1992 1992
1993 1993
Kälteund Lawinenmedizin
1994 1994
1995 1995
1996
AMS AMS HAPE HAPE HACE HACE
Große Große und und extreme extreme Höhen Höhen
1997 1997
1998 1998
2002 2002
2003 2003
1999 1999
2000
2001 2001
2004
2005 2005
Alpine Alpine LeistungsLeistungsphysiologie physiologie
2006 2006
2007 2007
2008 2008
2009
2010 2010
ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR ALPIN- UND HÖHENMEDIZIN
1991 1991
JAHRBUCH 2014
1990 1990
JAHRBUCH 2014 ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR ALPIN- UND HÖHENMEDIZIN
Jubiläumsausgabe
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2011 2011
2012 2012
2013 2013
JAHRBUCH 2014 ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR ALPIN- UND HÖHENMEDIZIN
JAHRBUCH 2014 ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR ALPIN- UND HÖHENMEDIZIN
HERAUSGEBER:
W. SCHOBERSBERGER B. SCHOBERSBERGER G. SUMANN W. DOMEJ
Impressum Herausgeber: SCHOBERSBERGER Wolfgang, Prim. Univ.-Prof. Dr. med., Vizepräsident der ÖGAHM, Institut für Sport-, Alpinmedizin und Gesundheitstourismus (ISAG), TILAK und UMIT, Anichstraße 35, A-6020 Innsbruck E-Mail: wolfgang.schobersberger@uki.at SCHOBERSBERGER Beatrix, Mag. Dr. med., Universitätsklinik für Innere Medizin I, Anichstraße 35, A-6020 Innsbruck E-Mail: beatrix.schobersberger@i-med.ac.at SUMANN Günther, Prim. Mag. Dr. med., Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Landeskrankenhaus Vöcklabruck, Dr.-Wilhelm-Bock-Straße 1, A-4840 Vöcklabruck E-Mail: guenther.sumann@gespag.at DOMEJ Wolfgang, Univ.-Prof. Dr. med., Präsident der ÖGAHM, ARGE-Alpinmedizin, Klinische Abteilung für Lungenkrankheiten, Medizinische Universität Graz, Auenbruggerplatz 20, A-8036 Graz E-Mail: wolfgang.domej@medunigraz.at Verleger: Österreichische Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin Satz, Gestaltung und Druck: Athesia-Tyrolia Druck GmbH, Innsbruck www.athesiadruck.com ISBN 978-3-9501312-4-6 © 2014 · Alle Rechte vorbehalten
INHALT Vorwort des Präsidenten................................................................................. 7 Autorenverzeichnis ......................................................................................... 17 FACHARTIKEL H. Gunga, R. Prell Thin air and strong bonds .............................................................................. 19 B. Mair, G. Putzer Prolongierte Reanimation – Indikation und Technik................................. 49 L. Moroder, M. Hohlrieder, P. Mair Reanimation nach Lawinenverschüttung – Wer überlebt ......................... 63 R. Unterpertinger, P. Mair Möglichkeiten und Grenzen der automatischen externen Defibrillation im alpinen Gelände................................................. 75 W. Roth Ist der endotracheale Tubus noch der Goldstandard der Atemwegssicherung ................................................................................. 87 G. Sumann, T. Hochholzer, M. Faulhaber, M. Burtscher High-altitude mountaineering made safer ................................................... 99 E. Baumgartner, F. Berghold, P. Paal Schwangerschaft, Antikonzeptiva und Bergsteigen .................................... 123 R. Waanders, G. Riedmann Auf der Spur von Faktor X: Die Suche nach der Schlüsselstelle im Kopf ..... 131 F. van der Kallen Der Einsatz von Psychopharmaka im Alpinsport ....................................... 147 5
H. Mairbäurl Anpassung des erythrozytären Sauerstofftransports an Belastung und Höhe................................................................................... 161 D. Niederseer, J. Niebauer Kardiovaskuläre Nutzen-Risiko Abwägung von Alpinem Skilauf bei Breitensportlern ................................................... 185 A. Koller, W. Schobersberger Konditionelle Anforderungen im alpinen Skisport – eine kurze Übersicht ....................................................................................... 205 M. Angermann Vorbereitung auf einen Wettkampf in Höhenlage aus der Sicht der Trainingspraxis .................................................................. 217 M. Niedermeier, E. Pocecco, H. Gatterer, M. Faulhaber Vorhersagemöglichkeiten der akuten Bergkrankheit ................................. 239 G. Siebenhofer, M. Atzlinger, W. Domej Blutdruck vor und nach passivem Aufstieg in mittlere Höhe ................... 255 M. Burtscher Kälte und sportliche Leistungsfähigkeit ....................................................... 275 W. Domej, K. Öttl, G. Siebenhofer, T. Küpper Reaktive Spezies unter hypobarer und normobarer Hypoxie.................... 287 T. Sonnweber, M. Nairz, J. Theurl, G. Weiss Hypoxie und Eisenstoffwechsel ..................................................................... 311 P. Mair Mit Menschen unterwegs ............................................................................... 323 C. Blank, W. Schobersberger Evidenz-basierter Gesundheitstourismus im Alpenraum – Eine Herausforderung für die Zukunft ......................................................... 337 6
VORWORT Zum 25-jährigen Jubiläum: Aktuelle Aspekte und Perspektiven Die Gründerväter der Österreichischen Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin, Franz Berghold, Egon Humpeler und Wolfgang Schobersberger, die bei ihrem Zusammentreffen anlässlich einer höhenmedizinischen Veranstaltung in Davos im Jahre 1988 den Entschluss fassten, ihre Vision von einer eigenen nationalen höhenmedizinischen Fachgesellschaft zu verwirklichen, hatten wohl kaum mit dem großen Erfolg und der nachhaltigen Entwicklung dieses medizinischen Randgebietes gerechnet. Selbst die Vereinsgründung der ÖGAHM am 15. April 1989 erfolgte keineswegs in einem euphorischen Akt, sondern war noch von Skepsis und ungewisser Erwartungshaltung geprägt, zumal die Unsicherheit bestand, ob wohl alle an Alpinmedizin Interessierten auch wirklich in einem gemeinsamen Boot Platz fänden. Franz Berghold schrieb anlässlich der ersten Ausgabe des Jahrbuches im Jahre 1990: „Alpinmedizin bedeutet keine monodisziplinäre Thematik, sondern lebt vielmehr von der engen und vielgestaltigen Verflechtung von Wissenschaft und Praxis; mit Alpinmedizin beschäftigen sich vor allem Menschen, die sich selbst leidenschaftlich mit dem Wandern und Bergsteigen verbunden fühlen.“
Abb. 1: Vision von einer nationalen höhenmedizinischen Gesellschaft: F. Berghold, W. Schobersberger und E. Humpeler (von links nach rechts)
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Die Zeit war einfach reif: Die drei erwähnten Persönlichkeiten (Abb. 1), damals wie heute begeisterte Alpinsportler, waren fasziniert von einer bis dato in der Öffentlichkeit noch nicht wirklich wahrgenommenen medizinischen Disziplin, die sich mit der Erforschung physiologischer und pathophysiologischer Prozesse unter den speziellen Bedingungen der körperlichen Belastung unter höhenatmosphärischen Bedingungen befasste. Während der Alpinsport in erster Linie auf körperliche Voraussetzungen, Technik und Erfahrung abzielte und immer auch von einem hohen sportlichen, präventiven, sozialen sowie pädagogischen Stellenwert begleitet war, basierte der Goldstandard der frühen Höhenmedizin auf grundlegenden Erkenntnissen der Physiologie seiner Zeit sowie den Anfängen der Bergrettungsmedizin. Diese Ära klassischer höhenmedizinischer Pionierleistungen ist heute weitgehend vorbei; andere Teilgebiete der Höhenmedizin reüssierten, aber auch neue traten in das Blickfeld (1) (Tab. 1). Tab. 1: Einige Teilgebiete der Höhenmedizin Höhenphysiologie und -pathophysiologie Hypothermie und Lawinenmedizin Terrestrische und experimentelle Hypoxie Alpine Unfallforschung Alpine Sport- und Leistungsmedizin Alpine Notfallmedizin Bioklimatologie Berg- und Flugrettungsmedizin Sportpsychologie
Wie kaum in einem Teilgebiet der Medizin sind Know-how und sportliche Aktivität in der Höhenmedizin verflochten. Aus diesem Grunde wurde eine stark praxisorientierte Wissensvermittlung durch ein gut strukturiertes Lehrgangswesen, das auch die Weiterentwicklung der persönlichen bergsteigerischen Fähigkeiten der Kursteilnehmer durch eigens engagierte Bergführer inkludierte, bereits sehr früh in einen Masterplan der ÖGAHM gefasst. Dieser wurde von alpinmedizinisch interessierten Kolleginnen und Kollegen verschiedenster Fachrichtungen gerne angenommen. Die durch die ISMM, MEDCOM-UIAA und MEDCOM-IKAR zertifizierten Lehrgänge der ÖGAHM vermitteln in ide8
aler Weise höhenmedizinisches Fachwissen mit alpinsportlichen Fertigkeiten. Das Geheimnis des bisherigen Erfolges lag jedoch nicht allein in hochwertigen Kursangeboten oder regelmäßig in den gesellschaftseigenen Medien erscheinenden Publikationen, sondern vor allem in der fachlichen Kompetenz und Begeisterungsfähigkeit seiner Akteure. Auch ein Jahr nach Auslagerung der Alpinärztekurse stehen ein unverändert attraktives Ausbildungspaket, alpine Erlebniswerte inklusive, für den Erfolg und die Beliebtheit der österreichischen Alpinärzteausbildung. Obwohl es verständlich ist, dass Absolventen der Alpinärztekurse in erster Linie für sich und ihre sicherere Bergsportausübung profitieren möchten, wäre eine Breitenwirkung des erworbenen Wissens und Weitergabe etwa in Form alpinmedizinischer Beratung oder in der studentischen Lehre wünschenswert, dürfte jedoch weiterhin eher die Ausnahme bleiben; so werden Absolventen des „Diploma in Mountain Medicine“ gegen die Intention der ÖGAHM als medizinische Begleiter von Trekking- und Expeditionsgruppen sehr selten aktiv. Fünfundzwanzig Jahre nach Vereinsgründung ist die ÖGAHM Dank vieler engagierter Mitstreiter und aber des sich kontinuierlich vergrößernden Kreises höhenmedizinisch interessierter Mitglieder zur „Institution“ geworden. Das Curriculum der Alpin- und Höhenmedizin, aber auch die höhenmedizinische Forschung, beides statutenverankerte Säulen der Gesellschaft, konnten über die Jahre unter den bisherigen Präsidenten Elmar Jenny, Gerhard Flora, Franz Berghold, Martin Burtscher und meiner Wenigkeit in Qualität und Umfang weiterentwickelt werden (Abb. 2). Auf die Leistungen unter ihrer Ära können wir heute stolz sein; sie bedeuten gleichzeitig aber auch, die Arbeit für die Gesellschaft in dieser Weise fortzusetzen. Das 25-jährige Bestandsjubiläum wurde Anfang November im Rahmen eines Festaktes in Verbindung mit einer höhenmedizinischen Fortbildungsveranstaltung im Bundessportheim Obergurgl gebührend begangen.
Abb. 2: Bisherige Präsidenten der ÖGAHM: E. Jenny, G. Flora, F. Berghold, M. Burtscher und W. Domej (von links nach rechts)
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Ausgehend von der weitgehend symptomorientierten Höhenmedizin des vergangenen Jahrhunderts mit stark physiologischer Gewichtung und Anlehnung an die Bergrettungsmedizin gilt die Höhen- bzw. Hypoxiemedizin mangels entsprechender öffentlicher Einrichtungen auch heute noch als Randdiszi plin. Obwohl sich an der zentralen Ausrichtung, nämlich die Höhenhypoxie in ihrer Auswirkung auf den Menschen zu erfassen, nichts geändert hat, hat sich das Verständnis hypoxiegetriggerter Abläufe heute bis in den molekularen Bereich vertieft. Daher können heute auch wesentliche neue Erkenntnisse in der Höhenmedizin nur mehr mit hohem technischen Aufwand bzw. Untersuchungen auf molekularer Ebene erreicht werden. Die Höhenmedizin steht damit wahrscheinlich erst am Anfang einer Neuentwicklung, wobei biotechnologische Methoden neue Ansätze wie beispielsweise „functional genomics, epigenomics und proteomics“ ermöglichen. Mit diesen Werkzeugen werden wir den Schlüssel der individuellen Hypoxiesensitivität vielleicht schon bald in die Hand bekommen. Das Anforderungsprofil der höhenmedizinischen Forschung im 21. Jahrhundert unterscheidet sich somit grundlegend von den Forschungsaktivitäten des vergangenen Jahrhunderts. Das heutige höhenmedizinische Wissen, das auch für andere Fachrichtungen zunehmend relevant wird, ist mit dem Stand vor 25 Jahren nicht mehr vergleichbar (Tab. 2). Die Notwendigkeit höhenmedizinischer Forschung ergibt sich einfach in Anbetracht der steigenden Zahlen im Höhentourismus und sollte durchaus auch im Interesse politischer Verantwortungsträger und des Tourismus gelegen sein. Alpinmedizinische Forschung und Wissensverbreitung dienen der Prävention, Leistungsverbesserung und Risikominimierung Gesunder sowie der Rehabilitation und Roborierung chronisch Kranker. Beides sollte auf wissenschaftlicher Basis kontinuierlich weiterentwickelt werden (2). Tab. 2: Aktuelle Bereiche mit Relevanz der höhenmedizinischen Forschung Alpiner Breitensport: Präakklimatisation Alpiner Spitzensport: Hypoxietraining/Höhentraining Klinische Medizin: Verhalten chronischer Erkrankungen unter Höhenexposition Pharmaindustrie: Wirksamkeit, Metabolismus und Haltbarkeit von Pharmaka unter Hypoxie Rehabilitationsmedizin: Besserung bestimmter Krankheitsbilder unter Einfluss der Höhe Trekking und Expeditionsmedizin, höhenmedizinische Expertise
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Präventivmedizin, Public Health Arbeitsmedizin: Arbeit unter Hypoxiebedingungen (Höhenarbeitsplätze, Brandschutz)
Wir stehen bereits am Beginn einer individualisierten Diagnostik der Sauerstoffsensitivität; spezifischere Screeningmethoden und Präakklimatisationsverfahren in „künstlicher Höhe“ werden prospektiv zur weiteren Risikominimierung in großer Höhe beitragen können. Über die Schnittstelle Hypoxie ist Höhenmedizin heute auch mit anderen medizinischen Fachrichtungen vernetzt, allen voran Disziplinen, in deren Aufgabenbereich die Diagnostik und Behandlung hypoxischer bzw. ischämischer Erkrankungen fällt. Bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts waren terrestische Höhen nahezu das einzig mögliche Experimentierfeld, um Reaktionsabläufe unter Einfluss der Höhe zu untersuchen. Auch heute noch stellen reale Höhen ein wichtiges Modell dar, um Vorgängen unter natürlichen Hypoxiebedingungen auf den Grund zu gehen. Mit der Entwicklung und Verbreitung der Hypoxiekammertechnologie wurde jedoch in den letzten Jahrzehnten der Zugang zur Hypoxieforschung wesentlich vereinfacht. Die Zahl experimenteller Studien stieg in den vergangenen Jahren signifikant an und die Expertise in der Höhenmedizin konnte durch zahlreiche kontrollierte Studien wesentlich verbessert werden; das hatte auch ein besseres Verständnis der sehr komplexen Vorgänge um die Akklimatisation bzw. die Höhen(in)toleranz zur Folge.
Abb. 3: „Urgestein“ der Österreichischen Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin: Gründungsmitglieder Univ.-Prof. Dr. Franz Berghold (rechts) und Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schobersberger (links) anlässlich des 100. Lehrganges auf der FranzSenn-Hütte im Jahre 2011
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Es ist kein Geheimnis, dass sich auch einige Mitglieder der ÖGAHM durch ihre intensive und kontinuierliche Arbeit auf dem Gebiete der Höhenmedizin akademisch/beruflich erfolgreich weiterentwickeln konnten; sie konnten über die Jahre zu honorigen Repräsentanten der internationalen höhenmedizinischen Community avancieren (Abb. 3). Dies könnte ein Ansporn für höhenmedizinisch interessierte junge Kollegen und Kolleginnen sein, vielleicht diesem Beispiel zu folgen. Im vergangenen Vierteljahrhundert konnten wir den methodischen Wandel und die zunehmende Interdisziplinarität der Höhen-/Hypoxiemedizin deutlich miterleben, weg von klassischen höhenmedizinischen Feldstudien hin zu witterungsunabhängigen Untersuchungen unter experimentellen Bedingungen (3). Der aktuelle Trend zur Höhenmedizin und Hypoxieforschung wird sich in Zukunft intensivieren, zumal erkannt wurde, dass auch Patienten mit bestimmten chronischen Erkrankungen (COPD, KHK, metabolisches Syndrom) in Bezug auf ihre Belastungstoleranz von einer Höhen-/Hypoxieexposition profitieren können (4–6). Die ÖGAHM hat die Hypoxieforschung als vielversprechendes Arbeitsfeld erkannt und deshalb auch vor zwei Jahren in ihre Vereinsstatuten aufgenommen. Auch der Bedarf an höhenmedizinischer ärztlicher Beratung, Begleitung (Trekking, Hochtourenwochen) sowie der qualifizierten Betreuung spezieller Patientengruppen am Berg (COPD, Asthma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, arterielle und pulmonal-arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Tumor- und Anfallsleiden, hämatologische Erkrankungen, aber auch Herzklappen-, Gelenks- oder Organersatz, Gehörlosigkeit oder Blindheit) wird möglicherweise in den kommenden Jahren verstärkt auf die Höhenmedizin zukommen. Die ärztliche Betreuung im alpinen Breitensport durch die Höhenmedizin kann heute durchaus unter dem Begriff „Public Health“ verstanden werden; dem trägt die ÖGAHM auch statutengemäß Rechnung, indem sie sich explizit der Förderung und Entwicklung von Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit und Sicherheit im alpinen Bereich und deren Verbreitung verschrieben hat (§ 3.1 der Statuten). Viele Menschen möchten sich ja grundsätzlich präventiv ausrichten, kennen größtenteils die gesundheitlichen Risikofaktoren, möchten aus einer strukturierten Arbeitswelt ausbrechen, sich mehr bewegen, sind aber heute oft so ausgepowert, dass sie weder physisch noch mental in der Lage sind, ihren oft hochgesteckten alpinen Wunschdestinationen nachzukommen. Hier besteht heute die Möglichkeit, höhenmedizinische Beratung, ggf. erweitert um eine Hypoxieprovokation mit Bestimmung der hypoxischen Gefäßreaktivität in kritischen Organgebieten, Messung des transkutanen pO₂ 12
oder der ventilatorischen Hypoxieantwort (HVR) verbunden mit aussagekräftigen serologischen bzw. plasmatischen Indikatoren (z.B. Surrogatparameter des oxidativen Stress, Antioxidantienstatus) bzw. auch leistungsdiagnostische Untersuchungen (Spiroergometrie) bei einem bestimmten Höhenäquivalent in Anspruch zu nehmen. Gerade bei älteren Menschen können Voruntersuchungen ein wichtiges Regulativ zur Risikominimierung darstellen. Man sollte sich trotz aller modernen medizinischen Hilfsmittel jedoch bewusst sein, dass die Höhenverträglichkeit realiter wahrscheinlich auch in Zukunft nicht hundertprozentig einschätzbar sein wird, da neben der hypobaren Hypoxie noch andere schwer erfassbare Faktoren wie der vor Ort schwer messbare Radikalstatus, aber auch die Willenskraft, das individuelle Risikoverhalten, die Leidensfähigkeit oder die psychische Verfassung eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Es ist zudem keineswegs entschieden, ob Alpinsport generell gesund ist. Von extremen Ausdauersportarten (Ultramarathons, 24-Stunden-Läufe etc.) wissen wir, dass immunsuppressive Nachwirkungen auftreten können; spekulativ gibt es dabei große individuelle Unterschiede. Das Ausmaß der dafür verantwortlichen Belastung sowie Schweregrad und Dauer der Hypoxieexposition sind heute weitgehend unbekannt und stehen vermutlich mit der endogenen Generation von freien Radikalen und Entzündungsmediatoren in Zusammenhang. Dieser Hinweis sollte Alpinsportlern in der höhenmedizinischen Beratung mitgegeben werden, vor allem, wenn sie sich in extremen Höhen bewegen und/oder bis zur Erschöpfung verausgaben. In letzter Zeit zeigten zwei spektakuläre Beispiele am Dach der Welt, dass bei Einhaltung gewisser Regeln Höhenbergsteigen von Kindheit bis ins hohe Alter möglich ist. So erreichte der über 80-jährige Japaner Yuichiro Miura 2014 zum dritten Mal in seinem Leben den Gipfel des Mount Everest und übertraf damit den bisherigen Rekord des Nepalesen Mi Bahadur Sherchan aus dem Jahre 2008, der mit 76 Jahren am höchsten Gipfel stand. Auch der erst 13-jährige Jordan Romero schaffte es als jüngster Everestbezwinger aller Zeiten zusammen mit seinem Vater bis zum höchsten Punkt der Erde. Beide Leistungen waren ohne Zweifel auch deshalb so außergewöhnlich, da einerseits der Juniorbergsteiger altersmäßig noch nicht, der Seniorbergsteiger nicht mehr am Höhepunkt der körperlichen Leistungsfähigkeit stand. Beide Fälle führen uns die extreme Altersbreite vor Augen, mit der die Höhenmedizin heute befasst ist. In vielen Fällen spielen auch Medikamente im Alpinsport eine nicht unwesentliche Rolle. Das Problem ist in Form der Selbstmedikation am Berg bekannt (7). Der therapeutische Ansatz der Höhenmedizin beschränkte sich bisher im 13
Großen und Ganzen auf die Akutbehandlung schwerer Formen der Höhenintoleranz, wenn man von Empfehlungen zu jenen Erkrankungen absieht, die sich unter Hypoxieeinfluss potentiell verschlechtern können. Evidenzbasierte Medizin und Medikamente sind heute eine Selbstverständlichkeit und gewährleisten einen hohen Grad an Patientensicherheit. Demgegenüber steht die „Off-Label“-Medikation, die Verabreichung eines zugelassenen Medikamentes außerhalb des Indikationsrahmens. In der Regel handelt es sich dabei um Substanzen, deren Wirksamkeit zwar ausreichend geprüft wurde, deren Anwendung jedoch bei Erkrankungen außerhalb des verzeichneten Indikationbereiches nicht vorgesehen ist, selbst wenn eine sehr ähnliche Symptomatik oder Pathogenese besteht. Eine zulassungsüberschreitende Verabreichung eines Medikamentes liegt dabei im Ermessen und in der Verantwortung des Arztes. In der Höhenmedizin sollte man sich deshalb stets bewusst sein, dass mangels diagnostischer Möglichkeiten vor Ort einerseits keine präzisen diagnostischen Einschätzungen möglich sind, andererseits praktisch alle Medikamente, die im Rahmen von Höhenunverträglichkeiten heute Verwendung finden, als Off-Label-Use gelten. Aus diesem Grunde sucht man beispielsweise vergeblich im Beipacktext unter der Ruprik „Indikationen“ des klassischen Höhenmedikamentes Acetazolamid (Diamox®) nach „Prophylaxe akuter Bergkrankheit/ AMS“. Trotz hinlänglich empirischer Wirksamkeit sowie zahlreichen Untersuchungen war die Evidenz in dieser Indikationsstellung offensichtlich nicht ausreichend. Die Beipacktexte der meisten Medikamente sind bezüglich Aufbewahrung und Einnahme zudem so abgefasst, dass sie nur für den Einsatz unter normalen Umgebungsbedingungen in Betracht kommen. In der Höhenmedizin sind diese Bedingungen jedoch selten gegeben (8, 9). Bei der bekannt erhöhten oxidativen Stressbelastung in der Höhe, ggf. zusammen mit thermischem Stress, Exsikkose, UV-Exposition oder extremer Alkalose, sind Pharmaproduzenten heute sehr zurückhaltend was Hinweise zu Wirksamkeit, Metabolismus und Haltbarkeit ihrer Präparate betrifft. Der Großteil aller Arzneimittel wurde ausschließlich auf Normalhöhe bzw. Meeresspiegelniveau geprüft. Es ist durchaus vorstellbar, dass das Wirk- und Nebenwirkungsprofil einzelner Präparate unter Höhen- bzw. Hypoxiebedingungen vom bekannten Muster auf Normalhöhe abweicht. Hier lässt die Phantasie für höhenmedizinische Forschungsprojekte großen Spielraum. Ob diese nun experimentell in einer Höhenkammer oder unter realen Höhenbedingungen erfolgen, ist eine Frage der Kosten, zeitlichen Valenzen, angewandten Methodik, persönlichen Einstellung und des logistischen Aufwandes. Reale höhenmedizinische Feldstudien stellen naturgemäß eine größere Herausforderung dar, entschädigen 14
dafür oft mit attraktiver alpiner Landschaft. Angesichts vieler offener Fragen auch im Zusammenhang mit neuen potentiell gegen Höhenkrankheit wirksamen Medikamenten bleibt die höhenmedizinische Forschung auch in Zukunft eine interessante Herausforderung. Es wäre darüber hinaus wünschenswert, wenn die ÖGAHM in Zukunft auch in Gesundheits- und Umweltfragen einen richtungsweisenden Standpunkt vertreten würde. Dabei geht es nicht nur um den Lobgesang für regelmäßiges Ausdauertraining, in den sich bereits viele nichtärztliche Berufsgruppen mit präventivem Beratungsanspruch eingestimmt haben, sondern vielmehr auch um den Erhalt alpiner Freiräume. Unsere Identität als Alpinsportler ist eng mit dem freien Zugang zum alpinen Raum verbunden. Letzterer ist daher gesundheits- und sozialpolitisch von großer Relevanz. Die ÖGAHM sollte sich gemeinsam mit den alpinen Vereinen für die Beibehaltung der uneingeschränkten Nutzung dieser alpinen Freiräume, insbesondere für die Beibehaltung der Wegefreiheit, stark machen, für eine ökologische Berglandbewirtschaftung eintreten und alpinen Übererschließungsprojekten vehement entgegentreten (10). Naturschutz bedeutet auch Gesundheitsschutz und darf nicht dort aufhören, wo übergeordneten Interessen und Lobbys höhere Prioritäten zugestanden werden als der lokalen Bevölkerung. Restriktionen wie Begehungs-, Betretungs-, Kletter-, Befahrungs-, Flug- oder Schwimmverbote, überhöhte Mauteinhebungen oder sogar Besteigungsgebühren sind in ihrer Genehmigung an objektiv nachvollziehbare Kriterien zu binden und grundsätzlich kontraproduktiv und unsozial, wenn es gilt, den Präventionsgedanken durch mehr Bewegung und sportliche Aktivität in einer freien Natur besser in der Bevölkerung zu verankern. Hier sollte unsere Gesellschaft, falls erforderlich, durchaus Zähne zeigen. Im Sinne einer dynamischen Weiterentwicklung unserer Gesellschaft müssen wir auf neue Herausforderungen mit Offenheit reagieren, aber an erforderliche Anpassungen in der Ausrichtung mit Bedacht herangehen. Neben der Schärfung des Profils wäre in Zukunft auch eine engere Vernetzung mit universitären Einrichtungen und anderen Institutionen, die sich mit Höhen- bzw. Hypoxieforschung befassen, vorteilhaft und wünschenswert. Ein gemeinsamer höhenmedizinischer Forschungsstützpunkt in den Ostalpen steht zur Zeit nicht einmal zur Diskussion und könnte auf absehbare Zeit bestenfalls einer Halluzination entspringen. Damit schließt sich der Kreis, Halluzinationen sind höhenmedizinisch gesehen ein bekanntes Phänomen.
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LITERATUR (1) Gunga H.C., Kirsch K.A. Nathan Zuntz (1847–1920) – a German pioneer in high altitude physiology and aviation medicine, part I: biography. Aviat Space Environ Med 1995; 66: 168–171. (2) Domej W., Schwaberger G., Guger C., Herfert J., Haditsch B., Földes-Papp Z., Tilz G.P. Aspects and necessity of moderate-altitude research. Wien Med Wochenschr 2005; 155(7–8): 149–156. (3) Houston C.S. From the mountains to the labs. A brief summary of the people and their studies on which rests most of what we know today. Int J Sports 1992; 13(1): 6–9. (4) Burtscher M., Pachinger O., Ehrenbourg I., Mitterbauer I., Mitterbauer G., Faulhaber M., Pühringer R., Tkatchuk E. Intermittent hypoxia increases exercise tolerance in elderly men with and without coronary artery disease. Int J Cardiol 2004; 96: 247–254. (5) Burtscher M., Haider T., Domej W., Linser T., Gatterer H. et al. Intermittent hypoxia increases exercise tolerance in patients at risk for or with mild COPD. Respir Physiol Neurobiol 2009; 165(1): 97–103. (6) Schobersberger W., Schmid P., Lechleitner M., von Duvillard S.P., Hörtnagel H. et al. Austrian moderate altitude study 2000. The effects of moderate altitiude (1700 m) on cardiovascular and metabolic variables in patients with metabolic syndrome. Eur J Appl Physiol 2003; 88: 506–514. (7) Zafren K., Berghold F., Hillebrandt D. Performance enhancing drugs at high altitude. Wilderness Environ Med 2013; 24(2): 173–174. (8) Küpper T. Höhenwirksamkeit von Medikamenten. In: Haditsch B., Domej W., Schobersberger W., Burtscher M. (Hrsg.). Jahrbuch 2008 der Österreichischen Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin, Raggl Druck GmbH, Innsbruck, 2008: 121–128. (9) Küpper T., Schraut B., Rieke B., Schroeffl V., Steffgen J. Drugs and drug administration in extreme climates. J Travel Med 2006; 13: 35–47. (10) Domej W. Gesundheitsprävention und andere Perspektiven in der Höhenmedizin. Alpinmedizinischer Rundbrief 2008; 39(2): 22–27.
Wolfgang Domej Präsident der ÖGAHM
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Autorenliste ANGERMANN Michael, Dr., Sportwissenschafter, Höttinger Au 49/3, A-6020 Innsbruck E-Mail: m.h.angermann@gmail.com BAUMGARTNER Evelyn, Dr., FEM-MED, Ordination für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Sparkassenplatz 2, A-6020 Innsbruck E-Mail: baumgartner@fem-med.at BLANK Cornelia, Mag. Sc. hum., Dipl. BW (FH), Institut für Sport-, Alpinmedizin und Gesundheitstourismus (ISAG), UMIT – Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik, Eduard-Wallnöfer-Zentrum 1, A-6060 Hall/Tirol E-Mail: cornelia.blank@umit.at BURTSCHER Martin, Univ.-Prof., MD, PhD, Institut für Sportwissenschaft, Universität Innsbruck, Fürstenweg 185, A-6020 Innsbruck E-Mail: martin.burtscher@uibk.ac.at DOMEJ Wolfgang, Univ.-Prof. Dr. med., Klinische Abteilung für Lungenkrankheiten, Univ.-Klinik für Innere Medizin Graz, MU-Graz, Auenbruggerplatz 20, A-8036 Graz E-Mail: wolfgang.domej@medunigraz.at GUNGA Hanns-Christian, Prof. Dr. Dipl. geol., Department of Physiology, Center for Space Medicine Berlin, Charité Universitätsmedizin Berlin, CharitéCrossOver (CCO), Charitéplatz 1, D-10117 Berlin E-Mail: hanns-christian.gunga@charite.de KOLLER Arnold, Priv.-Doz. Dr., Institut für Sport-, Alpinmedizin und Gesundheitstourismus (ISAG), TILAK, In der Stille 20, A-6161 Natters E-Mail: arnold.koller@uki.at MAIR Birgit, Ao. Prof. Dr. med., Universitätsklinik für Anästhesie und Intensivmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Anichstraße 35, A-6020 Innsbruck E-Mail: birgit.schwarz@uki.at MAIR Paul, Mag. rer. nat., mc2alpin – Verein für Erlebnis und Sicherheit, Franz-Schöpf-Weg 2, A-6406 Oberhofen E-Mail: paul.mair@mc2alpin.at 17
MAIRBÄURL Heimo, Prof. Dr., Medizinische Klinik VII, Sportmedizin UniversitätsKlinikum Heidelberg, Im Neuenheimer Feld 410, D-69120 Heidelberg E-Mail: heimo.mairbaeurl@med.uni-heidelberg.de MORODER Luca, Dr., Universitätsklinik für Anästhesie und Intensivmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Anichstraße 35, A-6020 Innsbruck E-Mail: luca.moroder@uki.at NIEDERMEIER Martin, MSc, Institut für Sportwissenschaft, Universität Innsbruck, Fürstenweg 185, A-6020 Innsbruck E-Mail: martin.niedermeier@uibk.ac.at NIEDERSEER David, Dr., PhD, BSc, 1. Abteilung für Innere Medizin, Krankenhaus Oberndorf, Paracelsusstraße 37, A-5110 Oberndorf E-Mail: d.niederseer@kh-oberndorf.at ROTH Winfried, Dr. med., Abteilung für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, Klinikum Traunstein, Cuno-Niggl-Str. 3, D-83278 Traunstein E-Mail: winfried.roth@kliniken-sob.de SIEBENHOFER Gernot, cand. Med., Univ.-Klinik für Innere Medizin Graz, MU-Graz, Auenbruggerplatz 20, A-8036 Graz E-Mail: gernot.siebenhofer@medunigraz.at SONNWEBER Thomas, Dr., Universitätsklinik für Infektiologie, Immunologie, Rheumatologie und Pneumologie, Medizinische Universität Innsbruck, Anichstraße 35, A-6020 Innsbruck E-Mail: thomas.sonnweber@uki.at SUMANN Günther, Prim. Mag. Dr., Institut für Anästhesiologie und Intensivmedizin, LKH Vöcklabruck, Dr.-Wilhelm-Bock-Straße 1, A-4848 Vöcklabruck E-Mail: guenther.sumann@gespag.at UNTERPERTINGER Regina, Dr., Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Anichstraße 35, A-6020 Innsbruck E-Mail: regina.unterpertinger@uki.at VAN DER KALLEN Frans, Dr., Seckau 67 e, A-8732 Seckau E-Mail: frans.vdk@aon.at WAANDERS Robb, Mag. rer. nat. Drs. rer. soc., Schwerpunktkrankenhaus Rankweil, Erwachsenenpsychiatrie, Valdunastraße 16, A-6830 Rankweil E-Mail: robb.waanders@lkhr.at 18
❙ Hanns-Christian Gunga und Rebecca Prell ❙
Dünne Luft und starke Bindungen Österreichisch-deutsche Beiträge zur Geschichte der Höhenphysiologie und die Rolle von Nathan Zuntz (1847–1920) und Arnold Durig (1872–1961)
Thin air and strong bonds Austrian-German contributions to the history of high altitude physiology and the role of Nathan Zuntz (1847–1920) and Arnold Durig (1872–1961)
ZUSAMMENFASSUNG Nathan Zuntz (1847–1920) war eine Schlüsselperson in der Geschichte der Höhenphysiologie und der Flugmedizin. Von 1881 bis 1918 führte Zuntz als Professor für Tiermedizin an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin Laborstudien über die Veränderungen im Stoffwechsel in Ruhe und unter Belastung durch. 1885 entwickelte er zusammen mit August Julius Geppert (1856–1937) den berühmten „Zuntz-Geppert’schen Respirationsapparat“, was dazu führte, dass er in den frühen 1890er-Jahren seine Forschung auf dem Gebiet der Höhenphysiologie fortführte. Hierfür erfand Zuntz ein transportables Messgerät, das den Gasaustausch maß. Im berühmten Buch „Höhenklima und Bergwanderungen“ veröffentlichte Zuntz die Ergebnisse seiner Studien. Einige Jahre später unternahm Zuntz eine weitere Expedition auf die Kanarischen Inseln, bereits auf der Anreise per Schiff erhob er Messdaten zur Physiologie des Menschen auf Meereshöhe. Bis 1914 führte er Studien in Luftschiffen und Flugzeugen durch. Nathan Zuntz deckte für mehr als 52 Jahre ein erstaunlich breites Spektrum an Forschungsgebieten ab. Stoffwechsel, Ernährung, Atmung, Blutgase, Bewegung und Höhenphysiologie waren dabei die am häufigsten diskutierten Themen. Er erfand innovative Geräte, nicht nur den „Zuntz-Geppert’schen Respirationsapparat“, sondern auch das erste Laufband im Jahre 1889. 1916 ging Zuntz in Ruhestand und verstarb am 22. März 1920 in Berlin. Zu Lebzeiten pflegte Zuntz den Kontakt mit Kollegen. Einer von ihnen war der 19
österreichische Physiologe Arnold Durig (1871–1961). Die Arbeiten Durigs decken – ähnlich wie die von Zuntz – das gesamte Gebiet der Physiologie ab, insbesondere erforschte Durig Themen wie Atmung, Stoffwechsel, Leistungsund Höhenphysiologie. Er war ein sehr begeisterter Bergsteiger, Wissenschaftler und Arzt. Zusammen mit Zuntz verbrachte er 1903 mehrere Wochen in den Alpen. Ihre Erkenntnisse wurden später u.a. in den „Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften (Wien)“ veröffentlicht. 1903 wurde Durig an die Hochschule für Bodenkultur in Wien berufen, wo er 1904 zum außerordentlichen Professor und schließlich 1905 zum ordentlichen Professor ernannt wurde. Im Ersten Weltkrieg übernahm Durig die Leitung des k. u. k. Kriegsspital bei Grinzing, hier war er für 60 Baracken und rund 6.000 verwundete Soldaten verantwortlich. Im Jahr 1915 wurde er zum ordentlichen Mitglied der österreichischen Akademie der Wissenschaften ernannt, wo er 1918 die Nachfolge von Siegmund Exner-Ewarten antrat. 1938 wurde Durig durch das NS-Regime in den Zwangsruhestand versetzt. Bis zu seinem Tod im Jahr 1961 blieb er in seinem Haus in Latschen (Vorarlberg, Österreich). Sowohl Arnold Durig als auch sein wissenschaftlicher Mentor, Nathan Zuntz, die nicht nur eine lebenslange Freundschaft verband, können heute als Pioniere und Leitfiguren in der Geschichte der Höhenphysiologie gelten. Schlüsselwörter: Nathan Zuntz, Arnold Durig, Höhenphsyiologie, Zuntz-Geppert’schen Respirationsapparat SUMMARY Nathan Zuntz (1847–1920) was a key person in the history of high altitude physiology and aviation medicine. As a professor of animal physiology at the Landwirtschaftliche Hochschule (Agricultural University) in Berlin from 1881 until 1918, he carried out laboratory studies on the changes in metabolism at rest and during exercise. To this end he, together with August Julius Geppert (1856–1937), developed the famous “Zuntz-Geppert’schen Respirationsapparat” (Zuntz-Geppert respiratory apparatus) in 1885. In the early 1890’s, Zuntz extended his research to the field of high altitude physiology. For their investigations in the field Zuntz invented a transportable gas exchange measuring device. A synopsis of these studies was published by Zuntz in 1906, the famous book “Höhenklima und Bergwanderungen” (High altitude climate and mountain-touring). A few years later Zuntz undertook further expeditions to the Canary Islands, conducting studies in airships and planes until 1914. For over 52 years, the work of Nathan Zuntz (1847–1920) covered an amazingly wide spectrum of research fields; metabolism, nutrition, respiration, blood gases, 20
exercise, and high altitude physiology were the main themes. He invented several new devices such as the Zuntz-Geppert respiratory apparatus in 1886 and the first Laufband (treadmill) in 1889. Zuntz retired in 1916 and died in Berlin on March 22, 1920. As very close co-workers during his life-time was the Austrian physiologist Arnold Durig (1871–1961). He – as Zuntz – still covered the whole field of physiology, particularly respiration, metabolism, exercise and high altitude physiology. He was a very enthusiastic mountaineer, scientist, and physician. Together with Zuntz he stayed several weeks in the Alps in 1903 which were later published in the “Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften (Wien)”. In 1903 Durig was appointed to the Hochschule für Bodenkultur in Vienna (School of Agricultural Sciences), 1904 Appointment as Associate Professor, and finally 1905 Full Professor. During World War Ist he took over the Surgeon General, Head of the k. u. k. Kriegsspital Grinzing (60 baracks for 6,000 wounded soldiers). In 1915 he became a full member of the Austrain Academy of Sciences and was appointed to the Chair of Physiology (Medical Faculty of the University of Vienna, former Exner-Ewarten chair) in 1918. In 1938 Durig was forced into retirement as Full Professor and temporarily arrested, and retired afterwards. Until his death in 1961 he stayed at his home in Latschen. Both, the Austrian Arnold Durig and his scientific mentor, the German Nathan Zuntz, who shared a life-long friendship, can be regarded as main figures in the history of high altitude physiology and medicine, in general. Keywords: Nathan Zuntz, Arnold Durig, high altitude physiology, Zuntz-Geppert respiratory apparatus
BIOGRAPHY AND SCIENTIFIC FIELDS OF NATHAN ZUNTZ Nathan Zuntz (Fig. 1)was born in Bonn on October 6th, 1847. His mother Julie, née Katzenstein, had been born and raised in Kassel and his father was a Jewish merchant in Bonn, Leopold Zuntz, who established a coffee shop dynasty (“A. Zuntz sel. Wwe.”) in Germany which by the end of the 1920s, was a flourishing company with 800 employees, numerous stores and its own cafés along the country. In the years 1849–1863, Nathan’s ten siblings Albert, Carolina, Jeanette, Emma, Simonetta, Anna, Joseph, David, Mathilde and Siegmund Richard were born. Nathan, the first-born child, was of a delicate constitution and consequently did not begin school until seven years of age, at the grammar school in Bonn in 1854. In 1863 – shortly before passing his Abitur (final high 21
school examination) – Zuntz stopped attending high school and began an apprenticeship as a banker in Bonn. But Zuntz’s training at the Bonn bank was brief. After only a few weeks he was forced to give up the apprenticeship position because “he behaved poorly by spilling an inkwell over the record book and was subsequently released on grounds of inaptitude” (1). After returning to high school in Bonn, Zuntz passed his Abitur in the autumn of 1864 at the age of 17. 1864 can be determined as the date on which Zuntz enrolled as a student at the University in Bonn. 1868 as the date at which he left university. Zuntz was made Schultze’s assistant in the course of the fourth semester of his studFig. 1: Nathan Zuntz (1847–1920) at the age of ies. After passing his Rigoroabout 60 years sum (oral examination for the doctorate) with the grade “summa cum laude” and his inaugural dissertation was published under the title “Beitraege zur Physiologie des Blutes”. In 1868, Zuntz passed the state examination and was licensed to practice as a physician. Zuntz practiced in Oberpleiss am Siebengebirge until September 1869. Afterwards he went to the Charité and other institutions in Berlin for the winter semester and attended courses and seminars held by Graefe, Frerichs, Virchow, Westphal, Traube. When he returned from Berlin, Zuntz began working as Pflüger’s assistant in Bonn in 1870. When Zuntz completed his medical studies in 1868, the “Chemisch-physikalische und physiologische Laboratorium der Königlich Landwirtschaftlichen Akademie Poppelsdorf ” (Chemico-Physical and Physiologi22
Fig. 2: The Royal Agricultural Academy in Berlin 1906 (Gunga 2009)
cal Laboratory of the Royal Agricultural Academy of Poppelsdorf) near Bonn had just been established in the previous year, as had the Institute for Chemistry run by Kekulé. In 1872, the Anatomical Institute was moved from the building at the Hofgarten castle grounds (which now houses the Akademisches Kunstmuseum) to Poppelsdorf. In Bonn, the subjects Anatomy and Physiology had been taught separately since 1859 and the famous Eduard Pflüger (1829– 1910) had been appointed to the newly-created chair for Physiology while still a young schola. This is how, in the course of the next two decades, a center for natural science developed in Poppelsdorf near Bonn from the simplest of beginnings. Following his return from Berlin, Zuntz became Pflüger’s assistant on April 1st, 1870, after he had already published several scientific treatises on the acid-base balance of the blood, some of them together with Pflüger and started in the same year the habilitation procedure (1). The outbreak of the Franco-Prussian War of 1870/71 caused an interruption to the young scientist’s career. In late 1872, Zuntz took a position as a teacher at the Königliche Landwirtschaftliche Akademie Poppelsdorf (Royal Agricultural Academy Poppelsdorf) and in 1874 Zuntz had been appointed ausserordentlicher Professor (full professor without tenure). In 1880, Zuntz received a preliminary notice as to his being appointed to the Chair of Veterinary Physiology at the 23
Fig. 3: The Zuntz-Geppert respiratory apparatus in a typical set-up to measure metabolism at rest (1)
Fig. 4: A technical description oft he treadmill invented by Zuntz and Hagemann in 1889 (1)
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Agricultural Academy in Berlin (Fig. 2). One of Zuntz’s outstanding qualities characterizing his work was the close relationship between theory and practice. This was apparent in the approaches he took during his early years in Bonn, and over the course of the 1890’s this trait developed fully in a multitude of fields. So, when in 1881 Zuntz started his new position in Berlin and the course was set for a new era in veterinary physiology research in Berlin. Despite all the improvisation required, Zuntz was able to begin his experiments on the physiology of respiration and metabolism in the early 1880’s in collaboration with Geppert which later turned out to be fundamental to the field of respiratory and metabolic research, respectively (2, 3). In the frame of this research they invented the famous “Zuntz-Geppert respiratory apparatus” (Fig. 3). Furthermore, Zuntz and Geppert formalized the equation to determine oxygen consumption during rest and exercise using expiratory (or inspiratory) volume measurements only. At the same time Zuntz and von Mering completed the investigations into the physiology of digestion and induced the term “digestive process” (1). It was as a result of his studies on respiratory, metabolic and nutritional physiology that Zuntz started to be interested in exercise physiology, and human perforamnce in extreme environments. Since this research had pragmatic and economic significance, the Institute got more and more recognition, financial funding and recognition even by the Emperor Wilhelm II. Zuntz himself later emphasized the economic significance of his research on many occasions (Zuntz, 1899a, p. 3). The reserach on the metabolism of horses “Untersuchungen über den Stoffwechsel des Pferdes bei Ruhe und Arbeit (Studies on the Metabolism of the Horse at Rest and at Work) were so fundamental that even today they are held in high esteem (1). The spectrum of his activities now ranged from the physiology of blood, circulation and muscles to that of nutrition and digestion, animal breeding and starvation, embryology and Fig. 5: The ergometer invented by Zuntz and Voit in onwards to problems of 1904 25
climate and high-altitude physiology (1–3). In the course of his studies, especially those on horses, Zuntz and Hagemann invented the treadmill (Fig. 4), made direct measurements of the blood pressure in the pulmonary artery and aorta during rest and exercise. A few years later the Zuntz-Voit ergomeFig. 6: A recent post stamp (2012) in honour ter for similar studies (Fig. 5), an of the ergometer invention made by Zuntz invention which was recently honand Voit in 1904 ourde by a post stamp (Fig. 6). The blood pressure measurment during the testing on horses mentioned above were among the first measurements published in the scientific literature and the methods applied by Zuntz were later (1929) used by Campos and associates at Harvard University to quantify the energy expenditure of dogs running on a treadmill (1). By using Fick’s principle for determining cardiac output, Zuntz was able to make far reaching discoveries on gas exchange and cardiac performance. Much later, following the end of World War II, Forßmann is said by Cournand to have laid claim to these ideas originally developed by Zuntz. In the early 1890ties Zuntz and Loewy (Fig. 7), a life-long friend and co-worker and expert in respitaory physiology, started to work on the effect of hypobaric-hypoxia together of Lazarus, the director of the Jewish Hospital in Berlin, who had a therapeutic pneumatic chamber (1). The pneumatic chamber itself was a copy of the one built by Paul Bert in Paris. As stated above, the chamber was Fig. 7: Adolf Loewy (1862–1936) (Heimatused mainly for therapeutic purmuseum, Montafon, Estate of Arnold Durig) 26
poses, but was also made available to scientists, balloonists and other researchers for scientific studies and experiments. For Zuntz’s high-altitude research purposes, the pneumatic chamber of the Jewish Hospital was of exceptional significance. The preliminary trials conducted there were the laboratory counterpart, so to speak, to the field physiological studies begun in the mid-1890s by Zuntz in the Alps, on Tenerife, and while ballooning. Zuntz believed it to be imperative that final conclusions be based not only on physiological data from a laboratory setting (Fig. 8), but that they also stand up to a field-study control and vice versa. This methodical procedure is reflected most clearly in his “Studien zu einer Physiologie des Marsches” (“Studies on the Physiology of Marching”), which are very closely related to his investigations in the field of high altitude physiology. Some results and conclusions from these studies broke new ground and continue to be cited in basic textbooks of exercise physiology even today. In the broadest sense, the “Studies on the Physiology of Marching” was work commissioned for the German [War Department], which had ordered an investigation “serving to establish the required physiological attributes for the permissible load of soldiers on marches” (1) in the spring of 1894 (Fig. 9). This ministerial decision had been preceded by discussions in the army’s upper echelons addressing precisely this issue. All involved had concurred that the load that soldiers were carrying at the time was too 27
Fig. 8: Nathan Zuntz at his new laboratory of the Royal Agricultural laboratory around 1910
Fig. 9: A Prussian soldier equipped with the transportable oxygen measurement device by Zuntz (1901) (1)
heavy. In addition, the improvement of military medical studies in the 19th century had given rise to the justified hope that new discoveries in science could be applied practically in order to maintain and sustain the army’s fighting ability. The study revealed that the respiratory quotient at the end of the marches was always reduced, in other words that in place of the carbohydrates used up by work, fat was metabolized during long periods of sustained physical exercice. As demonstrated by further measurements, the body’s carbohydrate stores, reduced by the march, had not been replaced, not even by the next day. In August 1895, Zuntz and Schumburg conducted the first high altitude field study at the Monte Rosa. Thus, Zuntz and his school embarked on high altitude research which together among others with Arnold Durig took place in the years 1895 to 1903 in the Monte Rosa massif and in 1910 on Pico del Teide in Tenerife. Central scientific focus points of Zuntz’s expeditions were the effect of exercise on metabolism, the impact of high-altitude climate on metabolism, on hematopoiesis, and the the etiology of “mountain sickness” (altitude sickness). This expedition as well as another in 1896 only gave unsatisfactory results and prompted the decision to conduct a lengthier expedition with a larger number of participants, and so, Zuntz’s major expedition to Monte Rosa came about in the summer of 1901 (Fig. 10) and used the newly built Capanna Regina Margherita (4). In 1903 Zuntz set off once again for the Monte Rosa massif, this time accompanied by Arnold Durig. This expedition was sponsored by the Königlich Preussische Akademie (Royal Prussian Academy) in Berlin and the Austrian Ministerium für Kultur und Unterricht (Ministry for Culture and Education). The objective was to expand and conclude the respiratory and metabolic experiments conducted during the major expedition in 1901. This Alpine expedition of 1903 was, however, clearly beyond the stamina and health of Zuntz, who was now over fifty years old. Years later, in his obituary for Zuntz, Durig remarked: “Images come to mind from the past when we lived, worked and cooked together during the weeks in the icy regions, in remote seclusion from mankind, and how you – with indescribable modesty – were content with even the worst of all I could offer you. You said to me then – seventeen years ago – at the highest frontier glacier, ‘I am so tired, just let me die.’ This must have been the first sign that your heart was beginning to fail” (5). During that journey, Zuntz and Durig spent almost 3 weeks in the peak regions of Monte Rosa. This was to be Zuntz’s last major expedition in the Alps. The months that followed were devoted to sorting through and evaluating the extensive material collected. The results of these studies made up the major portion of “Höhenklima und Bergwanderungen” (High Altitude Climate and Mountain Hiking on 28
Fig. 10: Zuntz and his colleagues at the Monte Rosa Expedition in the Alps in summer 1901 (1)
Human Beings) by Zuntz et al. published in 1906, and Durig’s publication in the “Denkschriften der Kaiserlichen Akademie” in 1911. In the succeeding years as rector of the College of Agriculture in Berlin, Zuntz’s scientific work was forced to take second place to his other duties. However, he was visited during this period by many famous scientists such as Marie and August Krogh (Copenhagen), and Joseph Barcroft (Cambridge) in the summer of 1907. In 1908, Zuntz spent the summer in the United States, sharing the instruction of a course in biochemistry presented at the Third Session of the Conference of Agriculture of Cornell University at Ithaca, N.Y. Back in Berlin a key issue for him was the question under which physiological circumstances lactate is produced. Zuntz believed that lactate was produced only under hypoxic conditions. As stated recently by Barnard and Holloszy this was a point “on which Zuntz was mistaken, and his interpretation was very reasonable considering the complete lack of information regarding the regulation of glycogenolysis” (6). But Zuntz and his school were absolutely right when they concluded, based on their numerous studies on nutrition during the preceding decades, that both fat and carbohydrates mainly serve as substrates for energy during exercise in humans, and that the role of protein as an energy-providing substrate 29
was negligible (6, 7). During the years around 1910, Zuntz turned his attention with renewed interest to a research topic which had intensively captivated him several years before: climate physiology. In order to clarify the practical benefits of a study of this sort, Zuntz referred to his own analyses of the physiology of marching, which he had performed with soldiers: “These investigations have had the practical result that the marching ability of soldiers has been increased by way of a certain reduction of baggage weight and by the clothing being better adapted to [meet] the needs created by heat expenditure. Furthermore, these investigations also showed that consuming easily-digested foodstuffs in small quantities, especially of sugar, during exhausting marches is very beneficial. These experiments revealed that the greatest obstacle preventing high performance was excessive temperature. (…) The temperature at which the performance is considerably restricted depends on multiple factors, among which the most crucial are humidity and air movement. While experimenting on the marching soldiers, I was able to determine that the danger of heat stress given a certain temperature is lower to the same degree that the air moves and is dry. [We] were even successful, at that time, in exactly determining in numbers the amount of sweat that the body needed to excrete in order to avoid overheating at various temperatures, wind velocities and humidity levels” (Letter from Zuntz to Loebker, 1908, fol. 89–92, Staatsbibliothek Berlin) (1). Therefore, not surprisingly and not simply by chance, in 1911 Zuntz also got deeply involved during these years in the evaluation process for the inauguration of the Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft for promoting science and research (today’s Max Planck Society). The list of experts particpating reads like a Who-is-Who of the field’s contemporary elite and it can be seen as proof of the great esteem that Zuntz was held in that he, as a non-university researcher, was requested to state his position alongside such illustrious colleagues such as E. Fischer (Berlin), Waldeyer (Berlin), Rubner (Berlin), v. Wassermann (Berlin), M. Delbrück (Berlin) and S. Arrhenius (Stockholm, Sweden). It was a goal to establish a “bio-ontological institute in Dahlem” which should “combine all sciences which deal with organisms and their development”. It was “intended to be a complex of connected, yet individual institutes” such as “zoology (such as) comparative anatomy, embryology and physiology (...) and areas which thus far have been considered remote such as palaeontology and anthropology” which should be closer connected to biological disciplines (1). At the same time Zuntz got more and more interested in climatolical and balneological reserach. To quote from a lecture Zuntz gave to the balneological society in Berlin in 1911 reads. “Climate research is of course of extremely high interest 30
to the forum you represent, inasmuch as it provides the basis for hygienic and therapeutic measures. But being aware of the relationships between climate and man is also of higher anthropological and economic significance. It gives us the basis for assessing the ability of man to perform in various climates. And to the extent that standard rules for remedying damaging climate effects are the outcome discoveries made, they will enable us to know how man can survive in extreme climate conditions” (1). Later, Zuntz summarized the purpose and tasks of climate research for balneology as follows: “Recently, efforts have been made to put individual climate factors to use – high and low temperatures, intensive light, electrical charging of the atmosphere and its emanation content – as remedies. Normally, however, we will only be able to avail ourselves of the mixture of the many varied effects given in the climate of a location. Climate physiology, serving medical science, now has the task of researching and determining the effect of each of these individual factors on as many bodily functions as possible, and of determining to what extent, these effects support or mutually neutralize each other in the various combinations in which they may appear in different locations and their climates. It is easy to recognize that the tremendous magnitude of this task and to understand that a series of various methods must be utilized in order to carry it out. On the one hand, every individual climate factor has to be applied in varying intensities to persons of various constitutions, healthy and ill, and the effect on the various organs and on the metabolic processes has to be studied. On the other hand, the climates as nature offers them to us have to be researched in their effects on individuals of various body build, various age and under various pathological strains. The second category of studies will always remain the most significant for the physiology of climate because it alone enables an impact lasting for weeks or even years” (1). In order to create such artificial climates, Zuntz resorted to the respiratory chamber in the veterinary physiology laboratory, which had recently been upgraded to an increased capacity (80 cbm) at the Königliche Landwirtschaftliche Hochschule (Royal Agricultural College). Therefore it is not surprsing that he played a significant role in a multi-week expedition led by Pannwitz to the Canary Island of Tenerife in the spring of 1910 (Fig. 11). A letter (greetings from the ocean liner) from Zuntz to Darmstaedter is signed by the members of the expedition and provides evidence of the interest taken by many international researchers who took part in, among them Durig, v. Schroetter, Barcroft. After the expedition had reached Tenerife, they investigated was “whether the 31
Douglas Durig
v. Schroetter Barcroft Zuntz
Fig. 11: Members of the International Tenerife Expedition in 1910
results which Zuntz and Durig had obtained while on Monte Rosa remained applicable even under the altered conditions of the warm climate of Tenerife, or whether the air temperature and light were factors that considerably influenced the previously demonstrated changes in the physiological behavior of man in high altitude climates” (1). During the investigation they restricted themselves to recording basic physiological parameters such as pulse frequency, blood pressure, and body temperature. Furthermore, they conducted respiratory experiments at various altitudes. A particular focus of their work was the increased radiation of the sun at high altitudes, with its implications for gas exchange and the respiratory mechanism of the organism (Fig. 12, Fig. 13). In 1903, Zuntz and Durig had, already performed similar experiments together on Monte Rosa for this purpose. But, in contrast to the previous series of experiments, the intention of the Tenerife Expedition was to subject the entire body to radiation from the sun at high altitude. The series of experiments were not without considerable negative repercussions on the subjects’ health. Durig’s physical state following such a field experiment is described as follows: “The effects of the exposure to the sun were intense. Not only did Durig feel a strong burning sensation on his body during the experiment, especially on 32
the chest and upper thighs, but also, as a consequence of the sunning, suffered a quite painful burn on the entire front side of his body, which led to an edema and to blisters forming on his chest, stomach and legs so that even the weight of the blanket at night was extremely painful. The pain was alleviated by the application of anaesthetic Fig. 12: Measurements to quantify the gas exchange ointment. In the evening under resting conditions at high altitude during the of the day on wich he had international high altitude expedition to Tenerife in subjected himself to radia- the spring of 1910 (1) tion, the body temperature sank to 35,9°C (96,6°F) in the rectum, evidently caused by the loss of heat resulting from the hyperaemic skin” (Durig, Schrötter and Zuntz, 1912, p. 473) (1). In the spring of 1912, Zuntz was appointed director of the newly established scientific advisory council of the Center for Balneology in Berlin and in the same year he Wissenschaftliche Gesellschaft für Flugtechnik e.V. (Scientific Society for Aviation Technology) was founded in Berlin, today the DLR and a total of ten subcommittees (a–k) were set up, including the Ausschuss f für medizinische und psychologische Fragen (Committee “f ” for Medical and Psychological Issues). As far as reference was made to the committee’s members, it was stated Fig. 13: Measurements to quantify impact of radiatithat the “Vereinigung zur on on the skin during the international high altitude wissenschaftlichen Erfor- expedition to Tenerife in the spring of 1910 (1) 33
schung des Sportes und der Leibesübungen (Association for the Scientific Investigation of Sport and Physical Exercises): Professor Nicolai – Berlin; Privy Councilor Professor Zuntz – “ called in as members by the committee. One of the Society’s objectives was to publish research done in the field of aviation science, which led to the series Luftfahrt und Wissenschaft (Aviation and Science), edited by Sticker. One of the first works published in this series that same year was Zuntz’s treatise Zur Physiologie und Hygiene der Luftfahrt (On the Physiology and Hygiene of Aviation), which today ranks as the earliest and most comprehensive work in the field of aviation medicine in the world (1–3). Afterwards he published papers on sports physiology and their possible influence on public health. Over the course of the war, the increasingly limited food supplies prompted Zuntz to conduct nutritional physiological observations on himself. Since turning 41 in 1888, Zuntz had meticulously recorded his metabolism, body weight and body temperature together with Loewy. In May of 1916, he determined a “very considerable decrease in the oxidation process” and that he had lost weight from 67.5 kg (1912) to 60.6 kg, a result of the war-time food (1). Shortly after the outbreak of World War I, demonstrating great foresight, Zuntz had already made a strong public appeal that in view of the threatening shortage, the grain normally used in Germany for feeding pigs be made directly available to the population for food, arguing that this was a more sensible use from a nutritional standpoint. His views ultimately culminated in Zuntz’s calling for the official slaughtering of 8–9 million pigs, which was conducted in the spring 1915 (1). In the last years of his life there was also no end to the scientific honors bestowed on Zuntz. In July of 1918, prior to the conferral by the Kaiser of the Order of the Crown, 2nd Class, Zuntz received an honorary doctorate from the Tierärztliche Hochschule Hannover (Hanover School of Veterinary Medicine and from the Bodenkultur in Vienna. And finally, one year later, on August 3rd, 1919, Zuntz was awarded an honorary doctorate from the Department of Philosophy of the University of Bonn on the occasion of its hundredth anniversary and retired in 1919. Furthermore, he was nominated three times for the Nobel Prize, in 1910, 1919, and finally 1920. Interestingly enough, the motivations cited in the nominations differed from one suggestion to the next. While in 1910 the extensive work Zuntz had done in the field of physiology (blood, circulation, respiration, thermoregulation) was lauded, then his investigations on the metabolism of horses and ruminants gave credit, and in 1920 his contributions to nutritional research were mentioned. On the other hand, in 1919 Zuntz himself nominated eight colleagues, these being Barcroft, Benedict, Krogh, Loeb, Neuberg, Oppenheim, Tigerstedt, and von 34
Fig. 14: Nathan Zuntz working in his office of the Royal Agricultural Academy in Berlin at the age of about 65 years
Wassermann. He suggested Barcroft for his work on the oxygen affinity of hemoglobin and metabolism, Benedict for his work on metabolism, and Krogh for his work on respiratory methods, gas exchange, cardiac output etc. And in fact, Krogh was awarded, the Nobel Prize in 1920. As Zuntz’s successor shortly later the faculty of the Royal Agricultural College chose Scheunert, who had thus far been an ausserordentlicher Professor (professor without tenure) at the Tierärztliche Hochschule (School for Veterinary Medicine) in Dresden. Zuntz’s own remarks on the procedures surrounding the appointment to the chair are to be found in a letter from 1920 addressed to an unknown recipient: “I would most have preferred to secure Durig, but he had taken on a professorship in physiology at Vienna University half a year earlier. Despite this, he was leaning towards coming, but finally turned the offer down after a lengthy period of hesitation. Amongst my students, my favorite choice as successor would have been Loewy and perhaps also Caspari, but this probably failed mainly on account of the anti-Semitism of my “honored colleagues.” In the end, Scheunert in Dresden 35
was appointed, an associate and relative of Ellenberger, and will be taking up the position on April 1st. Personally, I hope that we will get along well together” (Fragment of a letter from Zuntz to an unknown person from February 2nd, 1920, Staatsbibliothek Preussischer Kulturbesitz [Berlin State Library], Slg Darmstaedter – Nathan Zuntz –, 3d. 1885, fol. 3) (1). “If Mehring was the friend from his youth, then Durig was the friend of his [old] age (...). As his old friends died before him the young circle of his students had long since gathered around him. Only young Durig from Innsbruck was his equal, as he was inspired by the same wealth of ideas and the same joy he took in his work. How this son of the mountains enjoyed working [with your grandfather] on the Monte Rosa mountain range, how happily he helped his aging mentor when climbing! Nathan’s dearest wish was to make Durig his successor at the institute. But the young professor was granted the Ordinariat (full professorship) at the University of Vienna--thus this dream disappeared. His son Durig would have made it so easy for him to leave the beloved workplace” (Emma [Sarah] Zuntz, undated, p. 48/49) (1). This “beloved workplace” in his final years at the Royal Academy of Agriculture can be seen in Figure 14. On March 22nd, 1920, Nathan Zuntz passed away in Berlin.
BIOGRAPHY AND SCIENTIFIC WORK OF ARNOLD DURIG Karoline Durig give birth to Arnold Durig (Fig. 15) on the 12th of November, 1872 in Innsbruck (Austria) where his father Josef Durig conducted the teacher training college. Originally Josef Durig came from Tschagguns, a small mountain village in the Montafon a long valley in the Austrian province Vorarlberg (8). Arnold Durig spent his school days in Innsbruck. After his graduation he started studying medicine, parallel he worked at the Hygiene and Chemical Institute and obtained an assistant. In 1898 he received his doctorate in medicine (Fig. 16). Subsequently he was assistant physician and volunteer at various clinics in Innsbruck, worked as a dentist and finally as a country doctor in lower Austria. In 1900 Durig habilitated for Physiology and became an assistant of Professor Sigmund Exner at the Institute of Natural Resources and Life Scienes in Vienna (Fig. 17). Only two years later, he achieved the position of a private lecturer and started after a semester of research in Oxford his important 36
(Heimatmuseum, Montafon, Estate of Arnold Durig)
Fig. 15: A painting of Arnold Durig (1872–1961) by the Austrian Anton Filkuka at the age of about 40 years
(Heimatmuseum, Montafon, Estate of Arnold Durig)
mund Freud’s polemic booklet “The Question of Lay Analysis: Conversations with an Impartial Person” published in 1926 (8). Not surprising he received offical honours from the city of Vienna (Fig. 21) and from the academic world, there (Fig. 22). He continued to perform field studies as the research on the influence of alcohol intake on physical performance at moderate altitiude (Fig. 23) and being still a member, since 1891, of the German-Austrian Alpine Club (Fig. 24). With the annexation of Austria to the German Reich in 1938 Durig was forced to retire as a professor of physiology and temporarily arrested and lived further on in Tschagguns (Fig. 25, Fig. 26), the birthplace of his father, were he was honorary authorized as a pen-
Fig. 16: Certificate of the doctorate of Arnold Durig
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Fig. 17: Arnold Durig’s railway legitimation in 1902 showing him at the age of about 30 years
(Heimatmuseum, Montafon, Estate of Arnold Durig)
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(Heimatmuseum, Montafon, Estate of Arnold Durig)
collaboration with Professor Nathan Zuntz (1847–1929) from the Royal Agricultural College in Berlin (8), research which triggerd obviously his schientific interest in high altitude physiology and medicine. In 1903 Zuntz and Durig started their foremost mentioned own field studies at the Monte Rosa, especially on respiration and metabolism. Afterwards, he returned to Vienna where he became an associate professor and one year later appointed extraordinary a full professor. In 1905 Durig married Alexandra Rohorska (Fig. 18) with whom he had a daughter named Ilse (8). In 1906 he received the famous Ignaz-Lieben-Prize for his studies on waterbalance and Fig. 18: Arnold Durig’s wife Alexandra Durig became a full member of the Austrain Academy of Sciences in 1915. During World War I Durig was appointed to serve as the Surgeon General, Head of the k. u. k. Kriegsspital Grinzing, which had about 60 baracks for 6,000 wounded soldiers (Fig. 19). These barracks were visted by the Empress Zita, wife oft he last Austrian Emperor Karl I., presumable around 1916 (Fig. 20). Finally, Durig was appointed to the Chair of Physiology (Medical Faculty of the University of Vienna, former Exner-Ewarten chair) in 1918. His institute counted in the interwar period to be the most productive, as shown by more than 1000 publications on nutrition, metabolism, altitude physiology and social and occupational medicine. Durig founded a renowned School and his students spread all over the world and kept close contact with other well-known scientists in Vienna at that time such Sigmund Freud. It is very probably that Durig is served as the model for the “impartial person” in Sig-
(Heimatmuseum, Montafon, Estate of Arnold Durig) (Heimatmuseum, Montafon, Estate of Arnold Durig)
Fig. 19: Arnold Durig working as the head of the Grinzing during World War I
Fig. 20: The Empress Zita Maria delle Grazie of Bourbon-Parma (1892–1989), wife of the last Austrian Emperor Karls I., visiting Arnold Durig in Grinzing during World War I around 1916
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(Heimatmuseum, Montafon, Estate of Arnold Durig)
Fig. 21: Official document that Arnold Durig received the honour to be a “Bürger” of Vienna in 1932
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Fig. 22: Honourable members of the ÂMedical Faculty of the University Vienna
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Fig. 23: The dry gas meter used by Durig to determine the influence of alcohol on the ability to exercise at moderate altitude in the 1930ties
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Fig. 24: Certificate that Arnold Durig was an active member of the German-Austrian (Heimatmuseum, Montafon, Estate of Arnold Durig) Alpine Club over 50 years
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(Heimatmuseum, Montafon, Estate of Arnold Durig)
(Heimatmuseum, Montafon, Estate of Arnold Durig)
Fig. 25: Arnold with his wife Alexandra and daughter Ilse at his home in Latschau
Fig. 26: Arnold Durig at his favorite place in the Gauertal (Tschagguns) during his retirement in the 1950ties
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(Heimatmuseum, Montafon, Estate of Arnold Durig)
Fig. 27: Personal greetings from Albert Einstein (1879–1955) to Arnold Durig
sioner by the Regional School Board to inspect local schools. Nevertheless, he stayed in close contact with many colleagues and famous scientists, such as Albert Einstein and Janos (Fig. 27, Fig. 28). Durig’s wife Alexandra died in 1959. Almost two years later at the age of 89 Arnold Durig died on October 18th 1961 in Schruns (Vorarlberg, Austria) in consequence of a stroke. Today, 46
(Heimatmuseum, Montafon, Estate of Arnold Durig)
Fig. 28: Personal greetings dated from 1952 from Janos Plesch (1878–1957), a former assistant of Zuntz, and Albert Einstein (1879–1955)
in Montafon streets are named after him (8). Furthermore, a plaque at the entrance of Department of Physiology of the University of Vienna reminded of the important physiologist. Until today the austrian society of nutrition (ÖGE) gives the Arnold Durig award for outstanding services (8). 47
ACKNOWLEDGEMENTS We would like to thank gratefully the follwing major archives and institutions for their great help: Archiv der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde Berlin, Berlin (Archives of the Jerusalem and New Church Parish Berlin), Archiv der Humboldt Universität zu Berlin (Archives of the Humboldt University Berlin), Archiv der Max-Planck-Gesellschaft (Archives of the Max Planck Society), Archiv der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Bonn (Archives of the Rheinische Friedrich-Wilhelm-University, Bonn), Archiv der Universität Wien, Wien (Archives of the University of Vienna), Bundesarchiv (Militärarchiv) Freiburg, Freiburg i. Breisgau (German Federal Archives, Military Archive, Freiburg), Geheimes Staatsarchiv (GStA) Preussischer Kulturbesitz, Berlin (Secret Central Archives of the Berlin State Library Prussian Cultural Heritage), Museum des Heimatschutzvereins, Montafon, finally Diary of Emma (Sarah) Zuntz.
