Tennistraining junior 3/2016

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F I R M E N N A M E

Tennistraining Die Fachzeitschrift für innovatives Kinder– und Jugendtraining in Schule & Verein

In Kooperation mit den Instituten für Sportwissenschaft der Universitäten Darmstadt und Heidelberg

Junior 03

/ 2016

Koordination was ist das? Vielseitigkeitstraining mit Wasserflaschen und Luftballons Visuelles Koordinationstraining Volleytraining leicht gemacht Motivierendes Jugendclubturnier Tennis in der Schulsporthalle Kindergartentennis Spiel– und Übungssammlung

ISSN 2195-2353

Ergänzungen und bewegte Bilder zu unseren Beiträgen im Internet unter: www.tennistraining-junior.de


EDITORIAL

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Optimale Spielbedingungen Es gibt Kinder, die jahrelang regelmäßig Tennistraining in Vereinen besuchen, ohne zu verstehen, worum es in der Sportart Tennis überhaupt geht. Sie werden trainiert, bevor sie überhaupt gelernt haben zu spielen. Viel zu oft steht immer noch die Vermittlung der einzelnen Schlagtechniken im Vordergrund statt die Schulung des Spiels. Immer wieder ist in der Praxis zu beobachten, dass die einzige Trainingsmethode einiger Trainer das Kolonnentraining oder das Spiel „Rundlauf“ ist. Die Heranführung der Kinder an die eigentliche Spielidee - das Erzielen von Punkten - ist für eine zielführende Spielentwicklung unabdingbar. Wer viel spielt, wird seine Spielkompetenz deutlich verbessern.

Der Zeitraum vom Einstieg in die Sportart Tennis bis zum ersten Punktspiel oder Wettkampf ist sehr lange. Diese Situation stellt sich in Mannschaftssportarten wie Fußball oder Handball vollkommen anders dar. Die Teilnahme an Wettkämpfen oder Turnieren ist für die Kinder und Trainer ein erstrebenswertes Ziel, das im Training kontinuierliche vorbereitet wird. Es ist somit nicht verwunderlich, dass viele Kinder dem Tennissport den Rücken kehren, ohne jemals ein Punktspiel ausgetragen oder an einem Turnier teilgenommen zu haben, weil sie „nur“ trainiert haben. Die Faszination des Tennisspiels haben sie somit nie erleben dürfen. Kinder wollen sich an anderen miteinander messen Kinder kommen heute wesentlich früher in die Tennisvereine als vor einigen Jahren. Die motorischen Grundfertigkeiten entsprechen leider nicht mehr denen früherer Zeiten. Die „sitzengebliebene“ Generation ist zwischen Kühlschrank, Couch und Fernseher gefangen die sportliche Betätigung rückt zunehmend in den Hintergrund. Daher ist es unbedingt notwendig, die Motorik frühzeitig und nachhaltig zu schulen. Die Beherrschung grundlegender Ballfertigkeiten wie fangen, werfen und prellen ist ebenfalls zu schulen. Dies erleichtert erheblich den Lernfortschritt der tennisspezifischen Techniken. Der erste Kontakt eines Kindes mit Tennis ist entscheidend

„Eine wirklich gute Idee

Um Kinder nachhaltig zu motivieren und für den Tennissport zu begeistern, ist der erste Kontakt eines Schülers mit der Sportart entscheidend. Dies ist eine große Verantwortung, der sich jeder Trainer bewusst sein muss. Gute Nachwuchstrainer arbeiten leidenschaftlich und finden einen guten Draht zu ihren Schülern. Selbstverständlich müssen die Trainingsinhalte alters– und kindgereicht vorbereitet und durchgeführt werden. Je jünger die Kindern sind, umso mehr sollte der Tennisplatz einem „Tennisspielplatz“ gleichen. Hierbei ist das verwendete Material entscheidend, denn dies muss unbedingt zum spielen einladen. Es ist entscheidend, dass die Kinder so viel wie möglich miteinander auf altersgerechten Spielfeldern mit angepassten Regeln, entsprechendem Ballmaterial (Play+Stay System) miteinander spielen. Mit steigenden Leistungsniveau und den körperlichen Voraussetzungen wächst die Spielfeldgröße automatisch an. Somit werden die Schüler stufenweise spielend an das „normale“ Tennisfeld herangeführt. Leider werden die methodischen Play+Stay-Weiterentwicklungen noch nicht von allen Trainern angewendet, was die Anfrage über unsere Homepage zeigt. „Können Sie mir erklären, was es mit orangenen und grünen Bällen auf sich hat?“ Diese Frage eines B-Trainers macht beim Lesen sprachlos. Reimar Bezzenberger Willi Brunert Dr. Michael Müller

erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vornherein ausgeschlossen erscheint!“ Albert Einstein (NobelPreisträger)

