BIANCO Alpine Lifestyle Magazine WINTER 2016/2017

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«Wenn ein Mensch eine gedruckte Zeitschrift in die Hand nimmt, schaltet sein Hirn in den Flanier-Modus»

HANS-GEORG HÄUSEL HIRNFORSCHER UND PSYCHOLOGE (* 1951)


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EIN BILD

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1000 WORTE B i l d : Fi l i p Zu a n Te x t : L i nd a S o l a nk i

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er Silsersee, halb gefroren. Seine starre Schönheit, ein funkelndes Netz im klirrenden Kristallmeer. Frostiges Grün fliesst über ins Blau, verschmilzt mit diesem zu Grau. Ein ruhiges Bild, nichtsdestoweniger kraftvoll, zugleich fesselnd, beinahe hypnotisch. Die reduzierten Farben wirken matt, gefiltert, wie aus Malers Pinsel, und verursachen ein Gefühl der Nostalgie. Der Silsersee, ungefroren. Benannt nach der Ortschaft Sils, ist er der südwestlichste der drei im Oberengadin gelegenen Seen der Engadiner Seenplatte. Mit einer Fläche von 4,1 km², einer Tiefe von maximal 71 metern, einem Volumen von 137 Mio. m³ und einer Höhenlage von knapp 1‘800 m.ü.M. ist er weder der grösste, noch der tiefste, und folglich noch der voluminöseste, noch der höchstgelegenste der Schweizer Seen. Dafür zweifelsohne einer der charmantesten. Den charmantesten aller Schweizer Seen zu erküren, bedürfte spezifischer Richtwerte. Aber da Charme, ebenso wie Schönheit, nicht bemessbar ist, muss man es bei dieser Betitelung belassen. Gesäumt von Lärchenwäldern ist er bei Wanderern und Spaziergängern gleichermassen beliebt wie bei Wassersportlern – Seglern, Ruderern, Pedalo-, Kajak- sowie Kanufahrern – und im Winter, schneebedeckt zur Loipe umfunktioniert, bei Langläufern. Es geht ein gewisser Zauber von ihm aus, dem sich selbst Friedrich Nietzsche nicht entziehen konnte. Der deutsche Philosoph verbrachte gleich sieben Sommer in Folge am Silsersee und nannte die Landschaft ihm «blutsverwandt». In der Ruhe des Engadins fand er zur nötigen Konzentration, um zahlreiche seiner Werke auszuarbeiten. «Ganz See, ganz Mittag, ganz Zeit ohne Ziel», verewigte Nietzsche den Bergsee gar in seinem Gedicht über Sils Maria. Nicht nur ihm ist die Magie des Ortes aufgefallen. Längst ist der Silsersee zu einem populären Ausflugsziel geworden. Dennoch hat der See seinen Reiz bewahrt. Die Harmonie der Farben und die ländliche Idylle bilden zusammen ein perfektes Stück Natur inmitten einer vom Menschen eroberten Welt. Der Silsersee, halbgefroren. Darauf ein Mensch, das Farbenschema respektierend in schwarz und weisser Kluft. Aufrecht, der Mensch, sich lediglich mit Brett und Paddel tapfer durch die dünne Eisschicht kämpfend. Das Bild wird zum Symbol. Für Ursprüngliches, den Ursprung der Natur. Und der Natur des Menschen, der seine Erzeugerin, Mutter Erde, stän-

dig aufs Neue bezwingen will. Mit Betonbauten, Rodung, Verschmutzung, Abgasen, Ausrottung, Petflaschen auf dem Waldboden, Plastik im Ozean, Abfall im See. Und die Natur? Die wehrt sich lange nicht, aber wenn, dann mit gewaltigen Mitteln in Form von Krankheit, Tsunami, Klimawandel. Lernt der Mensch daraus und streckt seine Waffen? Mitnichten, schliesslich ist der Mensch sich sein eigener grösster Feind und geboren, um zu sterben – Stichworte Terrorismus, Hass und Krieg – da vermag die Natur nicht mitzuhalten. Also sucht der Mensch unbeirrt weiter nach Grenzerfahrungen, nach Nahtoderlebnissen, die ihm das Gefühl von Lebendigkeit vorgaukeln. Seine Todessehnsucht stillt er unter anderem mit Sport. Doch Altbekanntes hat auch bei Gefahren schenll ausgedient, ständig muss eine neue Herausforderung, ein neuer Kick her, und so werden immer wieder neue, extremere Sportarten erfunden. Manchmal reicht es auch, eine Massensportart mit einem riskanten Element zu kombinieren, wie zum Beispiel beim Haitauchen. So scheut sich der Mensch weder, die Hänge des Vulkans Cerro Negro hinabzuboarden, noch, ohne Sicherung auf einem zwischen zwei Hochhäusern gespannten Seil zu balancieren. Beim Klettern auf Eis hält ihn weder die Erfrierungs- noch die durch Bruch des Eises imminente Absturzgefahr ab. Klaustrophobie- und Panik­ attacken sind gerne durchlittene Ängste beim Höhlentauchen, bei dem nicht nur das Tageslicht, sondern auch im Notfall die Möglichkeit des Auftauchens fehlt. Auch beim Klippenspringen wird für den Adrenalinschub Leib und Leben riskiert, ebenso beim Basejumping, bei dem der Fallschirmspringer statt aus dem Flugzeug von einer Brücke oder einem Gebäude springt, und nicht zu vergessen die vielleicht risikoreichste und deshalb streng verbotene Sportart, das Train Surfing. Wie der Name andeutet, versucht der Praktizierende, sich während der Fahrt an der Aussenwand eines Zuges festzuhalten. Dagegen scheint Stand-Up-Paddling, wie es der Mann auf dem Bild tut, harmlos. Schliesslich verlangt die Aktivität nicht viel mehr von einem, als aufrecht auf einem Surfbrett zu stehen und mit einem Stechpaddel zu paddeln. Das

schien sogar für den Adel sicher genug, so dass Stand-Up-Paddling auf Hawaii – dem Herkunftsort des Surfens – zum Sport des Königs wurde. Neben ihm war es nur Auserwählten erlaubt, sich stehend fortzubewegen. Heute ist der Sport massentauglich geworden, es finden viele Kurse und sogar nationale und internationale Wettkämpfe statt. Trotzdem bewegt sich unser Paddler auf dem Silsersee, halbgefroren, fern vom Mainstream. Er hat sich bewusst dazu entschieden, nicht im Sommer aufs Brett zu steigen. Bewusst auch dazu, die physikalischen Gesetze des Wassers herauszufordern. Aber was passiert, wenn man die Perspektive wechselt? Wenn der See nicht halb gefroren, sondern am Auftauen ist, die Aufnahme demnach nicht im Spätherbst, sondern im Frühling gemacht wurde? Im Winter gefrieren die Oberengadiner Seen in der Regel zuverlässig zu. Normalerweise merkt man nicht viel davon, da Niederschlag und Frost häufig zusammenfallen und das Eis von einer dicken Schneeschicht verhüllt wird. Einbis zweimal im Jahrzehnt jedoch gefriert das Wasser bei wolkenlosem Himmel. Die Oberfläche glänzt als Folge davon spiegelglatt und tiefschwarz. Das Naturspektakel nennt sich Schwarzeis und lockt bei jedem Ereignis Hunderte zu Wanderung oder Schlittschuhlauf über die gefrorene Fläche. Der Silsersee, auftauend. Der StandUp-Paddler fordert die Natur nun nicht mehr heraus, er respektiert ihre Regeln, wartet bis im April, bis der letzte Schnee geschmolzen ist und die Frühlingssonne auf das Gefrorene trifft, das Eis aufbricht und filigrane Ströme freisetzt, die sich durch das Starre schlängeln. In diese Ströme sticht er sein Paddel, folgt dem Verlauf des Wassers zur nächsten freiliegenden Stelle und bahnt sich so seinen Weg über den Bergsee, völlig im Einklang mit dem Wasser. Warum er nicht einen Monat warten mochte, bis das ganze Gewässer wieder freiliegen würde, versteht man als Betrachter irgendwie. Es muss etwas Schönes haben, Teil dieses Prozesses zu sein. Seine Ungeduld zeugt davon, wie nahe er sich dem See, dem Wasser und der Natur fühlt. Und so drückt dieses Bild nicht den ewigen Kampf des Menschen gegen, sondern seine tiefe Liebe zur Natur aus. Eine Verbundenheit, die, genau wie der Silsersee, über die Jahrhunderte hinweg trotz aller Zerstörung, trotz Umweltkatastrophen, trotz fortschreitender Digitalisierung bestehen blieb. Und bestehen bleiben wird.

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EDITORIAL

Viel Vergnügen Die Alpen sind gezählt. Nicht angezählt, sondern ausgezählt. Ausgemessen, bis in die hintersten Winkel. Keine Zahl, die nicht bekannt wäre. Länge der Alpen: 1200 Kilometer. Viertausender: 128, in der Schweiz: 73, davon im Wallis: 41. Höchster Berg: der Mont Blanc mit 4810 Metern. Tiefster Punkt der Alpen: das Mattertal mit 723,5 Metern über dem Meeresspiegel. Mit Eis bedeckt: 2 Prozent der Alpen. Mit Beschneiungsanlagen bestückt: 90 Prozent aller Skigebiete in den Alpen. 123 Luftseilbahnen, 235 Gondelbahnen und 345 Sesselbahnen bringen in der Schweiz Skifahrer nach ganz oben. Die Gesamtlänge aller markierter Wanderwege liegt bei 62 000 Kilometern. 1100 Bergseen mit Namen und etwa 6000 ohne Namen gibt es in den Schweizer Bergen. Postauto-Linien: genau 821. Busvarianten: 14. Das allererste motorisierte Postauto wurde vor 110 Jahren fahrplanmässig eingesetzt. Als ältester Alpenpass gilt der Grosse Sankt Bernhard (seit der Eisenzeit). Wie viele getarnte Bunker und unterirdische Stollenanlagen man in der Schweiz zählt, ist ebenfalls bekannt: 26 000. Die Zahl, wie viele Menschen im Alpenraum leben, genauso: 13 Millionen. In nüchternen Zahlen lassen sich viele Geschichten erzählen. Zu einem Alpine Lifestyle Magazine gehören aber auch ein paar Entdeckungen. Zum Beispiel die neue Sportart des Adrenalin-Sportlers Ueli Kestenholz – er gehörte in den 1990er und beginnenden 2000er Jahren zur Weltelite in unterschiedlichsten Snowboard-Disziplinen, mit Medaillen bei Olympischen Spielen, Weltmeisterschaften und X-Games. Bei einem anderen Sportler, Stéphane Peterhansel, der zurückgezogen in Crans-Montana lebt, geht es ebenso um gute Kondition, fahrerisches Können und starken Willen. Kein anderer Pilot hat die legendäre Rallye Dakar öfter gewonnen als er. Auf knapp 100 Seiten versuchen wir zu zeigen, was wir auf unseren Reisen im Alpenraum aufgespürt haben. Dazu kommen zum Start dreidimensionale Papiertrophäen zum Selbermachen und am Schluss des Magazins unser Comic «Alpenbitter», in dem es dieses Mal um den Traum einer Fondue-Liebhaberin geht. Dazwischen gibt es Winter-Mode und Steinböcke, Gourmet-Shops und Museen. Und vieles mehr. Beispielsweise einen Gotthard-Wälzer, den wir Ihnen wärmstens empfehlen. Gewicht: 3,5 Kilogramm, Seiten: 984. Nun wünsche ich Ihnen viel Vergnügen beim Blättern und Lesen im neuen BIANCO.

WOLFRAM MEISTER HERAUSGEBER UND CHEFREDAKTOR

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I N H A LT WINTER 2016/2017

14 APROPOS Papiertrophäen. Malbuch. Blumengalerie. Fassaden-Lichtspiel. Unikate für Kinder. Rätsel-Buch. Ist Grün das neue Blau? Bücher

22 SPEEDRIDING Ein Mann, ein Schirm, ein Paar Ski: Bewältigung der Berge, wie wir es stets erträumt, nie erlebt haben

32 MODE Raus aus der Stadt! Rauf in die Berge! Nach Gstaad, alpines Juwel im Berner Oberland 44 ALPENKNATTERN Einst verräumt, vergessen, verstaubt, heute entdeckt, restauriert, geliebt: Historische Motorschlitten

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I N H A LT WINTER 2016/2017

52 IM VISIER EIN STEINBOCK Auf der Jagd mit Beni Kleger und seinen Söhnen Fabian und Nicolas

62 MONSIEUR DAKAR Kein Pilot hat die legendäre Rallye Dakar öfter gewonnen als Stéphane Peterhansel. Eigentlich könnte der Wahlschweizer jetzt in den Ruhestand treten. Eigentlich

70 ARCHITEKTUR In der Stille der Natur: Eine Jagdhütte im italienischen Val Badia vereint moderne Linien mit traditionellen Details RUBRIKEN 9 Editorial 89 Adressen 91 Impressum 93 Comic 98 Letzte Seite

80 KURZ & KNAPP Spektakuläre Museen in Trento und Chur. 984 Seiten Gotthard. Wein, Sake und Nocino. Alpiner Gourmet-Shop. Gold an der Ski-WM 96 ÜBER ALLE BERGE MIT Magdalena Messner, Geschäftsführerin des Messner Mountain Museums

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APROPOS PRODUKTE, TIPPS UND MEHR

PAPI E RT R O PH Ä E I N PI N K U ND B L AU Das ist nichts für Jäger, aber für Sammler. Solche, die beim Begriff Origami nicht gleich erschrecken. Die meditative japanische Kunst des Papierfaltens muss allerdings niemand beherrschen. Für den blauen Hirsch mit pinkfarbenem Geweih (wie die Sammeltrophäen anderer Tiere auch) reicht etwas Zeit und Leim. Aus vorgeschnittenen Papierschablonen entstehen im Handumdrehen dreidimensionale Kunstwerke in minimalistisch-kubistischen Formen – bunte Trophäen für die Wand, die in ihrer Art an Tierpräparate über Wohnzimmerkaminen erinnern. Den Papier-Hirsch gibt es in 18 verschiedenen Farbkombinationen: mit schwarzem Geweih und goldenem Kopf kostet er € 69,90, in der XL-Version mit rotem Kopf und grünem «Kopfschmuck» € 89,90. www.papertrophy.com

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KREATIVE PAUSE: MALEN SIE DIE ALPEN! Bei Beschäftigungen, die konsequent nirgendwo hinführen, soll man am besten abschalten können? Das gilt ebenso bei Malbüchern für Erwachsene, die inzwischen zu Bestsellern wurden. Also: Statt beim Telefonieren zu kritzeln, schnappen Sie sich den Malkasten der Tochter und vertreiben sich entspannt die Zeit mit Ausmalen. Etwa dem Heft «L’Esprit des Alpes» der Schweizer Illustratorin Julie Petter mit 25 hübschen Abbildungen (Fr. 25.–). www.carandache.com

S KI-W M : V ERY BRITI SH Es waren Briten, die vor über 150 Jahren den Winter als Attraktion für Feriengäste entdeckten. Wie aber sieht eine englische Jungdesignerin wie Sadie Williams, die nach ihrem Abschluss am Londoner Central Saint Martins College bereits mit J. W. Anderson, Marc by Marc Jacobs und Katie Hillier zusammengearbeitet hat, die künftige Skimode? Mit einem futuristischen Twist, inspiriert von alten Fotografien aus Skiferien, die sie bei ihren Eltern fand.

