Tennistraining Junior 3/2013

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F I R M E N N A M E

Tennistraining Die Fachzeitschrift für innovatives Kinder– und Jugendtraining in Schule & Verein

In Kooperation mit den Instituten für Sportwissenschaft der Universitäten Darmstadt und Heidelberg

Junior 03

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2013

Tennis im Kindergarten Spiel– und Übungssammlung Tennisspiele auf dem Sportplatz Motorikschulung für Kinder Stationswettbewerb Psychologisches Lernen Turnierformen Regeln im Sport

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032195-2353 / 2013 ISSN

Ergänzungen und bewegte Bilder zu unseren Beiträgen im Internet unter: www.tennistraining-junior.de


EDITORIAL

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Spielen lernt man nur durch Spielen Die Spiel- und Bewegungswelt der Kinder hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Früher waren für Kinder Straßen, Wälder, Wiesen und Bolzplätze zentrale Orte für die aktive sportliche Freizeitbeschäftigung. Klettern auf Bäume, vielfältige Fang-, Versteck-, und Ballspiele förderten Kreativität, Spielwitz und Geschicklichkeit. Heutzutage sind für viele Kinder die eigenen vier Wände zusammen mit elektronischen Medien der bevorzugte Spielplatz. Aktuelle Untersuchungen belegen, dass Kinder heute in ihrer Freizeit bis zu 30 Stunden pro Woche vor dem Fernseher oder Computer sitzen. Die Folgen sind fatal. Viele Kinder leiden durch den Bewegungsmangel unter Übergewicht, psychosomatischen Beschwerden oder Rückenproblemen. Dieser veränderten Situation müssen sich zukünftig Vereine, Verbände, Schule und Kindergärten aktiv und in enger Kooperation stellen. Sportarten wie Hand– oder Fußball haben bereits vor einigen Jahren effektive Kindergartenprogramme entwickelt und somit für Nachhaltigkeit in der Nachwuchsarbeit gesorgt. Der Deutsche Turnierbund hat anlässlich des diesjährigen Deutschen Turnfestes seine Vereine aufgerufen, vermehrt und nachhaltig im Kindergarten und der Ganztagsschule präsent zu sein. Schaut man sich die Tennis-Mitgliederstatistik für die Altersklasse der unter Sechsjährigen in Deutschland an, so fällt auf, dass in den meisten Landesverbänden ihr Anteil an der Gesamtmitgliederzahl weit unter fünf Prozent liegt. Hier schlummert ein großes Potential, das es zu nutzen gilt. Mit entsprechenden Programmen und Trainerengagement ist es möglich, im Kindergarten erfolgreiche Mitgliedergewinnung zu betreiben. Die „Märkte“ Kindergarten und Grundschule werden aber nicht nur von Sportvereinen, sondern auch verstärkt von anderen Jugendorganisationen und Musikschulen als Betätigungsfeld angesehen. Entwicklungsstand der Kinder beachten Der Einstieg in den Tennissport muss nicht immer mit dem Spiel über das Netz beginnen. Spiel– und Übungsformen aus der Heidelberger-Ballschule sind ein Indiz dafür, wie man mit dem Einsatz Alltagsmaterialien große Effekte bei den Kindern erzielen kann. Damit Bewegungsaufgaben und Spiele gelingen, müssen sie dem Entwicklungsstand der Kinder angemessen sein. Häufig weisen die Kinder einer Grundschulklasse oder im Kindergarten beim Umgang mit dem Ball äußerst unterschiedliches Können auf. Deshalb müssen die Aufgaben so weit wie möglich diesem unterschiedlichen Fähigkeiten angepasst werden, um für alle Kinder attraktive und zugleich auch lösbare Situationen zu schaffen.

„Wer eine neue Idee hat, gilt als Spinner, bis sie sich durchsetzt.“

Für den Tennisverein ist der gut ausgebildete Trainer der beste Multiplikator und Werbeträger, um Kinder frühzeitig als Mitglied zu gewinnen. Es ist eine lohnende Aufgabe, sich frühzeitig mit der Altersklasse der Kindergartenkinder zu beschäftigen und eine langfristige Kooperation einzugehen. Hier können motorische Grundlagen gelegt werden, die für die weitere sportliche Entwicklung der Kinder von großer Bedeutung sind. Getreu dem Motto „Früh übt sich wer ein Meister werden will“, ist ein Vereinsengagement in der Vorschule absolut lohnend, denn „Lernen braucht Bewegung“. Reimar Bezzenberger Willi Brunert Dr. Michael Müller

(Mark Twain)

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Inhalt

Inhalt Tennis im Kindergarten Reimar Bezzenberger, Willi Brunert, Dr. Michael Müller

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Neues aus der Tenniswerkstatt Nils Reinhardt, Dietbert Schöberl

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Tennis ist rot - 4. Spielstunde Reimar Bezzenberger, Dr. Michael Müller

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Kinder wollen Spielen Lars Mosel