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Inhalt Wozu brauche ich Koordination? Reimar Bezzenberger, Willi Brunert, Dr. Michael Müller

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Visuelles Koordinationstraining Matthias Nowak

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Tennis ist rot - 16. Spielstunde Reimar Bezzenberger, Dr. Michael Müller

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Tennis in der Sporthalle Melanie Zwicknagel

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Volleytraining leicht gemacht Jörg Groß

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Keine Langeweile bei Turnieren Reimar Bezzenberger, Willi Brunert, Dr. Michael Müller

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Motivierendes Clubturnier Willi Brunert

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Kindergartentennis lohnt sich das? Marc Schneider, Beat Troller

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Impressum Redaktion

Reimar Bezzenberger M.A., Willi Brunert, Dr. Michael Müller

Autoren dieser Ausgabe

Reimar Bezzenberger M.A., Willi Brunert, Jörg Groß, Dr. Michael Müller, Matthias Novak, Marc, Schneider, Beat Troller, Melanie Zwicknagel

Gestaltung

Nora Herrmann-Müller

Verlag

Fachbuchverlag Bezzenberger / Dr. Müller Dr. Heinrich Winter Str. 17 - 64646 Heppenheim Tel.: 06252-72861 E-Mail: info@bezzenberger-verlag.de Internet: www.bezzenberger-verlag.de www.tennistraining-junior.de

Erscheinungsweise

Vierteljährlich

Bezugspreis

6,00 € pro Ausgabe

Abonnementbestellung

Über die Verlagsanschrift

Urheberechtlicher Hinweise Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Ver-

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wertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages.

Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme.


SO ARBEITEN SIE MIT IHREM HEFT

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Tennistraining Junior Die Fachzeitschrift „Tennistraining Junior“ behandelt in dieser Ausgabe ausführlich den Themenkomplex „Koordinationsschulung“. Wir zeigen Ihnen wie Sie mit Alltagsmaterialien u.a. Wasserflaschen und Luftballons ein abwechslungsreiches und motivierendes Koordinationstraining für Kinder durchführen können. Nicht nur im Spitzensport, sondern auch im Kinder–

und Jugendtraining kann die sogenannte Koordinationsleiter gekoppelt mit Zusatzaufgaben zur Schulung der Laufkoordination eingesetzt werden. Darüber hinaus erfahren Sie wie Sie den Volleyschlag durch einen spielerische und einfach zu handhabende Methodik bei Kindern und Jugendlichen effektiv schulen.

Abgerundet wird die Ausgabe durch eine motivierende Clubturnierform. Diese ermöglicht, dass Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Leistungsstärken einen motivierenden Wettkampf über die gesamte Saison austragen können Folgende, in jedem Beitrag integrierte Legende macht dabei eine schnelle Orientierung im Heft für Sie möglich.

Training: Diese Rubrik ist das Herzstück jeder Ausgabe. Sie bietet Trainingspraxis zum Spielen und Üben zu verschiedenen Schwerpunktthemen des Kinder– und Jugendtennis. Betreuung: Antworten auf pädagogische Fragen sowie zum altersgerechten Umgang mit Kindern. Umfeld: Hier lesen Sie alles, was außerhalb des Trainings gefragt ist. Wettspiele: Alles Wissenswerte rund um Turniere und Wettspiele.

Bereich Altersstufen

Training blau

Betreuung rot

Umfeld orange

Wettspiele grün

Anzahl der Spieler: Raum:

Passgenaue Praxisbeispiele Die differenzierte Legende zeigt, für welche Altersklassen die Übungsformen maßgeschneidert sind.