BLUMENGALERIE: HOCHALPINE NATUR ALS INSPIRATION Wir sind vorsichtig mit Superlativen: Aber das kleine Blumengeschäft unter den Jugendstilarkaden von St. Moritz Bad – es nennt sich Blumengalerie und wird seit Jahr und Tag von Claudia Lischer geführt – zählt mit zu den schönsten Läden im ganzen Alpenraum. Mal regnet es bunte Blumen im Schaufenster, mal lenkt ein weihnachtliche, Peace-Zeichen in Übergrösse die Blicke auf sich. Ein irdisches Paradies wartet im Innern, voller Farben, voller Düfte. Mit jeder Jahreszeit wird die Blumengalerie völlig umgekrempelt, so dass sie kaum wiederzuerkennen ist. Nicht verpassen darf man im Sommer die Sträusse aus Wiesenblumen. Die bunten Blumenkissen in Herzform oder aus rosafarbenen Widechätzli. Die Kränze aus gelben Mimosen oder aus Tannzapfen. Wie im Winter, wenn es auch Weihnachtsbaumschmuck aus Engadiner Lärchenholz gibt. Samt bunten Vögeln. Via Rosatsch 9, 7500 St. Moritz Bad Fon 081 832 24 94, www.blumengalerie.ch


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EINE ZAHL & IHRE GESCHICHTE

LUCE DEL PARADISO So nennt sich das Licht-Kunstwerk Mark Blezingers auf der Fassade der Kirche Son Martegn in Savognin. Kreiert zu Ehren des Künstlers Giovanni Segantini, der zwischen 1886 und 1894 in Savo­ gnin gelebt und gemalt und die von ihm geliebte Natur der Hoch­ alpen zum Leuchten gebracht hat. Premiere des Fassaden-Lichtspiels war Mitte September, die nächsten Aufführungen des Spektakels sind ab 23. Dezember geplant: täglich von 18 bis 20 Uhr. www.alpenmythensehen.com

Die Alpen erstrecken sich über eine Fläche von 191 000 Quadratkilometern. 13 Prozent beträgt daran der Anteil der Schweiz. Bei anderen Alpenländern wie Österreich (29 %), Italien (27 %) oder Frankreich (21 %) ist der Anteil an der Alpenfläche wesentlich grösser. Nur bei Deutschland (5,8 %), Slowenien (3,5 %), Liechtenstein (0,08 %) und Monaco (0,001 %) ist er kleiner.

KOPFHÖRERMÜTZE Braucht es das? Natürlich nicht. Aber die «Earebel»-Wollmütze, mit der man Musik hören und telefonieren kann, macht Spass und ist jetzt, wollig gestrickt, besonders gefragt. Begonnen hat die Erfolgsstory mit Mützen «Made by Mum». www.earebel.com

SCHAF UND FUCHS: UNIKATE FÜR KINDER Was macht eine Bündner Oberländerin, die mit ihrer Familie im solothurnischen Lostorf lebt und ein bisschen Heimweh nach den Bergen hat? Hübsche Kleider und Jäckchen für ihre Kinder. Mit Wolle von Bündner Oberländer Schafen, mit Pelz von Bündner Oberländer Füchsen. Dass es das Label «Angelica» (schwarze, krakelige Schrift, gestickt auf rot-weiss-rote Streifen) ins angesagteste Modegeschäft von St. Moritz geschafft hat (Faoro), ist nochmals eine andere Geschichte. Angelica Gartmann war mit Mann und Kindern im Laden von Heidi Kopp und Renato Faoro. Und wurde neugierig zu den Kleidern ihrer Kinder befragt. Angelica Gartmann kauft die Schafwolle, spinnt sie relativ dick, verarbeitet sie weiter. Und liefert seither die naturbelassenen Unikate ins Engadin. www.faoro.ch

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EIN BUCH, EIN PUZZLE, EINE VERZWICKTE GESCHICHTE

Das Lesen wird einem richtig schwer gemacht bei diesem Buch. Es besteht aus Holz, hat lediglich fünf Seiten, ist aber 20 Zentimeter dick und heisst «Codex Silenda». Geschaffen hat das Buch der Rätsel Brady Williams, ein amerikanischer Produktedesigner – seine Abschlussarbeit an der Iowa State University. Jede Seite lässt sich erst dann umblättern, wenn zuvor ein kompliziertes mechanisches Rätsel gelöst worden ist. Kleine Information nebenbei: für das Buch wurden über 100 Teile aus Ahorn- und Birkenholz verwendet, die mit Lasercutter zurechtgeschnitten wurden. Auf

jeder Seite gibt es eine kleine Geschichte zu lesen, die vom jungen Francesco handelt, der sich nichts sehnlicher wünscht, als bei Leonardo da Vinci in die Lehre zu gehen. Löst er den Codex Silenda (eine Anspielung auf den DaVinci-Code), erweist er sich nicht nur als würdig, sondern entkommt auch einer Falle. Über die Spenden-Plattform Kickstarter hat Brady Williams das Buch mit den fünf Siegeln finanziert. 2017 soll es auf den Markt kommen. Es gibt bereits eine Warteliste. www.codexsilenda.com


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Postkarten sind so eine Sache. Man erledigt die Schreiberei gleich am ersten Ferientag. Verschickt sie knapp vor der Rückreise. Oder hat sie frankiert zu Hause immer noch in der Tasche. Das ist die eine Geschichte. Die andere ist die des Angebots. Meistens sind Postkarten grauenhaft. Piz hier, Piz dort. Schlitten da, Schällenursli dort. Eine Trouvaille sind die Postkarten von MaTrouvaille. Etwa die Serie mit Trachten. Oder Scherenschnitten. www.matrouvaille.ch

ZWEITES LEBEN Der Sparschäler, das Sackmesser: Legendären Schweizer Designobjekten wird unter dem Namen «Second Life» aus gebrauchten, leeren NespressoAluminiumkapseln ein zweites Leben eingehaucht. Bislang wurde bereits dafür gesorgt, dass gesammelte Kapseln für die Herstellung neuer verwendet werden. Nun hat die Nestlé-Tochter mit dem aus recycelten Nespresso-Kapseln bestehenden Gehäuse ein Victorinox-Messer in Violett in limitierter Auflage geschaffen. www.second-life.nespresso.com

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DINGE, DIE DAS HERZ ERFREUEN

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GRÜN DAS NEUE – 2/3 –

BLAU?

1 BALENCIAGA Oversized Parka: aus Demna Gvasalias erster Balenciaga-Collection, in Kelly-Grün

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2/3 TEE SIROCCO: Piz Palü, Tee aus Bergkräutern der Schweizer Alpen PUKKA: Night Time, Schlaf fördernder Tee aus Haferblüten, Lavendel und Lindenblüten 4/5 TASCHEN LOUIS VUITTON: Die kleinere Variante der Capucines BB

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FENDI: Handtasche aus weichem, blauem Nappaleder 6/7 GESUNDHEIT MOA: Fortifying Green Bath Potion mit Pfefferminze und Fenchel DR. BRONNER: Naturseife mit Pfefferminze 8/9 SCHOKOLADE BONNAT: Zartbitterschokolade aus mexikanischem Xoconuzco-Kakao

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MAST: Schokolade mit Meersalz der Mast-Brüder aus Brooklyn

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10/11 REISEN HERBARIUM ORBIS: Das grosse Buch der Kräuter und Pflanzen WALLPAPER: City Guide London 12/13 UHREN MEISTERSINGER: Circularis Handaufzug mit einzelnem, langem Stundenanzeiger. Zifferblatt in tiefem «Rensing-Green» NOMOS: Die Metro Nachtblau aus der Neomatik-Serie

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14/15 FLACHMANN STANLEY: Adventure Flask für einen Toast auf die Freundschaft. In «Hammerschlag-Grün» und in «Hammerschlag-Navyblau»

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TOURENATLAS: MAPS ODER APPS ODER LIVE SKI & SNOWBOARD TOURENATLAS SCHWEIZ Markus von Glasenapp und Nicolas Fojtu Verlag Fojtu & von Glasenapp www.helveticbackcountry.ch Er ist nicht mehr ganz frisch wie über Nacht gefallener Schnee. Aber was Markus von Glasenapp und Nicolas Fojtu in ihrem Ski- und Snowboardtourenatlas Schweiz erfasst haben, sucht seinesgleichen, übertrifft alles auf diesem Gebiet: Mehr als 1000 Routen auf 400 Gipfel in 30 Regionen der Schweizer Alpen, die für Ski- und Snowboardtouren geeignet sind. Dazu gehören 30 fein gestaltete Faltkarten. Mit Hinweisen zu Schlüsselstellen. Ein App gibt es ebenfalls. Zudem werden Powdertrips angeboten, Touren in verschiedenen Schwierigkeitsgraden. Vom Col des Mosses (easy) bis Spring Session am Simplonpass (hard). Garantiert werden Bergführer, die «kompetent» und «super sympathisch» sind.

LEICHT UND BEQUEM Das Prinzip scheint ganz einfach. Ein leichter, bequemer Winterstiefel – wie geschaffen für AprèsSki und Autofahren. Gleichzeitig als Boot in einer harten, skelettartigen Schale Teil eines Skischuhs. Entwickelt hat das kleine Wunderwerk namens DAHU (wie das Fabelwesen mit den ungleichmäs­ sig langen Beinen) Nicolas Frey, und zwar in seiner Garage. Um seiner Freundin ein schmerzfreies Skifahren zu ermöglichen. Inzwischen hat die DAHU Sports Company Ltd. bereits mehrere Preise gewonnen, einen auch fürs Design: den reddot award. www.dahusports.com

MIT GELD GEPOLSTERT Grün der US-Dollar, violett das britische Pfund, braun der indonesische Rupiah, bunt der Euro – aus geschreddertem Geld bestehen die Sitzflächen des praktischen Hockers von Angela Mathis. «Value» nennt die Designerin ihre Masterarbeit, bei der sie ramponiertes Papiergeld wiederverwendet hat. Vier Beinelemente aus Furniersperrholz fassen die ungewöhnliche Sitzfläche ein.

BERGE, WIE SIE SIE NOCH NIE GESEHEN HABEN M4 MOUNTAINS Die vierte Dimension Stefan Dech, Reinhold Messner, Nils Sparwasser Verlag Malik «Dieser Band stellt einen Quantensprung in der Naturfotografie dar» (Free Men’s World). «All inclusive. Ein Bildband, der Alpinismus und Weltraumforschung vereint» (Süddeutsche Zeitung). Die Begeisterung ist riesig für den 240 Seiten starken Bildband, der Berge auf völlig neue Weise präsentiert: anhand von Daten aus dem All. Am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entstanden auf Basis von Satellitenaufnahmen aus mehreren 100 Kilometern Höhe digitale Abbilder der Gebirgslandschaften. Aus diesen Aufnahmen schufen Wissenschaftler des DLR am Computer dreidimensionale Abbilder. So wurden »virtuelle« Darstellungen der Berge aus zuvor undenkbaren Perspektiven in bislang unerreichter Präzision möglich. Stefan Dech vom Erdbeobachtungszentrum des DLR hatte 2010 die Idee, die grossen Berge der Welt mithilfe modernster Satellitendaten zu zeigen. Mit dem zusätzlichen Ziel, zu jedem der 13 gezeigten Berge (inkl. Matterhorn und Mont Blanc) den Originalbericht eines Weltklassebergsteigers zu bringen, die Satellitenbilder aus dem All also zu konterkarieren mit ganz persönlichen Erlebnisberichten und teils sehr privaten Fotos. Im Herbst wurden von m4 Mountains auch Ausgaben in Englisch (England, Amerika, Kanada usw.) bei Thames & Hudson lanciert, zudem in Frankreich (Editions Glénat), Italien (Rizzoli) und Spanien (Lunwerg/Editorial Planeta). Eine koreanische Ausgabe (Haroo) soll ebenfalls folgen.

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10 JAHRE FESTIVAL DA JAZZ SEE YOU IN 2017 FESTIVALDAJAZZ.CH

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SPEEDRIDING AM GIPFEL DER JUNGFRAU

GLEITSCHIRM, FREERIDE-SKI, EINE PORTION KÖNNEN UND MUT – FERTIG IST EINE NEUE SPORTART. SPEEDRIDING VERBINDET DAS BESTE VIELER WELTEN. ABER WIE FUNKTIONIERT ES? ALPIN-LEGENDE U ELI KESTENHOLZ ERKL ÄRT ES GERNE.

Tex t : Wer ne r Je ss ne r  Fo t o g ra f i e : Rob e r t B ö s c h

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Ein Mann, ein Schirm, ein Paar Ski: Bewältigung der Berge, wie wir es stets erträumt, nie erlebt haben.


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SPEEDRIDING AM GIPFEL DER JUNGFRAU Die Leichtigkeit, die plötzlich möglich ist: Ueli Kestenholz, der Heli, die Bergflanke, deren Abbruch mit Gleitschirm keinen mehr kümmert.

Der Ernst, der dahintersteckt: Ueli Kestenholz diskutiert mit Bergführer Rolf Schlunegger die mögliche Linie. Und dann endlich: Abflug!

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SPEEDRIDING AM GIPFEL DER JUNGFRAU

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ie soll ich das Gefühl beschreiben?», räsoniert Blondschopf Ueli, der in den 1990er und beginnenden 2000er-Jahren zur Weltelite in unterschiedlichsten Snowboard-Disziplinen gehört hatte,­ mit Medaillen bei Olympischen Spielen, Weltmeisterschaften und X-Games, mithin den relevanten Bewerben des damals noch recht jungen Genres. «Vielleicht formuliere ich es so: Es ist, als ob du träumst, fliegen zu können, und dabei immer wieder ganz sanft den Boden berührst, nur um sicherzugehen, dass du eben nicht träumst.» Nur die wenigsten Adrenalin-Sportler vermögen ihre Profession so poetisch zu beschreiben wie der 41 Jahre junge Mann aus Thun. Einen Speedrider beim Werk zu beobachten, ist ein flüchtiges Vergnügen. Ein Pfeifen, ein Stauben, und weg ist er. Kein Wunder auch bei Geschwindigkeiten von bis zu 150 km/h unter dem Schirm (daher auch der Name). Die verwendeten Exemplare sind sehr klein und wendig, die Skier breit und aufgebogen, damit sie im Schnee leicht aufschwimmen und sich die gesamte Übung schon optisch vom Speedflying unterscheidet, bei dem die Athleten knapp über dem Boden dahinschweben, ihn jedoch nicht berühren. Beim Speedriding gehe es um etwas anderes, sagt Ueli Kestenholz: «Erstmals kannst du den Berg dreidimensional denken und fahren, während Freeriding normalerweise ein zweidimensionales Vergnügen ist. Es beginnt mit der Vorbereitung, mit der Liniensuche, die sich drastisch von allem anderen unterscheidet, was man sonst im Winter macht. Gletscherspalten, grosse Hindernisse sind beim Speedriding kein Thema: Du ziehst am Schirm und fliegst einfach darüber hinweg.» f__ Findest du Parallelen in der Welt von uns Normalsterblichen?

«Natürlich hat Speedriding Einflüsse vom Gleitschirmfliegen, vom Fallschirmspringen, Kitesurfen und Wingsuit-Fliegen, ganz abgesehen von der skifahrerischen Komponente. Die Kombination aus Fahren und Fliegen ist aber einzigartig und macht für mich die Faszination aus. Man fühlt sich in guten Momenten wie in einem Computerspiel, in einem sehr, sehr gut gemachten.» f__ Wie viele Menschen betreiben Speedriding ernsthaft?

«In der Schweiz haben rund 300 Menschen die nötige Zusatzlizenz zum Gleitschirm. Ich schätze, dass rund 50 von ihnen auch regelmässig Skier anschnallen. Wenn es um echtes Freeriden mit Schirm geht, sind wir eine sehr exklusive Gruppe, vielleicht eine Handvoll in der Schweiz.» Um die Kunde der neuen Sportart in die Welt zu tragen, will sie auch entsprechend dokumentiert werden. Ueli Kestenholz und der Fotograf Robert Bösch kennen und schätzen einander seit vielen langen gemeinsamen Jahren. Was der Fotograf am Athleten mag: «Ein Musterprofi.» Was der Athlet am Fotografen schätzt: «Ein Perfektionist.» Was letzterer gleich relativiert: «Natürlich braucht es einen Plan, mit dem man an eine solche Geschichte herangeht. Gleichzeitig braucht es aber auch die Bereitschaft, den besten aller Pläne in der Sekunde umzuwerfen, wenn man merkt, dass er nicht funktioniert.» Zwei Winter lang tüftelten die beiden an der Idee, bis endlich alles stimmte: Schnee, Licht, Location, Helikopter und eine unberechenbare Komponente, die es bei alpinen Shootings normalerweise nicht gibt: Wind. Erst letzten April bei Lauterbrun-

Die grosse Leichtigkeit: Solange die Skier den Boden nicht berührt haben, sind Korrekturen relativ easy, sagt Ueli Kestenholz, der Profi.