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Tennis überall spielen / Spielstationen Willi Brunert, Nils Reinhardt

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Wie kriege ich es hin? Prof. Dr. Jan Mayer

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Kinder brauchen Regeln Reimar Bezzenberger, Dr. Michael Müller

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Rolf´s Kolumne Rolf Staguhn

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Impressum Redaktion

Reimar Bezzenberger M.A., Willi Brunert, Dr. Michael Müller

Autoren dieser Ausgabe

Reimar Bezzenberger M.A., Willi Brunert, Prof. Dr. Jan Mayer, Lars Mosel, Dr. Michael Müller, Nils Reinhard, Dietbert Schöberl M.A., Rolf Staguhn

Gestaltung

Fachbuchverlag Bezzenberger

Verlag

Fachbuchverlag Bezzenberger Dr. Heinrich Winter Str. 17 - 64646 Heppenheim Tel. / Fax: 06252-72861 E-Mail: info@bezzenberger-verlag.de Internet: www.bezzenberger-verlag.de www.tennistraining-junior.de

Erscheinungsweise

Vierteljährlich

Bezugspreis

6,00 € pro Ausgabe

Abonnementbestellung

Über die Verlagsanschrift

Urheberechtlicher Hinweise Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.

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Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages.

Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme.


SO ARBEITEN SIE MIT IHREM HEFT

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Tennistraining Junior Die Fachzeitschrift „Tennistraining Junior“ behandelt in dieser Ausgabe ausführlich den Themenkomplex Kindergartentennis. Vor dem Hintergrund der immer weiter sinkenden Mitgliederzahlen ist es für Vereine angebracht frühzeitig sich mit der Thematik der aktiven Mitgliederwerbung zu befassen. Andere Sportarten manche es vor und beginnen bereits

im Kindergarten mit entsprechenden sportlichen Werbemaßnahmen. Hier steckt für die Sportart Tennis großes Potential, das es zu nutzen gilt. Hierzu finden Sie Anregungen wie mit Alltagsmaterialien ein abwechslungsreicher Einstieg in das Tennisspiel erreicht werden kann. Ein weiterer Schwerpunkt dieser Ausgabe ist die Schu-

lung der Auge-HandKoordination bei Kindern. Darüber hinaus stellt die „Darmstädter Tenniswerkstatt“ Spielformen für Großgruppen auf dem Sportplatz vor und zeigt eine ungewöhnliche Tenniswerbeaktion. Folgende, in jedem Beitrag integrierte Legende macht dabei eine schnelle Orientierung im Heft für Sie möglich.

Training: Diese Rubrik ist das Herzstück jeder Ausgabe. Sie bietet Trainingspraxis zum Spielen und Üben zu verschiedenen Schwerpunktthemen des Kinder– und Jugendtennis. Betreuung: Antworten auf pädagogische Fragen sowie zum altersgerechten Umgang mit Kindern. Umfeld: Hier lesen Sie alles, was außerhalb des Trainings gefragt ist. Wettspiele: Alles Wissenswerte rund um Turniere und Wettspiele.

Bereich Altersstufen

Training blau

Betreuung rot

Umfeld orange

Wettspiele Anzahl der Spieler: grün Raum:

Passgenaue Praxisbeispiele Die differenzierte Legende zeigt, für welche Altersklassen die Übungsformen maßgeschneidert sind.

Blau: Vorstufe zum Tennis - Kindergartenalter

Orange: Play+Stay Stufe orange - 8 bis 9 Jahren

Rot: Play+Stay Stufe rot unter 8 Jahren

Grün: Play+Stay Stufe grün unter - 9 bis 10 Jahren

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„Vielseitig, variabel und ungewohnte Übungen sind der beste Trainingsansatz. Es gibt kein Zuviel, nur ein Zuwenig.“ (Prof. Andreas Hohmann –

X Training Bereich Altersstufen X blau

Betreuung rot

Umfeld orange

Wettspiele grün

Tennis im Kindergarten Welche Möglichkeiten gibt es für eine Kooperation zwischen einem Tennisclub und einem Kindergarten? Ähnlich wie bei einer Schultennis-AG gibt es ein Ko o pe rat io nsmodell, das die Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Verein regelt.

Durch einen Kooperationsvertrag zwischen dem regionalen Landessportbund und dem Verein wird sichergestellt, dass alle an der Kooperation beteiligten Personen sowie die Kinder versichert sind. Kooperationsverträge können bei den Landessportbünden angefordert werden.

Unterzeichnet wird die Vereinbarung von der Kindergartenleitung und dem Vorstand des Tennisclubs. Andere Möglichkeiten der Zusammenarbeit bieten sich durch Schnuppertage, Ferienspiele oder spezielle Kinderangebote im Tennisverein an.