REFERENCES Only a selected list of reverences (sources, bibliography, and additional helpful literature) is given here. The full list of references can be ordered, separately. (1) Gunga H.C. Zuntz N. His Life and Work in the Fields of High Altitude Physiology and Aviation Medicine. Elsevier, Academic Press (Amsterdam); 2009. (2) Gunga H.C., Kirsch K.A. Nathan Zuntz (1847–1920)-a German pioneer in high altitude physiology and aviation medicine, Part I: Biography. Aviation Space Environmental Medicine 1995; 66(2): 168–171. (3) Gunga H.C., Kirsch K.A. Nathan Zuntz (1847–1920)-a German pioneer in high altitude physiology and aviation medicine, Part II: Scientific work. Aviation Space Environmental Medicine 1995; 66(2): 172–176. (4) West J.B. High life: A history of high-altitude physiology and medicine. Published for the American Physiological Society by Oxford University Press (New York); 1998. (5) Durig A. N. Zuntz. Wiener klinische Wochenschrift 1920; 33: 344–345. (6) Barnard R.J., Holloszy J.O. The metabolic systems:aerobic metabolism and substrate utilisation in exercising skeletal muscle. In: Tipton CM. Exercise Physiology. Oxford: Oxford University Press 2003 (7) Brooks G.A., Gladden L.B. The Metabolic Systems: Anaerobic Metabolism (Glyco and Phosphagen). In: Tipton CM. Exercise Physiology. Oxford: Oxford University Press 2003 (8) Burtscher M., Gnaiger E., Burtscher J., Nachbauer W., Brugger A. Arnold Durig (1872– 1961): life and work. An Austrian pioneer in exercise and high altitude physiology. High Altitude Medicine and Biology 2012; 13(3): 224–231.
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❙ Birgit Mair, Gabriel Putzer ❙
Prolongierte Reanimation – Indikation und Technik Prolonged cardiopulmonary resuscitation – indication and technique
SUMMARY Survival rate in out of hospital cardiorespiratory arrest is about 10 % and remained almost unchanged over the last 30 years. Survival rate in the subgroup of patients without restoration of spontaneous circulation (ROSC) at scene and ongoing CPR until hospital admission is much worse and about 1 to 2 %. However, new techniques like mechanical chest compression devices and extracorporeal life support systems may improve outcome in patients undergoing prolonged CPR. Initial clinical experience with these techniques demonstrated unexpected longtermsurvival in some patients. On the other hand, these studies also clearly show that this expensive therapeutic approach should be reserved for a few selected patients only. Reasonable candidates for prolonged CPR efforts until hospital admission may be patients with witnessed cardiopulmonary arrest, immediate bystander CPR and a rhythm other than asystole, having high quality advanced life support CPR during transport and a reversible myocardial injury amenable to in hospital therapeutic interventions (PTCA, thrombolysis, rewarming).By contrast,a history of an unwitnessed cardiac arrest or the presence of prolonged unresponsive asystole is a clear argument to withhold prolonged CPR. Keywords: prolonged CPR, mechanically chestcompression device, extracorporeal life support ZUSAMMENFASSUNG Ungefähr eine halbe Million Menschen erleiden in Europa jährlich einen Herzkreislaufstillstand. Tritt dieses Ereignis präklinisch auf, liegt die Überlebensrate unter 10 %. Dieses Ergebnis hat sich in den letzten 30 Jahren kaum 49
verändert. Eine drastisch geringere Überlebenswahrscheinlichkeit weisen jene Patienten auf, die prähospital keinen Spontankreislauf erlangen können. Mit der Entwicklung neuer Technologien wie den mechanischen Thoraxkompressionshilfen oder der extrakorporalen Zirkulationstherapie erhoffte man sich eine Verbesserung der Situation. Diese technischen Neuerungen beziehungsweise Weiterentwicklungen verbessern einerseits die Reanimationsbedingungen am Transport und ermöglichen uns, andererseits unter suffizienter CPR im Krankenhaus weitere Interventionen – wie zum Beispiel eine perkutane transluminale Koronarangioplastie (PTCA) – am Patienten durchzuführen. Wie sich aber in den letzten Jahren in zahlreichen Studien zeigte, profitieren nicht alle Patienten davon. Es kristallisierten sich verschiedene Prädiktoren heraus, die den Verlauf günstig beeinflussen, dazu gehören unter anderem die rasche Wiederbelebung nach einem beobachteten Kreislaufstillstand, die Frühdefibrillation bei Kammerflimmern und die pulslose ventrikuläre Tachykardie. Während des Vorliegens eines unbeobachteten Herzkreislaufstillstands und einer prolongierten, therapieresistenten Asystolie gegen einen Transport unter CPR ins Krankenhaus sprechen. Schlüsselwörter: prolongierte Reanimation, mechanische Thoraxkompression, extrakorporale Zirkulation
EINLEITUNG Der plötzliche Herztod ist eine der führenden Todesursachen weltweit. Pro Jahr erleiden in Europa ca. 500.000 Menschen einen plötzlichen Herzkreislaufstillstand. Die Inzidenz der von den Rettungsdiensten außerklinisch behandelten Herzkreislaufstillständen (OHCA) liegt bei ungefähr 38–48 pro 100.000 Einwohner. Die Überlebensrate dieser Patienten ist zwischen 6,7 und 8,4 % angesiedelt und hat sich in den letzten 30 Jahren kaum verändert (1). Die Erfolgsrate sinkt bei verlängerten Reanimationsmaßnahmen ohne das Erreichen eines präklinischen Spontankreislaufs (ROSC) drastisch auf unter 1–2 % ab (2). Die aktuell gültigen Leitlinien des European Resuscitation Council (ERC) zur kardiopulmonalen Wiederbelebung geben keine eindeutigen Empfehlungen hinsichtlich Reanimationsdauer, Transport ins Krankenhaus unter Reanimation oder Abbruchkriterien der CPR, außer bei sicheren Todeszeichen. Andererseits finden sich in der aktuellen Literatur einige positive Einzelfallberichte, bei denen Patienten nach längerer präklinischer CPR und dem Einsatz von neuen Technologien wie zum Beispiel der mechanischen Thoraxkompressionshilfen 50
oder der extrakorporalen Zirkulationstherapie überlebten (3, 4). Diese neuen Technologien verbessern einerseits die Reanimationsbedingungen am Transport und ermöglichen uns andererseits unter suffizienter Wiederbelebung weitere Interventionen – wie zum Beispiel eine PTCA im Herzkatheterlabor – durchzuführen.
MECHANISCHE THORAXKOMPRESSION Nicht die Dauer allein, sondern vielmehr die Qualität der kardiopulmonalen Reanimation spielt für das Überleben und die neurologische Leistungsfähigkeit des Patienten nach einem Herzkreislaufstillstand eine wichtige Rolle (5). Eine optimal durchgeführte Herzdruckmassage generiert im besten Fall an die 30 % des normalen Herzzeitvolumens. Dieser Anteil ist zur Versorgung von Herzund Hirngewebe absolut notwendig, um dieses vor einem hypoxischen Schaden zu bewahren. Wie mehrere experimentelle und klinische Studien zeigten, wird die Herzdruckmassage selbst durch geschultes Personal allzu oft suboptimal durchgeführt (6). Infolge Ermüdungserscheinungen der Ersthelfer und der vielen Anforderungen während der Reanimationssituation werden die Thoraxkompressionen sehr häufig zu flach, zu langsam oder zu schnell abgegeben (7). Zudem sind die sogenannten „hands-off “-Zeiten, also die Zeiten in der überhaupt keine Herzdruckmassage durchgeführt wird, mit bis zu 50 % der Reanimationszeit oft viel zu lang (7). Wie wichtig kurze „hands-off “-Zeiten sind, belegt eine Observationsstudie aus dem Jahr 2009 (8). Patienten, die in 60–80 % der Reanimationszeit auch wirklich Thoraxkompressionen erhielten, zeichneten sich durch ein signifikant höheres Überleben aus. Außerdem konnte in einer prospektiven klinischen Studie ein 30-prozentiger Überlebensvorteil für je 5 mm mehr an Kompressionstiefe nachgewiesen werden (9). Um Patienten im Herzkreislaufstillstand eine bessere Chance auf ein Überleben ohne neurologische Schäden zu geben, muss die CPR-Qualität verbessert werden. Das kann zum einen mit gezielteren und häufiger durchgeführten CPR-Schulungen erreicht werden. Zum anderen wurden mechanische Thoraxkompressionshilfen entwickelt. Derzeit sind zwei Thoraxkompressionsgeräte in klinischer Verwendung (Autopulse und LUCAS). In tierexperimentellen Studien konnte die Überlegenheit der CPR mittels mechanischer Hilfen sowohl bezogen auf Parameter wie koronarer und zerebraler Perfusionsdruck als auch auf das Outcome der Versuchstiere im Vergleich zur manuellen Herzdruckmassage gezeigt werden (10–12). Im Gegensatz dazu 51
liefern klinische und präklinische Studien widersprüchliche Ergebnisse. In einer klinischen Studie, die im Jahr 2006 durchgeführt wurde, sollte das klinische Outcome nach Reanimation mit Hilfe des Autopulses jenem nach manueller CPR gegenübergestellt werden. Die Untersuchung wurde aber vorzeitig abgebrochen, da die Patienten in der Autopulse-Gruppe ein schlechteres neurologisches Outcome und ein tendenziell schlechteres Überleben aufwiesen (13). Im Gegensatz dazu zeigt sich in der kürzlich veröffentlichten CIRC-Studie das Überleben der Patienten nach Autopulsereanimation vergleichbar mit dem Outcome nach hochqualitativer manueller Reanimation (14). In dieselbe Kerbe schlägt die LINC-Studie. Auch hier gibt es keinen Unterschied im Überleben und im neurologischen Outcome nach LUCAS-CPR verglichen mit hochqualitativer manueller Wiederbelebung (15). In speziellen Reanimationssituationen wie der prolongierten Wiederbelebung, der CPR während Transportsituationen oder der Hubschrauberrettung ist es extrem schwierig, eine qualitativ hochstehende Reanimation aufrecht zu erhalten. Gerade hier zeigte der Einsatz von mechanischen Thoraxkompressionsgeräten extreme Vorteile (16). So konnte Omori nach Implementierung des Autopulsegeräts in der japanischen Hubschrauberrettung in einer retrospektiven Analyse nachweisen, dass bei Patienten im Herzkreislaufstillstand häufiger ein Spontankreislauf erzielt werden konnte als unter manueller CPR (17). In einer experimentellen Studie, bei der die Reanimationsmaßnahmen im Hubschrauber durchgeführt wurden, zeigte sich die Qualität der mechanischen CPR (LUCAS) bezogen auf Eindrucktiefe, Druckpunkt und Entlastung der Thoraxkompressionen der manuellen weit überlegen (18). Thoraxkompressionsgeräte halten die CPR-Qualität über lange Zeit auch in schwierigen Situationen hoch. Dies könnte in Zukunft eine wichtige Rolle für das Überleben und das neurologische Outcome von Patienten spielen, die außerklinisch einen Herzkreislaufstillstand erleiden und unter Reanimationsbedingungen ins Krankenhaus gebracht werden, um in weiterer Folge einer extrakorporalen Zirkulationstherapie zugeführt werden sollen. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass die Indikation zur prolongierten CPR genau überlegt werden muss.
EXTRAKORPORALE ZIRKULATION Um die Situation für Patienten, die längere Zeit keinen Spontankreislauf erlangten, zu verbessern, begann man mit der extrakorporalen Zirkulationstherapie mit der Zielsetzung, lebenswichtige Organe ausreichend mit oxygenier52
tem Blut versorgen zu können. Dieses Verfahren wurde von Bartlett 1976 zum ersten Mal beschrieben (19). Die Technologie verbesserte sich ständig, sodass sie seit Mitte der 90er-Jahre häufiger bei prolongierten Reanimationssituationen angewandt wird. Die Terminologie änderte sich im Laufe der Zeit von perkutanem kardiopulmonalem Bypass (PCBP) zu extrakorporaler Membranoxygenierung (ECMO) und heute spricht man von extrakorporalem Lifesupport (ECLS). Das ECLS-System besteht aus einer Zentrifugalpumpe, einem Oxygenator, einem Wärmetauscher sowie einer arteriellen und einer venösen Kanüle (Abb. 1).
Abb. 1: Das ECLS-System besteht aus einer Zentrifugalpumpe, einem Oxygenator, einem Wärmetauscher sowie einer arteriellen und venösen Kanüle. ECLS – extracorporeal lifesupport
Das perkutane Anlegen und Platzieren der Kanüle erfolgt unter transösophagealer Echokardiographie (TEE) Kontrolle (Abb. 1). Die venöse Kanüle wird von der Femoralvene ausgehend bis in den rechten Vorhof vorgeschoben, die arterielle bis in die abdominelle Aorta (Abb. 2).
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MAQUET Cardiopulmonary AG
Abb 2: Die venöse Kanüle wird von der Femoralvene ausgehend bis in den rechten Quellenangabe: MAQUET Cardiopulmonary AG Vorhof vorgeschoben, die arterielle bis in die abdominelle Aorta.
Zusätzlich wird in der Femoralarterie noch ein Katheter nach distal platziert, um einer Ischämie im kanülentragenden Bein entgegenzuwirken (Abb. 3).
Abb. 3: Zusätzlich wird in der Femoralarterie neben der arteriellen Kanüle noch ein Katheter nach distal platziert, um die Perfusion des Beins zu gewährleisten.
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Das desoxygenierte Blut kommt über die venöse Kanüle aus dem Körper zum Oxygenator, dort wird Kohlendioxid eliminiert und Sauerstoff zugeführt und gelangt anschließend über die arterielle Kanüle wieder in den Organismus. Als Antrieb für den Blutfluss fungiert die Zentri fugalpumpe. Die Regelung der Bluttemperatur erfolgt mit Hilfe des Wärmetauschers (Abb. 1). Die Suffizienz der Reanimation bis zum Start des ECLS-Systems wird kontinuierlich mittels en- Abb. 4: Die Suffizienz der Reanimation bis zum dexpiratorischem CO₂-Monitor Start des ECLS-Systems wir kontinuierlich miting und Nearinfrared-Spektro- tels end-exspiratorischem CO₂-Monitoring und skopie (NIRS) kontrolliert. Das Near-infrared-Spektroskopie kontrolliert. NIRS dient zur Überwachung der zerebralen Sauerstoffversorgung des Patienten (Abb. 4). Die in der Literatur angegebenen Überlebensraten, die mit ECLS-Unterstützung erreicht werden, bewegen sich zwischen weniger als 3 und fast 64 % (20–22). Diese enorme Streubreite liegt wohl in der kleinen Patientenzahl der einzelnen Studien, der unterschiedlichen Erfahrung der behandelnden Teams, dem Vergleich von innerklinischen und prähospitalen Reanimationssituationen und last but not least der Patientenselektion begründet. Den größten Einfluss auf die Überlebensrate scheint die Zeitdauer zwischen Herzkreislaufstillstand und dem Beginn des ECLS-Therapie zu haben. So konnte Haneya zeigen, dass die Überlebensrate bei Patienten, bei denen die Reanimation bis zum ECLS-Beginn unter 30 Minuten lag, mit 68 % signifikant höher war als bei denen, die länger reanimiert wurden (23). Cardarelli kam in seiner Metaanalyse für die Reanimationsdauer von 60 Minuten auf ähnliche Ergebnisse (24). Im Gegensatz dazu präsentiert Le Guen in seiner Studie zwei Patienten, die trotz einer Reanimationszeit von 132 beziehungsweise 170 Minuten ohne oder mit nur geringen neurologischen Defiziten überlebten. Allerdings handelt es sich hier um die zwei einzigen Überlebenden von insgesamt 51 in die Untersuchung inkludierten Patienten, was eine Überlebensrate von 4 % bedeutet (25). 55
Auch in einer von Massetti publizierten Studie überlebte ein Patient nach 120 Minuten Reanimation vor ECLS-Einsatz ohne neurologisches Defizit (20). Mit zunehmendem Alter der Patienten sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit deutlich ab. So stellte Cardarelli in seiner Metaanalyse fest, dass das Überleben in der Altersgruppe der 17–40-Jährigen signifikant höher liegt als bei den über 60-Jährigen (24). Massetti sieht bei den über 75-Jährigen eine Kontraindikation zum ECLS (20). Eine grundlegende Voraussetzung ist, dass die dem Herzkreislaufstillstand zugrunde liegende Pathologie reversibel sein muss, denn sie ist der begrenzende Faktor für den Erfolg. So sind die Hypothermie, die schwere Pulmonalembolie, die Myokarditis und Intoxikationen mit kardiotoxischen Substanzen prädestiniert für die extrakorporale Zirkulationstherapie. Aber auch Patienten, die aufgrund einer akuten Ischämie einen Herzkreislaufstillstand erleiden, profitieren von dieser Option, falls es für die Ischämie Interventionsmöglichkeit gibt. Als Kontraindikationen für den ECLS-Einsatz gelten der unbeobachtete Kreislaufstillstand, keine Reanimation in den ersten zehn Minuten, irreversible zerebrale Schädigungen und terminale onkologische Erkrankungen oder andere schwerwiegende Grunderkrankungen. Massetti zählt noch ein Lebensalter über 75 Jahre hinzu und Haneya eine primäre Reanimationsdauer von mehr als 90 Minuten (20, 23).
TRANSPORT UNTER CPR INS KRANKENHAUS In den aktuell gültigen ERC-Richtlinien zur kardiopulmonalen Reanimation gibt es keine eindeutigen Empfehlungen hinsichtlich Reanimationsdauer, Transport ins Krankenhaus unter Reanimation oder Abbruchkriterien der Wiederbelebung, außer bei sicheren Todeszeichen. Die Überlebenschancen der Patienten, die prähospital einen Herzkreislaufstillstand erleiden, sind insgesamt gering, und bei jenen, die am Notfallort keinen Spontankreislauf erlangen, reduzieren sie sich nochmals deutlich. Daher versuchten verschiedene Gruppen und Rettungsdienste für sich entsprechende Richtlinien hinsichtlich des Abbruchs von Reanimationsbemühungen zu gestalten, um zu vermeiden, dass Patienten ohne Überlebenschance unter großem Aufwand ins Krankenhaus transportiert werden (1, 26–28). Ein rascher Beginn der Reanimationsmaßnahmen bei einem beobachteten Herzkreislaufstillstand und die Frühdefibrillation bei Kammerflimmern oder das Vorliegen einer pulslosen ventrikulären Tachykardie beeinflussen das 56
Überleben der Patienten positiv. Des Weiteren spielen das Alter des Patienten (29), der Ort des Geschehens (30) und das Erreichen eines Spontankreislaufs vor dem Transport (31) eine wichtige Rolle. Bei Patienten, die unbeobachtet einen Herzkreislaufstillstand erleiden, nie einen schockbaren Herzrhythmus aufweisen und nie einen Spontankreislauf erlangen, liegen Fakten vor, die gegen einen Transport ins Krankenhaus unter CPR sprechen (26). In Anlehnung an ähnliche Richtlinien erstellte das Emergency Medical Service (EMS) in Victoria in Australien folgende Leitlinien auf: Ein Abbruch der präklinischen CPR erfolgt dann, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: eine Reanimationsdauer von mehr als 30 Minuten ohne jemals einen Spontankreislauf zu erzielen und der Patient in einem nichtschockbarem Rhythmus verbleibt, keine Lebenszeichen wie Schnappatmung oder positive Pupillenreaktionen vorliegen (32). Im Rahmen des EMS in Victoria führte Stub eine retrospektive Analyse über zehn Jahre hinsichtlich des Transports von Patienten unter Reanimationsbedingungen durch. Inkludiert in die Untersuchung wurden Patienten im Herzkreislaufstillstand und initial schockbarem Herzrhythmus. Bei 55 % der Patienten konnte kein Spontankreislauf erzielt werden, 20 % von diesen wurden unter CPR ins Krankenhaus gebracht. Die Überlebensrate betrug 9 %, von denen 8,5 % ein gutes neurologisches Outcome aufwiesen. In dieser Studie stellten sich eine kurze Zeitspanne bis zur ersten Defibrillation, das Auftreten eines intermittierenden Spontankreislaufs und der Transport in ein Krankenhaus mit der Möglichkeit zur PTCA als Prädiktoren für ein besseres Überleben dar (32). Um die Zeit bis zum Beginn der extrakorporalen Zirkulationstherapie beim Herzkreislaufstillstand außerhalb des Krankenhauses zu verkürzen, implementierte Fagnoul ein Projekt zur präklinischen ECLS-Implantation (33). Neueste Daten seiner Fallserie deuten darauf hin, dass 15–20 % der Patienten ein gutes Outcome aufweisen, unter der Voraussetzung, dass die Zeit zwischen Herzkreislaufstillstand und Beginn der extrakorporalen Zirkulation weniger als 60 Minuten beträgt. Die Entscheidung zu treffen, welche Patienten mit einem präklinisch therapieresistenten Herzkreislaufstillstand von einem Transport ins Krankenhaus unter CPR profitieren, ist nicht immer leicht und bedarf einer genauen Analyse der Situation. Grundsätzlich gilt sicherzustellen, dass es sich um einen beobachteten Herzkreislaufstillstand handelt und ein schockbarer Herzrhythmus oder eine pulslose elektrische Aktivität vorliegen. Ein besseres Überleben weisen jüngere Patienten auf. Zweitens stellt sich die Frage nach der Suffizienz der durchgeführten Reanima57
tion. Dokumentierte gute end-tidale CO₂-Werte, eine Schnappatmung oder ein intermittierend auftretender Spontankreislauf deuten auf eine suffiziente CPR hin. Liegt die Dauer der Reanimation untere normothermen Verhältnissen unter 45–60 Minuten, steigen die Überlebenschancen. Und last but not least ist noch zu klären, ob dem Herzkreislaufstillstand eine Störung zugrunde liegt, die nicht vor Ort, sondern nur im Krankenhaus therapiert werden kann.
Therapieresistenter Herz-‐Kreislaus2llstand beobachteter Herz-‐Kreislaufs2llstand VT – Kammerflimmern -‐PEA Alter < 60 (65a)
nein
Transport unter CPR wenig sinnvoll
(end-‐2dales CO2, Schnappatmung) ROSC (intermiNerend)
nein
Transport unter CPR wenig sinnvoll
CPR-‐Dauer < 45 -‐ 60 min
nein
Transport unter CPR wenig sinnvoll
nein
Transport unter CPR wenig sinnvoll
ja CPR dokumen2ert suffizient
ja
ja Interven2on nur im KH möglich ja Transport unter CPR in Schwerpunkt Krankenhaus
Abb 5: Indikationen zur prolongierten Reanimation; ROSC – return of spontanous circulation
Lassen sich all diese Punkte mit ja beantworten, erscheint ein Transport ins Krankenhaus unter Reanimationsbedingungen durchaus möglich (Abb. 5). Letztlich bleibt die Entscheidung zur prolongierten Reanimation eine individuelle Entscheidung des Notarztes, die in Abhängigkeit mit der im Einzelfall evaluierten Prognose des Patienten zu sehen ist. 58
DANK Danke an die Firma MAQET Cardiopulmonary AG, die uns die Bilder für die Abbildung 2 zur Verfügung stellte.
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❙ Luca Moroder, Matthias Hohlrieder, Peter Mair ❙
Reanimation nach Lawinen verschüttung – Wer überlebt? CPR efforts after avalanche accidents – Who survives longterm?
SUMMARY Although common during avalanche rescue missions, patient characteristics, therapeutic interventions and outcome of resuscitation efforts in arrested ava lanche victims have not been studied systematically yet. Aim of this study therefore was to evaluate patient characteristics, pre- and in-hospital therapeutic interventions and outcome in a larger series of consecutive avalanche victims with prehospital cardiorespiratory arrest. A total of 56 avalanche victims with cardiorespiratory arrest buried by an avalanche in the Tyrolean Alps between 2008 and 2013 were studied retrospectively. 32 of all 56 victims were declared dead immediately after extrication by the attending emergency physician without any resuscitation efforts, in the remaining 24 cases resuscitation efforts were started at scene. In 13 patients spontaneous circulation could not be restored at scene despite ALS CPR by an emergency physician. In 6 of these 13 patients CPR was terminated at scene, 7 were transferred to hospital during ongoing CPR. None of the 7 patients survived to hospital discharge. In 11 patients CPR efforts restored spontaneous circulation at scene, 6 of these patients survived to hospital discharge, three of them with severe is chemic brain injury. All 3 long-term survivors with full neurological recovery had restoration of spontaneous circulation at scene already after a short period of BLS CPR by bystanders. Survival in arrested avalanche victims depends predominantly on immediate and high quality BLS CPR by bystanders, whereas ALS CPR by emergency physicians or in-hospital extracorporal life support has little influence on patient outcome. Keywords: cardiorespiratory arrest, cardiopulmonary resuscitation, avalanche, accident, survival rate 63
ZUSAMMENFASSUNG Patientencharakteristik, Therapie und Outcome von Reanimationsbemühungen nach Lawinenunfällen sind bisher nur in einzelnen Fallberichten oder kleinen Fallserien beschrieben und befassen sich meist mit der Reanimation unterkühlter Lawinenopfer. Für die präklinische Triage unterkühlter Lawinenopfer mit Kreislaufstillstand existieren auch von IKAR und ERC publizierte Behandlungsalgorithmen. Ziel der Studie war die systematische Untersuchung von Patientencharakteristika, prä- und innerklinischer Therapie sowie Patientenüberleben von Reanimationsmaßnahmen an einer konsekutiven Serie von Lawinenopfern mit Herzkreislaufstillstand. In einer retrospektiven Be obachtungsstudie wurden über einen Zeitraum von 5 Wintersaisonen zwischen 2008/2009 und 2012/2013 insgesamt 56 Lawinenverschüttete mit präklinischem Herzkreislaufstillstand im Einsatzgebiet der Landesleitstelle Tirol untersucht. Bei 32 der 56 Lawinenverschütteten mit Kreislaufstillstand wurde ohne Reanimationsmaßnahmen am Notfallort der Tod festgestellt, bei 24 Patienten wurden Reanimationsmaßnahmen begonnen. Bei 6 der Patienten wurden die Reanimationsmaßnahmen noch am Lawinenfeld abgebrochen, 7 wurden unter laufender Reanimation in ein Krankenhaus transportiert. Kein einziger der 7 Patienten überlebte. Bei 11 Patienten konnte am Notfallort ein spontaner Kreislauf (ROSC) wiederhergestellt werden; 6 Patienten der 11 Patienten mit ROSC überlebten bis zur Krankenhausentlassung, 3 davon ohne neurologische Folgeschäden und 3 Patienten mit einem schweren hypoxischen Hirnschaden. Alle Langzeitüberlebenden ohne Spätfolgen erlangten nach wenigen Minuten Laienreanimation (BLS-CPR) einen spontanen Kreislauf noch vor Eintreffen der organisierten Rettung. Neben der Verkürzung der Verschüttungsdauer durch Kameradenrettung sind suffiziente Reanimationsmaßnahmen durch Ersthelfer bei Lawinenverschütteten mit Herzkreislaufstillstand ein weiterer Eckpfeiler für das Überleben ganz verschütteter Lawinenopfer. Später einsetzende oder prolongierte Reanimationsmaßnahmen durch den Notarzt und der Einsatz der extrakorporalen Zirkulation bei unterkühlten Lawinenopfern haben nur einen geringen Einfluss auf das Überleben. Eine Aufklärung und entsprechende Schulung von Schneesportlern in Laienreanimation scheint die wichtigste medizinische Maßnahme, um das Überleben von Lawinenopfer mit Kreislaufstillstand zu verbessern. Schlüsselwörter: Kreislaufstillstand, kardiopulmonale Reanimation, Lawine, Unfall, Überlebensrate 64
EINLEITUNG Im Durchschnitt sterben in Europa und Nordamerika jährlich 146 Menschen durch Lawinenabgänge (1). In Österreich sind zwischen 1993 und 2013 insgesamt 513 Menschen unter den Schneemassen einer Lawine zu Tode gekommen, allein im Bundesland Tirol waren es im genannten Zeitraum 288 Personen. In der Mehrzahl der Fälle waren Tourengeher oder Variantenfahrer betroffen (2). Die Sterblichkeit von Lawinenopfern liegt im Durchschnitt bei 23 %, abhängig von Verschüttungsgrad, Verschüttungsdauer, Vorhandensein einer Atemhöhle sowie Begleitverletzungen (3, 4–6). Europäische Statistiken zeigen, dass in 70–80 % Asphyxie für den Tod nach Lawinenunfällen verantwortlich ist, während lebensbedrohliche oder tödliche Traumata bei etwa 10–30 % der Lawinenopfer festgestellt werden (4, 7–9). Die schwere akzidentelle Hypothermie spielt als Todesursache nach Lawinenverschüttung nur eine geringe Rolle und tritt in der Regel erst nach einer Verschüttungsdauer von über 90 Minuten auf. Da die Asphyxie bei weitem die wichtigste Todesursache nach Lawinenverschüttung darstellt, ist die Verschüttungsdauer der wohl entscheidendste Faktor für das Überleben einer ganz verschütteten Person. Konsequenterweise zeigt die von Brugger und Mitarbeitern berechnete Überlebenskurve ganz verschütteter Lawinenopfer bis zu einer Verschüttungsdauer von 18 Minuten eine über 90 % Überlebenswahrscheinlichkeit und unterstreicht damit die enorme Wichtigkeit der Kameradenrettung in den ersten Minuten nach Lawinenabgang (1, 10). Auf Grund der Unfallstatistiken wenig überraschend sind Rettungsmannschaften am Lawinenfeld regelmäßig mit Patienten mit Herzkreislaufstillstand konfrontiert. Bis heute allerdings wurden Patientencharakteristik, prä- und innerklinische Therapie und Überlebenschancen von Reanimationsbemühungen bei Lawinenopfern mit Herzkreislaufstillstand ausschließlich in einzelnen Fallberichten oder kleinen Fallserien beschrieben. Überdies befassen sich die meisten der Publikationen mit Reanimationsmaßnahmen bei unterkühlten Lawinenopfern. Für die präklinische Triage und Therapie dieser unterkühlten Lawinenopfer mit Kreislaufstillstand existieren auch von IKAR und ERC publizierte Behandlungsempfehlungen (1, 3, 11). Ob und wann Reanimationsmaßnahmen bei den viel häufigeren Ursachen eines Kreislaufstillstands nach Lawinenverschüttung (Asphyxie, Trauma) Sinn machen, und mit welchen Überlebenschancen sie verbunden sind, ist bis heute praktisch überhaupt nicht untersucht. Ziel dieser retrospektiven Studie war es daher, an einer größeren Anzahl konsekutiver Lawinenopfer mit Herzkreislaufstillstand Ursachen und 65
Umstände, prä- und innerklinische Therapiemaßnahmen und Überlebens chancen systematisch zu untersuchen.
MATERIAL UND METHODIK In diese retrospektive Studie wurden alle Patienten mit präklinischem Herzkreislaufstillstand nach Lawinenunfall im Einsatzgebiet der integrierten Landesleitstelle Tirol (ILL Tirol) über einen Zeitraum von 5 Wintersaisonen zwischen 2008/2009 und 2012/2013 aufgenommen. Nicht in die Studie aufgenommen wurden Lawinenopfer, die nicht im Rahmen eines Lawinenrettungseinsatzes, sondern z.B. nach einer Vermisstenmeldung im Rahmen eines Bergeeinsatzes geborgen wurden. Zur Datenerhebung wurden Notarztprotokolle, Schockraumprotokolle der aufnehmenden Krankenhäuser, Patientenunterlagen der behandelnden Intensivstationen sowie bei Langzeitüberlebenden der stationäre Arztbrief des Patienten bei Krankenhausentlassung herangezogen. Die Datenerhebung umfasste neben medizinischen auch nichtmedizinische Daten wie Ort, Datum, Uhrzeit des Unfalls, Lawinenwarnstufe am Einsatztag, Verschüttungsdauer und Verschüttungstiefe. Daten wurden mittels SPSS (IBM®) sowie Microsoft Excel erfasst und ausgewertet.
ERGEBNISSE Im Untersuchungszeitraum wurden im Einsatzgebiet insgesamt 56 Lawinenopfer mit präklinischem Herzkreislaufstillstand nach Lawinenunfall behandelt. Bei 32 der 56 Lawinenopfern (56 %) wurde ohne Reanimationsmaßnahmen unmittelbar nach Bergung der Tod festgestellt. In 22 Fällen waren die Lawinenopfer bei Eintreffen der Rettungsmannschaften noch ganz verschüttet und noch nicht geborgen, während in 4 Fällen die Patienten bereits geborgen waren. In den restlichen 6 Fällen wurden die Lawinenopfer teilverschüttet. Bei den verbleibenden 24 Patienten (44 %) wurden am Lawinenfeld Reanimationsmaßnahmen begonnen. Bei 6 Patienten wurden diese Reanimationsmaßnahmen nach erfolgloser erweiterter Reanimation durch den Notarzt (ALS CPR) noch am Lawinenfeld abgebrochen. Weitere 7 Patienten, bei denen trotz Reanimation durch einen Notarzt kein spontaner Kreislauf am Notfall ort wiederhergestellt werden konnte, wurden unter laufenden Reanimations66
maßnahmen an ein Krankenhaus transportiert (prolongierte Reanimation). In 11 Fällen konnte durch die eingeleiteten Reanimationsmaßnahmen noch am Lawinenfeld ein spontaner Kreislauf wiederhergestellt werden (ROSC am Lawinenfeld). Von diesen 24 Patienten trugen 12 zum Zeitpunkt der Verschüttung ein Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS), in 5 Fällen war kein Rettungsgerät vorhanden und in 7 Fällen sind keine Angaben vorhanden. n = 56 gesamt Todesfeststellung ohne CPR n = 32
CPR am Lawinenfeld n = 24 kein ROSC am Lawinenfeld n = 13
ROSC am Lawinenfeld n = 11
ROSC nach ALS CPR n = 6
ROSC nach BLS CPR n = 5
CPR Abbruch n = 6 prolongierte CPR n = 7
Langzeitüberleben n = 0
Langzeitüberleben n = 1*
* überlebt mit schwerem hypoxischen Hirnschaden
Langzeitüberleben n = 5**
** 3 von 5 Patienten mit kompletter neurologischer Erholung
Abb. 1: Outcome von 56 Lawinenopfern mit Herzkreislaufstillstand (Tirol Wintersaison 08/09 bis 12/13)
Charakteristik und Outcome von 7 Patienten mit prolongierten Wiederbelebungsmaßnahmen In 5 Fällen (71,4 %) waren die Patienten ganzverschüttet und bei Eintreffen des Notarzthubschraubers noch nicht geborgen; in je einem Fall waren die Patienten bereits von Kameraden geborgen (14,3 %) bzw. teilverschüttet (14,3 %). Die durchschnittliche Verschüttungsdauer der ganzverschütteten Opfer betrug 58,3 Minuten (±37,1 Minuten), die durchschnittliche Verschüttungstiefe 205 cm (±154,16 cm). Die Mehrzahl der Einsätze (42,9 %) erfolgte bei Lawinenwarnstufe 3. Bei allen 7 Patienten wurde die Reanimation durch den eintreffenden Notarzt begonnen, ohne jedoch primär am Notfallort einen spontanen 67
Kreislauf zu erzielen. Wegen vermuteter schwerer akzidenteller Hypothermie als Ursache des Kreislaufstillstandes wurden alle 7 Patienten unter laufenden Reanimationsmaßnahmen an ein Krankenhaus (2 Patienten an ein Krankenhaus der Grundversorgung, 5 Patienten an ein Schwerpunktkrankenhaus mit extrakorporaler Zirkulation) geflogen. Bei 3 Patienten wurden die Reanimationsmaßnahmen im Schockraum des aufnehmenden Krankenhauses abgebrochen, 4 Patienten wurden mittels extrakorporaler Membranoxygenierung (ECMO) wiedererwärmt. Alle 4 Patienten mit ECMO-Therapie verstarben, 1 Patient unmittelbar nach Erwärmung an einer nicht beherrschbaren Blutung bei Polytrauma, 2 weitere innerhalb weniger Stunden an Multiorganversagen. Beim vierten Patienten wurden die lebenserhaltenden, intensivmedizinischen Maßnahmen wegen eines irreversiblen Hirnschadens (diffuses Hirnödem) beendet. Charakteristika und Outcome von 11 Patienten mit ROSC am Lawinenfeld In 7 Fällen (63,6 %) waren die Patienten ganzverschüttet und bei Eintreffen des Notarzthubschraubers bereits von Kameraden geborgen, in 2 Fällen (18,2 %) waren die Patienten ganzverschüttet und noch nicht geborgen und in einem Fall (9,1 %) war der Patient teilverschüttet. Die durchschnittliche Verschüttungsdauer betrug 16,5 Minuten (±7,09 Minuten), die durchschnittliche Verschüttungstiefe 100 cm (±35 cm). Fast die Hälfte aller Einsätze (45,5 %) wurde bei Lawinenwarnstufe 3 der 5-teiligen Skala durchgeführt. Bei 5 Patienten (45,5 %) wurde bereits vor Eintreffen des Notarztes durch anwesende Kameraden eine Laienreanimation durchgeführt. In diesen Fällen kam es bereits nach einer kurzen Phase von BLS-CPR durch Ersthelfer zum Wiederauftreten eines spontanen Kreislaufs. Die Laienreanimation umfasste bei 4 Patienten Beatmung und Herzdruckmassage, ein Patient wurde nach Freilegen des Kopfes nur beatmet. Alle 5 Patienten überlebten bis zur Krankenhausentlassung, 3 dieser Patienten ohne neurologische Spätfolgen, 2 mit einem schweren hypoxischen Hirnschaden. Bei 6 weiteren Patienten (54,5 %) konnte ein spontaner Kreislauf am Notfallort erst nach erweiterten Reanimationsmaßnahmen durch einen Notarzt (ALS-CPR) erreicht werden, 5 dieser Patienten verstarben später im Krankenhaus, ein Patient überlebte bis zur Krankenhausentlassung, allerdings mit schwerer hypoxischer Hirnschädigung. Als Todesursache wurde bei 4 der verstorbenen Patienten ein irreversibler hypoxischer Hirnschaden dokumentiert. Vier der 6 Überlebenden waren zum Zeitpunkt der Verschüttung mit einem Lawinenverschüttetensuchgerät ausgerüstet. 68
DISKUSSION Unsere Daten zeigen eindrücklich, dass vor allem die sofortige und suffiziente Laienreanimation ein Überleben des ganzverschütteten Lawinenopfers mit Herzkreislaufstillstand ermöglicht. Erweiterte oder prolongierte Reanimationsmaßnahmen durch den Notarzt, aber auch innerklinische Reanimation unter Einsatz der extrakorporalen Zirkulation haben nach den Ergebnissen dieser retrospektiven Untersuchung kaum Einfluss auf die Überlebenschancen eines Lawinenopfers mit Herzkreislaufstillstand. Diese Ergebnisse sind eigentlich wenig überraschend, wenn man sich die typische Pathophysiologie einer Lawinenverschüttung vor Augen führt, die bei mindestens 70 % aller Verschütteten innerhalb von 15 bis 20 Minuten zu einem Kreislaufstillstand durch akute Asphyxie führt (1). Die Pathophysiologie, die dem Kreislaufstillstand nach Lawinenverschüttung zu Grunde liegt, und die Überlebenschancen bei Reanimationsmaßnahmen sind jenen bei Ertrinken oder Asphyxie durch Strangulation sehr ähnlich (9, 12–14). Auch für Ertrinken und Strangulation sind erfolgreiche Reanimationsbemühungen mit voller neurologischer Erholung beschrieben, vergleichbar unseren Daten vor allem im Zusammenhang mit sofortiger Laienreanimation und raschem Wiederauftreten eines spontanen Kreislaufes nach einer kurzen Reanimationsphase. Pathophysiologie und Reanimation bei Asphyxie bedingtem Kreislaufstillstand wurden auch in mehreren tierexperimentellen Untersuchungen erforscht (14). Für eine erfolgreiche Reanimation mit neurologischer Erholung besteht nur ein sehr kurzes ein- bis zweiminütiges Zeitfenster zwischen Eintreten des Kreislaufstillstandes (typischerweise durch pulslose elektrische Aktivität) und dem Auftreten einer irreversiblen Sauerstoffmangelschädigung des Gehirns. In dieser kurzen Phase mit Aussicht auf, auch neurologisch, erfolgreiche Reanimation ist in aller Regel nur eine Laienreanimation durch Unfallzeugen möglich. Da das Herz gegenüber Sauerstoffmangel deutlich weniger empfindlich ist als das Gehirn, kann typischerweise durch eingeleitete Laienreanimation auch innerhalb weniger Minuten ein spontaner Kreislauf wiederhergestellt werden. Die höhere Toleranz des Herzmuskels für Sauerstoffmangel führt auch dazu, dass immer wieder durch erweiterte notärztliche Reanimationsmaßnahmen auch im späteren Verlauf ein spontaner Kreislauf wiederhergestellt werden kann, die Patienten aber letztendlich an einer irreversiblen neurologischen Schädigung versterben (14–16). Reanimation bei Kreislaufstillstand nach akuter Asphyxie sollte immer auch Beatmung umfassen, wenngleich die Reanimationsrichtlinien des ERC für die Laienreanimation prinzipiell auch alleinige Thoraxkompressionen vorsehen (13, 17, 18). Für 69
Kreislaufstillstand nach Asphyxie scheint eine Laienreanimation ohne Beatmung jedoch nicht sinnvoll. Nach Freilegung von Kopf und Brustkorb des Verschütteten müssen unverzüglich Bewusstsein und die Atmung (Lebenszeichen vorhanden?) des Patienten kontrolliert werden. Bei fehlenden Lebenszeichen wird sofort mit den Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen, als kombinierte Wiederbelebung, d.h. Thoraxkompressionen im Wechsel zu Beatmungen (Verhältnis 30:2) (13, 17, 18). Richtlinien des ERC und der IKAR MEDCOM gehen bei unterkühlten Lawinenopfern mit Herzkreislaufstillstand von einer insgesamt günstigen Prognose und guten Reanimationschancen aus (1, 3, 11). Entsprechend empfehlen sie prolongierte Reanimation bis Krankenhausaufnahme und Wiedererwärmung mit extrakorporaler Zirkulation bei allen, auch asystolen Lawinenopfern mit freien Atemwegen, einem Kaliumspiegel <12 mmol/L und einer Körperkerntemperatur unter 32 °C. In unseren Daten überlebte keiner der Patienten mit prolongierter Reanimation oder extrakorporaler Wiedererwärmung bis zur Krankenhausentlassung. Dies unterstreicht unsere eigenen Erfahrungen und bisher publizierte Literaturdaten. So wurden an der Universitätsklinik Innsbruck seit 1987 insgesamt 28 Patienten mit akzidenteller Hypothermie und Herzkreislaufstillstand nach einem Lawinenunfall mittels extrakorporaler Zirkulation wiedererwärmt (Abb. 2). Abbildung 2: Erfahrung mit extrakorporaler Wiedererwärmung von Lawinenopfern mit Kreislaufs;llstand an der Universitätsklinik Innsbruck
Lawinenopfer mit Herzkreislaufs;llstand insgesamt
n = 28
Körperkerntemperatur: 25.7 °C (17.9 °C – 30.8 °C)
S;llstand unbeobachtet
n = 25
S;llstand beobachtet
n = 3*
Langzeitüberlebende
keiner
Langzeitüberlebende
n = 2**
* Kammerflimmern : n = 3; **Körperkerntemperatur: 22 °C und 24 °C
Abb. 2: Erfahrung mit extrakorporaler Wiedererwärmung von Lawinenopfern mit Kreislaufstillstand an der Universitätsklinik Innsbruck
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25 der 28 Patienten wurden ohne Lebenszeichen aus den Schneemassen geborgen, keiner überlebte bis Krankenhausentlassung. Drei Lawinenopfer hatten zum Zeitpunkt der Bergung aus der Lawine Lebenszeichen und Spontanatmung, erlitten aber während der Erstversorgung am Lawinenkegel einen beobachteten Herzkreislaufstillstand durch Kammerflimmern (Hypothermic Sudden Cardiac Death). Zwei dieser Lawinenopfer überlebten Langzeit ohne neurologische Spätfolgen, alle 3 hatten eine Körperkerntemperatur unter 24°C. In der Literatur ist bis heute ein einziger Fall einer erfolgreichen Reanimation nach unbeobachtetem Herzkreislaufstillstand mit Asystolie publiziert (19). Dieser Patient wurde von einer Lawine in eine Gletscherspalte gerissen, nach 5 Stunden ohne Lebenszeichen geborgen und ohne Reanimationsmaßnahmen in ein Krankenhaus geflogen. Dort wurde ca. 70 Minuten nach Bergung im EKG Asystolie festgestellt, aber wegen einer Körperkerntemperatur von 19°C trotzdem eine Reanimation begonnen und eine extrakorporale Wiedererwärmung durchgeführt. Der Patient überlebte. Alle anderen in der Literatur bis heute publizierten, unterkühlten Patienten mit erfolgreicher Reanimation nach Lawinenunfall hatten einerseits einen beobachteten Kreislaufstillstand, andererseits eine Körperkerntemperatur unter 24°C. Zusammenfassend muss gesagt werden, dass unsere eigenen Erfahrungen und bisher publizierte Daten den großzügigen und routinemäßigen Einsatz prolongierter Reanimationsmaßnahmen und extrakorporaler Wiedererwärmung bei unterkühlten Lawinenopfern mit unbeobachtetem Herzkreislaufstillstand nicht unterstützen. Auf Grund des sehr schlechten Outcomes sollten diese Maßnahmen bei asystolen Lawinenopfern mit unbeobachteten Kreislaufstillstand und einer Körpertemperatur >24°C nur sehr restriktiv und in Einzelfällen eingesetzt werden.
FAZIT Sofortige und richtige Laienreanimation ist entscheidend für das Überleben In den letzten Jahren wurde immer deutlicher, dass bei Ganzverschüttung vor allem die rasche und richtige Kameradenrettung dem Lawinenopfer eine realistische Überlebenschance bietet, während später einsetzende noch so aufwändige organisierte Rettungsmaßnahmen nur in seltenen Einzelfällen erfolgreich sind. Unsere Daten zeigen ein ganz ähnliches Bild für Reanimationsmaßnahmen bei Lawinenopfern mit Herzkreislaufstillstand. Langzeitüberleben ohne schwere Folgeschäden findet sich fast ausschließlich bei sofortiger und suffizi71
enter Laienreanimation unmittelbar nach Ausgraben des Opfers mit baldigem Wiederauftreten eines spontanen Kreislaufes. Erweiterte oder prolongierte Reanimationsmaßnahmen durch den Notarzt, aber auch der innerklinische Einsatz der extrakorporalen Zirkulation, haben nur einen sehr geringen Einfluss auf die Überlebenschancen eines Lawinenopfers mit Herzkreislaufstillstand. Aufklärung über die Bedeutung der Laienreanimation beim Lawinenunfall, Ausbildung von Schneesportlern muss verstärkt werden Unsere Daten zeigen recht eindrücklich, dass ein Lawinenopfer selbst nach asphyktischem Kreislaufstillstand für einen sehr kurzen Zeitraum unmittelbar nach Verschüttung Chancen auf eine erfolgreiche Wiederbelebung hat. In diesem Zeitraum wird eine Reanimation in aller Regel nur durch anwesende Kameraden und Unfallzeugen möglich sein, auch nur eine Minute Verzögerung im Reanimationsbeginn wird die Chancen des Opfers deutlich verringern und kann nicht durch spätere notärztliche Reanimation kompensiert werden. Schneesportler müssen über ihre zentrale Rolle in der Reanimation vermehrt aufgeklärt werden und ihre Ausbildung in Basisreanimation einschließlich Beatmung vertieft werden. Jedes LVS Training sollte mit einem Reanimationstraining kombiniert werden, da im Ernstfall nur die professionelle Beherrschung beider Fähigkeiten dem Lawinenopfer die besten Überlebenschancen bietet.
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Abkürzungen ALS
Advanced Life Support
BLS
Basic Life Support
CPR
Cardio- Pulmonale Reanimation
ECMO
Extrakorporale Membranoxygenierung
ERC
European Resuscitation Council
ICAR
International Comission for Mountain Emergency Medicine
ILL
Integrierte Leitstelle Tirol
LVS
Lawinenverschüttetensuchgerät
LWD
Lawinenwarndienst
ROSC
Return ofspontaneouscirculation
74
❙ Regina Unterpertinger, Peter Mair ❙
Möglichkeiten und Grenzen der automatischen externen Defibrillation im alpinen Gelände Advantages and limitations of automated external defibrillation in alpine terrain
SUMMARY Automated external defibrillators are routinely used in most Central European Emergency Medical Services and they are also increasingly applied by lay persons during bystander CPR in urban environment. The implementation of automated external defibrillators in easily accessible alpine terrain, like ski areas and alpine huts, has been proposed by mountain medicine societies. Considering the often prolonged time until arrival of emergency medical personal at scene, it is reasonable to postulate that optimized basic life support CPR including automated external defibrillators should improve patient outcome after witnessed arrest in alpine terrain. Initial experience with the use of automated external defibrillators in the Tyrolean Alps seems to support this hypothesis. Reviewing 51 emergency medical helicopter rescue missions for non-traumatic cardiorespiratory arrest in alpine terrain a total of 40 cases of witnessed cardiorespiratory arrest could be identified. Bystander CPR was common (34 of 40 cases) and a rhythm suitable for defibrillation was present in about half of the cases (19 of 40 cases). In 7 cases suitable for a shock an AED was actually applied by lay persons at scene (5 times in a ski area, 2 times in an alpine hut). Restoration of spontaneous circulation was observed in 4 of the 7 patients, 3 of them survived long term with full neurological recovery. Our preliminary results clearly support an implementation of automatic external defibrillators in ski areas and alpine huts. Initial experience also revealed that integration of the existing automated external defibrillators within the coordinating dispatch centre must be improved to increase use of external defibril75
lators. Furthermore, a formal scientific evaluation should accompany current use of automated external defibrillators in alpine terrain to collect more data for their evidence based use in mountain emergency medicine: Keywords: automated external defibrillation, alpine terrain, advantages, limitations ZUSAMMENFASSUNG Der Einsatz von automatischen, externen Defibrillatoren (AED) durch Sanitäter hat sich im Rettungsdienst schon seit vielen Jahren durchgesetzt. Auch im Laienbereich werden die Geräte zusehends eingesetzt und BLS (Basic Life Support) Kurse beinhalten immer öfter Schulungen zum Einsatz von AEDs für Laienhelfer. Auch im alpinen Bereich, vor allem dort wo mit größeren Menschenansammlungen zu rechnen ist, ist die Implementierung von automatischen Defibrillatoren sinnvoll, wie die Fachgesellschaften IKAR (Internationale Kommission für Alpines Rettungswesen) und SGGM (Schweizerische Gesellschaft für Gebirgsmedizin) postulieren. Gerade beim Alpineinsatz sind die Zeiten bis zum Eintreffen einer professionellen Rettungsmannschaft oft länger und eine lückenlose Rettungskette mit optimierter Laienreanimation ist besonders wichtig für das Überleben des Patienten. Wichtige Voraussetzungen für einen sinnvollen Einsatz von AEDs sind neben der Stationierung aber auch eine ausreichende Schulung potentieller Nutzer und eine flächendeckende Einbindung der vorhandenen Geräte in die einsatzkoordinierende Leitstelle, um einen raschen Einsatz gewährleisten zu können. Die Anschaffung eines AEDs unterliegt in Österreich im alpinen Bereich dem Entschluss eines Einzelnen (z.B. einer Hüttenwirtin) und ist nicht mit einer zwingenden Erfassung in einem Übersichtsregister oder der Erfassung des Gerätes durch die Leitstelle verbunden. Ebenso fehlt eine wissenschaftliche Aufbereitung der mit AED durchgeführten Reanimationen zum Beispiel mit Hilfe eines speziell auf die Fragestellung AED zugeschnittenen Reanimationsregisters. Erste eigene Erfahrungen mit automatischer externer Defibrillation aus dem Tiroler Alpenraum unterstreichen deren Bedeutung auch im Bereich der alpinen Notfallmedizin. Im Rahmen einer retrospektiven Untersuchung von nicht traumatologischen, alpinen Reanimationseinsätzen der Tiroler Notarzthubschrauber C1, C4, C5 und C7 wurde über den 3-Jahreszeitraum 2010–2012 eine Analyse des Einsatzes von AEDs durchgeführt. Es konnten 40 Einsätze mit von Laien beobachteten Kreislaufstillständen identifiziert werden. Dabei zeigte sich in 19 Fällen (47 %) ein defibrillierbarer Rhythmus im ersten EKG. Bei 7 dieser 19 Patienten kam tatsächlich ein AED zum Einsatz. In 4 Fäl76
len konnte durch automatische Defibrillation ein Spontankreislauf wiederhergestellt werden (ROSC). 3 der 4 Patienten mit präklinischem ROSC überlebten Langzeit ohne neurologische Spätfolgen. Schlüsselwörter: automatische externe Defibrillation, alpines Gelände, Vorteile, Bedingungen
EINLEITUNG
(Hubert Haberfellner)
Wir wissen, dass 80 % aller akuten Herzstillstände durch Kammerflimmern verursacht sind, und dass die Chance auf eine erfolgreiche Defibrillation mit jeder Minute Verzögerung um 10 % abnimmt (1, 2). Diese Zahlen wurden im urbanen Bereich erhoben, spiegeln wahrscheinlich aber auch das Notfallgeschehen im alpinen Bereich gut wider. Der akute Herzstillstand stellt nach dem Trauma die zweithäufigste Todesursache in den Bergen dar (3). Gerade im Gebirge, wo die Eintreffzeiten des organisierten Rettungsdienstes typischerweise länger sind und die Notfallorte insgesamt oft
Abb. 1: Reanimation im alpinen Gelände
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schwieriger zu erreichen, hat die Laienreanimation einen besonderen Stellenwert. Eine möglichst lückenlose Rettungskette trägt maßgeblich zum Überleben der Patienten bei. Es steht außer Frage, dass der Einsatz von Defibrillatoren durch Ersthelfer im präklinischen Bereich die Therapie maligner Rhythmusstörungen maßgeblich positiv beeinflusst hat. Walker et al betont in seiner Arbeit, dass der Einsatz von AEDs im öffentlichen Raum auch medizinökonomisch von Vorteil ist (4). Für den Evidenz basierten Einsatz der Geräte im urbanen Raum gibt es Empfehlungen der großen Fachgesellschaften (ERC, European Resuscitation Council (5); AHA, American Heart Association (2)). Ob und in wie weit der flächendeckende Einsatz auch im alpinen Bereich möglich und sinnvoll ist und wie sich das alpine Notfallgeschehen vom urbanen unterscheidet, ist Gegenstand dieser Abhandlung (Abb. 1).
EMPFEHLUNGEN ZUM EINSATZ VON AED IM ALPINEN RAUM Insgesamt beschränken sich die Erfahrungen mit dem Einsatz von AEDs im alpinen Raum auf einzelne Fallberichte. Entsprechend stützen sich die wenigen publizierten Empfehlungen zum Einsatz von AEDs im Rahmen der alpinen Notfallmedizin auf sehr wenig Evidenz und beruhen im Wesentlichen auf einer Extrapolation von Erfahrungen aus dem urbanen Bereich. Unbestritten ist wohl die Wichtigkeit einer frühen Defibrillation im alpinen Bereich ebenso wie im urbanen Umfeld. Der Einsatz der AEDs auf Alpenvereinshütten und im Schigebietsbereich ist naheliegend, da es in Bereichen mit hoher Besucherfrequenz naturgemäß auch regelmäßig zu Notfallereignissen kommen wird. Konsequenterweise sind frequentierte AV Hütten und große Schigebiete auch die wichtigsten Orte zur Implementierung eines AED in den Empfehlungen der Alpinmedizingesellschaften (Internationale Kommission für Alpines Rettungswesen IKAR, Schweizerische Gesellschaft für Gebirgsmedizin SGGM) (Tab. 1) (6, 7). Tab. 1: Standortempfehlungen zur Stationierung eines AEDs laut IKAR und SGGM Schigebiete Einfach zu erreichende Berghütten und Restaurants Abgelegene gut besuchte Gebiete Massenveranstaltungen (Pistenrettung, Bergrettung)
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(Albin Thaler)
Schigebiete sind ein Ort des Massensports, die Aufstiegsanlagen vergleichbar mit öffentlichen Verkehrsknoten, das Sportlerkollektiv unterscheidet sich kaum von einem städtischen Durchschnittskollektiv. Dasselbe gilt für Berghütten und Restaurants, welche auch für Nichtbergsteiger einfach zu erreichen sind. In vielen Hütten des deutschen und österreichischen Alpenvereins sind auch tatsächlich bereits automatische Defibrillatoren vorhanden. Auch in abgelegenen, gut besuchten Gebieten können automatische Defibrillatoren prinzipiell sinnvoll zum Einsatz kommen. Die SGGM ist in ihren Empfehlungen bei der Ausstattung von hochalpinen Berghütten mit AEDs (Abb. 2) allerdings doch sehr zurückhaltend. Bei Bedarf und im Einzelfall, so meint die SGGM, und nur anhand eines definierten Kriterienkataloges kann individuell eine Beurteilung vorgenommen werden, ob eine AED Stationierung sinnvoll ist. Eine Implementierung sollte laut SGGM auch im alpinen Raum nur bei entsprechender Anzahl an zu erwartenden Einsätze erfolgen (7), in Übereinstimmung mit den Kriterien des ERC (5) und der AHA (1) (in Gebieten mit zwei Stillständen in 5 Jahren, bzw. einem Stillstand in 5 Jahren).
Abb. 2: Beispiel eines AED
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NOTWENDIGE BEGLEITMASSNAHMEN BEI BEREITSTELLUNG EINES AED IM ALPINEN GELÄNDE Das Bereitstellen eines AEDs alleine erhöht allerdings nicht zwangsläufig die Überlebenschancen eines Notfallpatienten mit Kreislaufstillstand. Die Empfehlungen zur Stationierung eines AEDs sind mit eindeutigen Forderungen nach zusätzlichen begleitenden Maßnahmen verbunden (6, 7). Allem voran steht die Information der Bevölkerung, welche im städtischen Bereich bereits laufend besser wird, nicht zuletzt auch durch Werbung in Massenmedien wie Fernsehen und Internet. Wiederbelebung wird allgemein zugänglich gemacht und die AHA (American Heart Association) wirbt z.B. mit eingängigen, publikumswirksamen Videoclips, die bei uns mit unter noch etwas Verstörung auslösen mögen, ihre Wirkung aber nicht verfehlen (8). Entsprechend muss das Vorhandensein von AEDs in Schigebieten und auf Berg hütten einer breiten Öffentlichkeit vermittelt werden. Weiter muss auf das Training der Wiederbelebungsmaßnahmen besonderer Wert gelegt werden, hier wiederum auf die suffizient durchgeführte Herzdruckmassage, ohne welche eine ausreichende Organperfusion im Kreislaufstillstand nicht gewährleistet ist. Bis zum Einsatz des lebensrettenden AEDs gilt es, die Zeit der „No Flow Phase“ zu überbrücken. Eine Einheitlichkeit der Geräte, welche professionell gewartet und einsatzfähig sein müssen, würde zweifellos die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen und der Wiedererkennungseffekt die Hemmschwelle senken. Um einen geordneten und raschen Ablauf der Rettungsmaßnahmen koordinieren zu können, ist die Standorteinbindung der Geräte in eine übergeordnete Leitstelle eine wichtige Voraussetzung. Nur wenn dieser bekannt ist, wo im alpinen Bereich ein AED stationiert ist, kann dieser auch zum Einsatz kommen. Nicht zuletzt sollte eine wissenschaftliche Aufbereitung der Einsätze erfolgen, um eine professionelle Auswertung zu gewährleisten und eine Verbesserung des Systems zu ermöglichen (Tab. 2). Tab. 2: Forderungen zur Optimierung des AED-Einsatzes im alpinen Gelände Information der Bevölkerung Training Einheitlichkeit der Geräte Wartung
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Standorteinbindung Wissenschaftliche Auswertung Berücksichtigung der Rettungskette
EIGENE ERFAHRUNGEN Eigene Erfahrungen mit den Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von AEDs im alpinen Raum beruhen auf einer retrospektiven Analyse von Reanimationseinsätzen der Tiroler Notarzthubschrauber C1, C4, C5 und C7 über einen 3-Jahreszeitraum zwischen Jänner 2010 und Dezember 2012. Mit Hilfe der Kriterien Geländeindex, Notfallart und NACA Score wurden in der elek tronischen Einsatzdokumentation Leonardo nach Reanimationen (NACA VI) im Rahmen nicht traumatologischer Notfälle (Notfallart internistischer Notfall) im nicht vom normalen Rettungsdienst versorgten Gebiet (Geländeindex E, F, G) gesucht. Es wurden insgesamt 51 Einsätze zu Reanimationen bei nicht Trauma bedingtem Kreislaufstillstand im Rahmen von Gebirgsrettungseinsätzen identifiziert und in die Analyse eingeschlossen. Besonderes Augenmerk galt dabei dem Einsatz von automatischen, externen Defibrillatoren. 40 der 51 Kreislaufstillstände waren beobachtete Stillstände, in 11 Fällen wurde eine Reanimation nach nicht beobachtetem Kreislaufstillstand durchgeführt. Von den 40 beobachteten Kreislaufstillständen war bei 19 Kammerflimmern, bei weiteren 19 Asystolie und in 2 Fällen pulslose elektrische Aktivität (PEA) der erste dokumentierte Rhythmus (Abb. 3). Die beobachteten Stillstände ereigneten sich in/bei AV Hütten (n=2), im Bereich anderer Hütten (Alm-/ Jagdhütte) (n=2), im freien Gelände (n=18) und im Bereich von Schigebieten (n=18). Bei 34 von 40 Fällen (85 %) wurde eine Laienreanimation durchgeführt (Abb. 4). Bei beobachtetem Stillstand und Kammerflimmern waren es sogar 94 % (16 von 17, in 2 Fällen beobachteter Stillstand in Anwesenheit eines Arztes). Unter den Laienreanimationen bei beobachteten Stillständen (n=34) zeigte sich in 16 Fällen (47 %) ein defibrillierbarer Rhythmus im ersten EKG (Abb. 5). Von den 16 Fällen von Kammerflimmern bei beobachteten Stillständen und Laienreanimation kam in fast der Hälfte der Fälle ein AED zum Einsatz (n= 7; 43,5 %) (Abb. 6). 81
Kammerflimmern 47,5% Kammerflimmern 47,5% Asystolie 47,5% Kammerflimmern Kammerflimmern 47,5% 47,5% Asystolie 47,5% PEA 5%Asystolie47,5% 47,5% PEA 5% Asystolie PEA PEA5% 5%
Abb. 3: Dokumentierter Rhythmus im ersten EKG bei beobachtetem, nicht traumatischem Herzstillstand im alpinen Gelände (n=40)
Laienreanimation 85% Laienreanimation 85% keineLaienreanimation Laienreanimation 15% Laienreanimation 85% keine Laienreanimation 15% 85% keine keineLaienreanimation Laienreanimation15% 15%
Abb. 4: Häufigkeit einer Laienreanimation bei beobachtetem, nicht traumatischem Herzstillstand im alpinen Gelände (n=40)
82
defibrillierbar defibrillierbar 47%47% defibrillierbar 47% defibrillierbar 47% nicht nicht defibrillierbar defibrillierbar 53% 53% nicht defibrillierbar 53% nicht defibrillierbar 53%
Abb. 5: Häufigkeit eines defibrillierbaren Rhythmus unter Laienreanimation bei beobachtetem, nicht traumatischem Herzstillstand im alpinen Gelände (n=34)
AEDAED Einsatz Einsatz 44%44% AED Einsatz 44% AED Einsatz 44% keinkein AED AED Einsatz Einsatz 56% 56% kein AED Einsatz 56% kein AED Einsatz 56%
Abb. 6: Häufigkeit eines AED Einsatzes bei defibrillierbarem Rhythmus unter Laien reanimation bei nicht traumatischem Herzstillstand im alpinen Gelände (n=16)
83
In 3 von 7 Fällen mit AED Einsatz kam es zu keinem ROSC, alle 3 verstarben letztendlich trotz protrahierter Reanimation bis in ein Krankenhaus. In 4 von 7 Fällen kam es nach AED Einsatz zu einem ROSC am Notfallort. Die zugrundeliegenden Pathologien waren eine Myokarditis, eine hochgradige Aortensklappenstenose, sowie zwei akute Myokardinfarkte. Drei der 4 Patienten mit ROSC am Notfallort überlebten Langzeit ohne neurologische Folgeschäden, ein Patient verstarb nach Klinikaufnahme an den Folgen einer Hirnblutung nach Lysetherapie. Der Einsatz des AED erfolgte zweimal auf Alpenvereinshütten (zwei Langzeit überlebende) und fünfmal im Schigebietsbereich (ein Langzeitüberlebender).
DISKUSSION DER EIGENEN ERFAHRUNGEN Was die Ergebnisse unserer Untersuchung eindrücklich zeigen, ist die hohe Bereitschaft zur Laienreanimation im alpinen Bereich. Ein Wert von 85 % an Laienreanimation scheint ein doch gutes Potential zu bergen, um eine lückenlose Rettungskette zu gewährleisten. Diese Tatsache hängt wohl damit zusammen, dass Bergsteiger und Wanderer selten allein unterwegs sind und eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes eines Kameraden rasch auffallen wird. Üblicherweise kennt sich die Gruppe und unter diesen Umständen ist die Bereitschaft zur Ersten Hilfe ohnehin größer. In diesem Zusammenhang sei nochmals auf die Wichtigkeit der Herzdruckmassage hingewiesen und auf den Stellenwert, den sie zweifelsohne auch im alpinen Bereich einnimmt. Knapp die Hälfte der von Laien beobachteten Patienten im Stillstand zeigte im ersten EKG einen defibrillierbaren Rhythmus. Dass diese 47 % deutlich unter den erwarteten 80 % Kammerflimmern bei primär kardial bedingtem Kreislaufstillstand liegen, ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass bis zur Durchführung der ersten EKG Analyse im alpinen Raum oft viel Zeit verstreicht und initiales Kammerflimmern unter alleiniger Laienreanimation bereits in manchen Fällen in Asystolie übergegangen ist. In knapp der Hälfte aller Patienten mit beobachtetem Kreislaufstillstand und Kammerflimmern kam ein AED zum Einsatz. In vielen Bereichen in Tirol (vor allem in Schigebieten) wurde offensichtlich bereits mit der Stationierung von AEDs begonnen, es scheint aber trotzdem noch Möglichkeit zur Verbesserung zu geben. Bemerkenswert ist aber auch, dass bei jenen 9 Patienten mit beobachtetem Kammerflimmern ohne AED Einsatz durch suffiziente Herzdruck84
massage bis zum Eintreffen des Notarzthubschraubers ein Kammerflimmern „gehalten“ werden konnte. In mehr als der Hälfte der AED Einsätze in unserer Analyse (4 von 7) kam es zu einem ROSC vor Eintreffen des organisierten Rettungsdienstes, und letztendlich fanden sich 3 Langzeitüberlebende mit voller neurologischer Erholung. Unsere Daten unterstützen weitgehend die Empfehlungen der IKAR und SGGM zur Implementierung von AEDs im alpinen Gelände. Allerdings scheint es im Bereich der Standorteinbindung Verbesserungspotential zu geben. Im Zuge der Recherche zu diesem Artikel wurde eine telefonische Anfrage an den Österreichischen und Deutschen Alpenverein gerichtet, mit dem Ziel, die Standorte von AEDs in Alpenvereinshütten zu eruieren. Beide Vereine konnten aufgrund der Freiwilligkeit der Anschaffung keine Angaben diesbezüglich machen. Man schätzte in beiden Alpenvereinen die Verbreitung von AEDs auf Alpenvereinshütten auf etwa die Hälfte aller Hütten. Einzig die Tiroler Sektion des Österreichischen Alpenvereins konnte mit Sicherheit bestätigen, dass alle Alpenvereinshütten der Tiroler Sektion über einen AED verfügen (diese machen in Tirol allerdings nur einen Bruchteil aller Hütten aus). Überdies wurde die Leitstelle Tirol kontaktiert. Dort sind die Standorte nur dann bekannt, wenn die Besitzer der AEDs diese selbständig gemeldet haben. Dies trifft, nebenbei bemerkt, allerdings in Tirol auch auf den urbanen Bereich (Innsbruck Stadt) zu. Eine nach Möglichkeit lückenlose Einbindung aller Standorte wäre wünschenswert und sicher ein erster wichtiger Schritt, AEDs in den Tiroler Bergen effizienter einzusetzen. Auch die wissenschaftliche Aufbereitung aller Reanimationen mit AED Einsatz im alpinen Bereich wäre eine dringende Notwendigkeit. So meinte bereits die SGGM bei der Erstellung ihrer Empfehlungen, dass die Erhebung von Zahlenmaterial zu Situationen, wo ein AED in Hütten indiziert gewesen wäre, retrospektiv aus der Einsatzstatistik der REGA (Schweizerische Rettungsflugwacht) kaum möglich sei (7). Ohne klare Daten bleibt vieles spekulativ und erschwert jede Entscheidung bezüglich Standortwahl und Sinnhaftigkeit von AED Platzierungen im alpinen Bereich. DANKSAGUNG Peter Mair, Marc Kaufmann, Carolin Nebl, Albin Thaler, Hubert Haberfellner
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â?&#x2122; Winfried Roth â?&#x2122;
Ist der endotracheale Tubus noch der Goldstandard der Atemwegssicherung? Endotracheal Intubation â&#x20AC;&#x201C; Still the gold standard in Airway Management?
