Tennistraining Junior 3/2014

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F I R M E N N A M E

Tennistraining Die Fachzeitschrift für innovatives Kinder– und Jugendtraining in Schule & Verein

In Kooperation mit den Instituten für Sportwissenschaft der Universitäten Darmstadt und Heidelberg

Junior 03

/ 2014

Spielfähigkeit – das Fundament des Spielens Ballgefühl kann man lernen Spiel– und Übungssammlung Trickschläge Spielformen für Großgruppen TennisOlympiade

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Tennis und Bildung Turnierformen

032195-2353 / 2014 ISSN

Ergänzungen und bewegte Bilder zu unseren Beiträgen im Internet unter: www.tennistraining-junior.de


EDITORIAL

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Spielen will gelernt sein Das Spielen muss wie fast alle menschlichen Verhaltensweisen erlernt werden. In diesem Lernprozess gilt es Fähigkeiten und Fertigkeiten anzueignen, die unterschiedliche gemeinsame Spielformen ermöglichen. Weiterhin ist es erforderlich sich an die jeweilige Spielstruktur anzupassen und entsprechende Spielstrategien zu entwickeln. „Man muss etwas lernen, um spielen zu können". Jedes Kind, das spielen möchte, muss bereit sein zu lernen. Ohne die erlernte Spielfähigkeit wird kein Schüler spielen können weder mit sich noch mit anderen. Jeder, der spielen möchte, braucht Anleitungen und Hilfen um das Spielen zu erlernen. Dies liegt in der Verantwortung der engagierten Trainer und Lehrer. Ein wichtigster Erfolgsfaktor für das Spielen ist die Beherrschung der Spielregeln. Diese müssen bekannt sein, und es muss die Bereitschaft bestehen diese einzuhalten. Die Grundlagen dafür werden bereits im Kindes- und Jugendalter beim Spielen gelegt. Auch hier ist die Rolle des Trainers herauszustellen, dieser muss klare Regeln vorgeben. Mit der Praxis des Spiels muss man auch die „Sprache des Spiels“ verstehen und beherrschen. Diese enge Verbindung von motorischen und sozialen Fähigkeiten hat einige Lehrbuchautoren nicht davon abgehalten, vorzuschlagen, Kindern die motorischen Fertigkeiten unabhängig von ihrem Verwendungssinn im Spiel beizubringen. Meist werden zunächst die motorischen Fertigkeiten (Schlagtechniken) erlernt, um anschließend taktische Elemente zu schulen. Die Einwände gegen diesen Lernprozess liegen klar auf der Hand. Sie richten sich vor allem dagegen, dass eine ganze Reihe an Spielerfahrungen von vornherein darauf eingeschränkt werden, was Lehrer und Trainer vorgeben. Es wird dadurch verhindert, dass die Schüler selbst lernen, Handlungszusammenhänge zu erkennen und je nach Bedarf darauf reagieren. Kinder zu lebenslangem Sporttreiben zu befähigen, erfordert unter anderem Spielformen unter variablen Bedingungen selbst zu gestalten. Erfolgreiches Spielen ist nicht identisch mit dem Versuch, andere zu besiegen; erfolgreiches Spielen heißt vielmehr: unser Spiel ist gelungen. „Spielen lassen, irgendwas mit Bällen“ Im Vereinstraining sollen Kinder und Jugendliche nicht ausschließlich trainieren (üben). Der Trainer sollte Aufgaben anbieten, die freie Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten beinhalten. Diese Aufgabenstellungen müssen den Kindern und Jugendlichen Probier- und Experimentierphasen ermöglichen, in denen sie eigene Lösungswege suchen und entwickeln können. Gefundene Lösungen (veränderte Spielregeln, angepasste Wertungsmöglichkeiten, Spielfeldgröße, ...) können dann in der Trainingsgruppe vorgestellt und gemeinsam bewertet werden. Dadurch werden Kreativität und Eigeninitiative gefördert. Sie müssen als Trainer sicherstellen, dass die Kinder und Jugendlichen sinnvolle Anregungen und Anleitungen erhalten, wie sie in ihrer Freizeit selbstständig allein und mit anderen zusammen Tennis spielen können. Erfolgversprechend ist das spielgemäßes Konzept, das die Motivation der Schüler zum Spielen deutlich steigert. Reimar Bezzenberger Willi Brunert Dr. Michael Müller