Potsdam)

Besonderheiten der Kindergartenkinder reitschaft für grundlegende Bewegungsmust e r ( La ufen , Springen, Werfen) besitzen Daraus sollten sich für das Training folgende Konsequenzen ergeben:

• Die

Abb. 1: „Spielend Tennis lernen“ lautet das Motto bei Kindergartenkindern

Stellen Sie sich vor, Sie sind Tennistrainer und Ihre Schüler können sich weder über längere Zeit konzentrieren, noch schaffen sie es, einfache motorische, geschweige denn tennisspezifische Aufgaben zu lösen – dann befinden Sie sich mitten im Training mit Kindergartenkindern. Jeder Tennistrainer, der mit dieser Zielgruppe arbeiten möchte, sollte sich im Vorfeld mit den

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entwicklungsbedingten und organisatorischen Besonderheiten dieser Altersklasse befassen, um unangenehmen Überraschungen vorzubeugen. Sie sollten wissen, dass Vorschulkinder ...

• sich nur über kurze Zeiträume konzentrieren können • sehr verspielt sind • eine hohe Lernbe-

Gesamtdauer einer Unterrichtseinheit sollte nicht länger als 60 Minuten sein. • Die Spiel- und Übungsformen sollen oft variiert werden, um Langeweile und Konzentrationsverlust zu verhindern. • Alle Spiel- und Übungsformen sollten mit kindgerechter Sprache erklärt werden. Jedes Spiel sollte einen Namen bekommen. • Innerhalb einer Übungseinheit sollen sich koordinative Bewegungsaufgaben


TENNIS IM KINDERGARTEN X Training Bereich X Altersstufen blau

mit einfachen hinführenden tennisspezifischen Spielen abwechseln. • Kolonnentraining soll unbedingt vermieden werden. Organisatorische Hilfen

• Die ganze Kindergartengruppe soll gemeinsam unterrichtet werden.

Betreuung rot

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Umfeld orange

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Wettspiele Anzahl der Spieler: grün Raum:

• Organisationsformen in Kleingruppen wirken unterstützend. • Aufgrund der erhöhten Lautstärke der Kinder sollen die Übungseinheiten in die Schul- oder Kindergartensporthallen verlegt werden. • Interessierte Eltern oder Erzieher können als „Trainerassistenten“ in

den Übungs- und Spielbetrieb aktiv mit eingebunden werden. • Materialien wie Luftballons, Wasserbälle, Softbälle, Reifen, Joghurtbecher und Hütchen sind nützliche und vor allem kostengünstige Hilfen im Umgang mit der Zielgruppe.

„Wir können nicht lesen aber Tennis spielen“ „Früh übt sich, wer ein Meister werden will.“ Getreu diesem altbekannten Sprichwort können bereits Kindergarten-Kinder mit dem Tennisspielen beginnen. Das Training in dieser Altersklasse muss selbstverständlich anders gestaltet und organisiert werden als im Erwachsenenbereich. Das vorrangige Ziel besteht in der Vermittlung von Spiel– und Bewegungsfreude. Charakteristisch für Kinder im Vorschulalter ist der stark ausgeprägte Bewegungs- und Spieldrang. Darüber hinaus verfügen die Kleinen über eine ausgeprägte Neugier für alles Unbekannte. Das kognitive Verhalten der Vorschulkinder ist eng mit ihren persönlichen körperlichen Erfahrungen verbunden. Die Ausführung von Bewegungen ist darüber hinaus eng mit vielen Emotionen verknüpft.

Spielfähigkeit / Ballschule

Hin zu Ball und Schläger

Koordinationsschulung

Abb. 2: Das oben stehende Modell stellt die Schwerpunkteaspekte einer gezielten Motorikschulung in Kindergärten und Grundschulen dar. Der direkte Zusammenhang von Spielfähigkeit –Technikerwerb (Hin zu Ball und Schläger) – Koordination führt dazu, dass eine ganzheitliche motorische Grundausbildung bei Kindern gefördert wird.

Aufgrund ihres kognitiven und körperlichen Entwicklungsgrades sind Kinder mit den komplexen Anforderungen des Tennisspiels deutlich überfordert. Aus diesem Grund ist es zwingend erforderlich einen entwicklungsgemäßen Vermittlungsweg der Sportart Tennis zu finden und in der Praxis anzuwenden. Kinder benötigen für ihre körperliche Entwicklung vielfältige Bewegungsangebote. Diese sollen durch Kreativität, Fantasie und Variabilität zum Laufen. Springen, Werfer, Fangen und zu anderen Bewegungsformen anregen.

Der Trainer muss bei der Sportspielvermittlung unbedingt darauf achten, dass den Kindern Bewegungsfreiräume gegeben werden. Dies hat den Zweck, dass sie sich und ihre Umwelt selbst entdecken, Bewegungserfahrungen sammeln und dabei spielerisch sowie vor allem non-direktiv Spaß am Spielen bekommen. Spielregeln sollen hierbei einen flexiblen jederzeit veränderbaren Rahmen vorgeben. Der Fair-playGedanke soll von der ersten Stunde an ebenfalls gelehrt und vor allem gelebt werden.


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