SUMMARY Airway management is considered one of the most important measures in emergency medicine. For decades endotracheal intubation (ETI) has been regarded as the gold standard in airway management although evidence in the literature for this is poor. Recent guidelines emphasize that successful ETI depends on education and experience level of the medical personnel and whether anesthetic drugs including musclerelaxants have been used. As a consequence ETI is only reommended for medical personnel routined in drug assisted ETI (rapid sequence induction). If personnel lacks expertise or if intubation attempts fail alternative airway devices should be considered. Available devices are supraglottic airway devices (SAD) which include various kinds of laryngeal masks and the laryngeal tube. SAD seem to have shorter learning curves and better skill retention compared to ETI. Nevertheless a well structured education with repetitive reevaluations on a regular base are mandatory. Disadvantages of SAD consist of a weak protection against pulmonal aspiration of gastric contents and potential gastric gas insufflation during positive pressure ventilation. For safety reasons invasive airway management requires capnography. It serves to verify correct placement of airway devices and monitors efficacy of patient ventilation. For ventilation via SAD a sophisticated ventilator with pressure limitation is recommended. In patients retaining some degree of airway reflexes the use of SAD may require adequate drug assistance to reduce the risk of gagging, vomiting and aspiration. Keywords: pre-hospital, airway management, endotracheal intubation, supraglottic airway 87
ZUSAMMENFASSUNG Die Atemwegssicherung zählt zu den wichtigsten Aufgaben der Notfallmedizin. Über Jahrzehnte galt die endotracheale Intubation (ETI) als Goldstandard, obwohl die Beweislage in der Literatur dafür schwach ist. Neuere Empfehlungen tragen dem Umstand Rechnung, dass der Erfolg dieser Technik von Ausbildung und Expertise des Anwenders abhängig ist und davon, ob Anästhetika einschließlich Muskelrelaxantien Verwendung finden. So wird die ETI nur noch dem in dieser Technik Erfahrenen empfohlen. Gegebenenfalls muss diese mit einer strukturierten Narkoseeinleitung (Rapid Sequence Induction) kombiniert werden können. Besteht keine ausreichende Erfahrung in diesem Vorgehen oder scheitert die ETI, so sollen alternative Atemwege verwendet werden. Dafür stehen sogenannte Extra- oder Supraglottische Atemwege (EGA) wie die Larynxmaske oder der Larynxtubus zur Verfügung. Die erfolgreiche Platzierung dieser Modelle ist rascher und nachhaltiger erlernbar als die ETI. Trotzdem ist auch dafür eine strukturierte Ausbildung mit regelmäßigen Wiederholungen erforderlich. Zu den Nachteilen der EGA gehören der fehlende Aspirationsschutz und die Gefahr der Mageninsufflation mit Atemgas bei der Überdruckbeatmung des Patienten. Zur sicheren Praxis des invasiven Atemwegsmanagements wird als Monitoring die Kapnographie gefordert. Diese ermöglicht eine Verifizierung der korrekten Platzierung des Tubus respektive der Larynxmaske und die Überwachung einer suffizienten Beatmung des Patienten. Zur Beatmung wird ein differenziertes Beatmungsgerät mit der Möglichkeit der Drucklimitierung empfohlen. Bei Patienten mit teilweise erhaltenen Schutzreflexen kann für die Verwendung von EGA eine Analgosedierung erforderlich sein, um die Gefahr von Würgen, Erbrechen und Aspiration zu vermindern. Schlüsselwörter: Präklinik, Atemwegsmanagement, endotracheale Intubation, extraglottischer Atemweg
EINLEITUNG Die Sicherung des Atemwegs zählt zu den wichtigsten Aufgaben der präklinischen Notfallmedizin und steht an erster Stelle vieler Algorithmen im Notfallmanagement (1). Die endotracheale Intubation (ETI) galt über Jahrzehnte als Goldstandard in der prähospitalen Atemwegssicherung (1 – 3). Die Beweislage in der Literatur dafür ist jedoch bis heute schwach. Die traditionelle Einschätzung ignoriert 88
stattdessen den Ausbildungsstand der Durchführenden sowie die Tatsache, ob Patienten relaxiert werden oder nicht. In den Leitlinien des European Resuscitation Council zur Reanimation von Erwachsenen wird die ETI als die optimale Methode zur Erhaltung und Sicherstellung eines sicheren Atemwegs angesehen. Einschränkend wird hinzugefügt, dass sie nur durch erfahrenes Personal mit sehr guter Ausbildung und Erfahrung angewendet werden soll, ohne dies genauer zu spezifizieren (1). Differenzierte neuere Leitlinien zum präklinischen Atemwegsmanagement tragen dem Umstand Rechnung, dass jede Methode nur so gut ist wie ihr Anwender, und dass das richtige Instrument in den „falschen“ Händen für den Patienten von Schaden sein kann (2, 3).
METHODEN Die endotracheale Intubation Die Vorteile der ETI sind die zuverlässige Beatmung unter kardiopulmonaler Reanimation beziehungsweise bei schlechter Compliance der Lunge. Zusätzlich ist sie das einzige Verfahren mit einem sicheren Aspirationsschutz. Als Nachteile gelten in der präklinischen Praxis die hohe Misserfolgsrate und die Gefahr einer unerkannten Tubusfehllage (2 – 4). Zusätzlich kann es im Rahmen einer kardiopulmonalen Reanimation zu Unterbrechungen der Herzdruck-Massage von unerwünschter Dauer kommen (No-Flow Situation) (5). Anwenderexpertise Es herrscht Einigkeit darüber, dass die Befähigung zur ETI nicht nur am Phantom erlernt werden kann, sondern unter klinischen Bedingungen am Patienten erworben werden muss. Wie viele Intubationen zum Erlernen der Technik bzw. zum Aufrechterhalten der Expertise notwendig sind, ist allerdings unklar. Eine Untersuchung unter optimalen Bedingungen im Operationssaal kommt zu dem Ergebnis, dass 50 – 60 Anwendungen erforderlich sind, um mindestens eine Erfolgsrate von 90 % zu erreichen (6). Da für die präklinische Notfallmedizin keine vergleichbaren Daten existieren, die Bedingungen aber regelhaft als erschwert gelten können (Tab. 1), werden höhere Zahlen angenommen.
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Patientenseitig Blut, Sekret oder Erbrochenes Traumatische Schäden der Atemwege Entzündung oder Schwellung der oberen Atemwege Subkutane Emphyseme Immobilisierung der Halswirbelsäule Keine oder eingeschränkte Präoxygenierung Unzureichende Narkosetiefe und/oder Muskelrelaxation
Einsatzseitig Simultan durchzuführende Tätigkeiten (Kardiopulmonale Reanimation) Umgebungsbedingungen (Gelände, Lichtverhältnisse, Witterung, Lärm) Eingeschränkter Zugang zum Patienten Limitierte Ausstattung Unterschiedliche Teams und/oder Standards Fehlende kompetente Unterstützung vor Ort Tab. 1: Faktoren, die eine präklinische Atemwegssicherung erschweren mod. nach Timmermann et al. (2)
2012 wurden vom Wissenschaftlichen Arbeitskreis Notfallmedizin und der Kommission Atemwegsmanagement der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin Handlungsempfehlungen für das präklinische Atemwegsmanagement publiziert. Dabei werden erstmals Zahlen genannt, die einen Erfahrenen im präklinischen Atemwegsmanagement definieren sollen. So werden für die ETI 100 Intubationen an Patienten zum Erlernen der Technik und 10 Intubationen pro Jahr zur Aufrechterhaltung der Expertise gefordert. Besteht keine ausreichende Erfahrung in der ETI, so sollen extraglottische Atemwege verwendet werden (2). Medikamente Zahlreiche Publikationen befassen sich mit dem Atemwegsmanagement im Rahmen einer kardiopulmonalen Reanimation (1). In der Praxis sieht sich das Notfallteam jedoch häufig mit anderen Situationen konfrontiert, die eine Sicherung des Atemwegs erfordert (Tab. 2). Diese stellen mitunter komplexe 90
Anforderungen an die Behandelnden. Eine Task Force der Skandinavischen Society for Anaesthesia and Intensive Care Medicine unterscheidet deswegen in ihren Empfehlungen detailliert zwischen Patienten ohne oder mit erhaltenen bzw. teilweise erhaltenen Schutzreflexen (3). In einer grossen Meta-Analyse konnten Lossius et al. zeigen, dass die Erfolgsrate dramatisch von der Verwendung von Medikamenten abhing. Auf Rettungsmitteln denen keine Anästhetika zur Verfügung standen betrug die Erfolgsrate für die ETI lediglich 68 %. Wurden zumindest Hypnotika und Analgetika eingesetzt stieg diese auf 81 %. Konnten zusätzlich Muskelrelaxantien verwendet werden, erhöhte sich die Erfolgsrate weiter auf 97 % (4). Die Verwendung von Narkosemedikamenten birgt allerdings auch Risiken. Deswegen sollen diese nur innerhalb eines strukturierten Ablaufs, wie der Rapid Sequence Induction eingesetzt werden. Dies setzt für den Anwender wieder besondere Kenntnisse und Fähigkeiten voraus. So wird das Verwenden von Muskelrelaxantien nur für Kliniker empfohlen, die dies auch in der „täglichen Praxis“ (2) tun, bzw. darin „routiniert sind“ (3). Grundsätzlich sollten endotracheale Intubationsversuche limitiert bleiben. Mort zeigte in seiner Untersuchung, dass Patienten, bei denen im Schockraum mehr als zwei Intubationsversuche benötigt wurden, ein um das mehrfache erhöhte Risiko für schwere Komplikationen hatten wie schwere Hypoxie, Aspiration und Herz-Kreislaufstillstand (7). Deshalb sollte die Anzahl der endo trachealen Intubationsversuche limitiert bleiben und stattdessen Alternativen, wie extraglottische Atemwege in Betracht gezogen werden (2, 3). Keine Schutzreflexe Herzkreislauf-Stillstand
(Teilweise) erhaltene Schutzreflexe Respiratorische Erschöpfung, Atemstillstand Hypoxie unter maximaler Sauerstoffgabe Akut gefährdeter Atemweg (Blutung) Trauma und Glasgow Coma Scale < 9 Tab. 2: Indikationen zur Atemwegssicherung mod. nach Timmermann et al (2)
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Extraglottische Atemwege Unter dem Begriff extraglottische Atemwege (EGA) werden alle Ventilationshilfen zusammengefasst, die ein Offenhalten der Atemwege im Bereich des Oropharynx und proximalen Ösophagus gewährleisten, aber außerhalb der Glottis liegen. In anderen Publikationen werden sie auch als supraglottische Atemwege zusammengefasst. Ihnen allen ist gemeinsam, dass zu ihrer Platzierung keine direkte oder indirekte Laryngoskopie erforderlich ist. Häufig zeigen sogar die Prädiktoren für eine schwierige Laryngoskopie (und damit endotracheale Intubation) keine Korrelation mit der Erfolgswahrscheinlichkeit für die Platzierung eines EGA (8). Deswegen gelten sie auch für den Erfahrenen als Rückfallebene bei der schwierigen oder missglückten ETI. Ein weiterer und entscheidender Vorteil ist das raschere Erlernen der Technik und die einfachere Erhaltung dieser Expertise im Vergleich zur ETI (9, 10). Als Vorteile gegenüber der Gesichtsmaskenbeatmung gelten nach (11): • eine höhere Effektivität der Ventilation • eine geringere Mageninsufflation bei der Beatmung • geringere Inzidenzen für Aspirationen • eine geringere „manuelle Bindung“ des Notfallmediziners Der wichtigste Nachteil von EGA ist die fehlende Abdichtung der Trachea gegenüber dem Gastrointestinaltrakt. Da Notfallpatienten immer als nicht nüchtern gelten, besteht die Gefahr für eine Regurgitation von Mageninhalt und dessen Aspiration in die Trachea. Umgekehrt kann die Beatmung des Patienten, vor allem bei höheren Beatmungsdrucken, zu einer Luftinsufflation des Magens führen. Im Sinne eines Circulus vitiosus kann es zu einer Magenüberblähung kommen mit den Folgen einer erschwerten Ventilation und der Applikation noch höherer Beatmungsdrücke (12). Ein weiterer Nachteil der EGA ist die regelhaft fehlende Möglichkeit zur Absaugung von endotrachealem Blut oder Sekret. Bei den EGA muss grundsätzlich in zwei Gruppen unterschieden werden: die Gruppe vom Larynxmaskentyp (LMA) und die Gruppe der ösophagealen Verschlusstuben. Von den ösophagealen Verschlusstuben ist das in der Präklinik vorherrschende Modell der Larynxtubus (LT). Der Larynxmaskentyp Die Gruppe vom LMA-Typ erreicht die Abdichtung zur Trachea durch einen Cuff um den laryngealen Eingang. Für den Einsatz bei Erwachsenen stehen 92
Larynxmasken der Größen 3 – 5 zur Verfügung, die in Abhängigkeit vom Körpergewicht und der Anatomie gewählt werden. Die Anzahl der unterschiedlichen Modelle ist zahlreich. Modellabhängig ist jedoch vermutlich die erfolgreiche Platzierung für den Unerfahrenen (13). Außerdem werden sie im deutschsprachigen Rettungsdienst selten vorgehalten. Der Larynxtubus Der Larynxtubus (Abb. 1, 2) ermöglicht eine Beatmung durch eine Ventila tionsöffnung zwischen zwei Cuffs im pharyngealen und ösophagealen Bereich. Für Erwachsene stehen ebenfalls Modelle der Größen 3 – 5 zur Verfügung. Die Modellgröße wird jedoch in Abhängigkeit von der Körpergröße des Patienten gewählt. Sie sind mittlerweile vermutlich der am weitesten verbreitete EGA im deutschsprachigen Raum. Untersuchungen bei Simulationen weisen auf eine kürzere Unterbrechung der kardiopulmonalen Reanimation während der Platzierung hin als bei der endotrachealen Intubation (5). Viele, vor allem frühe Studien untersuchen die Anwendung am Phantom. Mit zunehmender klinischer und präklinischer Erfahrung mehren sich wichtige Hinweise für die Anwendung am Patienten. So konnten Schalk et al. zeigen, dass die Erfolgsrate bei der Platzierung von Larynxtuben beim Patienten durch eine modifizierte Einführungstechnik (Einführung von frontal plus Esmarch-Griff, Abb. 1, 2)
Abb. 1 und 2: Larynxtubus: Frontale Einführungstechnik mit Esmarch-Griff mod. nach Schalk (14)
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gegenüber der herkömmlichen Standardtechnik erheblich verbessert werden konnte. Dies galt auch dann noch, wenn mittels eines Stiff-Neck zur Stabilisierung der Halswirbelsäule ein schwieriger Atemweg simuliert wurde. Unter optimalen Bedingungen im Operationssaal wurden damit die Erfolgsraten von 49 % auf 100 % gesteigert, bei maximal zwei Versuchen (14). Bei beiden Gruppen von EGA kann zwischen der ersten und zweiten Generation unterschieden werden. Während die EGA der ersten Generation lediglich eine Beatmung gestatten, ist mit der zweiten Generation auch die Einlage einer Magensonde möglich. Dies kann zu einer Entlastung des gastralen Drucks und Inhalts und damit zu einem potentiell niedrigeren Risiko für Mageninsuffla tion, Regurgitation und Aspiration beitragen. Für manche Autoren sind diese Modelle der zweiten Generation mittlerweile Bedingung für den präklinischen Einsatz (12). Derzeit gibt es keinen Beleg für die Überlegenheit einer der beiden Gruppen von EGA, so dass die Entscheidung, welches Modell verwendet wird, von den örtlichen Gegebenheiten abhängt. Die DGAI schätzt das Training am Übungsphantom allein als derzeit nicht ausreichend ein. So werden zum Erlernen der Technik mindestens 10 EGA-Platzierungen an Patienten unter kontrollierten Bedingungen und unter Aufsicht, sowie 3 Anwendungen pro Jahr gefordert (2). Demgegenüber berichtet Schalk et al. von einem Schulungskonzept am Übungsphantom (Theorie, Praxis, Simulation), mit dem innerhalb von 2 Jahren 1069 Rettungsdienstmitarbeiter (762 Rettungsassistenten bzw. Dipl. Rettungssanitäter und 307 Notärzte) mit dem Larynxtubus geschult wurden. Danach wurde die Anwendung der Technik in der präklinischen Notfallmedizin durch die Schulungsteilnehmer über einen Zeitraum von 2 Jahren erfasst. In diesem Zeitraum wurden Larynxtuben bei 303 Patienten eingesetzt. Nur bei 7 Patienten gelang die Platzierung des Larynxtubus nicht (15). Es liegen keine dezidierten Untersuchungen zur Anwendung von EGA bei Patienten mit erhaltenen oder teilweise erhaltenen Schutzreflexen vor. Die klinische Erfahrung legt aber nahe, dass ohne suffiziente Reflexdämpfung die Gefahr von Würgen, Erbrechen und Aspirationen groß ist (3, 16). Deswegen wird bei diesen Patienten die Einleitung einer Narkose, gegebenenfalls inklusive einer Muskelrelaxation empfohlen (3, 12). Kapnographie Nach jeder ETI oder Platzierung eines EGA wird zur Erfolgskontrolle neben der Auskultation auch die exspiratorische CO₂-Messung gefordert. Sie sollte 94
nach der Atemwegssicherung mittels Kapnographie kontinuierlich abgeleitet werden. Diese kann natürlich im Rahmen eines Kreislaufstillstandes falsch negativ sein. Dadurch können jedoch Dislokationen der Ventilationshilfen und wechselnde Compliance (geringere Narkosetiefe, Aspiration oder Mageninsufflation bei liegendem EGA) frühzeitig erkannt und gegebenenfalls behandelt werden. Außerdem kann so die Beatmung im klinischen Zusammenhang beurteilt und eine Hypo- beziehungsweise Hyperventilation vermieden werden. Beatmung Grundsätzlich sollte, wenn möglich, eine maschinelle Beatmung bevorzugt werden. Bei der manuellen Beatmung werden häufig zu hohe Tidalvolumina und zu hohe Atemfrequenzen angewendet. Dadurch steigen die Gefahren für Mageninsufflationen bei liegendem EGA beziehungsweise für Hyperventila tionen (2, 12, 17). Verwendet werden sollten dafür jedoch Beatmungsgeräte, die zumindest über eine Drucklimitierung verfügen (2). Besonderheiten im alpinen Umfeld Im alpinen Umfeld können widrige Einsatzbedingungen vorherrschen. Neben Kälte, Nässe, extremen Lichtverhältnissen und ausgesetztem Gelände können zusätzlich lange Transportzeiten erforderlich sein (19). Da in aller Regel auch das Material begrenzt ist, muss das Vorgehen auf diese Umstände abgestimmt werden. So ist beispielsweise eine invasive Sicherung der Atemwege, die den Einsatz von Narkosemittel erfordert unter Umständen nur dann sinnvoll, wenn die erforderliche Analgosedierung auch für die Dauer des Transports aufrechterhalten werden kann. Dasselbe kann für die maschinelle Beatmung zutreffen oder die erforderliche klinische Überwachung invasiver Maßnahmen beim Transport über Absturzgelände. Maßnahmen und Techniken, die unter „normalen“ Notfallbedingungen klar indiziert sind, können im alpinen Umfeld zu einer schwer kalkulierbaren Gefährdung von Patient und/oder der Rettungsmannschaft führen. Ein Dilemma erscheint vorgezeichnet. Zumindest für den bewusstlosen Traumapatienten mit erhaltener Spontanatmung, bei dem das Rettungspersonal nicht in der endotrachealen Intubation geübt ist, schlägt die Skandinavische Task Force deshalb folgendes Vorgehen vor: Zunächst werden die Atemwege des Patienten überprüft und gegebenenfalls freigemacht. Danach wird die Halswirbelsäule immobilisiert und der Patient en-Bloc in die stabile Seitenlage gedreht und fixiert. Dabei ist auf die Neutralposition des Kopfes und auf freie Atemwege zu achten. Während des Transports muss die 95
Kopflagerung und die Atmung kontinuierlich überprüft, gegebenenfalls Sauerstoff appliziert und bei Bedarf Sekret abgesaugt werden (3). Leitlinien und Empfehlungen können naturgemäß nicht jedes denkbare Szenario abbilden, sondern nur einen Handlungskorridor für den wahrscheinlichen Fall vorzeichnen. Eine individuelle und verantwortungsvolle Situationsanalyse, auch unter Berücksichtigung des „gesunden Menschenverstands“ bleibt dabei trotz aller Algorithmen unentbehrlich (19).
ERGEBNIS Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die endotracheale Intubation nur noch als Goldstandard der Atemwegssicherung für den Erfahrenen gilt. Als Alternative – auch für die missglückte endotracheale Intubation – stehen extraglottische Ventilationshilfen zur Verfügung. Diese können rascher erlernt werden. Trotzdem erfordern auch sie eine strukturierte Ausbildung und deren regelmäßige Wiederholung. Zur sicheren Anwendung gehören neben der Kapnographie ein geeignetes Monitoring, zur Ventilation ein differenziertes Beatmungsgerät mit der Möglichkeit der Drucklimitierung und bei teilweise erhaltenen Schutzreflexen eine angemessene Analgosedierung, gegebenenfalls mit Muskelrelaxation.
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❙ Günther Sumann1,2, Thomas Hochholzer2,3,4, Martin Faulhaber2,3 and Martin Burtscher2,3 ❙*
High-altitude mountaineering made safer Abstract Mountains all over the world are attracting a steadily growing number of visitors due to the increasing number of cheap flights; the construction of new roads, railways, and cable cars; and commercial offers of trekking tours and expeditions to attempt even the world’s highest peaks. However, one must not forget that mountains are typically inhospitable areas characterised by cold and hypoxic environments and rapidly changing weather and track conditions associated with a relatively high risk of accidents and emergencies. Beside the objective hazards, subjective hazards, for example physical fitness and health status, mountaineering skills, and equipment, contribute substantially to the risk. Whereas in some regions, for example the Alps, rescue operations and medical emergency interventions can be performed rapidly and effectively, this is absolutely not the case in most of the very remote areas and on very high mountains. Therefore, the understanding of the risk associated with the various modes of mountaineering as well as knowledge about how to optimise prevention is of the utmost importance. Ultimately, it is the informed mountaineer who has to decide whether the risks are acceptable or not. Continuing joint efforts of scientists, medical and alpine institutions, expedition organisers, and mountaineers will help to make high-altitude mountaineering safer. Keywords: Mountaineering, high altitude, risk, mortality, prevention 1 2 3 4
Department of Anesthesiology and Critical Care Medicine, District hospital, Voecklabruck, Austria Austrian Society for High Altitude and Alpine Medicine, Innsbruck, Austria Department of Sport Science, Medical Section, University of Innsbruck, Innsbruck, Austria Privat Hospital Hochrum, Innsbruck, Austria
Corresponding author: Martin Burtscher, Department of Sport Science, Medical Section, University of Innsbruck, Fürstenweg 185, 6020 Innsbruck, Austria. Email: martin.burtscher@uibk.ac.at *This manuscript was recently published: Sumann Günther, Hochholzer Thomas, Faulhaber Martin, Burtscher Martin. Trauma published online 8 May 2014. DOI: 10.1177/1460408614531878
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Introduction Mountains all over the world are attracting a steadily increasing number of visitors. About 27 % (40 million km2) of the Earth’s surface are mountainous regions1 and thus there are a multitude of available mountain destinations for tourists ranging from moderate to extremely high altitudes, for example the Alps with Mont Blanc (4810 m), Mount Kilimanjaro (5895 m) in Africa, the high-altitude areas of North and South America with Aconcagua (almost 7000 m), or the Himalayas (Asia) with Mount Everest (8848 m) being the highest elevation in the world. Due to an increasing number of cheap flights and the construction of new roads, railways, and cable cars, most of these regions have become more and more easily and rapidly accessible. In addition, many often relatively inexperienced hikers and climbers are lured by increasing commercial offers of trekking tours and expeditions to attempt even the world’s highest peaks.2 However, one must not forget that mountains are typically inhospitable areas characterised by cold and hypoxic environments and rapidly changing weather and track conditions. Extreme environmental conditions associated with insufficient fitness and mountaineering skills, preexisting illness, and inadequate equipment may predispose mountaineers to accidents and emergencies.3 Whereas in some regions, for example the Alps, rescue operations and medical emergency interventions can be performed rapidly and effectively, provided weather conditions will permit, this is absolutely not the case in most of the very remote areas and on very high mountains (Figure 1). Thus, mountaineering not only contributes to the well-established beneficial health effects of regular physical activity4 but may also represent a high-risk activity, largely depending on many individual and environmental characteristics. Knowledge of the potential health risks arising from different mountaineering activities associated with various conditions is of the utmost importance for the individual mountaineer in deciding whether these risks are acceptable or not.
The numbers of mountain tourists Nowadays, annually more than 100 million tourists are travelling to high-altitude regions all over the world. About 40 million mountaineers and skiers visit the Alps with its elevations slightly below 5000 m.5 Every year about 40,000 tourists attempt the summit of Kilimanjaro6 the highest mountain of 100
Figure 1: K2, the most dangerous mountain
(photo by S. Hupfauer)
Africa with an altitude slightly below 6000 m and over 4000 climbers attempt Aconcagua7 being the highest mountain of South America and reaching nearly 7000 m. During the last two decades, the number of trekkers in Nepal has risen dramatically (by 450 % between 1994 and 2000).1 In 2010 about 180,000 pilgrims, trekkers, and mountaineers visited Nepal.8 An approximately fivefold increase in climbers of Himalayan peaks has been observed since the 1970s and this increase is even greater (sevenfold) for climbers attempting Himalayan peaks 8000 m.2 From 1995 to 2006 more than 30,000 climbers attempted the highest peak in the world, Mount Everest.2
Death risk in mountain sports activities On the one hand, mountaineering activities may well contribute to the evidence-based health benefits resulting from the inverse and independent relationship between physical activity and overall mortality.4 On the other hand, 101
however, these activities, particularly when performed in extraordinarily remote and very high-altitude regions, may become associated with an extremely high death risk by far outweighing the favourable health effects of physical activity. During downhill skiing in Alpine ski areas, for example 1.1 deaths occur on average per 1 million exposure days and this risk increases about fivefold when mountain hiking and almost 10-fold when rock and ice climbing in the Alps or trekking in Nepal, but nearly 100-fold when climbing Denali and even 500-fold when climbing Himalayan peaks 8000 m2,3,9,10 (Table 1). Westhoff et al.2 recently reported an unadjusted mortality of 1.63 % on Himalayan peaks ≥ 8000 m during a 40-year observation period (1970– 2010). However, the death risk varied from 170 deaths on a ‘low-risk’ 8000-m peak (Cho Oyu) to 1334 deaths per 1 million days of exposure on a ‘high-risk’ 8000-m peak (Annapurna).
Cause of death in mountain sports activities Mountains are characterised by steep slopes, rock or ice walls, and glaciers with crevasses and thus an associated high risk of falling including falls in crevasses, collision accidents on ski slopes, and burial by avalanches. Mountains are also characterised by often inhospitable environmental conditions like cold and wind, rain or snowfall, and increasingly severe hypoxia when ascending to very high altitudes. Of course, the risk of accidents and emergencies is not only determined by the existing objective hazards but also by the individual fitness and health status, equipment, and mountaineering experience of the individual. Downhill skiing (Alps)a
1.1
Mountain hiking (Alps)a
5.7
Rock and ice climbing (Alps)
9.7
a
Trekking (Nepal)
11
Climbing (Denali, 6194 m) Climbing (Cho Oyu, 8201 m)
100 170
b
Climbing (Himalayan peaks, 8000 m) Climbing (Annapurna, 8091 m)
b
a Calculations are based on an average of 7 days exposure per year. b Calculations are based on the reported unadjusted mor.tality and assuming 30 exposure days per climb.
544 1334
b
Table 1: Frequency of death per 1,000,000 days of exposure.3
102
39
19
Downhill skiing (Alps)
32
Mountain hiking (Alps)
66
34
Rock and ice climbing (Alps)
98
2
Trekking (Nepal)
30
Climbing (Denali, 6194 m)
58
17
Climbing (Himalayan peaks, 8000 m)
43
8
25 23
Others
Collision
10
Sudden death
High altitude illness
Avalanche
Exposure/ hypothermia
Mountaineering activity
Fall/ crevasse
Cause of death (â&#x20AC;&#x2030;%)
35
7
18
11
16
Based on data reported by Burtscher et al.,3,11,13 Firth et al.,18 McIntosh et al.,9 Shlim and Houston,10 and Westhoff et al.2
Table 2: Causes of death during various mountaineering activities.
Falls (including falls in crevasses) are the major cause of traumatic deaths during all mountaineering activities performed in the Alps, during trekking and when climbing the highest Himalayan mountains (Table 2). Inadequate equipment, insufficient individual ďŹ tness levels and mountaineering skills, tiredness and exhaustion, hypothermia, and altitude illnesses may all contribute to an increased risk of falling. With increasing altitude and decreasing ambient temperatures, the risk of dying from mountain illnesses and hypothermia becomes more and more important. In addition, mountaineering activities performed on snow and ice covered mountains are associated with a relatively high death risk due to avalanches. In contrast to the risk of falling, the risk of death produced by avalanches seems not to be reduced by experience and speciďŹ c training programs which might even encourage greater risk-taking behaviour.11 It is not surprising that during activities with a high participation rate of older mountaineers, for example downhill skiing, mountain hiking, and trekking, the proportion of non-traumatic fatalities, i.e. sudden cardiac death (SCD), steeply increases due to pre-existing cardiovascular risk factors and diseases.12 SCD is the most frequent cause of death in males older than 34 years during leisure-time activities at altitude, and prior myocardial infarction and the un103
accustomed physical activity during the first days at altitude are the most important risk factors for SCD. Not only the sudden death risk but also the traumatic death risk increases with age probably because of pre-existing illnesses and a lower fitness level compared to younger mountaineers.13 The overall lower survival rate following traumatic and non-traumatic events in more remote areas as for instance in the Himalayas may be closely associated with much more complicated rescue manoeuvres and often dramatically delayed medical measures.
Mountaineers’ hazards Mountaineers are exposed to objective and subjective hazards. Objective hazards (for example weather conditions, falling rocks and ice, crevasses, danger of avalanches, and high altitude) are natural parts of the mountainous environment and exist independently of the mountaineer’s presence. Subjective hazards (for example physical fitness and health status, mountaineering skills, and equipment) originate with the individual mountaineer and can largely be modified by training and experience. When practising mountain sport activities two aspects have to be considered: (1) Exposures to objective hazards cannot be completely avoided but the resulting risk can be minimised. (2) Objective and subjective hazards interact and cannot be assessed separately because subjective hazards often increase the potential of objective hazards.14 Objective hazards Weather conditions in mountainous regions can change very rapidly. For example, after a sunny and warm morning temperature can dramatically fall within hours resulting in intense snow fall, storm, and visibility below 2 m in the afternoon. As a consequence orientation and surveillance of the terrain may become extremely difficult, frozen rocks and danger of avalanches will challenge the requirements of the individual’s mountaineering skills. Furthermore, low temperatures and wind enhance the risk of hypothermia.15 During summer thunderstorms, mountaineers are additionally exposed to the risk of being struck by lightning.16 When climbing at very high altitudes, extreme and life-threatening weather conditions can persist for days or weeks. While mountaineers in the Alps may be able to escape and find shelter, for example in mountain huts, high-altitude mountaineers rely on their own tents and food supply associated with much more inhospitable conditions. Thus, considering 104
current weather forecasts for planning ascent or descent activities is of utmost importance. Nowadays updated weather information for nearly all mountainous regions in the world is available via the internet or can be individually received via sat-phone (for example Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik17). Falling rocks and ice not only threaten climbers on rock or ice walls but also hikers passing below, becoming predominantly dangerous in couloirs. Rock and ice falling is caused by forces of nature (for example frost burst, sun warming, wind, and glacier flow) but also by other climbers. Although such events are hardly predictable, the risk typically increases with day time due to increase in temperature. As a consequence, mountaineers can reduce this risk by passing hazardous areas rapidly and early in the day. Mountaineers can try to avoid risky terrain if possible or at least minimise exposure time. Additionally, adequate equipment, including helmets, may reduce the severity of injuries in case of falling rocks and ice. Whereas hiking paths, climbing routes, and ski slopes in touristic areas, for example of the Alps, are often partly protected from objective hazards, this is not the case for trekking routes or ascents to the very high mountains where mountaineers have for instance to cross extremely dangerous serac zones, for example the Khumbu icefall during ascent to Mount Everest.18 Crevasses are caused by different flow speeds within glacier ice due to an uneven bed. Crevasses can be open and visible or covered with snow and therefore hardly identifiable. Whereas open crevasses are sometimes difficult or impossible to overcome without artificial devices, covered crevasses can be crossed on snow bridges but their stability might be doubtful. Falling into a crevasse may cause severe or even fatal injuries if the mountaineer is not or is faultily rope safeguarded by his partners.19,20 This is a nice example of the close link between objective (crevasses) and subjective (equipment or mountaineering skills) hazards. Glaciers of the high mountains may be extremely fissured (Figure 2) and crevasses can often only be crossed with the aid of ladders and fixed ropes. Additionally in crevasses in a glacier, there are gaps between the glacier ice and the adjacent rocks (Randkluft) and between a moving glacier and stagnant ice, for example an ice flank (Bergschrund) representing barriers that should not be underestimated. Rope teams of two or ideally more mountaineers and adequate behaviour (for example appropriate distances between partners) can effectively prevent injuries in case of a fall into a crevasse. However, at extreme altitude, individual climbing speeds and breaks do often not allow rope teams and therefore falls into crevasses are sometimes fatal. 105
The danger of avalanche is an often underestimated objective danger during winter sports activities in unprotected areas (for example off-piste skiing, ski mountaineering, or snowshoeing). Slab avalanches generally occur after intense snow fall but also when strong wind results in drifting snow in the leeward side of a slope. Alternatively, rain or a day time-dependent increase in temperature may reduce stability of the snowpack and can lead to wet snow avalanches. In the Alps and some other mountain ranges, a regularly (often daily) updated avalanche warning service is available during the winter season including the current regional danger level on an international 5-level scale (1= low to 5 = very Figure 2: Crevasses on the Shisha Pangma high or extreme). For level 3 (considerable) for example, avalanches can be triggered by low additional load (for example one skier) or even release spontaneously.21 While usually there is no or only a low risk during summer hiking in the Alps or trekking, avalanches can threaten high-altitude mountaineers during all seasons of the year.22 Therefore, it is not surprising that avalanches are responsible for nearly one-third of all deaths among climbers in the Himalayan mountains.2 High altitude. Mountainous regions can be classiďŹ ed according to their elevation into high altitude (1500â&#x20AC;&#x201C;3500 m), very high altitude (3500â&#x20AC;&#x201C;5500 m), and extreme altitude (>5500 m).23 With increasing altitude, ambient air pressure and as a consequence partial pressure of oxygen decrease causing hypobaric hypoxia. Hypoxia is responsible for the decrease in endurance performance of mountaineers when ascending to high altitude24 and plays a key role in the pathophysiology of high-altitude illnesses.23 The consequences of hypoxia are 106
usually mild at high altitude and humans are able to acclimatise up to about 5000 m.23 However, inevitably physical deterioration is the consequence when ascending to extreme altitudes, especially above 7000 m. High-altitude illnesses may occur when trekkers and climbers ascend too fast without sufficient acclimatisation. Acute mountain sickness (AMS) represents the most common high-altitude illness with a prevalence of 10–50 % and is usually benign. However, it may also progress to high-altitude cerebral oedema (HACE) associated with an extremely high lethality without fast and appropriate therapy. High-altitude pulmonary oedema (HAPE) represents the second life-threatening condition at high altitude, occurring in about 1–2 % of mountaineers ascending to altitudes higher than 4000 m.25 Independent of high-altitude illnesses, the severe hypoxia at extreme altitudes also impairs mental function.14 As a consequence mountaineers, for example lose their gloves in the wind, make poor tactical decisions, and/or suffer from impaired orientation and coordination abilities, aggravated when additional high-altitude illness is present. Therefore, accidents (for example due to falling, avalanche burial or exposure) at extreme altitude may be indirectly caused by the effects of severe hypoxia and/ or high-altitude illnesses. The best way to prevent high-altitude illnesses is proper acclimatisation (see ‘Acclimatisation to high altitude’ section) but prophylaxis with drugs might also be helpful in certain cases (for an overview see Netzer et al.25). In addition to hypoxia, low ambient temperature and wind at high altitude and existing hemoconcentration enhance the risk of frostbite and hypothermia.16,26,27 Cold-related lowering of muscle temperature below thermoneutral conditions is known to reduce contraction velocity predominantly affecting dynamic exercises. Besides, coldness and dryness are considered to trigger respiratory symptoms also affecting health and performance. Subjective hazards Modern equipment is much more functional and comfortable when compared to the situation some decades ago and has largely contributed to the safety of climbing in the Alps and the very remote areas as well. Needless to say, inadequate equipment is associated with an increased risk of accidents.14 The required equipment depends on the type of activity and the environmental conditions. For example, hikers at moderate altitude in the Alps are sufficiently equipped with hiking boots and clothing for cold and rain protection whereas expedition members in the Himalayas need additional cold protection, bivouac equipment, crampons, ice axes, ropes, etc. (see ‘Adequate equipment’ section). In regions developed for tourism like most parts of the Alps, missing 107
Figure 3: In the Alps, emergency medical care is readily and rapidly available.
equipment is easily available. However, during trekking in outlying regions it might be impossible even to buy socks or a sleeping bag not to mention more technical devices. Hiking or climbing in mountainous terrains requires much more physical fitness and mountain sport-specific motor skills compared to walking on the level.28 Physical fitness and mountaineering skills become hazardous if they do not meet the demands of the planned venture. Inexperienced mountaineers often overestimate their fitness and undertake too long and/or too difficult hikes or climbs leading to exhaustion and increasing the risk for accidents and emergencies. Especially in combination with other hazards (for example sudden falls in temperature, storms, severe path characteristics, etc.) life-threatening situations may develop. Pre-existing diseases may limit physical fitness and may aggravate the altitude-dependent decrease in performance and therefore may also provoke medical emergencies. In combination with unaccustomed physical activity, pre-existing cardiovascular diseases increase the risk of emergencies and fatali108
ties during mountain sport activities.12 Whereas, for example in the Alps, medical care and even helicopter evacuation are promptly available under normal weather conditions, this is not true for remote areas of trekking or of high-altitude climbing. This makes it understandable why severe injuries or diseases in the high-altitude regions are often associated with much worse outcomes when compared to Alpine areas.
Effects of differences in rescue and medical care Mountaineers and trekkers who intend visiting very high altitudes, for example in the Himalayas, have to accept a distinctly higher risk in the case of an accident or any health problem when compared to mountaineering in the Alps.3 People living in Europe and in many other developed countries are used to a high level of medical care and emergency medical services being available day and night, even outdoors and on top of mountains.29 The whole area of the Austrian Alps, for example is covered by a physician staffed helicopter emergency medical system (HEMS) with a response time of less than 15 min (Figure 3). In case of a severe life-threatening injury in difficult technical terrain, a casualty may have the chance of receiving quick emergency medical treatment on-site and entering the emergency room of a trauma centre within 1 h or even less after the accident has happened. Climbers rely on this service nowadays and therefore will probably accept higher risks, climb routes beyond their technical or physical skills and then, in nearly any case of problem, expect helicopter evacuation.30 This is made possible by a very broad coverage of the mountainous terrain by cell phone providers, and many mountain tourists also have sufficient insurance coverage for rescue missions. This kind of safety culture and demanding mentality has to be left at home when travelling to the highest mountains of the world. There is deďŹ nitely no emergency medical service available on most of these high mountains, and in the case of accident or emergency, mountaineers may have to manage for days without any professional medical care. The highest medical aid posts in Nepal are at an altitude of 4300 m. Hospitals are sometimes hundreds of kilometres away from the place of accident: that means under certain conditions a walking or even driving distance of several days. Limited helicopter services are available on common trekking paths in some areas. Helicopter missions are usually restricted to altitudes below 6000 m. Based on cooperation with Swiss Air Zermatt, Nepali helicopter pilots and rescuers 109
have been trained for extremely high rescue missions up to 7000 m, but these operations are very dangerous and rarely available. On Mount McKinley in Alaska, fixed wing air services fly up to an elevation of about 4300 m, where the National Park Service provides a medical service. The most common diagnoses there were frostbite and altitude-related syndromes.9 Expeditions to very high mountains are frequently accompanied by physicians who provide medical care and advice in the base camp or sometimes even higher. They usually carry equipment for basic medical problems and emergencies and can perform minor surgical procedures like wound treatment. However, most trekking groups do not have a doctor available.
Clinical scenarios Trauma The variety of traumatic injuries in mountaineering is large. They range from minor bruises, open wounds, and fractures up to critical injuries of head and trunk. Basic first aid like wound dressing and splinting should be provided in remote outdoor environments, as well as the use of antibiotics against wound infection. On common trekking routes there will usually be helpers available, mostly porters, who are sufficiently fit to carry the casualty over a walking distance of days. However, immobilisation alone is extremely dangerous on very high mountains. Mountaineers passing by at extreme altitude are mostly not fit enough or even not willing to offer help and organised rescue is not available. An isolated broken leg may kill a climber at extreme altitude, whereas rapid treatment of the same injury in the Alps is routine and rarely a life-threatening event. Critical injuries may be caused by falls in steep terrain or in crevasses or by rock-and ice-falls, and the consequences may be extremely severe in remote areas without high-level medical care. Cold-induced injuries When mountaineers are exposed to very cold and windy weather as is typical in very high altitudes, their risk of suffering cold-induced injuries such as hypothermia and frostbite is severely increased in combination with altitude-related human factors like exhaustion, dehydration, and hypoxemia.27 Muscle tremor, an important mechanism in producing body heat is reduced under severe exhaustion. The initial response to achieve isolation of the body from the cold environment is vasoconstriction, but this may provoke frostbite quite quick110
ly in the situation of dehydration and hypoxemia. It is easily comprehensible that most of the following recommendations are hard to implement in very remote areas. Mountaineers should focus on prevention by wearing adequate and dry clothing and avoiding constrictive clothing. Additionally, they have to take care about sufficient nutrition and avoid dehydration. People with cold injuries have to be brought into a warm environment; they should be given hot drinks as much as possible. Frostbitten limbs have to be rewarmed by immersion in water at 37– 39C, but only in warm shelters if refreezing is impossible. Analgesia is required and aspirin or ibuprofen should be administered.16 In the case of deep hypothermia (degree III) with coma and circulation instability, the current treatment algorithms require intensive care and extracorporeal rewarming in specialised medical centres.31 This will usually not be available at the extreme altitudes of the highest mountains. Nevertheless, there are several reports about almost unbelievable cases of survival after severe hypothermia and frostbite without any medical help.32 Avalanche burial and fall into glacial crevasses Avalanche burial has an overall survival rate of 77 %, but in the case of total body burial only 47.6 %.33 The highest chance of survival is >90 % within 18 min of burial time and then drops dramatically to 32–7 % after 35 min.34,35 Most of the victims buried by avalanches die from asphyxia. Therefore, only very quick location of the victim and excavation by the experienced use of emergency equipment like beacons, probes, and shovels by bystanders may be life saving.36 Some victims survive even after very long burial times. They usually suffer from severe hypothermia and require high-level medical care.37 Critical trauma may occur when the victims are thrown against trees and rocks or when they are carried down by the avalanche over deep mountain faces. Avalanches in remote and very high mountains are often very large; rescue operations, even by their colleagues are extremely challenging. Deep falls into crevasses cause critical injuries combined with the risk of fatal hypothermia. In most of the cases these casualties only survive when quick and highly effective rescue efforts and emergency medical services are available, as provided by HEMS in the Alps. Again, some victims may even survive in almost unbelievable conditions.38 High-altitude illness Minor high-altitude-related health problems like AMS are frequent above 2500 m. Severe cases of high-altitude illness like HAPE and HACE may rapidly 111
become dangerous and life threatening. Many deaths of climbers and trekkers at high altitude may be caused by HAPE or HACE.25 However, post-mortem examinations of the bodies are usually not performed because many of them are left on the mountains. This means that the diagnosis of HAPE or HACE is commonly based on the observations of the climbing colleagues, and may therefore sometimes not be correct. An apparent case of HAPE may actually also be a severe pulmonary embolism from deep vein thrombosis. The leading symptom of HAPE is heavy coughing and reddish foam at the mouth; the leading symptoms of HACE are ataxia, confusion, and impaired consciousness. The most promising therapeutic options are the administration of oxygen and rapid descent to lower altitude which may also be simulated by pressure bags (e.g. Gamow or Certec Bag).39 Helpful drugs are nifedipine in HAPE and dexamethasone in HACE.25 Frequently, the victims die within hours, despite extensive and professional efforts in the outdoor situation.40 Medical emergencies and SCD Whereas climbers on very high mountains are expected to be fit and healthy, hikers on trekking routes may present various health problems due to pre-existing diseases. The very low humidity and the cold and dusty winds in some valleys in the Himalayas cause irritation of the airways. This may provoke bronchospasm especially in people with a history of asthma or facilitate superinfection and exacerbation of chronic obstructive pulmonary disease.41 Infections of the urinary tract may occur under cold and wet conditions and be promoted by less sanitary facilities, especially in susceptible women. Antibiotics should be carried to treat various infection problems. Gastrointestinal infections are common in third world countries and may cause severe health problems due to dehydration and immobilisation when they happen in high altitudes. Cardiovascular events are suspected to be frequent causes of fatality during mountaineering activities in the Alps but also on trekking tours.12 The leading symptoms arising from coronary artery disease are thoracic pain and an acute impairment of physical performance. Subjects familiar with this problem may use nitroglycerine inhalers and anticoagulant drugs. In case of an instable coronary event or even a myocardial infarction, the only effective therapy is a reperfusion strategy as rapidly as possible.42 The principle of ‘time is tissue’ is also appropriate for cerebrovascular events like strokes. However, a quick evacuation and availability of high-level medical care within a few hours will generally not be available in remote areas of trekking tours and even less at the highest altitudes. 112
Preventive measures Thinking ahead can reduce the risks in mountaineering immensely. Therefore, we would like to emphasise the points that follow. All these points are important for mountaineering activities in touristically well-developed areas, for example the Alps, as well as in very remote high-altitude regions, for example the Himalayas. Because they are much more important for the latter the following sections will mainly focus on trekking and high-altitude climbing. Planning When planning a trekking tour or expedition, substantial errors can be made at this level. The chosen destination should suit the physical fitness of the individual as well as the abilities, in terms of climbing, of every participant. Many mountaineers, even experienced ones, tend to overestimate their capabilities. Hence it is of vital importance to choose a destination clearly below the absolute physical and technical limits of the individual climber, or in other words, one should always provide ample scope according to difficulty, length, and exposure of the destination. Not only the altitude of a trekking tour, but also difficulties like mountain passes, the length of a day’s march, as well as the overall length of the tour have to be considered. Most European mountaineers are not used to tours where they have to sustain a high level of performance over several weeks. The selection of the members of the group can greatly influence the success of a trekking venture. Sometimes weaker mountaineers try to keep up with the group, as they do not want to be a burden, which is likely to overstrain their endurance capabilities. For the same reasons mountaineers tend to ignore symptoms of exhaustion or sickness. This is the point when mountain guides or experienced mountaineers have to intervene. In a survey in Nepal, it was found that the risk of being affected by AMS is considerably higher for members of a group than for individual mountaineers.43 It is also important to include 1 or 2 extra days into the schedule of the program. This reduces the stress of trying to catch the flight back in case there were any incidents during the tour. Another important point in planning a trekking tour or an expedition is the date. The largest part of Nepal and India, for example lies in the tropical and subtropical zone, which means that travelling is possible all year round. This situation, however, changes rapidly with higher altitude and related conditions. In November, individuals who are not used to and equipped for low temperatures, can get into trouble at 4000–5000 m. At night temperatures can drop to 113
20C below zero. If, however, the expedition is planned for the summer holidays, it is very likely to fall into the monsoon season. On the one hand, the streets may be in terrible condition and on the other hand it is very likely that travellers will never see the mountains due to the very dense clouds during this period. Another important trait every mountaineer should have is ‘the ability to suffer’: next to the very strenuous physical challenges mountaineers face, they also have to withstand extreme cold, heat, or rain. Sleeping conditions on uncomfortable sleeping mats can lead to sleepless nights and therefore exhaustion. All those facts should be considered when planning a trekking tour or an expedition. Hence it is a good idea to test one’s suitability during a long-distance hiking trail in Europe before going to the Himalayas. It is essential that everyone is immunised before participating in a trekking tour or an expedition (Tetanus, Polio, Diphtheria, Hepatitis A and B) and sees a dentist. Depending on the destination, additional immunisations (yellow fever) and malaria prophylaxis have to be considered. When a person is suffering from preexisting diseases, for example angina pectoris, thrombosis, or high blood pressure a travel medical consultation is of the utmost importance. The success of all mountaineering ventures is highly dependent on environmental conditions such as the weather. Periods of bad weather, sudden changes of conditions, storms, as well as time windows with optimal weather situations can nowadays be predicted worldwide for virtually all areas. The quality of weather forecasts as well as avalanche prediction has markedly improved during the last few years and information can be accessed quickly online or over satellite phone. Despite some criticism that these methods reduce the ‘real adventure’ of an expedition, they offer a clear advantage with regard to safety and risk minimisation. Staying healthy during ascent to the base camp The most difficult part of an expedition is to reach the base camp healthy. This opinion is held by many expedition mountaineers, but also applies equally to trekking. The risk of infection is increased especially during travelling from the point of entry to the base camp. Thus, for example a study of mountain climbers in Nepal found that 87 % of surveyed climbers suffered from flu-like symptoms (75 % cold, 42 % cough, 39 % sore throat, 30 % diarrhoea).44 The lack of hygiene as well as unfamiliar food can lead to diarrhoea. Practice shows, that the complete healing of severe respiratory symptoms or diarrhoea in high altitude is rarely possible and clearly reduces the success of the venture and 114
increases the risk of accidents and emergencies. The majority of these diseases, however, can be prevented by appropriate hygiene measures. Fitness and physical training ‘‘In my opinion, intensive training before an expedition to the Himalayas is not always beneficial. (...) The actual training starts only in Kathmandu. When someone is not in shape after hiking trough eastern Nepal, going uphill and downhill, over numerous mountain passes (...) and through rough terrain, he or she will never be. It is in fact possible, that slight overweight before the expedition can be of advantage. Skinny guys like Dougal Haston, Leo Schloü mmer and me could only become even skinnier’’. (Steele;45 translated from German by the author) These lines were written in 1971 by the doctor accompanying the famous expedition to Mount Everest under the leadership of Norman Dyhrenfurth. Today – in the times of ‘Skyrunners’ and speed climbing to high mountains – those lines sound fairly obsolete: long marches to the final destination are barely necessary, but still, couldn’t a certain degree of overweight, or in other words a ‘physical reserve’, be advantageous for long stays in great altitude? Of course, the preparation also includes physical training to reach a target level of fitness. The more difficult and technical the expedition the more specific, time consuming, and intensive the training has to be. Due to the requirements of any long lasting mountaineering ventures endurance training is the most important. Individual endurance capacity can be assessed by determining maximal oxygen uptake (VO₂max) during an incremental exercise test (for example cycle ergometer or treadmill). Walking uphill requires much more energy and better aerobic performance than walking on horizontal paths. Whereas oxygen consumption during level walking at a speed of 3 km/h is only 10 ml/ min/kg, it rises to 25 ml/min/kg when walking uphill at the same speed at a gradient of 15 %.28 Thus, it becomes easy understandable that uphill walking will be limited by individual endurance capacity much sooner than walking on horizontal paths. With increasing level of path difficulty, walking and climbing efficiency diminishes, especially for the inexperienced mountaineer, thus further challenging endurance performance.28 Due to the fact that prolonged work can usually be performed below 60–70 % of VO₂max, a minimum VO₂max 30 ml/min/kg must be attainable for mountain tourists in the Alps46 and following extrapolation, 40 ml/min/kg for trekkers and 50–60 ml/min/kg for 115
high-altitude climbing, for example in the Himalayas. This is partly explained by the reduced VO₂max at altitude. Depending on various factors, especially the individual fitness level, VO₂max decreases by about 1.5–3.5 % for every 300 m of additional increase above 1500 m.46 In contrast to VO2max, sub-maximal exercise performance improves following 1–3 weeks of acclimatisation due to improved arterial oxygen saturation and haemoglobin concentration because of increased ventilation and decreased plasma volume. These improvements seem to be enhanced in well-trained individuals partly compensating for the initial marked performance decrease.46 Thus, optimal acclimatisation is of utmost importance also (or even especially) for highly trained mountaineers. Of course, other factors than endurance performance will contribute to mountaineering performance. For instance, the ability to concentrate reduces during prolonged walking or climbing in difficult terrains thereby provoking accidents. With regard to this aspect there is a great difference between beginners and experienced mountaineers. Walking on rough terrain such as moraines or on tracks in deep snow or climbing with crampons is often very debilitating for inexperienced mountaineers. Experienced mountaineers who are used to such terrains usually have much better coordination skills than beginners. Especially in borderline situations this may be crucial. Economical walking, surefootedness, and having a head for heights can spare the personal power reserve (actually used VO₂ related to the individual VO₂max). This very important ‘economy of movement’ cannot be learned in a couple of weeks or months. It has to be acquired over many years of regular climbing and trekking in mountainous regions. One also has to bear in mind that with age those coordinative capabilities decrease gradually, but can be improved by appropriate training methods. Exercise training usually results in a sufficient increase of endurance capacity to the required level in most mountaineers when starting the training program in sufficient time. Most studies indicate that sedentary persons can improve their VO2max by about 15 % or more after 3 months of endurance training.28 Endurance training plays the most important role for hikers, trekkers, and mountaineers but training of muscle strength and coordinative skills (for example balance) should also be included in an optimal preparation. Ideally, training is performed regularly during the whole year but it should be started at least 2 months before the planned trip. Generally, training load should be progressively increased in the course of a preparation, first by extending training duration and frequency and then by enhancing training intensity. At the beginning, endurance training can include various and unspecific disciplines 116
(for example cycling, swimming, running) with an exercise intensity of about 60–75 % of maximal heart rate. If possible, training should progress to more and more mountain sport-specific contents (for example mountain hiking or running with additional loads, climbing). Furthermore, 1–2 sessions per week can be performed as interval training at 80–95 % of maximal heart rate during the interval periods. Additional training of strength and coordination can be separately performed in a gym or fitness centre, but can also be included in endurance training (for example performing squats or running on root-covered paths).43 Adequate equipment The more technical an expedition, the more important is the equipment. An important question when packing for a trekking tour or expedition is: ‘What do I essentially need?’ The range of different kinds of equipment and clothing has become extremely wide, but the equipment should have already been used and tested before the actual expedition. Because performance strongly depends on bodyweight and the weight of mountaineers’ equipment, keeping the weight at a minimum is of the utmost importance. Heavy equipment can lead to exhaustion at high altitude and could trigger development of AMS. On the day, when climbing to the summit, time plays a very important role. The faster, the safer! There are many examples demonstrating that a prolonged stay at extremely high altitude can have disastrous consequences. During the last few years industry has made huge improvements with regard to modern mountaineering equipment. The weight of backpacks has been minimised, instead of iron crampons or iron ice axes, aluminium ones are being used. Even food products have become lighter. When planning an expedition food ratios have to be calculated very carefully. Instead of heavy food like noodles or rice, freeze-dried food should be taken. In the last decade the usage of Global Positioning System (GPS) devices amongst mountaineers has increased significantly. Those devices can also be used as altimeters or compasses making orientation much easier. However, it has become apparent that the usage of such devices requires training in advance to avoid any problems during the expedition or even during an emergency situation. Beginners should choose simple, basic GPS devices rather then complicated ones with many extra functions. Another important point is to take enough batteries, as the GPS devices usually have high energy consumption. 117
Acclimatisation to high altitude If one talks to climbers, who were part of the expeditions to the Himalayas in the middle of the 20th century, altitude acclimatisation was usually only a minor problem. For example, the long marches from Kathmandu to Lukla and further to the Everest base camp gave climbers enough time to adapt to the increasing altitude. Today, hardly any climber takes this long route to the base camp; most mountaineers fly directly to Lukla and often apply a very aggressive ascent scheme. Again and again the question arises as to the adaptability of a mountaineer to great altitude. There are very strong climbers who have climbed all the difficult routes in the Alps, but at the very high altitudes in the Himalayas climbers suffer from AMS or even HAPE probably due to going too fast too high. Nevertheless, from a physiological perspective it should be possible for almost any healthy mountaineer to reach at least altitudes of about 7000 m provided there is proper acclimatisation. Many climbers, who have gained quite an amount of altitude experience in the Western Alps – including altitudes nearly up to 5000 m – come to Nepal. But they often do not consider that in Europe the descent is easy and quick after reaching the summit. This changes dramatically in areas such as in the Himalayas, where one has to sleep at high altitude for many nights. Therefore, tactics are very important for prophylaxis of altitude illnesses: Starting at a threshold altitude of 2500 m, only about 300–500 m in altitude should be climbed on a single day.25 Of course, there are some mountaineers, who could climb 800 m or even 1000 m per day, but the risk of being affected by altitude illnesses is much higher. If ascents of more than 300– 500 m have to be climbed, for example due to environmental conditions, a day of rest should be taken afterwards.25,47 As a rule of thumb, in 1977 Reinhold Messner stated: ‘‘For a 5000 m high mountain I need 1 week to adapt, to climb a 6000 m high mountain 2 weeks are needed, a 7000 m 3 weeks are needed, and for a 8000 m high mountain 4 weeks and for a high 8000er, 8500 m and more, 5 weeks are needed’’.48 Exhaustion during the phase of acclimatisation has to be avoided at all costs, as it can provoke the development of severe symptoms of AMS or even HACE or HAPE.49 Slow and active ascents seem to favour better acclimatisation than passive ones (plane, car, etc.). If a passive ascent is unavoidable, for example at airports like Lhasa or Leh, again 1 or 2 days of rest should be taken. Another 118
very important rule of thumb is always to observe ones partner closely. If abnormalities like coordination problems or even apathy occur, a day of rest or descent is urgently needed. The problem with altitude illnesses is that they are often not recognised or not dealt with adequately.
Conclusions All modes of mountaineering are associated with a relatively high risk of accidents or emergencies. This risk increases with increasing altitude and severity of routes but also with decreasing ďŹ tness and mountaineering skill levels. The consequences of accidents and emergencies are much more serious in very remote areas compared, for instance to those of the Alps with well-developed rescue infrastructures. Understanding of the risks associated with the various modes of mountaineering as well as knowledge regarding how to optimise prevention is of the utmost importance. Ultimately, it is the informed mountaineer who has to decide whether the risks are acceptable or not. Continuing joint efforts of scientists, medical and alpine institutions, expedition organisers, and mountaineers will help to make highaltitude mountaineering safer. Funding This research received no speciďŹ c grant from any funding agency in the public, commercial, or not-for-proďŹ t sectors.
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❙ Evelyn Baumgartner, Franz Berghold, Peter Paal ❙
Schwangerschaft, Antikonzeptiva und Bergsteigen Pregnancy, contraceptives and mountaineering
SUMMARY Pregnant women gain from physical exertion on a regular basis. On the contrary no or little physical activity increases the mother’s and child’s risk for overweight, gestational diabets and hypertensive disesase during pregnancy, this may even result in preeclampsia. Present recommendations for mountaineering of pregnant women up to an altitude of 2500 m include: 1. Modest mountaineering is possible if the pregnancy is uneventful 2. Indirect control of the exertion level by means of the “Talk Test” 3. Fluids should be administered to maintain physiological levels 4. Mountain activities with increased risk of injury should be avoided Above 2500 m the additional recommendations should be considered: 1. Gradual slow acclimatisation 2. Physical exertion within safe aerobic limits is possible after 2 – 3 days of acclimatisation 3. Intense physical exertion at an altitude of 2500 – 3000 m is possible after 2 weeks of acclimatisation 4. One should be mindful of symptoms of acute mountain sickness Keywords: Contraceptive, high altitude, mountain, mountaineering, pregnancy ZUSAMMENFASSUNG Schwangere profitieren von regelmäßiger körperlicher Betätigung. Verminderte bis keine körperliche Aktivität hingegen erhöht bei Mutter und Kind das Risiko für Adipositas, Gestationsdiabetes und hypertone Schwangerschaftserkrankungen bis hin zur Präeklampsie. Die Empfehlungen für Bergsport bei Schwangeren bis zu 2500 m sind: 123
1. Moderates Bergsteigen ist bei unkomplizierter Schwangerschaft möglich. 2. Indirekte Kontrolle der maximalen Belastung durch den „Talk Test“. 3. Auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist zu achten. 4. Bergsportarten mit hoher Verletzungsgefahr sollte man meiden. Über 2500 m ist zusätzlich empfohlen: 1. Langsame Akklimatisation durchführen. 2. Nach 2 – 3 Tagen Akklimatisation ist Bewegung im sicheren aeroben Bereich möglich. 3. Große Anstrengungen nur nach einer Akklimatisation von 2 Wochen und nur im Bereich von 2500 – 3000 m. 4. Auf Symptome der akuten Höhenkrankheit sollte man achten. Schlüsselwörter: Antikonzeptivum, Berg, Bergsteigen, große Höhe, Schwangerschaft
EINLEITUNG Regelmäßige körperliche Betätigung führt zu einer signifikanten Verbesserung von Gesundheit und Lebensqualität. Bereits eine tägliche moderate Bewegung von nur 30 Minuten reduziert die Häufigkeit von kardiovaskulären Erkrankungen, Diabetes mellitus, Adipositas, arterieller Hypertonie, Osteoporose und Tumorerkrankungen und die damit verbundene Mortalität (1, 2). Auch Schwangere profitieren von regelmäßiger körperlicher Betätigung (3). Verminderte bis keine körperliche Aktivität hingegen erhöht bei Mutter und Kind das Risiko für Adipositas, Gestationsdiabetes und hypertone Schwangerschaftserkrankungen bis hin zur Präeklampsie (3). Schwangere mit bereits bestehenden latenten oder manifesten kardiovaskulären oder metabolischen Störungen profitieren in ähnlicher Weise wie nichtschwangere Personen von regelmäßiger Bewegung in Mittleren Höhen (Tab. 1) (4). Tab.1: Einteilung der Höhenlagen beim Bergsteigen
Mittlere Höhen
1500 – 3000 m
Große Höhen
3000 – 5300 m
Extreme Höhen
5300 – 8848 m
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Sport und Schwangerschaft In der Schwangerschaft steigen Herzminutenvolumen, Herzschlagvolumen und Herzfrequenz an. Hingegen haben Frauen, die in der Schwangerschaft weiter Sport im aeroben Bereich betreiben, im Vergleich zu sportlich inaktiven Schwangeren eine niedrigere Ruheherzfrequenz, ein größeres Herzschlagvolumen und eine höhere maximale Sauerstoffaufnahme (5, 6). Die Leistungsfähigkeit bei gewichtstragenden Übungen, z.B. am Laufband, ist bei athletischen Frauen bereits mit Beginn der Schwangerschaft erhöht (7, 8) und bleibt dies auch während der Schwangerschaft. Hochleistungssport hat bei Schwangeren einen zusätzlichen positiven Trainingseffekt, der sich in einem signifikanten Anstieg der maximalen Sauerstoffaufnahme nach der Schwangerschaft bemerkbar macht (9, 10). Die aktuellen Empfehlungen des American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG) (11), der Society of Obstetricians and Gynecologists of Canada (SOGC) und der Canadian Society of Exercise Physiology (CSEP) (12) lauten: 1. Frauen mit komplikationsloser Schwangerschaft und ohne gesundheitliche Einschränkungen sollten täglich mindestens 30 Minuten moderaten Sport betreiben (11). Frauen, die vor der Schwangerschaft keinen Sport betrieben haben, sollten mit 15 Minuten an 3 Tagen der Woche beginnen und dann langsam Frequenz und Dauer der körperlichen Intensität steigern. Das Erreichen einer maximalen Fitness ist dabei nicht das Ziel (12). 2. Sportarten, bei denen die Verletzungsgefahr groß ist, wie zum Beispiel Klettern und Skifahren, sollten grundsätzlich vermieden werden. Empfehlenswert sind Sportarten mit kontrollierten Bewegungsabläufen wie zum Beispiel Wandern, Radfahren, Schwimmen und Wassergymnastik. 3. Der „Talk Test“ ist die einfachste Möglichkeit, eine Überanstrengung zu vermeiden: Ist eine verbale Konversation während des Sports möglich, bleibt die Belastung im aeroben Bereich und überfordert die Schwangere nicht (13). Bergsteigen und Schwangerschaft Die eingangs erwähnten Richtlinien können grundsätzlich auch für das Bergsteigen in der Schwangerschaft angewandt werden. Die Society of Obstetricians and Gynecologists of Canada (SOGC) und die Canadian Society of Exercise Physiology (CSEP) stufen zum Beispiel eine leichte sportliche Belastung 125
der Schwangeren zwischen 1500–2500 m als ungefährlich für Mutter und Kind ein (12). Die Frage, ob in 2500–5300 m Probleme für Mutter und Kind auftreten, kann derzeit nicht definitiv beantwortet werden. Die meisten Studien über die Auswirkung von großen Höhen auf Mutter und Kind wurden mit Schwangeren durchgeführt, die bereits vor der Schwangerschaft in diesen Höhen lebten. Dagegen gibt es nahezu keine Daten über Schwangere, die nur eine begrenzte Zeit der Schwangerschaft in Höhen über 2500 m verbracht haben. Des Weiteren gibt es wenige Studien über Schwangere und Sport in den Bergen und überhaupt keine für den Bereich über 2228 m. Außerdem weisen die wenigen vorhandenen Studien einige beachtliche methodische Mängel auf: eine sehr begrenzte Fallzahl (z.B. n = 7–12) oder eine sehr kurze Belastungsphase (z.B. 3–12 Minuten). Kardiopulmonale Veränderungen in großen Höhen während der Schwangerschaft Die kardiopulmonale Adaptierung in der Schwangerschaft ist bei Bewohnerinnen von großen Höhen ähnlich wie in mittleren Höhen. Allerdings fallen diese Herzfrequenz-, Schlagvolumen- und Blutvolumenanstiege geringer aus (14) und die Blutflusszunahme in den uterinen Arterien ist auch verringert (15). Das Verhältnis der Plazentagröße zur Größe des Fetus ist bei Schwangerschaft in großen Höhen zur Plazenta hin verschoben, was einen verbesserten plazentofetalen Austausch ermöglicht. Die hypoxische respiratorische Alkalose kann jedoch in großen Höhen durch renale Bikarbonatausscheidung nicht vollständig kompensiert werden (16). Eine akute Höhenkrankheit kann natürlich auch Schwangere bei unzureichender Akklimatisation treffen. Ihre Prävalenz scheint jedoch bei Schwangeren niedriger zu sein, was vielleicht auf die schwangerschaftsbedingte Hyperventilation zurückzuführen ist (17). Negative Effekte großer Höhen auf die Schwangerschaft Allgemein führt eine Schwangerschaft in großen Höhen zu einer intrauterinen Wachstumsretardierung. Daraus resultieren Neugeborene mit niedrigem Geburtsgewicht (Low birthweight – LBW) (18). Im Mittel nimmt das Geburtsgewicht um 100 g pro 1000 m ab. Dieser Effekt, der wahrscheinlich vor allem auf eine chronische Hypoxämie zurückzuführen ist (19, 20), ist schon ab einer Höhe von ca. 1500 m feststellbar, zeigt sich aber ab 2500 m ausgeprägter (21). Bei einer Bevölkerung, die schon 126
seit vielen Generationen in großen Höhen lebt (z.B. Äthiopier und Tibeter), ist die Reduktion des Geburtsgewichts nur halb so groß wie bei genetisch nicht adaptierten Frauen (22, 23). Weiters treten auch Schwangerschaftshypertonie und Präeklampsie und die damit verbundenen Komplikationen, etwa eine vorzeitige Plazentasitzlösung, in großen Höhen dreimal häufiger auf (24, 25). Entsprechend steigen auch maternale, fetale und neonatale Morbidität und Letalität. Verschiedene weitere Komplikationen bei Schwangerschaft in großen Höhen (z.B. ein größerer Blutverlust bei Geburt, eine erhöhte Zahl von Plazenta praevia, ein Polyhydramnion, ein vorzeitiger Blasensprung und eine Frühgeburt) wurden zwar beschrieben, aber noch nicht ausreichend belegt. Ob Fehlgeburten in großen Höhen häufiger vorkommen ist unklar. Indirekte Hinweise können am ehesten aus Berichten über das erhöhte Risiko von Fehlgeburten bei Flugbegleiterinnen extrapoliert werden, wobei diese Studien allerdings beträchtliche methodische Mängel aufweisen (26). Absolute Kontraindikationen für Aufenthalte in großen Höhen sind in Tabelle 2 angeführt. Tab. 2: Kontraindikationen für Aufenthalt in großen Höhen (2500–5500 m) (27).
Anämie Arterielle Hypertonie Intrauterine Wachstumsretardierung (IUGR) Kardiale oder pulmonale Erkrankung Nikotinabusus Plazentainsuffizienz Präeklampsie
Bergsteigen in großen und extremen Höhen Es gibt bisher keine Daten zum Thema Schwangerschaft und Bergsteigen in großen und extremen Höhen. Da es dafür keine sicheren Daten gibt, beruhen die Empfehlungen einzig auf Expertenmeinungen. Zum Beispiel vertreten einige Autoren eine restriktive Meinung und raten von Bergsport in der Schwangerschaft über 1600 m generell ab, da es keine sicheren Daten gibt (28). Andere Autoren haben ab einer Höhe von 2500 m Empfehlungen formuliert (Tab. 3) (13, 27, 29, 30).
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Tab. 3: Empfehlungen für körperliche Betätigung in großen Höhen (2500–5500 m) bei unkomplizierter Schwangerschaft
Akklimatisation durchführen Moderate aerobe Anstrengung nach Rückgang des Ruhepulses möglich Große Anstrengungen nur nach einer Akklimatisation von 2 Wochen und nur im Bereich von 2500-3000 m Auf Symptome der akuten Höhenkrankheit achten Indirekte Kontrolle der Belastung (z.B. mittels „Talk-Test“) Ausreichende Flüssigkeitszufuhr
Antikonzeptiva bei Höhenbergsteigen Bei Reisen mit Klima- und Zeitzonenwechsel kann die Menstruation abnormal verlaufen. So können zum Beispiel Zwischenblutungen oder eine verstärkte Monatsblutung auftreten. Antikonzeptiva werden deshalb beim Höhenbergsteigen häufig als Mittel zur Zyklusregulierung oder Zyklusverschiebung eingesetzt. Dabei sollte man Folgendes beachten: Die Einnahme der Pille verdoppelt im Schnitt das Thromboserisiko, eine Schwangerschaft verfünffacht es. Weiters ist die Höhenakklimatisation häufig mit Dehydratation und Kälte verbunden, beides sind zusätzliche Risikofaktoren für Thrombose. Um das Thromboserisiko beim Höhenbergsteigen möglichst gering zu halten, werden Pillenpräparate mit einem Ethinylestradiolanteil von ≤ 20 µg empfohlen. Empfehlenswert ist die Einnahme einer Pille mit einem Progesteron der 2. Generation (z.B. Levonorgestrel), da diese nach derzeitiger Datenlage das niedrigste Thromboserisiko aufweisen (31). Das Thromboserisiko ist in den ersten drei Monaten der Pilleneinnahme, in Abhängigkeit vom Pillentyp, um das Zwei- bis Sechsfache erhöht und sinkt dann wieder, bleibt aber gegenüber dem Thromboserisiko vor Pilleneinnahme auf das Doppelte erhöht (31). Aufgrund des hohen Thromboserisikos sollte ein Höhenaufenthalt in den ersten drei Monaten der Pilleneinnahme vermieden werden. Erst drei Monate nach Absetzen der Pille normalisiert sich das Thromboserisiko auf das altersabhängige Niveau. Die antikonzeptive Wirkung der Pille kann übrigens durch Gastroenteritiden (Reisediarrhoe) und durch die Zeitverschiebung eingeschränkt sein.