„Über Jahre hinweg haben wir in Deutschland die taktischen Kenntnisse und Absprachen sehr stark in den Vordergrund gestellt. Heraus kamen gestählte Roboter, die aber kaum in der Lage waren, in freien Situationen bzw. dann, wenn es nicht strukturiert ist, erfolgreich zu spielen.“ (D. Bauermann, Basketball Trainer)

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Inhalt Spielfähigkeit als Grundlage Reimar Bezzenberger, Sebastian Metzler, Dr. Michael Müller

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Tennis ist rot - 8. Spielstunde Reimar Bezzenberger, Dr. Michael Müller

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Spiele für Tennisanfänger Sebastian Bacher, Nils Reinhardt

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Olympisches Feuer im Training Willi Brunert

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Trickschläge für mehr Spaß auf dem Platz Julia Lössl

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Vielseitige Aufgaben und Spiele Willi Brunert

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Ein außergewöhnliches Projekt Dr. Matthias Zimmermann

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Ranglistensystem für Schule und Verein Willi Brunert

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Rolfs Kolumne Rolf Staguhn

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Impressum

Titelfoto: Guido Goerdes / Racket Center Nußloch

Redaktion

Reimar Bezzenberger M.A., Willi Brunert, Dr. Michael Müller

Autoren dieser Ausgabe

Sebastian Bacher, Reimar Bezzenberger M.A., Willi Brunert, Julia Lössl, Sebastian Metzler, Dr. Michael Müller, Nils Reinhardt, Rolf Staguhn, Dr. Matthias Zimmermann

Gestaltung

Nora Herrmann

Verlag

Fachbuchverlag Bezzenberger / Dr. Müller Dr. Heinrich Winter Str. 17 - 64646 Heppenheim Tel. / Fax: 06252-72861 E-Mail: info@bezzenberger-verlag.de Internet: www.bezzenberger-verlag.de www.tennistraining-junior.de

Erscheinungsweise

Vierteljährlich

Bezugspreis

6,00 € pro Ausgabe

Abonnementbestellung

Über die Verlagsanschrift

Urheberechtlicher Hinweise Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Ver-

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wertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages.

Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme.


SO ARBEITEN SIE MIT IHREM HEFT

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Tennistraining Junior Die Fachzeitschrift „Tennistraining Junior“ behandelt in dieser Ausgabe ausführlich den Themenkomplex „Spielfähigkeit“. Das spielgemäße Lernkonzept möchte die Schüler möglichst früh zum Spielen zu bringen. Erreicht wird dies durch die sinnvolle methodische Reihung einzelner Spielformen. Denn Spielen lernt man nur durch viel Spielen.

Die „Darmstädter Tenniswerkstatt“ hat Spielformen für Großgruppen entwickelt, die sich an die Adressatengruppe der Spielanfänger wendet. Weiterhin stellen wir Ihnen motivierende Spielformen im Rahmen einer Tennisolympiade für den Altersbereich Kindergarten und Grundschule im Stationsbetrieb vor.

Mit der Projektbeschreibung „Kids Education through Tennis Development“ blicken wir über den Ballkorbrand nach Äthiopien und stellen Ihnen ein außergewöhnliches Bildungsprogramm vor. Folgende, in jedem Beitrag integrierte Legende macht dabei eine schnelle Orientierung im Heft für Sie möglich.

Training: Diese Rubrik ist das Herzstück jeder Ausgabe. Sie bietet Trainingspraxis zum Spielen und Üben zu verschiedenen Schwerpunktthemen des Kinder– und Jugendtennis. Betreuung: Antworten auf pädagogische Fragen sowie zum altersgerechten Umgang mit Kindern. Umfeld: Hier lesen Sie alles, was außerhalb des Trainings gefragt ist. Wettspiele: Alles Wissenswerte rund um Turniere und Wettspiele.