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nen an der Jungfrau stimmte schliesslich alles, und trotzdem hatte Robert Bösch Nervenflattern: «Wenn Ueli einmal am Speedriden ist, kannst du als Fotograf nichts mehr korrigieren. Und er als Rider kann auch nur beschränkt reagieren. Ich weiss nicht einmal, ob er mich sieht, ich kann ihn nicht stoppen. Aber er ist Profi, ein Athlet, der mitdenkt. Das erleichtert die Arbeit und erlaubt mir, mich auf die Kommunikation mit dem Helikopter-Piloten zu konzentrieren. Und trotzdem bist du die ganze Zeit auf 200.» 200 Pulsschläge pro Minute meint er damit, in etwa so viel wie sein Sportler vor der Linse, und das ist auch vollkommen verständlich, wenn er mit zwei umgeschnallten Nikon-D5-Digitalkameras, eine davon mit 24–70-Zoom-Optik, die zweite mit einem mächtigen 400-mm-Teleobjektiv, aus der Tür des Helis hängt. Fotos davon? Fehlanzeige. Und trotzdem: Gegenperspektive. Wie sieht das Projekt mit den Augen des Sportlers aus? Ueli Kestenholz: «Nach den Olympischen Spielen 2006 in Turin habe ich meinen Fokus geändert. Seither konzentriere ich mich auf Freeriding, Film- und Fotoprojekte. Ich bin es also gewöhnt, vor der Kamera zu agieren. Aber gerade beim Speedriding ist es wirklich schwierig, sich zu orientieren, ob und wann ich in seinem Frame bin.» f__ Inwieweit kannst du unterwegs eigentlich die Geschwindigkeit variieren?

«Die Schirme reagieren sehr schnell. Zwischen 20 und 150 km/h ist im Grunde alles möglich. Ein Zug, und ich beschleunige, ein anderer, und ich verlangsame den Flug. Was es allerdings komplizierter macht, ist die Kombination aus Fliegen und Fahren: Wenn ich einen Turn am Schnee mache, muss ich die Geschwindigkeit des Schirms daran anpassen und zusätzlich mein Gewicht verlagern. Um bloss am Boden zu bleiben, muss ich einen Bogen fahren und gleichzeitig Speed am Schirm rausnehmen.» f__ Wie fühlt sich die Geschwindigkeit beim Speedriding an?

«Massiv. Man spürt die Aerodynamik deutlich, die Bremswirkung des Körpers. Wenn du fliegst, bist du selten langsamer als 50 Kilometer pro Stunde.» f__ Laut gedacht: Könnte man also theoretisch einer Lawine einfach

davonfliegen?

«Ja, das geht. Grundsätzlich ist es so, dass du in einen heiklen Hang, bei dem die Chance besteht, dass du etwas auslöst, schneller reinfährst – aus genau diesem Grund. Das ist einer der grossen Vorteile, wenn du mit einem Schirm am Berg bist.» f__ Wo lernt man so etwas?

«Dass ich mit dem Fallschirmspringen begonnen habe, hat mir den Einstieg deutlich erleichtert. Und vom Kitesurfen kenne ich das Abheben und Landen.» f__ Eigentlich bist du ja Snowboarder. Warum fährst du jetzt Ski?

«Ich habe es mit dem Board in der Tat auch versucht. Das ist leider nicht sehr elegant, weil du das Board in der Luft quer gedreht hast und es zur Landung immer parallel zur Flugrichtung ausrichten musst.»

f__ Hast du durch deine Snowboard-Karriere dennoch fürs Speedriden profitiert?

«Absolut! Das Auge für die ästhetischste Linie kommt zweifelsfrei davon. Heute habe ich mehrere Arten, wie ich einen Berg sehe. Es ist beinahe eine Berufskrankheit: Ich betrachte einen Hang und überlege mir unterschiedliche Lines für Board, für Ski oder für den Schirm. Wenn die Verhältnisse passen, kann ich es umsetzen. Je mehr Sportarten du beherrschst, desto mehr Spass kannst du haben.»

Loslassen, das sei es, worum es beim Speedriden gehe, sagt Ueli Kestenholz. Uns Gäste lässt er dankenswerterweise durch elaborierte Choreographie ein wenig daran teilhaben. Was sollte man denn sonst schon machen in der Luft als mit den Skiern winken oder den Fotografen sonst irgendwie möglichst stylish bedeuten, dass man ihn entdeckt hat?


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SPEEDRIDING AM GIPFEL DER JUNGFRAU

Es sieht tatsächlich nach reinem, unbändigem Spass aus, wenn Ueli Kestenholz losfliegt, landet, Turns in den Schnee fräst, auf Gletscherspalten zurast, kurz davor abhebt, fliegt, fliegt, fliegt, scheinbar mühelos und nahezu neckisch die Skispitzen auf einem Felsblock aufsetzt, um gleich danach wieder anscheinend schwerelos zu sein, dann knapp über dem Boden dahinzuschweben, rapide an Höhe zu gewinnen und wie aus dem Nichts zu einer Rolle anzusetzen, bei der der Schirm unten ist und Ueli oben, aber nur für einen Moment, dann ist wieder alles ganz normal und es staubt der Schnee wie bei konventionellen Freeridern auch, bloss dass da eben noch der gelb-orange Schirm ist, der Motor, die treibende Kraft, das Unbekannte. Wie aber sehen die Momente aus, denen die Leichtigkeit fehlt, jene Momente, die wir Erdverbundenen nicht zu sehen bekommen? «Kritische Dinge versuchst du vom Berg wegzuhalten. Einmal am Boden, kannst du wenig korrigieren. Das geschieht besser in der Luft. Wenn du merkst, dass die Landung nicht passt, musst du dich schlagartig vom Hang abdrehen und Luft unter den Skiern gewinnen.» f__ Wie lange machst du das schon?

«Seit 10 Jahren.»

f__ Du wirkst auf allem, was man sieht, souverän. Aber gab es auch brenzlige Momente?

«Speedriding ist eine sehr ernsthafte Sportart. Bei aller Euphorie und Leichtigkeit darfst du niemals den Realitätsbezug verlieren. Du musst deine Hausaufgaben machen: Stimmt der Schnee, der Schirm, das Gelände, das Wetter? Erst wenn du jeden dieser Punkte zu 100 Prozent mit Ja beantworten kannst, darfst du dich auf den Weg zum Gipfel machen.» Fotograf Robert Bösch sekundiert: «Du kannst eigentlich nicht scouten. Du musst gemeinsam Entscheidungen treffen, mit aller Erfahrung, und den Dingen dann ihren Lauf lassen. Tag X ist nicht Tag Y, und was von unten vielleicht ganz gut ausgesehen hat, entpuppt sich von oben als unmöglich. Von Ueli weiss ich, dass er wegen der Unberechenbarkeit der Luft oft nicht das machen kann, was er will. Speedriding ist ein sehr komplexer Sport. Es bedarf absoluter Vollprofis, um ihn einfach aussehen zu lassen.» Und wenn der geneigte Leser nun Blut geleckt hätte und das Gefühl, von dem Ueli so wortgewaltig schwärmt, selbst einmal verspüren möchte? «Kein Problem», grinst der Bronzemedaillengewinner von Nagano 1998. «Ich habe einen Tandem-Schirm. Let’s fly!» www.kestenholz.com ENGLISH SUMMARY

S PE E D RIDING In his younger years, Ueli Kestenholz – now 41 – was one of the world’s finest snowboarders. He has won medals at Olympic Games, world championships and X-Games. But he has now found a new passion: Speedflying. Only a small group of people, currently about 300 in Switzerland, have a licence to use their paraglider for this, and Kestenholz estimates that only about 50 of them regularly practice freeriding with a paraglider. The athlete has teamed up with photographer Robert Bösch to document this new discipline. «It’s as if you’re dreaming about being able to fly. You keep touching the ground gently, just to make sure that you’re not actually dreaming.»

Wo der Spass endet: die Rolle. Schirm unten, Kestenholz unten. Absicht, klar. Fotograf Robert Bösch mietete den Helikopter aus eigener Tasche für einen zweiten Tag, um dieses Bild zu komponieren. Am ersten war der Hintergrund von der Sonne angestrahlt.

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MODE WINTER IN DEN ALPEN

DER WINTER IN DEN ALPEN BEGINNT MIT EINER RASANTEN FAHRT. VON DER STADT NACH GSTAAD, DAS CHALETDORF, ALPINES JUWEL IM BERNER OBERL AND. EINCHECKEN IM VIER-STERN-SUPERIOR-HOTEL. UND REIN INS VERGNÜGEN! LOS GEHT’ S MIT EINER KLEINEN KUTSCHENFAHRT. IN BEEINDRUCKENDER BERGWELT, SCHÖN L ANGSAM. VON DER FRISCHE DANN AUF EINEN DRINK IN DIE LOUNGE UND BAR. ANSTOSSEN AUF EINEN STILVOLLEN ABEND.

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RAUS AUS DER STADT! RAUF IN DIE BERGE! Fo t o s : G i a n Ma r c o Cas telberg


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VORHERIGE SEITE

LAURA: Shirt von COS, Regenjacke «Regentag» von Silvertag, Mantel von Max Mara Weekend bei Modissa, Strickhose von Lorenz Bach bei Maison Lorenz Bach.  EDISON: Strickpullover von Inis Meain, Schal von J. Augur Design «Dogon Tribe», Jeans von IMjiT Naturindigo gefärbt, alles bei Dee Cee Style, Jacke von Silvertag, Mütze von Pelikamo, Schuhe von CAT. Koffer «Classic Flight» in Silber und «Topas Titanium» in Champagner-Farbe von Rimowa. DIESE SEITE

LAURA: Steppjacke von Peak Performance, Strickjacke mit Fell von Fabiana Filippi und Gilet reversible von Tory Burch, beides bei Maison Lorenz Bach in Gstaad, Hose von COS, Schnürstiefel mit Fell von Kandahar.   EDISON: Rollkragen-Pullover, Gilet, Mantel und Hose, alles von Lorenz Bach bei Maison Lorenz Bach. Hut von Super Duper bei DeeCee Style. LINKE SEITE

LAURA: Kaschmir-Pullover von Atelier MOD, Gilet SET und Mantel von Hotel Particulier, alles bei Modissa.


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MODE WINTER IN DEN ALPEN

DIESE SEITE LINKS

LAURA: Hose und Pullover von MM6 Maison Margiela bei Modissa, Overknees-Stiefel von Hogan und Jacke von Lorenz Bach, beides bei Maison Lorenz Bach, Ohrring «Loop» von Studio Mason, Koffer «Topas Titanium» von Rimowa. RECHTS

LAURA: Jeans von COS, Jacke von Paul Smith bei Modissa, Hut von Borsalino bei Maison Lorenz Bach, Schuhe von Laco’s Collection bei Scarpa 51 in Gstaad.

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DIESE SEITE LINKS

LAURA: Bluse mit Blumenprint von Paul Smith und Jupe von Mantu, beides bei Modissa, Ohrring «Flow» von Studio Mason, Lack-Schuhe von Benci Brothers. EDISON: Smoking, Smoking-Hemd, Fliege und Manschettenknöpfe, alles von Pelikamo, Lackschuhe von Benci Brothers. RECHTS

EDISON: Blazer von Golden Goose Deluxe Brand und Pullover von Roberto Collina, beides bei DeeCee Style. Wollhose von COS, Handschuhe von Pelikamo.


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DIESE SEITE

EDISON: Pullover von COS, Gilet, Skijacke mit Fellkragen und Skihose (Gore-Tex-Jeans) von Goldwin.

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LAURA UND EDISON: Männer-Pyjamas von Zimmerli. DIESE SEITE

FÜR LAURA: Damenhelm Kask mit Swarovski-Steinen, Alpinstöcke Komperdell aus Carbon. Ski von Lacroix und Skischuhe von Rossignol mit Fellapplikation, alles bei Brand Sport in Gstaad.

BEZUGSQUELLEN

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ALTES EISEN, FRISCHES EIS EINST VERRÄUMT, VERGESSEN, VERSTAUBT, HEUTE ENTDECKT, RESTAURIERT, GELIEBT: «ALPENKNATTERN» HEISST DIE EINZIGE VERANSTALTUNG EUROPAS FÜR HISTORISCHE SCHNEEMOBILE, UND WAS NOCH KÜRZLICH MIT SKEPSIS BETRACHTET WURDE, VERDOPPELT JÄHRLICH SEINE TEILNEHMER.

Te x t : We r ne r Jess n er  Fo t o g ra f i e : Fi l i p Zuan

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Wenn einander Mensch und Maschine wiederfinden: Ski-Doo aus den 1970er Jahren mit einem glücklichen Menschen hinter dem Lenker, dessen Bart bei der Erstauslieferung noch nicht die Farbe von Schnee hatte. Neben frischer Liebe zu alten Schlitten feiern beim Alpenknattern auch bewährte Seilschaften das Revival einer schönen Jugend.


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Offene Ansaugtrichter für robuste luftgekühlte Zweitakt-Motoren, handgestrickte Elektrik, dickes Blech und Fahrwerkstechnik, die selbst Kinder durchschauen: Bereits eine einigermassen gut gefüllte Werkzeugkiste sichert in der Regel Mobilität und Speed im Schnee, und falls die alte Technik wider Erwarten doch einmal hartnäckiger zicken sollte, hilft man einander gerne mit Ratschlägen und heilenden Händen aus der Klemme.


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«Ich habe sämtliche Schweizer Meister durchtelefoniert und mich als Boxenluder oder Dödel vom Dienst angedient, wenn ich im Gegenzug als Mechaniker angelernt und in die Szene eingeführt würde.»

W

as ist ein Motorschlitten? Nicht technisch, denn das ist klar: eine Blechwanne mit Raupenantrieb und einem oder zwei Skiern zum Lenken. Aber was ist das Wesen eines Motorschlittens, welches Tier wäre er, könnte er eines sein? Er wäre wohl ein Arbeitspferd, wahrscheinlich ein Haflinger. Anspruchslos, arbeitsam, praktisch, stark, und wenn seine Zeit gekommen ist, dann wird keiner sentimental. Die Hüttenwirte, Jäger oder Seilbahnbetreiber, denen Schneemobile jahrelang treu gedient haben, stellen sie in irgendeinem Frühjahr weg und haben das Wrack bis Herbst, wenn das neue in Dienst gestellt wird, auch schon vergessen. Da stehen sie dann in Scheunen, Speichern, manchmal sogar im Freien, und keiner kümmert sich mehr. Bis dann eines Tages das Telefon läutet und sich jemand völlig überraschend für das alte Ding interessiert. Bislang war die Chance, dass Mike Zweifel am anderen Ende ist, sehr gross. Der Mann aus Fanas ist, das kann man ruhigen Gewissens in dieser Absolutheit stehen lassen, eine internationale Autorität auf dem Gebiet historischer Motorschlitten. Geübt hat Mike Zweifel, wenn man so will, mit alten Rennmotorrädern, er hat da seit frühen Jahren eine einschlägige Geschichte. Er der eigentlich Grafiker und Fotograf ist, hatte sich ein Honda-CB750-Rennmotorrad gekauft, war technisch jedoch komplett unbeleckt. Was also tun?

Liebe und Wissen kulminierten in drei Bänden über die Geschichte des Töffs in der Schweiz, penibel recherchiert und im Zweifelsfall mehr den Menschen darauf als dem Eisen unter ihnen verpflichtet: Die Serie «Motorradfahren in der Schweiz» spannt sich über 100 Jahre Abenteuer, Fortschritt und Staunen, ein Standardwerk seiner Gattung und mehrfach prämiert. Bei der Recherche entstanden tragfeste Freundschaften zu grossen Namen wie Luigi Taveri, dem dreifachen Motorrad-Weltmeister. Mike Zweifel war, ohne es darauf angelegt zu haben, zum Zentrum des historischen Zweirad-Kosmos in der Schweiz geworden. Doch das war unserem Mann nicht genug. f__  Wer will, findet immer Zeit, sich zu lang-

f__ Wie haben sie reagiert?

weilen.

«Alle bis auf Rudi Gächter in Bischofzell haben mich ausgelacht. Der hat gemeint, ich könne kommen, müsse aber jeden Samstag pünktlich um 7 Uhr in der Früh in seiner Werkstatt sein. Ich wohnte damals in Zürich, eineinhalb Stunden entfernt. Keine Sekunde habe ich gezögert. Rudi hatte ein altes Postauto als Renntransporter, bei dem die Schiebetüren kaputt waren und bei jedem Bremsen oder Beschleunigen auf- und zugeschlagen sind. Die Motorräder hatten mehr Platz zum Schlafen als wir. Es war eine tolle Zeit.»