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❙ Robb Waanders, Gebhard Riedmann ❙
Auf der Spur von Faktor X: Die Suche nach der Schlüsselstelle im Kopf FACTOR X: The quest for the crux in the brain
SUMMARY The term acute mountain sickness (AMS) has a long tradition. It first appeared as mal de montagne or Bergkrankheit around 1850 and according to the Zeitgeist of the nineteenth century reflects an infirm constitution or fearsome attitude. By now several risk factors that may be conducive to the development of AMS have been identified. So far evidence supports a key role for the central nervous system, the essential mechanisms assumed to be both physiological brain swelling and an individual disposition or personality trait. During the early era of manned space missions, the sixties and seventies of the 20th century, some authors assumed AMS to be the natural response of the organism to stress-related processes in the central nervous system. At high altitude the individual has to deal with a complexity of physiological and psychological stressors. Hypoxemia, by its nature a severe stress-trigger, counts as primary elicitor for the symptoms of AMS. A growing number of studies nowadays indicate AMS to be the expression of a neuro-psycho-somatic stress response to mild oxygen deprivation. There is ample evidence that the scale of AMS sensed by someone matches quite well the neurotic-anxiety-trait of this particular subject. Under the pressure of stressors or adverse environmental conditions anxiety-temper is mediated by a synchron limbic network, NATAN, the dimension of neurotic-anxiety-temperament activation being under control of the genotype. In search of the AMS-provoking “Factor X”, the results of three field studies [n=35] from the years 2002 (Project Silverpyramid), 2008 (Chulu West Peak) 131
and 2009 (Khumbu Trek) firmly indicate a close connection between the individual TAI-values (Trait Anxiety Inventory) and the respective AMS-scores (Lake Louise Consensus): Correlation coefficients range from 0.74 up to 0.90. Based on these data it is concluded that the idiosyncratic hypoxemic stress answer, the extend of AMS experienced by the individual, is affected by the subject’s predisposition: Individuals to be invested with a greater H-value (they own a more distinct hypoxiety-trait) register more complaints and symptoms at high altitude than persons endowed with a less marked hypoxiety-trait. Hypoxiety is the characteristic nature (Factor-X) that makes someone vulnerable to the stressing impact of oxygen deprivation (hypoxemia) at high altitude. Keywords: hypoxiety, mild AMS, limbic system, individual hypoxic stress answer, IHSA ZUSAMMENFASSUNG Bereits in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts, der frühen Ära der bemannten Raumfahrtmissionen, nahmen verschiedene Autoren an, dass acute mountain sickness, AMS, die natürliche Antwort des Körpers auf bestimmte Vorgänge im ZNS darstellt und machten Stress für die Symptome der AMS verantwortlich. In der Höhe wirken auf den Organismus verschiedene Belastungen, die physiologischer und teilweise psychologischer Natur sind, ein. Hypoxämie, eine verringerte Sauerstoffsättigung im arteriellen Blut, ist ein vitaler Stressauslöser und gilt als Primärfaktor bei der Entstehung von AMS. In diesem Zusammenhang ist die grundlegende Frage nach der individuellen Vulnerabilität für AMS von zentraler Bedeutung. Nach dem Überschreiten der Schwellenhöhe (2500 m) entwickeln zwei Drittel aller Personen kaum oder keine Symptome der akuten Bergkrankheit. Was unterscheidet diese mehr oder weniger AMS-“resistenten“ Personen von jenen, die auf den reduzierten Sauerstoffpartialdruck der Atemluft mit AMS reagieren? Auf der Suche nach dem sogenannten Faktor X wurden die Ergebnisse von drei Feldprojekten aus den Jahren 2002 (Projekt Silberpyramide), 2008 (Chulu West Peak) und 2009 (Khumbu Trek) analysiert. Insgesamt wurden dabei 35 Personen vor der Feldphase mittels eines Anamnesebogens sowie dem Trait-Anxiety-Inventar (TAI) evaluiert und ihre Rohwerte (RW-X2) in individuelle Prozentrangwerte (PR-X2) transformiert. In der Regressionsanalyse zeigt sich in allen drei Gruppen ein hoch signifikanter Zusammenhang zwischen den individuellen Werten im TAI und dem erlebten Ausmaß an AMS während der Feldphase. Die Korrelationskoeffizienten bewegen sich zwischen 0,74 und 0,90. Hieraus schließen wir, dass die individuelle hypoxämische 132
Stressantwort, das Ausmaß an AMS, von der Veranlagung des Individuums beeinflusst wird: Personen mit höherem H-Wert (sie haben eine ausgeprägtere Hypoxität als Eigenschaft) registrieren unter Einfluss des Stressors HYPOX Beschwerden entsprechend AMS bei sich. Personen mit niedrigem H-Wert reagieren dagegen unter Einwirkung von HYPOX nicht oder nur in geringem Ausmaß mit Beschwerden und somit auch nicht oder kaum mit AMS! Schlüsselwörter: akute Berg- und Höhenkrankheit, Stress, limbisches System, individuelle hypox. Stressantwort IHSA, Hypoxität
EINLEITUNG Die wissenschaftliche Spurensuche nach den Ursachen der Höhenkrankheit (AMS) gleicht ein wenig der Parabel über die „blinden Gelehrten“ und der Elefant. Diese geht ungefähr so: Es waren einmal fünf gelehrte Männer. Sie wurden von ihrem König auf eine Reise geschickt und sollten herausfinden, was ein Elefant ist. Und so machten sich die Gelehrten auf die Reise nach Indien. Dort wurden sie zu einem Elefanten in einem dunklen Raum geführt. Die fünf Männer standen nun um das Tier herum und versuchten, sich durch Ertasten ein Bild von dem Elefanten zu machen. Der erste Weise hatte am Kopf des Tieres gestanden und den Rüssel des Elefanten betastet. Er sprach: „Ein Elefant ist wie ein langer Arm.“ Der zweite Gelehrte hatte das Ohr des Elefanten ertastet und sprach: „Nein, ein Elefant ist vielmehr wie ein großer Fächer.“ Der dritte Gelehrte sprach: „Aber nein, ein Elefant ist wie eine dicke Säule.“ Er hatte ein Bein des Elefanten berührt. Der vierte Weise sagte: „Also ich finde, ein Elefant ist wie eine kleine Strippe mit ein paar Haaren am Ende“, denn er hatte nur den Schwanz des Elefanten ertastet. Und der fünfte Weise berichtete seinem König: „Also ich meine, ein Elefant ist wie eine riesige Masse, mit Rundungen und ein paar Borsten darauf.“ Dieser Abb. 1: Der „Elefant“ aus dem Hamburg-WechsGelehrte hatte den Rumpf des ler Intelligenztest für Erwachsene (HAWIE-R), Tieres berührt.“ Untertest 8, Figurenlegen. 133
Wer von den Weisen hatte nun Recht? In gewissem Sinne ein jeder, aber nur im Detail! Im Ganzen hatte jeder Unrecht: Wir begreifen das Wesen „der Dinge“ nicht, wenn wir uns zu sehr auf Einzelheiten konzentrieren. Das Sanskritwort damgiri wird von den Reisenden zu den heiligen Pilgerstätten im Himalaja seit Jahrhunderten wenn nicht Jahrtausenden verwendet, um bestimmte Auswirkungen eines Höhenaufenthaltes zu charakterisieren. Im Westen sind uns diese unangenehmen „Begleiterscheinungen“ unter den Namen Berg- oder Höhenkrankheit, auf Englisch acute mountain sickness (AMS) und im Französisch als mal de montagne bekannt. Was verursacht dieses Phänomen, was lässt uns nach dem Überschreiten der Schwellenhöhe (2500 m/8200 ft) an AMS leiden? Existiert da etwa eine „Schlüsselstelle“ im Kopf? Die Höhenkrankheit wird ihrer Natur gemäß meistens als Anpassungsstörung beschrieben. In großer Höhe braucht der Organismus ausreichend Zeit, um sich an die neuen Umstände anzupassen und sich an die reduzierte Sauerstoffpartialspannung der Atemluft zu gewöhnen. Diese Anpassung dauert in der Regel circa 24 bis max. 72 Stunden, im Durchschnitt sind es 36 bis 48 Stunden, sprich zwei Nächte in einer bestimmten Höhe. Am Ende der Akklimatisa tionsphase sind die anfänglichen subjektiven Beschwerden verschwunden, sie haben sich sozusagen in Luft (enthält 20,95 % Sauerstoff) aufgelöst. Ein Thema von zentraler Bedeutung, das dabei zu berücksichtigen ist, betrifft die individuelle Vulnerabilität für die AMS. Nicht jeder, der die Schwellenhöhe von 2500 m Seehöhe überschreitet, bekommt automatisch die „mal de montagne“. In einer randomisierten Gruppe von Jugendlichen und Jungerwachsenen entwickelte nur ein Drittel der Individuen die Symptome der AMS nach einem raschen Aufstieg in große Höhe (1). Jonathan Bloch und seine Schweizer Kollegen untersuchten eine Gruppe von 48 jungen Probanden, nachdem diese mit der Bahn auf das Jungfraujoch (3450 m) gefahren waren. Zeigten anfänglich 37,5 % der Probanden die entsprechenden Symptome der AMS, waren es nach 6 Stunden 25 %, nach 18 Stunden 21 % und nach 42 Stunden Aufenthalt in 3450 m nur mehr 8 %. Bei Untersuchungen in 5050 m Seehöhe auf der „italienischen Pyramide“ am Fuße des Mount Everest waren 12 von 32 Probanden (37,5 %) anfänglich höhenkrank nach den Kriterien des Lake-Louise AMS-Fragebogens (AMS-Score ≥ 3) (2). Im Laufe der Zeit klangen die höhenbedingten Symptome ab, während dagegen zum Beispiel der Kältestress unvermindert war. Ein vergleichbarer Zeitfaktor konnte ebenfalls während eines raschen Auf134
stieges – teilweise mit der Seilbahn – bei Probanden, die an einem Forschungsprojekt auf der Capanna Regina Margherita (CRM, 4559 m) teilnahmen, beobachtet werden: einige der Probanden, die während der ersten beiden Stunden ihres Aufenthaltes auf der CRM untersucht wurden, zeigten signifikant schwächere Leistungen in diversen neuropsychologischen Tests im Vergleich Abb. 2: Signalkuppe mit Capanna Regina Margherita. mit Bergsteigern, die nach (Foto: R. Waanders Juli 1993) 4 oder mehr Stunden Aufenthalt in 4559 m untersucht wurden. Das unmittelbare und auch das verzögerte Reproduzieren von Begriffen aus dem Gedächtnis, sowie die psychomotorische Geschwindigkeit im Sinne der Auge-Hand-Koordination waren bei diesen Personen deutlich betroffen. Zudem korrelierte die Punktezahl auf der Beschwerden-Liste signifikant mit den Werten im Syndrom-Kurztest und im Stäbchentest (3). Um die potentiell niedrigste Höhe zu evaluieren, in der geringe Veränderungen im neuropsychologischen Funktionieren als Folge von milden hypoxischen, eher hypoxämischen Umständen auftreten können, wurden kognitive und psychomotorische Leistungen an 51 Probanden in einer Höhe von 3050 m untersucht. Im Durchschnitt und unter den gegebenen Umständen, d.h. die Untersuchungen wurden in der Ruhephase nach dem Aufstieg durchgeführt, waren die kognitiven und psycho-motorischen Leistungen durch den ca. 25-prozentigen geringeren Sauerstoffpartialdruck in der Atemluft nicht verändert. Es wurden keine signifikanten Unterschiede zu einer Kontrollgruppe von 51 Probanden gefunden, die in einer Höhe von 500 m untersucht wurde (Abb. 3). Die neuropsychologische Leistung in 3050 m korrelierte weder mit dem „Niveau des körperlichen Trainings“ noch mit dem „Prozentsatz physikalischen Leistungsverlustes während des Aufstieges“ (4). 135
Abb. 3: Höhenprofil der Piz Buin Studie im August 1992.
PROJEKT „SILBERPYRAMIDE-2002“ Im Februar 2002 wurden die Basisdaten von 33 Personen, die sich im Rahmen von „Projekt Silberpyramide“ als Probandin/Proband zur Verfügung gestellt hatten, in einem Reha-Zentrum im Gesundheitspark Herxheim (D) bestimmt. Während über die Pfalz ein wilder Wintersturm mit Nass-Schnee dahin fegte, liefen im Zentrum die Köpfe und Körper heiß. Nach diesem wichtigen Testlauf konnten wir der Feldphase in Nepal gefasst ins Auge sehen. Mit dem Namen „Silberpyramide“ bzw. „Projekt Silberpyramide“ soll in erster Instanz auf ein recht außergewöhnliches Gebäude, eine ca. 10 m hohe Pyramide aus silbrigem Metall und dunklem Glas aufmerksam gemacht werden (Abb. 4). Dieses einzigartige Höhenlabor steht im nepalesisch-tibetischen Grenzgebiet, fünf bis sechs Gehstunden entfernt vom Everest Basislager in der expeditions-historisch bedeutungsvollen Khumbu-Region (2). 136
Die Silberpyramide bietet dem Betrachter wahrhaft kühles Design in Form ihrer zeitlosen high-tech Gestalt - und das inmitten einer archaisch anmutenden Urlandschaft aus Stein und Eis. Dabei wirkt die Silberpyramide in dieser Umgebung fast wie ein Objekt aus der Zukunft, vielleicht sogar ein wenig „deplaziert“. Sie wurde 1987 von Prof. Ardito Desio entworfen und Anfang der 90er-Jahre von italienischen Ingenieuren in Upper Lobuche gebaut. Seit einigen Jahren wird sie von zwei Partnerkommissionen verwaltet: dem Ev-K2Consiglio Nazionale delle Ricerche mit Sitz in Bergamo und der Royal Nepal Academy of Science and Technology (kurz RONAST) in Kathmandu. Mit dem Namen „Projekt Silberpyramide“ soll andererseits eine historische Brücke zu einer bedeutungsvollen Forschungsexpedition aus den 60er-Jahren geschlagen werden: Im Winter 1960/61 befand sich unter der technischen Leitung von Ed Hillary eine internationale Mannschaft im Mingbo-Tal am Fuße der Ama Dablam. Sie brachten ihr eigenes Labor mit, das anno dazumal noch auf den Rücken von Trägern über Stock und Stein, Schnee und Eis vom fernen Kathmandu hinaufgetragen werden musste! In einer Höhe von fast 6000 m wurde es zusammengebaut und weltweit als „Silver Hut“ bekannt. Die Silver Hut ist mit Forschung auf hohem Niveau und Namen wie John West, Mike Ward und Jim Milledge verbunden.
Abb. 4: Die Pyramide von Upper Lobuche in 5050 m.
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(Foto: R. Waanders 2000)
Die Silberpyramide bietet dem Betrachter neben einem faszinierenden Anblick auch ein verborgenes Innenleben auf drei Ebenen. Es lohnt sich, hier kurz auf den Bauplan einzugehen. An der Basis misst die Silberpyramide ca. 13 m. Sie besteht aus einem großen Arbeitsraum rechts vom Eingang, in dem meis tens die Ergometrie durchgeführt wird (Laboratorio 1). Zusätzlich zum Energieraum, links vom Eingang bietet die untere Ebene noch zwei Räume im östlichen Teil (Laboratorio 2 & 3) mit dem Medikamentenlabor in der linken Ecke. In Sachen Energie ist die Silberpyramide selbstversorgend. Ihre Südseite wird von einer Batterie Solarpanels flankiert. Zusätzlich gibt es noch ein anderes Energiesystem, das z.T. aus Wasserkraft gespeist wird. Eine abenteuerliche Stiege führt in den 1. Stock, der aus 4 kleineren Räumen (die Laboratorio 4 – 6 sowie die „Infermeria“) und einer Nasszelle mit WC aufgebaut ist. Mit einer Strickleiter lässt sich auch die „verborgene Kammer“ der Pyramide im 2. Stock erklimmen, in der sich die Funkanlage und der PC mit der Satellitenkommunikation befinden.
Abb. 5: Die Figur zeigt eine signifikante Zunahme der „power spectral delta activity“ in der rechten temporal Region (T4) in 3450 m Höhe (5).
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In EEG-Untersuchungen (Saletu et al. 1993; Riedmann und Waanders 1994) zeigt sich unter Hypoxie eine signifikante Zunahme der langsamen Aktivität im Bereich der Delta-Power (0,5–3 Hz) und weniger ausgeprägt der ThetaPower (4–7,5 Hz), sowie eine Abnahme der Alpha-Aktivität (7,5–13 Hz, vor allem im Bereich der 7,5–10,5 Hz Frequenzen). Weiter findet sich im EEG eine Abnahme der langsamen Beta-Aktivität (13–16 Hz) wie auch eine Zunahme der Beta-Power in den Frequenzen 20–25 und 30–35 Hz was insgesamt auf Veränderungen der Vigilanz und des Arousal deutet. Hypoxämie/Hypoxie gilt als starker Stressor. Im Rahmen von „Projekt Silberpyramide“ wurde überprüft, ob sich das EEG unter Hypoxämie als prädiktiver Marker für das Auftreten von AMS eignet. Mit jeweils 24 Elektroden, angeordnet nach dem internationalen „10–20“-System, untersuchten Feddersen et al. 32 Personen auf 3450 m und 5050 m Höhe (5). Diejenigen (n=12), die auf 5050 m Symptome der AMS entwickelten, reagierten unter hypoxämischen Bedingungen in 3450 m mit einem signifikanten Anstieg der Delta-Aktivität (T4-Elektrode) in der rechtstemporalen Region, während bei anderen Personen (non-AMS) eine Abnahme der rechtstemporalen Delta-Aktivität im Powerspektrum verzeichnet wurde! Zusätzlich kam es bei den AMS-anfälligen Personen zu einem signifikanten Anstieg des Blutflusses in der rechten A. cerebri medialis von 51 cm/s in Baselinehöhe (100 m) auf 58 cm/s in 3450 m und 71 cm/s in 5050 m Meereshöhe. Die linksseitigen Flusswerte stiegen nicht an. Eine Quantifizierung der regionalen Sauerstoffsättigung (rSO₂) mittels transkranieller Nahinfrarot-Spektroskopie zeigte neben der zu erwartenden generellen Reduktion der cerebralen Sättigung eine Umkehrung des unter Normoxie bestehenden „LH>RH“-Mus ters: unter Hypoxie wurde initial eine höhere Sauerstoffsättigung in den Gefäßen der rechten Hemisphäre gemessen (6). Nachdem sich die Personen an die Höhe angepasst hatten – meistens nach 24 bis 48 Stunden – normalisierte sich das Muster wieder und zeigte die LH die bessere Sauerstoffsättigung.
VEGETATIVES NERVENSYSTEM Hypoxämie bewirkt eine sympatho-adrenerge Tonussteigerung bzw. Steigerung der pars sympathica des vegetativen Nervensystems VNS (7). Über das VNS werden zur Aufrechterhaltung der inneren Homöostase die Vitalfunktionen wie Herzschlag, Atmung, Blutdruck, Verdauung und Stoffwechsel kon139
trolliert. Der Sympathikus bewirkt insgesamt eine Leistungssteigerung des Organismus (Ergotropie). Er versetzt den Körper in hohe Leistungsbereitschaft, bereitet ihn auf Angriff oder Flucht oder andere außergewöhnliche Anstrengungen vor (Stressreaktion). Unter Hypoxämie kommt es zu einem Anstieg der Herzfrequenz, des Blutdrucks, des systemischen Gefäßwiderstandes, der Sensitivität der Barorezeptoren und der Ventilation, sowie einer Reduktion der Herzfrequenz-Variabilität (8). Die hypoxiegetriggerte Sympathikusaktivierung induziert (multiple) somatische Beschwerden wie Kurzatmigkeit und Atemnot, Schwächegefühle, Schwindel, Herzklopfen, Benommenheit, Kopfschmerzen und zeigt dabei große Ähnlichkeit mit dem Hyperventilationssyndrom, einer über den Bedarf gesteigerten Lungenbelüftung, die mit einer Abnahme des Kohlenstoffdioxid-Partialdruckes (CO₂) und einem pH-Anstieg (respiratorische Alkalose) im Blut einhergeht. Zu den häufigsten vegetativen Reaktionen bei Hypoxie gehört ein Anstieg des systolischen Blutdruckes, während der diastolische Blutdruck unverändert bleibt (9). Systolischer Blutdruckanstieg korreliert positiv mit einer Aktivierung der RH (10). Die elektrische Stimulierung von verschiedenen Cortexarealen bei Primaten führt 1 bis 2 Sekunden nach Stimulierung des anterioren Temporallappens, insbesondere des Temporalpols, zur größten Veränderung im Blutdruck (11). Dieses Resultat legt nahe, dass sich die beiden Hirnhälften unterscheiden in ihrer Fähigkeit, den Blutdruck zu steuern. Die rechte Hemisphäre spielt eine größere Rolle bei der Wahrnehmung und Regulierung von Aktivität im autonomen, vegetativen Nervensystem und scheint spezialisiert zu sein für die Verarbeitung von afferenter Information aus dem kardiovaskulären System (12). Die funktionelle Asymmetrie geht dahin, dass die RH primär zu Arousal im VNS (Blutdruckanstieg) führt, die LH dagegen eher eine inhibitorische Funktion (Blutdrucksenkung durch Aktivierung des Parasympathikus) ausübt (10).
INDIVIDUELLE AMS-ANFÄLLIGKEIT Die cerebrale Antwort auf Hypoxämie besteht aus einer Aktivierung im Sinne einer Überreaktion der RH und hat eine vegetative bzw. neurosomatische Symptomatik zur Folge. In der Höhe ist uns diese Symptomatik als acute mountain sickness oder Bergkrankheit bekannt. Menschen unterscheiden sich in ihrer Vulnerabilität für den Stressor Hypoxämie/Hypoxie, die individuelle AMS-Anfälligkeit ist nicht ausschließlich physiologischer Natur. Neuropsycho140
logische Faktoren, die sich auf die emotionale, affektive Struktur einer Person beziehen, spielen eine große, wenn nicht dominante Rolle bei der Entstehung von AMS. An erster Stelle steht die sog. Angst-Veranlagung oder „Ängstlichkeit als Eigenschaft“ (englisch: Trait-Anxiety oder TA). Menschen mit einem ausgeprägten TA-Faktor reagieren früher und insgesamt intensiver auf den Stressor Hypoxie als Personen mit geringer Angst-Veranlagung (13). Je größer der individuelle TA-Faktor, desto stärker fällt die AMS-Symptomatik bei Höhenaufenthalten bis ca. 6000 m aus (14). Der zentrale „AMS-Mechanismus“ umfasst neben dem anterioren Temporallappen die tiefen, limbischen Strukturen des Thalamus, des Corpus amygdaloideum (Amygdala, Mandelkern) und des Hippocampus (FAHRRAD: ein funktioneller Amygdala-Hyppocampus Regelkreis reguliert die affektiv-kognitive Dynamik; (19)). Tab. 1: Schematische Darstellung der subjektiven Stressantwort entlang von zwei Achsen: Die horizontale Achse zeigt von links nach rechts den Verlauf vom Auslöser (Reduktion der Sauerstoffsättigung) über die Veranlagung (Hypoxität) bis zur individuell-hypoxämischen Stressantwort (IHSA) auf. Das Ausmaß bzw. die Intensität der Stressantwort wird von der individuellen Position auf der vertikalen Achse (Prozentrang ANXT; PR-X2) bestimmt: Ein höherer PR-X2 führt zu einem höheren AMS-Score als ein niederer Prozentrang ANXT. Extrembergsteiger [EB] weisen einen signifikant tieferen H-Wert (PR-X2 < 25) auf als depressiv-ängstliche Patienten [D] während Kontrollpersonen [C] und „nichtextrem“-Bergsteiger [A] im Mittelfeld rangieren!
O2 Sättigung ↓
▶
Stressor
▶
HYPOX
▶
Individuum Risikofaktoren ▼ Veranlagung ▼ HYPOXITÄT ▲ ANXT ▲ synchrones limbisches Netzwerk
▶
AMS
▶
Stress
▶
IHSA
PR- X2 ▼ 100 95 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 PR- X2 ▲
▼
NA4T
NA3T
NA2T
NA1T ▲
PR-X2 = Prozentrang im TAI
141
Hypoxität (engl.: Hypoxiety) ist die bestimmende, prägende Eigenschaft des Individuums, welche unter bestimmten Bedingungen zu AMS führt (14). Hypoxität ist sozusagen die „Mutter aller Affekte und Ängste“, die Grundangst des Individuums. Ohne Sauerstoff droht dem Organismus akut der Tod! Eine ausreichende Sauerstoffversorgung hat die allerhöchste Priorität im Überlebenskampf. Sinkt die Sauerstoffsättigung, so ruft dies eine Gegenreaktion auf den Plan. Diese G-Reaktion besitzt zumindest zwei Komponenten: eine organische (es werden mehr rote Blutkörperchen produziert) und eine psycho-physiologische. Bei der psycho-physiologischen G-Reaktion kommt die Veranlagung, die Hypoxität, zum Tragen: Personen mit höherem H-Wert (sie haben eine ausgeprägte(re) Hypoxität als Eigenschaft) registrieren – so die Annahme – unter Einfluss des Stressors HYPOX psycho-somatische Beschwerden entsprechend AMS bei sich. Personen mit niedrigem H-Wert dagegen reagieren unter Einwirkung von HYPOX nicht oder nur in geringem Ausmaß mit körperlichen (neuro-psycho-somatischen) Beschwerden und somit auch nicht oder kaum mit AMS! “After more than 100 years of investigation, little is yet known about the fundamental causes of the headache and nausea that are the main symptoms of acute mountain sickness … the evidence supporting a ... focus to the role of the central nervous system in AMS.” (15)
SCHLÜSSELSTELLE IM KOPF Die ZNS-Antwort auf Hypoxämie gliedert sich in zwei unabhängige Reaktionen. Zum einen kommt es zu einer lokalen Hirnschwellung, von der AMS-vulnerable und AMS–resistente Individuen gleichermaßen betroffen sind (16, 17). Die Hirnschwellung stellt somit nicht den kausalen Faktor dar, der die Symptome der AMS auslöst. Zum anderen führt HYPOX zu einer individuell unterschiedlich stark ausgeprägten Aktivierung der rechten Hirnhälfte. Der zentrale Mechanismus umfasst neben dem anterioren Temporallappen die tiefen, limbischen Strukturen des Thalamus-Hypothalamus, des Corpus amygdaloideum (Mandelkern) und des Hippocampus. Ein cingulo-amygdaler Regelkreis im limbischen System vermittelt neurotisch-ängstliches Temperament, kurz NAT. Dieses Modul hält in seiner Funktion als NAT-Controller eine neurotisch-ängstliche, zentral-nervöse Anspannung, ANXT, bereit und wird von einem Stressor aktiviert. Im 142
Falle von AMS ist HYPOX der auslösende Stressor (Abb. 6). Das Ausmaß der Aktivierung wird vom Genotyp beeinflusst: Die evolutionär dominante und daher häufigere Kurz-Allel-Variante des SERT-Gens erhöht die Nervenzellaktivität der Amygdala, indem sie die Entwicklung und Funktion des cingulären Feedback-Kreislaufes zur Amygdala reduziert, was wiederum zu erhöhter Aktivität in der Amygdala und in der Folge zu erhöhter Ängstlichkeit und Stress anfälligkeit führt. Abb. 6a
NAT100 STRESSOR
50 0
Stress-Reaktion
▶
▶
▶
▶
Stress-Reaktion
▶
▶
Stress-Reaktion
▶
▶
AMS bzw. HSR
▶
AMS bzw. HSR
▶
AMS bzw. HSR
HYPOTHALAMUS
▶
VNS
Regler Abb. 6b
NAT100 HYPOX
50 0
▶
HYPOTHALAMUS
▶
▶
VNS
Regler
Legende In Abhängigkeit von der Position des limbischen NAT-Reglers löst ein STRESSOR eine dementsprechend dosierte Belastungsreaktion aus. 3a: allgemeines Modell; 3b: die Beziehung zwischen dem Stressor HYPOX und der Acute Mountain Sickness; rot steht für starke, gelb für mittelschwere und grün für schwache (hypox.) Belastungsreaktion.
Abb. 6: In Abhängigkeit von der Position des limbischen NAT-Reglers löst ein STRESSOR eine dementsprechend dosierte Belastungsreaktion aus. 6a: allgemeines Modell; 6b: die Beziehung zwischen dem Stressor HYPOX und der Acute Mountain Sickness; rot steht für starke, gelb für mittelschwere und grün für eine schwache Belastungsreaktion.
Die Aktivierung der rechtshirnigen Strukturen der Fight-or-Flight-Stressachse hat eine vegetative bzw. neuropsychosomatische Symptomatik zur Folge (18, 19). In der Höhe ist uns diese Symptomatik unter dem Namen Acute Mountain Sickness, Höhen- bzw. Bergkrankheit bekannt. Bei dieser „Krankheit“, deren Namensgebung auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückgeht, haben wir es ihrem Wesen nach mit einer Störung zu tun, welche nach der ICD-10 Klassifikation (20) eng mit dem Formenkreis der Belastungs- und Anpassungsstörungen F43 bzw. F43.0 verwandt ist (Abb. 7). Bei der akuten Belastungsre143
aktion handelt es sich um „eine vorübergehende Störung von beträchtlichem Schweregrad, die sich bei einem psychisch nicht manifest gestörten Menschen als Reaktion auf eine außergewöhnliche körperliche und/oder seelische Belastung entwickelt und im allgemeinen innerhalb von Stunden bzw. zwei bis drei Tagen abklingt.“ So gesehen, würde „hypoxämisch-hypoxische Belastungsreaktion“ (engl. hypoxemic-hypoxic stress reaction oder hypox. stress reaction, HSR) eine zeitgemäße und passende Bezeichnung für Acute Mountain Sickness sein! Die HSR stellt dabei eine spezifische, durch HYPOX hervorgerufene Ausprägung der akuten Belastungsreaktion F43.0 dar und könnte im Rahmen der ICD-10 Klassifikation der WHO mit F43.0X kodiert werden.
Neurotic, stress-related and somatoform disorders (F40-F48) hypox. stress reaction F9
F43.0X
F8 F7 F6 F5
HSR/AMS
F4
F40
F41
acute stress reaction F43.0 F43.1
F42
F3 F0-F2
F43
F43.2
F43.8
F43.9
F44
F45
F48
F45.3
F45.33
F43
F
Anpassungsstörung / akute Belastungsreaktion:
Chapter V ICD-10
milde(re) Form der Angsterkrankung nach belastenden Ereignissen
Abb. 7: „hypothetische“ Ergänzung von Kapitel V (F4) des ICD-10 mit der Kategorie F43.0X: hypoxämische Stress-Reaktion im Sinne einer acute mountain sickness/akuten Belastungsreaktion.
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❙ Frans van der Kallen ❙
Der Einsatz von Psychopharmaka im Alpinsport Use of psychotropic drugs in mountain sport activities
SUMMARY Sleeping disorders can be considered as a common health problem in high altitude mountaineering. There are hints that the quality of sleep might influence the origin of AMS. Anxiety-related disorders occur quite frequently in high altitude. Depressive disorders and anxiety disorders are epidemiologically widespread in general population, so that a significant number of alpinists might be under influence of psychotropic drugs (notably SSRI). All in all there is – except some studies on the hypnotics temazepam, zolpidem and zaleplon – very rare solid data concerning the use of benzodiazepines, SSRI or antipsychotics at high altitude. Possibilities of use as well as common risks of these drugs will be reflected in this article. Keywords: psychotropic drugs, benzodiazepines, SSRI, antipsychotics ZUSAMMENFASSUNG Schlafstörungen zählen zu den häufigen gesundheitlichen Problemen bei alpinistischen Unternehmungen in großen Höhen. Es gibt Hinweise, dass sich Schlafprobleme auf die Entstehung der Höhenkrankheit auswirken können. Angstzustände und klinisch relevante Angststörungen in großen Höhen kommen relativ häufig vor. Depressive Erkrankungen und Angststörungen zeigen epidemiologisch in der Allgemeinbevölkerung eine weite Verbreitung, sodass damit gerechnet werden muss, dass eine nicht unbedeutende Anzahl an Bergsteigern unter dem Einfluss von Psychopharmaka (v.a. SSRI) steht. Insgesamt gibt es – bis auf einige Studien zu den Hypnotika Temazepam, Zolpidem und Zaleplon – jedoch kaum gesicherte Daten über die Anwendung von 147
Foto: F. van der Kallen
Benzodiazepinen, SSRI oder Antipsychotika in großen Höhen. Anwendungsmöglichkeiten und Risiken dieser Substanzen im Bergsport sollen im Folgenden reflektiert werden. Schlüsselwörter: Psychopharmaka, Benzodiazepine, SSRI, Antipsychotika
Wechte am Rauen Kopf, Silvrettagruppe
EINLEITUNG Der Gebrauch psychoaktiver Substanzen im Alpinsport kann grundsätzlich als häufig angenommen werden. Abgesehen von legalen Drogen wie Alkohol und Nikotin stellt auch der Gebrauch von Cannabinoiden oder Psychostimulan zien im Rahmen bergsportlicher Aktivitäten keine seltene Ausnahme dar. Außer der allgemein geltenden Empfehlung, diese Substanzen bei alpinistischen Unternehmungen oder Höhenaufenthalten aufgrund der bekannten Risiken zu meiden sowie einzelnen Untersuchungen zum Gebrauch derartiger Substanzen zu Dopingzwecken, scheint sich das wissenschaftliche Interesse dafür jedoch in Grenzen zu halten. 148
Ähnlich ist dies allerdings auch bei psychotropen Medikamenten der Fall. Bis auf einige wenige Studien, in denen Wirkungen und Nebenwirkungen von Hypnotika beim Höhenbergsteigen untersucht wurden, gibt es kaum Untersuchungen über den Einsatz von Psychopharmaka im Alpinismus. Dies verwundert aus zwei Gründen: Erstens sind die bisher vorliegenden Ergebnisse der Untersuchungen zu Sedativa bzw. Hypnotika im Wesentlichen überraschend positiv zugunsten der untersuchten Substanzen ausgefallen. Neben dem Gebrauch zur Schlafregulation in großen Höhen sind durchaus weitere Anwendungsbereiche denkbar, insbesondere, da in den letzten Jahren einige Untersuchungen zu Angstsyndromen in großen Höhen die Relevanz dieser Problematik aufgezeigt haben (1–3). Zweitens sind aufgrund der epidemiologischen Verhältnisse psychischer Erkrankungen durchaus Betroffene in der Gruppe der Bergsport-Ausübenden zu vermuten. Daraus kann gefolgert werden, dass eine relevante Anzahl an Bergsteigern aufgrund einer (aktuell wohl meist mehr oder weniger stabilen bzw. remittierten) psychischen Erkrankung Psychopharmaka einnimmt. Wie sich diese in großen Höhen auswirken könnten, ist weitgehend unbekannt. Wiederum mangelt es an entsprechenden Untersuchungen – mit Ausnahme einer Studie, welche Zusammenhänge zwischen der Einnahme von SSRI´s und dem Einfluss hypobarer Hypoxie am Rande thematisiert: allerdings nicht bei Höhenbergesteigern, sondern verunglückten Flugzeugpiloten (4). In den folgenden Ausführungen soll ein Überblick erstellt werden, der die gängigen Medikamentengruppen mit möglichen Bezugspunkten zu bergsportlicher Aktivität charakterisiert und aufgrund der in normalen Höhen bekannten Vor- und Nachteile bewertet.
HYPNOTIKA Schlafstörungen gehören zu den häufigsten psychischen Problemstellungen im Alpinsport. Abgesehen von den Umgebungsbedingungen – wie beispielsweise voll belegte Lager auf höher gelegenen Schutzhütten mit entsprechender Geräuschkulisse – ist in erster Linie die hypobare Hypoxie dafür verantwortlich zu machen. Schlafstörungen stehen in Beziehung zur Entstehung der akuten Höhenkrankheit bzw. werden als Symptom derselben angesehen. Untersuchungen liegen zu folgenden Substanzen vor: Temazepam, Zaleplon und Zolpidem. Letzteres ist unter den Handelsnamen Zolpidem®, Zoldem®, Mondeal®, Edluar® und Ivadal® in Österreich als 10 mg- Tablette erhältlich. 149
Temazepam ist in Deutschland unter den Namen Planum®, Pronervon®, oder Temazep®, in der Schweiz als Normison® in den Wirkstärken 10 und 20 mg in Umlauf und war als Remestan® auch in Österreich auf dem Markt, wurde jedoch mittlerweile aus dem Austria-codex gestrichen. Zaleplon ist unter dem Namen Sonata® in den Wirkstärken 5 und 10 mg erhältlich. Aufgrund der sehr kurzen Eliminations-Halbwertszeit von einer Stunde und einer sedierenden Wirkung von maximal 4 Stunden ist das Präparat praktisch ausschließlich als Einschlafhilfe zu bewerten (15). Eine weitere Substanz, die mit den bisher besprochenen große Ähnlichkeiten aufweist, ist Zopiclon. Es wird unter zahlreichen Handelsnamen wie z.B. Optidorm®, Somnosam®, Ximovan® oder Zodurat® in Wirkstärken von 3,75 und 7,5 mg in Deutschland und der Schweiz gehandelt und ist in Österreich als Somnal® 7,5 mg Filmtablette verfügbar. Untersuchungen zu Zopiclon in großen Höhen liegen allerdings nicht vor. Temazepam wurde hinsichtlich seiner Wirksamkeit, aber auch möglicher unerwünschter Begleiteffekte, in verschiedenen Studien untersucht. Die Substanz zeigte neben einer positiven Beeinflussung periodischer Atmung während der Schlafphasen keine negativen Auswirkungen auf Reaktionszeit, Wachheit oder Kognition am Folgetag (5). Im direkten Vergleich zu Azetazolamid zeigte sich in einer Studie eine bessere subjektive Schlafqualität unter Temazepam (6). Untersuchungen zu Zaleplon und Zolpidem (7, 8) legen nahe, dass auch diese Substanzen in der Lage sind, die Schlafqualität zu verbessern, ohne Aufmerksamkeit oder Wachheit am Folgetag negativ zu beeinflussen. Es ergaben sich sogar Hinweise auf eine verbesserte Fitness und geringere Anzeichen von AMS am Folgetag. Azetazolamid ist die einzige empfohlene Substanz zur Prävention von AMS unter besonderen Umständen, wie beispielsweise bekannter Disposition für AMS, geplantem oder notwendigem raschem Aufstieg, oder großer Differenz der Schlafhöhe bei Benutzung von Verkehrsmitteln (9, 10). Es ist bekannt, dass Azetazolamid periodisches Atmen während des Schlafes reduziert und die Sauerstoffsättigung verbessert (6), nach einer neueren Untersuchung bei Männern stärker als bei Frauen (11). Ob es Vorteile für eine der bisher besprochenen Substanzen gibt oder gar eine Kombination mit Azetazolamid zusätzliche positive Effekte zeigt, kann nicht hinreichend belegt werden. (12). Über die Wirkung anderer Schlaf-induzierender Substanzen in großen Höhen gibt es kaum aussagekräftige Daten. Diazepam wird aufgrund seiner Atemdepressivität ungünstig beurteilt (12). Es wurde auch vermutet, dass Benzodiazepine das Auftreten einer AMS begünstigen können. Allerdings gibt es kei150
ne verlässlichen Daten über die Wirkung verschiedener in normalen Höhen häufig eingesetzter Benzodiazepin-Hypnotika, wie z.B. Triazolam (Halcion®), Lormetazepam (Noctamid®), Brotizolam (Lendorm®), Flunitrazepam (Somnubene®) oder Nitrazepam (Mogadon®). Es ist darauf hinzuweisen, dass mit Ausnahme von Azetazolamid alle bisher genannten Substanzen Gewöhnungseffekte bis hin zu manifesten Abhängigkeiten hervorrufen können. Dies gilt in abgeschwächter Form auch für die Benzodiazepin-ähnlichen Substanzen Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon. Aus diesem Grund sind diese in normalen Höhen nur mehr in besonderen Situationen und für eine streng begrenzte Anwendungsdauer zu empfehlen. Es ist durchaus möglich, dass bei regelmäßiger Anwendung eines Benzodiazepines (z.B. Halcion) über 2–3 Wochen während eines Trekking- oder Höhenaufenthaltes klinisch relevante Abhängigkeitsphänomene bzw. entzugstypische Symptome nach Absetzen auftreten. In der gängigen Verschreibungspraxis von Hypnotika spielen heute schlaffördernde Antidepressiva eine immer größere Rolle. Trazodon (Trittico®) zeichnet sich durch eine meist gute und lang anhaltende Wirksamkeit (Einsatz bei Durchschlafstörungen), die Möglichkeit einer individuellen Dosisanpassung (von ca. 25–250 mg), sowie eine insgesamt gute Verträglichkeit aus. An unerwünschten Begleitreaktionen zu beachten ist neben einer fallweise auftretenden orthostatischen Hypotonie v.a. die Möglichkeit der Provokation eines Priapismus, welcher eine urologische Notfallsituation und somit im Rahmen einer Trekkingtour eine ernsthafte Komplikation darstellt. Mirtazapin (Mirtabene®, Mirtaron®) zeigt in niedriger Dosierung von 7,5–15 mg ebenfalls bei vielen Menschen positive Effekte auf die Schlafqualität. Interessanter Weise bringt bei ungenügendem Ansprechen eine Dosiserhöhung (im Gegensatz zu Trazodon) meist keine verbesserte Wirkung mit sich. An möglichen Nebenwirkungen zu beachten sind Schwindel bzw. Benommenheit (auch am Folgetag), sowie bei längerer Einnahme Appetit- und Gewichtszunahme. H1-antihistaminerge Arzneimittel wie Diphenhydramin (Calmaben®, in Deutschland Betadorm®) oder Promethazin (in Österreich nur als Antiemetikum erhältlich, in Deutschland Atosil®) sind ebenso wie Phytopräparate (z.B. Baldrian-, Passionsblumen- oder Haferextrakte) sedierend, entfalten bei den meisten Menschen jedoch keine starke hypnotische Wirkung. Manche atypische Antipsychotika werden aufgrund ihrer sedierenden Begleit effekte ebenfalls häufig zur Schlafförderung eingesetzt, allen voran Quetiapin (Quetialan®, Seroquel®) und Prothipendyl (Dominal®). Eine umfassende Darstellung möglicher Indikationen und Nebenwirkungen würde den 151
Rahmen sprengen. In jedem Falle sollte der Einsatz derartiger Substanzen bei bergsportlichen Aktivitäten bzw. in großen Höhen, falls überhaupt, nur von erfahrenen Ärzten erwogen werden.
SEDATIVA UND ANXIOLYTIKA Grundsätzlich scheint sich der Einsatz von Sedativa aufgrund der zu erwartenden Nebenwirkungen (Tab. 1) im Bergsport von selbst zu verbieten. Tab. 1: Unerwünschte Nebenwirkungen von Benzodiazepinen
Müdigkeit, Benommenheit, Schläfrigkeit Beeinträchtigung von Aufmerksamkeit und Reaktionsvermögen Ataxie, Sturzgefahr! Muskuläre Schwäche Schwindel Übelkeit Kopfschmerzen Anterograde Amnesie Paradoxe Wirkung (Agitiertheit, Erregung, Aggressivität, Schlaflosigkeit) Abhängigkeitsentwicklung Atemdepression, Blutdruckabfall und Herzstillstand bei schneller i.v.-Applikation möglich
Andererseits stellen Angstzustände im Bergsport durchaus keine Seltenheit dar. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2006 beschrieb 6 Fallbeispiele neu aufgetretener klinisch relevanter Angsterkrankungen bei Höhenbergsteigern in Nepal (1). Eine Untersuchung aus 2013 fand Zusammenhänge zwischen Angstsymptomen, dem Auftreten von AMS, Schlafstörungen und Tagesschläfrigkeit (2). Eine rezente Studie hat Angstphänomene bei US-Marines in mittleren und großen Höhen untersucht. Aufgrund der genauen Beobachtung der Begleitumstände und dem weitgehenden Ausschluss anderer Ursachen wurde postuliert, dass die teils schwerwiegende Angstsymptomatik der Betroffenen in erster Linie durch hypobare Hypoxie induziert worden war. Dem Phänomen wurde unter der Bezeichnung „acute hypoxic physiological anxiety (AHPA)“ beson152
dere Bedeutung bei militärischem Personal beigemessen (3). Es ist aber davon auszugehen, dass Angstsymptome auch bei zivilen Bergsteigern eine durchaus relevante Größe darstellen und neben dem ausgeprägten Leidensdruck, den sie bei Betroffenen erzeugen, oftmals über Gelingen oder Scheitern einer Unternehmung entscheiden. Neben Verhaltensmaßnahmen, Ruhe und, falls vorhanden, in großen Höhen auch der Applikation von Sauerstoff, kommen zur Behandlung von Angst in erster Linie Benzodiazepine in Frage. Sie sind bei akuten Angstzuständen in normalen Höhen Mittel der Wahl (13). Bei raschem Wirkungseintritt innerhalb weniger Minuten zeigen die meisten Präparate ausgeprägte anxiolytische Effekte. Unerwünschte Sedierung und eine eventuell auftretende Atemdepression stellen am Berg und in großen Höhen sicher limitierende Faktoren eines möglichen Einsatzes dieser Medikamente dar. Allerdings ist die atemdepressive Wirkung in normalen Höhen bei oraler Verabreichung und üblicher Dosierung kaum relevant. Ob dies in mittleren und großen Höhen dennoch der Fall sein könnte, kann aufgrund der vorliegenden Studien nicht eindeutig entschieden werden. Bisherige Ergebnisse scheinen diesbezüglich allerdings eher Entwarnung zu geben (5, 6). In speziellen Situationen oder bei längeren Bergfahrten wie Expeditionen oder Trekkingtouren ist es durchaus denkbar, dass eine pharmakologische Intervention erforderlich wird. Zu beachten ist, dass Angstzustände einen hohen Krankheitswert erreichen. Etwa kann das Auftreten einer Panikattacke für den Betroffenen bedeuten, „durch die Hölle zu gehen“. Objektiv hingegen besteht – abgesehen von etwaigen situativen Einschränkungen – in der Regel zunächst keine erhebliche Gefahr, zumindest nicht bei einem gesunden Bergsteiger mit leistungsfähigem Herz-Kreislauf-System. Mittelfristig sind hingegen, wie bereits angeklungen, negative Auswirkungen auf die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit zu beachten. In diesem Fall stellen Benzodiazepine eine Behandlungsoption dar. Sollten Benzodiazepine während einer Unternehmung tagsüber erforderlich werden, sind verringerte Aufmerksamkeit, herabgesetztes Reaktionsvermögen, Ataxie, Apathie und Schwindel besonders zu beachten. Diese Begleiterscheinungen können schon bei niedriger Dosierung auftreten. Es muss jedoch betont werden, dass die Ausprägung möglicher Nebenwirkungen individuell äußerst unterschiedlich ausfallen kann. In Frage kommen, wie bei der Behandlung von Angststörungen auf Normalhöhe, am ehesten Alprazolam, welches den geringsten sedierenden Effekt zeigt, sowie Lorazepam und Oxazepam. Da 153
vorausgesetzt wird, dass die Anwendung dieser Substanzen nur durch erfahrene Mediziner erfolgen darf, wird auf Dosierungshinweise hier bewusst verzichtet.
SELEKTIVE SEROTONINWIEDERAUFNAHMEHEMMER (SSRI) UND DUALE ANTIDEPRESSIVA Sracic et al. (3) fanden in ihrer bereits angesprochenen Untersuchung zu Angstsyndromen bei Marines in mittleren und großen Höhen sieben Personen mit klinisch relevanten Symptomen. Vier Personen wiesen eine Vorgeschichte mit gut kontrollierten psychischen Erkrankungen auf. Wie aus anderen Sportarten bekannt, machen psychische Erkrankungen wie depressive Störungen oder Angstsyndrome auch vor Profisportlern nicht halt. Zuverlässige epidemiologische Daten fehlen. Man kann jedoch zur groben Einschätzung Daten aus Allgemeinpopulationen zu Hilfe nehmen. So wird beispielsweise die Lebenszeitprävalenz depressiver Erkrankungen mit 15 % und mehr angegeben, die 1-Jahres-Prävalenzen mit 5 % und darüber. Zählt man die wichtigsten Angsterkrankungen zusammen, kommt man auf vergleichbare Zahlen. Die Ein-Jahres-Prävalenzen psychischer Erkrankungen (gesamt) wurden in einer Untersuchung für die Altersgruppe der 35–49-Jährigen mit 33,5 % für Frauen und mit 22 % für Männer angegeben. Bei jüngeren Personen (18–34 Jahre) lagen die Werte sogar noch höher (35,1 % bzw. 23,3 %) (14). Einerseits ist dazu anzumerken, dass derartige Zahlenangaben je nach Erhebungsmethode beträchtlich variieren. Andererseits liegt die Überlegung nahe, dass im Bergsport eine gewisse „Selektion“ dazu führen könnte, dass diese Zahlen wesentlich niedriger liegen. Dies mag vielleicht zutreffen. Andererseits wurden in verschiedenen Sportarten durchaus vergleichbare, in speziellen Fällen auch höhere Prävalenzraten für psychische Erkrankungen als in der Durchschnittsbevölkerung nachgewiesen. Ein einleuchtendes Beispiel sind die häufig auftretenden Essstörungen von klinisch relevanter Ausprägung in den ästhetischen Sportarten („anorexia athletica“). Aber gerade depressive Erkrankungen und Angstsyndrome in weiterem Sinne (leicht ausgeprägte bzw. subklinische Formen mit eingeschlossen) könnten unter Alpinisten weiter verbreitet sein, als man gemeinhin annehmen würde. Denn bergsportliche Aktivitäten sind prinzipiell dazu geeignet, derartige Syndrome zu stabilisieren. Es könnte hier also auch eine umgekehrte Selektion 154
zum Tragen kommen, indem zu depressiven Verstimmungen neigende oder ängstlich veranlagte Menschen bewusst oder unbewusst vermehrt solche Aktivitäten durchführen, da sie hierbei die Erfahrung machen, die Symptomatik besser kontrollieren zu können. So hat beispielsweise Viktor Frankl, Psychiater und Begründer der Logotherapie, auf die Frage, was ihn denn zum Klettern bewege, geantwortet: „Offen gesagt die Angst davor … Muss man sich denn auch alles von sich gefallen lassen? Kann man nicht stärker sein als die Angst?“ (15). Wie dem auch sei, es ist damit zu rechnen, dass nicht wenige Bergsteiger regelmäßig Psychopharmaka einnehmen. Medikamentös stützt sich sowohl die Behandlung depressiver Erkrankungen als auch die längerfristige Behandlung von ausgeprägten, häufigen und/oder anhaltenden Angstzuständen vornehmlich auf den Einsatz selektiv serotonerger oder dualer Antidepressiva (13). Es stellt sich daher die Frage, ob bei regelmäßiger Einnahme von Präparaten aus dieser Medikamentengruppe besondere Risiken am Berg entstehen können. Neben zahlreichen unangenehmen, aber weitgehend unproblematischen Nebenwirkungen, die bei diesen Medikamenten auftreten können, erscheinen v.a. folgende Nebenwirkungen erwähnenswert: • verstärktes Schwitzen (bis hin zu deutlichem Flüssigkeitsverlust, v.a. nachts) • Erhöhung von Herzfrequenz und Blutdruck (v.a. durch duale AD) • veränderte Thrombozytenfunktion mit erhöhter Blutungsneigung bzw. verlängerter Blutungszeit Letztere liegt, sofern sie auftritt, etwa in derselben Größenordnung wie bei Behandlung mit Thrombozytenaggregationshemmern (15). Dass eine erhöhte Blutungsneigung im Falle einer Verletzung durchaus relevant sein kann, ist einleuchtend, andererseits besteht aber auch für Personen mit oraler Antikoagulation durch z.B. Cumarine kein absolutes Verbot, bergsportliche Aktivitäten auszuüben. In aller Regel werden potentielle oder bereits bekannte Nebenwirkungen und eine Einschätzung über zusätzliche Risiken bei bergsportlichen Aktivitäten mit dem behandelnden Arzt stets im Einzelfall sorgfältig abzuwägen sein. Von wenigen Ausnahmen abgesehen bestehen nach heutigem Kenntnisstand an sich jedoch keine augenscheinlichen Gründe, weshalb ein bereits etabliertes, gut wirksames und verträgliches Präparat bei geplanten bergsportlichen Aktivitäten oder vor einem längeren Höhenaufenthalt abgesetzt werden sollte. Hin155
gegen wäre unkritisches oder überstürztes Absetzen als durchwegs risikoreich anzusehen, da mit dem Wiederauftreten von depressiven Beschwerden oder Angstsymptomen in den darauf folgenden Wochen bis Monaten zu rechnen ist. Besonders zu warnen ist vor dem abrupten Absetzen eines Antidepressivums unmittelbar vor oder während einer alpinistischen Unternehmung. Nicht selten treten zumindest einige der in Tabelle 2 angeführten Absetzerscheinungen auf, wenn auch meist nur in leichter Ausprägung. Die Beschwerden klingen zumeist nach einigen Tagen spontan oder nach Wiederansetzen des Antidepressivums rasch ab. Tab.2: Absetzerscheinungen bei abrupter Beendigung einer langfristigen Therapie mit Antidepressiva (TZA, SSRI, duale AD oder Mirtazapin)
Schwindel Gangunsicherheit Übelkeit, Erbrechen Unruhe Abgeschlagenheit Schlafstörungen Sensibilitätsstörungen, Parästhesien Konzentrations- und Gedächtnisstörungen bis hin zu Verwirrtheitszuständen
ANTIPSYCHOTIKA Grundsätzlich ist die Verbreitung dieser Medikamentengruppe in normalen Höhen wesentlich geringer als dies für die bisher besprochenen Substanzen zutrifft. Ob Personen, die derartige Medikamente regelmäßig einnehmen, für alpinistische Unternehmungen oder Aufenthalten in großen Höhen geeignet sind, kann sicher nur im Einzelfall unter genauer Abwägung aller denkbaren Szenarien entschieden werden und wird nicht nur hinsichtlich des Wirkungs/ Nebenwirkungsprofils des betreffenden Medikamentes, sondern auch hinsichtlich des Risikos eines Rezidivs der zugrundeliegenden Erkrankung zu beurteilen sein. In der Behandlung akuter psychotischer oder deliranter Zustände in großen Höhen haben Antipsychotika bislang keinen Stellenwert. Dies ist im Grunde 156
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Biancograt, Graubünden, Schweiz
genommen erstaunlich, kommen doch kognitiv-mnestische Funktionsstörungen in großen Höhen („hirnorganisches Psychosyndrom“, Vorstufen oder Vollbild eines HACE) relativ häufig vor. Klinisch entsprechen diese Zustände einem klassischen Delir (Verwirrtheitszustand): Fokal-neurologische Symp tome wie Ataxie oder Dysarthrie und vegetative Entgleisungen gehören zu diesem Krankheitsbild ebenso wie Bewusstseinsstörungen, Desorientiertheit, Fluktuationen der Aufmerksamkeit oder halluzinatorische Phänomene. Ein solches Delir müsste – neben der Beseitigung der auslösenden Ursache, also der Gabe von Sauerstoff und dem möglichst raschen Abtransport aus der Höhe – im Grunde nach den gängigen neuropsychiatrischen Richtlinien pharmakologisch behandelt werden. In normalen Höhen kommt als Mittel der Wahl Haloperidol (Haldol®) p.o. oder i.v. zum Einsatz. Alternativ können auch Benzodiazepine, v.a. Lorazepam (Temesta®) angewandt werden. Die Dosis sollte niedrig gewählt und je nach Ansprechen ev. in 2–4-stündigen Abständen wiederholt werden. Eine konsequente Delirbehandlung kann in normalen Höhen lebensrettend sein. Ob dies auch für vergleichbare Zustände in großen Höhen gelten könnte, wäre zu diskutieren. Angesichts verschiedener bislang 157
bekannter pathogenetischer Mechanismen über die Entstehung eines HACE und der bewährten Behandlungsmethoden mit Dexamethason und Azetatzolamid sollen die angeführten Überlegungen als Diskussionsbeitrag, keinesfalls aber als gültige Empfehlung verstanden werden.
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❙ Heimo Mairbäurl ❙
Anpassung des erythrozytären Sauerstofftransports an Belastung und Höhe Adaption of red cell oxygen transport to exercise and high altitude
SUMMARY The main function of red blood cells is the transport of O₂. Two situations, hypoxia as at high altitude, and exercise, require special and seemingly opposing adjustments of the oxygen transporting system. Whereas hypoxia requires changes that optimize the binding of oxygen by hemoglobin when alveolar oxygen is low, exercise requires adjustments that maximize the delivery and release of oxygen to working muscle. In both cases adjustments at the erythrocyte level include fast changes in the oxygen affinity of hemoglobin, an increase in hematocrit, which increases the amount of oxygen delivered per stroke volume, and an increase in total red cell mass and hemoglobin, i.e. a stimulation of erythropoiesis for long-term adaptation. Keywords: Hb-O₂affinity, blood gases, 2,3-DPG, hematocrit, hypoxia inducible factor, erythropoiesis, NO ZUSAMMENFASSUNG Die wichtigste Funktion von Erythrozyten ist der Sauerstofftransport. Hypoxie (z.B. in großen Höhen) und körperliche Belastung sind zwei Situationen, die auf den ersten Blick gegenläufige erythrozytäre Anpassungsmechanismen erfordern. In Hypoxie muss trotz des verminderten alveolären PO₂ die Bindung von Sauerstoff an das Hämoglobin optimiert werden, während bei körperlicher Belastung die Abgabe von Hämoglobin an die arbeitenden Muskelzellen optimiert werden muss. In beiden Fällen involviert die Anpassung auf ery161
throzytärer Ebene eine schnelle Änderung der Sauerstoff-Affinität des Hämoglobins und einen Anstieg des Hämatokrit, und, für die Langzeit-Anpassung, eine Erhöhung der gesamten Erythrozytenmasse, also eine Stimulierung der Erythropoese. Schlüsselwörter: Hb-O₂ Affinität, Blutgase, 2,3-DPG, Hämatokrit, Hypoxie-induzierbarer Faktor, Erythropoese, NO
EINLEITUNG Die wichtigste Rolle der Erythrozyten ist der Transport der Atemgase Sauerstoff (O₂) und Kohlendioxid (CO₂). In der Lunge diffundiert O₂ aus der eingeatmeten Luft über die alveoläre Barriere in das Blut. Dort wird der weitaus größte Anteil an Hämoglobin (Hb) gebunden. Diese Bildung von Oxy-Hb wird als „Oxygenierung“ bezeichnet. Hb ist in Erythrozyten enthalten. Diese werden vom Kreislaufsystem zirkuliert und transportieren so den O₂ zu den peripheren Organen. Dort wird O₂ von der Hb-Bindung gelöst (Desoxygenierung) und diffundiert in die Zellen, wo O₂ für die oxidative Phosphorylierung in den Mitochondrien und andere O₂ abhängige Reaktionen benötigt wird. Während der Passage durch periphere Blutkapillaren gelangt CO₂ aus dem Zellstoffwechsel zu den Erythrozyten. Carboanhydrase (CA) im Gewebe und in den Erythrozyten bildet aus einem Großteil des CO₂ Bikarbonat. Ein Teil des CO₂ wir auch an Hb gebunden, bevorzugt an desoxygeniertes Hb. Es entsteht Carboxy-Hb. Beide Formen des CO₂ gelangen in die Lunge. Dort wird HCO₃durch die CA zurück in CO₂ konvertiert. CO₂ wird auch von der Hb-Bindung gelöst; dieser Vorgang wird durch die O₂-Bindung begünstigt. CO₂ diffundiert in den Alveolarraum und wird ausgeatmet. Die biologische Bedeutung des erythrozytären O₂ Transports ist am anschaulichsten durch Anämie demonstriert, denn der Grad der Anämie korreliert trotz eines kompensatorischen Anstiegs des Herzminutenvolumens mit einer Verminderung der Leistungsfähigkeit (1). Umgekehrt wird die aerobe Leistungsfähigkeit durch einen Anstieg des Gesamt-Hb gesteigert Hb (2). Die in Abbildung 1 gezeigten Sauerstoffbindungskurven für anämisches, normales und erhöhtes Hb veranschaulichen, dass der O₂-Gehalt im Blut bei jedem PO₂ mit der Hb-Konzentration im Blut variiert.
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Abb. 1: Effekte der Hämoglobin-Konzentration und Hb-O₂ Affinität auf den Sauerstoffgehalt im Blut. Sauerstoffbindungskurven (oxygen dissociation curves; ODC) wurden mit Hilfe der „Severinghaus-Gleichung“ (105) berechnet und basieren auf P50 Werten (der PO₂ bei 50% SO₂) von 20 mmHg (rot), 26.8 mmHg (Normalwert; schwarz) und 30 mmHg (blau). Der O₂ Gehalt wurde aus der SO₂ und der entsprechenden Hb-Konzen tration berechnet unter der Annahme, dass 1 g Hb 1,34 ml O₂ bindet (3). Das Insert zeigt, dass ein Anstieg des pH sowie ein Abfall des CO₂, 2,3-DPG und der Temperatur die ODC nach links verschiebt (rote Pfeile und Kurven) und damit eine Zunahme der Hb-O₂ Affinität anzeigt, während eine Azidose und ein Anstieg von CO₂, 2,3-DPG und Temperatur die ODCs nach rechts verschiebt (blaue Pfeile und Kurven), also die Affinität verringert.
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Neben der Menge an Hb wird der erythrozytäre O₂-Transport auch durch die Eigenschaften der Hb-O₂-Bindung beeinflusst. Das wird am besten aus der Beobachtung ersichtlich, dass seine erhöhte Bindungsfähigkeit die O₂ Beladung des Hb in der Lunge und damit das Überleben in extremer Hypoxie begünstigt. Umgekehrt verbessert eine verminderte Bindungsfähigkeit die Abgabe des O₂ vom Hb und begünstigt damit die oxidative Phosphorylierung bei hohem ATP Bedarf, z.B. während körperlicher Belastung (3). Neben dem Transport von O₂ erfüllen Erythrozyten eine Vielzahl anderer Funktionen. Erythrozyten tragen durch den CO₂-Transport und die Bindung von H+ wesentlich zum konstant-Halten des pH, also zur Pufferung bei. Sie nehmen auch Metaboliten wie Laktat auf, was dessen Plasmakonzentration vermindert. Außerdem tragen Erythrozyten zur Regelung des peripheren Widerstands bei, indem sie den Vasodilator NO freisetzen (4); sie geben auch ATP ab, welches die endotheliale NO Bildung stimuliert, eine Vasodilatation auslöst und damit den lokalen Blutfluss erhöht (5).
SAUERSTOFF-AFFINITÄT DES HÄMOGLOBINS Ein wesentlicher Faktor zur Optimierung des erythrozytären O₂ Transports ist die Änderung der Hb-O₂ Affinität. Die Änderung ist schnell, sie erfolgt während der Passage der Erythrozyten durch die Blutkapillaren. Änderungen, die man im Vollblut misst, repräsentieren daher nicht die relevante Situation. Außerdem ist diese Änderung unabhängig von der Hb-Konzentration und der gesamten Erythrozytenmasse. Sie überlagert sich also diesen Änderungen (Abb. 1). Die intrinsische O₂ Affinität des Hb-Moleküls ist sehr hoch (6). Daher werden allosterische Effektoren benötigt, um die Hb-O₂ Affinität in einen Bereich zu verschieben, der sowohl eine adäquate O₂ Bindung in der Lunge als auch dessen Abgabe vom Hb in der Peripherie erlaubt. Die wichtigsten dieser allosterischen Effektoren invivo sind organische Phosphate wie das 2,3-Diphosphoglyzerat (2,3-DPG), sowie H+ und CO₂. Ein anderer Modulator der Hb-O₂ Affinität, der eine entscheidende Rolle während körperlicher Belastung spielt, ist eine Änderung der Körpertemperatur (7). Abbildung 1 zeigt, dass unabhängig von der Hb-Konzentration eine Azidose, ein Anstieg des CO₂, des 2,3-DPG und der Temperatur die Hb-O₂ Affinität verringert, was durch eine Rechtsverschiebung der O₂ Bindungskurve und eine Abnahme der O₂ Sättigung des Hb (SO₂) bei einem gegebenen PO₂ erkennbar ist. Umgekehrt erhöhen eine 164
Alkalose, Hypokapnie, und eine Abnahme des 2,3-DPG und der Temperatur die Hb-O₂ Affinität und damit die SO₂ bei einem gegebenen PO₂. Hb-O₂ Affinität in großen Höhen In großen Höhen wird der erythrozytäre O₂ Transport durch die Abnahme des PO₂ in der Inspirationsluft beeinträchtigt. Daher muss die Hb-O₂ Affinität in einer Weise angepasst werden, welche die arterielle O₂-Beladung des Hb begünstigt ohne die Abgabe an periphere Gewebe zu beeinträchtigen. Wie bei Belastung erfolgt diese Anpassung durch charakteristische Unterschiede in der lokalen Konzentration allosterischer Effektoren der Hb-O₂ Affinität zwischen Lunge und Peripherie. Allerdings gibt es ein interessantes Phänomen, das auf den ersten Blick kontraproduktiv erscheint: In mittleren, alpinen Höhenlagen (bis ~ 2500 m) nimmt die im Vollblut gemessene Hb-O₂ Affinität durch einen leichten Anstieg des 2,3-DPG etwas ab (8). Die respiratorische Alkalose wird innerhalb kurzer Zeit in mittleren Höhen kompensiert und spielt daher keine Rolle für die O₂ Bindung (9). In großen und extremen Höhen nimmt die Hb-O₂ Affinität hingegen trotz des jetzt noch weiter erhöhten 2,3-DPG zu, weil die Alkalose nicht mehr kompensiert werden kann und daher der Bohr Effekt (Linksverschiebung) über den Effekt des 2,3-DPG (Rechtsverschiebung) dominiert (10, 11). In diesen Höhenlagen wird die erhöhte Hb-O₂ Affinität benötigt, um eine adäquate O₂-Beladung zu ermöglichen (Tab. 1). Arterielle O₂ Beladung in großen Höhen Hypoxie bewirkt eine Hyperventilation, um den alveolären PO₂ zu erhöhen, was die O₂ Diffusion erleichtert. Dies führt zu einer Hypokapnie und einer respiratorischen Alkalose (12). Zusammen erhöhen diese die Hb-O₂ Affinität, während Erythrozyten durch Lungenkapillaren fließen. Die erhöhte Bindungsfähigkeit erlaubt eine Erhöhung der SO₂ bei einem gegebenen PO₂ (Abb. 2, Punkte A und C). Ein Anstiegt des 2,3-DPG in der Höhe kann diesen positiven Effekt beeinträchtigen (13). In mittleren Höhen wird dadurch die arterielle SO₂ sogar gesenkt (9). Starke körperliche Belastung in großer Höhe kann die arterielle SO₂ wegen des Effektes der Azidose sogar noch weiter absenken. O₂ Abgabe in der Peripherie Eine erhöhte Hb-O₂ Affinität beeinträchtigt die Abgabe des O₂ vom Hb. Allerdings vergrößert das in der Höhe erhöhte 2,3-DPG (9, 14) den Bohr Effekt auf die Hb-O₂ Bindung (15), wodurch die ODC steiler wird. Die Hyperventilation verringert außerdem die Pufferkapazität, sodass eine geringe H+ Freisetzung in 165
der Höhe zu einer stärkeren Azidifizierung führt als im Tal (16). Zusammen mit der leichten Azidose in der Peripherie relative zur Lunge verbessern diese Änderungen die O₂ Abgabe vom Hb (Abbildung 2, Punkte B und D). Hb-O₂ Affinität während Belastung Während körperlicher Belastung ist die Abgabe von O₂ vom Hb durch eine Abnahme der Hb-O₂ Affinität begünstigt (13). Dieser Effekt ist in den Blutkapillaren der arbeitenden Muskulatur am größten, während Änderungen im zentralen Vollblut zwar in dieselbe Richtung gehen, aber sehr viel kleiner sind. Ursache für diesen Unterschied sind gravierende Unterschiede in pH, CO₂ und der Temperatur zwischen Kapillaren in der Lunge und der Arbeitsmuskulatur. Hingegen sind Änderungen im 2,3-DPG langsam, sodass keine Unterschiede zwischen Kapillar- und Zentralblut bestehen. O₂ Abgabe an die Arbeitsmuskulatur Arbeitende Muskelzellen geben H+, CO₂, und Laktat in das Kapillarblut ab; außerdem ist die Temperatur in der arbeitenden Muskulatur höher als in inaktiven Geweben. Erythrozyten werden mit dem Eintritt in diese Muskelkapillaren akut diesen Milieuveränderungen ausgesetzt, was zu einer schnellen Abnahme der Hb-O₂ Affinität führt. P₅₀ Werte von 34 bis 48 mmHg können anhand von Literaturangaben zu den Milieuveränderungen erwartet werden (17). Die Temperatur kann auf 41° C ansteigen. Zusammen bewirken diese Änderungen eine enorme Rechtsverschiebung der ODC und eine starke Steigerung der O₂ Abgabe vom Hb (18), wie in Abbildung 3 durch die Punkte B und D dargestellt ist. Arterielle O₂ Beladung Auf dem Weg von der Arbeitsmuskulatur in die Lunge nehmen die H+ und CO₂-Konzentration sowie die Temperatur durch Beimengung von Blut aus inaktiven Muskeln und Organen ab. CO₂ sinkt wegen des alveolären Gasaustauschs noch weiter ab, was zu einer zusätzlichen Alkalinisierung führt. Das bedeutet, dass die Änderungen des Milieus relativ zur Arbeitsmuskulatur stark abgeschwächt sind. Dennoch wird die Hb-O₂ Affinität nicht vollständig normalisiert, was an der leichten Rechtsverschiebung der ODC in Abbildung 2 erkennbar ist. Die Größe der Abweichung hängt von der aktiven Muskelmasse und der Belastungsintensität ab. Diese leichte Abnahme der Hb-O₂ Affinität beeinträchtigt die arterielle O₂ Beladung und senkt die arterielle SO₂ von etwa 97.5% in Ruhe auf z.T. unter 95% während intensiver Belastung (Abbildung 3, 166
Abb. 2: O₂ Bindung und Abgabe in großer Höhe. Die schwarzen Kurven und die dunkelroten Kurven zeigen die „normale ODC“ für Meeresniveau; sie basiert auf einem P50 von 26.8 mmHg und einem Hill Koeffizienten von 2,8). Die ODC für arterielles Blut in großer Höhe beruht auf einem P50 von 23 mmHg und einem durch den Anstieg des 2,3-DPG erhöhten Hill Koeffizienten von 3,3 (blaue Line). Die rote ODC ist für kapilläre Bedingungen in Ruhe entsprechend einem P50 von 25 mmHg und Hill Koeffizienten von 3.3 (linke Kurve) und für einen P50 von 32 mmHg und einen Hill Koeffizienten von = 3,3 für Belastungsbedingungen berechnet. Die Linksverschiebung der ODC erhöht die arterielle SO₂ um etwa 8% relative zur normalen ODC (Punkte A und C). In Ruhe, bei einem arteriellen PO₂ von 40 mmHg und einem venösen PO₂ von 20 mmHg sinkt die SO₂ um etwa 50% (Punkte C und B), während die „relative“ Rechtsverschiebung der ODC im Kapillarblut arbeitender Muskulatur und eine weitere Abnahme des kapillären PO₂ die Extraktion auf 80% während Belastung erhöht (Punkte C und D).