Bereich Altersstufen

Training blau

Betreuung rot

Umfeld orange

Wettspiele Anzahl der Spieler: grün Raum:

Passgenaue Praxisbeispiele Die differenzierte Legende zeigt, für welche Altersklassen die Übungsformen maßgeschneidert sind.

Blau: Vorstufe zum Tennis - Kindergartenalter

Orange: Play+Stay Stufe orange - 8 bis 9 Jahren

Rot: Play+Stay Stufe rot unter 8 Jahren

Grün: Play+Stay Stufe grün unter - 9 bis 10 Jahren

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X Training Bereich Altersstufen blau

Betreuung rot

Umfeld orange

X Wettspiele grün

Spielfähigkeit als Fundament Tennis ist eine komplexe Sportart, für die eine ganze Reihe von Grundlagen (Technik, Taktik, Koordination, Kondition, Spielerpersönlichkeit) elementar sind. Die isolierte Ausbildung dieser Basisvorausset-

zungen nutzt relativ wenig. Ein guter Läufer ist noch lange kein guter Tennisspieler. Ein technisch versierter Spieler kann sein Können nur dann optimal entfalten, wenn er über die entsprechende körperli-

chen Voraussetzungen verfügt. Als spielfähig gilt derjenige, der die einzelnen Komponenten optimal miteinander verzahnt, so dass die Spielsituationen bestmöglich gelöst werden. scheidende Rolle. Hierzu zählen die motivation a l en Kom pe t e nz Bausteine bestehend aus der Leistungs– und Lernbereitschaft. Die Spielfähigkeit ist ein „Gebäudekomplex“, der aus all diesen Einflussfaktoren (Bausteinen) zusammengesetzt ist.

Abb. 1: Wirkungsgefüge und Einflussfaktoren der Spielfähigkeit

Welche Komponenten sind für die Spielfähigkeit entscheidend? Neben den oben aufgeführten Leistungsfaktoren spielen die kognitivem, motivationalen und sozialen Aspekte eine entscheidende Rolle. Das kognitive Vermögen lässt sich daran erken-

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nen, wie der Schüler Spielsituationen wahrnimmt (Antizipation) und aus den daraus gewonnenen Informationen den richtigen Lösungsansatz anwendet. Dazu benötigt er ein hohes Konzentrationsvermögen sowie Krea (k)tivität. Darüber hinaus spielen soziale Eigenschaften eine ent-

Die nachhaltige Verbesserung der Spielfähigkeit hat nach dem Ausbildungskonzept des DFB das Ziel, alle einzelnen Komponenten so miteinander zu verbinden, dass die Aufgaben im Spiel oder Training optimal gelöst werden können. Dies entspricht dem Ansatz, Tennis von Beginn an komplex zu schulen. Die ganzheitliche Ausbildung schließt das isolierte Trainieren einzelner Komponenten allerdings nicht aus. Die Schüler müssen lernen, all ihre Fähigkeiten im Spiel effektiv einzusetzen. Das Spielen darf im Training dabei nie zu kurz kommen.


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X Training Bereich Altersstufen blau

Betreuung rot

Umfeld orange

X Wettspiele grün

Spiele für Tennisanfänger

Organisation  Gruppen besteht aus

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fünf bis sechs Schülern Zeit pro Station: 15 Minuten Punkte werden notiert und Erfolgsstempel nach dem Durchlaufen der Station verteilt Insgesamt fünf Stationen Die Stationsabfolge der einzelnen Gruppen ist auf dem Laufzettel vorgegeben Tennisquiz als Pausenfüller.

„Gruppen-Training mit mehr als vier Kindern ist nicht möglich!“, diese Aussage vieler Trainer hört man immer wieder. Im leistungsorientierten Trainingsbetrieb stimmt dies mit Einschränkungen, im Breitensport, Anfänger– und Jüngestenbereich in Schule und Verein dagegen nicht.