«Motorradfahren schön und gut, aber was macht man im Winter? Da kam ich auf die Idee mit den historischen Motorschlitten. So traf es sich gut, dass mich Flims gefragt hat, ob ich eine Jahresausstellung mit Motorrädern machen könne. Ich bestand darauf, nur Schweizer Geräte auszustellen, beginnend mit einem Dreirad bis in die 1980er mit Eglis Rennmaschinen. Die Verantwortlichen waren skeptisch.»

Mit der Zeit wuchsen nicht nur die technischen Fähigkeiten Zweifels, sondern auch sein Verantwortungsbereich. Gächter setzte ihm eines Tages einen Floh ins Ohr: Ein Revival der schweizerischen Bergrenn-Meisterschaft für historische Motorräder wäre doch schön. Zwei Jahre später hatte Zweifel es geschafft und eine seriöse Meisterschaft mit 8 Läufen auf die Beine gestellt. f__ Was war Ihre Motivation?

«Ich war fasziniert vom Menschenschlag des Rennfahrers und von der alten Technik. Mitte der 1980er mit VorkriegsRennmaschinen Bergrennen zu fahren, war total exotisch. Man wächst halt so mit.» f__ Kommerzielle Interessen?

«Null.» f__ Woher kommt eigentlich ihre Liebe zu al-

ten Dingen?

«Meine ElternwarenAntiquitätenhändler.»

f__ Hat es also funktioniert?

«Der Erfolg war gigantisch. So kam es zu meiner Verbindung mit Flims. Als ich meine Idee einer Winter-Veranstaltung mit historischen Motorschlitten präsentiert habe, hielten sie mich dennoch für verrückt. Ich kannte das schon.» Wir ahnen: Man liess den Verrückten gewähren, stellte einen Platz nahe dem Ortszentrum zur Verfügung und sorgte ­für die Genehmigungen. Doch jetzt begann die Arbeit, die gleichzeitig Spass war und den Sammlertrieb befriedigte: Mike Zweifel und die Seinen begannen, alte Snowmobile zusammenzukaufen und zu restaurieren, um das Starterfeld aufzufetten. Die Preise für die Wracks waren anfangs sehr niedrig. Um ein paar hundert Franken gab es bereits passable Geräte, heute undenkbar. Durch das «Alpenknattern» und die ansteckende Begeisterung von Zweifel und den Seinen ist längst ein Markt entstanden, und Zweifel findet das gut, selbst wenn es zulasten des eigenen Budgets geht. War das Starterfeld im ersten Jahr noch überschaubar, kamen im zweiten Jahr bereits gut 50 Schneemo-

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Kein Zweifel: Unter diesem originalen Helm in charakteristischem Ski-Doo-Gelb steckt Mike Zweifel persÜnlich, Mastermind hinter dem frÜhlichen Alpenknattern. Super ist, dass ehemalige Rennschlitten, Arbeitspferde und Freizeitgeräte absolut gleich behandelt werden. Exoten sind so willkommen wie Massenprodukte, und statt perfekter Restaurationen steht stets der Spass im Vordergrund.


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ereilt hat und nur mehr die Guten übrig sind und gemeinsam Spass an ihren bunten Geräten haben. f__ Haben historische Motorschlitten eigent-

lich überhaupt irgendwo Feinde, Mike Zweifel?

«Eine Anwohnerin hat den WWF alarmiert, doch selbst die konnten nichts Verwerfliches an unserem Tun erkennen.»

bile nach Flims, und 2017 wird bereits die Hunderter-Marke fallen, wenn man den Voranmeldungen trauen darf. Die Idee des «Alpenknatterns» ist stark vom Konzept der historischen Bergrennen inspiriert. Alle Teilnehmer absolvieren mehrere Runden, es geht um Gleichmässigkeit. Jeder fährt so schnell er will, und selbst jene, die schnell fahren wollen, stossen mit ihren Schlitten aus den 1960ern oder 1970ern bei maximal 50 Kilometern pro Stunde an eine gläserne Decke. Das Unfallrisiko ist minimal, der Spass gross, was vor allem daran liegt, dass die knatternden Schätze endlich Auslauf bekommen. Eigentlicher Höhepunkt des Alpenknatterns – zumindest für die Fahrer – ist nicht der eigentliche Bewerb, bei dem es stilistisch perfekt abgestimmte Pokale zu gewinnen gibt, sondern die klandestine gemeinsame Nacht-Ausfahrt auf eine Berghütte in der Nacht von Freitag auf Samstag. Durch ein verschneites Tal geht es auf den Berg hoch, das Licht der Scheinwerfer flackert zwischen den Bäumen, Schneekristalle leuchten, glücklich drehen die alten Zweitakt-Motoren, emsig schaufeln die Antriebsraupen den Schnee hinter sich, oben haben alle kalte Nasen und sind glücklich. Freilich ist das Fondue schon vorbereitet. f__ Gibt es auch Probleme?

«Technischer Natur? Kaum. Motorschlitten sind relativ einfach aufgebaut. Armand Bombardier hat erkannt, dass man die Kette vorne antreiben muss statt in der

Mitte, wie es Yamaha einst versucht hat. Das macht die Übung einfacher. Man weiss, wie es geht. Das technische Wissen, das man braucht, ist überschaubar. Viele Schlitten bestehen aus Aluminium, darum gibt es kein Rost-Problem. ZweitaktMotoren sind einfache Konstruktionen. Bloss um die Membrane der Vergaser muss man sich kümmern. Das ist zu 99 Prozent der Fehler, wenn ein Motor nicht anspringt.» f__ Woher kommen die Motoren?

«Meist stammt die Basis von Motorrädern. Das ist ja das Gute: Ersatzteile findest du auch in der Motorrad-Abteilung. Das gilt übrigens auch für Anbauteile wie Rücklichter. Selbst totale Exoten haben viele Serienteile verbaut. Das Internet hat alles und weiss sehr viel.»

Was danach kam, illustriert vielleicht am Besten, wie die Macher des Alpenknatterns ticken: «Wir haben uns prompt bei der Dame vorgestellt und ihr angeboten, sie dürfe eine Runde am Rücksitz mitfahren. Sie hat zugesagt, und als sie nach einer halben Stunde wieder abgestiegen ist, hatte sie leuchtende Augen. ‹So ein Spass›, hat sie gesagt, ‹vielen Dank. Jetzt habe ich ein anderes Bild. Und dieser süssliche Geruch erinnert mich an meine Jugend: Wie die Mopeds damals.› Hat also der gute alte Zweitakter tatsächlich eine neue Freundin gefunden.» ALPENKNATTERN 2017 24. bis 26. Februar 2017 in Flims www.alpenknattern.ch

f__ Der Totalschaden in der Scheune hinter

dem Haus ist also gar keiner?

«Wenn der Gummi der Antriebsraupe kaputt war, war das früher schwierig. Aber wir haben eine Möglichkeit gefunden, selbst das zu reparieren.» Man darf sich das «Alpenknattern» als fröhliche Veranstaltung Gleichgesinnter mit unterschiedlichstem Background vorstellen. Der pensionierte Liftwart tauscht sich mit dem Unternehmer aus, der jugendliche Bastler mit der Familie des aus Deutschland angereisten Anwalts, dazwischen geht man essen oder nimmt Schaulustige mit auf eine Runde oder fachsimpelt mit Kollegen oder tut das, was die nächste Generation «chillen» nennen würde. Auf dem Motorschlitten sind alle gleich, was auch daran liegt, dass man sich sehr viel Mühe mit dem korrekten Outfit gibt. Alte Anzüge, alte Helme, fast möchte man meinen, man wäre in den Abspann eines frühen James-Bond-Drehs geraten, bei dem die Schurken ihr Schicksal längst

ENGLISH SUMMARY

A LP E NK NAT T E R N Graphic designer and photographer Mike Zweifel has always had a passion for old engines. In the 1980‘s he set up an Alpine competition for pre-war motorbikes and soon became one of Switzerland‘s most sought after experts for classic motorbikes. After a successful exhibition he helped to organise in Flims, Zweifel approached the local authorities with a rather unusual idea: a race of old snowmobiles. He named the event «Alpenknattern», which roughly translates as «Alpine clatter». Its first edition in 2015 attracted only a handful of participants, but a year later there were 50, and the race‘s forthcoming 3rd edition in February 2017 is expected to have over 100 starters.

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JAGD STEINWILD

Eine Steinbock-Verband unterhalb des Piz Languard, an schwierig zugänglicher Stelle. Längst haben die Tiere die Jäger gesehen.

Tex t: Wolfram Mei st er  Fo t o graf i e: R obert Bö sch

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IM HOCHGEBIRGE DER ALPEN EINEN KAPITALEN STEINBOCK ZU ERLEGEN IST DER LEBENSTRAUM VIELER JÄGER. DIE GELEGENHEIT DAZU BIETET SICH NUR WENIGEN UND IST PRAKTISCH EINMALIG.

EIN STEINBOCK IM VISIER


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Mit festen, gleichmässigen Schritten geht es obsi: Vater Beni Kleger mit seiner Blaser. Vor ihm seine beiden Söhne, Nicolas und Fabian, mit einem bayrischen Gebirgsschweisshund. Sowie der Wildhüter Daniel Godli.

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Mit Fernrohren werden die Tiere beobachtet, es wird versucht, einen 4- bis 5-jährigen Bock auszumachen. SteinbÜcke sind flinke und sichere Kletterer und von Natur aus ausgesprochen neugierig.


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Beni Kleger legt seine Blaser auf dem Rucksack auf, nimmt seinen Steinbock ins Visier, legt die Finger der linken Hand auf die rechte Hand, drückt ab. Ein sauberer Schuss.

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ie drei Jäger sind nicht gerade geprächig. Es ist noch früh am Morgen, das Wetter einigermassen freundlich, der Weg steil. Selbst Gian und Giachen, die rotzfrechen Plauder-Steinböcke aus den Graubünden-TV-Spots, hätten jetzt wahrscheinlich mit Lästern aufgehört und sich aus dem Staub gemacht. Das Trio, eine verschworene Gemeinschaft, ist am Tag zuvor schon hochgestiegen. Jetzt, am zweiten Tag, geht es wieder festen Schritts obsi. Es ist Oktober, Steinwildjagd. Die drei Männer haben zwei Blaser und eine System Guler mit dabei, Kaliber 10,3. Und Smire, ihren bayrischen Gebirgsschweisshund. Zwei der Jäger tragen Rucksäcke, Fabian ist mit 25 der Jüngere, Nicolas mit 27 der Ältere. Ihr Vater, Beni Kleger, geht mit ihnen seit Jahr und Tag zur Jagd. «Ich war drei, vier Jahre alt», versucht sich Fabian Kleger am Abend zu erinnern, wann er das erste Mal mit auf die Jagd durfte. «Einfach immer schon», kürzt er ab, «die Jagd gehört zu unserem Leben.» Man glaubt ihm das aufs erste Wort. Kein Jägerlatein jedenfalls, denken wir. Die Klegers haben das mit im Blut, sind erfahrene Waidmänner. Alle drei. Es geht um das Aufspüren von Steinwild. Wie schon am gestrigen Tag. Genauer: um einen 4 1/2- bis 5-jährigen Steinbock aus der Piz-Albris-Kolonie. Das mit dem Alter lässt sich so genau sagen, weil bei der Auslosung alles bis ins kleinste Detail vorgeschrieben ist. Ohne nachzudenken, schien uns klar, dass dieser Steinbock Beni Kleger gehört. Wobei das nur insofern eindeutig war, weil die beiden Söhne in den letzten Jahren je einen Steinbock schiessen durften, sie sich jetzt also wieder länger werden gedulden müssen. Für den Abschuss einer Geiss und eines Bockes konnten sich für die Steinwildjagd 2016 (beispielsweise bei einer zweiten Jagd) nur Jäger anmelden, die nach einer ersten Steinwildjagd in den Jahren 1977 bis 2006 eine mehrjährige

Ein Rudel Steinböcke. Aber auch ein Bergwanderer, nein, ein Fotograf. Glücklicherweise kennt man sich. Alles löst sich in Minne auf. Und es entstehen die Bilder dieser Seiten

Erfahrung auf der Hochjagd vorweisen können (mindestens fünf Jahre). Zusätzlich braucht es etwas Losglück. Die Böcke werden nach Alter des Jägers zugeteilt, was bedeutet, dass die jüngeren Jäger Jungtiere erlegen und den älteren Jägern die älteren Böcke zugeteilt werden, den 45- bis 54-jährigen Jägern beispielsweise 4- bis 5-jährige Böcke. Im Jahr 2015 waren 5699 Jäger und 219 Jägerinnen im Bündnerland auf der Jagd. Lediglich 255 waren zur Steinwildjagd zugelassen. Der Steinwildbestand im Frühjahr 2015 lag bei 6400 Tieren (Hirsche: 16 000, Rehe: 15 000, Gämse: 24000); erlegt wurden beim Steinwild im Jahr 2015 in ganz Graubünden 503 Tiere. In den Schweizer Bergen leben heute in etwa 60 Kolonien rund 14000 Steinböcke. Im gesamten Alpenraum wird der Bestand auf 40000 Tiere geschätzt.

Zur Piz-Albris-Kolonie gelangt man von den Berninahäusern übers Heutal, dort geht es im Zickzack steil den Weg hoch. Es ist frisch wie am Tag zuvor. Die Witterungsbedingungen sind aber nahezu ideal. Kein Nebel, kein Schnee. Überraschend gesellt sich Daniel Godli zu den Klegers. Seit über 30 Jahren Wildhüter in Pontresina, gilt der frühere Bergführer und Skilehrer als einer der grossen Steinbockkenner des Engadins. Bewundernd wird er selbst von offizieller Seite der «SteinbockFlüsterer» genannt (www.pontresina.ch). Für Godli ist das Engadiner Seitental ein idealer Lebensraum für die grösste Steinbockkolonie der Schweiz. «Steinböcke sieht man in Pontresina zu jeder Jahreszeit. Im Winter und Frühling sieht man sie bereits vom Dorf aus.» Spätestens im Juni sind sie weg und nur noch in höheren Gefilden wie der Alp Languard anzutreffen. Dort, unterhalb des Piz Languard, sehen die Klegers ein Rudel Steinböcke. Aber auch einen Bergwanderer, nein, einen Fotografen. Glücklicherweise kennt man sich. Alles löst sich in Minne auf, und es entstehen schliesslich die Bilder dieser Seiten von einer Steinbock-Jagd im Engadin. Mit Fernrohren werden die Tiere beobachtet, ein Verband von etwas über 20 Tieren, und es wird versucht, einen 4- bis 5-jährigen Bock auszumachen. Was gar nicht so einfach ist. Gehörne alter Steinböcke erreichen eine Länge von über 80 Zentimetern, während die der Ziegen selten über 35 Zentimeter lang sind. Im Gegensatz zu den Geweihen von Hirschen, welche jedes Jahr abgeworfen werden und sich auf die Brunftzeit hin wieder aufbauen, wächst das Gehörn der Steinböcke ein Leben lang. Von der Zahl der Jahresfurchen lässt sich auf die überstandenen Winter schliessen. Am Übergang vom jährlichen Gehörnzuwachs zum nächsten bildet die hintere Hornkante eine recht deutliche Linie, welche die Altersbestimmung vereinfacht. Die Knoten auf der vorderen Seite des Steinbockgehörns stimmen mit den Jahresringen nicht überein. In der Regel


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Der erlegte Steinbock, ein Prachttier. Jetzt wird er von den Klegers zu Fuss ins Tal gebracht werden. Der Abschluss eines erfolgreichen, grossen Jagdtages.

werden zwei Knoten pro Jahr ausgebildet, die kräftigsten zwischen dem dritten und dem siebten Lebensjahr. Steinböcke werden bis zu 90 Kilogramm schwer, sind trotz ihrem Gewicht äusserst flinke und sichere Kletterer, von Natur aus ausgesprochen neugierig und entsprechend wenig scheu, selbst gegenüber Menschen. Sie leben in gemischtaltrigen Rudeln und fliehen bei Gefahr hang­ aufwärts. Weibchen bilden zusammen mit Kitzen und Jährlingen eigene Gruppen. Während der Brunftzeit bilden sich dann Verbände beiderlei Geschlechts. Beni Kleger scheint die Ruhe selbst zu sein. Wir haben ihn nie gefragt, wie viele Tiere er in seinem Leben erlegt hat. Er stützt seine Blaser auf dem Rucksack auf, nimmt seinen Steinbock ins Visier, legt