Blau: Vorstufe zum Tennis - Kindergartenalter

Orange: Play+Stay Stufe orange - 8 bis 9 Jahren

Rot: Play+Stay Stufe rot unter 8 Jahren

Grün: Play+Stay Stufe grün unter - 9 bis 10 Jahren

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X Training Bereich Altersstufen blau

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Betreuung X rot

Umfeld X orange

Wettspiele X grün

Koordination - was ist das? Das Tennisspiel erfordert vielfältige motorische Voraussetzungen. Um mit dem Tennisschläger einen Ball zielgenau zu schlagen, brauchen Kinder umfangreiche Vorerfahrungen, wie räumliche und zeitliche Orientierungs-, Reakti-

ons-, Differenzierungs-, Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit. Leider verfügen viele Kinder nicht über diese genannten motorischen Voraussetzungen. Viele Schüler beherrschen weder die einfachsten

Geh-, Laufoder Sprungtechniken noch sind sie in der Lage, einfache koordinative Übungsformen fehlerfrei auszuführen oder z.B. zugeworfene Bälle sicher zu fangen.

Gleichgewichtsfähigkeit

Differenzierungsfähigkeit

 Halten der Körperbalance

 Ballgefühl

Orientierungsfähigkeit

Kopplungsfähigkeit

 Platzabdeckung

 Aufschlag - Serve and Volley

Rhythmusfähigkeit

Reaktionsfähigkeit  Schnelles Reagieren auf Spielsituationen

 Schrittfolgen beim Lauf (Beinarbeit)

Umstellungsfähigkeit  Wechsel von Defensive zu Offensive

Praxistipp  Bauen Sie regelmäßig

koordinative Trainingsformen in das Kindertraining ein.  Lassen Sie sich nicht von skeptischen Eltern oder Funktionären beirren. Koordinationstraining ist fester Bestandteil des Tennistrainings, genau wie das Technik- und Taktiktraining.

Bei diesen Kindern ist unbedingt darauf zu achten, dass vor Beginn des Tennisunterrichts - oder parallel dazu - eine allgemeine koordinative Schulung durchgeführt wird, die sich in der weiteren Lernentwicklung positiv auf den nachfolgenden Tennisunterricht und die Spielfähigkeit auswirkt.

ves Lernen sollte immer unter dem Motto „vielseitig - variantenreich - ungewohnt“ durchgeführt werden. Die Vielseitigkeit - im Sinne einer multisportiven, beidseitigen und beidhändigen Ausbildung - ist eine wichtige Voraussetzung für eine später gut entwickelte Lernfähigkeit.

Sowohl für den koordinativen Lernprozess, wie auch im Sinne der Vermeidung einseitiger Belastungen, bietet sich im frühen Kindesalter die Beidseitigkeit in der motorische Grundausbildung an. Koordinati-

Der renommierte Sportwissenschaftler Prof. Dr. Klaus Bös fordert: „Statt eines immer frühzeitigeren Selektierens der Sportfachverbände bei den Jüngsten mittels sportartspezifischer Spezialisierung

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und Wettkampforientierung, sind zur individuellen Förderung Basiscurricula für alle Altersstufen mit koordinativen, sportartübergreifenden und sportartspezifischen Anteilen zu entwickeln.“ Dieser Forderungskatalog macht deutlich, dass Kindern eine qualifizierte und vielseitige sportmotorische Basisausbildung sowohl durch Vereinstrainer, wie auch für die Schulsportverantwortlichen angeboten werden müssten. Es ist nicht erstrebenswert, frühzeitig sportliche Höchstleistungen zu erzielen, sondern die


KOORDINATIONSSCHULUNG X Training Bereich Altersstufen blau

bestmögliche allgemeine körperliche Grundausbildung anzustreben. Wozu brauche ich Koordination? Tennis ist eine koordinativ anspruchsvolle Sportart. Die Koordinationsfähigkeit ist einer der wichtigsten leistungslimitierenden Faktoren, und ohne sie ist das Erlernen der Tennistechnik nachweislich erschwert. Je besser die Qualität der Koordination ausgebildet ist, desto geradliniger, präziser

Betreuung X rot

Umfeld X orange

und müheloser wird das Bewegungsziel erreicht. Eine allgemeine Koordinationsschulung sollte besonders im Kindheitsalter (Kindergarten und Grundschule) erfolgen, da sich in diesem Zeitabschnitt die besten Erfolge bei der Herausbildung der koordinativen Fähigkeiten erzielen lassen. Es ist daher dringend erforderlich, vor allem in dieser Altersstufe die allgemeine koordinative Schulung zu betonen. Die nachfolgend beschriebenen Fähigkeiten sollten

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Wettspiele Anzahl der Spieler: X grün Raum:

Hauptbestandteil eines zielführenden Koordinationstrainings mit Kindern und Jugendlichen sein und können entweder eigenständig oder miteinander kombiniert trainiert werden. An vielfältigen Beispielen zeigen wir Ihnen Möglichkeiten auf, mit welch einfachen Mitteln ein variantenreiches und motivierendes Koordinationstraining durchgeführt werden kann und welchen Stellenwert die verschiedenen Fähigkeiten im Tennis haben.