Punkte A und C). Die arterielle SO₂ kann während Belastung durch eine Limitierung der Diffusion wegen einer verkürzten Kontaktzeit bei hohem Herzminutenvolumen noch weiter absinken (19). Effekte von Training auf die Hb-O₂ Affinität Trainierte haben eine im Vergleich zu Inaktiven verringerte Hb-O₂ Affinität 167
Abb. 3: Effekte von belastungsbedingten Milieuveränderungen auf die Hb-O₂ Affinität und die O₂ Bindung und Abgabe. ODCs wurden für die Ruhe-Situation für einen arteriellen pH von 7.4, einen kapillären pH von 7.3, und eine Temperatur von 37°C berechnet. ODC für Belastung basieren auf einem arteriellen pH von 7.15 bei 38.5 °C, und einem kapillären pH von 7.0 bei 41°C und wurden mit publizierten Koeffizienten [3] berechnet. In Ruhe werden bei einem venösen PO₂ von 40 mmHg 28% des an Hb gebundenen O₂ abgegeben (Punkte A und B). Die Extraktion steigt unter der Annahme eines kapillären PO₂ von 25 mmHg durch die Rechtsverschiebung der ODC auf 79% bei Belastung (Punkte C und D).
im venösen Mischblut, was auf eine erhöhte Konzentration an 2,3-DPG in den Erythrozyten zurückzuführen ist (15). Der Stimulus für die gesteigerte Bildung ist nicht ganz klar. Eine Möglichkeit ist eine Erhöhung des Anteils an jungen Erythrozyten (siehe unten, Sportanämie), welche eine höhere Stoffwechselaktivität und ein höheres 2,3-DPG haben (20, 21). Ein Effekt des erhöhten DPG ist die Verstärkung des Bohr-Effekts (22). Damit begünstigen das erhöhte 2,3DPG und die verstärkte Abnahme der HB-O₂ Affinität bei Azidose die Abgabe von O₂ vom Hb an periphere Organe, was sich vor allem auf die Arbeitsmuskulatur auswirken dürfte. 168
SAUERSTOFFTRANSPORTKAPAZITÄT Im Blut können nur 0,03 ml O₂∙L-1∙ mmHg-1 PO₂ bei 37° C in physikalischer Lösung transportiert werden. Zusätzlich können jedoch noch maximal 1.34 ml O₂ je Gramm Hb gebunden werden (3). Das bedeutet, dass eine normale Menge Hb pro Volumen Blut die transportierte Menge O₂ etwa um das 70-fache erhöht, was für eine normale Sauerstoffversorgung in Ruhe und bei Belastung absolut notwendig ist. Dies macht deutlich, dass eine Zunahme der Hb Menge auch die transportierte Menge O₂ erhöht (Abb.1). Die Parameter, die nötig sind, um die O₂ Transport Kapazität zu evaluieren, sind die Hb Konzentration im Blut bzw. Der Hämatokrit (Hkt), sowie die gesamte Menge Hb im Blut (tHb) und das gesamte Erythrozytenvolumen (tEV) im Kreislaufsystem. Da sich diese Parameter durch eine Änderung des Plasmavolumens unabhängig voneinander ändern können, sind Hb Konzentration und Hkt kein valides Maß für die gesamte O₂ Transportkapazität. Hb, Hkt und arterielle SO₂ zusammen sind ein Maß dafür, wie viel O₂ pro Schlagvolumen in die Peripherie transportiert werden kann. tHb und tEV sind ein Maß für die gesamte Menge des transportierbaren O₂ im Blut. Ein hohes tHb und tEV ermöglichen das Umverteilen von O₂ zu Organen mit einem hohen O₂ Bedarf ohne die basale O₂ Versorgung weniger aktiver Gewebe zu beeinträchtigen. Der Hämatokrit in großen Höhen Nach dem Aufstieg in große Höhen kommt es zu einer schnellen Abnahme des Plasmavolumens und des Volumens an extrazellulärer Flüssigkeit. Der Verlust kann nach einigen Tagen in der Höhe mehrere Liter Wasser betragen (23). Mögliche Ursachen sind eine Dehydrierung durch eingeschränkte Verfügbarkeit von Trinkwasser, sowie eine vermehrte Wasserausscheidung durch vermehrte renale Ausscheidung, weil die Sekretion von Aldosteron in der Höhe vermindert ist (24). Die Abnahme des Plasmavolumens führt zu einem Anstieg des Hkt. Ein verringerter Körperwasser-Gehalt wird auch bei Höhenbewohnern gefunden (23). Dieser Anstieg des Hkt tritt aber nicht immer auf (10). Ursache dafür könnte eine Stimulierung der Aldosteronausschüttung durch körperliche Belastung während des Aufstiegs oder in der Höhe sein. Der Hämatokrit von Athleten Viele Studien zeigen, dass der Hkt in Athleten etwas niedriger ist als bei untrainierten Personen (25, 26). Meta-Analysen zeigen, dass etwa 85% aller Ath169
letinnen und 22% aller Athleten einen Hkt unter 44% hatten (27). Außerdem scheint eine schwache, aber signifikante inverse Beziehung zwischen Hkt und dem Trainingsstatus (VO₂,max) zu bestehen (28). Hämatokrit während Belastung Der Hämatokrit steigt während Belastung durch eine Abnahme des Plasmavolumens an, vor allem, wenn die Flüssigkeitszufuhr unzureichend ist (29). Der Verlust kommt durch Schweißproduktion, durch eine osmotische Wasserverschiebung wegen der Ansammlung von Metaboliten (z.B. Laktat) im Extrazellulärraum und durch Filtration infolge des erhöhten Blutflusses und Blutdrucks zustande (30). Der daraus resultierende Anstieg des onkotischen Drucks im Plasma dämpft den Flüssigkeitsverlust (31). Diese Änderungen scheinen beim Schwimmen weniger stark ausgeprägt zu sein, weil die Immersion und die Zentralisierung des Blutvolumens wegen der horizontalen Körperposition zusätzliche volumenregulatorische Maßnahmen auszulösen scheinen (32). Ein Anstieg des Hkt durch eine Katecholamin-induzierte Kontraktion der Milz ist beim Menschen unwahrscheinlich, ist aber von anderen Spezies (z.B. Hund) bekannt (33). Änderung des Hämatokrit durch Training Meta-Analysen zeigen, dass das Plasmavolumen nach einem Training rasch zunimmt, während die gesamte Erythrozytenmasse für mehrere Tage unverändert bleibt, was zu einer Abnahme des Hkt führt (34). Die Größe der Änderung scheint von der Trainingsintensität und der Art der Belastung abzuhängen (35). Der Anstieg des Plasmavolumens nach Belastung und das insgesamt bereits erhöhte Plasmavolumen werden in gut trainierten Athleten wahrscheinlich durch eine Aldosteron-induzierte renale Volumenretention ausgelöst. Auch eine Erhöhung des Antidiuretischen Hormons scheint beizutragen, wahrscheinlich als Kompensation für den Flüssigkeitsverlust während der einzelnen Trainingseinheiten (36). Der verminderte Hkt bei Athleten wird häufig als „Sportanämie» bezeichnet und wurde lange als Folge einer vermehrten Zerstörung von Erythrozyten angesehen. Daher schien diese eine ähnliche Ursache wie die Marsch-Hämoglobinurie zu haben (25, 37). Eine intravaskuläre Zerstörung von Erythrozyten tritt tatsächlich auf. Sie variiert mit der Trainingsintensität und der Art der Belastung (38, 39). Auftreten auf der Fußsohle wurde als häufigste Ursache angegeben (40); sie kann durch bessere Dämpfung der Laufschuhe verhindert werden (39, 41). Hämolyse wurde aber auch beim Bergsteigen (42), Krafttrai170
ning (43), Karate (44), bei Schwimmern (26, 45), Basketball, Kendo-Fechten, und bei Trommlern (46, 47) gefunden. Nach Läufen wurde ein Anstieg des Hämoglobins im Plasma von etwa 30 mg/Liter in Ruhe auf 120 mg/Liter nach Belastung gefunden, was einer Hämolyse von etwa 0,04% aller zirkulierenden Erythrozyten bedeuten würde (40). Ältere Erythrozyten scheinen besonders betroffen, was eine Abnahme der mittleren Schwebedichte der Erythrozyten bei Trainierten erklären würde (20). Weitere Erklärungen für die Sportanämie könnten Ernährungsaspekte sein, z.B. eine verminderte Proteinaufnahme, ein Eisenmangel (48) oder ein geändertes Lipidprofil (39). Erythropoese in großen Höhen Bereits 1882 stellte Paul Bert fest, dass ein Zusammenhang zwischen Leben in großen Höhen und der Hämoglobinkonzentration im Blut besteht (49). Später fand man, dass neben dem Hb, Hkt auch das gesamte Hb erhöht ist (50, 51). Dies wurde mit der erhöhten Erythropoetinkonzentration im Blut in Zusammenhang gebracht (52). Es wurde angenommen, dass das erhöhte tEV den verminderten arteriellen O₂ Gehalt bei niedrigem inspiratorischen PO₂ kompensiert. Eine Steigerung der Erythropoese hängt vom „oxygen sensing“, also der Messung des O₂ Gehalts oder der O₂ Konzentration in entsprechenden Zielzellen und davon abhängigen Signalwegen ab, welche die Genexpression entsprechend regeln. Ein solcher Signalweg ist die O₂-abhängige Kontrolle der Genexpression durch Hypoxie induzierbare Faktoren, HIF (53). Aktives HIF besteht aus je einer alpha- und einer beta-Untereinheit. Die beta-Untereinheit (HIF-β, auch ARNT genannt) wird konstitutiv exprimiert und wird nicht direkt von O₂ beeinflusst (54). Es gibt verschiedene Isoformen der alpha-Untereinheit. HIF1a scheint hauptsächlich die metabolische Anpassung, z.B. den anaeroben Energiestoffwechsel, zu regulieren (55), während HIF-2a hauptsächlich die Erythropoese stimuliert (56). In Hypoxie wird die Hydroxylierung der HIF-alpha Untereinheiten durch Prolyl-Hydroxylasen (PDH) durch den O₂-Mangel verhindert, da O₂ ein direkter Reaktionspartner dieser Reaktion ist. Die fehlende Hydroxylierung verhindert wiederum die Poly-Ubiquitinylierung von HIF-alpha durch den Van Hippel-Lindau tumor suppressor pVHL, einer E3 Ligase und damit auch die proteasomale Degradation (57). In der Folge steigt die Konzentration der HIF alpha-Untereinheiten an. Die alpha-Untereinheiten gelangen in den Zellkern, formen ein Dimer mit HIF-β, und das Dimer bindet an spezifische Basen-Sequenzen, sogenannte „Hypoxia Response Elements“ (HRE), die sich in der Promoter-Region der Zielgene befinden (53). HIF-a 171
Untereinheiten werden aber nicht nur durch Hydroxylierung sondern auch auf durch Expression reguliert, z.B. in Abhängigkeit von NFkB (53). Durch die Hypoxie-abhängige Genexpression wird nicht nur die Bildung von Erythropoetin (EPO) geregelt, sondern auch die Expression von Proteinen, deren Funktion eine Voraussetzung für die Erythropoese sowie Resorption, Transport und periphere Abgabe von Eisen darstellen. Dazu gehören der EPO-Rezeptor, der intestinale Eisentransporter Ferroportin, Transferrin und der Transferrin-Rezeptor. Beim Erwachsenen liegt der Sauerstoff-Sensor zur Kontrolle der EPO-Sekretion in peritubulären Fibroblasten in der Nierenrinde (58, 59). Dabei kann die EPO Produktion durch zwei Mechanismen gesteigert werden: (i) durch einen verminderten PO₂ in der Niere und in anderen Organen bei normaler Hb Konzentration im Blut wie z.B. in hypoxischer Hypoxie, und (ii) in anämischer Hypoxie bei normalem arteriellen PO₂ (59). Beide Signale steigern die Erythropoese mit derselben Effizienz. Im roten Knochenmark bindet EPO an EPO-Rezeptoren an erythroiden Progenitor-Zellen (60), was deren Proliferation stimuliert und apoptotische Zerstörung neu-gebildeter Vorläuferzellen verhindert (61). Dies führt zu einer Vermehrung der aus dem Knochenmark freigesetzten Retikulozyten und reifen Erythrozyten. Kinetik der Erythropoese in großer Höhe Hypoxie in großen Höhen erhöht die EPO Konzentration im Blut in einer Dosis (=Höhe) und Zeit-abhängigen Weise. In jeder Höhe steigt EPO innerhalb weniger Stunden an, wobei der Anstieg mit zunehmender Höhe größer ist (10, 62, 63). EPO Spiegel im Blut sind während eines Höhenaufenthaltes nicht stabil (52). Sie sinken noch während des Höhenaufenthalts wieder ab (10, 63). Man beobachtet einen raschen Anstieg der Retikulozytenzahl im Blut (10) der direkt mit dem EPO-Spiegel korreliert (52). Bewohner großer Höhen haben im Vergleich zu Personen in niedrigen Höhen ein erhöhtes tHb, das Blutvolumen ist von ~ 80 ml/kg auf ~ 100 ml/kg erhöht (50, 64). Wenn Bewohner niedriger Höhen in große Höhen aufsteigen, so dauert es Wochen bis Monate bis man eine signifikante Zunahme des tHb und Blutvolumens nachweisen kann. Der Effekt der gesteigerten Erythropoese auf das Blutvolumen könnte durch eine Abnahme des Plasmavolumens maskiert sein (51). Ein kurzer Aufenthalt in moderaten Höhenlagen von bis zu mehreren Tagen führt zu keinem Anstieg von tHb und tEV (65). Eine Zusammenfassung von 14 verschiedenen Studien zeigt, dass manchmal gar keine Änderung von tEV in der Höhe erfolgt, wenn 172
der Aufenthalt nur kurz war, dass es aber zu einer Zunahme zwischen 62 ml/ Woche und 250 ml/Woche kommen kann, wenn der Aufenthalt mindestens 3 Wochen beträgt (34). Effekt von Training auf das gesamte Hb und Erythrozytenvolumen Es ist bereits lange bekannt, dass gut-Trainierte ein erhöhtes tHb haben (66). Dieses Ergebnis wurde oft in Studien bestätigt, die Messungen vor und nach einer Trainingsmaßnahme durchführten oder Personen mit unterschied lichem Trainingsstatus verglichen (34). Schmidt und Prommer verglichen die Wirksamkeit verschiedener Trainingsmodalitäten auf tHb, wobei der Schwerpunkt auf Training in Hypoxie lag (67). Sie zeigten durch Vergleiche mehrerer Studien, dass sich die maximale O₂-Aufnahme (VO₂,max) um 4,2 ml/min/kg in Männern und um 4,4 ml/min/kg in Frauen je Änderung des tHb um 1 g/ kg verändert, wobei der Korrelationskoeffizient mit 0,79 sehr hoch war. Im Gegensatz dazu fanden sie keine Korrelation zu Hb oder Hkt. Allerdings gibt es auch Berichte, die keinen Unterschied in tHb zwischen inaktiven und trainierten Personen finden konnten (68). Alle diese Studien, vor allem diejenigen mit Leistungssportlern, enthalten als Unsicherheitsfaktor die Möglichkeit der Anwendung leistungssteigernder Maßnahmen, im für dieses Thema ungünstigsten Fall das Blutdoping mit Eigenblut bzw. EPO. Dies macht es schwierig, Trainings- von Doping-Effekten zu unterscheiden. Divergierende Ergebnisse zu tHb könnten durch unterschiedliche Trainingsdauer (Wochen vs. Monate/Jahre) erklärt werden. Sawka et al. (34) fanden keine Änderung des tHb bzw. tEV, wenn eine Trainingsmaßnahme kürzer war als 11 Tage. Allerdings fanden auch viele Studien, die Trainingsperioden zwischen 4 und 12 Monaten verglichen, nur kleine oder gar keine Effekte. In Freizeitsportlern fand man eine Zunahme des tHb um ~ 6% im Verlauf eines 9-monatigen Ausdauertrainings (67). Dies zeigt, dass Änderungen des tHb und tEV durch Training langsam sein können, und dass signifikante Änderungen erst im Verlauf von mehreren Jahren möglich sind. Höhentraining Basierend auf den Befunden eines erhöhten tEV in großen Höhen und durch Training in Normoxie schloss man, dass sich die beiden Effekte überlagern und damit verstärken könnten, und dass daher ein Training in simulierter Höhe bzw. normobarer Hypoxie oder in der Höhe einen größeren Effekt haben könnte als Training in Normoxie. Allerdings sind die Ergebnisse vieler Studien zu diesem Thema inkonsistent und reichen von keinem Effekt (63, 69) 173
bis zu einem starken Anstieg des tEV nach einem 3- bis 4-wöchigen Training in Höhen zwischen 2100 m und 2400 m (70–72). Das Ausbleiben einer Zunahme des tEV wurde z.T. damit erklärt, dass in der Höhe die Trainingsintensität wegen des Sauerstoffmangels und der dadurch verringerten Leistungsfähigkeit niedriger ist als in niedrigen Höhen (16). Daher wurden alternative Strategien entwickelt, welche die Trainingsintensität erhalten sollten, aber trotzdem ein „Konsumieren“ der Anpassungseffekte an Hypoxie erlauben sollten. Eines dieser Protokolle heißt „sleep-high-train-low“, also Wohnen und Schlafen in Hypoxie, um sich daran anzupassen, aber Training in Normoxie, also mit voller Intensität (73-75). Auch bei diesen Strategien sind die Ergebnisse nicht eindeutig und zeigen oft keine Änderung des tEV, wie z.B. in einer guten, Placebo-kontrollierten Studie (76). Eine sorgfältige Analyse zeigte, dass mehr als 14 Stunden Hypoxie-Exposition pro Tag für längere Zeit nötig sind, um einen nachweisbaren Anstieg von tHb und tEV zu erhalten (67). Regelung der Erythropoese durch Belastung und Training Während die Regelung der Erythropoese durch hypoxische und anämische Hypoxie gut untersucht und verstanden ist, sind die Signale unklar, welche die Erythropoese durch Belastung in Normoxie beschleunigen. Hypoxie bzw. Höhenaufenthalt führen zu einem schnellen Anstieg des EPO (62), aber keine oder nur geringfügige Änderungen des EPO wurden nach Belastungseinheiten oder nach Training mit unterschiedlichen Modalitäten in Trainierten und Untrainierten gefunden (77, 78). Im Gegensatz dazu fand man, wie in der Höhe, auch nach Training einen Anstieg der Retikulozytenzahl im Blut (10, 79). Die erhöhte Retikulozytenzahl, die geringere mittlere Schwebedichte der Erythrozyten und das niedrigere MCHC, und die Erhöhung von intraerythrozytären Enzymaktivitäten sowie das erhöhte 2,3-DPG bei Trainierten (20, 79) sind alle ein Maß für eine gesteigerte Erythropoese und einen erhöhten Erythrozyten-Umsatz (79, 80). Diese jüngeren Erythrozyten passieren wegen ihrer besseren Verformbarkeit und Membranfluidität Blutkapillaren leichter, was den peripheren Strömungswiderstand verringert (81). Es gibt nur wenige Argumente dafür, dass Gewebehypoxie ein Stimulus für die gesteigerte Erythropoese durch Belastung ist, denn auch während intensiver Belastung sinkt der arterielle PO₂ nur geringfügig ab, was für die EPO Produktion wahrscheinlich irrelevant ist. Allerdings kommt es während Belastung zu einem starken Abfall des renalen Blutflusses, was auch die renale O₂-Versorgung vermindert (82). Dieser Effekt könnte allerdings durch einen Gegenstrom-Austausch zwischen renalen kortikalen Arterien und Venen ver174
stärkt werden (59). Es wäre möglich, dass dieser Effekt groß genug ist, um die renale EPO Produktion zu stimulieren. Training vermindert die Abnahme des renalen Blutflusses bei Belastung (83), was erklären könnte, warum die Steigerung der Erythropoese durch Training bei hoch Trainierten nur schwach ausgeprägt ist. Es gibt eine Vielzahl von Mediatoren und Hormonen, deren Konzentration durch Training und Belastung verändert wird, und die auch die Erythropoese, unabhängig von EPO, beeinflussen können, weil sie z.B. die Knochenmarks-Aktivität steigern und den Eisenstoffwechsel begünstigen. Dazu gehören Androgene. Das typische klinische Beispiel dazu ist die Polyzythämie nach Androgen-Therapie (84). Ausdauertraining und Krafttraining erhöhen transient die Testosteronspiegel in Männern und Frauen (85). Die Plasmakonzentrationen variieren mit der Belastungsintensität. Es ist interessant, dass, ebenfalls bei beiden Geschlechtern, aber stärker bei Männern, die Testosteronspiegel auch mit der Stimmung nach der Belastung korrelieren (Gewinnen, Verlieren, Zufriedenheit) (84). Stress-Hormone wie die Katecholamine und Cortisol erhöhen die Auswaschrate von Retikulozyten aus dem Knochenmark und können wahrscheinlich auch die Erythropoese stimulieren, ebenso wie das Wachstumshormon und Insulin-ähnliche Wachstumsfaktoren, deren Konzentration ebenfalls während Belastung ansteigt (86).
REGELUNG DER MIKROZIRKULATION DURCH ERYTHROZYTEN Der regionale Blutfluss und die Mikrozirkulation müssen genau geregelt werden, um die Zulieferung von Energiesubstraten und der O₂ beladenen Erythrozyten an den Energiebedarf anzupassen und um Metaboliten effizient abzutransportieren. Dies ist besonders in Organen mit hohem Energiebedarf von Bedeutung, wie z.B. im Myokard und in der arbeitenden Skelettmuskulatur. Stickoxid (NO) ist dabei ein wichtiges Signalmolekül zur lokalen Vasodilata tion. Meist wird es in vaskulären Endothelzellen gebildet. Ein typischer Stimulus bei körperlicher Belastung ist sicherlich der Scherstress (87, 88). Es wurde gezeigt, dass NO fest an Hb binden kann, wobei Nitrosyl-Hämoglobin (Hb-cys-NO; SNO-Hb) entsteht. Die Bildung hängt von der SO₂ ab und erfolgt mit hoher Affinität an Desoxyhämoglobin. Diese Reaktion fördert auch die Bildung von Met-Hb (89, 90). Die Bindung von NO an Hb wurde lange als 175
Puffer für NO angesehen, um die aktive Konzentration zu vermindern und eine lokale Wirkung des NO zu gewährleisten. Allerdings wurde auch postuliert, dass Hb das NO nicht nur bindet sondern auch abgibt, um eine lokale Vasodilatation zu bewirken (91). Des Weiteren wurde auch gezeigt, dass Erythrozyten bioaktives NO in Abhängigkeit von SO₂, pH, und dem Redox-Status produzieren, und zwar durch eine autokatalytische Reaktion, die Charakteristika einer Nitrit Reduktase-Aktivität zeigt (92). So wird NO freigesetzt, wenn Nitrit zu desoxygeniertem Hb zugegeben wird; außerdem entsteht Met-Hb (92). Die Bioaktivität wurde nachgewiesen, da Nitrit-Infusion eine Vasodilatation nur in Gegenwart von Erythrozyten bewirkt. Dieser Prozess scheint von Hypoxie verstärkt zu werden (93). ATP im Plasma stimuliert direkt die endotheliale NO-Produktion (94). Es wird von verschiedenen Zelltypen freigesetzt (95). Dabei wurde gezeigt, dass eine lokale ATP-abhängige Vasodilatation die Anwesenheit von Erythrozyten erfordert (96). Daher wurde postuliert, dass Erythrozyten ATP freisetzen und so eine NO-abhängige Steigerung der lokalen Durchblutung auslösen (5). ATP Freisetzung aus Erythrozyten wurde dabei nicht nur in vitro sondern auch in vivo nachgewiesen, da ATP im venösen Effluat des arbeitenden Unterarms er-
Abb. 4: Zusammenfassung der wichtigsten Funktionen der Erythrozyten zur Optimierung der Sauerstoffversorgung bei Belastung und in der Höhe
176
höht war (97, 98). Dieser Effekt schien bei Belastung in Hypoxie verstärkt zu sein (5). Der Hauptstimulus für die ATP Freisetzung aus Erythrozyten dürfte eine mechanische Verformung sein (94, 99), wobei die ATP Freisetzung von der Größe des Scherstresses abhängt (100). Auch in-vitro stimuliert Hypoxie die ATP Freisetzung aus Erythrozyten (101), und Hypoxie verstärkt die Scherstress-induzierte ATP Abgabe, was darauf hinweist, dass es sich um additive Effekte handeln dürfte (100). Außerdem scheinen beta-adrenerge Stimulatoren und Prostazyklin (102), und ein Anstieg der Temperatur die ATP Freisetzung zu stimulieren (103). Der genaue Mechanismus der Freisetzung ist nicht bekannt. CFTR könnte eine Rolle spielen (104), aber eine Vielzahl weiterer Mechanismen wurde beschrieben (95). Intravaskuläre Hämolyse scheint nicht signifikant zur ATP Freisetzung aus Erythrozyten bei Scherstress beizutragen (100). ATP wird während der Passage durch Blutkapillaren abgegeben. Dort beeinflussen sie wegen der fehlenden glatten Muskulatur nicht den Gefäßwiderstand. Allerdings besitzen die Endothelzellen purinerge Rezeptoren, die auf das ATP reagieren. Signale werden dann über gap junctions retrograd zu den Arteriolen geleitet, wo es dann zur Vasodilatation kommt (99). Insgesamt zeigen diese Befunde, dass Erythrozyten eine lokale Vasodilatation und damit den Blutfluss in Gewebe mit hohem Sauerstoff- und Energiebedarf unterstützen können, indem sie NO aus Nitrit produzieren, es aus SNO-Hb freisetzen, und durch ATP-Abgabe die endotheliale NO Bildung stimulieren.
SCHLUSSFOLGERUNG Abbildung 4 fasst die Hauptfunktion der Erythrozyten bei der O₂-Versorgung peripherer Gewebe zusammen. Diese wird optimiert durch eine schnelle, lokale Änderung der Hb-O₂ Affinität, welche die O₂ Bindung in der Lunge und die Abgabe in der Peripherie abgleicht, durch eine rasche Zunahme des Hämatokrit, welche die Menge O₂ je Schlagvolumen erhöht (trotz der negativen Effekte eines unphysiologischen Anstiegs des Hkt), und durch einen langsamen Anstieg der Zahl zirkulierender Erythrozyten. Trotz dieser sehr effektiven Anpassungsmechanismen würde die Versorgung nicht funktionieren, wenn es nicht gleichzeitig zu einer Stimulierung des Versorgungssystems, also der Atmung und des Herz-Kreislaufsystems käme. Selbst daran sind Erythrozyten beteiligt, weil sie die Abgabe und Bildung von NO während der Passage durch Blutkapillaren fördern und damit die lokale Durchblutung steigern. 177
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❙ David Niederseer und Josef Niebauer ❙
Cardiovascular Risk-Benefit Ratio of Alpine Skiing in Recreational Skiers Kardiovaskuläre Nutzen-Risiko-Abwägung von Alpinem Skilauf bei Breitensportlern
ZUSAMMENFASSUNG Weltweit, aber vor allem in den westlichen Ländern, sieht man sich mit einer Epidemie der körperlichen Inaktivität mit seinen bekannten nachteiligen gesundheitlichen Problemen konfrontiert. Körperliche Aktivität und regelmäßiges körperliches Training können nur schwer in körperlich inaktiven älteren Personen implementiert werden. Um dieser Epidemie entgegenwirken zu können, erscheint eine attraktive Art sich körperlich zu betätigen wünschenswert, um die Adhärenz zur körperlichen Aktivität weiter steigern zu können. Alpiner Skilauf wird von Millionen von Breitensportlern allein in den österreichischen Alpen praktiziert, und kann eine attraktive Möglichkeit der körperlichen Aktivität für viele Einheimische und Touristen gleichermaßen darstellen. Neben den gut bekannten positiven Auswirkungen von Bewegung auf die Gesundheit, vor allem Herz-Kreislauf-Parameter, sollten auch potentielle Risiken berücksichtigt werden. Tatsächlich sind Herzinfarkt und plötzlicher Herztod bei Hobby-Skifahrern häufiger als Tod durch Lawinen und Unfälle. Dieser Artikel möchte eine aktuelle Bewertung der möglichen kardiovaskulären Risiken des alpinen Skilaufs als Freizeitsport sowie die bekannten Vorteile davon zusammenfassen. Im ersten Abschnitt erfolgt eine allgemeine kardiovaskuläre Risiko – Nutzen-Bewertung von körperlicher Aktivität. Danach wird der derzeitige Wissensstand über die kardiovaskulären Vorteile und Risiken des alpinen Skilaufs zusammengefasst, gefolgt von einer Diskussion und Schlussfolgerung. Schlüsselwörter: alpiner Skilauf, plötzlicher Herztod, Herzinfarkt, kardiovaskuläres Risiko, körperliche Aktivität 185
SUMMARY Worldwide, but especially in Western countries, we are facing an epidemic of physical inactivity with its known detrimental health related effects. Physical activity and regular physical exercise remain difficult to implement especially in sedentary elderly subjects often due to a lack of appealing physical activities, which are the prerequisite, however, in order to improve adherence. Alpine skiing is performed by millions of recreational subjects in the Austrian Alps alone and may be an attractive mode of physical activity for many local citizens and tourists alike. Besides the well known positive effects of exercise on cardiovascular and other health related outcomes, also risks need to be considered. Indeed, myocardial infarction and sudden cardiac death during alpine skiing in recreational skiers are the leading cause of death in the Alps during winter and by far exceed the number of fatalities due to avalanches or traumatic deaths. It is the aim of this article to provide an up to date evaluation of the potential cardiovascular risks of recreational alpine skiing as well as the known benefits thereof. In the first section a general cardiovascular risk-benefit evaluation of physical activity is provided. Thereafter the current knowledge of the cardiovascular benefits and risks of alpine skiing are summarized, followed by a discussion and conclusion. Keywords: downhill skiing, sudden cardiac death, myocardial infarction, cardiovascular risk, physical activity
INTRODUCTION Alpine skiing represents one of the most popular winter sports world-wide and particularly in Alpine regions. Annually, estimated 8 million skiers visit the mountainous regions of Austria alone (1). Although alpine skiing is performed professionally by many athletes, the vast majority of persons on skiing slopes are recreational skiers, tourists and residents of a given skiing area alike. Unfortunately, in recent years, a number of tragic skiing accidents occurred in prominent professional and recreational skiers: Prince Friso of Orange-Nassau, Michael Schumacher, Dieter Altaus, Matthias Lanzinger, Ulrike Maier, Daniel Albrecht, Hermann Maier, Arnold Schwarzenegger, Hans Grugger, to name a few. Partly because of the media coverage, in the public perception the major risk of death or injury during alpine skiing is traumatic in nature. However, a recent evaluation in Austria analyzed all traumatic and nontraumatic fatal ski accidents from the 2005–2006 through the 2009–2010 winter season in Austria. In total, 207 fatalities were registered during this time period, 52.7 % were nontraumatic deaths, 186
with the majority (73â&#x20AC;&#x2030;%) attributed to cardiac arrests (2). Consequently, parallel to the efforts of prevention of traumatic deaths and injuries in professional and recreational skiing (3), prevention of non-traumatic events such as myocardial infarction or sudden cardiac death are warranted. Regular physical activity, including recreational alpine skiing, is known to positively modulate cardiovascular risk factors and subsequently the risk of cardiovascular events. Therefore, alpine skiing as part of an active lifestyle may contribute to cardiovascular health and longevity. The traumatic risks and the potential measures to prevent them have been discussed in detail elsewhere (3). It is the aim of this article to provide an up to date evaluation of the potential cardiovascular risks of recreational alpine skiing as well as the known benefits thereof. In the first section a general cardiovascular risk-benefit evaluation of physical activity is provided. Thereafter the current knowledge of the cardiovascular benefits and risks of alpine skiing are summarized, followed by a discussion and conclusion.
RISK-BENEFIT EVALUATION OF PHYSICAL ACTIVITY IN GENERAL Benefits of physical activity/exercise Physical activity is defined as any bodily movement produced by skeletal muscles that requires energy expenditure, whereas physical exercise is physical activity aimed to improve or maintain physical fitness. Physical inactivity is defined as the absence of a minimum physical activity. Particularly in developed countries, physical inactivity is a major health burden. Evidence clearly demonstrates beneficial effects of physical activity on cardiovascular disease and all-cause mortality (4). Approximately 20â&#x20AC;&#x2030;% of the adult population worldwide is physically inactive (5), and this condition is particularly prevalent in women, the elderly and in persons with low socioeconomic status. Also, the percentage of time spent on sedentary behavior, specifically watching television or in front of a computer (i.e. screen time) is increasing (6). Large prospective cohort studies from several countries around the world have found that sedentary behavior is associated with a variety of poor health outcomes, including increased mortality (7, 8). One study calculated the attributable risk for premature mortality and estimated that physical inactivity worldwide causes 9 percent of premature mortality, accounting for 5,3 million deaths worldwide in 2008 (8), which is en par with death caused by cigarette smoking. A 10 percent reduction in inactivity could prevent 533,000 deaths every year. 187
Regular physical activity and higher cardiorespiratory fitness decrease overall mortality in a dose-response fashion (4, 9). Physical exercise affects multiple systems and health outcomes. A dose-dependent relationship between exercise and the development of common chronic conditions such as cardiovascular disease, diabetes mellitus, chronic obstructive pulmonary disease, chronic kidney disease, Alzheimerâ&#x20AC;&#x2122;s disease, and some cancers has been observed (10). The evidence of health benefits of physical activity on mortality mostly stems from observational trials that suggest that regular exercise reduces risk of all-cause mortality for most individuals, including younger and older men and women in a dose-dependant manner (4, 11, 12). A number of studies have shown a strong inverse relationship between habitual exercise and risk of cardiovascular disease: coronary disease, cardiac events, stroke and cardiovascular death for both primary and secondary prevention (4, 13â&#x20AC;&#x201C;16). Furthermore, exercise training beneficially alters levels of markers of inflammation (CRP and IL6) (17), systemic blood pressure (18), blood lipids, body composition and thrombogenic risk. With respect to diabetes, exercise training improves glycemic control, insulin sensitivity, and may prevent the development of type 2 diabetes in high-risk groups (18, 19). In a number of observational studies, physical activity and/or regular exercise were shown to protect against breast, intestinal, prostate, endometrial, and pancreatic cancer (20, 21). Also in cancer survivors of breast, colorectal, or prostate cancers exercise was shown to positively affect fatigue and quality of life. Furthermore, exercise training was shown to counteract obesity (18, 22, 23), osteoporosis, stress, anxiety, and depression (24â&#x20AC;&#x201C;26). Regular exercise training may also increase the likelihood of stopping tobacco use, reduce disability for activities of daily living in older persons and delay cognitive decline in older adults.
Possible risks of physical activity/exercise The benefits of physical activity far outweigh the possible associated risks in the majority of patients in the absence of a contraindication to exercise. However, as in every therapeutic intervention side effects need to be considered. Musculoskeletal injury is the most common risk of exercise (27, 28). Although studies indicate that those who engage in sports activities have a higher risk of minor injury, people who do not participate in sports or other physical activity on a regular basis are more likely to incur more severe injuries when engaging in such activities (29). Many of the musculoskeletal injuries are secondary to overuse (30) and may be prevented by adequate training methods. More serious but much less common risks include traumatic death mostly due 188
to traumatic brain injury, traumatic injury of the neck, traumatic chest trauma including commotio cordis, arrhythmia, sudden cardiac death, and myocardial infarction. Serious and catastrophic traumatic events in sports are rare, vary between sporting disciplines, gender, age and level of skills (31). In a recent report, a state-of-the art overview on the epidemiology and clinical decision making in major injuries during sporting activities of head, neck, chest and abdomen is provided (31). The risk of arrhythmia during exercise in patients with underlying heart disease or a prior history of arrhythmia is increased. Exercise training may reduce atrial and ventricular arrhythmia risk by increasing myocardial oxygen supply and by reducing sympathetic nervous system activity. Sudden cardiac death (SCD) is rare, but may occur during physical or sexual activity (32). The increase in risk is seen in both men and women, however, the risk of cardiac arrest is reduced or may not be increased at all if there is habitual leisure-time physical activity, as studied in both the Physicians’ Health Study and the Nurses’ Health Study (33, 34). Mechanisms of SCD in those who exercise include coronary artery disease, arrhythmias (especially ventricular tachycardia and ventricular fibrillation), structural heart disease, and myocarditis. Causes of SCD in people who exercise can be divided according to age (35). SCD is generally a result of atherosclerotic coronary artery disease in those over age 35 years. It is more likely to be due to congenital abnormalities such as hypertrophic cardiomyopathy, right ventricular arrhythmogenic dysplasia/cardiomyopathy, coronary anomalies, or to myocarditis in younger individuals. Because the increase in risk of SCD during or just after activity is low, the longterm health benefits of exercise outweigh the risks in patients with and without established heart disease (36–38). Physical or sexual activity is associated with a temporary increase in the risk of having a myocardial infarction (MI), particularly among those who exercise infrequently, have multiple cardiac risk factors (32, 36), and males (39). Although patients with coronary disease are more likely to have a myocardial infarction at the time they are participating in strenuous exercise than when they are not, patients with coronary disease who exercise are overall less likely to have a myocardial infarction than those with coronary disease who do not exercise (40). Rhabdomyolysis (i.e. subclinical myoglobinemia, myoglobinuria, and elevation of creatine kinase) is common after physical exertion (41). The CK level can rise several fold, particularly after intense exercise for extended periods of time (e.g., marathon running). Rhabdomyolysis may occur following extreme exertion in individuals with normal muscles when the energy supply to the muscle is insufficient to meet demands. Rare and severe complications of rhabdomyolysis after intense 189
prolonged exercise (often in untrained individuals, hot and humid conditions, impaired thermoregulation, underlying disease) include renal failure, electrolyte abnormalities such as hyperkalemia and metabolic acidosis, and compartment syndrome. However, rhabdomyolysis can also occur in trained individuals following physical exertion in the absence of these risk factors. Other potential risks of exercise especially in winter sports and at altitude comprise exercise-induced bronchoconstriction in patients with current symptomatic asthma (42), hyperthermia, hypothermia, dehydration. In women, intense exercise my lead to the â&#x20AC;&#x153;female athlete triadâ&#x20AC;? that consists of eating disorders, amenorrhea, and osteoporosis. Also, urticaria and anaphylaxis can rarely occur with exercise especially in combination with ingestion of certain foods. Finally, exercise-associated hyponatremia was reported in long lasting endurance sports. Medical evaluation prior to initiation of an exercise program focuses on risks for coronary heart disease and other potential medical comorbidities that might place the patient at risk for one of the complications above. It would be beyond the scope of this article to discuss the role of screening of individuals who are exposed to the potential risks of exercise: patients, healthy subjects and athletes alike. Although a lively scientific debate (43, 44) is ongoing about risks and benefits of screening prior to exercise, it is the opinion of the authors that screening should be performed in the majority of subjects and should include a 12-lead resting ECG. Also, measures of injury prevention should be performed in order to identify subjects at risk of injury and to recommend adequate sporting disciplines, as well as exercise characteristics such as intensity and frequency. Despite the benefits of an exercise program, there are risks as noted above, even in trained athletes. As a result, the American Heart Association (AHA) published a summary outlining the absolute and relative contraindications for exercise testing and training. The absolute contraindications include severe cardiac disease (e.g., unstable angina, uncontrolled symptomatic heart failure) and acute noncardiac disease (e.g., infection, renal failure). Recommendations for injury prevention should be tailored to specific populations. As an example, older populations may be at risk of falls. As the older population may get injured more easily and recover more slowly, some patients will benefit from supervised exercise. Generally, warm up and cool down is recommended in all exercising populations. Supervision and/or counseling seem to be beneficial (45), as many subjects and patients show poor adherence to exercise recommendations. However, the effectiveness of counseling has not been demonstrated. It is recommended that all healthy adults incorporate moderate to vigorous exercise into their lifestyle. One option is moderate intensity exercise for 150 minutes 190
a week, vigorous intensity exercise for 75 minutes a week, or an equivalent combination of these activities. Adults with limited exercise capacity due to comorbidity should stay as physically active as their condition allows. Even modest increases in exercise are associated with health benefits.
BENEFIT OF ALPINE SKIING – SUMMARY OF CURRENT KNOWLEDGE The physiological effects and potential health benefits of alpine skiing have only been sparsely studied. While alpine skiing as a means of leisure time physical activity has become increasingly popular, most of the sports medicine literature has focused on frequency, prevention and treatment of alpine skiing injuries. To our knowledge the potential metabolic and cardiovascular benefits of alpine skiing in a recreational population have so far only been studied in three studies (46–60). The first study by Kahn et al., aimed to investigate cardiovascular effects of alpine skiing, was a small (n=10, 100 % males, age 51.0±1.3 years) uncontrolled Swiss investigation that measured the effects of 6 days of unsupervised alpine skiing. The participants were habitually sedentary. Heart rate was recorded during skiing and was 126 beats min–1, which corresponds to 75 % of a calculated (220-age [years]) maximal heart rate. The main finding was a significant improvement of insulin resistance and a significant increase in apolipoprotein A1/apolipoprotein A2 (p< 0.01) (59). The authors report no injuries or cardiovascular events. A second study set out to investigate the effects of alpine skiing in an elderly population, the SAlzburg Skiing for Elderly Study (SASES) (58). The aim of this study was to monitor the long-term effects of skiing on health-related parameters of older individuals. This randomized controlled study was performed in an intervention group (n=27; age: 67.5 ± 2.8 years) and a control group (n=20; age: 67.3 ± 4.4 years). Parameters of interest were measured during pre-, post- and retention-tests (10 weeks after post measurements). The intervention phase lasted for 12 weeks, with an average of 28.5 days of guided skiing. Daily heart rate profiles and global positioning system data throughout the ski day were recorded. The intervention group completed an average of 4885 vertical meters of downhill skiing, with a total skiing distance of 40.5 km/day. During skiing, the average heart rate was 72.4±8.9 % of the maximal heart rate measured at maximal exertion during spiroergometry. Strength measured by jump height increased in the intervention group, while jump height for the control group deteriorated. Dynamic maximal strength measured in both legs increased in the intervention group, however, did not reach statistical 191
significance in the control group. In postural ability, no differences between groups or over time were noted. Several morphological and structural adaptations of musculature but also of tendons as well as postural control were observed, indicating that alpine skiing may be an effective intervention for combating sarcopenia, frailty and weakness in old age. Also effects of 12 weeks of a guided alpine skiing training on psycho-social dimensions and physical self-concept were observed. With respect to cardiovascular risk factors the authors observed a significant increase in exercise capacity in the intervention group (ΔVO2max: +2.0 mL/kg/min, P=0.005) but not in the control group (ΔVO2max: −0.1 mL/kg/min, P=0.858; IG vs CG: P=0.008). Also, a decrease in body fat mass (IG: −2.3 %, P<0.0001; CG: ±0.0 %, P=0.866; IG vs CG: P<0.0001) was achieved. Blood pressure, blood lipids, heart rate and everyday physical activity remained essentially unchanged. Furthermore, cardiovascular biomarkers were addressed without relevant changes except for homocysteine. Alpine skiing also affected parameters of copper status. This finding is of relevance, since an imbalance of copper has been associated with cardiovascular risk. Finally, an improvement of glucose homeostasis and insulin sensitivity in the non-diabetic elderly skiers was observed. A third study by Burtscher et al. aimed to compare life-style characteristics and cardiovascular risk factors between regular downhill skiers and the general population. They investigated self-reported health and life-style data including memory function that were obtained via questionnaire from 1259 long-term downhill skiers (971 males, aged 57.3 ± 14.6 years; 288 females, aged 47.7 ± 16.4 years) and compared the findings with data from the general population. Long-term skiers showed more favorable life-style characteristics and a better health status than the general population. Although skiers reported a healthier life-style with respect to regular aerobic exercise, less smoking, and less alcohol consumption in comparison to the general population, the prevalence of cardiovascular risk factors such as hypercholesterolemia, systemic hypertension, and diabetes did not differ between the two populations. Thus, the authors concluded, that the healthier life style of downhill skiers did not seem to translate into a reduced prevalence of cardiovascular risk factors. However, the prevalence of these risk factors decreased with increasing annual skiing frequency and therefore the findings indicate a significant “dose dependent” effect of downhill skiing on self-reported cardiovascular risk factors and memory deficits. Differences observed between male and female skiers are similar to the gender differences demonstrated for the general population and may in the present study at least partly be explained by age effects. The authors point out, that not only downhill skiing activities may have contributed to the demonstrated beneficial effects but rather the generally healthier life style 192
associated with long-term regular downhill skiing. Nevertheless, the increasing yearly skiing frequency was an independent predictor for the reduced prevalence of hypercholesterolemia, diabetes type 2, and memory complaints. In conclusion, long-term alpine skiing on a regular basis may contribute to healthy aging by its association with a healthier life style.
RISKS OF ALPINE SKIING – SUMMARY OF CURRENT KNOWLEDGE In a study by Ruedl et al. (already mentioned in the introduction) nontraumatic and traumatic causes of death on Austrian ski slopes were evaluated from the 2005–2006 to the 2009–2010 winter season (2). In total, 207 fatalities were registered during this time period. An overall incidence of 0.79 deaths per million skier days was calculated. Mean age at death was 50.9±17.7 years. More than 85 % of all fatalities occurred in males and 93.1 % in skiers. In total, 52.7 % were nontraumatic deaths, with the majority (73 %) attributed to cardiac arrest. Regarding traumatic deaths, 41.2 % died after a fall, 18.6 % after collision with another skier, and 35.1 % after an impact with a solid object. Head injury was the primary cause of death in 46.4 % of traumatic deaths. As stated above the major cause of injuries during exercise are musculoskeletal injuries. The number of injuries during alpine skiing decreased over the last 50 years: before 1970, 7–8 injuries; during the 1980s, 3–4; during the 1990s, 2–3; since 2000<2 /1000 skiing days . In a recent report about skiing injuries in Austria the calculated injury rate was 0.6 injuries per 1000 skier days and has decreased by more than 50 % during the past decade (61). In the SASES study, the skiing intervention proved to be safe. There were no cardiovascular events. However, two serious injuries occurred during the 12-week skiing intervention (a fracture of the proximal humerus and a fracture of the tibia plateau). Nevertheless, only one of these injuries occurred during actual skiing. The humerus facture was the unfortunate result of a sideways fall from a standing position because of a balance impairment. The tibia plateau fracture occurred at the end of a turn when the skier tried to stop and lost his balance. This results in an injury rate of 3.2 per 1000 skiing days. However, this rate must be evaluated with considerable reservations and cannot easily be compared with other studies, because the skiing intervention consisted of only 627 skier days. In larger studies, consisting of 1.2 million skier days, an injury rate in recreational skiing was found to be 1.3 per 1000 skiing days (62). Apart from the two fractures, three other sub193
jects terminated their participation in the study due to exacerbation of old injuries (knee pain). In retrospect, these three subjects should probably have been excluded already in the screening procedure. A detailed evaluation of the traumatic risks of alpine skiing is provided elsewhere (3). With respect to cardiovascular risks during alpine skiing, myocardial infarction and sudden cardiac death are addressed. To our knowledge no case of sudden cardiac death or myocardial infarction of a professional athlete in alpine skiing is published.
Myocardial infarction In a retrospective analysis of consecutive patients admitted to the Department of Cardiology at Innsbruck Medical University, Austria with the diagnosis of an acute myocardial infarction between 2006 and 2010, Klug et al. (63) analyzed 110 patients (non-Austrian tourists, mean age: 60±10 years, 16 % women, 71 % ST-elevation myocardial infarction, 23 % known coronary artery disease) retrospectively in the Tyrolean Alps in 2006–2010. During the first 2 days of physical activity, 56 % of acute myocardial infarctions occurred. In tourists who suffered acute myocardial infarction during or within 1 h after cessation of activity (52 %), the mean time from the start of the activity to the onset of symptoms was 2.0±1.7h. In total, 56 % of patients performed less than 2.5 h of sport per week before their vacation and may therefore be considered as untrained. Also, 70 % had ≥2 cardiovascular risk factors. Less than 18 % of the 93 events occurred after day 4 of skiing (64). A French prospective registry investigated the management and outcomes of ST-segment elevation myocardial infarction (STEMI) in the French Alps between January 2006 to December 2008. In summary, the authors reported 114 patients with a STEMI of less than 12 hours duration, occurring in a ski resort or at high altitude and managed by the RESURCOR care system. Ninety-three per cent of patients were men; the mean age was 57 years. STEMIs occurred during or less than 1 hour after physical activity in 76.3 % of cases (42.1 % during or after alpine skiing). Killip class ≥2 and cardiac arrests were observed in 35 % and 7.9 % of cases, respectively. Fifty-two (45.6 %) patients underwent thrombolysis and 62 (54.4 %) had percutaneous coronary intervention . Median delays were: first call to treatment, 82 min (17–230 min); symptoms to treatment, 165 min (52–770 min). All delays were significantly longer for PCI than for thrombolysis. First call to treatment delay was less than 120 min in 98.1 % of patients who underwent thrombolysis and in 51.6 % who had percutaneous coronary intervention (P<0.0001). In-hospital survival was 96.5 %. Chacornac et al. concluded, that altitude STEMIs happened mainly during sporting activities, especially alpine skiing in the investi194
gated region. Clinical presentation is often severe, but an emergency coronary care network allows rapid reperfusion (65). Interestingly, the geographic variations between the French and the Austrian Alps highlight the difference in the initial revascularization strategy. Whereas in France, thrombolysis and PCI were almost balanced, not one of the reported Austrian STEMI patients was treated with thrombolysis.
Sudden cardiac death It has been discussed extensively whether physical exertion is not only a mean of decreasing cardiovascular risk, but rather a risk factor for sudden cardiac death itself. This is true for summer sports such as marathon (66) but also for mountain sports. Burtscher and Ponchia (67) report an annual death rate of 0.76 per 100 000 persons in alpine skiers in the Austrian Alps (up to approximately 3800 m above sea level). About 25 % of all deaths were attributed to the cardiac system. The frequencies of cardiac causes of death were particularly high in mountain sports preferred by the elderly e.g. alpine skiing (68). About 43 % of alpine skiers in the Austrian Alps are older than 40 years and 15.3 % to 28.0 % of those had preexisting cardiovascular diseases (69). As a result, presumably, the risk of cardiovascular events during skiing in the mountains increases sharply with age. Male skiers older than 35 years comprised about 90 % of all deaths (67). In a detailed analysis of sudden cardiac deaths in downhill skiing Burtscher et al. (1) evaluated the risk factor profiles of 68 males who died from sudden cardiac death during downhill skiing and compared them to those of 204 matched controls. Skiers who suffered sudden cardiac death had more frequently prior myocardial infarction (41 % vs. 1.5 %; p<0.001), hypertension (50 % vs. 17 %; p<0.001), known coronary heart disease without prior myocardial infarction (9 % vs. 3 %; p=0.05) and were less engaged in strenuous exercise (4 % vs. 15 %; p<0.05) than controls. Multivariate analyses underscored the importance of these risk factors.
DISCUSSION Current literature clearly indicates that alpine skiing is safe and beneficial and can also be recommended to the elderly. Like in other training intervention, preventive measures such as starting slowly on the first days or being optimally treated with respect to the risk profile is warranted, so that alpine skiing can unfold its huge potential on altering the cardiovascular risk profile. Nevertheless, as in other sports, elderly subjects should undergo an annual cardiovascular checkup, which should 195
at least include a 12-lead-ECG and better a maximal ergometry in order to reduce the risk of exercise-induced cardiovascular events. Indeed, during the run-in phase of the SASES study, stress testing revealed a ST-segment depression in one of the subjects, requiring coronary angiography and subsequent coronary artery bypass graft (70). Overall, the data support a potentially important role of skiing as part of a year-round exercise program that contributes to a reduction in cardiovascular risk. Former or current elderly skiers may very well be encouraged to continue with or to revive their skiing practice. As shown in the study of Burtscher et al. (46), skiing unfolds its potential benefits in a dose dependent fashion also after decades of regular skiing. The study by Klug et al. (63) sheds light on the possible mechanism of cardiovascular events during skiing, namely that relatively untrained subjects overdo in their skiing holidays within the first days. As in all sports, elderly subjects are being advised to undergo an annual physical check-up in order to detect and treat cardiovascular risk factors. An ECG-based ergometry prior to skiing may prevent the majority of cardiovascular casualties. Furthermore, the physician can give informed advice to start slowly with skiing. Faulhaber et al. (71) conducted a survey on the prevalence of cardiovascular diseases such as coronary artery disease with and without prior myocardial infarction, arterial hypertension, and arrhythmias in a representative sample of 1043 alpine skiers in the Austrian Alps. 11.2 % (9.3 to 13.1) of the skiers suffered from at least one type of cardiovascular disease. The frequency of cardiovascular diseases is age dependent and more pronounced in men, the group known to represent the vast majority of fatalities. Skiing-related increased sympathetic activity might well disturb the autonomic balance with subsequent arrhythmias and/or may increase cardiac work and platelet aggregability with possible plaque rupture and coronary thrombosis. Therefore adaptation to high intensity exercise and therapeutic interventions or abstinence from skiing in certain cases should be considered for downhill skiers at high risk. Numerous studies have reported an age depended decline of VO2max of about 10 % per decade. Other studies have proved the hypothesis that physically active subjects only suffer a decline of about 5 % per decade (72). Myers et al. (73) reported of 1256 deaths of 6213 veterans that underwent routine exercise testing during a follow-up period of 6.2±3.7 years and found that exercise capacity was the strongest independent predictor of all cause-mortality in these subjects, even stronger than the well established risk factors such as smoking, arterial hypertension, dyslipidemia or diabetes. Given this fact, the result of significant improvement of VO2max in the skiing group of the SASES study (+2.0±2.0 ml/kg/min; p=0.005) suggests a substantial reduction in the overall cardiovascular risk. This 196
change corresponds well with other studies in older subjects, although exercise training other than skiing was performed [+2.0 ml/kg/min; p<0.0001 (74) or (+3.0 ml/kg/min; p<0.001 (75)). The average body composition of elderly Caucasians is slightly different in males and females. Several longitudinal and cross-sectional studies investigated the average fat mass of certain ages and taken together these studies indicate an increase in fat mass of about 1 % of the body mass per decade (76). As fat is a highly metabolic tissue also involved in the pathogenesis of atherosclerosis (77), a reduction of fat mass, mainly visceral fat, is associated with a reduction of cardiovascular risk. In the SASES study fat mass decreased by –2.3 % (p<0.0001) in skiers and remained unchanged in the control group (±0.0 % [p=0.866]; IG vs. CG: p<0.0001). As total weight and therefore BMI remained essentially unchanged, we could achieve an increase in fat free mass, namely muscle mass in our subjects. Given an age-dependent decline of muscle mass and an increase of fat mass accompanied by a further increase in total weight in most of the elderly, a 2 % reduction of the fat/muscle ratio fat to muscle is quite impressive. Other training studies report a similar effect on body composition with other interventions such as strength training or ergometer based endurance training (78). Alpine skiing and ski training includes both elements of endurance and of strength training and both result in beneficial metabolic effects. Besides the cardiovascular effects, the muscular changes as well as the changes in tendon on presumably bone density remains of utmost importance for elderly subjects to counteract frailty, falls and sarcopenia with all its related problems.
CONCLUSION In conclusion, it is the opinion of the authors, that the cardiovascular benefits far outweigh the potential cardiovascular risks in recreational alpine skiing. However, the possibility of serious adverse events is real and should be counteracted by adequate screening and if necessary preventive action prior to starting alpine skiing. Overall, the reported data support an important role of alpine skiing as part of a year-round exercise program that largely contributes to a reduction in cardiovascular risk. Former or current elderly skiers may very well be encouraged to revive or to continue with their skiing practice.
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❙ Arnold Koller, Wolfgang Schobersberger ❙
Konditionelle Anforderungen im alpinen Skisport – eine kurze Übersicht Physical skills in alpine skiing – a minireview
SUMMARY This minireview describes current opinions with regard to aerobic and anaerobic processes, and eccentric muscle contractions in alpine skiing. Neither aerobic nor anaerobic performance seem to be predicting factors for success in alpine ski racing. Aerobic metabolism predominates in recreational skiers (on flat and low intensity steep slopes). However, its transitions to anaerobic metabolism on steeper high intensity runs. During alpine skiing the skier gains speed and kinetic energy while skiing down a slope. To stay on course induces large compressive forces on the skier’s leg muscles. Alpine skiing is therefore a sport where there is particular interest in eccentric muscle contractions. Judicious use of eccentric training modalities is a promising proposition in the preparation of elite and recreational skiers. Keywords: aerobic metabolism, anaerobic metabolism, eccentric contractions, alpine skiing ZUSAMMENFASSUNG In dieser kurzen Übersichtsarbeit werden die Bedeutung der aeroben und anaeroben Prozesse und der Stellenwert der exzentrischen Muskelarbeit bei der Erbringung der sportartspezifischen Leistung beim alpinen Skirennläufer und dem Freizeitskifahrer diskutiert. Ein Zusammenhang zwischen aerober oder anaerober Ausdauer und dem Erfolg konnte im alpinen Skirennlauf wissenschaftlich nicht begründet werden. Für den Freizeitskifahrer wird der aero ben Ausdauerfähigkeit ein höherer Stellenwert eingeräumt. In Abhängigkeit 205
von den Pistenverhältnissen, der Skitechnik und der Intensität des Skifahrens kann der Anteil der aeroben und anaeroben Prozesse bei der Erbringung der sportartspezifischen Leistung variieren. Da im alpinen Skisport die exzentrische Muskelarbeit dominiert, wird dem exzentrischen Kraftvermögen ein großerStellenwert bei der Erbringung der sportartspezifischen Leistung sowohl beim Skirennläufer als auch beim Freizeitskifahrer eingeräumt. Der systematische Einsatz Exzentrik basierter Trainingsformen ist im Skirennsport und im Breitensport im Hinblick auf Leistungssteigerung, Verletzungsprävention und Rehabilitation attraktiv. Schlüsselwörter: aerobe Ausdauer, anaerobe Ausdauer, exzentrische Muskelarbeit, Skirennlauf
EINLEITUNG Mit ungefähr 200 Millionen Skifahrern weltweit (1) und ungefähr 3,4 Millionen Skifahrern in Österreich (2) ist der alpine Skisport eine der beliebtesten Wintersportarten. Entsprechend der verschiedenen Intuitionen der ausübenden Sportler ergeben sich auf Grund deren verschiedener konditionellen und konstitutionellen Voraussetzungen unterschiedliche Anforderungen bei der Durchführung dieser Sportart. In diesem Übersichtsartikel soll (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) ein kurzer Überblick gegeben werden, welche Komponenten der sportlichen Leistungsfähigkeit der alpine Skisport im Breiten- und Leistungssport an die betreffenden Sportler stellt. Die motorischen Hauptbeanspruchungsformen lassen sich in zwei Teilbereiche, den konditionellen und den koordinativen Eigenschaften, unterteilen (3). Obwohl beide Eigenschaftsbereiche in engen Wechselbeziehungen stehen (3), ist eine solche Einteilung sinnvoll, da die konditionellen Eigenschaften primär auf energetischen Prozessen, die koordinativen vor allem auf zentralnervösen Steuer- und Regelungsprozessen beruhen (3). In diesem Beitrag werden die konditionellen Anforderungen bei der Durchführung des alpinen Skisports diskutiert. Dabei ist festzuhalten, dass zwischen auftretenden Belastungen im Leistungs- und Breitensport erhebliche Unterschiede bestehen. Daraus ergeben sich zwangsläufig Abweichungen im sportmotorischen Anforderungsprofil hinsichtlich der konditionellen Fähigkeiten. Darüber hinaus ist die Ausprägung dieser Fähigkeiten im Skirennsport von den Disziplinen (4) und biomechanischen Faktoren (5), im Breitensport von der Intensität des Skifahrens (6) und der Skitechnik (7) verursacht. 206
SKIRENNSPORT Beim traditionellen Skirennsport werden vier verschiede Disziplinen – Slalom, Riesenslalom, Superriesenslalom (Super-G) und Abfahrt – unterschieden. Die Belastungsdauer beträgt pro Durchgang für den Slalom bis zu 60 Sekunden, für den Riesenslalom bis zu 90 Sekunden. In der Abfahrt ist eine Belastungsdauer bis zu zwei Minuten die Regel. Dementsprechend unterschiedliche physiologische Anforderungen werden an den Athleten gestellt (8). Uneinigkeit herrscht in der Literatur darüber, welche der konditionellen Fähigkeiten leistungsbestimmend sind. Karlsson et al. (9) hoben ebenso wie Andersen und Montgomery (10) und Neumayr et al. (11) die aerobe Ausdauer (die maximale Sauerstoffaufnahme beträgt ungefähr 60 mL·kg-1·min-1 für Skirennläufer und 55 mL·kg-1·min-1 für Skirennläuferinnen (11–13)) als wichtigsten konditionellen Faktor hervor. Neumayr et al. (11) konnten bei 28 männlichen und 20 weiblichen Athleten des österreichischen Nationalteams über den Zeitraum von 1997 bis 2000 einen Zusammenhang zwischen maximaler Sauerstoffaufnahme (VO₂max) und den Platzierungen im Weltcup in den Disziplinen Abfahrt und Super-G nachweisen. Dieser bestand allerdings nur bei männlichen Athleten, nur in einer Saison (1998) und nicht in den Disziplinen Slalom und Riesenslalom (11). Über die Bedeutung der aeroben Ausdauer berichten auch Veicsteinas et al. (14) und Saibene et al. (15), die herausfanden, dass ungefähr 40 % der Energie während eines Riesenslaloms oder Slaloms über aerobe Prozesse gedeckt werden. Im Unterschied zu diesen Untersuchungen wurde in anderen Studien (12, 16, 17) kein signifikanter Unterschied in der aeroben Leistungsfähigkeit bei Probanden mit unterschiedlichen Leistungsniveaus festgestellt, sodass kein ausreichender Beweis für die außerordentliche Wichtigkeit der aeroben Ausdauer in unmittelbarem Zusammenhang mit der Platzierung bei Rennen vorzuliegen scheint. Neumayr et al. (11) geben die Bedeutung der aeroben Ausdauer unter weiteren Aspekten als sehr wichtig an. So soll die Regenerationsfähigkeit zwischen den einzelnen Trainingsfahrten und die Leistungsfähigkeit während einer Saison durch eine gute aerobe Ausdauerfähigkeit verbessert sein (11). In der Diskussion über leistungsbestimmende konditionelle Faktoren wird in der Literatur den anaeroben Prozessen ein hoher Stellenwert bei der Erbringung der sportartspezifischen Leistung eingeräumt (12, 18, 19). So ist der Wingate Anaerobic Test, eine anaerobe Testmethode, ein sehr guter Prädiktor für die erbrachte Leistung im alpinen Skilauf (17). Andersen und Montgomery (10) stellten eine Korrelation zwischen dem High-box Jump Test (ebenfalls eine 207
anaerobe Testmethode) und der im Riesentorlauf erbrachten Leistung fest. Die Bedeutung anaerober energieliefender Prozesse wird auch an der hohen Laktatproduktion während der Belastung sichtbar. Veicsteinas et al. (14) konnten bei Mitgliedern der italienischen Nationalmannschaft im Riesentorlauf Laktatwerte von 10±2 mmol·L-1 oder im Slalom von 14±2 mmol·L-1 messen. Neumayr et al. (11) geben sogar Spitzenwerte von 15 mmol·L-1 an. Die Laktatwerte bei Trainingsläufen des Schweizer Slalomteams lagen ebenfalls bei 10 mmol·L-1 (bei einer Laufzeit von 25 – 45 Sekunden und einer durchschnittlichen Erholung von 17 Minuten zwischen den Trainingsläufen) (20). Kraftausdauer kann daher als eine dominierende Komponente der konditionellen Fähigkeiten gesehen werden. Die hohe Intensität des alpinen Skirennlaufs ist auch an der hohen erreichten maximalen Herzfrequenz (worauf Tesch et al. schon 1978 hinwiesen (21)) sichtbar. So haben Veicsteinas et al. (14) am Ende eines Laufes eine maximale Herzfrequenz von 180±9 Schlägen pro Minute gemessen. Skirennläufer erreichen beim Riesenslalom 90 % (21) bzw. 87 – 95 % (22) ihrer VO₂max, Ergebnisse, die allerdings nicht eindeutig interpretierbar sind (4). Den anaeroben energieliefernden Prozessen wäre daher auf Grund vorliegender Studien bezüglich der physiologischen leistungsbestimmenden Faktoren ein großer Stellenwert bei der Erbringung der sportartspezifischen Leistung einzuräumen. Aufgrund unterschiedlicher Studienergebnisse (die möglicherweise auch in den unterschiedlichen Erhebungsjahren und damit durch den Wandel der Skitechnik begründet sein könnten) scheint eine eindeutige Dominanz einzelner konditioneller Fähigkeiten als alleiniger leistungsbestimmender Faktor aktuell wissenschaftlich nicht nachweisbar zu sein. Eine Meinung, die durch neueste Untersuchungsergebnisse an deutschen Kaderathleten bestätigt wird (23). In einer sowohl Längs- als auch Querschnittsanalyse wurde lediglich ein positiver Einfluss der fettfreien Masse und der Höhe der Ferritinwerte auf die Leistungsfähigkeit festgestellt (23). Ein Zusammenhang zwischen aerober oder anaerober Leistungsfähigkeit und dem Erfolg konnte wissenschaftlich nicht begründet werden (23). Wie biomechanische Untersuchungen zeigen, treten im Skirennsport nicht nur hohe kardiorespiratorische und metabolische Belastungsreaktionen, sondern auch hohe, in den verschiedenen Disziplinen unterschiedliche Bodenreak tionskräfte (24) auf, die mit der Kurssetzung in Zusammenhang stehen (25). Die höchsten Bodenreaktionskräfte wurden im Riesenslalom, gefolgt von Super-G und Abfahrt gemessen (24). Diese hohen Bodenreaktionskräfte bedingen erhebliche Muskelkräfte (Kräfte, welche durch die Bein- und Rumpfmuskulatur optimal koordiniert (26) aufgefangen werden müssen). Beim alpinen 208
Skisport dominiert die exzentrische Muskelarbeit (26), da bei jedem Schwung hohe äußere Kräfte wirken, die mit Bremsbewegungen – also exzentrischer Muskelarbeit – abgefangen werden müssen. Exzentrisch aktiv ist ein Muskel, wenn er während seiner Kraftentwicklung durch eine höhere äußere Last gedehnt wird (27). Dem exzentrischen Kraftvermögen ist daher bezüglich der physiologischen leistungsbestimmenden Faktoren ein großer Stellenwert bei der Erbringung der sportartspezifischen Leistung einzuräumen (26). Das Fehlen eines Zusammenhangs zwischen dem Kraftvermögen und den Platzierungen im Weltcup, wie sie Neumayr et al. (11) beschrieben haben, könnte daher auch darauf zurückzuführen sein, dass in dieser Studie das Kraftvermögen in konzentrischer (der Muskel verkürzt sich während der Kraftentwicklung und leistet Beschleunigungsarbeit) und nicht in der im alpinen Skilauf dominanten exzentrischen Arbeitsweise getestet wurde. Bei exzentrischer Muskelarbeit kann eine um 30 bis 50 % höhere Maximalkraft erreicht werden (Abb. 1) (27). Da exzentrische Belastungen das muskuläre System mechanisch stark belasten (27, 28), können ungewohnte oder sehr hohe exzentrische Belastungen die Muskelstruktur beschädigen und zu Muskelkater führen (26, 27). Diese Schäden bewirken eine vorübergehende deutliche Abnahme der Kraftfähigkeiten,
Abb. 1: Ein 42 Jahre alter Freizeitskifahrer (VO2max: 41.5 ml·kg-1·min-1) wurde isokinetischen Krafttests am CON-TREX (CMV AG, Zürich, Schweiz) bei einer Winkelgeschwindigkeit von 60°s-1 in konzentrischer und exzentrischer Arbeitsweise unterzogen. Die maximalen Drehmomentswerte in exzentrischer Arbeitsweise betragen 276 N·m für die Streck- und 196 N·m für die Beugemuskulatur. Im Vergleich dazu wurden maximale Drehmomente von 190 N·m für die Streck- und 135 N·m für die Beugemuskulatur in konzentrischer Arbeitsweise gemessen.
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der Beweglichkeit und der muskeleigenen Energiereserven (Glykogen). Während 10 bis 14 Tagen können so Trainings- und Wettkampfleistungen negativ beeinflusst werden. Der systematische Einsatz Exzentrik basierter Trainingsformen ist daher auch im Skirennsport attraktiv im Hinblick auf Leistungssteigerung, Verletzungsprävention und Rehabilitation (26, 29). Exzentrisches Krafttraining macht die Muskulatur schneller, länger und beweglicher (26, 27, 29). Dies manifestiert sich funktionell in verbesserten Schnellkraftfähigkeiten sowie einer Erhöhung der optimalen Muskellänge für die maximale Kraftentwicklung, was das Risiko für muskuläre Verletzungen wie Zerrungen oder Faserrisse senkt (26 – 29).