ENGLISH SUMMARY

H U NT ING It is early morning in October, Beni Kleeger and his two sons Nicolas and Fabian are climbing uphill with two Blasers and a System Guler, calibre 10,3. And Smire, their Bavarian mountain welsh dog. „Hunting is part of our life since we were 3 or 4 years old“, Fabian, the youngest, explains. They are looking out for a 4 1/2 to 5-year-old ibex from the Piz-Albris colony. A hunter does not only need to be very experienced, but also have luck of the draw. In the Swiss mountains approximately 14,000 ibexes live in about 60 colonies, the Engadin side valley being an ideal habitat for the largest ibex colony in Switzerland. Finally they meet a pack of 20 animals and are able to make out their buck by the length and shape of his horns. What is left for Beni Kleeger now is to take aim and fire. A clean shot, the pack pushes apart, and the Klegers retrieve the dead animal. In the evening, the wild cuisine of Beni and Nicolas Kleger is served in the „Bellavista“ in Surlej, a congenial conglomerate of hotel, restaurant, cottage and in-house meat drying.

die Finger der linken Hand auf die rechte Hand, drückt ab. Ein sauberer Schuss, das Rudel stiebt auseinander, und die Klegers gehen hinauf zum toten Tier. Die anderen Steinböcke sind in den Fels geflüchtet. Ein sicherer Ort. Abends im «Bellavista» in Surlej, einem sympathischen Konglomerat aus Hotel, Restaurant, Hütte und hauseigener Fleischtrocknerei, wird die wilde Küche von Beni und Nicolas Kleger serviert. Hirschfilet «Stroganoff», ein Wildfondue, ein Rehrücken «Baden-Baden». Fabian Kleger bringt ein Brettchen mit frisch aufgeschnittener Hirschbinde – «ja, aus eigener Jagd, im September geschossen, den Oktober in der Fleischtrocknerei veredelt». Die Steinbockjagd sei weniger verbissen wie jene beim Rotwild, meint er. Sein Vater gesellt sich dazu und beginnt ein bisschen zu philosophieren, über die Jagd, die ihm und seinen Söhnen so am Herzen liegt, so viel bedeutet. «In einem anderen Leben würde ich gerne als Hirsch auf die Welt kommen», lacht er. «Keinesfalls als Kuh. Hirsche leben bei uns wie in einem Biotop.» Ihre Jagdhütte im Bergell besuchen die Klegers so oft wie möglich. Es sei ein traumhafter Rückzugsort für sie, auch wenn es sehr eng sei. «Man muss natürlich schon miteinander auskommen.» In 45 Minuten ist die Hütte zu erreichen, nachdem man ein Stück mit dem Auto zurückgelegt hat, ausserhalb der Jagdzeit. Während der Jagd muss das Fahrzeug unten im Tal stehen bleiben, dann dauert der Aufstieg zwei Stunden. Beni Kleger hat mit seiner Frau Corinna, was seine gut ausgebildeten Söhne angeht, rechtzeitig vorgeplant. Zwei junge Hirsche in einem Betrieb ist etwas viel, dachten sie. Nicolas Kleger arbeitet deshalb mehrheitlich im «Bellavista», Fabian Kleger in dem von der Familie in Pacht genommenem «Salastrains» mitten im Skigebiet Corviglia in St. Moritz. Beim Hinausgehen sehen wir im «Bellavista» den müden Haushund, dem wir kurz über den Kopf streichen – ja, es ist Smire, der bayrische Gebirgsschweisshund.


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R A L LY E STÉPHANE PETERHANSEL

KEIN PILOT HAT DIE LEGENDÄRE RALLYE DAKAR ÖFTER GEWONNEN ALS STÉPHANE PETERHANSEL. EIGENTLICH KÖNNTE DER 51-JÄHRIGE WAHLSCHWEIZER JETZT IN DEN RUHESTAND TRETEN. EIGENTLICH.

Te x t : N i na Ve tt e rl i Fo t o g ra f i e : G i a n Ma r c o C a s t e l b e rg

Monsieur Dakar Lebt zurückgezogen in den Walliser Alpen, stellt sich ein Leben ohne Motorsport aber «furchtbar langweilig» vor: Stéphane Peterhansel.

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Fast 10 000 Kilometer durch die Wüste bei Renntempo – die Rallye Dakar gilt als ultimative Belastungsprobe für Mensch und Maschine.

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and, Schlamm, Schotter, Gestrüpp und Staub. Vor allem Staub. Viel, viel sichtvernebelnder Staub bei ra­sender Geschwindigkeit, kräftezehrendem Gerumpel, ohrenbetäubendem Motoren­ lärm und ständ­­­igen Anweisungen von der Beifahrerseite. Wo geht’s lang? Dort? Oder dort? Kurz rekapitulieren. In den Weiten der Uyuni-Salzwüste oder schwindelerregenden Höhen der Anden nach Anhaltspunkten suchen. Dann weiter, immer weiter geradeaus, nach links, nach rechts, bergauf, bergab in der mal brüllenden Hitze, mal klirrenden Kälte. Die Zeit drängt, die Luft wird zuweilen dünner, die Konzentration lässt nach, da und dort steht ein Quad oder Truck im Weg, aber jetzt sich bloss keinen Fahrerfehler erlauben! Bloss keinen Unfall! Und bitte auch keinen technischen Defekt, der zum Anhalten, Aussteigen und Reparieren zwingt! Nein, weiter, schneller, weiter über bis zu 931 Kilometer hinweg. An einem einzigen Tag. Bevor es am nächsten Tag nach einer womöglich schlaflosen Nacht im Zelt weitergeht. Genauso am übernächsten. Am überübernächsten. Sogar am überüber­ übernächsten. Erst nach 15 Tagen, 13 Etappen und rund 9 000 Kilometern ist der durch Paraguay, Argentinien und Bolivien fegende Wüstenwahnsinn vorbei, und mit etwas Glück – präziser noch: fahrerischem Können, starkem Willen, guter Kondition und einem erfahrenen Co-Piloten – geht man

daraus als Sieger hervor. Vielleicht ist es sogar derjenige, der zwischen 1991 und 1998 schon sechsmal auf dem Motorrad gewann, im Januar 2016 seinen sechsten Sieg im Auto einfahren konnte, in der Rennszene längst «Monsieur Dakar» genannt wird und als erfolgreichster Pilot in der 1979 begründeten Geschichte der härtesten Rallye der Welt gilt. Ja, und dann? Sitzt er in einem kleinen Café in seiner Wahlheimat Crans-Montana an einem Ecktisch, trinkt einen Espresso und wird lediglich von seiner Interviewerin beachtet. Der Mann am Nebentisch macht jedenfalls keine Anstalten, um ein Autogramm zu bitten. Vom Mittzwanziger an der Bar kommt kein Starren und Zögern gefolgt von einer schüchternen SelfieAnfrage. Noch nicht einmal die Wirtin besteht auf einem Erinnerungsfoto zur Aufwertung ihres unscheinbaren Lokals. Stéphane Peterhansel? Nie gehört, würden sie im Café wohl sagen. Man könnte sie allenfalls mit Sebastian Vettel oder Lewis Hamilton beeindrucken – sehr jugen Männern, die auf Asphalt im Kreis herumfahren. Ist das nicht ungerecht? Der 12-fache Dakar-Sieger lacht schulterzuckend und seine Reaktion wirkt nicht nach Koketterie. «Keine Ahnung ob die Formel 1 schwieriger zu gewinnen ist oder ob sie mehr Spass macht, aber sie geniesst nun mal ein grösseres mediales Interesse», meint er. Er persönlich habe sowieso lieber seine Ruhe. «Je weniger du in den Medien bist, desto höher ist deine Lebensqualität.» Dieses Bedürfnis nach Ruhe erklärt denn auch, weshalb der aus der Nähe von Besançon stammende Franzose dann – wenn er nicht gerade in Südamerika bei der Dakar antritt, weitere Wüsten-Rallyes auf anderen Kontinenten bestreitet oder

in Marokko Testkilometer zurücklegt – in den Alpen weilt. Nicht aber, warum es sich um Schweizer Alpen handelt. «Mein Osteopathie-Therapeut zog vor über zehn Jahren nach Crans-Montana», erklärt er. Statt sich einen neuen zu suchen, sei er gelegentlich für einen Termin ins Wallis gefahren. Die Region habe ihm derart gefallen, dass er zunächst ein Chalet mietete und später ein Haus kaufte. Peterhansel mag die hiesige Mentalität, die er trotz frankophoner Bevölkerung als «ein bisschen deutsch» bezeichnet, und auch seine Frau – tatsächlich Deutsche und übrigens ebenfalls Dakar-erfahren – fühlt sich hier wohl. Vor allem liebt er die Weiten der Natur auf dem sonnenverwöhnten Hochplateau, die es ihm erlaubt, direkt vor der Haustür zu joggen, wandern, bergsteigen, biken und im Winter auf Skitour zu gehen. Sport müsse sein, um die Strapazen einer Marathon-Rallye durchzuhalten, betont der Rennprofi, doch mit Fitnessstudios und Simulatoren wisse er nichts anzufangen. «Ich trainiere auch bei Regen immer im Freien.» Wie er zum Motorsport kam, kann Peterhansel erklären: durch seinen Vater, der selber Offroad-Rennen fuhr und ihm schon als Jugendlicher sein erstes EnduroBike verschaffte. Dass er bis heute nicht davon losgekommen ist, wundert ihn aber manchmal selbst. «Als ich 35 war, fand ich die damals 50-Jährigen viel zu alt zum Rennfahren.» Nun ist er 51-jährig und hat bei der letzten Dakar-Ausgabe alles erreicht, wovon er geträumt hatte: einerseits den Ausgleich zwischen der Anzahl Siege im Auto und auf dem Motorrad zu schaffen, und andererseits nach elf Triumphen mit einem deutschen oder japanischen Team auch mal für ein französisches zu gewinnen. Das sei ihm, der seine Kindheit ne-

«Manchmal ärgert es mich, nicht anhalten zu können, um ein Foto zu machen»

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Hohe Erwartungen: Im Januar 2017 wird der 12-fache Dakar-Sieger erneut mit dem Peugeot DKR an den Start gehen.


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Ehrgeizig, aber nicht verbissen: Die Jahre als Motorradrennfahrer haben Peterhansel gelehrt, auch im Auto keine unnötigen Risiken einzugehen.

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RALLYE DAKAR

ben dem Peugeot-Werk Vesoul verbrachte, nicht nur aus patriotischen Gründen eine Herzensangelegenheit gewesen: Die Ende der Achtziger dominierenden PeugeotWüstenrenner hätten für ihn stets mythischen Charakter gehabt; nur zu gerne wäre er bei seinem Umstieg von zwei auf vier Räder 1999 für die Löwenmarke gefahren, wenn denn die Franzosen nicht schon 1990 aus dem Rallye-Raid-Zirkus ausgestiegen wären. Keine Sekunde zögerte er darum, als vor drei Jahren über das Comeback entschieden und er als Pilot angefragt wurde. «Ich war hochmotiviert, der erste Fahrer zu sein, der Peugeot nach der langen Pause wieder einen Sieg einbringt», erzählt er. Peterhansel räumt ein, zu Beginn des Jahres übers Aufhören nachgedacht zu haben. Dazu kommt, dass die Dakar für ihn nicht mehr das ist,was sie einst war. Damals, als die Rallye ihrem ursprünglichen Namen entsprechend von Paris in die senegalesische Hauptstadt führte, drei Wochen dauerte und man unter härtesten Bedingungen, ohne Ortungssysteme, fernab von der Zivilisation unterwegs war, sei sie ein wahres Abenteuer gewesen. So nachvollziehbar der Wechsel nach Südamerika infolge von Terrordrohungen 2008 gewesen sei: «Mein Herz bleibt mit der Dakar in Afrika.» Aber deshalb aufhören? Undenkbar! «Ein Leben ohne Motorsport stelle ich mir furchtbar langweilig vor!» Bis heute schafft es der Dakar-Rekordhalter nicht einmal, die drei- bis sechsmonatigen Pausen zwischen Terminen durchzuhalten, ohne zum Spass an einem kleinen Motorradrennen teilzunehmen. Der Wettkampf, die Herausforderung, das Gewinnen liegt in seiner Natur. Er, der es schon als 14-Jähriger zum Skateboard-Landesmeister und später zweifachen Enduro-Weltmeister

1977 verirrte sich ein Motorradfahrer namens Thierry Sabine während einer Rallye in Libyen. Der Franzose überlebte nur knapp, doch die Wüste liess ihn nicht mehr los und brachte ihn – getreu seinem Leitsatz «If life gets boring, risk it» – auf die Idee zu einem eigenen Rennen, das von der französischen in die senegalesische Hauptstadt führt. Am 26. Dezember des darauffolgenden Jahres fiel der Startschuss zur ersten Rallye Paris–Dakar: 170 Teilnehmer auf zwei und vier Rädern machten sich auf den Weg in ein entbehrungsreiches Abenteuer, das fortan jährlich durchgeführt wurde. Wegen zahlreicher Todesfälle geriet die Veranstaltung immer wieder in die Kritik, 1986 kostete ein Helikopterunfall während der Rallye sogar den Gründer das Leben, und infolge einer Terrordrohung 2008 wurde das Rennen von Afrika nach Südamerika verlegt. Dem Mythos tat dies aber keinen Abbruch. Mit einer Ausfallquote von 40 bis 50 Prozent gilt die Rallye Dakar als ultimative Belastungsprobe und zieht damit Mensch und Maschinenhersteller gleichermassen in ihren Bann. Die gut 9000 lange Route der kommenden 39. Rallye Dakar führt die Teilnehmer durch drei Länder: Paraguay, Bolivien und Argentinien. Start ist am 2. Januar 2017 in Asunción, der Hauptstadt von Paraguay. www.dakar.com

brachte, findet es befremdlich, wenn die neue Generation von Rennfahrern Motivationstraining braucht. «Entweder man hat es, oder man hat es eben nicht», sagt er und tippt sich dabei an den Kopf. Ob er keine Angst habe, dass ihm noch etwas passieren könnte? Immerhin gilt die Rallye Dakar nicht nur als härtestes, sondern mit bislang 67 Todesopfern auch als gefährlichstes und umstrittenstes Rennen der Welt. Der zweifache

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Vater scheint für einen kurzen Moment zu überlegen, auf den Holztisch zu klopfen, schüttelt dann aber entschieden den Kopf. «Die meisten Unfälle passieren mit dem Motorrad. Für jeden Fehler bezahlst du. Meinen besten Freund vor mir sterben und einen Teamkollegen im Rollstuhl landen zu sehen, hat mich dazu bewogen, mit 33 Jahren aufs Auto umzusteigen. Und auch dort gehe ich nicht zu viele Risiken ein. Ich schalte den Kopf nie aus und gebe immer nur 90 statt 100 Prozent.» Dadurch sei er vielleicht nicht der Schnellste, dafür sehr gleichmässig unterwegs. Weder sein Alter, die erreichten Ziele, der Wandel der Rallye noch die Angst vor Unfällen können Stéphane Peterhansel demnach davon abhalten, im nächsten Januar ein weiteres Mal in seinem Peugeot 3008 DKR an den Start zu gehen. «Ich liebe es, mit einem Rennwagen durch die Wüste zu fahren, habe vermutlich das beste Auto im Feld, werde dafür bezahlt und habe die Chance, nochmals zu gewinnen. Wie sollte ich da Nein sagen können?» Das Einzige, was ihm den Gedanken ans Aufhören schmackhaft macht, ist besagtes Bedürfnis nach Ruhe: «Manchmal, wenn ich in der spektakulären Landschaft unterwegs bin, ärgert es micht, nicht anhalten zu können, um ein Foto zu machen.» Nach seinem Motorsport-Abschied in zwei, drei (oder vier, fünf, sechs?) Jahren möchte er deshalb einige Monate durch Südamerika reisen, um die unendlichen Weiten der Uyuni-Salzwüste und schwindelerregenden Höhen der Anden einmal anders zu erleben. So, wie man es eben nicht tut, wenn man mit Sand, Schlamm, Schotter, Gestrüpp und Staub bei rasender Geschwindigkeit, kräftezehrendem Gerumpel, ohrenbetäubendem Motoren­lärm und ständigen Anweisungen von der Beifahrerseite beschäftigt ist.