„Kindererziehung ist ein Beruf, wo man Zeit zu verlieren verstehen muss, um Zeit zu gewinnen.“ Jean-Jacques Rousseau (1712-1778)

Vielseitigkeitstraining mit Wasserflaschen Koordinationsschulung mit wassergefüllten Plastikflaschen – Sie denken, das funktioniert nicht. Lassen Sie sich überraschen mit welch einfachen Mitteln man die koordinativen Fähigkeiten Ihrer Schüler steigern kann. Die motorischen Fähigkeiten sind heute bei vielen Kindern nicht mehr optimal ausgebildet. Trainer und Sportlehrer stellen immer wieder fest, dass ihre Schüler große Defizite im Bereich der koordinativen und konditionellen Fähigkeiten haben. Dies hängt sicherlich auch mit der gesellschaftlichen Entwicklung zusammen. Kinder und Ju-

gendliche kommen heutzutage beim virtuellen PCSpielen mehr zum Schwitzen als bei sportlicher Betätigung. Kühlschrank

Couch

Das magische Dreieck der Immobilität oder besser bekannt als der „Kindertriathlon“ bestehend aus den Anlaufstationen „Kühlschrank – Couch – Fernseher“ bekommt immer weiter Oberwasser.

Fernseher

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X Training Bereich Altersstufen blau

Betreuung X rot

Umfeld X orange

Wettspiele X grün

Volleytraining leicht gemacht

Abb. 1: Vorübung mit Hütchen als Fanggerät zum erleben des Volley mit fixiertem Handgelenk.

Jeder Tennisspieler hat die folgenden Traineranweisung häufig gehört: „den Volley vor dem Körper treffen und dabei mit dem Schläger nicht ausholen.“

Die praktische Umsetzung ist gar nicht so einfach. Bei Spielanfängern ist häufig zu beobachten, dass die Ausholbewegung zu lang und der Treffpunkt zu spät ist.

Die Folge: Der Ball fliegt unkontrolliert und alles andere als sicher ins Spielfeld. Warum ist der Volley für Kinder so schwierig zu erlernen?

Die natürliche Bewegungsfolge wird verhindert, stattdessen werden die technischen Defizite mit Kraft ausgeglichen. Immer wieder ist zu erkennen, dass Kinder beim Volley das Handgelenk im Treffpunkt nicht fixieren, sondern abklappen. Um den richtigen Zeitpunkt beim

Volley zu erreichen, sollte man versuchen, die Bewegung so natürlich wie möglich auszuführen.

richten und mit dem Hammer keinesfalls weit ausholen. Der Körper macht ganz natürlich die einfachste und ökonomischste Bewegung.

Hütchenspieler

worfen), dass sie diesen mit dem Hütchen vor dem Körper fangen können. Der Ball kann nur dann gefangen werden, wenn das Handgelenk im Fangmoment (Treffpunkt) fixiert ist. Wird das Gelenk abgeklappt, ist das Fangen unmög-

In das Schlägerherz wird ein Markierungshütchen so eingeklemmt, dass die Öffnung bei der Schlagausführung in Zielrichtung zeigt. Den Schülern wird ein Ball, so angespielt (ange-

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Hammer und Nagel Wenn Sie einen Nagel mit dem Hammer in die Wand schlagen wollen, werden Sie automatisch die Augen auf den Nagel

Zwei leicht umsetzbare Übungsformen sind hilfreich, um den Volleyschlag mit einem fixierten Handgelenk auszuführen.

lich, da die Hütchenöffnung nach unten zeigt. Aufgaben:  Wer fängt zuerst 10 Bälle?  Die Bälle werden abwechselnd gefangen und auf ein Zielfeld geschlagen.


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