FREIZEITSKILAUF Im Breitensport nimmt die aerobe Ausdauerfähigkeit einen höheren Stellenwert ein, da die Belastungszeiten wesentlich länger sind als im Leistungssport. Scheiber et al. (6) zeigten, dass Hobbyskiläufer je nach Skitechnik für eine Strecke von 1400 m zwischen 4:15 – 5:28 Minuten benötigten und damit wesentlich länger unterwegs waren als Leistungssportler auf vergleichbarer Strecke. Die Dauer (Fahrzeiten von ungefähr 5 Minuten) und Intensität der Belastung werden bei Freizeitskifahrern primär durch die Streckenlänge und die zu überwindende Höhendifferenz bestimmt (6). Rosenhagen et al. (30) stellten fest, dass Skifahrer im Alter von 25,7 (±2,3) Jahren mit mittlerem skifahrerischen Können sich im Tagesverlauf zu 61 % der Gesamtfahrzeit mit einer Intensität von unter 40 % ihrer maximalen Herzfrequenz und nur 15 % mit einer Herzfrequenz von über 60 % bewegen. Scheiber et al. (31) konnten bei älteren Skifahrern (Alter: 61,1±5,6 Jahre) in Abhängigkeit von der Skitechnik und je nachdem, ob die Probanden frei oder unter Anleitung eines Instruk tors die Sportart ausübten, Laktatwerte zwischen 1,45±0,50 mmol·L-1 und 2,00±0,74 mmol·L-1 feststellen. Die Herzfrequenz variierte zwischen 106±15 und 120±15 Schlägen pro Minute. Auch Burtscher et al. (32) kamen bei älteren Freizeitskifahrern zum Ergebnis, dass nur moderate kardiorespiratorische und metabolische Belastungsreaktionen (die mittlere Herzfrequenz betrug 127 Schläge pro Minute bei einer Laktatkonzentration von 3,1 mmol·L-1) auftraten. Darüber hinaus wurde eine signifikante Erhöhung der Herzfrequenz bei einer steilen Abfahrt mit hoher Intensität gegenüber dem Fahren auf flacher Piste mit geringer Intensität gemessen. Die angeführten Studien stimmen gut mit den Ergebnissen früherer Untersuchungen (9, 33) überein, sodass im Allge210
meinen im Freizeitskilauf bezogen auf die gesamte Tagesbelastung von moderaten kardiorespiratorischen und metabolischen Belastungsreaktionen (die Energiebereitstellung erfolgt primär aerob) auszugehen ist. Eine vor kurzem publizierte Studie von Burtscher et al. (34) hebt zudem hervor, dass regelmäßig betriebener Skisport kardiovaskuläre Risikofaktoren senkt. Allerdings kann es in Abhängigkeit vom Streckenprofil und der gewählten Fahrtechnik doch kurzfristig zu beträchtlichen Herzfrequenz- und Blutdruckspitzen selbst bei älteren Freizeitskiläufern kommen (6). Auf Grund des großen Stellenwertes der aeroben Ausdauerfähigkeit sollte die optimale Vorbereitung des Freizeit skifahrers ein aerobes Ausdauertraining beinhalten. Während im Breitensport von moderaten kardiorespiratorischen und metabolischen Belastungsreaktionen auszugehen ist, wird auch dem Freizeitskifahrer ein hohes exzentrisches Kraftvermögen abverlangt. Es sind aber gerade diese exzentrischen Muskelbelastungen, auf die der Freizeitskifahrer häufig nicht ausreichend konditioniert ist (Abb. 2). Der Einsatz Exzentrik basierter Trainingsformen ist im Hinblick auf Leistungssteigerung, Verletzungsprävention und Rehabilitation auch für den Breitensportler attraktiv und sollte regelmäßig
Abb. 2: Beim selben Skifahrer wie in Abbildung 1 wurden isokinetische Krafttests vor (vor) und nach (nach) einem Skitag (4 Stunden Skifahren mit 30 min Pause nach 2 Stunden) durchgeführt. Bei diesem Skifahrer mit guter aerober Ausdauer konnte ausschließlich eine Abnahme des exzentrischen Kraftvermögens der Streckmuskulatur von 276 N·m vor auf 255 N·m (-21 N·m) nach der 4 stündigen Belastung festgestellt werden. Dieses Ergebnis zeigt, wie wichtig der Einsatz Exzentrik basierter Trainingsformen auch für den Freizeitskifahrer ist.
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© ÖSV/Erich Spiess
auch vom Breitensportler im Training eingebaut werden (26). Neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass Muskelkater nicht nötig ist, um vom exzentrischen Trainingsreiz zu profitieren (35). Wichtig ist deshalb, exzentrische Belastungen regelmäßig im Training einzubauen und den Belastungsanstieg so zu dosieren, dass möglichst wenig Muskelkater auftritt.
Abb. 3: Der alpine Skirennsport ist eine Sportart mit einem vielseitigen Anforderungsprofil. Ob es einen Zusammenhang zwischen aerober oder anaerober Ausdauer und dem Erfolg im alpinen Skirennsport gibt, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Ein eindeutiger Beweis für die Bedeutung einer dieser beiden konditionellen Fähigkeiten als leistungsbestimmender Faktor in unmittelbarem Zusammenhang mit der Platzierung bei Rennen liegt aktuell nicht vor.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass in der Literatur der Stellenwert der aeroben bzw. anaeroben Prozesse bei der Erbringung der sportartspezifischen Leistung im alpinen Skirennsport kontrovers diskutiert wird. Ein Zusammenhang zwischen aerober oder anaerober Leistungsfähigkeit und dem Erfolg konnte wissenschaftlich nicht begründet werden. Da beim alpinen Skisport die exzentrische Muskelarbeit dominiert, wird übereinstimmend dem exzentrischen Kraftvermögen ein großer Stellenwert bei der Erbringung der sportartspezifischen Leistung eingeräumt. In der Literatur wird für den Freizeitskifahrer der aeroben Ausdauerfähigkeit ein höherer Stellenwert zugeschrieben und nicht zuletzt auch unter dem Gesichtspunkt der Verletzungsprävention die Bedeutung des exzentrischen Kraftvermögens betont. 212
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❙ Michael Angermann ❙
Vorbereitung auf einen Wettkampf in Höhenlage aus der Sicht der Trainingspraxis Pre-acclimatisation for competitions at altitude from the coache’s point of view
SUMMARY The athlete’s performance at altitude is significantly influenced by reduced oxy gen supply and reduced air resistance. At altitude the performance of aerobic sports is limited to hypoxia. In addition, the effect of hypoxia on maximal oxygen uptake and performance shows a great interindividual variability which is closely related to the athlete’s ability to keep oxygen saturation high. In sports characterized by high speed, performance may even be better at altitude compared to sea level due to lower air resistance. Furthermore, lower air resistance requires an adjustment in movement coordination and timing in sports with a high skill component or sports with flying sports equipment respectively projectiles. The extent of the effect of altitude and hypoxia on performance depends on the absolute elevation as well as on exercise duration, intensity, and load profile. Hence, the purpose of specific altitude acclimatisation is to improve performance at altitude, to adapt movement technique and if possible to become familiar with the competition venue. The first step in the preparation of the athlete is to determine the individual sensitivity to hypoxia by means of performance diagnostics. A period of at least 14 days of acclimatisation is ideal to prepare for a competition at medium altitude (1500–3000 m). Alternatives are the “fly in, fly out” concept (arriving shortly before the competition) or long-term adaptation strategies (“altitude training chains”, change of residence). The preparation should take place at 217
altitudes between 1800–2500 m. Furthermore, it is recommended to do the final preparation at an altitude corresponding to that of the competition. The training regime as well as all further arrangements need to be adapted to the invidual athlete. The basic rule is: reduce volume and intensity. Extend the time for regeneration between training sessions and for pauses during intervals. As acclimatisation progresses these parameters can gradually reach pre-altitude values. A critical point during altitude training is the implementation of fast, competition-specific training. Training can be monitored by measuring heart rate, lactate and rate of perceived exertion. However, one has to make certain modifications of these parameters compared to pre-altitude. It is recommended to monitor the acclimatisation process by examining certain values which can simply be measured (heart rate, lactate, oxygen saturation, body weight). As an alternative to permanent residence at terrestrial altitude athletes can be exposed to a hypoxic environment using commercially available devices. Intermittent hypoxia (passive or active) may help to improve the susceptibility to hypoxia and performance at altitude. Selective measures may support the performance and health of the athlete at altitude (e.g. fluid intake, iron status, nutrition). Keywords: altitude training, acclimatization, competition, sensitivity, hypoxia ZUSAMMENFASSUNG Die Leistungsfähigkeit des Athleten wird in der Höhe durch das verringerte Sauerstoffangebot als auch durch den reduzierten Luftwiderstand maßgeblich beeinflusst. Bei dominant aeroben Sportarten ist die Leistungsfähigkeit in der Höhe eingeschränkt. Es zeigt sich aber, dass der Effekt der Hypoxie auf die maximale Sauerstoffaufnahme und Leistungsfähigkeit interindividuell sehr unterschiedlich ist und einen engen Zusammenhang mit der Fähigkeit des Athleten aufweist, die Sauerstoffsättigung hoch zu halten. Bei Sportarten mit hohen Geschwindigkeiten kann die Leistung in der Höhe aufgrund des geringeren Luftwiderstandes sogar besser sein als in Tallage. Der geringere Luftwiderstand erfordert in koordinativ anspruchsvollen Sportarten und Sportarten mit fliegenden Sportgeräten bzw. Projektilen eine Anpassung in der Bewegungskoordination und des Timings. Das Ausmaß des Effektes der Höhe bzw. Hypoxie auf die Leistungsfähigkeit hängt von der absoluten Höhe sowie von der Belastungsdauer und -intensität als auch dem Belastungsprofil ab. Ziel einer Höhenvorbereitung ist es, die Leistungsfähigkeit in der Höhe zu verbessern, die Bewegungstechnik anzupassen und gegebenenfalls die Wettkampfstätte kennen zu lernen. 218
Der erste Schritt in der Vorbereitung des Athleten liegt darin, seine individuelle Höhensensitivität mittels Leistungsdiagnostik festzustellen. Idealerweise räumt man für die Vorbereitung auf einen Wettkampf in mittlerer Höhenlage einen Zeitraum von mindestens 14 Tagen ein. Alternativen dazu sind das „fly in, fly out“ Konzept (möglichst zeitnahe Anreise zum Wettkampfort) und langfristige Adaptationsstrategien (Höhentrainingsketten, Wohnortwechsel). Die Vorbereitung sollte in Höhen zwischen 1800–2500 m stattfinden. Es ist günstig, die unmittelbare Wettkampfvorbereitung in der aktuellen Wettkampfhöhe zu absolvieren. Aus trainingsmethodischer Sicht ist darauf zu achten, dass alle Trainings- und Begleitmaßnahmen möglichst individuell auf den einzelnen Athleten abgestimmt werden. Als Grundregel gilt: Umfang und Intensität reduzieren sowie Regenerations- und Pausenzeiten verlängern. Im Akklimatisationsverlauf werden diese Parameter schrittweise an die Werte vor dem Höhenaufenthalt angepasst. Ein entscheidender Punkt in der Höhenvorbereitung ist die Durchführung von schnellen, wettkampfspezifischen Trainingseinheiten. Zur Belastungssteuerung können mit bestimmten Modifikationen im Vergleich zur Tallage die Herzfrequenz, das Laktat und das subjektive Belastungsempfinden eingesetzt werden. Der Akklimatisationsverlauf wird mittels einfach zu erhebender Werte beobachtet (Herzfrequenz, Laktat, Sauerstoffsättigung, Körpergewicht). Als Alternative zum permanenten Aufenthalt in natürlicher Höhe gibt es die Möglichkeit auf maschinell erzeugte Hypoxie zurückzugreifen. Intermittierende Hypoxieexposition (passiv oder aktiv) kann dazu beitragen, die Höhensensitivität bzw. die Leistungsfähigkeit in der Höhe zu verbessern. Schlussendlich können gezielte Begleitmaßnahmen dazu beitragen, die Leistungsfähigkeit und Gesundheit des Athleten in der Höhe zu unterstützen (z.B. Flüssigkeitszufuhr, Eisenstatus, Ernährung). Schlüsselwörter: Höhe, Hypoxie, Training, Akklimatisation, Wettkampf, Höhensensitivität
EINLEITUNG Im Hochleistungssport geht es um das Erreichen von Höchstleistungen zu bestimmten Zeitpunkten unter bestimmten Umweltbedingungen. Die Vorbereitung von Athleten auf Wettkämpfe folgt genauen Trainingsplänen und strikten Vorbereitungsschemata. Diese Vorbereitungsstrategien müssen an die zu erwartenden Bedingungen des Wettkampfortes angepasst werden. Wettkämpfe, die in Höhenlagen stattfinden, stellen für die Athleten und Trainer eine beson219
dere Herausforderung dar. In der Höhe sind aus sportwissenschaftlicher Sicht der reduzierte Sauerstoffpartialdruck (physiologischer Aspekt) und der geringere Luftwiderstand (biomechanischer Aspekt) in Folge der verminderten Luftdichte die zentralen Gesichtspunkte. Aus sportpraktischer Sicht stellt die Gesunderhaltung des Athleten ein entscheidendes Kriterium dar. Es müssen daher auch die Nebeneffekte der Höhenexposition wie niedrigere Lufttemperatur, geringere Luftfeuchtigkeit und erhöhte Strahlung berücksichtigt werden. Speziell im Wintersport finden viele Wettkämpfe in niederen bis mittleren Höhenlagen statt. Bei Olympischen Winterspielen werden praktisch immer Wettkämpfe in Höhen über 1000 m durchgeführt. Beispiele hierfür sind: Salt Lake City 2002 – Schispringen (2131 m); Turin 2006 – Biathlon und Langlauf (1550–1650 m); Vancouver 2010 – Alpine Abfahrt (1600 m); Sochi 2014 – Nordische Bewerbe (~1500 m). Bei den kommenden alpinen Skiweltmeisterschaften 2015 in Vail/USA befindet sich der Wohnort der Athleten auf 2445 m und der Start der Rennen findet auf über 3000 m in Beaver Creek statt. Beispiele aus Sommersportarten sind die Straßenrad WM 1995 in Bogota/Kolumbien (2640 m), Fußballweltmeisterschaft 2010 in Johannesburg / Südafrika (1700 m) oder aber auch der Ironman Lake Tahoe/USA (>1890 m). In diesem Beitrag werden einerseits die akuten Auswirkungen der Hypoxie auf die Leistungsfähigkeit des Athleten dargestellt und andererseits werden Möglichkeiten und Wege vorgestellt, wie man sich bestmöglich auf einen Wettkampf in Höhenlage vorbereiten kann.
AUSWIRKUNGEN DER HÖHE AUF DIE LEISTUNGSFÄHIGKEIT Je nach Aufstiegshöhe kann man verschiedene Höhenstufen unterscheiden. Die Ausdauerleistungsfähigkeit von Spitzenathleten ist schon in geringer Höhe (>500 m) reduziert (1, 2). Aus sportpraktischer Sicht scheint daher vor allem unter 2000 m eine „feinere“ Unterteilung als allgemein üblich sinnvoll zu sein (3, International Society for Mountain Medicine). Köhle et al. definieren folgende Höhenstufen: 0–500 m = Tallage; 500–2000 m = Niedere Höhe; 2000–3000 m = Mittlere Höhe; 3000–5500 m = Große Höhe; > 5500 m = Extreme Höhe (4). Der Köper reagiert auf das reduzierte Sauerstoffangebot sehr rasch. Die Ventilation und die Herzfrequenz erhöhen sich als Erstreaktion auf die reduzierte Sauerstoffsättigung (SaO₂). In weiterer Folge kommt es zu einer respiratorischen Alkalose und einer Hämokonzentration. 220
Aus der Sicht der Praxis sind für die Leistungsfähigkeit in der Höhe folgende Punkte entscheidend (5): 1. Reduziertes Sauerstoffangebot während der Belastung als auch in den Erholungspausen. 2. Effekt der reduzierten Luftdichte auf den Luftwiderstand und Auftrieb in Bezug auf den eigenen Körper als auch auf Sportgeräte bzw. Projektile. 3. Akklimatisationsprozesse, die den Sauerstofftransport bzw. die Sauerstoffnutzung verbessern und den Säure-Basen-Haushalt anpassen. Veränderungen treten auch bei der motorischen Steuerungsfähigkeit (Technik) auf. Das Ausmaß der oben genannten Faktoren auf die sportliche Leistungsfähigkeit hängt von verschiedenen Einflüssen ab. Neben der (absoluten) Höhe sind die Belastungsdauer und -intensität als auch das Belastungsprofil der jeweiligen Sportart von Bedeutung. Repräsentative Beispiele hierfür sind: Bob-Start (maximale Sprintleistung), Eishockey (Stop-and-Go Belastungen von mittlerer Dauer mit Intervallcharakter), Langlauf (Dauerbelastung). Ferner kann sich die Höhe je nach Leistungsstruktur der einzelnen Sportarten unterschiedlich auswirken (lokale Muskelausdauer im Eisschnelllauf vs. Ganzkörperbelastung im Skilanglauf vs. dominant koordinative Anforderung im Skisprung). Ein weiterer Aspekt, der in Betracht gezogen werden muss, betrifft die „Höhentauglichkeit“ des Athleten. Damit sind die individuell unterschiedlichen Reaktionen des Athleten auf die in der Höhe auftretenden hypoxischen Bedingungen gemeint. Die Höhe des Wohnortes des Athleten kann diesbezüglich von entscheidender Bedeutung sein. Akute Höhenexposition Für den Ausdauerathleten ist der in der Höhe reduzierte Sauerstoffpartialdruck von großer Bedeutung. Es konnte gezeigt werden, dass es eine hohe Korrelation zwischen dem Abfall der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max: ca. 7,7 %/1000 m) und jenem der SaO₂ (ca. 5,5 %/1000 m) gibt (2). Bei Spitzenathleten führt jeder Aufstieg in größere Höhen zu einer Abnahme der aeroben Leistungsfähigkeit. Man geht heutzutage nicht mehr von der Annahme aus, dass es eine sogenannte „threshold altitude“ gibt, unter welcher keine Leistungseinbußen zu erwarten sind. Dargestellt am Beispiel der Leichtathletik erwartet man eine reduzierte Wettkampfleistung für alle Läufe länger als 400 m (Abb.1, A). Bei kürzeren Distanzen und höheren Laufgeschwindigkeiten kann aber der leistungsmindernde Effekt der Höhe durch den geringeren Luftwiderstand wettgemacht werden (Abb. 1, B). Die anaerobe Leistungsfähig221
A
B
Abb. 1: Darstellung des theoretischen Einflusses der Höhe auf die Leistungsfähigkeit. A: am Beispiel der Leichtathletik (13) und B: am Beispiel des 1-Stunden-Weltrekordes* im Bahnradfahren (14) in: Wilber (34). * Anmerkung: Der aktuelle Weltrekord (Stand Mai 2014) wurde im Oktober 2003 mit 46,065 km von Leontien Zijlaard-van Moorsel (Niederlande) in Mexiko-Stadt (2301 m) aufgestellt.
keit ist in der Höhe kaum bis nicht reduziert. Dies konnte einerseits für den Wingate-Test in 3200 m Höhe (6) als auch für wiederholte Sprintleistungen mit ausreichender Erholungszeit in 2100 m (7) nachgewiesen werden. Individuelle Höhensensitivität Die Athleten reagieren individuell sehr verschieden auf Hypoxie. Die unterschiedliche Höhensensitivität drückt sich zum Beispiel bei einem Elite-Lang läufer in einer Abnahme der VO₂max von 15 % in 3200 m Höhe aus, während ein anderer Athlet den gleich großen Abfall bereits auf 1800 m zeigt (8). 70–85 % des Rückgangs der VO₂max kann durch den Abfall der SaO₂ erklärt werden (2, 9). Es konnte gezeigt werden, dass ca. 50 % der männlichen Elite-Ausdauerathleten bereits unter normoxischen Bedingungen bei Ausbelastung einen signifikanten Abfall der SaO₂ zeigen (10). Dieser Prozentsatz liegt möglicherweise bei Frauen noch höher (11). In diesem Zusammenhang spricht man von einer „exercise-induced arterial hypoxemia“ (EIH = SaO₂ < 91 %). Weiters gehen Powers et al. davon aus, dass jeder Abfall der SaO₂ um 1 % unter 92–93 % einen Abfall der VO₂max von 1 % bewirkt (10). Zusammenfassend 222
kann man für den Elite-Ausdauerathleten feststellen, dass die „Verteidigung“ der SaO₂ für die Leistungsfähigkeit bei (akuter) Hypoxieexposition von entscheidender Bedeutung ist. Effekt der Luftdichte Mit zunehmender Höhe nimmt die Luftdichte ab (~ 3 %/305 m) und somit reduziert sich der Luftwiderstand (5). Dieser Umstand spielt bei allen Sportarten eine wichtige Rolle, die durch hohe Geschwindigkeiten (Körper oder Sportgeräte) charakterisiert sind. Auftrieb und Widerstand sind in 1500 m um ca. 15 % verringert. Dies führt z.B. dazu, dass Projektile und Bälle weiter und flacher fliegen. In der Praxis bedeutet dieser Umstand, dass Athleten sich auf die zu erwartenden höheren Geschwindigkeiten vorbereiten und gegebenenfalls Anpassungen in der Bewegungstechnik vornehmen müssen. Ein an die Höhe angepasstes Timing spielt in Sportarten wie Eiskunstlauf (erhöhte Rotationsgeschwindigkeit) oder aber auch Skispringen (erhöhte Anlaufgeschwindigkeit aufgrund eines geringeren Auftriebes in der Flugphase) eine leistungsbestimmende Rolle. Messungen und mathematische Modellierungen zeigen am Beispiel des Skisprungs, dass bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City 2002 die Anlaufgeschwindigkeit aufgrund der Höhenlage (2131 m) um rund 4 % erhöht war (veränderte Antizipation des Absprunges) und folglich die Athleten mit 8 % höheren Luftkräften konfrontiert waren (12). Wie bereits am Beispiel des 1-Stunden-Bahnradweltrekordes dargestellt (13, 14), ist es in der Höhe aufgrund der günstigeren aerodynamischen Bedingungen leichter, hohe Geschwindigkeiten zu erreichen. Windtunnelmessungen und mathematische Modellierungen im Eisschnelllauf ergeben für alle Distanzen von 500 m bis 10000 m einen Vorteil bei Rennen in Höhenlagen im Vergleich zu Rennen auf Meereshöhe (15, 16). Diese Annahme wird durch die aktuelle olympische Rekordliste gestützt. Die Hälfte aller olympischen Rekorde wurden selbst nach 12 Jahren Trainings- und Sportgeräteentwicklung bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City 2002 (1320 m) aufgestellt. Aus der Sicht des Trainers ist es daher entscheidend, den Athleten einerseits auf die geforderten (höheren) Geschwindigkeiten als auch auf die veränderten neuromuskulären Anforderungen (größere Fliehkräfte in den Kurven) vorzubereiten. Ferner kann es nötig sein, die Rennstrategie anzupassen.
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STRATEGIEN ZUR AKKLIMATISATION Chronische Hypoxieexposition führt zu einer Reihe von physiologischen Anpassungen, die einerseits den Sauerstofftransport zur Zelle (erhöhte Hämoglobinmenge und verstärkte Atmung) (17–19) als auch die Extraktion und Nutzung des Sauerstoffes in der Muskulatur verbessern (Kapillardichte, Myoglobingehalt, Mitochondriendichte) (20, 21). Prinzipiell besteht zwischen der Planung eines Höhentrainings und der Vorbereitung für einen Wettkampf in Höhenlage ein enger trainingsmethodischer Zusammenhang. Man könnte sogar behaupten, dass die Akklimatisation für einen Wettkampf in Höhenlage praktisch gesehen ein „verkürztes“ Höhentraining darstellt. Unterschiede bestehen hauptsächlich in der zeitlichen Planung und der Belastungsanforderung. Beim Höhentraining steht eine gewisse Zeitspanne zur Verfügung, in der vorrangig die Entwicklung der (submaximalen) Leistungsfähigkeit im Vordergrund steht. Dem gegenüber liegt bei der Akklimatisation das Hauptaugenmerk darauf, die in der Höhe verminderte maximale Leistungsfähigkeit wieder zurück zu gewinnen. Die Herausforderung liegt darin, bestmöglich zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt vorbereitet zu sein. Die Hauptziele während der Akklimatisation sind: 1. Aerobe Leistungsfähigkeit zurückgewinnen. 2. Anpassung an den veränderten Säure-Basen-Haushalt. 3. Anpassung der Bewegungstechnik und Sportgeräte an die veränderten aerodynamischen Gegebenheiten. 4. Kennenlernen der Wettkampfstätten und der Wettkampfbedingungen (z.B. Eis- und Schneebeschaffenheit). 5. Sicherstellung der neuromuskulären Aktivierungsfähigkeit (22, 23). Während des Akklimatisationsprozesses besteht die trainingsmethodische Herausforderung darin, die positiven angestrebten Anpassungsmechanismen (z.B. Ventilation, Herz-Kreislauf-System, Laktatstoffwechsel, Blut) mit den negativen Auswirkungen der Höhenexposition (z.B. in Umfang und Intensität reduziertes Training, erhöhte Anfälligkeit für Krankheiten) in Balance zu halten. Weiters steigt in der Höhe der oxidative Stress an, die Regenerationszeiten verlängern sich, oftmals ist die Schlafqualität vermindert und der logistische Aufwand steigt. 224
Auch der Akklimatisationsverlauf ist ein individuell unterschiedlich ablaufender Prozess wie die Daten von Dill & Adams beweisen (24). Sie konnten zeigen, dass es Athleten gibt, die bereits nach 2 Tagen Akklimatisation auf 3090 m ihre maximale aerobe Leistungsfähigkeit nach einem initialen Abfall stabilisieren können wohingegen andere Athleten dafür bis zu 7 Tage brauchen. Für Athleten, Trainer und Sportwissenschafter stellen sich in Hinblick auf eine optimale Vorbereitung auf einen Wettkampf in Höhenlage folgende Kern fragen: 1. Welcher Athlet reagiert wie auf die Hypoxie? 2. In welcher Höhe findet die Vorbereitung statt („Wie hoch?“)? 3. Wie viel Zeit wird für die Akklimatisierung eingeräumt („Wie lange?“)? 4. Wie wird das Training während der Akklimatisierung gestaltet („Wie trainieren“)? 5. Welche Methoden stehen zur Verfügung (permanenter Höhenaufenthalt, normobare oder hypobare Hypoxie)? Welcher Athlet reagiert wie auf die Höhe? Idealerweise wird vor Beginn der Akklimatisation ein Leistungstest in Normoxie und Hypoxie durchgeführt. Dabei wird der Abfall der VO₂max, der maximalen Leistungsfähigkeit und der SaO₂ bei Ausbelastung festgestellt. Ergänzend können auch das Verhalten der Herzfrequenz und der Ventilation zur Beurteilung der Testergebnisse herangezogen werden. Sollte nicht die Möglichkeit bestehen, einen Test in Hypoxie durchführen zu können, kann auch aus dem Abfall der SaO₂ in Normoxie auf die Belastungsverträglichkeit in Hypoxie geschlossen werden. Chapman berichtet, dass Athleten welche in Normoxie bei Ausbelastung einen Abfall der SaO₂ unter 91 % zeigen, schon ab Höhen von 1000 m einen Nachteil haben gegenüber Athleten, welche die Sättigung hoch halten können (25). In der Vorbereitung auf Großwettkämpfe versuchen Mannschaften und Athleten, die Wettkampfstätten bereits im Vorfeld kennenzulernen. Gerade für Wettkämpfe in Höhenlagen macht dies Sinn, da man auf diese Weise die individuellen Reaktionen der einzelnen Athleten während des Höhenaufenthaltes beobachten kann. Von Interesse sind dabei die Leistungsfähigkeit, die Belastungsverträglichkeit, das subjektive Belastungsempfinden und das Regenerations- und Schlafverhalten in der Höhe. Weiters können auch logistische Aspekte (Transport vom Wohnort zur Wettkampfstätte) oder die Zeitverschiebung bei Überseewettkämpfen von Bedeutung sein. 225
In welcher Höhe findet die Vorbereitung statt („Wie hoch?“)? Für Wettkämpfe, die in Höhen bis 2500 m stattfinden, kann eine Wohnhöhe von 1800–2500 m empfohlen werden. Ein längerer Aufenthalt über 2500 m kann die Schlafqualität und Regenerationsfähigkeit negativ beeinflussen, zudem steigt die Gefahr des Auftretens von Symptomen der akuten Bergkrankheit. Levine et al. konnten zeigen, dass eine große Wohnhöhe (2800 m) zu deutlich größeren Leistungseinbußen (3000 m Lauf auf 1800 m) führt als Wohnen in 1800 m Höhe (26). Jedoch scheint für die optimale Akklimatisierung, die sich in einer Zunahme der VO₂max von 1,4 %/Woche manifestiert, ein gewisser Hypoxiereiz (> 2000 m) notwendig zu sein (27). Retrospektive Spielanalysen der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika 2010 belegen, dass eine wohl überlegte Wohnhöhe ein Puzzlestein des Erfolges sein kann (28). Es zeigte sich, dass jene Mannschaften, welche auf 950–1700 m wohnten erfolgreicher waren als Mannschaften, die auf Meereshöhe wohnten. Detailliert betrachtet war die Gewinnchance für die Teams mit Höhenvorbereitung größer. Bei Spielen in Johannisburg (~1700 m) konnten sie speziell in der 2. Halbzeit mehr Tore erzielen. Wie viel Zeit wird für die Akklimatisierung eingeräumt („Wie lange?“)? Grundsätzlich spielen bei der Planung der Höhenvorbereitung neben physiologischen und biomechanischen Überlegungen auch logistische und finanzielle Aspekte eine bedeutende Rolle. Die minimale Vorbereitungszeit auf Wettkämpfe in niederer Höhenlage beträgt 3–5 Tage. Schuler et al. konnten bei Elite-Radfahrern zeigen, dass sich die bei akuter Höhenexposition (2340 m) um 12,8 % bzw. 25,8 % abnehmen. Während einer 14-tägigen Akklimatisierung verbessert sich die VO₂max um ca. 4 % bzw. die Leistungsfähigkeit um ca. 6 % pro Woche (29). Nach 14 Tagen flacht die Anpassungskurve deutlich ab. Aus diesen Ergebnissen lässt sich ableiten, dass eine 14-tägige Höhenvorbereitung im Sinne einer Nutzen-Aufwand Rechnung am günstigsten scheint und daher eine Verlängerung nicht zwingend notwendig ist. Eine vollständige Wiederherstellung der (aeroben) Leistungsfähigkeit in der Höhe ist unabhängig von der Länge der Akklimatisierung nicht möglich (27). Während andere Autoren für Wettkämpfe in mittlerer Höhenlage eine Akklimatisationszeit von nur 1–2 Wochen empfehlen (30, 31) sind die Empfehlungen von Rusko wesentlich konservativer (32). Er empfiehlt längere Vorbereitungszeiten (für Wettkämpfe auf 600–1200 m 1–2 Wochen, für Wettkämpfe auf 1500–1800 m 4–5 Wochen) und geht von einer vollständigen Akklimatisation nach 6–8 226
Wochen aus. Weiters empfiehlt er eine Wohn- und Trainingshöhe von 2000– 2500 m. Diese Zeitspannen scheinen aber aus praktischer Sicht (Wettkampfkalender) für viele Sportarten nur schwer realisierbar zu sein. Die sogenannte „fly in, fly out“ Strategie (27, 31) beschreibt eine möglichst kurzfristige Anreise zu Wettkämpfen/Spielen in Höhenlagen. Sie wird z.B. bei Fußballspielen in Lateinamerika (2100–3600 m) angewandt, bei denen die Teams nur Stunden vor einem Spiel anreisen. Vorteil dieser Strategie ist die Vermeidung von Plasmavolumenverlusten, der Ausscheidung von Bikarbonat und von Schlafproblemen. Zugleich findet aber auch keine ventilatorische bzw. koordinative Anpassung an die Höhe statt. In diesem Zusammenhang sind die Daten von West et al. interessant, die zeigen, dass sich die Leistungsfähigkeit (shuttle-run-test) in 1700 m Höhe bei akuter Exposition verschlechtert, aber im Zeitverlauf (gemessen nach 6, 18 und 47 Stunden) mit jeder Stunde Höhenaufenthalt zunimmt. Er empfiehlt daher, so früh wie möglich an den Wettkampfort anzureisen (33). Auch für Sportarten, bei denen die aerobe Leistungsfähigkeit nicht leistungsbestimmend ist, die aber einen hohen koordinativen Anteil aufweisen bzw. bei denen hohe Geschwindigkeiten realisiert werden, muss eine ausreichende Akklimatisierung zur Anpassung der Bewegungstechnik eingeplant werden. Trainingspraktiker berichten, dass langfristige Anpassungen an die Hypoxie bzw. eine bessere Hypoxietoleranz auch durch sogenannte „Höhentrainingsketten“ erreicht werden können. Sie sprechen in diesem Zusammenhang von „Erinnerungsreizen“. Weiters gibt es Beispiele von Spitzensportlern, die ihren Wohnsitz für die Vorbereitung auf einen Wettkampf in Höhenlage (z.B. Amerikanisches Short Track Team bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City 2002) permanent verlegen (34). Wie wird das Training während der Akklimatisierungsphase gestaltet („Wie trainieren?“)? Speziell in der Höhe müssen die allgemeinen Grundregeln der Trainingslehre hinsichtlich der Trainingsplanung und Belastungssteuerung beachtet werden. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Belastung und Erholung als auch Anpassungen in der Trainingsintensität sind für die erfolgreiche Akklimatisierung entscheidend und verringern die Gefahr des Auftretens eines Überlastungszustandes („overreaching“ bzw. Übertraining). Aus der trainingswissenschaftlichen Literatur kann man folgenden Leitsatz ableiten: Gesamtumfang und Intensität reduzieren – Regenerations- und Pausenzeiten verlängern! 227
Einen sehr guten Überblick über die konkrete Trainingsplanung und -steuerung verschiedener Sportarten und Nationen findet man bei Wilber (34). Folgende Richtlinien können aus der Vorbereitung des Olympiateams der USA auf die Olympischen Spiele 2002 abgeleitet werden: Der Gesamttrainingsumfang wird in den ersten 2 Wochen des Höhenaufenthaltes um 10–20 % reduziert und dann schrittweise bis zur 5.–6. Woche wieder auf das Ursprungsniveau angehoben. Für das Intervalltraining wird bezüglich der Trainingsintensität eine anfängliche Reduktion um 5–7 % mit einer schrittweisen Steigerung um 0,5–1 %/Woche bis auf 100 % vorgeschlagen. Die Pausenzeiten sollten zu Beginn des Höhenaufenthaltes deutlich verlängert werden (Abb. 2). Besonderes Augenmerk wurde darauf gelegt, dass alle Trainingsmaßnahmen individuell auf den einzelnen Athleten abgestimmt sind.
Abb. 2: Empfehlungen für die Trainingsanpassung bei Höhenaufenthalten zwischen 1800–3050 m. Der Gesamtumfang wird reduziert (A) während beim Intervalltraining die Intensität verringert und die Pausenzeit verlängert wird (B) (34).
A
B
228
Hinsichtlich der Verlängerung der Regenerationszeiten zwischen den einzelnen Trainingseinheiten gibt es folgende Vorschläge (35): leichtes Grundlagen ausdauertraining (< 3 mmol/l Laktat) kein Zuschlag, moderates bis schnelles Ausdauertraining (4–7 mmol/l Laktat) + 15 % auf 2500 m bzw. + 30 % auf 3000 m, Schwellentraining bzw. Wettkampftraining (> 7 mmol/l Laktat) + 30 % auf 2500 m bzw. bis zu + 60 % auf 3500 m. Bei wiederholten Sprintbelastungen, die trotz geringer Abhängigkeit vom Sauerstoffangebot zu einer Sauerstoffschuld führen, ist es wichtig, die Pausenzeiten zu verlängern. Bei einem Belastungs-Pausenverhältnis von 1:3 ist der Effekt der Höhe marginal, wohingegen bei einem Verhältnis von 1:1 die Sprintleistung in 2100 m Höhe um bis zu 10 % abnimmt (7). Es ist von Bedeutung, dass die Athleten in einem ausgeruhten und gesunden Zustand die Höhenvorbereitung beginnen. Trainingsmethodisch ist an den Anfang des Höhenaufenthaltes vorrangig niederintensives bis moderates Ausdauertraining zu stellen. Es können aber auch durchaus 1–2 Tempotrainingseinheiten pro Woche absolviert werden, um die wettkampfspezifische Leistungsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Um dabei keine Überanstrengung hervorzurufen, werden entweder die Pausenzeiten verlängert oder aber auch die Distanzen verkürzt (Unterdistanztraining) (36). Auch in der Höhe kann das Training mittels einfach messbarer Parameter (z.B. Herzfrequenz, Laktat, subjektives Belastungsempfinden) gesteuert werden. Man muss sich aber bewusst sein, dass jede Belastung in der Höhe abhängig vom Hypoxiegrad intensiver wirkt. Dies bedeutet, dass z.B. die gleiche (absolute) Laufgeschwindigkeit in 300 m Höhe bei 55 % der VO₂max absolviert wird, während in 2300 m Höhe knapp 65 % der VO₂max ausgeschöpft werden (37). Manche Trainer nutzen diesen Effekt ganz gezielt aus, um in der Höhe nochmals die Trainingsintensität steigern zu können (38). Rusko empfiehlt eine anfängliche Reduktion der Trainingsherzfrequenz um 5–10 Schläge (32). Weiters zeigen seine Daten, dass die Herzfrequenz-Laktatkurve in der Höhe anfänglich nach links verschoben ist und sich im Laufe des Höhenaufenthaltes (10–15 Tage) normalisiert. Daraus kann man für die Praxis folgende Schlüsse ziehen: bei gleicher Herzfrequenz wird bei zunehmender Adaptation die Geschwindigkeit/Leistung immer höher/besser. Ein Trainingserfolg stellt sich ein, wenn bei gleichen (absoluten) Belastungen die Laktatwerte sinken. Jedoch ist ein sehr starker Abfall der Laktatwerte nicht günstig zu bewerten. Die Ursache kann eine übermäßige Glykogenentleerung sein. Zu Beginn des Höhenaufenthaltes ist das Verhältnis von subjektivem Belastungsempfinden und (realer) Belastung verändert. Es ist daher zu empfehlen, anhand von biologischen Mes229
sungen (Laktat und Herzfrequenz) das subjektive Belastungsempfinden „neu zu eichen“. Mit fortschreitender Akklimatisierung kann man dazu übergehen, das Training wieder mehr über das „Gefühl“ bzw. die Wettkampfgeschwindigkeit zu steuern. Welche Methoden stehen zur Verfügung (permanenter Höhenaufenthalt, normobare oder hypobare Hypoxie)? Das Trainingsmodell mit Langzeit-Hypoxie-Exposition (live high – train low) wird an dieser Stelle nicht näher behandelt, der interessierte Leser findet einen guten Überblick bei Wilber (34), Chapman (18) und Millet (43). Alternativ zu einem permanenten Aufenthalt in natürlicher Höhe besteht die Möglichkeit, den Athleten maschinell erzeugten hypoxischen Bedingungen zu exponieren. Dabei handelt es sich entweder um „intermittent hypoxic training“ (IHT) oder „intermittent hypoxic exposure“ (IHE). IHT (= Training unter hypoxischen Bedingungen entsprechend 2000–3500 m Höhe) zielt darauf ab, die Leistungsfähigkeit, vorrangig via Anpassungen in der Muskelstruktur und des Stoffwechsels (Substratselektion, Pufferkapazität), zu verbessern. Von IHE (= Protokolle mit passiver Exposition im Minutenbereich) verspricht man sich in erster Linie eine verbesserte Atemantwort in Hypoxie (gesteigerte „hypoxic ventilatory response“). Es gibt Hinweise darauf, dass die hypobare Hypoxie einen stärkeren Effekt auf den Körper ausübt als die normobare Hypoxie (39, 40). Mögliche Ursachen für diese Beobachtung werden derzeit intensiv diskutiert (41, 42). Folgende Methoden / Geräte sind derzeit im Einsatz: • Stickstoffzufuhr (z.B. „Alti-Trainer“, Schweiz) → FiO2 ↓ • Sauerstofffiltration (z.B. „Hypoxico Altitude Tend“, USA; „Go2Altitude“, Australien) → FiO2 ↓ • Luftdruckreduktion (Unterdruckhäuser, Finnland; natürliche Höhe z.B. Kühtai/Österreich) → PiO2 ↓ Viele verschiedene Trainingskonzepte wurden bisher für das IHT entwickelt. Die Studienergebnisse sind diametral, abhängig von der Trainingshöhe, der totalen Hypoxieexpositionszeit, der Gesamttrainingsbelastung und der angewandten Methode (hypobar vs. normobar). Man geht aber davon aus, dass das IHT die VO₂max als auch die Leistungsfähigkeit in der Höhe verbessern kann und zur Vorbereitung von Athleten auf einen Höhenaufenthalt geeignet ist (8, 20, 21, 44, 45). Bei diesem Trainingskonzept können die Trainingseinheiten 230
in Hypoxie durchaus auch mit hoher Intensität (80–95 % der maximalen Herzfrequenz) durchgeführt werden (8, 46). Es ist aber streng auf eine ausgewogene Gesamtbelastungsverteilung zu achten (47). Für den Trainer gibt es in diesem Zusammenhang noch viel „kreativen“ Spielraum in der Trainingsplanung. Er kann sich als Hilfestellung am polarisierten Trainingsmodell orientieren (48, 49). Auch bezüglich der Effektivität von IHE als Akklimatisationsmethode für Athleten gibt es gegensätzliche Ergebnisse (27, 39, 51). Da der Effekt auf die verbesserte Atemantwort in Hypoxie reversibel ist, ist in jedem Fall darauf zu achten, dass die letzte Hypoxieexposition knapp vor dem Wettkampf stattfindet (31, 50). In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass in Italien seit 2005 per Gesetz der Einsatz von „hypobaric/hypoxic practices“ verboten ist (Abb. 3). Dieses Gesetz steht über den Regeln der World-Anti-DopingAgency (WADA) (45)!
Abb. 3: Mobile aufblasbare Hypoxiesysteme („Altitude Training Systems“, High Performance Unit, Australia). Die Aufbauzeit wird mit ca. 20 Minuten angegeben. Das Erreichen einer simulierten Höhe von 3500 m dauert ca. 45 Minuten. Angeboten wird ein 45 m langes Tunnelsystem und ein 8 x 10 m großes Spielfeld. Simulierte Höhen bis 5100 m können für zeitgleiches Training von 10 Athleten generiert werden (57).
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EMPFEHLUNGEN FÜR DIE PRAXIS Trainingsgeschwindigkeit Aus trainingspraktischer Sicht ist die Wiederherstellung bzw. der Erhalt der wettkampfspezifischen Leistungsfähigkeit in der Höhe von großer Bedeutung. Levine & Stray-Gundersen konnten zeigen, dass bei einem längeren Höhenaufenthalt (2500 m) aufgrund der eingeschränkten Leistungsfähigkeit die Gefahr eines De-Trainings besteht (17, 34). Um dieses Problem zu umgehen, werden in der Praxis folgende Trainingsmethoden bzw. trainingsmethodische Zugänge angewandt: • Einsatz von zusätzlichem Sauerstoff – hyperoxische Gasgemische in stationären oder mobilen Geräten (Abb. 4) (56) • Windschatten ausnützen • Bergab laufen • Verwendung schneller Fortbewegungsmittel (z.B. Inline Skates anstatt von Rollski im Langlauf) • Abstieg in geringere Höhen Ziel dieser Maßnahmen ist es, den maximalen Sauerstofffluss und die neuromuskuläre Aktivierungsfähigkeit aufrecht zu erhalten.
Abb. 4: Einsatz von zusätzlichem Sauerstoff in der Trainingspraxis (52).
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Verlauf der Akklimatisierung Zur Beobachtung der Akklimatisierung können folgende Messverfahren einfach eingesetzt werden: • Ruhepulsmessungen am Morgen (starker Anstieg ist hinsichtlich Gesundheits- und Trainingszustand kritisch zu bewerten) • Messung der SaO₂ in Ruhe und Belastung (sollte bei besserer Höhenanpassung ansteigen) • Messung des Belastungslaktates (im submaximalen Bereich sollten die Laktatwerte während der Akklimatisation sinken) • Protokollierung des Körpergewichtes • Messung der Herzfrequenzvariabilität (falls ausreichend Erfahrung damit besteht) • Psychologischer Fragebogen (z.B. EBF) Begleitmaßnahmen Der Erfolg des Höhenaufenthaltes hängt von vielerlei Faktoren ab. Speziell bei Athleten ist die psychophysische Belastung sehr hoch und daher sollten Maßnahmen getroffen werden, um den körperlichen als auch psychischen Stress möglichst gering zu halten – dazu zählen etwa: • Wasserhaushalt via Körpergewicht und Urinfarbe kontrollieren. • Trinkmenge erhöhen: ca.1 Liter Flüssigkeit/1000 m (37). • Mit vollen Eisenspeichern in die Höhe gehen und eisenreiche Kost zu sich nehmen. • Bei Eisenmangel mit 4 Wochen Vorlaufzeit Eisen + Vitamin B12, Folsäure und Vitamin C supplementieren (52). • Auf ausreichende Kohlenhydratzufuhr achten. • Aufgrund höherer Strahlung Sonnenschutz verwenden. • Wegen erhöhtem oxidativen Stress das Immunsystem stärken bzw. schützen (möglicher positiver Effekt von L-Carnitin (53, 54), Schlafklima, Kleidungswechsel, etc.). • Alternative Supplementierung von Koffein bei schlechter Atemantwort in Hypoxie (55).
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❙ Martin Niedermeier, Elena Pocecco, Hannes Gatterer, Martin Faulhaber ❙
Vorhersagemöglichkeiten der akuten Bergkrankheit Predictability of acute mountain sickness
SUMMARY Acute mountain sickness is a common phenomenon during exposure to high altitude. Since there are growing numbers of mountain tourists – recent estimates assume 100 billion of mountain tourists per year worldwide – the prevention of or at least the existence of predictive models for acute mountain sickness is more important. Hence, the purpose of the present study was to predict acute mountain sickness by parameters determined in normoxia. 32 subjects (♂: 53 %, ♀: 47 %, age: 38±12yrs, BMI: 23±3kg/m²) have been tested in a prospective field study design. Initial screening, spirometry and blood gas analysis in normoxia and exposure to natural high altitude (45 h, 3650 m) were parts of the study. Main parameter was the prevalence of acute mountain sickness. Multivariate logistic regression analyses were conducted to detect possible predictors for acute mountain sickness. The predictors training hours per week and arterial oxygen saturation showed the best regression model for the prevalence of acute mountain sickness (percentage of correctly predicted cases: 90 %, R²=59 %). Increased amount of training hours per week and decreased oxygen saturation lowered the probability to develop acute mountain sickness. The prediction model for the prevalence of acute mountain sickness showed very good values and represents a reliable alternative to existing prediction models. Additionally, the amount of training hours per week and arterial oxygen saturation are parameters which can be determined easily and without simulated high altitude. Recent literature reported inconsistent results concerning the prediction of acute mountain sickness by the amount of training 239
hours per week. On the basis of the current results, training hours per week deserves further attention when predicting acute mountain sickness. Future studies should evaluate the influence of training hours per week at different aerobic intensities. Keywords: oxygen saturation, prediction, training ZUSAMMENFASSUNG Bei Höhenaufenthalten ist die akute Bergkrankheit ein häufig beobachtetes Phänomen. Mit zunehmender Zahl der Bergtouristen – aktuelle Schätzungen gehen weltweit von 100 Millionen Bergtouristen pro Jahr aus – wird der Ruf nach präventiven Maßnahmen gegen die akute Bergkrankheit oder zumindest zuverlässigen Vorhersagemodellen immer lauter. Ziel der vorliegenden Studie war es daher, zu untersuchen, ob die Prävalenz der akuten Bergkrankheit durch in Normoxie erhobene Prädiktorvariablen vorhergesagt werden kann. Es wurden 32 Probanden (♂: 53 %, ♀: 47 %, Alter: 38±12 Jahre, BMI: 23±3 kg/ m²) in einer prospektiven Feldstudie untersucht. Die Studie beinhaltete Eingangsuntersuchung, Spirometrie und Blutgasanalyse in Normoxie und einen 45-stündigen Aufenthalt in natürlicher Höhe (3650 m). Hauptparameter war die Prävalenz der akuten Bergkrankheit. Es wurden multivariate logistische Regressionsanalysen durchgeführt, um potenzielle Prädiktoren für die akute Bergkrankheit zu finden. Der Trainingsumfang und die arterielle Sauerstoffsättigung konnten die Prävalenz der akuten Bergkrankheit am besten vorhersagen (Prozentsatz richtig vorhergesagter Fälle: 90 %, R²=59 %). Je höher der Trainingsumfang und je niedriger die Sauerstoffsättigung, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, akute Bergkrankheit zu entwickeln. Das Regressionsmodell für die Prävalenz der akuten Bergkrankheit zeigte im Vergleich mit der Literatur sehr gute Werte. Der Trainingsumfang und die Sauerstoffsättigung in Normoxie können einfach und ohne simulierten Höhenaufenthalt erhoben werden und stellen eine verlässliche Alternative zu vorhandenen Vorhersagemodellen dar. Auch, wenn der Trainingszustand in der Prädiktorforschung für akute Bergkrankheit widersprüchliche Ergebnisse lieferte, sollte der Trainingsumfang angesichts der vorliegenden Ergebnisse mehr Beachtung finden. Künftige Studien sollten vor allem den Einfluss des Trainingsumfangs bei unterschiedlichen Belastungsintensitäten untersuchen. Schlüsselwörter: Prädiktion, Sauerstoffsättigung, Trainingsumfang
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EINLEITUNG Die Zahlen derer, die auf die Berge steigen, erlebten in den letzten Jahrzehnten einen starken Zuwachs: Skitourengehen, Bergwandern, Klettern und weitere Bergsportarten. Bergsportarten sind mittlerweile beliebte Freizeitaktivitäten. Schätzungen gehen weltweit von über 100 Millionen Bergtouristen pro Jahr aus (1). Daneben gibt es eine große Anzahl von Personen, die beruflich bedingt Höhenaufenthalte auf sich nehmen (2). Damit rücken die Phänomene, die sich in der Bergwelt ereignen, zunehmend in den öffentlichen Fokus. Eines dieser Phänomene ist die akute Bergkrankheit (AMS: acute mountain sickness). Die akute Bergkrankheit ist definiert als ein selbstlimitierender Zustand, der vorher gesunde Menschen bei einem schnellen Aufstieg über 2300 m beeinträchtigt. AMS äußert sich in Kopfschmerzen, gastrointestinalen Symptomen, Schwäche, Schwindel und Schlafstörungen (3). Der Höhepunkt der Beschwerden wird meist nach 24 bis 48 Stunden nach Ankunft in der jeweiligen Höhe erreicht. Die potentiellen Entstehungsmechanismen von AMS sind nicht endgültig geklärt. Es scheint aber als sicher zu gelten, dass der verringerte Sauerstoffgehalt im arteriellen Blut (Hypoxämie) eine Schlüsselrolle spielt (4). Die Prävalenz der akuten Bergkrankheit hängt in erster Linie von der erreichten Höhe ab und variiert von 9 % auf 2850 m, 53 % auf ca. 4500 m (5) und über 70 % auf knapp 6000 m Höhe (6). Neben der erreichten Höhe spielen die Aufstiegsgeschwindigkeit und vorherige Akklimatisation eine große Rolle (4). Prinzipiell gilt: Je höher die erreichte Höhe, je größer die Aufstiegsgeschwindigkeit und je ungenügender die Vorakklimatisation, desto höher ist die AMS Prävalenz. In der Vergangenheit wurde bereits versucht, das individuelle AMS Risiko vorherzusagen. Anfällige Personen könnten diese Beurteilung in die Tourenplanung einfließen lassen (z.B. langsamer Aufstieg, Vorakklimatisation, medikamentöse Prophylaxe) bzw. auf bestimmte Touren gänzlich verzichten. Die AMS Prävalenz zeigt jedoch eine sehr große inter- und intraindividuelle Variabilität, die die Vorhersage erschwert (3). Bisher bietet der Prädiktor „AMS Entwicklung bei früheren Höhenaufenthalten“ die beste Vorhersage (6). In der Praxis sind aber oft keine oder nur inhomogene Erfahrungen aus früheren Höhenaufenthalten vorhanden, z.B. entwickelt eine Person bei einem Höhenaufenthalt AMS, bei einem zweiten nicht. Neben den Erfahrungen aus früheren Höhenaufenthalten wird die Sauerstoffsättigung in Hypoxie von verschiedenen Autoren als Prädiktor diskutiert (7–9). Die genannten Untersuchungen haben neben den heterogenen Studienpopulationen den Nachteil, dass keine der Stu241
dien ein prospektives Feldstudiendesign aufwies. Darüber hinaus sind derartige Verfahren an eine Höhenkammer oder einen Höhenaufenthalt gebunden. Es wäre jedoch wünschenswert, wenn einfach zu erhebende Parameter in Normoxie zur Beurteilung des AMS Risikos herangezogen werden könnten. Aus diesem Grund wurde in der vorliegenden Untersuchung die Fragestellung untersucht, ob das Auftreten von akuter Bergkrankheit durch in Normoxie erhobene Parameter bei AMS anfälligen Probanden vorhergesagt werden kann.
METHODIK Studiendesign Die Untersuchung wurde im Rahmen einer prospektiven Feldstudie durchgeführt und bestand aus 2 Studienblöcken. Der erste Block fand im September 2013, der zweite Block im Mai 2014 statt. An jedem der beiden Blöcke, die aus Erhebung der potentiellen Prädiktoren und einem Höhenaufenthalt bestanden, nahmen unterschiedliche Probanden teil. Der erste Studienteil wurde am Institut für Sportwissenschaft der Universität Innsbruck (Österreich, 590 m) durchgeführt, der Höhenaufenthalt fand auf der Mönchsjochhütte (Schweiz, 3650 m) statt. Das Review Board des Institutes für Sportwissenschaft genehmigte die Durchführung der Studie. Studiendurchführung Die Bekanntmachung der Studie erfolgte über eine elektronische Benachrichtigung der Universitätsangehörigen und des Österreichischen Alpenvereins. Im Rahmen einer Eingangsuntersuchung wurden bei interessierten Personen eine Anamnese und eine ärztliche Untersuchung durchgeführt sowie potentielle Ausschlusskriterien erfasst. Die Ausschlusskriterien waren im Einzelnen: akute Schwangerschaft (laut Schwangerschaftstest), Stillperiode, bestehende oder im Verlauf der Untersuchungen diagnostizierte chronische oder akute Erkrankungen, Migräne, Raucher (mehr als 5 Zigaretten pro Tag), ständiger Wohnsitz >1000 m, Nächtigung >2500 m in den letzten 4 Wochen. Einschlusskriterien waren Alter zwischen 18 und 60 Jahren, mindestens 2 vorherige Höhenaufenthalte auf mindestens 3000 m in den letzten 2 Jahren und Anfälligkeit für AMS. Die Anfälligkeit für AMS wurde retrospektiv in Erinnerung an frühere Höhenaufenthalte bestimmt (10). Die Probanden wurden nach der Häufigkeit der AMS Symptome Kopfschmerzen, gastrointestinalen Beeinträchtigungen, 242
Schwäche, Schwindel und Schlafstörungen befragt (0: nie, 1: selten, 2: oft, 3: regelmäßig). Um an der Studie teilnehmen zu können, musste bei früheren Höhenaufenthalten das Item Kopfschmerzen mit mindestens 2 bewertet worden sein und ein Gesamtscore von mindestens 4 vorliegen (10). Des Weiteren wurde der Blutdruck in Ruhe erfasst (M4 Plus, Omron, Deutschland) sowie ein Lungenfunktionstest mittels Spirovit SP 200 (Schiller, Österreich) durchgeführt. Insgesamt wurden 33 Probanden in die Studie eingeschlossen. Eine Probandin schied während der Untersuchung verletzungsbedingt aus. Für die Berechnung der AMS Prävalenz wurden somit 32 Probanden herangezogen (53,1 % männlich; 46,9 % weiblich; Alter: 38,0±11,7 Jahre; Größe: 175,3±9,2 cm; Masse: 70,3±11,1 kg; Body Mass Index: 22,8±2,5 kg/m²). Für die AMS Vorhersage entfiel ein Proband auf Grund eines eindeutigen Messfehlers, weshalb zur AMS Vorhersage 31 Datensätze vorlagen. Beim nachfolgenden Test wurden respiratorische Parameter, wie beispielsweise die Ventilation über eine Spirometrie (MetaLyzer 3B, Cortex, Deutschland) und hämatologische Parameter, z.B. Blutgase (ABL80 FLEX Co-Ox, Radiometer, Dänemark) erfasst. Die Spirometrie wurde in sitzender Position durchgeführt. Die Kapillarblutabnahme erfolgte am hyperämisierten Ohrläppchen in sitzender Position. 7 bis 10 Tage nach Absolvierung der Tests folgte der Höhenaufenthalt. Die Probanden wurden nach Interlaken transportiert, wo sie die Nacht auf 570 m verbrachten. Am nächsten Morgen erfolgte die Auffahrt auf das Jungfraujoch (3450 m) mit Zug- und Zahnradbahn. Vom Jungfraujoch gingen die Probanden zu Fuß oder mit Skiern ca. eine Stunde über eine markierte Piste auf die Mönchsjochhütte (3650 m). Dabei wurde ein für alle einheitliches moderates Tempo gewählt. Um AMS nicht durch intensive körperliche Belastung zu provozieren, wurde die Intensität aller Aktivitäten während des Höhenaufenthaltes (1. Tag: Alpinausbildung in Hüttennähe, 2. Tag: Gletscherwanderung auf Hüttenhöhe) bewusst maximal moderat gehalten. Das subjektive körperliche Belastungsempfinden wurde jeweils am Abend des ersten und zweiten Tages mit Hilfe der RPE Skala erfasst (11). Alkoholische Getränke waren während des gesamten Aufenthaltes nicht erlaubt. Flüssigkeitszufuhr von nicht alkoholischen Getränken erfolgte ad libitum. Während des Höhenaufenthaltes wurde AMS an 6 Messzeitpunkten erhoben: 3, 6, 9, 21, 30 und 45 Stunden nach Beginn des Höhenaufenthaltes. Die Symptome der akuten Bergkrankheit wurden mit dem Fragebogen des Lake Louise Score erfasst (12). Das Vorliegen von AMS wurde bei einem Gesamtscore ≥4 (inklusive Kopfschmerzen ≥2) defi243
niert (13). Ein höhenmedizinisch erfahrener Arzt, der die Studie während des Höhenaufenthalts medizinisch begleitete, verordnete bei Bedarf Medikamenteneinnahme (Ibuprofen). Bei allen Probanden, die Medikamente einnahmen, lag bereits AMS vor. Die gesamte Höhenexposition dauerte 45 Stunden. Nach dem Höhenaufenthalt stiegen alle Probanden ab und begaben sich auf die weitere Heimreise. Statistische Auswertung Die statistische Auswertung der Daten erfolgte mit SPSS 21.0 (IBM, USA). Zum Auffinden von potentiellen Prädiktoren wurden vor der Regressionsanalyse alle Merkmale auf Unterschiede zwischen den beiden Gruppen „AMS vorhanden“ und „AMS nicht vorhanden“ zu mindestens einem Messzeitpunkt während des Höhenaufenthaltes durchgeführt. Normalverteilung der Merkmale in den Untergruppen wurde mittels Shapiro-Wilk überprüft. Bei Vorliegen von Normalverteilung wurde der t-Test für unabhängige Stichproben verwendet. War mindestens eine Untergruppe nicht normalverteilt, wurde der Mann-Whitney-U-Test verwendet. Um weitere potentielle Prädiktoren für die Prävalenz von AMS zu identifizieren, wurde eine Korrelationsanalyse durchgeführt. Potentielle Korrelationen zwischen der dichotomen Variable Prävalenz von AMS beim Höhenaufenthalt (nach 3, 6, 9, 21, 30 und 45 Stunden sowie AMS gesamt) und allen anderen Variablen wurde mittels Kontingenzkoeffizienten C geprüft. Bei signifikanten Korrelationen wurde für das Auftreten von AMS eine binär logistische Regressionsanalyse durchgeführt. Zur Bewertung der Regression wurde bei signifikanten Prädiktoren Nagelkerkes R² angegeben, um die Höhe der Varianzaufklärung durch das vorliegende Modell zu bestimmen, sowie die Sensitivität, die Spezifizität und der Prozentsatz der richtig vorhergesagten Fälle. Das Signifikanzniveau wurde auf p=0,05 festgelegt.
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ERGEBNISSE Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse der Tests nach den Gruppen „AMS vorhanden“ (AMS+) und „AMS nicht vorhanden“ (AMS-) getrennt. Tab. 1: In Normoxie und während des Höhenaufenthaltes erfasste Parameter, getrennt für Personen, die während des Höhenaufenthaltes AMS entwickelten (AMS+) und Personen, die keine AMS entwickelten (AMS-) BMI: Body Mass Index, SaO₂: arterielle Sauerstoffsättigung, pCO₂: Kohlendioxidpartialdruck im Blut, pO₂: Sauerstoffpartialdruck im Blut, RPE: subjektives Belastungsempfinden (n=31). Die Werte sind Mittelwerte ± Standardabweichung.
BMI [kg/m²] Alter [Jahre] sportliche Aktivität [h/Woche] SaO₂ [%]
AMS+ (n=21)
AMS- (n=10)
23,28
21,79
± 2,78
p
± 1,55
0,124
39
±
12
34
±
11
0,348
6
±
2
13
±
6
0,005*
97
±
1
96
±
1
0,023*
pH
7,43
± 0,02
7,42
± 0,02
0,242
pCO₂ [mmHg]
33,5
±
3,6
31,5
±
3,4
0,201
pO₂ [mmHg]
84,3
±
7,1
80,6
±
6,0
0,166
Ventilation [l/min]
9,6
±
2,3
9,8
±
2,2
0,633
Atemzugvolumen [l]
0,9
±
0,3
0,9
±
0,3
0,663
Atemfrequenz [1/min]
11,9
±
2,6
11,3
±
2,9
0,595
RPE 1. Tag
12,8
±
2,2
10,9
±
1,7
0,007*
RPE 2. Tag
12,9
±
2,3
11,5
±
1,8
0,100
Die Entwicklung der AMS und der Gesamtprozentsatz jener, die mindestens an einem Messzeitpunkt AMS entwickelten (gesamt), ist in Abbildung 1 ersichtlich. Die Prävalenz stieg während des Höhenaufenthaltes auf bis auf 53 % nach 21 Stunden und sank bis zum Ende kontinuierlich ab.
245
70% 60%
AMS Prävalenz
50% 40% 30% 20% 10% 0% 3h
6h
9h
21h
30h
45h
gesamt
Abb. 1: Prävalenz der akuten Bergkrankheit (AMS) während 45-stündigen HöhenAbb. 1: Prävalenz der akuten Bergkrankheit (AMS)des während des 45aufenthaltes (n=32)
stündigen Höhenaufenthaltes (n=32)
Die binär logistische Regressionsanalyse zeigte bei Verwendung von nur einem Die binär Prädiktor logistischefolgende Regressionsanalyse zeigte bei Verwendung von nur einem Prädiktor signifikante Prädiktoren an: Trainingsumfang (p=0,017; folgende signifikante Prädiktoren an: Trainingsumfang (p=0,017; R²=54,0%; Spezifität: R²=54,0 %; Spezifität: 50,0 %; Sensitivität: 100,0 %; Prozentsatz der richtig er50,0%; Sensitivität: 100,0%; Prozentsatz der richtig erkannten Fälle: 83,9%), arterielle kannten Fälle: 83,9 %), arterielle Sauerstoffsättigung (p=0,036; R²=22,8 %; Sauerstoffsättigung (p=0,036; R²=22,8%; Spezifität: 30,0%; Sensitivität: 85,7%; Prozentsatz Spezifität: 30,0 %; Sensitivität: 85,7 %; Prozentsatz der richtig erkannten Fälder richtigle:erkannten Fälle: 67,7%) und subjektives Belastungsempfinden am ersten Tag 67,7 %) und subjektives Belastungsempfinden am ersten Tag (p=0,046; (p=0,046;R²=20,9 R²=20,9%; Spezifität: 30,0%; Sensitivität: 90,5%; Prozentsatz der richtig erkannten %; Spezifität: 30,0 %; Sensitivität: 90,5 %; Prozentsatz der richtig erFälle: 71,0%). Der Kohlendioxidpartialdruck zeigte zwar eine signifikante Korrelation, kannten Fälle: 71,0 %). Der Kohlendioxidpartialdruck zeigte zwar eine signierwies sich aber in der Regression als nicht signifikant. Abbildung 2 zeigt die AMS fikante Korrelation, mit der AMS Prävalenz erwies sich aber in der Regression Prädiktion über den Trainingsumfang. als nicht signifikant. Abbildung 2 zeigt die AMS Prädiktion über den Trainingsumfang.
246
20 25
15
Trainingsumfang [h/Woche]
Trainingsumfang [h/Woche]
25
10
5 0
20 15 10 5
AMS-
AMS+
0
AMS-
AMS+
Abb. 2: Tatsächliche und Ăźber den Trainingsumfang vorhergesagte Entwicklung der akuten Bergkrankheit (AMS) Abb. 2: Tatsächliche und Ăźber den Trainingsumfang vorhergesagte Entwicklung der Abb. 2: Bergkrankheit Tatsächliche und den Trainingsumfang â&#x2014;?: AMS entwickelt, â&#x2013;˛: (AMS) keinĂźber AMS entwickelt, (n=31)vorhergesagte akuten Entwicklung der akuten Bergkrankheit (AMS) gestrichelte Linie: Vorhersage fĂźr AMS Entwicklung: 50%, â&#x2014;?: AMS entwickelt, â&#x2013;˛: kein AMS entwickelt, (n=31) â&#x2014;?: AMS entwickelt, â&#x2013;˛: kein AMS entwickelt, (n=31) gestrichelte Linie: Vorhersage fĂźr AMS Entwicklung: 50â&#x20AC;&#x2030;%, Punkt oberhalb der gestrichelten Linie: Wahrscheinlichkeit AMS gestrichelte Linie: Vorhersage fĂźr AMS Entwicklung: 50%, Punkt oberhalb Entwicklung >50%der gestrichelten Linie: Wahrscheinlichkeit AMS Entwicklung >50â&#x20AC;&#x2030;%, Punkt gestricheltenLinie: Linie: Wahrscheinlichkeit AMS Punktoberhalb unterhalb der der gestrichelten Wahrscheinlichkeit AMS Entwicklung <50â&#x20AC;&#x2030;% PunktEntwicklung unterhalb>50% der gestrichelten Linie: Wahrscheinlichkeit AMS Entwicklung <50%der gestrichelten Linie: Wahrscheinlichkeit AMS Punkt unterhalb
Im kombinierten Entwicklung <50%Modell lieferten die beiden Prädiktoren Trainingsumfang
(p=0,030) und arterielle (p=0,205) inTrainingsumfang Kombination die besm kombinierten Modell liefertenSauerstoffsättigung die beiden Prädiktoren (p=0,030) Im kombinierten Modell lieferten die beiden Prädiktoren Trainingsumfang (p=0,030) und te Varianzaufklärung von 58,8â&#x20AC;&#x2030;%. Spezifität betrug 70,0â&#x20AC;&#x2030;%, Sensitivität terielle Sauerstoffsättigung (p=0,205) inDieKombination die bestedieVarianzaufklärung arterielle Sauerstoffsättigung (p=0,205) in Kombination die90,3â&#x20AC;&#x2030;%. besteDie Varianzaufklärung vonric 100â&#x20AC;&#x2030;% und der Prozentsatz derdie richtig erkannten 100% Fälle Regressions8,8%. Die Spezifität betrug 70,0%, Sensitivität und der Prozentsatz der 58,8%. Die Spezifität betrug 70,0%, die Sensitivität 100% und der Prozentsatz der richtig gleichung lautet: kannten Fälle 90,3%. Die Regressionsgleichung lautet:
erkannten Fälle 90,3%. Die Regressionsgleichung lautet:
â&#x2C6;&#x2019;(â&#x2C6;&#x2019;73,43â&#x2C6;&#x2019;0,44â&#x2C6;&#x2014;đ?&#x2018;&#x2021;đ?&#x2018;&#x2021;đ?&#x2018;&#x2021;đ?&#x2018;&#x2021;+0,81â&#x2C6;&#x2014;đ?&#x2018;&#x2020;đ?&#x2018;&#x2020;đ?&#x2018;&#x2020;đ?&#x2018;&#x2020;đ?&#x2018;&#x2020;đ?&#x2018;&#x2020;2 ) đ?&#x2018;&#x192;đ?&#x2018;&#x192;(đ??´đ??´đ??´đ??´đ??´đ??´) ==1â &#x201E; đ?&#x2018;&#x192;đ?&#x2018;&#x192;(đ??´đ??´đ??´đ??´đ??´đ??´) 1â &#x201E;(1 (1+ + đ?&#x2018;&#x2019;đ?&#x2018;&#x2019;đ?&#x2018;&#x2019;đ?&#x2018;&#x2019; â&#x2C6;&#x2019;(â&#x2C6;&#x2019;73,43â&#x2C6;&#x2019;0,44â&#x2C6;&#x2014;đ?&#x2018;&#x2021;đ?&#x2018;&#x2021;đ?&#x2018;&#x2021;đ?&#x2018;&#x2021;+0,81â&#x2C6;&#x2014;đ?&#x2018;&#x2020;đ?&#x2018;&#x2020;đ?&#x2018;&#x2020;đ?&#x2018;&#x2020;đ?&#x2018;&#x2020;đ?&#x2018;&#x2020;2 ) ) )
leichung 1:Gleichung Berechnung der Wahrscheinlichkeit fĂźr akute Bergkrankheit Gleichung 1: Berechnung der Wahrscheinlichkeit fĂźr akute Bergkrankheit 1: Berechnung der Wahrscheinlichkeit fĂźr akute Bergkrankheit P(AMS): Wahrscheinlichkeit akute Bergkrankheit TU: P(AMS): Wahrscheinlichkeit akute Bergkrankheit entwickeln, P(AMS): Wahrscheinlichkeit akute Bergkrankheit zu entwickeln zu zu entwickeln, Trainingsumfang in h/Woche, TU: Trainingsumfang in h/Woche rainingsumfang in h/Woche, arterielle Sauerstoffsättigung 2 : SaOâ&#x201A;&#x201A;: arterielle Sauerstoffsättigung : arterielle Sauerstoffsättigung SaO2SaO Abbildung 3 zeigt die tatsächliche AMS Entwicklung sowie die Vorhersage der einzelnen
bbildung zeigtdes dieTrainingsumfangs tatsächliche AMS Entwicklung sowie die Vorhersage der einzel Fälle an3 Hand und der arteriellen Sauerstoffsättigung. lle an Hand des Trainingsumfangs und der 247 arteriellen Sauerstoffsättigung.