ENGLISH SUMMARY

MO N SIEUR DAKAR Stéphane Peterhansel might not be as famous as Sebastian Vettel or Lewis Hamilton, but his achievements as a race car driver are probably superior to theirs. The Frenchman has won the Rallye Dakar a whopping twelve times – six times on a motorbike and six times in a car. No wonder they call him «Monsieur Dakar» in the rally scene, but he walks unrecognised through his hometown of Crans-Montana. It was a bit of a coincidence that he and his German wife ended up living in Switzerland. His osteopath moved here over a decade ago. After a few visits, Peterhansel grew fond of the area and eventually bought a house. At 51 and with all his achievements it would be fair enough to retire, but Peterhansel won‘t take his hands off the wheel too soon: «I love driving a race car through the desert. My car is the best in the competition, I get a decent salary for what I do and I have a chance to win this race again. How could I say no to that?»


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EINE JAGDHÜTTE IM ITALIENISCHEN VAL BADIA VEREINT MODERNE LINIEN MIT TRADITIONELLEN DETAILS. WIE EIN HÖLZERNER KOKON FÜGT SIE SICH IN DIE VERSCHNEITE WINTERL ANDSCHAFT.

IN DER STILLE DER NATUR

Pr o d u k t i o n: Ma r t i na H u ng l i ng e r Fo t o : Ma d s Mo g e ns e n Ü b e r s e t z u ng : Ka t ha r i na B l a ns ja a r

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Die abgelegene Jagdhütte, ein schlichtes modernes Haus, ist komplett mit Schindelholzpanelen verkleidet. Im Winter strahlt es ein Verwöhngefühl aus, bietet Schutz vor der Kälte.


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ie Umgebung ist atem­ beraubend. Der Naturpark Fanes-Sennes-Prags im nord­­­­­italienischen Val Badia (Gader­tal) ge­ hört zum Unesco-Weltkulturerbe. Hier treffen majestätische Kalksteingipfel auf alpine Almen und Hochflächen und eine vielfältige Tierwelt. Endlose Spazierwege, gesäumt von Nadelbäumen, ziehen sich durch das Tal, im Winter, wenn sich ein stiller Teppich aus Schnee über die Landschaft legt, führt hier eine Langlaufloipe vorbei. Inmitten dieser Szenerie findet sich eine Jagdhütte, deren zeitgenössische Eleganz sich harmonisch in die Natur einfügt und die traditionelles Handwerk mit moderner Linienführung vereint. Ihr Eigentümer ist ein passionierter Jäger und als solcher ganz offensichtlich ein Mann, der seine Beute nicht leicht entwischen lässt: Fast zehn Jahre dauerte es von der ersten Skizze bis zur Fertigstellung der Hütte. Die Entwürfe des Architekturbüros EM2 waren es schliesslich, die das erreichten, woran andere Architekten zuvor gescheitert waren: die Zustimmung zum Bau in diesem geschützten Gebiet. EM2 hatten bei der Entwicklung ihrer Ideen freie Hand und überzeugten mit einem schlichten, modernen Holzhaus. Die Natur selbst, so die Architekten, lieferte ihnen dabei die nötige Inspiration: «Die Topografie des Geländes und der umgebende Wald boten natürliche Parameter und schufen einen Dialog zwischen den beiden Häusern.» Das Anwesen umfasst zwei Gebäude, die beide durch ihr «gehäkeltes» Äusseres auffallen: Durch die Anordnung der Holzpanele wirkt es, als seien sie an den Ecken

Arvenholz kombiniert mit Lärchenholz verwebt worden. Das grössere der beiden Häuser verfügt über zwei Stockwerke mit einem offenen Bereich für Wohnen, Essen und Küche im Erdgeschoss sowie zwei Schlaf- und Badezimmer im Obergeschoss. Die zweite Hütte wird als Rückzugsort

und Gästehaus genutzt und hat ihr eigenes Badezimmer. Die Häuser sind komplett mit Schindelholzpanelen verkleidet. Auch die Typologie des Innenbereichs und das Giebeldach widerspiegeln das traditionelle Erbe der Gebäude. Asketisch und streng, zugleich aber auch schlicht und modern wirken die minimalen, hoizontalen Fensterschlitze. Sie sind grösser im Wohnbereich, wo man sich tagsüber aufhält und mehr Licht in den Raum fallen soll, und schmaler in den Schlafräumen, wo so eine schützende, kokonähnliche Atmosphäre geschaffen wird. Wenn abends die Lich-

Ein Erlebnis für alle Sinne ter eingeschaltet werden, verleiht dieses simple, aber effektvolle Fensterdesign den Hütten einen fast ausserirdischen Ausdruck, der durch die ätherische Umgebung noch verstärkt wird. Die Inneneinrichtung ist schlicht und organisch. Alle Lichtanlagen sind Spezialanfertigungen nach Entwürfen der Architekten. Der berauschende Duft von Arvenholz – es wurde in der Küche verbaut – strömt durch das gesamte Haus. In den anderen Räumen wurde Lärchenholz verwendet, dazu gesellen sich an manchen Stellen Metall und schwarzer Schiefer. Nur beim Kamin kam der Steinmetz zum Einsatz. Das Mauerwerk trennt den Eingangs- vom Essbereich und liefert der Essbank eine wärmespendende Rücklehne. Die Stühle mit Herzausschnitt in der Rücklehne, die in dieser Art in vielen alten Bauernhäusern der Region anzutreffen sind, verleihen dem Wohnbereich einen Hauch von Tradition. Das schwarz ummantelte Kaminrohr dient zugleich als Wärmespender für die Schlafbereiche. Auch im Obergeschoss sind die Räume komplett mit Holz verkleidet. In den Zwischenwänden verbirgt sich unerwartet viel Stauraum, am Ende des Korridors wurde ein kleiner Arbeitsplatz eingebaut. Die dekorative Rückenlehne eines tradi-

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Das in der Küche verbaute Arvenholz verströmt einen betörenden Duft, der das gesamte Haus erfüllt. Die traditionellen Stühle mit Herzausschnitt in der Rückenlehne schaffen einen Kontrast zu den sonst strengen Linien des Wohnraums.

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Alle Lichtanlagen in Haus sind Spezialanfertigungen. Neben Arve wurde viel Lärche verwendet, nur beim Kamin kam der Steinmetz zum Einsatz. Das Mauerwerk trennt den Eingangs- vom Essbereich und dient als wärmespendende Rückenlehne für die Sitzbank am Esstisch.

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77 Die minimalen, horizonalen Fensterschlitze lassen das Haus asketisch und streng, aber auch modern und zeitgemäss erscheinen. Das Anwesen umfasst zwei Gebäude. Als Rückzugsort und Gästehaus wird das hintere genützt.


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Die Einrichtung im Wohnbereich ist reduziert und komplett in Wollweiss, Grau und Braun gehalten. Das dunkelbraune Sofa wurde von einem örtlichen Handwerker angefertigt, die handgewebten Poufs und Kissen sind von Avec. Die spektakuläre Natur diente den Architekten als Inspiration: «Die Topografie des Geländes und der umgebende Wald boten natürliche Parameter und schufen einen Dialog zwischen den beiden Häusern.»

tionellen Holzstuhls bricht gekonnt die streng symmetrischen Linien, welche die Räume dominieren. Im zentralen Block, der den Arbeits- vom Schlafbereich trennt, verstecken sich zwei Kleiderschränke. Bei aller optischen Askese bietet die Jagdhütte dennoch alle modernen Annehmlichkeiten: Bodenheizung, Wasch­maschine und Geschirrspüler machen sie zu einem komfortablen Rückzugsort für alle Jahreszeiten. Das Haus ist ein Erlebnis für alle Sinne. Während der Geruchssinn vom Arven- und Lärchenholz betört wird, kommen auch das Auge und der Tastsinn nicht zu kurz. Die Einrichtung im Wohnbereich ist weich und organisch, komplett in Wollweiss, Grau und Braun gehalten. Ein dunkelbraunes Sofa mit gefilztem Bezug wurde nach Entwürfen der Architekten von einem örtlichen Handwerker angefertigt. Die handgewebten Poufs, Kissen und Vorhänge von Avec widerspiegeln die friedliche Stille, die sich draussen vor dem Fenster bietet. Im Winter strahlt das Haus ein Verwöhngefühl aus, bietet Schutz vor der Kälte. Im Frühling dringen der Gesang der Vögel und die brünstigen Rufe des Rotwilds herein, und vor dem Fenster zeigt sich ein blühender Teppich aus Wildblumen – eine Stimmung, die wiederum durch das Haus aufgenommen und reflektiert wird.

ENGLISH SUMMARY

A LP INE SE R E NIT Y The setting is breath-taking. Situated in Northern Italy’s Val Badia, this hunting shed elegantly combines modern design with traditional roots. Architects EM2 have created two individual buildings covered entirely with shingle wood panels in a unique knitting design, so that their corners look as if they had been woven together. Equipped with all modern comforts and furnished with minimalistic, cosy pieces the house is inviting and cocooning all year round. Vertical window vents are made larger in the living daytime area and kept small in the bedrooms. At dusk with the evening lights turned on, this deceptively simple design gives the shed an otherworldly air, matching its ethereal surroundings.


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KURZ & KNAPP ARCHITEKTUR UND MUSEEN

SPEKTAKULÄR

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Neue Museen werden gerne als die Kathedralen von heute bezeichnet. Die Wahrnehmung Bilbaos hat viel mit Frank Gehrys Guggenheim-Museum zu tun. Stadtbelebend wirken auch die neuen Museen in Trento und in Chur.

RENZO PIANOS MUSEO DELLE SCIENZE IN TRENTO Renzo Piano und die Museen. Der italienische Meisterarchitekt aus Genua, 80 Jahre jung, und seine Projekte, die Weltruf geniessen. Die Fondation Beyeler in Basel, das Zentrum Paul Klee in Bern, das Centre Pompidou in Paris (in Zusammenarbeit mit Richard Rogers), das Whitney Musem of American Art in New York. In Trento (Trient), Hauptstadt der Region Trentino-Südtirol, wartet im Stadtteil Le Albere auf dem früheren MichelinIndustriegelände ein Wissenschaftsmuseum, entdeckt zu werden, das Museo delle Scienze (MuSe) von Renzo Piano. Ein siebenstöckiger Bau aus Glas, Stahl und Beton, dessen «bautechnische Leichtigkeit, barrierefreie Offenheit und Transparenz» (NZZ) fasziniert. Die Stockwerke sind um einen zentralen, offenen Innenraum angelegt. Ein Schauraum, in dem ausgestopfte Tiere zu schweben scheinen. Adler und Storch. Gämsen und ein Wolf. Hirsche und ein Elch. Alle haben sie die Bodenhaftung verloren. Sind von jeder Etage aus zu beobachten. Von unten, von der Seite, von oben. Spektakulär. «Dass das MuSe dem Publikum nicht nur viele Ohs des Erstaunens entlockt, sondern zu Aha-Erlebnissen des naturwissenschaftlichen Entdeckens und Begreifens motiviert», schreibt die «Neue Zürcher Zeitung», «ist der innovativen Didaktik des Museum zu verdanken und dem architektonischen und inhaltlichen Konzept, als Labor, Schauort und Lernstätte alle Altersstufen anzusprechen.» MUSEO DELLE SCIENZE DI TRENTO Corso del Lavoro e della Scienza 3 38122 Trento Fon +39 0461 270311 www.muse.it

Fläche verdreifacht: die Villa Planta, in der das Bündner Kunstmuseum seit 1919 untergebracht ist, und der Neubau von Barozzi und Veiga.

VON BARCELONA NACH CHUR HIGHLIGHT DES NEUEN BÜNDNER KUNSTMUSEUMS IN CHUR, EINES WERKS DES ARCHITEKTURBÜROS ESTUDIO BAROZZI/VEIGA AUS BARCELONA, WIRD IM JAHR 2017 DIE NOT-VITAL-RETROSPEKTIVE IM HERBST SEIN.

Die beiden jungen Architekten – der 1976 geborene Italiener Fabrizio Barozzi aus Venedig und der 1973 geborene Gal­ izier Alberto Veiga aus Santiago de Compostela reiten auf einer Erfolgswelle. Für die Philharmonie in Stettin sind sie mit dem «Mies van der Rohe Award», dem Architekturpreis der EU, ausgezeichnet worden. Ihre Entwürfe für das Natur­ historische Museum in Basel, für ein Krematorium in Thun, für ein Wohn- und Bürohaus in Renens – das lasen wir in der Architekturzeitschrift «Hochparterre» – haben ebenfalls Preise erhalten. Bei der Erweiterung des Bündner Kunstmuseum in Chur gewannen Barozzi und Veiga den 2011 ausgeschriebenen, internationalen Architekturwettbewerb. Im Juni war Eröffnung mit der Austellung «Solo Walks. Eine Gallerie des Gehens».Deren Leitmotiv Alberto Giacomettis Plastik «L’homme qui marche» war. 2017 widmet sich das Bündner Kunstmuseum in Chur unter

anderen der deutschen Künstlerin Anne Loch, einer einstmals vielbeachteten Malerin, die sich in den 1980er Jahren radikal aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte. Die Ausstellung «Künstliche Paradiese» zeigt erstmals das immense, in weiten Teilen unbekannte Werk der 2014 im Bergell verstorbenen Künstlerin. Weitere Ausstellungen sind mit den Künstlern Hans Danuser, dann Ester VonPlon (Manor Kunstpreis Graubünden) geplant. Ein Highlight wird die Not-Vital-Retrospektive vom 8. September bis 19. November sein. Wobei wir die Sammlung nicht vergessen wollen. Der Expressionismus bildet einen herausragenden Schwerpunkt: Dreh- und Angelpunkt ist Ernst Ludwig Kirchner, der zwischen 1917 und 1938 in Davos lebte. BÜNDNER KUNSTMUSEUM CHUR Bahnhofstrasse 35, 7000 Chur Fon +41 81 257 28 68 www.buendner-kunstmuseum.ch


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KURZ & KNAPP ALPEN-HOTELS

Ein cooler Pool mit unbeschreiblicher Aussicht. Eine coole Lounge, ganz in Hirschleder. Eine coole Location in einer früheren Seilbahnstation.

ZWISCHEN HIMMEL UND ERDE Auch zweimal hinschauen nützt nichts. Eine Kunstinstallation? Ein Stuntman kurz vor dem Sprung? Nein, ein verglastes Fenster am Boden eines 25 Meter langen Swimmingpools. 12 Meter über dem Boden, gestützt von entrindeten Lärchen-Baumstämmen. Das Highlight des neuen Zubaus im «Hotel Hubertus» in Olang. Platziert zwischen bestehendem und neuem Zimmertrakt, 17 Meter herausragend, scheinbar im Nichts schwebend. Für die Schwimmer unter den Hotelgästen ein Pool mit Open End, in dem sie schwerelos zwischen Himmel und Erde gleiten. Ein aussergewöhnliches

Vergnügen, auch im Winter, wenn der beheizte Pool richtig Dampf macht. Olang liegt am Fusse des Ski- und Wandergebiets Kronplatz im Pustertal in Südtirol. Das Hotel Hubertus ist ein traditionsreicher Familienbetrieb, der vom Architekturbüro Noa in Bozen grosszügig um- und ausgebaut worden ist. Mit 16 Suiten, neuer Küche und imposantem Weinkeller, mit Restaurants, Stuben und Panoramaterrassen. Und eben: einem weit herausragenden Pool mit anthrazitfarbener Steinfliesenverkleidung.