Stellen Sie sich folgende Situation vor. Im Rahmen eines Projekttages „Erlebter Sportunterricht“ sollen Sie als Trainerteam eine achte Klasse mit 25 Schülern im Tennis unterrichten. Bei den Jugendlichen handelt es sich fast ausschließlich um Tennisanfänger. Nachfolgend werden Spielformen gezeigt, bei

Tennisgolf

von dort aus weitergespielt, wo er zum Liegen gekommen ist.

Jeder Schüler muss seinen Tennisball mit möglichst wenigen Schlägen in ein Zielfeld (Reifen, Eimer) befördern. Das Zielfeld und der Startpunkt werden jeweils mit einem Hütchen markiert. Der Tennisball (Play+Stay „rot“ oder „orange“) wird aus der Hand geschlagen und Kleinfeldtennis „Rund um Darmstadt“ Die Schüler stellen sich in zwei Reihen am Spielfeldende zweier Kleinfelder auf. Pro Platz spielt ein Lehrer einen Ball zum ersten Kind, dieses schlägt den Ball möglichst auf die ausgelegten Ziele zurück, läuft dann um beide Plätze und stellt sich am Ende der Reihe des Nachbarplatzes an.

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Es werden alle Schläge gezählt, bis der Ball im Ziel angekommen ist und die Anzahl auf dem Laufzettel eingetragen.

denen die Schüler eigenständig das facettenreiche Tennisspiel erleben können. Trainingsformen, bei denen die Schüler im Mittelpunkt mit einem hohen Eigenspielanteil stehen, bringen einen höheren Lernerfolg.

Startpunkt und beispielhafte Zielfläche (Diskusring)


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X Training Bereich Altersstufen blau

Betreuung rot

Umfeld X orange

Wettspiele X grün

Trickschläger für mehr Spaß auf dem Platz Wenn die Punktspielsaison vorbei ist, könnte Ihr Euch ein wenig Spaß beim Spiel mit einem Trainingspartner gönnen!

Mit ein paar Trickschlägen sorgt Ihr sicher für Belustigung bei Gegnern und Zuschauern – egal ob es klappt, oder nicht. Und ganz nebenbei för-

 …einen flachen Ball

 …einen

vorwärts durch die Beine zu schlagen, wie es auf den unteren Bild zu sehen ist.

Abb. 1: Die hohe Kunst des Tennis

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langsamen Ball rückwärts durch die Beine zu schlagen. …den Schläger am Kopf nehmen und mit dem Griff ähnlich dem Baseball einen Ball zu schlagen. …eine eingesprungene Rückhand zu schlagen, wie es Patrick Szymzeak (Turniersportverein Racket Center Nußloch e.V.) auf dem nebenstehenden Foto zeigt …die Vorhand mit der „falschen“ Hand zu spielen. …einem Ball so viel Rückwärtsdrall zu geben, dass er über das Netz zurück in das eigene Spielfeld springt. …den Ball mit dem Schläger vom Boden aufzunehmen, so dass er auf dem Schläger liegen bleibt und dann dem Mitspieler hinüberzuschwingen ... und wer kann diesen Bewegungsablauf hinter dem Rücken durchführen? …den Ball mit dem S c h l ä g e r „anzusaugen“ und

dert das Üben der folgenden Schläge die Koordination und das Ballgefühl. Probiert doch mal …

Abb. 2: Die eingesprungene Rückhand

diesen wie mit einem Kescher zum Mitspieler zurückzuspielen … wer kann dies vor oder hinter dem Körper.  … drei Bälle gleichzeitig hochzuwerfen und nur einen mit dem Aufschlag ins Feld zu spielen.  … den Ball hinter dem Rücken zum Partner spielen. Der aktuelle Weltrekord wird von Rolf Staguhn mit 150 fehlerfreien Schlägen nacheinander gehalten.


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