar Bezzenberger M.A., Willi Brunert, Julia Lössl, Dr. Michael Müller, Prof. Dr. Maite Rego, Martin Seiler, Rolf Staguhn

Gestaltung

Nora Herrmann

Verlag

Fachbuchverlag Bezzenberger / Dr. Müller Dr. Heinrich Winter Str. 17 - 64646 Heppenheim Tel. / Fax: 06252-72861 E-Mail: info@bezzenberger-verlag.de Internet: www.bezzenberger-verlag.de www.tennistraining-junior.de

Erscheinungsweise

Vierteljährlich

Bezugspreis

6,00 € pro Ausgabe

Abonnementbestellung

Über die Verlagsanschrift

Urheberechtlicher Hinweise Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheber-

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rechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages.

Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme.


SO ARBEITEN SIE MIT IHREM HEFT

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Tennistraining Junior Die Fachzeitschrift „Tennistraining Junior“ behandelt in dieser Ausgabe ausführlich den Themenkomplex „Methodische Hilfsmittel“. Eine Übersicht über unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten von Alltagsmaterialien im Training finden Sie im Schwerpunktteil. Die aufgeführten Beispiele sollen helfen, positive Anregungen für Lehrer, Trainerassistenten und Trainer zu geben das Training ab-

wechslungsreich zu gestalten. Hierzu zählt auch das Spielen an der Ballwand. Sie ist ein idealer und immer motivierter „Spielpartner“. Der Deutsche Vizemeister im Dreisprung Martin Seiler gibt zum Beginn der Sommersaison hilfreiche Tipps für Jugendliche zur athletischen Vorbereitung. Nach dem Motto: „Zielen lernt man nur durch Spielen“ werden Spielstationen

für Großgruppen vorgestellt, die einen spielerischen Einstieg in das Tennis aufzeigen. Im Bereich des Mentaltrainings gibt Dr. Maite Rego einen interessanten Einblick in das Zielsetzungstraining mit Hilfe von Bildern. Folgende, in jedem Beitrag integrierte Legende macht dabei eine schnelle Orientierung im Heft für Sie möglich.

Training: Diese Rubrik ist das Herzstück jeder Ausgabe. Sie bietet Trainingspraxis zum Spielen und Üben zu verschiedenen Schwerpunktthemen des Kinder– und Jugendtennis. Betreuung: Antworten auf pädagogische Fragen sowie zum altersgerechten Umgang mit Kindern. Umfeld: Hier lesen Sie alles, was außerhalb des Trainings gefragt ist. Wettspiele: Alles Wissenswerte rund um Turniere und Wettspiele.

Bereich Altersstufen

Training blau

Betreuung rot

Umfeld orange

Wettspiele Anzahl der Spieler: grün Raum:

Passgenaue Praxisbeispiele Die differenzierte Legende zeigt, für welche Altersklassen die Übungsformen maßgeschneidert sind.

Blau: Vorstufe zum Tennis - Kindergartenalter

Orange: Play+Stay Stufe orange - 8 bis 9 Jahren

Rot: Play+Stay Stufe rot unter 8 Jahren

Grün: Play+Stay Stufe grün unter - 9 bis 10 Jahren

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X Training Bereich Altersstufen X blau

Betreuung X rot

Umfeld X orange

Wettspiele grün

Methodische Hilfsmittel Kindertennis in Kita, Schule und Verein 1. Wer soll das durchführen? 2. Womit sollen wir das machen? 3. Wie sollen wir das bezahlen?

Abb. 1: Vielfältig verwendbares Trainingsgerät - die Koordinationsleiter

Abb. 2: Schulung der Gleichgewichtsfähigkeit durch Holzklötze

Diese Fragen stellen Vereine immer wieder vor große Probleme, die anschließend Jugendwarte und Trainer lösen sollen. Antworten auf die erste Frage haben die verschiedenen LanAbwechslung, Flexibilität und Vielseitigkeit gelten als Schlagwörter für das innovative Tennistraining für Kinder und Jugendliche. In der alltäglichen Praxis ist allerdings häufig zu beobachten, dass man Tennis belehrend vermitteln könne. Das monotone Schlagtechnik-Programm wird mit gelegentlichen Zuspiel-Variationen angereichert, d.h. der Trainer spielt dem Schüler die Bälle zu und gibt dabei verbale Korrekturhinweise. Es gibt wichtige Gründe, sich mit den Aspekten des vielfältigen und abwechslungsreichen Trainings zu beschäftigen: Es ist heute im Kinderund Jugendtraining besonders wichtig, Abwechslung und Spaß im Trainingsalltag zu vermitteln. Dies funktio-