Hubertus Furkelstrasse 5 39030 Geiselsberg-Olang Südtirol (Italien) Fon +39 0474 59 21 04 www.hotel-hubertus.com

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GANZ IN HIRSCHLEDER Christoph Schmuck, Gastgeber im «Forsthofgut» in Leogang, trägt am liebsten Trachten-Lederhosen. Ob die von Markus Meindl resp. von Meindl-Fashion sind, entzieht sich unserer Kenntnis. Es könnte aber gut sein, denn Schmuck hat das «familiärste Naturhotel der Alpen» um eine «Meindl-Lounge» erweitert. Dafür hat das renommierte Modehaus insgesamt 150 hochwertige Hirschhäute, teilweise von Hirschen aus dem hoteleigenen Wildgehege, verarbeitet. Hirsche & Co. erleben die Gäste des Hauses live bei Wildtierfütterungen mit Christoph Schmuck. Ursprünglich war sein Hotel (30’000 Quadratmeter grosse Gartenanlage, Spa mit Indoor-Wald) ein landwirtschaftlicher Forstbetrieb. Hotel Forsthofgut Hütten 2, A-5771 Leogang Fon +43 65 83 85 61 www.forsthofgut.at

STYLISHES REFUGIUM AUF 2112 METERN Um das Hotel auf 2112 Metern über Crans-Montana zu erreichen, gibt es vier Möglichkeiten: zu Fuss, mit den Ski, dem Snowmobil oder einem Ratrac. Dafür wird man im «Chetzeron», einem in einer mystischen, früheren Seilbahn-Bergstation untergebrachten, spektakulären Hotel, reichlich entschädigt. Mit Ruhe (16 Suiten), mit Aussicht (von Matterhorn bis Mont Blanc), mit feiner Küche (gut sortiert auch der Weinkeller) und grosszügiger Terrasse (mit Swimmingpool). Holz, Stein und Beton schaffen eine gleichermassen sportliche wie naturnahe Atmosphäre. In der Lobby kamen früher die Gondeln an, weshalb sich der Raum über zwei Etagen erstreckt. Die Architekten von ACTESCOLLECTIFS (Sierre, Lausanne) haben die Struktur des Gebäudes bewusst erhalten. Chetzeron 2112m 3963 Crans-Montana Fon +41 27 485 08 08 www.chetzeron.ch


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KURZ & KNAPP GOTTHARD

Mit 57 Kilometern ist der neue Gotthard-Tunnel der längste Tunnel der Welt. 250 Güter- und 65 Personenzüge können seit Dezember täglich den Tunnel durchqueren.

3,5 KILOGRAMM! GIGANTISCHER GOTTHARD-WÄLZER MIT 984 SEITEN

Säumerkolonne beim Urnerloch: Kolorierter Stich von Rothe nach Jentsch (1790)

DER GOTTHARD / IL GOTTARDO Landscape – Myths – Technology Marianne Burkhalter und Christian Sumi Verlag Scheidegger & Spiess Fr. 99.–

«Airolo und Goeschenen»: Tafel aus Jacob Adolf Honeggers «Der Gotthard in Bild und Wort. Bahn, Strasse und Tunnel» (1880)

Die Zahlen beeindrucken. Während der 17-jährigen Bauzeit wurden 13,5 Milionen Tonnen Gestein aus dem Berg gebohrt. Die Zahl der Bauarbeiter lag bei 2000, davon waren 15 Prozent Schweizer. Die Reisezeit von Zürich nach Mailand verringert sich dank dem neuen Tunnels um 45 Minuten. Bei einer Höchstgeschwindikeit von 250 km/h befindet man sich 20 Minuten im Tunnel. Der Gotthard-Wälzer – ein reiches, empfehlenswertes Buch, in dem man ein Leben lang blättern und lesen kann – ist wie der Tunnel ein Jahrhundertwerk, ein kleines Meisterwerk im A4-Querformat. In die drei Kapitel «Landschaft», «Mythos» und «Technologie» unterteilt, analsieren die Architekten Marianne Burkhalter und Christian Sumi, beide seit 2007 Professoren an der Accademia di Architettura in Mendrisio, zusammen mit anderen namhaften Experten das Gotthardgebiet. Die Fülle an Information ist erschlagend. Sie reicht von Briefmarkenserien zu Landschaften mit Infrastrukturbauten bis zu Werkfotos der Montage-, Revisions- und Reparaturhallen der SBB. Von Zeichnungen, protokollarischen Notizen, einem Workshop über die raumplanerische Entwicklung des Reusstals von Flüelen bis Hospental bis zu Vermessungen des Gotthardtunnels in den Jahren 1869 bis 1880. Das Buch ist ein Leseschinken, ein Bildatlas voller Trouvaillen (1390 Abbildungen!). «Ein Buch für Buben», schrieb ein Kritiker, «für grosse wie für kleine.» Übrigens: Die Marke «St. Gotthard» ist europaweit auf Betreiben der Kantone Uri, Tessin, Wallis und Graubünden geschützt worden. Tourismusbetriebe, Ferienregionen oder Lebensmittelproduzenten dürfen ihre Produkte mit dem Label gratis kennzeichnen. Allerdings müssen sie sich dazu bei den Verantwortlichen des Entwicklungsprogramms «San Gottardo 2020» melden.

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85 WINTER 2016/17 ADVERTORIALS

B E R G W E LT   [ G R I N D E LWA L D ]

Die Überbauung «Bergwelt Grindelwald» besteht aus fünf Apartmenthäusern mit insgesamt 42 Eigentumswohnungen mit zweieinhalb bis fünfeinhalb Zimmern. Die 72 bis 180 Quadratmeter grossen Apartments sind für Erst- und auch Zweitwohnungskäufer konzipiert. Ergänzt werden die Apartmenthäuser um sieben exklusive Chaletvillen, die wohl edelste Wohnvariante der «Bergwelt». Die individu­ellen Einfamilienhäuser verfügen über bis zu sieben Zimmer und einen eige­nen Wellnessbereich. Alle Häuser sind erschlossen und haben eine Garage oder sind an eine Einstellhalle angeschlossen. Die Bewohner der Apartmenthäuser wie auch der Chaletvillen sind Teil des 5-Sterne-Superior-Hotels und können von den Vorzügen des exklusiven Resorts mit Spa, Fitness, Restaurant und vielem mehr profitieren.

Bergwelt Grindelwald Bergwelt 1–13 3818 Grindelwald www.bergwelt-grindelwald.com

Die Häuser befinden sich genau neben der Piste zur neuen Talabfahrt, bequemer können Sie Ihr Zuhause nicht erreichen. Durch die zentrale Lage sind zudem alle Einkaufsmöglichkeiten sowie Bahnhof und Bergbahnen in unmittelbarer Nähe. Die HRS Real Estate AG entwickelt und realisiert diesen begehrten Wohneigentum in Grindelwald als Totalunternehmerin mit der vollen Kosten-, Qualitätsund Termingarantie.

Beratung und Verkauf: Immobilien Jungfrauregion GmbH Alte Post Dorfstrasse 165 3818 Grindelwald T+41 33 853 80 00 M+41 79 214 88 88 info@jungfrauimmobilien.ch Projektentwicklung und Realisation:

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KURZ & KNAPP WEISSWEIN, SAKE, NOCINO

Ausgezeichnete Weine gibt es wie Sand am Meer. Aber vom «Gambero Rosso» zum Klassenbesten gekürt zu werden, bleibt etwas Spezielles. Ausgezeichnet, das in Japan, wurde Sommelier Arman Jafri. Ebenfalls «ausgezeichnet» fühlt sich der Werber Markus Gut nach seiner Nocino-Premiere. SAKE-SOMMELIER Die Welt der Sommeliers wächst. Lange war sie dem Wein vorbehalten. Inzwischen gibt es Sommerliers, die sich beim Wasser und Bier besonders gut auskennen. Eine der anspruchvollsten Sommelier-Prüfungen (Degustation 300 verschiedener Sake) hat Arman Jafri gerade in Japan bestanden. Der F&B-Supervisor im «Japanese Restaurant» des «Chedi Andermatt» ist somit der erste Sake-Sommelier der Schweiz. Als besondere Anerkennung für diesen Verdienst hat er von seiner Lehrerin eine Flasche des exklusivsten Sake der Welt geschenkt erhalten, den «Niizawa Nightflower 2015». Weltweit existieren lediglich sieben Flaschen dieser Sake-Rarität aus Omachi- und Yamada-Nishiki-Reis. Das «Japanese Restaurant» verfügt wohl über die erlesenste Sake-Karte der Schweiz. Darauf findet sich auch Jafris bevorzugter Sake, der «Amabuki Rhododendron», ein Super-Premium-Sake der Kategorie Jungmai Daiginjo, gewonnen aus Omachi-Reis – blumig-frisch das Aroma, überaus seidig die Textur.

BIANCO DELL’ANNO: MISCO 2015 Die Tenuta di Tavignano in der italienischen Region Marche existiert seit 25 Jahren. In Sichtweite des 29 Hektaren umfassenden Weingutes liegt Jesi, die umbrisch-etruskische Kleinstadt mit imposanten Stadtmauern, Palästen und Befestigungen. Die in der Gegend hauptsächlich angebaute Sorte ist Verdicchio, seit Jahrhunderten. Auf Tavignano wird sie zum eleganten, sortentypischen Weisswein ausgebaut, der sich hervorragend zum Aperitivo oder zu leichten Speisen eignet, aber auch alle Voraussetzungen mitbringt, in der Flasche gut zu reifen. Der «Gambero Rosso», Italiens meistbeachteter Weinführer, hat nun den Misco 2015 von Stefano Aymerich und seiner Nichte Ondine zum «Bianco dell’anno» gekürt. Misco ist selbstverständlich ein kurzer, einprägsamer, Verdicchio dei Castelli di Jesi Classico Superiore Misco 2015 der eigentliche Name des Weissweins, der in der Schweiz Fr. 18.80 kostet. www.caratello.ch www.tenutaditavignano.it

EIN NASHORN IN ANZUG UND KRAWATTE Markus Gut ist einer der bekanntesten Werber der Schweiz (Chief Creative Officer CCO, Y&R Group Switzerland). Er mag Wein, Nocino und Grappa. Insbesondere von seinem hoch über dem Lago Maggiore gelegenen Gut Al Mulinetto in Gordola. Ganz neu ist der Nocino aus Grappa americana und feinsten Baumnüssen. Nur limitiert erhältlich – «er ist so selten wie die Gelegenheit, ein Nashorn in Anzug und Krawatte anzutreffen» –, ziert ein Rhinozeros das Etikett. Weil Markus Gut kein Winzer, sondern Werber ist, arbeitet er mit Tessiner Weinpersönlichkeiten zusammen. Bei Nocino und Grappa mit Stefano Haldemann aus Gudo, beim Wein mit dem Önologen Simon Stucky aus Rivera (ja, er ist der Sohn von Winzer Werner Stucky). Aktuell erhältlich ist der Merlot Riserva al Mulinetto des Jahrgangs 2014, die Flasche kostet 29 Franken. Beim Nocino wird nach altem Familienrezept gearbeitet. «Gemäss der jahrzehnte­langen Tradition werden die Baumnüsse in der Nacht des heiligen Johannes geerntet. In den Likör eingelegt, entfalten die Nüsse ihr volles Aroma. Anschliessend reift der Nocino 40 Tage unter der Sonne von Gordola. Diese verleiht ihm den letzten Schliff, bevor er in die edlen Flaschen abgefüllt wird.» www.almulinetto.ch

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PEAKS PLACE  [ LAAX ]

Mitten in der einmaligen Bergwelt von Laax GR liegt das «Peaks Place». Das neu erbaute Apartment-Hotel steht für moderne Gemütlichkeit, hochwertige Ausstattung und ist umgeben von einer atemberaubenden Bergkulisse. Ob für Wintersportler oder im Sommer für Wanderer und Biker: Das «Peaks Place» ist der ideale Ausgangsort für aktive Tage im Freien. Es befindet sich in Laax

an bester Lage, wenige Gehminuten von der Talstation, mit bequemem Shuttleservice direkt zu den Bergbahnen. Sowohl die 28 Erst- oder Zweitwohnungen wie auch die 74 bewirtschafteten Wohnungen im Eigentum profitieren von der perfekten Infrastruktur. Diese besteht aus einem grosszügig angelegten 850-Quadratmeter-Spa-Bereich und einem vielfältigen Fitness- und

Peaks Place Via Uletsch 1 CH-7031 Laax T+41 81 927 14 14 www.peaks-place.com

Verkauf bewirtschaftete Apartments: Weisse Arena Gruppe Immobilien T +41 81 927 14 40 sales@peaks-place.com

Wellnessangebot, einer Lobby mit 24-Stunden-Rezeption und der gemütlichen Smoker-Lounge. Ab der Wintersaison 2016/2017 wird das Angebot durch das Restaurant «The Peaks» ergänzt. GaultMillau-Koch Manuel Reichenbach und sein Team begrüssen ihre Gäste mit hochklassiger Gastronomie, einer eindrücklichen Weinwand und einer exquisiten Bar.

Erst- oder Zweit­ wohnungen: HRS Real Estate AG Walzmühlestrasse 48 CH-8501 Frauenfeld T +41 52 728 80 80 immobilien@hrs.ch


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KURZ & KNAPP ESSEN

Woran erinnert man sich gerne, zurück von einer Reise. An Landschaften und Liebschaften. An fremde Küchen. Kulinarische Souvenirs lassen sich neu im auf Regionales spezialisierten Geschäft «Pur Alps» entdecken.

AROSA IM AUFWIND: NEUE SPEISEKARTEN

ALPINER GOURMET-SHOP Douce Steiner vom Zwei-Sterne-Restaurant «Hirschen» im badischen Sulzburg fährt im Sommer jeweils zwei Wochen zum Wandern nach Meran. «Als wir zum ersten Mal dort waren, haben wir unterwegs auf den Wiesen Kräuter und Blüten für uns entdeckt – und dann in der Stadt den auf Regionales spezialisierten Laden ‹Pur Südtirol› gefunden, in dem man diese Mischung getrocknet kaufen kann.» Längst sind Kamille, Kornblumen und Ringelblumen fester Bestandteil der Steiner-Küche. «Ich nehme immer einen ganzen Karton mit, das reicht fürs ganze Jahr.» Der einzelne 12-Gramm-Beutel vom Wegleithof (1358 urkundlich erstmals erwähnt) kostet sieben Euro. Weshalb wir Ihnen diese Geschichte erzählen? Weil es den Laden neuerdings auch in den Bündner Bergen gibt. Sowohl in Müstair als auch in St. Moritz (und als Online-Shop). Hier heisst er «Pur Alps» und bietet 2000 Bauernprodukte und Weine aus den Alpen an, das von 150 Bauern und Manufakturen. 50 Prozent der Produkte stammen aus Graubünden, dem Engadin und Val Müstair, die andere Hälfte aus dem gesamten Alpenraum, von Südtirol über das Piemont und Aostatal bis Österreich. Wir haben frisches Gemüse gesehen, Feinstes aus Früchten (Alpe Pragas), die Tuorta da nusch von Meier (Testsieger in der Kassensturz-Degustation), Spinat- und Käseknödel (WP Fine Food), eine wunderbare Käse-, Charcuterie- und Weinauswahl. Auch den Arunda Brut aus der höchstgelegenen Sektkellerei Europas. Zum «Pur Alps» in St. Moritz (vis-à-vis dem «Kulm Hotel») gehört auch ein gemütliches Bistro mit Chambre séparée und Terrasse. PUR ALPS, Via Maistra 33, 7500 St. Moritz  PUR ALPS, Via Maistra 67a, 7537 Müstair www.puralps.ch

Das «Stoffel», vor bald 100 Jahren vom St. Galler Textilproduzenten Beat Stoffel in Innerarosa als Privatresidenz gebaut, ist heute in erster Linie ein Hotel mit 18 Zimmern. Doch nicht alleine die Einheimischen haben das vor einem Jahr renovierte und aufgefrischte «Stoffel» – zauberhaft sind Stüva und Stoffel-Stube mit Arvenschnitzereien und Kachelofen – für sich als Restaurant neu entdeckt. Das liegt an Thomas Krättli, dem Mann in der Küche. Zu Silvester kreierte er einen verführerischen Siebengänger. Mit Tapenade von Oliven und Dörrtomaten, Thunfischsashimi und Kalbstatar mit Bündner Fleisch, Rindskraftbrühe mit Carpaccio-Spiess und einem Hauch von Bündner Heu. Gefolgt von Steinpilzravioli an Salbeibutter und Parmesanschaum, einem erfrischenden Pfefferminzsorbet zwischendurch und Rindsfilet und Kalbsbäggli als Hauptgang und Zitronentarte, OrangeZimt-Mousse und Mango-Panna-cotta als süssem Abschluss. Wissen Sie, was es mit dem Tag des Frederick auf sich hat? Wir vermuten mal, dass es sich bei Frederick um die Märchen-Maus handelt. Jedenfalls geht es um den Montag, und dann macht die Küche im eben eröffneten Restaurant «Bullrian» von Florian Weiler und Joël Fiechter in der «Villa Conzequent» (früher: Quellenhof ) Pause. Am 10. Dezember war im «Bullrian» nach einem kurzen, heftigen Umbau Eröffnung. Wie viele Ideen vom «Aifach», ebenfalls in Arosa (jeden Abend 1 Menü, 4 Gänge, Fr. 58.–), im neuen «SoulFood-Restaurant mit einfliessen werden, lässt sich noch nicht sagen. STOFFEL Schwelliseestrasse, 7050 Arosa Fon +41 81 378 72 80 www.hotelstoffel.ch BULLRIAN (in der Villa Conzequent) Äussere Poststrasse, 7050 Arosa Fon +41 81 377 17 18 www.bullrian.ch