Abbildung 3 zeigt die tatsächliche AMS Entwicklung sowie die Vorhersage der einzelnen Fälle an Hand des Trainingsumfangs und der arteriellen Sauerstoffsättigung. 100
SaO2 [%]
99 98 97 96 95 94 0
5
10
15
20
Trainingsumfang [h/Woche] Abb. 3: Tatsächliche und über das kombinierte Modell vorhergesagte Entwicklung der
akuten Abb. 3:Bergkrankheit Tatsächliche(AMS) und über das kombinierte Modell vorhergesagte SaO2: arterielle Sauerstoffsättigung, Entwicklung der akuten Bergkrankheit (AMS) ●: AMSarterielle entwickelt,Sauerstoffsättigung, ▲: kein AMS entwickelt, (n=31) SaO2: gestrichelte Linie: Vorhersage AMS Entwicklung: 50 %, ●: AMS entwickelt, ▲: kein für AMS entwickelt, (n=31) Punkt oberhalb der gestrichelten Linie: Wahrscheinlichkeit AMS Entwicklung >50 %, gestrichelte Linie: Vorhersage für AMS Entwicklung: 50%, Punkt unterhalb der gestrichelten Linie: Wahrscheinlichkeit AMS Entwicklung <50 % Punkt oberhalb der gestrichelten Linie: Wahrscheinlichkeit AMS Entwicklung >50% Punkt unterhalb der gestrichelten Linie: Wahrscheinlichkeit AMS Entwicklung <50%
DISKUSSION
Prävalenz der akuten Bergkrankheit DISKUSSION Die Prävalenz der akuten Bergkrankheit zeigt in der vorliegenden Stichprobe
einen hohen Wert von über 65 % erkrankter Probanden auf 3650 m. Die hohe Prävalenz ist ein Anzeichen dafür, dass tatsächlich AMS anfällige Probanden Die Prävalenz der akuten Bergkrankheit zeigtberichten in der vorliegenden Stichprobe hohen untersucht wurden. Andere Autoren derartige Werte erst beieinen größeWert von über 65% erkrankter Probanden auf 3650 m. Die hohe Prävalenz ist ein Anzeichen ren Höhen (14) bzw. eine geringere Prävalenz von 34 % auf der gleichen Höhe dafür, dass tatsächlich AMS anfällige Probanden untersucht wurden. Andere Autoren berichten derartige Werte erst bei größeren Höhen (14) bzw. eine geringere Prävalenz von 248 34% auf der gleichen Höhe (5). Die genannten Autoren haben AMS nur zu einem Zeitpunkt erhoben, was aber nur einen Teil der Diskrepanz erklären kann, da in der vorliegenden Stichprobe die höchste Prävalenz an einem Erhebungszeitpunkt bei 53% lag. Prävalenz der akuten Bergkrankheit
(5). Die genannten Autoren haben AMS nur zu einem Zeitpunkt erhoben, was aber nur einen Teil der Diskrepanz erklären kann, da in der vorliegenden Stichprobe die höchste Prävalenz an einem Erhebungszeitpunkt bei 53 % lag. Prädiktion der akuten Bergkrankheit (ein Prädiktor) Die Regressionsanalyse lieferte den Trainingsumfang als den Prädiktor mit der höchsten Varianzaufklärung (54 %) und der besten korrekten Vorhersagerate von 84 %. Diejenigen, die einen geringen Trainingsumfang berichtet haben, entwickelten eher AMS als jene, die einen hohen Trainingsumfang berichtet haben. Alle Probanden, die mehr als 10 Stunden pro Woche trainierten, zeigten keine AMS Entwicklung. Der Trainingsumfang lässt sich unkompliziert und ohne Messapparate erheben und zeigte eine vergleichbar gute Vorhersage wie die bisher berichteten Prädiktionsmodelle. In der Vergangenheit galt vor allem die Vorhersage über frühere AMS als der beste Prädiktor für die Entwicklung von AMS (6). Zur Abschätzung des Risikos ist nach diesem Modell jedoch ein früherer Höhenaufenthalt notwendig. Zudem sind die Höhenerfahrungen meist sehr heterogen; oft wird die Entwicklung von AMS bei einem Höhenaufenthalt berichtet, bei einem zweiten wiederum nicht. Auch, wenn einige Autoren einen AMS reduzierenden Einfluss von Ausdauertraining beobachten konnten (15, 16), wird in der Mehrheit der bisherigen Studien AMS als unabhängig vom Trainingszustand (gemessen an der maximalen Sauerstoffaufnahme) beschrieben (3, 17). Dabei sollten aber Verhaltensweisen nicht außer Acht gelassen werden. Ein guter Trainingszustand ist oft mit einem ambitionierten Verhalten assoziiert. In einer natürlichen Bergsituation, in der die maximale Anstrengung nicht vorgegeben ist, fördert dann die körperliche Anstrengung die Entwicklung der akuten Bergkrankheit. In der vorliegenden Stichprobe hat sich gezeigt, dass diejenigen, die sich am ersten Tag subjektiv stärker belastet haben, eher AMS entwickelten. Das Belastungsempfinden des ersten Tages kann sogar die Entwicklung von AMS mit einer Sicherheit von etwa 70 % vorhersagen. In vielen Querschnittstudien wurde jedoch das Ausmaß der Anstrengung nicht kontrolliert (17). Möglicherweise hat sich aber erst durch die Intensitätsvorgabe die protektive Wirkung eines guten Trainingszustands gezeigt. Andere Untersuchungen versuchten eine AMS Vorhersage auf Grundlage der Sauerstoffsättigung in simulierter Höhenexposition nach 30 Minuten. Ein retrospektiv aufgestelltes Regressionsmodell zeigte einen hohen Prozentsatz richtig vorhergesagter Fälle von 86 % (n=981) (8). Prospektiv konnte sich diese Sicherheit jedoch nicht halten (korrekte Vorhersage: 62–69 %) (9). Eine 249
Vorhersage über die Sauerstoffsättigung in Hypoxie hat den Nachteil, dass für die Bestimmung des AMS Risikos eine Höhenkammer notwendig ist. In der vorliegenden Untersuchung wurde daher die arterielle Sauerstoffsättigung in Normoxie zur Vorhersage von AMS herangezogen. Das Regressionsmodell lieferte mit knapp 70 % richtig vorhergesagter Fälle vergleichbare Werte wie die prospektiv erhobenen Werte über die Sauerstoffsättigung in Hypoxie (9). Die arterielle Sauerstoffsättigung in Normoxie unter Ruhebedingungen lässt sich aber über eine Kapillarblutabnahme erfassen und erfordert keine simulierte Höhenexposition, was sich in der Praxis sehr einfach anwenden lässt. Prädiktion der akuten Bergkrankheit (kombiniertes Modell) Um das Vorhersagemodell zu verbessern wurden weitere Parameter in das Modell eingebracht, wie bei anderen Autoren durch das Atemzugvolumen und die Atemfrequenz versucht (9). In der vorliegenden Untersuchung war eine Verbesserung der Vorhersage durch die Atemfrequenz nicht möglich. Die Kombination der beiden Prädiktoren Trainingsumfang und arterielle Sauerstoffsättigung in Normoxie offenbarte jedoch eine sehr gute Vorhersage mit über 90 % richtig vorhergesagter Fälle. Je höher der Trainingsumfang und je geringer die Sauerstoffsättigung in Normoxie, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit AMS zu entwickeln. Die Sensitivität betrug 100 %; es wurde also ausnahmslos jede Person, die an AMS erkrankte, durch das Vorhersagemodell richtig beurteilt. In der Praxis ist eine hohe Sensitivität vor allem deshalb wichtig, um anfälligen Personen beispielsweise den Ratschlag eines gemächlichen Aufstiegs zu geben. Wenn nun einige dieser Personen kein AMS entwickeln, ist der Nachteil hierbei, dass die nicht anfälligen Personen etwas langsamer aufgestiegen sind. Dies ist weniger schlimm, als einer anfälligen Person vorherzusagen, sie würde kein AMS entwickeln. Die Varianzaufklärung betrug 59 %, was ein sehr gutes Modell darstellt. Folgende Werte werden für die Einteilung von Nagelkerkes R² angegeben: >20 %: akzeptabel, >40 %: gut, >50 % sehr gut (18). Zusammenfassend lässt sich zur Vorhersage der AMS Prävalenz für AMS anfällige Probanden festhalten, dass die beste Prädiktion über ein kombiniertes Modell von Trainingsumfang und arterieller Sauerstoffsättigung möglich war. Das berechnete Modell zeigte sogar höhere korrekte Vorhersageraten als bisher berichtete Modelle. Die Prädiktoren lassen sich zudem einfach und ohne simulierte Höhenexposition erheben. Die vorliegende Untersuchung weist einige Limitationen auf. Erstens ist die Messung der akuten Bergkrankheit durch den Lake Louise Score und damit durch die Rückmeldung der Probanden immer subjektiv. Es gibt keinen Para250
meter der akuten Bergkrankheit, der eine objektive Diagnose zulässt. Damit stellt sich die Frage, wie stark die Befindlichkeit der Probanden in die Ergebnisse des LLS einfließt. Dies ist vor allem bei der Bestimmung von AMS anfälligen Probanden problematisch, da die Anfälligkeit in einem Interview retrospektiv erfasst wurde. Dennoch zeigt die hohe AMS Prävalenz, dass tatsächlich AMS anfällige Probanden untersucht wurden. Zweitens ist die Variable, die die akute Bergkrankheit in der vorliegenden Stichprobe am besten vorhersagte, der selbstberichtete Trainingsumfang. So gemessen ist diese Variable ebenfalls subjektiv und sollte durch eine objektive Erfassung überprüft werden. Drittens durften sich die Probanden lediglich moderat belasten, um AMS nicht durch intensive körperliche Belastung zu provozieren. Im Bergsport werden aber häufig Touren unternommen, die eine hohe Anstrengung erfordern. Die artifizielle Situation in der Studie war also möglicherweise hilfreich, um den Effekt des Trainingsumfangs auf AMS zu isolieren, es bleibt aber die Frage, wie exakt hier eine reale Situation abgebildet wurde. Dennoch gibt die Studie Hinweise, dass ein hoher Trainingsumfang und damit eine gute Leistungsfähigkeit das AMS Risiko verringern. Dabei scheint es notwendig zu sein, dass gut trainierte Personen ihre Belastungsintensität niedrig halten. Künftige Untersuchungen sollten den Einfluss des Trainingsumfangs bei unterschiedlichen Belastungsintensitäten untersuchen. Danksagung Für die Ermöglichung dieser Studie bedanken wir uns herzlich bei unseren Probanden für die Teilnahme. Dieses Projekt wurde unterstützt durch För dergelder des Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank (Projektnummer 15370).
251
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253
254
❙ Gernot Siebenhofer, Marita Atzlinger, Wolfgang Domej ❙
Blutdruck vor und nach passivem Aufstieg in mittlere Höhe Blood pressure before and after passive ascent to moderate altitude
SUMMARY Arterial hypertension is widespread in Austria. Modification of nutritional and other lifestyle habits as well as other non-pharmaceutical therapeutic approaches can greatly help to normalize arterial blood pressure. Acute hypoxia above the threshold level can result in hypotonic, normotonic, and in rare cases hypertonic regulation of blood pressure in non-acclimatised people, especially if they quickly reach moderate and high altitudes passively by rapid cable car. Arterial blood pressure (systolic blood pressure/SBP, diastolic blood pressure / DBP), heart rate (HR) and oxygen saturation (SpO2) were measured in 65 voluntary subjects (35 f/30 m) at a moderate altitude of 1700 m (base station/Türlwandhütte: TS) and after cable car ascent to 2700 m (top station/Hunerkogel: BS). Pulse pressure (PP) and mean arterial pressure (MAP) were calculated; blood pressures were then classified according to WHO recommendations was performed. All data from both altitudes (TS/BS) were compared. The SpO2 decreased from TS 96±2 % to BS 92±4 % (p<0,01); however, HR remained almost the same (TS 77±13 vs. BS 75±12 bpm). The MAP fell at BS by 3 % (p<0,01), and PP by 5 % (p<0,01). SBP declined by 4 % on both upper arms (p<0,01) and DBP by 1 % on right upper arm (p<0,05) and by 2 % on left upper arm. The number of measurements that fell into hypertonic classes II and III decreased, while the number of measurements in the classes “optimal” and “normal” blood pressure increased at BS. In the majority of subjects, arterial SBP and DBP decreased slightly at BS after passive ascent. Keywords: arterial hypertension, acute hypoxia, passive ascent 255
ZUSAMMENFASSUNG Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) gilt in Österreich als Volkskrankheit. Eine Umstellung der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten, sowie andere nichtmedikamentöse Therapieansätze können einen wesentlichen Beitrag zur Normalisierung des Blutdrucks leisten. Akut hypobare Hypoxie über der Schwellenhöhe kann sich in einer hypotonen, normotonen, selten auch hypertonen Blutdruckregulation bei nichtakklimatisierten Personen auswirken, selbst wenn diese mit einer Aufstiegshilfe kurzfristig in die mittlere oder große Höhe gelangen. In einer Höhe von 1700 m (Türlwandhütte/Talstation: TS) sowie nach einer Seilbahnfahrt auf 2700 m (Hunerkogel/Bergstation: BS) wurden bei 65 freiwilligen Probanden (35 w/30 m) standardisierte Messungen des arteriellen Blutdrucks (systolischer Blutdruck/SBD, diastolischer Blutdruck/DBD), der Herzfrequenz (HF), sowie transkutan der Sauerstoffsättigung (SpO2) durchgeführt und die Blutdruckamplitude (BA), sowie der arterielle Mitteldruck (AMD) kalkuliert. Der Blutdruck wurde nach WHO-Kriterien klassifiziert und auf beiden Höhen (TS, BS) verglichen. Die SpO2 verringerte sich von 96±2 % auf 92±4 % (p<0,01) bei annähernd gleichbleibender HF (TS: 77±13, BS: 75±12 bpm). Der AMD nahm BS um 3 % (p<0,01) ab, die BA zeigte BS eine Abnahme von 5 % (p<0,01). Der SBD verringerte sich bds. um 4 % (p<0,01), der DBD um 1 % am rechten Oberarm (ROA) und um 2 % am linker Oberarm (LOA) (p<0,05). Die Zahl der hypertensiven Messergebnisse in den Hypertonie-Klassen II und III verringerte sich BS, während sie in den Klassen „Optimal“ und „Normal“ zunahm. Der Großteil aller Probanden reagierte BS mit einer geringgradigen Abnahme der systolischen und diastolischen Blutdruckmesswerte nach passivem Aufstieg. Schlüsselwörter: arterielle Hypertonie, akute Hypoxie, passiver Höhenaufstieg
EINLEITUNG Die Prävalenz der arteriellen Hypertonie beträgt in Österreich rund 25 % (1), in Deutschland sogar 50 % (2). 90 % aller Patienten mit Bluthochdruck leiden an essentieller Hypertonie (multifaktorielle, genetische Ursache); etwa 10 % sind Folge einer internistischen Grunderkrankung. Als ein Paradebeispiel Lifestyle-assoziierter Erkrankungen ist arterielle Hypertonie auch häufig mit erhöhtem Body-Mass-Index (BMI), hohem Fett-, Alkohol- und Kochsalzkonsum, Bewegungsmangel und Insulinresistenz verbunden und damit meistens 256
Bestandteil des metabolischen Syndroms. Diese Kombination macht deutlich, dass eine Umstellung der Lebens- und Ernährungsgewohnheiten als nichtmedikamentöser Therapieansatz einen wesentlichen Beitrag zur Normalisierung des Blutdrucks leisten kann. Die Österreichische Gesellschaft für Hypertensiologie führt als alternative Therapieoptionen unter anderem Homöopathie, Akupunktur, Magnetfeldbehandlung, Meditation und Entspannungstechniken (Biofeedback) an (3). Auch atmosphärischer Sauerstoffmangel (hypobare/ normobare Hypoxie) hat einen Einfluss auf die Blutdruckregulation (4). Akute Hypoxiebedingungen führen zu einer Erweiterung von Arteriolen, peripherer Vasodilatation und Abnahme des arteriellen Blutdrucks (5). Es ist vorstellbar, dass beispielsweise intermittierendes Hypoxietraining (IHT) eine zusätzliche, nicht medikamentöse Option zur Senkung hypertensiver Blutdruckwerte darstellen könnte. In Abhängigkeit von äußeren, klimatischen Gegebenheiten wie beispielsweise Temperatur und Luftdruck, spielen neben der absoluten Höhe vor allem die Dauer der Höhenexposition (Kurz- Langzeitaufenthalt), physische Belastung, sowie psychische Faktoren (Angst, Panik, Erwartungshaltung) eine Rolle. Eine Reihe weiterer Faktoren (Sprechen, Rauchen, Schmerz, Darm- bzw. Blasendistension) können sich modifizierend auf den arteriellen Blutdruck auswirken (1). Als direkte Auswirkung der Hypoxie folgt nach einer anfänglich wenige Stunden dauernden Steigerung der parasympathischen Aktivität mit geringfügiger Blutdruckabnahme eine zunehmende Aktivierung des sympathischen Nervensystems (6). Diese physiologische Höhenadaptation umfasst in der Regel eine Steigerung der Atmung, der Herzfrequenz, des Herzminutenvolumens (HMV), sowie ggf. des arteriellen Blutdrucks. Zusätzlich ist mit dem hypoxiegetriggerten Druckanstieg im pulmonalarteriellen System in großer Höhe auch eine Steigerung des systemischen Blutdrucks verbunden (7). Die Blutdruckregulation ist unter Hypoxiebedingungen auch von individuellen Faktoren abhängig (individuelle Hypoxieantwort). So reagieren die meisten Menschen auf moderate akute Hypoxie ohne signifikante Blutdruckänderung; es können jedoch auch hyper- oder hypotone Veränderungen vorkommen. Bis 4000 m Höhe ist bei Gesunden allerdings mit keinen wesentlichen Blutdruckänderungen zu rechnen. Bei längerem Höhenaufenthalt nivelliert sich der SBD und DBD auf einem erhöhten Niveau. Erst nach Rückkehr auf Ausgangshöhe kommt es wieder zur Annäherung des BD an die Ausgangswerte oder darunter. Ein Kur- oder Rehabilitationsaufenthalt in therapeutischen Höhen ist für Patienten mit Herz-Kreislauferkrankungen daher empfehlenswert, da eine 257
Abb. 1: Dachstein-SĂźdwandbahn: 1000 m HĂśhenunterschied in 7 Min.
258
Senkung hypertensiver Blutdruckwerte nach Rückkehr auf Normalhöhe Wochen anhalten kann (1, 8). Straßen und Aufstiegshilfen erschließen zunehmend Höhenregionen, sodass auch chronisch Kranke rasch in große Höhen gelangen können. In Österreich liegen 28 Skigebiete über 2500 m; sieben davon erreichen sogar mehr als 3000 m in Gipfelhöhe (9). Letztere sind auch im Sommer beliebte Destinationen für Touristen, wobei man annehmen kann, dass dieser Personenkreis auch einen hohen Anteil an Hypertonikern umfasst. Die Dachsteinsüdwandbahn kann pro Stunde rund 400 Personen auf eine Höhe von 2700 m befördern. Die Höhendifferenz von 1000 m wird in rund sieben Minuten überwunden (10) (Abb. 1). Im Gegensatz zu Alpinsportlern, die sich einige Tage in der Höhe aufhalten, können sich Tagestouristen nicht dauerhaft auf die erreichte Höhe einstellen. Sie können der akuten Hypoxie nur mit einer entsprechenden sympatho-adrenergen Reaktion begegnen (Höhenadaptation). In Anlehnung an zwei Pilotstudien (11) wurde im Rahmen der vorliegenden Vergleichsstudie versucht, akute Auswirkungen einer hypoxischen Umgebung auf den arteriellen Blutdruck (SBD/DBD), den arteriellen Mitteldruck (AMD) und die Blutdruckamplitude (BA) an einer größeren Zahl freiwilliger Probanden zu untersuchen. Eine Blutdruckklassifizierung erfolgt üblicherweise nach den Vorgaben der WHO (Tab. 1) (12). Tab. 1: Klassifikation des arteriellen Blutdrucks (systolischer Blutdruck: SBD, diastolischer Blutdruck: DBD) (12)
Klasse
SBD (mmHg)
DBD (mmHg)
Optimal
< 120
< 80
Normal
120 – 129
80 – 84
Hoch-normal
130 – 139
85 – 89
Hypertonie Grad I
140 – 159
90 – 99
Hypertonie Grad II
160 – 179
100 – 109
Hypertonie Grad III
≥ 180
≥ 110
Dabei entspricht eine einmalige Zuordnung des arteriellen BD natürlich keiner definitiven Klassifizierung. Von arterieller Hypertonie sollte erst gesprochen 259
werden, wenn 7 von 30 Messungen im hypertonen Bereich (>130/85) liegen (3). Außerdem gelten obige Werte nur für normobare Normoxie bzw. Meeresspiegelniveau. Eine entsprechende Klassifizierung des Blutdruckes nach BD-Sollwerten ist unter hypoxischen Bedingungen nicht möglich, da entsprechende Daten fehlen. Der AMD (auch mean arterial pressure/MAP) gilt als von systolischen und diastolischen Blutdruckschwankungen unabhängiger Blutdruckmittelwert und wird aus dem SBD und DBD kalkuliert: AMD = DBD + 1/3 (SBD – DBD). Als normal werden Werte zwischen 70 und 105 mmHg angesehen. Die Blutdruckamplitude (BA) gilt als Maßstab der arteriellen Gefäßwandelastizität (BA = SBD – DBD). Die BA (auch Pulsdruck) nimmt physiologischerweise mit dem Alter zu, da der diastolische Blutdruck durch die zunehmende Gefäßwandsteifigkeit abnimmt und der systolische Blutdruck durch zunehmenden Gefäßwiderstand ansteigt. Der BA wird unter Normoxie auch prognostische Wertigkeit zugeschrieben; bei einem Anstieg der BA um 10 mmHg steigt das Mortalitätsrisiko um 20 %. (13). Der Normwert der BA liegt geschlechtsunabhängig bei 50 mmHg, der obere Grenzwert bei 65 mmHg. Neben einer erhöhten Gefäßwandsteifigkeit können auch eine Aorteninssuffizienz, Aortendissektion, Vasodilatatoren oder eine hyperdynamische Zirkulation zu einer erhöhten BA beitragen. Eine verminderte BA kann mit einer Aortenstenose, Herzinsuffizienz oder einem großen Blutverlust verbunden sein. An ein bestimmtes Hypoxieniveau angepasste Sollwerte existieren nicht, auch wurde der Hypoxieeinfluss auf die BA noch kaum untersucht (11, 14).
METHODIK Alle Daten dieser Studie wurden im Rahmen eines Freiwilligenkollektivs am Dachstein erhoben. Die Messungen erfolgten an der Talstation Türlwandhütte (TS, 1700 m) und nach Auffahrt mit der Seilbahn (~7 Min.) im geschlossenen Bereich der Bergstation Hunerkogel (BS, 2700 m). Als Hauptmessgrößen wurden die arteriellen Blutdruckwerte (SBD/DBD) von 65 freiwilligen zufällig vor Ort befundenen Personen (Alter: 50±13 J.) erfasst, 35 Probanden waren weiblich, 30 waren männlich. Der BMI betrug 26±3 (Normalwert: 18,5–24,9) der Definition Übergewicht entsprechend (BMI 25–29,9). Gemessen wurde jeweils zweimal am rechten (ROA) und zweimal am linken Oberarm (LOA). Die beiden BD-Messwerte wurden arithmetisch gemittelt; die Mittelwerte (ROA/LOA) wurden zur Kalkulation des AMD und der BA 260
herangezogen. Zwischen den beiden Messungen lagen 5 Minuten, die Zeit zwischen der TS- und BS-Messung betrug etwa 40 Minuten. Der Blutdruck wurde sitzend mit in Herzhöhe positionierten Oberarmen nach 5-minütiger Ruhepause gemessen, wobei automatische, nicht-invasive, oszillometrische Blutdruckautomaten (Boso Medicus Prestige®) verwendet wurden. Weiters wurde mittels Fingerpulsoximetrie (Bluepoint Medical OxyTrue®) an der dominanten Hand die Sauerstoffsättigung (SpO₂) und die Herzfrequenz (HF) ebenfalls zweimal gemessen und die Messwerte gemittelt. Mögliche Einflussfaktoren auf die BD-Messung wurden soweit als möglich ausgeschlossen (11).
ERGEBNISSE Herzfrequenz (HF) und Sauerstoffsättigung (SpO2) Als Folge der akuten Höhenhypoxie war die HF-Änderung nicht signifikant. Die HF betrug TS 77±13 und BS 75±12 bpm (beats per minute). Überraschenderweise war der Hypoxiestress nicht ausreichend, um die HF in Ruhe innerhalb von 40 Minuten tatsächlich signifikant zu steigern (p>0,05), obwohl eine deutliche Verringerung der SpO2 BS gegenüber TS gemessen wurde (96±2; vs. 92±4 %; p<0,01). Arterieller Blutdruck (ABD) Anhand der Abbildungen 2 und 3 ist zu erkennen, dass vor allem der SBD der Probanden in 2700 m Höhe signifikant abnahm (p<0,01). Ausgehend von TS/ ROA 140±22 mmHg sank der SBD BD um 4 % auf 135±19 mmHg (Abb. 2). Am LOA wurde ebenfalls eine signifikante Abnahme des SBD BS registriert. Hier nahm der SBD von 142±22 mmHg TS/LOA um 4 % auf BS 136±20 mmHg (p<0,01) ab (Abb. 3). Weniger Auswirkung zeigte die akute Höhenhypoxie auf die diastolischen Werte (DBD). Grenzwertig signifikant (p<0,05) erwies sich hierbei BS nur die Abnahme des DBD am LOA. Die diastolischen Blutdruckwerte am ROA sanken von TS 86±12 mmHg um 1 % auf BS 85±12 mmHg (Abb. 2) und TS/LOA von 87±20 mmHg um 2 % auf BS 85±12 mmHg (Abb. 3). Unter den 65 Probanden waren TS/ROA 37 (57 %) bzw. LOA 40 (60 %) mit einem SBD von über ≥135 mmHg. Lediglich bei 10 Probanden (15 %) stieg der ROA/SBD, bzw. bei 12 Probanden (18 %) der LOA/SBD nach der Gondelfahrt weiter an. Der durchschnittliche SBD-Anstieg (ΔSBD) betrug ROA 4 bzw. LOA 5 mmHg. 261
262
Abb. 2: ROA-SBD- und DBD-Einzel- und Mittelwerte: TS: o; BS: Î&#x201D;
263
Abb. 3: LOA-SBD- und DBD-Einzel- und Mittelwerte: TS: o; BS: Î&#x201D;
Abb. 4: AMD: TS (1700 m) grün; BS (2700 m) blau; Mittelwert ± SD; ROA und LOA
Arterieller Mitteldruck (AMD) Der AMD ergab eine signifikante Änderung an beiden Oberarmen (p<0,01). Am ROA fiel der AMD von TS 104±14 mmHg auf BS 101±13 mmHg, am LOA von 105±15 mmHg 102±13 mmHg (Abb. 4). Das entsprach einer AMD-Abnahme von 3 % an beiden Oberarmen.
264
265
Abb. 5: LOA-AMD-Einzel- und Mittelwerte: TS, 1700 m: o und BS, 2700 m, Δ
266
Abb. 6: ROA-AMD-Einzel- und Mittelwerte: T: 1700 m: o und BS, 2700 m, Δ
Der AMD Höchstwert betrug TS/ROA 147 mmHg am ROA und LOA 150 mmHg und nahm BS/ROA auf 138 mmHg bzw. LOA 141 mmHg ab. Diese Abnahme der Maximalwerte entsprach jeweils 6 %. Abbildung 5 und 6 zeigen die individuellen AMD-Werte, sowie die Mittelwerte im Vergleich TS vs. BS.
Abb. 7: Blutdruckamplitude (BA): LOA und RO; Mittelwert ± SD (TS, grün; BS, blau)
Blutdruckamplitude (BA) Die kalkulierte BA ergab BS eine hoch signifikante Abnahme (p<0,01). Die BA nahm TS/ROA von 54±15 auf BS 51±13 mmHg bzw. von TS/LOA 55±13 auf 52±14 mmHg. Dies entsprach einer BA Abnahme von jeweils 5 % (Abb. 7).
267
Blutdruck Klassifizierung In vorliegender Studie wurde auch versucht, eine Klassifizierung der gemessenen BD-Werte durchzuführen. Die BD-Klassen wurden TS vs. BS verglichen. Am LOA nahmen BS die SBD-Messergebnisse in der Klasse „optimaler Blutdruck“ um 50 % gegenüber TS zu. Die Anzahl der unter „Normalblutdruck“ einzuordnenden SBD-Werte war in beiden Höhenlagen ident. Lediglich in der Klasse „Hypertonie Grad I“ waren BS zwei Probanden mehr als TS zu verzeichnen. In der Klasse „Hypertonie Grad II“ halbierte sich die Anzahl hypertensiver Messungen von acht auf vier und in der Klasse „Hypertonie Grad III“ waren BS gegenüber TS nur 2 Probanden zu finden (+60 %) (Abb. 8 a).
Abb. 8: Klassifizierung nach SBD-Werten: a: LOA, b: ROA; blau: TS; grün: BS
268
Bei den SBD/ROA-Werten war eine deutliche Zunahme in der Blutdruckklasse „Optimal“ (+20 %) und „Normal“ (+60 %) zu registrieren. Die Zugehörigkeit zu den BD-Klassen „Hypertonie Grad I – III“ verringerte sich zugunsten der Klassen „Optimal“ und „Normal“ (Abb. 8 b). Die Ergebnisse der DBD-Klassenzuordnung fielen etwas moderater aus. Hier konnte eine Zunahme der Messergebnisse sowohl in der Klasse „optimaler Blutdruck“ (+11 %) und in der Klasse „normaler Blutdruck“ (+15 %) festgestellt werden. Allerdings stieg auch die Zahl der DBD-Messergebnisse in den Klassen „Hypertonie Grad I“ (+15 %) und „Hypertonie Grad III“ (+50 %) (Abb. 9 a, b).
Abb. 9: Klassifizierung nach DBD-Werten: a: LOA, b: ROA; blau: TS; grün: BS
269
Die Anzahl der DBD-Messergebnisse nahm BS/LOA in der Klasse „optimaler Blutdruck“ von 17 auf 23 zu (+35 %), in der Klasse „normaler Blutdruck“ von 12 auf 6 ab (–50 %). Die Anzahl hypertensiver Messergebnisse in der Klasse „Hypertonie Grad II“ halbierte sich und verringerte sich in der Klasse „Hypertonie Grad III“ um ein Viertel (Abb. 8). Tabelle 2 und 3 geben einen Überblick über die Anzahl der Probanden in den jeweiligen BD-Klassen im Vergleich TS zu BS. Tab. 2: SBD- und DBD-Blutdruckwerte/ROA nach Blutdruckklassen (WHO): TS- und BS-Bedingungen
SBD TS
DBD TS
SBD BS
DBD BS
Optimal
10
18
12
20
Normal
10
13
16
15
Hoch-normal
17
12
15
9
Hypertonie Grad I
17
13
15
15
Hypertonie Grad II
8
7
5
3
Hypertonie Grad III
3
2
2
3
Tab. 3: SBD- und DBD-Blutdruckwerte/LOA nach Blutdruckklassen (WHO): TS- und BS-Bedingungen
SBD TS
DBD TS
SBD BS
DBD BS
Optimal
8
17
16
23
Normal
10
12
10
6
Hoch-normal
16
11
13
14
Hypertonie Grad I
18
17
20
17
Hypertonie Grad II
8
4
4
2
Hypertonie Grad III
5
4
2
3
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DISKUSSION Im Rahmen dieser Studie wurde die unmittelbare Auswirkung hypobarer Hypoxie auf die Blutdruckdynamik nicht akklimatisierter freiwilliger, zufälliger Personen in mittlerer Höhe untersucht. Basierend auf den physiologischen Grundlagen der Höhenadaptation waren die Ergebnisse der BD-Werte jedoch überraschend: Unter akutem Hypoxiestress ohne körperliche Belastung zeigte sich eine Abnahme systolischer als auch diastolischer Blutdruckwerte. Dies ist vermutlich auf das initiale Überwiegen der parasympathischen Aktivierung zurückzuführen. Betrachtet man die Klassifizierung der BD-Werte (WHO), ergibt sich ein Anstieg in den Klassen „optimaler“ bis „hochnormaler“ Blutdruck auf Kosten der Zugehörigkeit zu den Klassen „Hypertonie II und III“ nach erfolgtem passiven Höhenaufstieg über 1000 m. Zusätzlich fällt auf, dass in der Klasse „Hypertonie Grad I“ die Zahl hypertensiver Messungen BS zunahm, was auf eine Verschiebung der Blutdruckmesswerte innerhalb der BD-Klassen „Hypertonie Grad III und II“ zur Klasse „Hypertonie Grad I“ bzw. von „Hoch-normal“ zu „Normal“ und „Optimal“ zurückzuführen ist. Eine genaue Darstellung der einzelnen Probanden konnte auf diesem Wege allerdings nicht durchgeführt werden. Das untersuchte Probandenkollektiv übertraf die allgemeine Hypertonie-Prävalenz von 25 % sehr deutlich (1). Durchschnittlich 45 % der TS/SBD- und 36 % der TS/DBD-Messdaten lagen im hypertonen Bereich. Unter BS-Bedingungen waren es dagegen 37 % (SBS) bzw. 33 % (DBD). Allerdings entsprach die Ausgangshöhe (TS) auch nicht der Tal- bzw. Normalhöhe. Zusammenfassend kann man eine klare Abnahme der Blutdruckwerte, vor allem des SBD, unter akuter Hypoxieeinwirkung erkennen. Die durch akute Hypoxie induzierte parasympathische Aktivität hält vermutlich individuell unterschiedlich lange an. Um genauere Zeitspannen definieren zu können, wäre eine weiterführende Studie sinnvoll, um den individuellen BD-Anstieg der Probanden zu erfassen. Die SBD/DBD-Werte einiger weniger Probanden stiegen unter akuter Hypoxie an. Es wäre denkbar, dass bei diesen Probanden die hypoxiegetriggerte adrenerge Aktivierung schon früher einsetzt und die Dauer der parasympathischen Reaktion somit als individuell angesehen werden kann. Basierend auf den Ergebnissen dieser Studie könnte intermittierende Hypoxieexposition (IHT) durchaus in die adjuvante, nicht medikamentöse Blutdrucksenkung einbezogen werden. Da eine Prädiktion der tatsächlichen Blutdruckregulation unter akuter Hypoxie nicht möglich ist, empfiehlt sich ggf. eine 271
Abklärung der kurz- und längerfristigen hypoxieabhängigen Blutdruckregulation in einer normobaren Hypoxie-Einrichtung (normobare Hypoxiekammer) unter ärztlicher Kontrolle. DANKSAGUNG Unser herzlicher Dank ergeht an die Planai-Hochwurzen-Bahnen GmbH für die logistische Unterstützung bei der Durchführung dieser Studie.
LITERATUR (1) Domej W., Trapp M., Miggitsch E.M., Krakher T., Riedlbauer R. et al. Arterielle Hypertonie unter Höheneinfluss. Wien Med Wochenschr 2008; 158: 503–508. (2) Kribben A., Erber R. Editorial, Arterielle Hypertonie. Herz 2012; 37: 719–720. (3) Österreichische Gesellschaft für Hypertensiologie [Internet]. www.hochdruckliga.at [cited 2014 Mar 2]. Available from: http://www.hochdruckliga.at/ (4) Berghold F., Schaffert W. Handbuch der Trekking- und Expeditionsmedizin. München: DAV Summit Club; 2009; 1–22. (5) Urdampilleta A., González-Muniesa P., Portillo M.P., Martínez A.J. Usefulness of combining intermittend hypoxia and physical exercise in the treatment of obesity. J Physiol Biochem 2012; 68: 289–304. (6) Heistad D.D., Abboud F.M., Dickinson W. Richards lecture: circulatory adjustments to hypoxia. Circulation 1980; 61: 463–470. (7) Jenny E., Schaffert W., Lämmle Th., Burtscher M.: Sportärztlich-, höhenmedizinisch-, sportwissenschafliches Tabellarium für den Bergsteiger. In: E. Jenny, G. Riedmann, G. Flora, F. Berghold (Hrsg.). Jahrbuch 1998 der Österreichischen Gesellschaft für Alpinund Höhenmedizin, OK-Druck Schreithofer GmbH, Innsbruck, 1998: 185–210. (8) Hainsworth R., Drinkhill M.J., Rivera-Chira M. The autonomic nervous system at high altitude. Clin Auton Res 2007; 34: 470–438. (9) Liste der Skigebiete in Österreich – Wikipedia [Internet]. de.wikipedia.org. [cited 2014 Mar 2]. Available from: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Skigebiete_ in_ %C3 %96sterreich (10) Seilbahnen und Lifte – Der Dachstein [Internet]. www.derdachstein.at [cited 2014 Mar 2]. Available from: http://www.derdachstein.at/dachstein/de/der_dachstein/ Seilbahnen__Lifte.html
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❙ Martin Burtscher ❙
Kälte und sportliche Leistungsfähigkeit Cold and physical performance
SUMMARY Physical activities in mountainous regions are often associated with exposure to cold. Ambient temperature decreases by about 6.5° C per 1,000 m increase in altitude. Thus, in frequently visited alpine regions, situated between 2,000 to 3,000 m, temperatures below 0° C are to be expected occasionally even in summer time, and temperatures can drop below –30° C in winter. Additionally, temperature may be perceived as considerably colder due to windy conditions (wind chill). Effects of cold may be observed on almost every organ system of the human organism which may influence exercise performance in a dose-dependent manner. Cold air is always dry air, meaning a particular challenge to the respiratory system at pronounced hyperventilation during aerobic exercise. This is correlated with cooling down and dehydration of the bronchial epithelium causing elevated levels of inflammatory mediators and bronchoconstriction resulting in more frequent occurrence of obstructive airway diseases in winter sports athletes. One important protective mechanism against hypothermia is vasoconstriction in the skin, causing increased blood pressure, central blood volume and cardiac output. The elevated volume and reduced tubular reabsorption promote cold-induced diuresis and the risk of dehydration. During prolonged intense physical activity in the cold a reduction of body weight by 3–8 % due to sweating, respiration, diuresis, reduced thirst and water intake has been observed. The most important metabolic effects are increased lipolysis and glycogenolysis, as well as the “insulin-like” effect. Energy requirements in the cold increase dependent on intensity, ambient temperature, clothing, etc. Shivering doubles the basal metabolic rate. At normal core and muscle temperature exercise performance is not impaired; on the contrary, a redistribution of blood in favour of the working musculature occurs. If the muscle temperature 275
decreases, however, ATP re-synthesis is reduced and also nerve conduction velocity, maximal force development and contraction velocity of skeletal muscles are decreased. Regular cold exposition rapidly causes habituation and a reduction of stress responses and shivering. Appropriate clothing is the most important protective measure. Keywords: cold, exercise, performance, mountains, altitude ZUSAMMENFASSUNG Sportliche Aktivitäten in den Bergregionen sind häufig mit Kälteexposition verbunden. Die Lufttemperatur sinkt pro 1000 m Höhenzunahme um etwa 6,5° C ab. Das bedeutet, dass in vielbesuchten alpinen Regionen zwischen 2000 und 3000 m auch im Sommer gelegentlich mit Minusgraden zu rechnen ist und im Winter Temperaturen bis unter –30° C auftreten können. Hinzu kommt, dass diese Temperaturen unter Windeinfluss noch einmal als deutlich niedriger empfunden werden (wind chill). Kälteauswirkungen sind auf nahezu alle Organsysteme des menschlichen Organismus zu beobachten und können die Leistungsfähigkeit „dosisabhängig“ beeinflussen. Kalte Luft ist immer auch trockene Luft und bedeutet bei ausgeprägter Hyperventilation im Ausdauersport eine besondere Herausforderung für die Atemwege. Damit verbunden ist Abkühlung und Dehydration des Bronchialepithels, was die Freisetzung von Entzündungsmediatoren und Bronchokonstriktion fördert und zu gehäuftem Auftreten von obstruktiven Atemwegserkrankungen bei Wintersportathleten führen kann. Einen wichtigen Schutz vor Auskühlung stellt die Vasokonstriktion der Haut dar, die Blutdruckanstieg, eine Steigerung des zentralen Blutvolumens und des Herzminutenvolumens bewirkt. Der Volumenanstieg und die reduzierte tubuläre Reabsorption fördern die Kältediurese und das Risiko einer Dehydration. Bei lang andauernder intensiver körperlicher Aktivität in der Kälte werden 3–8% Verlust des Körpergewichts durch Schwitzen, Atmung, Diurese, verminderten Durst und fehlende Flüssigkeit beobachtet. Als wichtigste Stoffwechseleffekte sind die erhöhte Lipolyse und Glykogenolyse und der „Insulin-like“ Effekt zu nennen. Der Energiebedarf in Kälte steigt abhängig von der Intensität, der Außentemperatur, der Bekleidung etc., und bei Muskelzittern verdoppelt sich der Grundumsatz. Bei normaler Kern- und Muskeltemperatur ist keine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit gegeben; im Gegenteil, es findet eine Blutumverteilung zu Gunsten der Arbeitsmuskulatur statt. Bei Absinken der Muskeltemperatur allerdings ist die ATP-Resynthese reduziert und die Nervenleitgeschwindigkeit vermindert, auch die maximale Kontrak tionskraft und die maximale Verkürzungsgeschwindigkeit der Skelettmuskula276
tur sind herabgesetzt. Regelmäßige Kälteexposition führt zur Gewöhnung (Habituation) mit einer Reduktion der Stressantwort und von Muskelzittern. Die Verwendung adäquater Bekleidung stellt die wichtigste Schutzmaßnahme dar. Schlüsselwörter: Kälte, Sport, Leistungsfähigkeit, Berg, Höhe
EINLEITUNG Das Klima alpiner Regionen ist durch markante saisonale Temperaturunterschiede geprägt. Während in den Sommermonaten Temperaturen bis über +30° C auftreten können, fallen sie im Winter gelegentlich unter –20° C ab. Aber innerhalb aller Jahreszeiten können witterungsbedingt und tageszeitabhängig ausgeprägte Schwankungen beobachtet werden. Für Sportausübende in Höhenlagen ist die Tatsache von Bedeutung, dass mit dem Anstieg von 1000 Höhenmetern die Umgebungstemperatur um etwa 6,5° C absinkt. Der menschliche Organismus ist homoiotherm, d.h. er muss die Körperkerntemperatur von rund 37° C aufrechterhalten. Daher spielen entsprechende physiologische Reaktionen und Schutzmaßnahmen, die einer drohenden Auskühlung entgegenwirken, eine entscheidende Rolle. Sind diese Maßnahmen nicht ausreichend, kann die abfallende Körpertemperatur nicht nur zum Leistungsabfall, sondern rasch zu vitaler Bedrohung führen. Andererseits kann aber auch ohne wesentlichen Abfall der Körperkerntemperatur die Kälteexposition per se, durch Einwirkung auf verschiedene Organsysteme, eine Beeinträchtigung der sportlichen Leistungsfähigkeit hervorrufen (1, 2).
WÄRMEPRODUKTION UND WÄRMEABGABE Für die Aufrechterhaltung der Körperkerntemperatur und notwendiger Körperfunktionen ist unter Ruhebedingungen und moderater Umgebungstemperatur ein Energieaufwand im Ausmaß von etwa 1 Kilokalorie pro kg Körpermasse pro Stunde (1 kcal/kg/h) notwendig (= Grundumsatz). Bei leichter körperlicher Aktivität ist ein Energieumsatz von etwa 300 kcal/h gegeben, welcher bei intensiven Dauerbelastungen auf über 1000 kcal/h ansteigen kann (1). Je nach Art der sportlichen Aktivität werden nur 10–30% der aufgewendeten Energie in mechanische Arbeit umgesetzt, der Rest (70–90%) wird als Wärme abgegeben. Dies macht verständlich, warum bei körperlicher Aktivität in kalter Umgebung, bei angemessener Bekleidung, die Gefahr der Auskühlung 277
gering ist, bei Inaktivität wie im Schlaf, bei Erschöpfung oder bei Verletzung aber dramatisch ansteigen kann.
THERMOREGULATION Die Thermoregulation stellt einen komplexen Prozess zur Aufrechterhaltung der Körperkerntemperatur dar. Thermosensoren registrieren die lokale Temperatur in der Haut, in der Umgebung von Blutgefäßen, in inneren Organen, in der Muskulatur und in verschiedenen Bereichen des Zentralnervensystems (ZNS). Diese Informationen gelangen nach Integration auf verschiedenen Ebenen des ZNS in das Zentrum der Temperaturregulation, den Hypothalamus (1). Von dort erfolgen nach einem Ist-Sollwert-Vergleich Maßnahmen zur Konstanthaltung der Kerntemperatur (Vasokonstriktion, Vasodilatation, Schweißbildung, Muskelzittern, Stoffwechselaktivierung, etc.) (Abb. 1). Durch Vasokonstriktion in der Haut kann die Wärmeabgabe bis auf einen Drittel reduziert werden, und durch Muskelzittern wiederum kann eine Wärmeproduktion erzielt werden, die jener bei leichter körperlicher Aktivität entspricht (3). Bemerkenswert ist auch, dass die maximal erzeugbare Wärme
Abb. 1: Thermoregulation (1) + bedeutet Anstieg, – bedeutet Abnahme; rot ist in warmer und blau in kalter Umgebung
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durch Muskelzittern von der aeroben Leistungsfähigkeit (VO2max) der betroffenen Person abhängig ist, d.h. weniger fitte Personen werden rascher hypotherm (4). Auch über hormonelle Reaktionen (z. B. Adrenalin, Schilddrüsenhormone) kann die Wärmeproduktion gesteigert werden. Die Möglichkeit der Oxidation von braunem Fettgewebe, wie sie beim Neugeborenen vorhanden ist, spielt beim Erwachsenen keine bedeutende Rolle mehr.
KÄLTE UND ATMUNG Das Atemminutenvolumen (AMV) bei moderater körperlicher Aktivität beträgt rund 50 Liter pro Minute. Mit zunehmender Intensität kann das AMV auf über 100 L/min ansteigen. Kalte und trockene Luft wird bei Passage der Atemwege auf 37° C erwärmt und mit Wasserdampf gesättigt (~ 45 g Wasser pro 1000 Liter). Dies bedeutet bei einem AMV von rund 50 L/min einen Wasserverlust von etwa 140 mL/h. Bedeutsamer jedoch ist, dass die verstärkte Atmung kalter Luft bei empfindlichen Personen oder Asthmapatienten zur Bronchokonstriktion und damit zu einer Beeinträchtigung der Atmung und der Leistungsfähigkeit führen kann (1, 5). Diese dürfte durch die Abkühlung und Austrocknung der Bronchialschleimhaut und damit verbundenen Entzündungsprozessen hervorgerufen werden (5). Auch der Kältereiz auf der Haut, besonders der Gesichtshaut, kann eine Bronchokonstriktion bei Personen mit und ohne Asth ma bewirken. Gerade bei Wintersportlern, die lange und wiederholt in kalter Luft trainierten, wurde eine erhöhte Häufigkeit (bis zu 50 %) von belastungsinduziertem Asthma festgestellt (4). Schon mildes Asthma kann zur Verminderung des AMV bei Belastung und einer Leistungsbeeinträchtigung führen (6). Eine adäquate Therapie ist daher anzustreben. Abb. 2: Klimakammer 279
KÄLTE UND HERZKREISLAUF Zu den charakteristischen Reaktionen des Herzkreislaufsystems auf Kälteexposition zählen die Zunahme des systolischen und diastolischen Blutdrucks, des Herzminutenvolumens und des zentralen Blutvolumens (7). Die Herzfrequenz wird nur unwesentlich beeinflusst. Die gesteigerten Blutdruckwerte in Kälte dürften auch mit der erhöhten Herzkreislauf-Sterblichkeit in den Wintermonaten zusammenhängen (8). Der Blutfluss in den Herzkranzgefäßen bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit ist im Vergleich zu gesunden Personen bei akuter Kälteexposition vermindert und kann daher schon bei geringer Belastung zu Herzbeschwerden führen. Kälte- und Höhenexposition bewirken beide eine Verengung der Lungengefäße und dadurch eine Steigerung des arteriellen Lungenblutdrucks bis hin zur Entwicklung eines Lungenödems (9).
KÄLTE UND SCHLAF Neben Höhen- und Hitzeexpositionen führt auch Kälte zu Schlafproblemen, die nachfolgend die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen können (10). Der Schlaf in ungewohnt kalter Umgebung ohne ausreichenden Schutz ist vorerst mit einer Abnahme der Körperkerntemperatur bis auf etwa 35° C verbunden. Nachfolgend erhöht Muskelzittern wieder die Kerntemperatur, führt aber meist auch zum Aufwachen. Ähnlich wie Höhenexposition steigert auch Kälte die Diurese und trägt so zu häufigerem Aufwachen und gestörtem Schlaf bei. Es muss allerdings erwähnt werden, dass schon nach etwa 1 Woche täglichen, kurzfristigen Kälteexpositionen alle diese Veränderungen nahezu verschwinden und Normalschlaf in der Kälte möglich wird.
KÄLTE UND NEUROMUSKULÄRE LEISTUNGSFÄHIGKEIT Wenn die Arbeitsmuskulatur abkühlt, ist „dosisabhängig“ eine Leistungsreduktion zu beobachten (11). Sowohl die maximale Kontraktionskraft als auch die maximale Verkürzungsgeschwindigkeit der Skelettmuskulatur werden durch Abkühlung reduziert. Als Hauptursachen dafür werden Veränderungen der neuromuskulären Funktion wie Reflexaktivität und Nervenleitgeschwindigkeit angesehen. Dynamische Aktivitäten sind mehr beeinträchtigt als statische. Vor allem schnelle Bewegungen sind vom Kälteeinfluss betroffen (12). 280
Besonders komplexe Prozesse, wie sie für den Erhalt des motorischen Gleichgewichts und die Bewegungskoordination typisch sind, erfahren eine Beeinträchtigung durch die reduzierte Funktion von Propriozeptoren der Muskulatur, der Sehnen und Gelenke aber auch der Mechanorezeptoren der Haut sowie die Neurotransmission afferenter und efferenter Informationen. Dies könnte erklären, warum das Unfall- und Verletzungsrisiko, beispielsweise im alpinen Skilauf, an kalten Tagen ansteigt (13). Ausdauersportarten (z. B. Skilanglauf) sind aufgrund der hohen kontinuierlichen Wärmeproduktion weniger betroffen als Sportarten mit nur kurzzeitigen Belastungen und längeren Ruhephasen (z.B. alpiner Skilauf). Gerade bei der Ausübung dieser Sportarten ist geeignete Schutzkleidung von großer verletzungsprophylaktischer Bedeutung.
KÄLTE UND AUSDAUERLEISTUNGSFÄHIGKEIT Wenn Ausdauersportarten bei nur geringer Intensität durchgeführt werden, kann je nach Umgebungstemperatur und Bekleidung die Wärmeproduktion
Abb. 3: Verlauf der Körperkerntemperatur bei 0 °C und 10 km/h Wind in Abhängigkeit der Belastungsintensität und der Bekleidung. VO₂max bedeutet maximale Sauerstoffaufnahme. Beachte: Drohende Unterkühlung bei niedriger Belastungsintensität! Windjacke und Überhose sind notwendig, um bei dieser Intensität die Kerntemperatur wieder ansteigen zu lassen! (14).
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geringer als die Wärmeabgabe sein und dadurch Unterkühlung verursachen (14). Besonders nasse Kleidung und Wind fördern den Wärmeverlust dramatisch (wind chill). Ein Abfall der Hauttemperatur unter 25° C bewirkt einen starken Drang, sich schneller zu bewegen und dadurch Wärme zu erzeugen. Wenn dies aufgrund von Ermüdung/Erschöpfung oder Verletzung nicht möglich ist, droht Unterkühlung (Abb. 3). Bei intensiveren Leistungen reicht die Wärmeproduktion in der Regel auch bei kalten Temperaturen und leichter Bekleidung aus, um die Körperkerntemperatur aufrecht zu erhalten. Es ist sogar so, dass kühle Umgebung durch verminderten Flüssigkeitsverlust und günstigere Blutumverteilung (von der Haut zur Arbeitsmuskulatur) leistungsfördernd ist. Umgebungstemperaturen zwischen 3 und 11° C sind optimal für Ausdauer-Höchstleistungen, beispielsweise bei Marathonveranstaltungen (15).
KÄLTE UND KOGNITIVE LEISTUNGSFÄHIGKEIT Die kognitive Leistungsfähigkeit spielt eine bedeutende Rolle für das Treffen rascher und richtiger Entscheidungen in Extremsituationen, bei Not- und Unfällen aber auch für die Orientierungsfähigkeit im alpinen Gelände. Eine Beeinträchtigung stellt somit zwangsläufig ein Sicherheitsrisiko dar. Allerdings treten Verschlechterungen der Gedächtnisleistung und der Konzentration erst unter einer Körperkerntemperatur von 35° C auf. Je komplexer die Leistungsanforderungen desto deutlicher sind die kältebedingten Beeinträchtigungen. Eine aktuellere Untersuchung demonstrierte eine Verminderung von Arbeitsgedächtnis und Reaktionszeit nach 2-stündiger Kälteexposition (10° C), die auch noch in den nachfolgenden 60 Minuten der Erwärmung bei 25° C erhalten blieb (16).
KOMBINIERTE EFFEKTE VON KÄLTE UND HÖHE Bergsport bedeutet häufig eine kombinierte Kälte- und Höhenexposition. Daher ist zu erwarten, dass verschiedene Interaktionen zu einer negativen Beeinflussung der Leistungsfähigkeit führen können. Wie schon oben erwähnt, verstärkt Kälte die hypoxische pulmonale Vasokonstriktion (10). Diese ist mit reduzierter arterieller Sauerstoffsättigung und Sauerstoffanlieferung zur Ar282
beitsmuskulatur und dadurch verminderter aerober Leistungsfähigkeit verbunden. Außerdem steigert Kälte den ohnehin erhöhten Energieverbrauch in der Höhe (3). Nicht zuletzt kann Hypoxie den Beginn des Muskelzitterns in Kälte verzögern und dadurch die Hypothermieentwicklung begünstigen (17). Eine Zusammenfassung der wichtigsten negativen Leistungsbeeinflussungen durch Kälteexposition ist in Tabelle 1 dargestellt. Tab. 1: Negative Auswirkungen von Kälte auf die sportliche Leistungsfähigkeit
PRÄVENTIVMASSNAHMEN Bekleidung Die Verwendung geeigneter Kleidung ist die wichtigste Maßnahme, um Unterkühlung vorzubeugen und die Leistungsfähigkeit zu optimieren (1). Generell hat sich das Schichten – oder Zwiebelprinzip bewährt, um flexibel auf Temperaturänderungen reagieren zu können. Die erste Schicht liegt der Haut auf und sorgt für trockene Haut, indem die entstehende Feuchtigkeit nach außen abgegeben wird. Es werden synthetische Materialien beispielsweise aus Polyester oder Seide verwendet. Die zweite Schicht ist eine Isolierschicht, die warm hält und ebenfalls Feuchtigkeit nach 283
außen abgibt. Dafür eignen sich beispielsweise Wollpullover, leichte Fleeceoder Daunenjacken. Die dritte Schicht soll Schutz vor Wind, Regen und Schnee bieten. Dafür eignen sich wasserfeste und atmungsaktive Materialien. Wichtig sind aber auch geeignete Mützen und Handschuhe! Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass gerade bei sportlicher Aktivität auch zu viel Kleidung getragen werden kann, was trotz kalter Umgebung mit dem Risiko der Überwärmung verbunden ist. Habituation Wiederholte Kälteexposition macht Kälte besser verträglich. Unter Habituation wird die Anpassung verstanden, die mit einer reduzieren Stressantwort des Organismus auf Kälte einhergeht. Vasokonstriktion und Kältezittern treten dann in geringerem Ausmaß auf als bei der ersten Exposition. Berücksichtigt werden muss natürlich, dass die Kälteverträglichkeit und die Reaktionen auf Kälte individuell unterschiedlich sind.
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❙ Wolfgang Domej, Karl Öttl, Gernot Siebenhofer, Thomas Küpper ❙
Reaktive Spezies unter hypobarer und normobarer Hypoxie Reactive species in hypobaric and normobaric hypoxia
SUMMARY Oxidative stress occurs when free radicals (FR) and other reactive species (RS) overwhelm the antioxidants available in the body. Reactive oxygen species (ROS), reactive nitrogen species (RNS/RONS) and their antioxidative counterparts are essential for cell based physiological signaling and host defense, and are therefore essential for the integrity of the individual. RONS are also important players in the evolution and persistence of inflammatory and acclimatization processes. Depending on the amount and duration of the oxidative burden, RONS can damage macromolecules as well as DNA. Exogenously, RS may be inhaled in gaseous states (ozone, NOx); endogenously their generation may be provoked by inflammatory or hypoxic states (high-altitude hypoxia, hypoxic chamber, hypoxemic diseases), in the context of cellular defense, and by the activity of metabolic enzymes. When the steady state between oxidants and antioxidants is disturbed for longer periods, the imba lances may provoke pathological reactions causing a range of diseases such as COPD and arteriosclerosis. An increase in radical burden in hypoxic conditions such as at high and extreme altitudes has long since been suggested to be injurious to health, whereby the detection of RS still poses a major challenge. To date, the promised success of antioxidative supplementation has not met expectations, and its impact on AMS prevalence (acute mountain sickness) and the severity of other high altitude intolerance reactions has not been convincing. Recent work suggests that it may take an undetermined amount of RS-burden to initiate the acclimatization process and assure its persistance under hypoxic conditions. 287
Keywords: reactive species, reactive oxygen species, oxidative stress, oxidant burden, redox systems, antioxidant enzymes, hypobaric/normobaric hypoxia, high-altitude induced oxidative stress ZUSAMMENFASSUNG Oxidativer Stress bedeutet, dass freie Radikale (FR) einschließlich anderer reaktiver Spezies (RS) die Verfügbarkeit körpereigener Antioxidantien übersteigen. Reaktive Sauerstoff- (ROS) und Stickstoffspezies (RNS/RONS) sowie körpereigene Antioxidantien als Gegenspieler haben eine wesentliche Rolle in der zellulären Signalübertragung sowie im Rahmen von Abwehrmechanismen; sie sind daher für die Integrität des Individuums unentbehrlich. RONS spielen auch für die Entwicklung und Persistenz entzündlicher Prozesse sowie von Akklimatisationsvorgängen eine bedeutende Rolle. In Abhängigkeit von der Höhe und Expositionsdauer einer oxidativen Belastung können RONS Makro moleküle sowie die DNA nachhaltig schädigen. RS können exogen in gasförmigem Zustand (Ozon, NOx) aufgenommen werden. Die endogene Generation von RS erfolgt im Rahmen entzündlicher oder auch hypoxischer Zustandsbilder (große Höhe, Hypoxiekammer, hypoxämische Erkrankungen), im Zusammenhang mit zellulärer Abwehr sowie durch Aktivität metabolischer Enzyme. Im Falle eines Ungleichgewichtes zwischen Oxidantien und Antioxidantien werden längerfristig pathologische Abläufe eingeleitet, die selbst zu einer Reihe interner Erkrankungen wie COPD oder Arteriosklerose führen können. Eine verstärkte endogene RS-Belastung unter Hypoxiebedingungen wie in großer Höhe wurde bereits seit Jahrzehnten als gesundheitsschädigend angesehen, wobei die Erfassung der RS auch heute noch eine Herausforderung darstellt. Die Erfolge von Supplementationsversuchen mit antioxidativ wirksamen Substanzen blieben bisher bescheiden. Die Einflussmöglichkeit auf die AMS-Anfälligkeit respektive den Schweregrad anderer Höhenunverträglichkeitsreaktionen war bisher nicht überzeugend; aus heutiger Sicht dürfte ein noch nicht definiertes Maß an RS-Belastung für die Auslösung des Akklimatisationsprozesses und dessen Erhaltung erforderlich sein. Schlüsselwörter: reaktive Spezies, reaktive Sauerstoffspezies, oxidativer Stress, Oxidantienbelastung, Redox-Systeme, antioxidative Enzyme, hypobare und normobare Hypoxie, höheninduzierter oxidativer Stress
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EINLEITUNG Vor fast 250 Jahren wurde Sauerstoff als Element fast zeitgleich durch Carl Wilhelm Scheele (1771) und Joseph Priestley (1774) entdeckt. Beide waren zu dieser Zeit mit dem Studium von Verbrennungsvorgängen befasst (1). Mehr als 180 Jahre danach wurden erstmals reaktive Sauerstoffspezies (ROS) beschrieben (Tab. 1). Helmut Sies lieferte dazu einen bedeutsamen Beitrag, als er oxidativen Stress als potentiell schädlich für den Menschen einstufte und dafür eine Verschiebung des Gleichgewichts zwischen Oxidantien und Antioxidantien zugunsten ersterer verantwortlich machte (2). Dieses Ungleichgewicht wurde auf reaktive Moleküle einschließlich freie Radikale (FR) und nicht radikale Spezies zurückgeführt. Beide werden heute auch unter dem Überbegriff reaktive Spezies (RS) zusammengefasst. In der Folge wurden auch eine ganze Reihe von Erkrankungen wie COPD, Lungenfibrose, Arteriosklerose, Diabetes mit einem Überschuss an RS in kausale Verbindung gebracht (3). FR bezeichnen Moleküle mit jeweils einem sogenannten ungepaarten Elektron. In vielen Fällen verleiht ein solches dem Radikal eine hohe chemische Reaktivität. Bei der Reaktion von Radikalen mit Biomolekülen werden Letztere nicht nur geschädigt, vielmehr entstehen neue FR, die schließlich in einer Kettenreaktion münden können. Verbindungen wie beispielsweise Wasserstoffperoxid (H₂O₂) oder Ozon (O₃) sind keine FR, aber dennoch sehr reaktiv; sie können ihrerseits zur Bildung sehr reaktiver FR führen. Auf der anderen Seite stellen RS natürliche und physiologische Modulatoren des zellulären Redox-Systems dar, wobei sie für eine Reihe von Signal- und Kontrollfunktionen im Rahmen physiologischer und pathologischer Prozessabläufe stehen. Trotz mehrgleisig angelegter antioxidativer Mechanismen kann die Radikalgeneration die Fähigkeit des antioxidativen Netzwerks übersteigen und daher oxidativen Stress auslösen (4). Jeder belastungsbedingte Anstieg des aeroben Metabolismus, aber auch jede O₂-Gabe (O₂-Supplementation) führen zu verstärkter Radikalbelastung und zu vermehrtem zellschädigendem Potential (5); selbst unter anaeroben Belastungsbedingungen sind oxidative Gewebsschädigungen nicht aussergewöhnlich (6). Während der vergangenen Jahrzehnte gab es weltweit beachtliche Anstrengungen, um Licht in das funktionelle Netzwerk der RS und die damit verbundenen physiologischen bzw. pathophysiologischen Reaktionen zu bringen. Unter Normalatmung werden 1–2 % des Sauerstoffs der Mitochondrien in Form von ROS wieder freigesetzt. Man schätzt, dass davon etwa die Hälfte für Proteindefekte und ein Viertel für DNA-Schädigungen verantwortlich ist (7). Studien 289
ergebnisse stimmen weitgehend überein, dass große Höhen mit oxidativer Schädigung von Lipiden, Proteinen und der DNA einhergehen (Tab. 1) (8). Letztere wurden mehrfach unter Bedingungen großer und extremer Höhen nachgewiesen; so wurden beispielsweise auf 4559 m Höhe selbst in einer Gruppe völlig gesunder Alpinisten signifikante Steigerungen von DNA-Strangbrüchen nachgewiesen (9). Tab. 1: Folgen oxidativer Stressbelastung
Protein-, Lipid- und DNA-Schädigung Gewebsschädigung, Ödembildung Entzündungsreaktionen, Infektanfälligkeit Verletzungsanfälligkeit Glykogendepletion (Glykoxylierung) Ermüdung, Erschöpfung
Unbestritten ist, dass die oxidative Belastung mit der Höhe bzw. dem Hypoxiegrad ansteigt, wobei eine ganze Reihe von Reaktionsabläufen, in denen RS generiert werden können, durch Hypoxie aktiviert werden (Tab. 2). Es ist allerdings heute noch nicht klar, ab welchen Konzentrationen RS potentiell schädigend wirksam werden und welches Ausmaß an oxidativem Stress erforderlich ist, um das physiologische Anpassungspaket der Akklimatisation in Gang zu setzen (4). Daher sind auch Empfehlungen, ab welcher Höhe der Radikalbelastung eine antioxidative Supplementation sinnvoll ist, zur Zeit noch unrealistisch.
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Tab. 2: Folgen von chronischer Hypoxieexposition und oxidativer Stressbelastung
Hypoxieanpassung/Akklimatisation RS-Belastung, Korrelation mit Hypoxiegrad Anstieg der ATP-Produktion durch Ischämie/Hypoxie Aktivierung des Xanthinoxidasesystems, höhere Radikalgeneration Gewebshypoxie, verstärkte Neutrophilen-Migration aus dem Blut Verstärkte Bildung von Stressproteinen, Autooxidation, verminderte antioxidative Kapazität (TAS) UV-Strahlung, verstärkte Bildung von H2O2, Fenton-Reaktion Aktivierung der NADPH-Oxidase, Makrophagenaktivierung, Inflammation Azidose, Fe-Freisetzung aus Transferrin, Fenton-Reaktion Komplex I und III, reduktiver Stress, Autooxidation mitochondrialer Enzymkomplexe iNOS, nNOS-Aktivitätssteigerung, Neurotoxizität, Ödembildung
Zellen verfügen über ein enzymatisches und nicht-enzymatisches antioxidatives System, mit dem sie Auswirkungen der FR regulieren können. So umfasst das enzymatische System mitochondriale (Mn-SOD), zytoplasmatische (Cu-/Zn-SOD) sowie extrazelluläre Superoxiddismutasen (ec-SOD), um beispielsweise das sehr reaktionsfreudige O₂-Radikal Superoxid (O₂–) in weniger reaktives Wasserstoffperoxid (H₂O₂) umzuwandeln (Tab. 3). Die intrazellulär verfügbare Glutathion-Peroxidase (GPx) und Katalase (CAT) bauen H₂O₂ zu H₂O ab. Das Zusammenspiel von Superoxidbildung (O₂–), SOD und CAT/ GPx ist daher entscheidend für die Konzentration des Regulatormoleküls Wasserstoffperoxid (H₂O₂). Valide Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Totalen-Antioxidativen-Status (TAS) in realer Höhe fehlen jedoch heute noch weitgehend. Die meisten Erkenntnisse basieren auf tierexperimentellen Hypoxiekammerstudien; so konnte nach einem halben Jahr intermittierender Hypoxieexposition (Höhenäquivalenz 4000 m) bei Ratten ein verminderter Gehalt und eine geringere Aktivität der Mn-SOD nachgewiesen werden (10). Das nicht-enzymatische System funktioniert etwas komplexer und viele der nicht-enzymatisch wirksame Antioxidantien (AO) sind im Normalfall im Zytoplasma ausreichend vorhanden (Glutathion, Vitamine C, E). Nach heutigem Wissensstand zieht nicht nur ein erhöhtes inhalatives O₂-Angebot (z.B. Hyperoxie bei O₂-Langzeittherapie/LTOT) eine gesteigerte 291
Abb. 1: Faktoren, die zu erhöhter Radikalbelastung in großer Höhe beitragen
mitochondriale ROS-Generation nach sich, sondern auch Hypoxie führt per se zu sog. „reduktiven Stress“ (Tab. 2). Durch Hypoxie wird die Bildung von ROS am Komplex I und vor allem Komplex III der mitochondrialen Elektronentransportkette stimuliert (Tab. 2, 3) (11). Andere exogene Faktoren wie beispielsweise Höhenstrahlung oder Extremtemperaturen können zu verstärkter Bildung RS beitragen, was u.a. über die mitochondriale Atmungskette, Xanthin-Oxidase oder iNOS erfolgen kann (Abb. 1). Es besteht hohe Evidenz, dass eine starke Beanspruchung des aeroben Stoffwechsels aber auch hyperoxische Expositionen (O₂-Supplementation in extremer Höhe) mit verstärkter endogener RS-Generation beantwortet wird, wobei hohe physische Belastungen die Auslenkung des Redox-Gleichgewichtes und oxidativer Zellschädigungen zusätzlich erhöhen (Tab. 4) (5, 12, 13).