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desverbände mit den Schulungen von Schülermentoren, Tennisassistenten, Sporthelfern, Schulsportassistenten Tennis etc. gefunden. Die Finanzierung des benötigten Personals wird durch Elternbeiträge, Zuschüsse der Landessportbünde, Einbeziehung der Tennis-AG ins Ganztagsangebot der Schulen usw. gelöst. Für die Trainingsorganisation – das Erlernen der optimalen Tennistechnik der verschiede-

nen Schläge – werden methodische Hilfsmittel aller Art benötigt. In den letzten Jahren wurden die verschiedenen Lernprozesse durch die Einführung von Low-TBall und Play+Stay in den Tennisunterricht geprägt. Darüber hinaus werden immer wieder kostenlose bzw. kostengünstige Hilfsmittel benötigt, die gerade für junge Trainer ohne großen Materialpool von enormen Vorteil sind.

niert am Besten, wenn die Lehrenden immer wieder neue Trainingsund Spielformen mit unterschiedlichen Materialien im Training vorstellen und diese ausprobieren lassen.

nach alternativen abwechslungsreichen und spaßbringenden Trainingsmitteln und - methoden zu begeben. Dem Einfallsreichtum sind bei der Auswahl der Trainingsmaterialien keine Grenzen gesetzt. Für die nachfolgenden Trainingsbeispiele werden folgende Materialien verwendet:

Dem gegenüber stehen jedoch die oftmals hohen Anschaffungskosten für Trainingsgeräte oder –materialien. Daher sollte bei allen Übungsleitern das Bestreben vorhanden sein, mit einfachen Mitteln und Alltagsgegenständen das Kinder– und Jugendtraining freudbetont, nondirektiv und vor allem attraktiv zu gestalten. Der finanzielle Aufwand kann hierbei recht gering gehalten werden. Die nachfolgend vorgestellten Übungsformen sollen dazu anregen, sich selbst auf die Suche

    

Holzklötze „Rasierte“ Bälle Wackel-Luftballons Halbierte Bälle Teppichfliesen

In den Abfallcontainern vieler Handwerksbetriebe lassen sich vielfältige Materialien finden, die sich optimal als Trainingshilfen einsetzen lassen. Wer es clever anstellt, kann den finanzielle Aufwand auf 0,00 EUR reduzieren.


TRAININGSHILFEN X Training Bereich Altersstufen X blau

Holzklötze Als Material eignen sich alle Arten von Holzresten (Leimholz, alte Arbeitsplatten, ...). Die Abmessungen sollten nicht mehr als 10x10x3 cm betragen, damit die Klötze auch von kleineren Kindern gut in den Händen gehalten wer-

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Betreuung X rot

Umfeld X orange

den können. Scharfe Kanten sollten vor dem Gebrauch gründlich abgeschliffen und beseitigt werden. Einsatzmöglichkeiten Alle Spielformen im Kleinoder T-Feld können auch mit Handschlägern (Speckbrett) problemlos durchge-

Wettspiele Anzahl der Spieler: grün Raum:

führt werden. Am besten eignen sich Methodik- oder Softbälle zum Spielen. Die kleinen „Handschläger“ können sowohl zur Schulung der Beidseitigkeit und Treffgenauigkeit, als auch für Vorhand- und Rückhandschläge eingesetzt werden.

Beispiele für den Einsatz von Bananenkisten Netzersatz

Wackel-Luftballon

Einsatzmöglichkeiten

Den Einsatz von Luftballons als methodisches Hilfsmittel im Tennis ist den meisten Übungsleitern sehr geläufig, den wenigsten aber die Fülle der Spielmöglichkeiten, wie z.B. mit dem WackelLuftballon.

Wurfstaffeln oder Reaktionsspiele sind sehr gute Einsatzmöglichkeiten für den Wackel-Luftballon. Der Spaß sollte bei dieser Art des Miteinander-Spielens immer im Vordergrund stehen.

Man nimmt zwei Luftballons und steckt den einen in den anderen und füllt den inneren mit ca. 100-200ml Wasser auf und knotet ihn zu. Den Äußeren bläst man auf und verknotet auch diesen, so hat man ein unberechenbares Wurfgerät, das selbst Geübte anfangs nur schwer fangen können.

Abgewandelte Form des Volleyballspiels

 der

Wackel-Luftballon wird gefangen und gleich weiter geworfen zum Mit- oder Gegenspieler, evtl. über ein Netz, Bank, Tischtennisbanden, …

 Mehrere Kinder bilden einen Kreis oder Viereck

Koordinationsschulung

- es sind zwei WackelLuftballons im Spiel; Wurfrichtung und reihenfolge werden festgelegt. Der eine Luftballon muss versuchen, den anderen einzuholen.

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