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FEINE ADRESSEN

ÜBERNACHTEN ALPINE LODGING Via da la Staziun 11 CH-7504 Pontresina Fon +41 (0)81 842 01 12 www.plattnerundplattner.ch BRÜCKE 49, B&B Poststrasse, CH-7132 Vals Fon +41 (0)81 420 49 49 www.bruecke.49.ch CRESTA PALACE Via Maistra 75 CH-7505 Celerina/St.Moritz Fon +41 (0)81 836 56 56 www.crestapalace.ch HUUS GSTAAD Schönriedstrasse 74 CH-3792 Saanen-Gstaad Fon +41 (33) 748 04 04 www.huusgstaad.com

SCHWEIZERHOF Voa Principala 39 CH-7078 Lenzerheide Fon +41 (0)81 385 25 25 www.schweizerhof-lenzerheide.ch

THE ALPINA MOUNTAIN RESORT & SPA CH-7064 Tschiertschen Fon +41 (0)81 868 80 88 www.the-alpina.com THE CAPRA Lomattenstrasse 6 CH-3906 Saas Fee Fon +41 (0)27 958 13 58 www.capra.ch VILLA FLOR Somvih 19 CH-7525 S-chanf Fon +41 (0)81 851 22 30 www.villaflor.ch

PIZ LINARD Plazza Gronda, 7543 Lavin Fon +41 (0)81 862 26 26 www.pizlinard.ch goldwin AD_230x140_ac.pdf

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ESSEN

BLUMENGALERIE Via Rosatsch 9 CH-7500 St. Moritz-Bad Fon +41 (0)81 832 24 94 www.blumengalerie.ch BRAND SPORT & MODE Palacestrasse 2, 3780 Gstaad Fon +41 (0)33 744 17 75 www.brandsport.ch BOUTIQUE URS JELEN Äussere Poststrasse CH-7050 Arosa Fon +41 (0)81 377 25 26 FAORO Plazza dal Mulin 8 CH-7500 St. Moritz Fon +41 (0)81 833 36 45 www.faoro.ch LA SCARPA 51 Dorfstrasse 51, 3792 Saanen +41 (0)33 855 51 51 MAISON LORENZ BACH Promenade 81, CH-3780 Gstaad Fon +41 (0)33 744 68 78 www.maisonlorenzbach.com WITRA CONCEPT STORE Plazzet 18, CH-7503 Samedan Fon +41 (0)81 850 08 05 www.witracs.ch

CAPRICORNS Dorfstrasse 15 CH-7433 Wergenstein Fon +41 (0)81 630 71 72 www.capricorns.ch

LA POSTA Via Dogana 8 I-23024 Montespluga Fon +39 (0)343 54234 www.albergopostaspluga.it

DAL MULIN Piazza dal Mulin 4 CH-7500 St. Moritz Fon +41 (0)81 833 33 66 www.dalmulin.ch

LANTERNA VERDE Frazione S. Barnaba 7 I-23029 Villa di Chiavenna Fon +39 (0)343 38588 www.lanternaverde.com

FALKNIS Bahnhofstrasse 10 CH-7304 Maienfeld Fon +41 (0)81 302 18 18 www.restaurantfalknis.ch

MEIEREI Reto Mathis CH-7500 CH St. Moritz Fon +41 (0)81 838 70 00 www.meierei.ch

GLOW BY ARMIN AMREIN Promenade 115 CH-7270 Davos-Platz Fon +41 (0)81 416 43 43 www.glow-davos.ch

TALVO BY DALSASS Via Gunels 15 CH-7512 St. Moritz-Champfèr Fon +41 (0)81 833 44 55 www.talvo.ch

IGNIV BY ANDREAS CAMINADA Grand Resort Bad Ragaz CH-7310 Bad Ragaz Fon +41 (0)81 303 30 30 www.igniv.com

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KURZ & KNAPP S K I - W E LT M E I S T E R S C H A F T E N

Ein Ort wird zu Gold. Für Skisportler liegen in St. Moritz die Gold-Medaillen bereit. Auf kunstverwöhnte Gäste wartet eine begehbare Installation mit neun Gold-Stelen am See.

GOLDMEDAILLEN IM EISPAVILLON Der historisch-olympische Eispavillon, 1905 errichtet, Baudenkmal mitten in St. Moritz und Andenken an die Olympischen Spiele von 1928 und 1948, ist auf die Ski-Weltmeisterschaften von Architekt Norman Foster renoviert und erweitert worden. Zum 10 Millionen Franken teuren Umbau, finanziert und geschenkt von der Familie Niarchos (Besitzerin des Kulm Hotels), gehört eine neue Tribüne, die als Bühne und Austragungsort der Eröffnungsfeier, der Medaillenzeremonien und Startnummernausgaben der Ski-Weltmeisterschaften 2017 im Februar genutzt wird. Nach dem Umbau und der Renovation des Pavillons wird auch ein Restaurant mit Terrasse im ersten Stock eröffnet. Heissen soll der Pavillon künftig «Kulm Country Club» und auch zu einer Art Pop-up-Restaurant werden. Mit Sterneköchen aus der ganzen Welt als Attraktion: Daniel Humm aus New York (Eleven Madison Park in Manhattan) macht den Anfang.

GOLDSKULPTUR AUS 850 000 MOSAIKSTEINEN Die Skulptur «The Sky Over Nine Columns» von Heinz Mack ist seit Dezember am Seeufer von St. Moritz zu bewundern. Neun über sieben Meter hohe Stelen, zwischen 2012 und 2014 entworfen, mit einer lichtreflektierenden Oberfläche aus über 850000 goldenen Mosaiksteinen – je 2 x 2 cm gross, 24 Karat Blattgold –, die in Venedig produziert und in Dubai auf die Unterkonstruktion montiert worden sind. Das Mack-Werk betont nicht allein durch den Bezug zu historischen Tempeln, sondern auch durch das Material des Mosaiks die interkulturelle Verbindung zwischen Orient und Okzident. «Pfeiler und Säule haben die Erde mit dem Himmel verbunden und schliesslich ein Dach getragen», erklärt der Künstler. «Mein Ensemble von neun Pfeilern soll nun den Himmel tragen.» Die Installation «The Sky Over Nine Columns» wird für drei Monate in St. Moritz bleiben. Es ist erst die vierte Station einer weltweiten Reise, nach Venedig, Istanbul und Valencia.

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IMPRESSUM

BIANCO, 10. Jahrgang Ausgabe Winter 2016/2017 HERAUSGEBER UND CHEFREDAKTOR Wolfram Meister wolfram.meister@biancomag.ch BIANCO Grubenstrasse 11, CH-8045 Zürich Fon +41 44 450 44 10 BIANCO Via Brattas 2, CH-7500 St. Moritz www.biancomag.ch ART DIRECTOR Jürgen Kaffer GRAFIK Falk Heckelmann VERLAG, ANZEIGEN BIANCO Verlag GmbH Brigitte Minder Grubenstrasse 11, CH-8045 Zürich Fon +41 44 450 44 12 brigitte.minder@biancomag.ch

REDAKTION AUTOREN Kathrin Eckhardt (Mode), Martina Hunglinger, Werner Jessner, Stefan Maiwald, Christoph Schuler, Linda Solanki, Nina Vetterli FOTOS Röbi Bösch, Gian Marco Castelberg, Mads Mogensen, Georg Tappeiner, Filip Zuan, Alexei Hay/Trunk Archive, Laif ILLUSTRATIONEN Andrea Caprez, Helge Jepsen PRODUKTEFOTOS mit freundlicher Genehmigung der Hersteller COVERFOTO Röbi Bösch

DRUCK AVD Goldach, Sulzstrasse 10, CH-9403 Goldach Auflage Winter 2016/2017 20 000 Exemplare PREIS Einzelheft CHF 25.– BIANCO erscheint 2x jährlich, im Sommer und Winter Alle Rechte vorbehalten www.biancomag.ch Freunden Sie sich mit BIANCO auf Facebook an: www.facebook.com/biancomag

WEITERE MITARBEITER Daniela Koller, Rita Vollenweider ENGLISCHE TEXTE Katharina Blansjaar KORREKTORAT Marianne Sievert

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Ü B E R A L L E B E R G E M I T… MAGDALENA MESSNER

ÜBERSICHT I n t ervi ew : St e f a n Ma i wa l d   Fo t o g ra f i e : G e o rg Ta p p e i ne r

B E R U F Magdalena Messner, 28, verantwortet das Lebenswerk ihres Vaters, ist Geschäftsführerin des Messner Mountain Museum mit seinen sechs Standorten, ausserdem schreibt sie Sachbücher. Bereits mit 14 tippte sie die Manuskripte ihres Vaters ab A U S B I L D U N G Studium der Kunstgeschichte und Wirtschaft in Wien und Rom

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DIE 6 MMM 1_SCHLOSS SIGMUNDSKRON, FIRMIAN Hauptsitz mit 1100 Quadratmetern Fläche, Felsentheater mit 200 Plätzen, Bilder, Skulpturen, Reliquien 2_SCHLOSS JUVAL, NATURNS Mythos Berg, Buddha-Skulpturen, Gebetsmühle, Masken 3­_MONTE RITE, DOLOMITES Ehemaliges Fort aus dem Ersten Weltkrieg, Erschliessungsgeschichte der Dolomiten 4_ORTLES Skilauf, Klettern, Arktis und Antarktis, Kuriositäten 5_RIPA Bergvölker – Sherpa, Indios, Tibeter, Mongolen 6_CORONES Eröffnung 2015 in 2275 Metern Höhe, entworfen von Zaha Hadid, fantastische Panoramasicht, Thematik Fels, Klettern und Bergsteigen www.messner-mountain-museum.it

f__ Sie sind in München geboren, ihre Mut-

ter ist Österreicherin, ihr Vater ist deutschsprachiger Südtiroler, ihr Freund ist italienischsprachiger Südtiroler. Fehlt eigentlich nur noch etwas Schweizerisches. a__ Ja, das

stimmt – wobei immerhin mein Onkel und mein Götti in der Schweiz leben.

f__ Sie haben in Wien und Rom studiert. Stimmt es, dass Sie eher ein Stadtkind als ein Bergkind waren?

Ganz klar! Ich würde mich auch heute noch so bezeichnen. Noch vor ein paar Jahren war es undenkbar für mich, meinen Lebensmittelpunkt in die Berge zu verlegen. Erst jetzt lerne ich meine Heimat wirklich zu schätzen. a__

f__ Der höchste Gipfel, den Sie je bestiegen

haben?

Das war der Similaun. Aber das war nicht der höchste Punkt, den ich erreicht habe, einige Himalayapässe, die wir gewandert sind, lagen deutlich höher. a__

f__ Aber eine Bergsteigerin wird aus Ihnen

verlangsamt, aber sich nie einholen lassen. Er blieb immer in Rufweite. Das hat mir lange den Spass verdorben. Doch jetzt kann ich es geniessen. Aber wie schon gesagt: ohne Leiden, alles mit Mass. Vier Stunden sind okay, alles, was darüber hinausgeht, überlege ich mir zweimal. Auch wenn ich es körperlich könnte.

nicht mehr, oder?

f__ Ihr Lieblingsort in den Bergen?

Nein – ich bin einfach nicht leidensfähig genug dafür. Ansonsten habe ich schon Ehrgeiz und bin auch zäh, aber diese Qualen, die man beim echten Bergsteigen aushalten muss, sind nichts für mich.

a__

f__ Hans Kammerlander sagte einmal:

f__ Was liebt ein Stadtkind an den Bergen?

«Letztlich ist der Gipfel eines Berges auch nur ein Umweg zur nächsten Kneipe.»

a__ Früher

a__

a__ Genau!

Und ich lasse den Umweg ein-

fach weg. f__ Darf man Ihnen in der Kneipe oder auf

der Almhütte ein Bier oder lieber einen Wein bringen? a__ Zum

grossen Kummer meines Vaters, der ja auch Winzer ist, trinke ich keinen Tropfen Alkohol. Ich bestelle immer Apfelsaft. Als Kind habe ich einmal aus Versehen Rotwein getrunken, und mir ging es danach nicht so gut, das hat sich mein Körper wohl gemerkt. Dafür esse ich sehr gern und auch sehr gern gut. Ich glaube, dass wir mit der Südtiroler Küche wirklich gesegnet sind. Am liebsten sind mir Knödel oder ein guter Buchweizenkuchen.

f__ Was ist mit Wandern? a__ Früher habe

ich Wandern gehasst, aber mein Vater war auch ein bisschen gemein zu uns. Zwar hat er seinen Schritt etwas

Ich habe mehrere, zum Beispiel Juval, wo ich aufgewachsen bin. Oder den Wanderweg von Unterstell zur Dickeralm und zur Moaralm, einer der ältesten Almen in den Alpen. Ein umwerfendes Panorama!

wurden Berge immer als Grenzen wahrgenommen, doch für mich bedeuten Berge das Gegenteil, nämlich Übersicht. Deswegen haben Berge durchaus etwas Verbindendes, was wir auch in unseren Museen deutlich machen wollen.

f__ Haben Sie ein Lieblingsstück in den

sechs Museen, die Sie verwalten? a__ Es

gibt so viele interessante Dinge zu sehen, dass es mir schwerfällt, ein bestimmtes Exponat hervorzuheben. Aber wenn ich so darüber nachdenke … Im Museum in Firmian haben wir einen alten Sessellift, einen Zweisitzer in Orange und Braun, ein hässliches Ding. Er steht auf dem Boden, und man kann sich darauf setzen. Um einen herum sind 1000 Jahre alte Mauern, doch durch eine kleine Öffnung in der Mauer ergibt sich eine Blickachse, und man schaut direkt auf den Schlern, den Bozener Hausberg. Es ist ein Bild wie eine Postkarte, nur dass Wolken vorbeiziehen oder mal ein Vogel vorbeifliegt. Das ist

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ein sehr intensives Erlebnis für alle Besucher und immer wieder auch für mich. f__ Das kurioseste Stück der Sammlungen? a__ Der Gips meines Vaters! Mein Vater hat

immer behauptet, nie abgestürzt zu sein, aber einmal hat es ihn ja leider doch erwischt, ausgerechnet an seiner eigenen Schlossmauer. f__ Wie kam es dazu? a__ Die ganze Familie war essen, dann zog ein Gewitter auf und wir wollten heim. Der Patensohn meines Vaters hatte allerdings versehentlich das Portal abgeschlossen und reagierte am späten Abend nicht auf unsere Rufe. Also versuchte mein Vater, über die Mauer zu klettern, was er zuvor schon öfter gemacht hatte, doch die Feuchtigkeit der Steine wurde ihm zum Verhängnis. f__ Der Sturz war ja keineswegs so harmlos,

wie in der Presse dargestellt. a__ Es

war ein sehr komplizierter Trümmerbruch im Fuss, und obwohl die Sache schon zwanzig Jahre her ist, bereitet es ihm heute noch einige Schmerzen. Aber mein Vater würde nie darüber klagen.

f__ Letzte Frage: Echt wahr, dass Ihr Vater,

der 14 Achttausender sowie die höchsten Berge aller Kontinente bestieg, der die Wüste Gobi, Grönland und die Antarktis durchquerte – dass Ihr Vater nicht schwimmen kann? a__ Ja, das stimmt – und lernen will er es jetzt auch nicht mehr!

ENGLISH SUMMARY

A D IF F E R E NT V IE W Despite being the daughter of famous mountaineer Reinhold, art historian Magdalena Messner has never been much of an alpinist herself. She has been at high altitudes, hiked across some passes in the Himalayas and climbed the Similaun, but, so she says, has no real «ability to suffer». A nice hike of four hours will do for her, after which she will pass on that glass of wine from her fathers vineyards – she doesn’t drink alcohol. Her passion lies in managing the six Messner Mountain Museums. Her most curious exhibit? «Definitely my father’s plaster cast! My dad always claimed that he never fell, but it did happen to him – on his very own castle wall!»


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BYE-BYE! Iglu-Hotel «Stockhorn» Die Saison dauert von Weihnachten bis 11. März. Platz gibt es für 14 Gäste. Zimmerkategorien: Standard und Family oder Romantik und Insel. Ein Restaurant und eine Bar gibt es auch DAS NÄCHSTE HEFT ERSCHEINT IM JUNI 2017 www.biancomag.ch BIANCO

WINTER 2016/17




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