292
Tab. 3: Reaktive Spezies (ROS, RNS) als Ursache für oxidativen Stress
Hyperoxid/Superoxid
·O₂–
Sehr instabil, Signalfunktion, synaptische Plastizität
Wasserstoffperoxid
H₂O₂
Zelltoxizität, Signalfunktion, Generation anderer ROS
Hydroxylradikal
·OH
Freies Radikal, extrem instabil, äußerst reaktives Agens
Alkoxyl Radikal
RO·
Freies Radikal, Reaktionsprodukt von Lipiden
Peroxyl Radikal
ROO·
Freies Radikal, Reaktionsprodukt von Lipiden
Hypochlorit Anion
OCl–
ROS, reaktives Chloridradikal, Generation über Myeloperoxidase
Singlett-Sauerstoff
1O₂
Induziertes/angeregtes O₂-Molekül, radikale und nicht radikale Form
Ozon
O₃
Geruchloses Umwelttoxin, reaktive Form des Sauerstoffs
·NO
Umwelttoxin, endogenes Signalmolekül, freies Radikal
Stickoxid Peroxynitrit
Hochreaktives Zwischenprodukt ONOO– von ·O₂ und ·NO
Stickstoffdioxid
·NO₂
Sehr reaktives Radikal, Umwelttoxin
Stickoxide
NOx
Umwelttoxine von Verbrennungs prozessen, Verkehr, inkl. ·NO und NO₂
Bei gesunden Individuen ist der Organismus durch enzymatische und nicht-enzymatische Mechanismen ausbalanciert (14). In einer Vergleichsstudie zwischen nativen Hochlandbewohnern (4000 m) und einem auf Meeresniveau lebenden Vergleichskollektiv zeigte sich in der Gruppe der Höhenbewohner eine deutlich geringere GPx-Aktivität im Serum (15). Höhenaufenthalte führten auch zu einem nachweislichen Abfall von reduziertem Glutathion (GSH) sowie Anstieg von oxidiertem Glutathion (16, 17). Der TAS des Blutes besteht bis zu zwei Drittel aus körpereigener Harnsäure. Urat spielt daher im Rahmen der RS-Neutralisation eine bedeutende Rolle. Die Uratbildung wird im Körper durch die Xanthindehydrogenase (XDA) kataly293
siert. Unter ischämischen Bedingungen wird aus der XDA die Xanthinoxidase (XOD), die als Nebenprodukt .O₂ und H₂O₂ produziert. Die Bedeutung von Urat als AO unter Hypoxiebedingungen wurde im Rahmen einer Vergleichsstudie (92 Flachländer/66 Hochlandbewohner) nach Aufstieg auf 4560 m untersucht. Flachländer zeigten dabei einen signifikanten Anstieg von H₂O₂, Proteincarbonyl-Gruppen, TAS und Urat, bei Hochlandbewohnern fielen diese Parameter unter Höhenbedingungen deutlich niedriger aus. TAS und Urat zeigten nur bei Flachländern eine auf Meeresniveau positive Korrelation, bei Hochlandbewohnern nur unter Höhenbedingungen; H₂O₂ und TAS ergaben in der Höhe für beide Gruppen eine positive Korrelation. Obwohl ein hypoxieassoziierter Anstieg der Harnsäure beträchtlich zur TAS des Plasmas beiträgt, vermag Urat den oxidativen Stress in der Höhe nicht zu verhindern (18). Eine erhöhte Radikalbelastung kann zu einer Reihe pathogenetischer Prozesse beitragen, beginnend mit der Inaktivierung von Antiproteasen, Verstärkung entzündlicher Prozesse durch Aktivierung redox-sensitiver Transkriptionsfaktoren, Beschleunigung des Alterungsprozesses (Seneszenz), Aktivierung von Neutrophilen, Makrophagen und Fibroblasten, bis zur Modulation der T-Zell-Funktion oder direkter Zellschädigung (Apoptose) mit mangelhafter Regenerationspotenz (19). Oxidantien-Antioxidantien Ungleichgewichte können weiters zu Gen-Polymorphismen, Aktivierung von Transkriptionsfaktoren wie etwa Nuclear Factor kB (NF-kB) und Änderungen im molekularen Bereich führen (20). Auf zellulärer Ebene ist der Transkriptionsfaktor NF-kB für die Bildung von aktivem HiF-1α von entscheidender Bedeutung. Dieser wird unter Hypoxiebedingungen nicht wie unter Normoxämie unmittelbar abgebaut, sondern findet sich zusammen mit HiF-1ß im Zellkern wieder. Dieses Dimer lagert sich an bestimmte Basensequenzen der Promotorregion bestimmter Gene an, wobei die Transkription und Expression jener Gene verstärkt erfolgt, die direkt oder indirekt mit der Hypoxiebewältigung zu tun haben (21). Allerdings führt das aktivierte HIF-System gleichzeitig auch zur Aktivierung von Entzündungsmediatoren und Entzündungszellen, die auf enzymatischem Wege wiederum RS generieren. Tierexperimentell ergaben Veränderungen unter oxidativem Stress eine deutliche Abhängigkeit von der O₂-Sensitivität (Ansprechen von O₂-Rezeptoren). Letztere war auch am Beispiel hypoxieexponierter Ratten (9754 m/hypobare Kammer) auf Basis des Intervalls bis zum Auftreten akuter Atemnot (< 10 min, 10 – 25 min, > 25 min) gut nachvollziehbar. Versuchstiere, die rasch Dyspnoe entwickelten waren zudem histologisch durch vermehrte entzündliche Infiltrationen des Myokards sowie höhere CK-MB Konzentrationen auffällig. Typisch für diese Gruppe war vor allem ein 3-facher Anstieg 294
der ROS-Belastung mit konsekutiv höherer Protein- und Lipidschädigung. Bei weitgehend hypoxietoleranten Tieren hielten sich die Schädigungen dagegen in Grenzen, wofür vermutlich eine höhere myokardiale Konzentration von antioxidativ wirksamen Enzymen (CAT, SOD) verantwortlich war. Hypoxietolerante Versuchstiere wiesen zudem höhere HiF-1α-assoziierte Genexpressionen für Erythropoetin (EPO), Hämoxygenase (HO-1) und Erythrozyten/Hirn-Hexose Facilitator (GLUT1) auf; auch zytoprotektive Hilfsproteine (Chaperone HSP70, HSP90) zeigten in der hypoxietoleranten Gruppe deutlich höhere Konzentrationen. Dagegen war eine signifikant erhöhte VEGF-Expression nur bei den hypoxiesensitiven Versuchstieren nachweisbar (22). Tab. 4: Höhenrelevante bzw. endogene Ursachen für oxidativen Stress
Entzündungen (aktivierte Makrophagen und neutrophile Granulozyten) Hyperoxie (O₂-Supplementation in extremen Höhen) Hypoxie (hypobare and normobare Hypoxie) Entleerung des Antioxidantienpools (chronischer Nikotinabusus) Reoxygenation nach Abstieg aus großer Höhe (Ischämie/Reperfusion) Mitochondrialer Elektronentransport (Atmungskette) Oxidative Enzyme (Lipoxygenasen, Cyclooxygenasen, Cytochrom P450) Ionisierende Strahlung und exogene RS (Ozon)
Physiologische Signalübertragung, O₂-Sensing und Schädigung von Makromolekülen RONS modulieren das Redox-System auf zellulärer Ebene und stellen damit kontrollierende Faktoren der Signalübertragung für eine ganzen Reihe bekannter und unbekannter physiologischer und pathophysiologischer Prozesse dar (8). Auch Hypoxieexposition erhöht die oxidative Stressbelastung, aktiviert inflammatorische Zytokine, und modifiziert die Expression pro- und antioxidativer Gene (23). Die terrestrische Höhe steht dabei in direktem Zusammenhang mit dem Grad der oxidativen Provokation, wobei die oxidative Belastung durch alpinistische Aktivität weiter verstärkt wird. In der Operation Everest III Studie konnte unter experimentellen, hypobar-hypoxischen Bedingungen (6000 m Höhe) eine um 23 % und in 8848 m eine um 79 % höhere L ipidperoxidation registriert werden (17). Bei einer weiteren Studie auf 4500 m wurden Proben 295
nach drei bzw. dreizehn Monaten untersucht; dabei dürften drei Monate einen ausreichenden Zeitrahmen für den Anstieg der Lipidperoxidation bzw. für den Abfall der enzymatischen und nicht-enzymatischen antioxidativen Kompensation darstellen. Nach 13-monatigem durchgehenden simulierten Höhenaufenthalt war erstaunlicherweise das ausgewogene Redox-Gleichgewicht wieder hergestellt (24). Trotz des vernetzten antioxidativen Systems kann ein hoher Grad an RS-Generation die Fähigkeit der antioxidativen Kompensation deutlich übersteigen und damit oxidativen Stress hervorrufen (4). Es würde zwar augenscheinlich rationell scheinen, dass ein niedriger atmosphärischer O₂-Partialdruck (hypobare Hypoxie) auch eine niedrige RS-Generation hervorruft. Der Schluss, eine geringere O₂-Aufnahme würde auch eine geringere ROS-Produktion nach sich ziehen, ist jedoch zu einfach. Vieles spricht dafür, dass verschiedene zusammenwirkende Faktoren in großer Höhe (Abb. 1) zu oxidativen Schädigungen führen, was als Folge geänderter Aktivität der ROS generierenden und antioxidativen Kompensationsmechanismen interpretiert werden kann. Das Ausmaß oxidativer Schädigung reflektiert das Ungleichgewicht zwischen der Generation von RS und den antioxidativen Mechanismen. Intermittierende Exposition bei einer Höhenäquivalenz von 4000 m führte im Tierversuch zu verstärtker Lipidperoxidation in der quergestreiften Muskulatur unabhängig vom Fasertyp (10). Zusätzlich zeigten sich tierexperimentell vermehrt oxidativ bedingte Proteinschäden wie etwa am Actin der Skelettmuskulatur. Überraschend, dass eine kontinuierliche Hypoxieprovokation über vier Wochen auf identer Höhe keinen messbaren Anstieg der Lipidperoxidation, sehr wohl aber der Proteinoxidation, zeigte (25). Während eines Höhenaufenthaltes werden in der Regel eine ganze Reihe von RONS generierenden Quellen einschließlich der mitochondrialen Elektronentransportkette, Xanthinoxidase (XO) oder NO-Synthase (NOS) im Organismus aktiviert (Tab. 2). Trotzdem sind die physiologischen und medizinischen Konsequenzen des höhenassoziierten Hypoxiestress nicht in allen Bereichen klar. Experimentelle Studien weisen darauf hin, dass mitochondriale ROS gleichzeitig auch für das O₂-Sensing und die nachfolgende Stabilisierung von HiF-1α von außergewöhnlicher Bedeutung sind (26). Dieser Transkriptionsfaktor steht heute als „Master-Enzym“ für eine erfolgreiche Hypoxiebewältigung, wobei Hypoxie jene Kaskade von Signalevents triggert, die in Summe zur Akklimatisation auf einer bestimmten Höhenstufe führen (27). Bezüglich der endogenen enzymatischen und nicht-enzymatischen antioxidativen Kompensation dürften hypobare Hypoxiebedingungen großer Höhen mit einer Abschwächung bzw. mit einem er296
höhten Verbrauch körpereigener AOs einhergehen. Die logische Konsequenz wäre, dass durch vermehrte alimentäre AO-Zufuhr einer oxidativ bedingten Schädigung vorgebeugt werden kann (8, 28, 29). Dabei besteht allerdings die Gefahr, dass durch das Abfangen der ROS der Trigger für die endogene Adaptierung verloren geht. Tab. 5: Unterstützung des antioxidativen Systems
Veränderung der GSH/GSSG Ratio Verbesserung des Thiol-Status Steigerung von Enzymaktivitäten (SOD, GPx) v.a. in Muskulatur, Leber, Niere, Lunge durch Hypoxietraining Intermittierendes Hypoxietraining (IHT) und Präakklimatisation in einer Höhenkammer (> 4.000 m)
Belastung durch RS in der Höhe, oxidativer Stress bei Reoxygenierung Der Hypoxiegrad und die terrestrische Höhe korrelieren eng mit dem Grad der oxidativen Belastung. In diesem Zusammenhang konnte jedoch auch klar gezeigt werden, dass eine geänderte O₂-Versorgung wie beispielsweise eine weitgehende Reoxygenierung nach raschem Abstieg aus großer/extremer Höhe zu einem Anstieg mitochondrialer O₂-Radikale führen kann. Große und extreme Höhen sind darüber hinaus Anlass für eine Abnahme des enzymatischen und nicht-enzymatischen antioxidativ wirksamen Abwehrsystems, wobei auftretende Schäden an lipid- und proteinhältigen Strukturen sowie der DNA mit jenen, die durch Hypoxie/Reoxygenierung bzw. Ischämie/Reperfusion hervorgerufen werden, weitgehend übereinstimmen (Abb. 1) (8). Im Tierversuch führten unterschiedliche Reoxygenierungszeiten zu einem Anstieg der endothelialen-mRNA für eNOS, zu hypoxieassoziierter Protein-Aktivierung sowie unmittelbar posthypoxisch zu einem NO-Anstieg, wobei eine Aktivierung der induzierbaren NO-Synthase (iNOS) erst während der letzten Phase der vollständigen Reoxygenierung registriert wurde. Demzufolge dürften eNOS für die unmittelbar NO-vermittelte Vasodilatation/Bronchodilatation, iNOS eher für oxidative Lungenschädigungen während der Spätphase der Reoxygenierung verantwortlich sein (30). Eine weitere Studie zur Reoxygenierungsproblematik konnte experimentell aufzeigen, dass eine selektive Hemmung von iNOS (N-3-Aminomethyl-benzylacetamidin) bei hypoxieexponierten Ratten 297
(30 min/hypobare Hypoxie) die Lipidperoxidation sowie den Apoptose-Index des hypoxischen Myokards ansteigen lässt. Dies ist als deutlicher Hinweis auf den protektiven Effekt dieser Isoform etwa gegenüber myokardialen Schädigungen während einer Reoxygenation zu werten (31). Eine extreme Höhenexposition von 8235 m über sieben Stunden und anschließende Reoxygenierung mündete in eine erhöhte Aktivität von iNOS und eNOS, verbunden mit einem Anstieg von Nitrotyrosin im Kleinhirn (32) (Abb. 2). Hypoxie vermag jedoch auch per se reduktiven Stress zu erzeugen (Akkumulation von reduzierenden Äquivalenten infolge verminderter Verfügbarkeit von O₂ und verminderter Reduktion zu H₂O durch Vermittlung der Cytochromoxidase), der wiederum eine verstärkte Produktion von RS (ROS) durch das mitochondriale Elektro nentransportsystem nach sich zieht (11). In Verbindung mit sogenanntem „reduktivem Stress“ fand man etwa auch hypoxiebedingte Anstiege des zellulären NADH/NAD+ Quotienten (Tab. 2) (33), aber auch über eine Abnahme mitochondrialer SOD-Aktivität wurde in dem Zusammenhang berichtet. Das könnte ein Hinweis dafür sein, dass der verminderte O₂-Partialdruck in der Höhe direkt zu einer Downregulation antioxidativ wirksamer Mn-SOD führt, was wiederum eine gute Erklärung für die oxidative Schädigung unter extremer Hypoxie darstellen würde (34). In der Leber wurden verminderte Aktivitäten der Glutathion-Peroxidase (GPx) gemessen, was als besondere Sensitivität der Leber auf höhenbedingte oxidative Belastung gewertet werden kann (35); auf der anderen Seite fanden dieselben Autoren in einem Hypoxiekammerversuch (5500 m) erhöhte Serumspiegel der Mn-SOD, jedoch verminderte Spiegel in Leber und Lungen der Versuchstiere. Damit dürfte es unter Höhenbedingungen eher zu organspezifischen Regulationen antioxidativer Enzyme kommen. Tierexperimentelle Supplementationsversuche mit antioxidativen Substanzen Dazu existiert bereits eine Vielzahl tierexperimenteller Untersuchungen im Zusammenhang mit der Verabreichung unterschiedlichster Substanzen und Substanzgemische. So etwa der tierexperimentelle Versuch einer Supplementation mit Vitamin E (40 mg/Tag) fünf Tage vor und während eines Aufenthaltes in extremer Höhe (7576 m). Der höhenabhängige Anstieg der Lipidperoxidation konnte damit signifikant vermindert werden (16). Auch ein intraperitoneal verabreichter stark antioxidativ wirksamer polyphenolhältiger Extrakt aus Traubenkernen (50 mg Gallussäure Äquivalent/kg Körpergewicht suspendiert in 0,5 mL Carboxymethyl-cellulose/CMC) führte bei Ratten 2–72 Stunden nach Beendigung der Hypoxieexposition (hypobare Hypoxie über 1 298
bzw. 5 Tage, 5500 m) zu signifikant niedrigeren zerebralen ROS- und NO-Konzentrationen, wobei auch die Konzentrationen von IL-6, Matrixmetalloproteinase 2 (MMP2) und VEGF (vascular endothelial growth factor) deutlich niedriger ausfielen als in einer ausschließlich mit CMC behandelten Referenzgruppe (36). Stark antioxidative Effekte eines neuen Radikalfängers, nämlich Nitronylnitroxide, der FR wie .NO oder .OH zu neutralisieren vermag, konnten an einem Höhen-Mausmodell (hypobare/normobare Hypoxie) nachgewiesen werden. Zum einen überlebten mit Nitronylnitroxid vorbehandelte Mäuse deutlich länger als jene, die mit Azetazolamid vorbehandelt wurden, zum anderen war der zerebrale und myokardiale H₂O₂- sowie Malondialdehyd-Gehalt deutlich niedriger, während die Aktivitäten von SOD, GPx und CAT ähnlich wie in der Normalgruppe ausfielen (37). Weitere tierexperimentelle Daten zu protektiven, antioxidativen Effekten unter Hypoxie gibt es beispielsweise auch zu Melatonin (N-acetyl-5-methoxytryptamine). Im Zusammenhang mit oxidativer Stressbelastung (intermittierende hypobare Hypoxie/96 h) zeigten männliche Wistar Ratten nach Melatoningabe (10 mg/kg KG) eine deutliche geringere kardiale, pulmonale und renale Lipidperoxidation als die unbehandelte Referenzgruppe, interessanterweise jedoch keinerlei gewebsprotektive Effekte in Leber, Hoden oder Nebenhoden (38). Exogen zugeführtes Melatonin wie auch Epithalmin erwiesen sich unter akuter Hypoxieeinwirkung (Höhenäquivalent von 12000 m) auch als nachhaltig protektiv gegenüber FR, speziell im Bereiche der Hippocampusregion (39). Auch Quercetin (in Ginko bilobata) aus der Gruppe der Polyphenole bzw. Flavonoide zeigte im Tierversuch unter hypobarer Hypoxiesimulation (5000 m/5 Tage) einen Anstieg der SOD-, CAT- und GPx-Aktivität sowie der Glutathionkonzentration bei gleichzeitiger Abnahme des Serum-MDA. Zusätzlich führte Quercetin, das in Südamerika auch gegen Höhenkrankheit eingesetzt wird, zu einem Anstieg der NO-Konzentration (pulmonale Vasodiladation) sowie Stimulation der iNOS-Aktivität im Serum (40). Weiters führte Quercetin im Tierversuch (hypobare Hypoxie/7600 m/7 Tage) über antioxidative und anti-apoptotische Mechanismen zu einer nachweislichen Neuroprotektion der Hippocampusregion; damit könnte dieses Polyphenol auch vielversprechendes therapeutisches Poten tial besitzen, indem es hypoxievermittelte Dysfunktionen des Gedächtnisses nachhaltig verbessert (41). Eine Verabreichung von Vitamin C (Ascorbinsäure) führte bei Ratten unter dem oxidativen Stress simulierter Höhe (18000 ft; 8 h/Tag; 6 Tage) ausschließlich in der Dosierung von 400 mg/kgKG zu einer Aufhebung erhöhter phagozytischer Aktivität zirkulierender Granulozyten, Abschwächung der verzögerten Immunantwort sowie zytotoxischen Aktivi299
tät mononuklärer Zellen (42). Weiters finden sich auch experimentelle Hinweise, dass eine Vorbehandlung mit pflanzlichen Heilmitteln wie etwa einem Extrakt aus Rhodiola crenulata die Entwicklung eines hypoxisch bedingten Lungenödems einschließlich hypoxieassoziierter Parameter (Endothelin-1/ Plasma, VEGF/BALF, HiF-1α) im Lungengewebe von Ratten deutlich abzuschwächen vermag (43). Durch Applikation von Ceriumoxid-Nanopartikel (7 – 10 nm Durchmesser), einer neuen Methode, die sich bereits in Zellkulturen und verschiedenen Tiermodellen als antioxidativ erwiesen hat, konnte nach intraperitonealer Injektion (0,5 µg/kgKG) auch im Lungengewebe von Ratten eine Protektion gegenüber RS und entzündlichen Reaktionen erreicht werden (44). Tetramethylpyrazin (TMP), das bei einer Reihe vaskulärer Erkrankungen wie etwa beim zerebralen Insult oder sekundärer Formen pulmonaler Hypertonie zum Einsatz kommt, weist ebenfalls starke antioxidative Eigenschaften auf. Nach TMP-Vorbehandlung von hypoxieexponierten Endothelzellen (hypobare Hypoxie/24 h) zeigte sich gegenüber einer unbehandelten Referenzgruppe eine Unterdrückung des hypoxieassoziierten Permeabilitätsanstieges des pulmonal-vaskulären Endothels verbunden mit einer Abnahme von ROS sowie der HIF-1a und VEGF-Expression (45). Kontraproduktiv erwies sich hingegen eine Eisen-Supplementation (2 mg Eisen/kg/Tag über 2 Wochen) in großer Höhe (6000 ft). Dadurch kam es zu einer Verstärkung entzündlicher Veränderungen (peribronchiale entzündliche Infiltrationen, Erweiterung pulmonaler Gefäße mit Stauungzeichen und oxidativer Schädigung von Rattenlungen), wobei kausal auf eine exzessive Produktion von ROS geschlossen wurde. Proinflammatorische Zytokine (IL-1ß, IL-6, TNFa), Produkte der Lipidperoxidation sowie der Carbonyl-Proteingehalt von Lungengewebe waren nach Eisensupplementation signifikant erhöht, die Spiegel von reduziertem Glutathion und die TAS dagegen deutlich vermindert. Die zusätzliche Gabe von Trolox, einem wasserlöslichen Vit E-Analogon (25 mg/kg/Tag), während der letzten 7 Tage der laufenden Eisensupplementation konnte die entzündlichen Veränderungen und die Expression proinflammatorischer Zytytokine wiederum abschwächen (46). Organe, insbesondere das Myokard, sind durch ausreichend konservierte zelluläre Mechanismen vor Schädigungen durch hypobare Hypoxie weitgehend geschützt (22). Chronisch intermittierende Hypoxie verbunden mit verstärkter Produktion von ROS trägt zu Anpassungsvorgängen bei, die auch zu einer erhöhten Ischämietoleranz des Myokards führen. Die Verabreichung von N-Acetylcystein (NAC, 100 mg/kg KG) führte bei hypoxieexponierten Ratten (simulierte hypobare Hypoxie/7000 m, 25 x 8 h) zu einer verminderten Expression 300
mitochondrialer MnSOD des Myokards. Der Schluss liegt nahe, dass MnSOD zur Ischämietoleranz im Rahmen chronisch ischämischer Herzerkrankungen (KHK) beitragen kann (47). Bei Versuchstieren konnten der hypoxievermittelte oxidative Stress auch durch die zusätzliche Gabe von Nitrit und in der Folge verstärkte Expression antioxidativer Gene, Transkriptionsfaktoren sowie kardioprotektiver Signalwege deutlich vermindert werden. Darüberhinaus konnte auch eine Anpassung der HiF-1α-Stabilität und Unterstützung der NO-cGMP-Signalübertragung im hypoxischen Herzmuskel nachgewiesen werden (23). Es gibt eine Reihe tierexperimenteller Untersuchungen, die auf protektive antioxidative Effekte verschiedener natürlicher Substanzen wie beispielsweise L-Carnitin abzielen (48). Diese Substanz erwies sich unter Hypoxiebedingungen als antioxidativ wirksam. So kam es etwa bei Malondialdehyd sowie Carbo nylproteinen im Serum durch eine tägliche Gabe von L-Carnitin (100 mg/kg) nach zweiwöchiger experimenteller hypobarer Hypoxie sowie terrestrischer Exposition (5500 m) zu einem signifikanten Abfall der beiden Surrogatparameter der Lipidperoxydation. Gleichzeitig war damit auch eine Verbesserung des TAS in erster Linie durch die Zunahme des zellulären Glutathionspeichers verbunden (48). Unter hypobarer Hypoxie und Supplementation von L-Arginin, Vitamin E und C konnte die pulmonale Aktivität der Xanthin-Oxidase (XO) etwa von Masthühnern wiederhergestellt werden, ohne dass die NO-Aktivität oder -Verfügbarkeit beeinträchtigt worden wäre. Die duale Funktion von XO, durch die Superoxid und Harnsäure entsteht, könnte die Effekte von Superoxid bei Hühnern, die unter hypobarer Hypoxie aufwuchsen, neutralisiert haben (49). Auch die Auswirkung von oxidativem Stress (simulierte Höhen 5100 m/6700 m) auf Erythrozyten unter dem Einfluss einer 30-tägigen AO-Supplementation (Vitamin E 50 IU/kg; Vitamin C 400 mg/kg; L-Carnitin 400 mg/kg) mit unterschiedlichen AO-Gemischen (M1: Vitamin E + C; M2: Vitamin C + Carnitin; M3: Vitamin E + Carnitin; M4: Vitamin E + C + Carnitin) wurde vor und während intermittierender hypobarer Hypoxie (IHH) an männlichen Wistar Ratten getestet. Dabei verbesserte sich vor allem die Membranstabilität der Erythrozyten, womit eine deutliche Abnahme der osmotischen Fragilität und der Hämolyse verbunden war. Bei den supplementierten Versuchtieren ergab sich darüberhinaus ein Anstieg der Aktivität der erythrozytären Glutathion-Peroxidase (GPx). Unbehandelte Tiere zeigten eine positive Korrelation zwischen Carbonylproteinen (CP) und Hämolyse (HL); CP und HL nahmen unter AO-Supplementation (M3, M4) deutlich ab. Fluoreszenzmikroskopisch nahm auch der Lipofuszingehalt als Maßstab degenera301
Abb. 2: Ionisierende Strahlung, hypobare Hypoxie, thermische und physische Belas(Foto: W. Domej) tung bestimmen die oxidative Belastung in der Höhe.
tiver Umwandlung besonders unter M1 und M4 Supplementation signifikant ab (50). Obwohl es eine Reihe von Untersuchungen über den Einfluss der Höhe auf das antioxidative Netzwerk gibt, sind die Ergebnisse keineswegs konsistent. Wie nicht selten, dürften unterschiedliche methodische Ansätze (Höhe, Aufenthaltsdauer, Messvariable, Ernährung, körperliche Aktivität) für heterogene Ergebnisse verantwortlich sein (Tab. 5). Vom medizinischen Standpunkt wäre es wünschenswert, wenn jeder AO-Supplementation auch die Feststellung eines AO-Mangels voranginge, was wegen sehr unterschiedlicher Halbwertszeiten von RS ein schwieriges logistisches Unterfangen darstellt; andererseits existieren für AO auch keine Sollwertkonzentrationen! Eine AO-Substitution wäre sinnvollerweise auch mit einem entsprechenden Monitoring zu verbinden, was jedoch unrealistisch erscheint. Darüberhinaus dürfte auch ein nicht definiertes Maß an oxidativer Belastung für die molekular getriggerten Vorgänge der komplexen Hypoxieanpassung unabdingbar sein. In diesem Zusammenhang gibt es vermehrt Hinweise, dass 302
RS zumindest als Co-Faktoren an der Entwicklung von Höhenunverträglichkeitsreaktionen (Akute Bergkrankheit/AMS, Höhenlungenödem/HAPE, Höhenhirnödem/HACE) beteiligt sein könnten (51). Es ist auch gut vorstellbar, dass die Blut-Hirnschranke durch vermehrte RS in ihrer Barrierefunktion beeinträchtigt wird, was vor allem für die Pathogenese des Höhenkopfschmerzes eine Erklärung darstellen könnte (4). Es gibt experimentelle Hinweise, dass Individuen mit abgeschwächter ventilatorischer Hypoxieantwort (HVR) durch niedrigere Plasma-pH-Werte aussergewöhnlich hohe oxidative Stressparameter sowie eine beeinträchtigte Bioverfügbarkeit von NO in großer Höhe charakterisiert sind (52). Tierexperimentell zeigte sich dazu, dass die Aktivierung von RS-getriggerten Prozessen in der Frühphase der Hypoxieanpassung (hypobare Hypoxie/5000 m, 60 min) für das Einsetzen unmittelbarer Adaptionsmechanismen noch keine wesentliche Rolle spielt (53). Eine intermittierende Hypoxieexposition über drei Wochen (IHH: 4 Std./Tag; 5 Tage/Wo; 5000 m/hypobare Kammer) war für Versuchs tiere noch nicht mit einer Zunahme der oxidativen Stressbelastung gemessen an Surrogatparametern wie Thiobarbitursäure reaktiven Substanzen (TBARS), Erythrozytenkatalase (CAT) und Superoxiddismutase (SOD), verbunden (54). Bei entsprechender Hypoxievorbehandlung (Präakklimatisation) kommen in der Folge RS-getriggerte Gewebsprozesse vorrangig bei extrem hypoxieresistenten Versuchstieren in Gang. Supplementation mit antioxidativ wirksamen Substanzen beim Menschen Eine Untersuchung von 30 gesunden männlichen Freiwilligen (3600 m/4580 m) zeigte eindrucksvoll, dass oxidiertes Glutathion unter den hypobar-hypoxischen Umgebungsbedingungen signifikant gegenüber der reduzierten Form zunimmt; diese Veränderung war auch verbunden mit einer Abnahme des Plasma Vitamin C-Spiegels und des TAS. Durch eine gemeinsame Supplementation von Vitamin E und N-Acetylcystein (NAC) konnte der nachteilige Effekt auf den Glutathionmetabolismus und die antioxidative Abwehr gemildert werden (55). Eine wirksamer antioxidativer Cocktail bestehend aus den Vitaminen C (Ascorbinsäure), E (Tocopherol), ß-Carotin, Selen, a-Lipoinsäure, N-Acetylcystein, Catechin, Lutein und Lycopinen, konnte tatsächlich die höhenassoziierte oxidative Stressbelastung abschwächen (56). Andererseits stellte die Verabreichung eines antioxidativen Gemisches mit 20.000 IU ß-Carotin, 400 IU Vitamin E, 500 mg Vitamin C, 100 mg Selen und 30 mg Zink nicht die erwünschte Prävention vor oxidativer Schädigung dar (57). In einer plazebokontrollier303
ten, randomisierten Doppelblindstudie zur Prüfung der AMS-Prävention in 5200 m Höhe konnte auch durch eine tägliche AO-Gabe (Ascorbinsäure/1 g, a-Tocopherolazetat/400 IU und a-Lipoinsäure/600 mg) kein Unterschied in der AMS-Inzidenz zwischen einer Verum- und Plazebogruppe (69 vs. 66 %) basierend auf dem Lake Louise Score nachgewiesen werden. Auch in Bezug auf die arterielle Sauerstoffsättigung (SaO₂) und den systolischen pulmonalarteriellen Druckanstieg (PASP) ergaben sich keinerlei Unterschiede (58). Es gibt darüberhinaus Hinweise, dass höhenassoziierter oxidativer Stress trotz AO-Supplementation (20.000 IU ß-Carotin, 400 IU a-Tocopherol, 500 mg Ascorbinsäure, 100 µg Selen und 30 mg Zink), beginnend drei Wochen vor und dann während eines zweiwöchigen Höhenaufenthaltes (4300 m), ohne signifikante Auswirkung auf gemessene oxidative Marker wie Anstieg des plasmatischen LipidHydroperoxidspiegels Lycopinen (LPO) bzw. Abnahme der Harnsausscheidung von 8-Hydroxy-2-Desoxyguanosin/8-OHG) während des Höhenaufenthaltes bleibt (59). Große Höhen führen über längere Zeitdauer vor allem bei nicht akklimatisierten Individuen zu signifikantem Gewichtsverlust, wobei die Anorexie als Hauptursache angesehen wird. Regulatorische Neuropeptide wie Leptin spielen eine große Rolle im Zusammenhang mit dem Hungergefühl, der Nahrungsaufnahme sowie dem energetischen Gleichgewicht. Auch oxidativer Stress in der Höhe wird mit der Gewichtsabnahme in Verbindung gebracht. In einer randomisierten Studie, die 30 gesunde Männer umfasste, erfolgte eine 3-stufige Höhenexposition (320/3600/4580 m), wobei jeweils ein Drittel der Probanden mit Plazebo (400 mg Kalziumgluconat), 400 mg NAC bzw. 400 mg Vitamin E pro Tag supplementiert wurde. Alle drei Gruppen zeigten in großer Höhe (Tag 2/3600 m) einen signifikanten Rückgang der Leptinspiegel in etwa gleicher Größenordnung verbunden mit verminderter Nahrungsaufnahme und Gewichtsverlust. Gleichzeitig wurden in allen drei Gruppen signifikante Anstiege von Malondialdehyd (MDA) im Blut verzeichnet, wobei die Plazebogruppe den höchsten MDA-Anstieg aufwies. Die Abnahme der Energiezufuhr war ebenfalls in allen Gruppen etwa gleich, so dass daraus geschlossen wurde, dass eine AO-Supplementation keinen Schutz vor höhenassoziierter Anorexie darstellt. Oxidativer Stress dürfte für die Entwicklung der Höhenanorexie keine wesentliche Rolle spielen (60). Interessant erscheinen in diesem Zusammenhang auch Hinweise, dass einige native indische Hochlandstämme, die gegen Erschöpfungszustände häufig Samen von Trichopus zeylanicus zu sich nehmen, in Abhängigkeit des Polyphenol- und Sulfhydrylgehaltes der Samen („Radikalfänger“) eine deutlich geringere Lipidperoxidation und signifikant 304
geringere DNA-Schädigungen nach Hypoxieexposition aufweisen (61). Auch der Yakmilch (hoher Gehalt spezifischer Enzyme, Vitamine, probiotischer Bakterien, spezieller Amino- und Fettsäuren) werden antioxidative Eigenschaften zugeschrieben, womit ernährungsbasierte Mechanismen bei tibetischen Nomaden Cofaktoren für die Bewältigung atmosphärischer Herausforderungen dieses extremen Lebensraumes darstellen könnten (62). Tab. 6: ROS/RS-Herausforderung
Hypoxiestress im Alpinsport von höhenabhängiger Relevanz! Zelluläre Signalübertragung durch RS/ROS unter Hypoxie physiologisch relevant (Akklimatisation) Messung von Surrogatparameters der RS bzw. AO wäre sinnvoll, logistisch ein Problem! AO-Supplementation nur bei nachgewiesener Depletion! Wenig Evidenz zu AO-Supplementation unter Hypoxiebedingungen: Dosierung? Zeitpunkt? Kombinationen mit verschiedenen AO? Synthetische oder natürliche AO? AO-Substanzen ohne Referenzlevel (Reservatrol, Vitamine A, C, E, NAC)
Zusammenfassend beeinträchtigt Hypoxie die Effizienz antioxidativer Mechanismen auf Basis einer verstärkten endogenen RS-Produktion. Physische Aktivitäten im Rahmen des Alpinsports führen zu einer weiteren Erhöhung der oxidativen Gesamtbelastung (Tab. 6). Zweifellos gibt es im Zusammenhang mit oxidativem Stress noch viele ungelöste Fragen. AO-Supplementationen können oxidative Schädigungen in hypobarer Hypoxie teilweise abschwächen. Die meisten vorliegenden Untersuchungen zum Thema sind jedoch tierexperimentell! Trotz vieler Hinweise, dass eine Prävention oxidativ beding- Abb. 3: „Denkbares oder überzeichnetes Zukunfts ter Strukturschäden mög- szenario?“ 305
lich ist, sind wir von validen Empfehlungen für eine AO-Supplementation in großen und extremen Höhen noch weit entfernt. Eines der Hauptprobleme ist, dass einer AO-Supplementation stets die Feststellung eines tatsächlichen Mangelzustandes vorangehen sollte. Aufgrund der geringen Konzentrationen und der oft extrem kurzer Lebensdauer sind direkte Messungen von RS schwierig, und es muss in den meisten Fällen auf Surrogatparameter wie etwa der Lipidperoxidation (z.B. 4-Hydroxnonenal/4-HNE; Malondialdehyd/MDA) oder der Protein- (3-Nitrotyrosin; Carbonylproteine) bzw. DNA-Schädigung (8-Hydroxy-2-Desoxyguanosin/8-OHG) zurückgegriffen werden. Weiters ungelöst sind auch die Art der verabreichten AO (Mono- oder Kombinationssubstanzen, synthetische oder natürliche AO), der optimale Zeitpunkt der Einnahme sowie die Dosierung einer Supplementation (Tab. 6). Spekulativ könnten etwaige extreme Auslenkungen des Gleichgewichtes zwischen FR und AO zugunsten der AO den in großen Höhen erforderlichen Akklimatisationsprozess verlangsamen bzw. im Sinne der Entwicklung akuter Höhenunverträglichkeitsreaktionen (AMS, HAPE) beeinflussen. Das Thema bleibt somit weiter kompliziert und spannend!
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❙ Thomas Sonnweber, Manfred Nairz, Igor Theurl, Günter Weiss ❙
Hypoxie und Eisenstoffwechsel Hypoxia and iron metabolism
SUMMARY Hypoxic challenge is followed by a magnitude of physiological adaption mechanisms. Among those the expansion of oxygen transport capacity and stimulation of erythropoiesis are of central importance. A prerequisite of an expansion of erythropoiesis is sufficient access to iron which is needed for heme biosynthesis. It is well established that hypoxia activates hypoxia inducible factor-1 (HIF-1) which stimulates the transcription of the hematopoiesis stimulating hormone erythropoietin in the kidney. Recent evidence suggests that hypoxia induces the formation and release of platelet derived growth factor BB (PDGFBB) which inhibits the expression of the central regulator of iron metabolism, hepcidin. Blockade of the hepcidin formation in the liver results in stimulation of iron uptake from the diet and iron mobilisation from monocytes, thereby ensuring a sufficient availability of iron for erythropoiesis. Subsequently, ongoing erythropoiesis causes the release of other regulatory hormones, such as erythroferrone or GDF-15, into the circulation which cause a prolonged repression of hepcidin synthesis and increased availability of iron in the circulation. These observations are important for high altitude medicine as they extend the understanding of the physiological adaption to hypoxic challenge and the pathophysiology of several pathological conditions such as pneumonia or mountain sickness and thus may help to identify new targets and therapies which help in the adaption to high altitude and which can ameliorate hypoxia related diseases. Keywords: iron homeostasis, hypoxia, PDGF-BB, hepcidin
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ZUSAMMENFASSUNG Hypoxischer Stress führt im Körper zu zahlreichen Anpassungsmechanismen. Dabei ist eine Adaptierung des Sauerstofftransportsystems und somit der Hämatopoese von zentraler Bedeutung. Eine Voraussetzung zur Expansion der Erythropoese stellt eine suffiziente Verfügbarkeit von Eisen dar, welches für die Hämbiosynthese benötigt wird. Es ist bekannt, dass Hypoxie zur Induktion von HIF-1 (hypoxia inducible factor-1) führt, welcher die Transkription des Hämatopoese fördernden Faktors Erythropoetin stimuliert. Rezente Arbeiten konnten zeigen, dass Hypoxie zur Produktion und Sekretion von platelet derived growth factor BB (PDGF-BB) führt, welcher Hepcidin, den zentralen Regulator des Eisenstoffwechsels, inhibiert. Eine Blockade der Hepcidinproduktion in der Leber resultiert in einer vermehrten Eisenaufnahme aus der Nahrung und einer Mobilisierung von Eisen aus Monozyten und erlaubt dadurch eine ausreichende Eisenversorgung für die Erythropoese. Die aktivierte Erythropoese führt in der Folge zur Ausschüttung weiterer regulatorischer Proteine, wie Erythroferron oder GDF-15, welche zu einer persistierenden Suppression der Hepcidin Synthese beitragen und so längerfristig eine höhere Eisenverfügbarkeit gewährleisten. Diese Erkenntnisse sind für die Höhenmedizin relevant, da sie das Verständnis der physiologischen Adaptierung an hypoxischem Stress und der Pathophysiologie verschiedener Erkrankungen wie etwa Pneumonien oder der Höhen erkrankung erweitern, und somit helfen könnten, neue Einflussfaktoren und Therapien zu etablieren, um den Verlauf von Hypoxie bedingten Erkrankungen zu verbessern. Schlüsselwörter: Eisenstoffwechsel, Hypoxie, PDGF-BB, Hepcidin
EINLEITUNG Hypoxie Hypoxischer Stress entsteht einerseits durch extrakorporale Veränderungen, wie etwa einem Abfallen des Sauerstoffpartialdrucks in Abhängigkeit von der Meereshöhe, und anderseits durch pathologische Veränderungen des Körpers, die mit einer verminderten Sauerstofftransportkapazität einhergehen. Letztere finden sich vor allem bei kardiopulmonalen Erkrankungen mit einer verminderten Sauerstoffaufnahme und/oder verminderter Blutzirkulation und bei hämatologischen Erkrankungen, wie den verschiedenen Formen der Anämie, die zu einer quantitativen Reduktion des für den Sauerstofftransport 312
verantwortlichen Hämoglobins führen. Dabei können genannte Störungen akut auftreten, wie z.B. im Rahmen einer Pneumonie, oder chronisch vorliegen, wie es beispielsweise bei Patienten mit einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) oder Patienten mit Lungenfibrose der Fall ist. Andererseits besteht auch bei akutem hypoxischen Stress, wie etwa einem raschen Abfall des pO₂ bei einem Bergaufstieg, das Risiko, eine akute Höhenkrankheit, ein Lungenödem oder ein zerebrales Ödem zu entwickeln, während eine chronische hypoxische Belastung bei längerem Aufenthalt in Höhenlagen mit erniedrigtem pO₂ eine chronische Höhenkrankheit und pulmonale Hypertension bedingen kann (1). Adaption des Körpers an hypoxische Belastung Der Körper begegnet Sauerstoffmangelzuständen mit zahlreichen Gegenregulationsmechanismen, die darauf abzielen, trotz des verminderten Sauerstoffangebots eine ausreichende Gewebeoxygenierung zu gewährleisten. Neben kardiopulmonalen Adaptierungen, wie einer Steigerung der Herz- und Atemfrequenz sowie einer pulmonalen Vasokonstriktion im Bereich hypoxygenierter Lungenabschnitte, ist dabei vor allem eine Anpassung der Sauerstofftransportkapazität des Blutes von zentraler Bedeutung. Die Zirkulation von Sauerstoff im Körper wird dabei vor allem durch Erythrozyten gewährleistet. Erythrozyten enthalten Hämoglobin, welches wiederum das wichtigste Transportprotein für Sauerstoff im Blut darstellt. Hämoglobin setzt sich aus Hämproteinen zusammen, wobei das Hämoglobin A (Hb A), die quantitativ bedeutendste Form des Hämoglobins beim Menschen, ein Tetramer mit einem Molekulargewicht von 64.500 Da ist. Dabei setzt sich Hb A aus je zwei identen alpha und beta Untereinheiten zusammen. Jede dieser Untereinheiten beinhaltet eine prosthetische Hämgruppe (2). Entscheidend für die Sauerstofftransportkapazität des Häms ist dabei jeweils ein zentrales divalentes Fe Molekül, welches durch eine pH abhängige Redoxreaktion Sauerstoffmoleküle reversibel binden kann. Dabei wird das zentrale zweiwertige Eisen durch die Bindung eines Sauerstoffmoleküls zu dreiwertigem Eisen oxidiert. In diesem Zustand kann das Eisen lediglich O₂ abgeben, allerdings keine weiteren O₂ Moleküle aufnehmen. Kommt es im Rahmen von Vergiftungen oder Medikamentennebenwirkungen zu einer Oxidation des zentralen Eisenmoleküls, führt dies zur Bildung von Methämoglobin, welches nicht in der Lage ist, Sauerstoff aufzunehmen. Anderseits kann auch die Zufuhr von CO Einfluss auf die Sauerstofftransportkapazität von Hämoglobin nehmen, da CO mit deutlich höherer Affinität als O₂ an das zentrale Eisenmolekül des Häm bindet und somit den Sauerstoffaustausch blockiert. 313
Regulation des Eisenstoffwechsels Unter physiologischen Bedingungen wird der Eisenstoffwechsel strikt reguliert. Dies ist neben der essentiellen Bedeutung des Fe für den Sauerstofftransport, auch auf die Beteiligung von Eisen an anderen zentralen Stoffwechsel- und Proliferationsprozessen wie der DNA Synthese oder dem Zitratzyklus zurückzuführen (3). Andererseits fördert ein Überschuss an Eisen über die Fenton Reaktion die katalytische Bildung von Sauerstoffradikalen, die zu einer Zellbzw. Gewebsschädigung und schlussendlich zu einem Fe induzierten Organversagen führen können (3, 4). Weiters stellt Eisen nicht nur einen essentiellen Faktor für die Proliferation körpereigener Zellen dar, sondern ist auch unentbehrlich für die Proliferation von Pathogenen wie Bakterien (eine Ausnahme stellt hierbei Borrelia burgdorferi dar, welches auch bei sehr geringen Eisenkonzentrationen überleben kann) und Pilzen und spielt eine entscheidende Rolle bei der Proliferation von Tumorzellen (5). Schließlich ist Eisen von besonderer Bedeutung für die Immunabwehr, da es einerseits modulatorisch auf die zelluläre Immunität wirkt und andererseits für die Etablierung von Abwehrmechanismen von z.B. Makrophagen und neutrophilen Granulozyten benötigt wird. In diesem Zusammenhang konnte gezeigt werden, dass Eisen sowohl bei der Bildung von NO durch die induzierbare NO Synthetase (iNOS) (6) als auch von Sauerstoffradikalen, welche eine wesentliche Rolle bei der Abtötung von Pathogenen darstellen, von entscheidender Bedeutung ist. Ein Defekt der intrazellulären Eisenverteilung führt zum Beispiel zu einer verminderten Abtötung vorwiegend intrazellulärer Keime wie Salomenlla typhimurium (7, 8). Weiters sind körpereigene Eisenchelatoren wie Lactoferrin und Lipocalin durch ihre Bindung von freiem Eisen dazu in der Lage, Fe zu sequestrieren und somit für Pathogene unzugänglich zu machen (9). Der zentralen Bedeutung von Eisen bei zahlreichen Stoffwechselprozessen, der Zellproliferation und der Immunabwehr wird durch ein komplexes Regulationssystem Rechnung getragen, welches in der Lage ist, die Eisenverfügbarkeit innerhalb des Körpers in sehr engen Grenzen zu regulieren. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass der Großteil des Eisenbedarfs durch ein effektives Wiederverwertungssystem, welches vorwiegend auf dem Recycling von Eisen aus alternden Erythrozyten durch Makrophagen basiert, gedeckt wird. Täglich werden ca. 1–2 mg Fe im Duodenum aus der Nahrung aufgenommen, was durchschnittlich 5–15 % des in der Ernährung enthaltenen Eisens entspricht. Die tägliche Eisenaufnahme aus der Nahrung entspricht nur ca. 0,05 % des Gesamteisengehalts des Körpers (3–4 g) und dient lediglich dazu, Eisenverluste, wie sie durch Abschilferung von Darmepithel und Hautzellen oder im Rahmen der Menses entstehen, aus314
zugleichen (10). Demgegenüber werden ca. 95 % des vor allem für die Blutbildung benötigten Eisens durch die Extraktion des Metalls aus alten Erythrozyten in Makrophagen gewonnen. Erwähnenswert ist hierbei, dass der Körper über kein quantitativ relevantes Eisensekretionssystem verfügt und somit ein Eisenüberschuss, wie er etwa durch Transfusion von Erythrozyten Konzentraten oder intravenösen Eisenpräparaten verursacht werden kann, nicht durch eine aktive Sekretion ausgeglichen werden kann. Weiters erklärt sich dadurch, dass ein akuter Anstieg des Eisenbedarfs bzw. ein Verlust von Eisen nur sehr langsam durch enterale Aufnahme ausgeglichen werden kann und kurzfristig durch eine Deckung aus Eisenspeichern erfolgen muss. Der quantitativ bedeutendste Eisenverbrauch wird durch die Hämatopoese hervorgerufen, wobei ca. 3,4 mg Fe pro g Hämoglobin benötigt werden. Entsprechend ist eine Induktion der Blutbildung immer mit einer Mobilisierung von Eisen verbunden. Somit erfordert auch die metabolische Antwort auf eine hypoxische Belastung, welche eine Steigerung der Erythropoese bedingt, eine Adaptierung des Eisenstoffwechsels. Beim Verständnis der Regulation der Eisenhomeostase konnten im letzten Jahrzehnt enorme Fortschritte erzielt werden. Von herausragender Bedeutung war dabei die Identifizierung von Hepcidin, einem vorwiegend in der Leber synthetisierten Akut-Phase-Proteins, welches als zentraler Regulator des Eisenstoffwechsels gilt (11, 12). Hepcidin wird sowohl durch Entzündung als auch durch die Verfügbarkeit von Eisen bzw. einen hämatopoetischen Stimulus reguliert und ist somit in der Lage sowohl im Rahmen der Infektionsabwehr als auch bei Eisenmangel/-überschuss die Eisenverteilung zu regulieren und an die Bedürfnisse der Hämatopoese anzupassen. Hepcidin vermittelt seine regulatorische Wirkung durch Bindung an Ferroportin (Fpn), dem einzigen bekannten zellulären Eisenexporter und führt somit zu einer intrazellulären Sequestrierung von Eisen (13). Dies führt zum einen dazu, dass weniger Eisen aus dem Duodenum aufgenommen und in die Blutzirkulation abgegeben wird, und zum anderen zu einer Blockierung der Eisenrezirkulation aus dem mononukleär-phagozytären System (MPS). Daraus resultiert eine verminderte Verfügbarkeit von Eisen im Körper. Laborchemisch lässt sich dies zum Beispiel im Rahmen von chronischen Entzündungen beobachten, bei denen erniedrigte Serumeisenspiegel, eine verminderte Beladung des zirkulierenden Eisentransportproteins Transferrin (in der Laboruntersuchung als verminderte Transferrinsättigung (TSAT) beschrieben) und häufig eine milde normo- bis mild mikrozytäre hypochrome Anämie zu finden sind. Im Gegensatz dazu führt ein erhöhter Eisenbedarf, wie er etwa bei induzierter Erythropoese im Rahmen einer hypoxischen Belastung zu finden ist, per se zu 315
verminderten Serumeisenspiegeln und zu einer erniedrigten Transferrinsättigung, da Transferrineisen rezeptorvermittelt im Knochenmark durch blutbildende Zellen aufgenommen wird. Niedrige Eisenspiegel und eine Stimulation der Hämatopoese führen zu einer Hemmung der Hepcidinsynthese und –ausschüttung und ermöglichen dadurch eine Mobilisierung von Eisen aus Eisenspeichern, welche vorwiegend in Form von Ferritin in Hepatozyten zu finden sind. Weiters erlauben niedrige Hepcidinspiegel eine vermehrte enterale Eisenaufnahme, wobei bis zu 20 % des durch die Ernährung zur Verfügung stehenden Eisens bei Eisenmangelzuständen bzw. erhöhtem Eisenbedarf resorbiert werden können. Darüber hinaus wird Eisen aus dem MPS mobilisiert und steht somit in ausreichendem Maße für die Blutbildung oder Synthese von eisenhaltigen Enzymen zur Verfügung. Regulation des Eisenstoffwechsels unter hypoxischer Belastung Obwohl diese Hepcidin vermittelten Regulationsmechanismen bei unterschiedlichen Bedingungen wie zum Beispiel bei der Anämie der chronischen Erkrankung (anemia of chronic disease, ACD) sehr gut untersucht sind (14, 15), war die Adaptierung des Eisenstoffwechsels unter hypoxischer Belastung bisher weitgehend unklar. Besonders humane Daten fehlten bis vor kurzem vollständig. Nicolas et al. konnten vor einigen Jahren zeigen, dass Hypoxie in der Zellkultur zu einer Unterdrückung der Hepcidinsynthese von HepG2 Zellen, einer immortalisierten Hepatozytenzelllinie, führt (16). Rezente Arbeiten konnten nun bestätigen, dass auch beim Menschen eine entsprechende Regulation von Hepcidin bei akuter und chronischer hypoxischer Belastung zu beobachten ist. So konnte in der HIGHCARE Studie von Piperno et al. gezeigt werden, dass eine hypoxische Belastung durch Exposition mit einem ernie drigten Sauerstoffpartialdruck bei einer Meereshöhe von 3400–5400 m bereits nach 16 Stunden zu einem signifikanten Abfall der Serum Hepcidinspiegel sowie einer Verminderung von Serum Ferritin, das als Indikator für den zellulären Ferritinpool und somit als klinischer Surrogatmarker für den zellulären Eisenspeicher betrachtet wird, führt (17). Auch wenn in dieser Arbeit mechanistische Daten weitgehend fehlen, konnte eine direkte Korrelation zwischen der Suppression von Hepcidin und dem Anstieg von Erythrozyten bzw. Hämoglobin gefunden werden. Die beobachtete Hepcidinregulation wurde durch die Autoren vorwiegend durch eine hypoxia inducible factor (HIF) vermittelte Regulation von Erythropoetin erklärt, wobei die rasche Hepcidinregulation und der Abfall von Ferritin innerhalb der ersten 24 Stunden nur bedingt durch den Erythropo316
etinanstieg erklärbar waren. Diesbezüglich konnte in vorangehenden Studien gezeigt werden, dass bei einer hochdosierten Erythropoetingabe, wie sie zu therapeutischen Zwecken bei Anämien verabreicht wird, nach 24 bis 48 Stunden eine Erythropoetin vermittelte Suppression von Hepcidin zu finden ist (18, 19). In diesem Zusammenhang wurde sowohl ein direkter Effekt von Erythropoetin auf die Hepcidinregulation, der durch eine EPO-Rezeptor mediierte Modulation von C/EBPalpha vermittelt werden soll, als auch ein indirekter Effekt durch eine Verminderung der Eisenspiegel diskutiert (20). Bei der Anpassung des Körpers an hypoxische Belastung ist das HIF System von zentraler Bedeutung. Neben der bereits erwähnten HIF vermittelten Induktion von Erythropoetin, dem bedeutendsten Induktor der Erythropoese, führt eine Hypoxie vermittelte Induktion des HIF Systems zu zahlreichen weiteren Regulationsmechanismen, welche auf eine Anpassung an die hypoxische Belastung abzielen. Im Zusammenhang mit der Regulation des Eisenstoffwechsels konnte beispielsweise eine Anpassung der enteralen Eisenaufnahme beschrieben werden (21). Neben der Induktion von Erythropoetin führt das HIF System auch zur Induktion bzw. Ausschüttung zahlreicher weiterer Wachstumsfaktoren, so auch dem deplatelet derived growth factor BB (PDGF-BB). PDGF-BB gehört zu einer Gruppe von insgesamt fünf verschiedenen PDGFs (PDGF-AA, PDGF-AB, PDGF-BB, PDGF-CC, PDGF-DD). PDGFs werden durch vier Gene kodiert (PDGF-A, -B, -C und -D) und bilden entsprechende Homodimere, wobei auch ein Heterodimer (PDGF-AB) bekannt ist (22). Während der quantitativ bedeutendste Vertreter PDGF-AA ein relativ unspezifischer Wachstumsfaktor ist, der von zahlreichen Zellen gebildet wird und unter anderem bei der Embryonalentwicklung eine entscheidende Rolle spielt und zur Bildung von Bindegewebe beiträgt, wird PDGF-BB vorwiegend von Thrombozyten, Gefäßendothelzellen aber auch Hepatozyten gebildet und scheint funktionell vorwiegend für die Gefäßbildung von Bedeutung zu sein. PDGF-BB liegt dabei in präformierten intrazellulären Vesikeln vor und kann auf einen entsprechenden Stimulus rasch sezerniert werden. In diesem Zusammenhang konnte unsere Arbeitsgruppe rezent zeigen, dass eine Hypoxie vermittelte HIF Induktion zu einer raschen Sezernierung von PDGF-BB führt, welche bereits nach einer kurzfristigen hypoxischen Belastung von sechs Stunden beim Menschen zu einem signifikanten Anstieg der PDGF-BB Serum Spiegel führt (23). Interessanterweise zeigt sich im Rahmen der hypoxischen Belastung eine indirekte Korrelation des Anstiegs der Serum PDGF-BB Spiegel mit einem Abfall der Serum Hepcidinspiegel. Funktionelle Studien konnten zeigen, dass eine Interaktion von PDGF-BB mit dem PDGF-alpha bzw. PDGF-beta Rezeptor 317
zu einer Induktion der Transkriptionsfaktoren CREB-H und CREB führt. CREB-H, welches bereits als Inhibitor des Hepcidinpromoters bei oxidativem Stress beschrieben wurde (24) und CREB führen in der Folge zur Inhibierung der Hepcidinsynthese und ermöglichen somit eine rasche Eisenmobilisierung. Bemerkenswerterweise zeigte in unseren Untersuchungen eine kurzfristige Erythropoetinstimulation von Hepatozyten von 6–24 Stunden keine signifikanten Effekte auf die Hepcidin mRNA Produktion, was nahe legt, dass Erythropoetin nicht direkt auf die Hepcidinproduktion wirkt, sondern seinen Effekt indirekt durch Stimulation der Erythropoese und Ausschüttung von Hepdicin blockierenden Hormonen wie Erythroferron oder GDF-15 ausübt. Interessanterweise konnte in einer weiteren Arbeit gezeigt werden, dass auch HGF (hepatocyte growth factor) (25) Hepcidin regulieren kann. Zusammen mit der von unserer Arbeitsgruppe entdeckten Modulation von Hepcidin durch PDGF-BB zeigt sich somit ein weiterer Wachstumsfaktor, der direkten Einfluss auf die Eisenhomeostase zu nehmen scheint. Diese Entdeckungen erweitern das Verständnis der physiologischen Regulation des Eisenstoffwechsels und stehen im Einklang zu der bekannten essentiellen Rolle des Fe für die Zellproliferation. Eine schematische Darstellung zur Regulation des Eisenstoffwechsels bei Hypoxie bietet Abbildung 1. Bedeutung der Regulation des Eisenstoffwechsels unter hypoxischen Bedingungen Zusammenfassend zeigen diese neuen Forschungsergebnisse, dass die Regulation des Eisenstoffwechsels eine Schlüsselrolle in der Anpassung an eine hypoxische Belastung darstellt und einerseits durch die seit längerem bekannten Mediatoren Hepcidin und Erythropoetin vermittelt wird, aber wohl auch durch bisher unbekannte Mechanismen wie die Sezernierung von PDGF-BB erfolgt. Letztere scheinen dabei vor allem für die sehr rasche Adaptierung der Eisenhomeostase bei akuter hypoxischer Belastung verantwortlich zu sein, während die eisenmodulatorische Wirkung von Erythropoetin erst indirekt durch die Induktion der Erythropoese zu einem späteren Zeitpunkt zum Tragen kommt (26–28). Sowohl bei der akuten als auch bei der chronischen Adaptierung spielt dabei das HIF System eine zentrale Rolle. Die Mobilisierung von Eisen zur Gewährleistung einer suffizienten Erythropoese birgt auch potentielle Risiken. Es ist bekannt, dass eine vermehrte Eisenverfügbarkeit ein günstiges Milieu für das Wachstum von Keimen und Pilzen darstellt und per se zu einer Modulation der angeborenen und erworbenen Immunabwehr führt (5). So konnte gezeigt werden, dass eine Verminderung der Eisenverfügbar318
Abb. 1: Regulation des Eisenstoffwechsels bei Hypoxie Hypoxie führt durch Transkription von HIF-1 zur Induktion von Erythropoetin, welches den wichtigsten Faktor zur Steigerung der Erythropoese darstellt. Gleichzeitig vermittelt die Hypoxie eine PDGF-BB/CREB-H vermittelte Hepcidinsuppression. Diese erlaubt eine hohe Expression von Fpn-1, dem einzigen bekannten zellulären Eisenexporter und ermöglicht eine vermehrte Aufnahme von Nahrungseisen im Duodenum, eine verstärkte Freisetzung von Eisen aus Eisenspeichern (vorwiegend Ferritin der Leber) sowie eine Induktion der Eisenfreisetzung aus dem MPS (mononukleär-phagozytären-System), welches den Hauptumsatz der täglichen Eisenzirkulation durch ein Recycling von Fe aus alternden Erythrozyten bewerkstelligt. Die resultierende erhöhte Eisenverfügbarkeit ermöglicht letztlich eine suffiziente Steigerung der Erythropoese im Knochenmark.
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keit durch Eisenchelatoren bei Kindern, die an einer cerebralen Malaria litten, zu einer Prognoseverbesserung führt (29). Weiters haben Ergebnisse unserer Arbeitsgruppe belegt, dass eine erhöhte Eisenverfügbarkeit in einer erhöhten Bakterienlast bei Salmonellen- und Chlamydieninfektionen resultiert (7, 30). Ein erhöhtes Infektionsrisiko bzw. ein aggravierter Verlauf einer Infektion könnten vor allem dann relevant werden, wenn die hypoxische Belastung im Rahmen eines pathologischen Prozesses wie beispielsweise einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung oder einer akuten Pneumonie auftritt (31, 32). Ob eine hypoxische Belastung, welche durch einen raschen Eisenverbrauch begleitet wird, wie dies etwa durch eine ausgeprägte Induktion der Erythropoese bei Abfall des Sauerstoffpartialdrucks beim Bergsteigen zu beobachten ist, protektiv ist und der erhöhten Infektionsanfälligkeit entgegenwirkt, bleibt zu untersuchen. Andererseits kann eine durch Hypoxie induzierte Steigerung des Eisenumsatzes und ein dadurch bedingter Anstieg von Eisen in der Blutzirkulation zum Auftreten von intravasalem oxidativen Stress (durch die katalytische Wirkung von Eisen für die Bildung von Sauerstoffradikalen) führen und somit theoretisch auch zu Höhenerkrankungen, einem Lungenödem oder kardiovaskulären Beschwerden beitragen. Letztlich wird ein besseres Verständnis der involvierten Regulationsmechanismen bei hypoxischer Belastung helfen, die physiologischen Gegebenheiten besser zu verstehen, pathologische Veränderungen zu erkennen und neue therapeutische Interventionsmöglichkeiten zu bieten.
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❙ Paul Mair ❙
Mit Menschen unterwegs On tour with people
SUMMARY Following article is an excerpt from the chapter “Mit Menschen unterwegs” published by the International Federation of Mountain Guides Associations, Trekking & High Altitude committee. The focus of this makeshift is to provide mountain guides and/or expedition leaders a support for the organization, direction and management of trekking and expeditions at high altitude. It discloses effects within groups, show some management models and demonstrate the basics of communication process aspects of group dynamics. The origins of this paper come from knowledge of behavioural psychology as well as of known phenomena in mountaineering. The entire manual is available as a download for members on the homepage of the IFMGA (www.ivbv.info). Keywords: mountainguide, group dynamics, ranking, leadership, conflict management ZUSAMMENFASSUNG Folgender Artikel ist ein Auszug aus dem Kapitel „Mit Menschen unterwegs“ aus dem Lehrbehelf Trekking & Expeditionen der Internationalen Vereinigung der Bergführerverbände. Der Focus dieses Lehrbehelfs liegt darin, Bergführern und/oder Expeditionsleitern eine Stütze für die Organisation, Leitung und Führung von Trekkings und Expeditionen in großen Höhen zu geben. Es werden Aspekte der Gruppendynamik mit ihren Auswirkungen innerhalb der Gruppe dargestellt, Führungsmodelle vorgestellt und Grundlagen von Kommunikationsprozessen aufgezeigt. Die Ursprünge dieser Abhandlung stammen sowohl aus Erkenntnissen der Verhaltenspsychologie, wie auch von bekannten Phänomenen aus dem Alpinismus. Das gesamte Manual kann von Mitgliedern auf der Homepage des IVBV heruntergeladen werden (www.ivbv.info). Schlüsselwörter: Bergführer, Gruppendynamik, Rangdynamik, Führungsstile, Konfliktmanagement 323
EINFÜHRUNG ZUR GRUPPENDYNAMIK Wenn eine Gruppe von Menschen an einem Ort zusammen kommt, vielleicht sogar noch mit einem gemeinsamen Gipfelziel wie bei einer Expedition, starten eine Vielzahl von Prozessen. Verschiedene Menschentypen erheben Anspruch auf unterschiedliche Rollen. Je nach Gruppengröße gibt es die, die gerne Führung übernehmen, die, die froh sind, wenn ein anderer Entscheidungen trifft, jene, die immer dagegen sind, den Spaßvogel und viele andere mehr. Aber auch die Gruppe als Ganzes entwickelt im Durchlaufen verschiedener Stufen eine Form der eigenen Identität. Der Einzelne nimmt sich zum Wohl der Gruppe zurück oder aber vollbringt Leistungen, die er oder sie als Einzelperson nicht geschafft hätte. Auf der anderen Seite birgt diese Dynamik aber auch die Gefahr, dass Eigenverantwortung oder Entscheidungsfreudigkeit zurückgehen oder an einmal getroffenen Entscheidungen um jeden Preis, selbst den der eigenen Sicherheit, festgehalten wird. Die Gruppe entsteht Wollen wir davon ausgehen, dass sich unsere Gruppen durch ein gemeinsames Ziel oder eine gemeinsame Absicht zusammengefunden haben und sie miteinander in Verbindung stehen. Dies stellt die klassische Form beim Expeditionsbergsteigen dar. Unsere Gruppen durchleben von ihrer ersten Zusammenkunft 4 Phasen plus die Auflösung der Gruppe, die von Bruce W. Tuckman beschrieben wurde (1). Werden diese Lebensphasen einer Gruppe bei der Planung von
Abb 1: eigener Entwurf nach B.W. Tuckman (1)
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Gruppenaktivitäten berücksichtigt oder sogar aktiv gestaltet, kann dies in hohem Maße dazu beitragen, dass sehr schnell eine sehr positiv und angenehm erlebte Gruppendynamik entsteht. Der Einzelne kann sich dann sowohl in der Gruppe geborgen fühlen, wie auch in Selbstverantwortung miteinbringen. Forming Am Anfang steht das Forming. Die Gruppe formiert sich und kommt das erste Mal zusammen. Die im Vordergrund stehenden Fragen sind: Wer bin ich hier? Wozu sind wir zusammen? Kann ich hier dazu gehören? In dieser Phase ist die Abhängigkeit vom Gruppenleiter – vergleichbar wie bei einem Kleinkind von den Eltern – besonders groß. In dieser ersten Kennenlernphase hat der Expeditionsleiter die wichtige Aufgabe, seine Alpha-Rolle (siehe dazu folgenden Abschnitt, Rangdynamik) wahrzunehmen. Bei diesem ersten Kontakt und Zusammenkommen kann der Leiter bereits wichtige Punkte wie Vertrauen, Verantwortung, Organisationsstärke und Entscheidungsqualität demonstrieren. Storming Hat sich die Gruppe kennengelernt, kommt es zum Übergang ins Storming. Dieser Prozess ist immer ein kleiner Sturm, es wird um die Positionen in der Gruppe „gerittert“. Es werden „Machtspiele“ durchgeführt und kleine Wettkämpfe ausgetragen. Das kann die Erzählung vom letzten Gipfelsieg sein oder aber auch das hohe Tempo bei der Akklimatisationstour. Ziel dieser Phase ist es, dass die Teilnehmer ihre Fähigkeiten, die sie in die Gruppe einbringen, erstmals zeigen können und Positionen der Rangordnung bezogen werden. Nicht selten kommt es in dieser Phase zu einer Auflehnung gegen jede Art der Führung („Warum gehen wir nicht schon morgen mit Material bis Lager I?“). Auch diese Phase ist vergleichbar mit dem pubertierenden Jugendlichen gegen den Erwachsenen. Als Leiter ist es in dieser Phase wichtig, der Gruppe Entscheidungsprozesse („Wer glaubt, dass es gut ist, bereits morgen zum Lager I zu gehen? Warum?“) zur Verfügung zu stellen und klar zu legen, dass Eigenverantwortung ein wesentlicher Bestandteil zu Harmonie und dem Erfolg darstellt. Norming Wenn das Storming gut moderiert wird, ermöglicht dies der Gruppe den Eintritt in die nächste Phase, dem Norming. Hier werden Rollen endgültig verteilt und Abläufe festgelegt. Die Gruppe wird zu einer Einheit und beginnt, nach ihren Möglichkeiten zu kooperieren. Der Expeditionsleiter hatte in den bisherigen Phasen bereits die Möglichkeit, die Gruppenmitglieder mit ihren Stärken 325
und Schwächen zu beobachten und kann diese Informationen jetzt gut beim Zuordnen der Rollen einsetzen. Es wird mittlerweile auch klar, wer welche Aufgaben erfüllen und übernehmen kann und eben aber auch, wer besondere Aufmerksamkeit benötigt. Die Phase des Norming eignet sich besonders gut, um gemeinsame Werte und Ziele noch einmal anzusprechen und daraus einen gemeinsamen Verhaltenskodex zu erarbeiten. Der Gruppenleiter kann nun die Basis schaffen, damit sich die einzelnen Gruppenmitglieder im weiteren Verlauf dementsprechend einbringen. Ist dieser Prozess gelungen, geht die Gruppe über ins gemeinsame Handeln. Performing Die Gruppe ist nun im Stande, gemeinsam Aufgaben zu lösen und erlebt sich als etwas Einzigartiges. Das Vertrauen in das Kollektiv und in die Rolle der einzelnen Personen wächst und eine eigene Gruppenidentität ist entstanden. Für den Leiter der Gruppe wird es nun immer leichter, die Gruppe zu führen, er wird zum Impulsgeber, Berater, Helfer und bleibt ohne großen Widerstand in seiner Alphaposition. Im Idealfall steht diese Phase am Ende der Akklimatisation – ein stressloses Einrichten von Hochlagern oder der Gipfeltag stehen bevor. Transforming Ist das Ziel erreicht, hat die Gruppe den Zweck erfüllt. Nun kommt es zur Phase des Transforming, also einer Weiterentwicklung. Bleibt die Gruppe bestehen, findet im Transforming eine Neudefinition des Gruppenzwecks (neues Ziel, Treffen in ein paar Monaten, gemeinsame Aktivität) und der Gruppenstruktur (neue Rollenverteilung) statt. Löst sich die Gruppe auf, bedeutet Transforming das Auseinandergehen und Abschied. In der Phase der Weiterentwicklung kann vom Gruppenleiter ein wesentlicher Beitrag eines runden Abschlusses gegeben werden. Es ist zum Beispiel hilfreich, wenn sich Leiter und die Teilnehmer auf Augenhöhe begegnen – dies hilft, das auf der Expedition Erlebte mit in den Alltag zu transferieren. Diese Haltung könnte auch die Zufriedenheit der Teilnehmer steigern.
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RANGDYNAMIK INNERHALB EINER GRUPPE Wie Eingangs bereits erwähnt, haben verschiedene Typen von Menschen unterschiedliche Positionen in der Gruppe. Im Folgenden sei das Modell der Rangdynamik nach Raoul Schindler (2) kurz vorgestellt und soll erläutern, wie man mit diesen Positionen umgehen kann und welche Tipps die Harmonie und Leistungsfähigkeit der Gruppe stärken. Schindler teilt die Gruppenmitglieder in vier Positionen ein – Alpha, Beta, Gamma und Omega. Dabei ist es zuallererst wichtig, zu verstehen, dass alle Positionen immer in einer Gruppe vorhanden sind. Unter den besten Freunden genauso wie in einer zufällig zusammengewürfelten Expeditionsgruppe.
Abb 2: eigener Entwurf nach Schindler R. (2)
Alpha „Als Alpha bist Du für die Gruppe da und nicht umgekehrt. Du lieferst das attraktivste Angebot, sich einer Aufgabe zu stellen.“ Die Alpha-Rolle hat diejenige Person, die der Gruppe das Beste oder attraktivste Angebot macht, um einer externen Kraft (der Berg, die Langeweile, eine andere Gruppe) zu begegnen. Bei einer Taktikbesprechung oder zur Routen327
wahl wird dies bei kommerziellen Expeditionen meistens (hoffentlich) der Leiter sein. Es muss aber nicht immer zwangsläufig der Bergführer sein, der die Alphaposition in der Gruppe inne hat (Unterhaltungsprogramm an Rasttagen, die Geburtstagsfeier im ABC,…). Da sorgt manchmal auch die Gruppe für sich selbst. Positionen werden also auch nach Anlass neu bezogen. Die Alphaposition wird also von der Gruppe bestimmt und sie hat im weitesten Sinne den Führungsanspruch bzw. die Führungsaufgabe der Gruppe. Wird diese Position nicht wahrgenommen oder von der Gruppe angezweifelt, dann wird das Gruppengefüge instabil. Beta „Finde deine Betas. Sie helfen dir, die Gruppe harmonisch zu führen.“ In jeder Gruppe finden sich einzelne Charaktere, die dem Leiter gerne zuhören, lachen, wenn er lacht, einer Aussage zustimmen und die Meinung von Alpha in der Gruppe verbreiten. Diese Positionen werden von Schindler als Beta bezeichnet. Als Leader einer Gruppe ist es wichtig, seine Betas (es sind meistens mehrere) zu kennen. Betas halten die Gruppe zusammen, helfen gegenseitig in der Gruppe, verbreiten und teilen Informationen mit den anderen und passen darauf auf, dass in der Gruppe die Regeln eingehalten werden. Für Alpha wird die Führungsaufgabe etwas leichter, wenn er seine Anordnungen, Infos und Ideen gezielt an seine Betas sendet. Betas zu erkennen ist nicht schwer. Wer lacht als erster über den Witz von Alpha? Wer nickt zustimmend auf eine Aussage hin? Wer hat Antworten auf Fragen von Alpha parat? Gamma „Ohne Gamma geht gar nichts. Sie sind die Arbeitsbienen und wollen gut geführt werden.“ Den größten Anteil in der Gruppe machen die Gammas aus. Sie erfüllen auch die wichtigste Aufgabe – als Kollektiv bestimmen sie über die Stimmung und Harmonie in der Gruppe. Sie sind dafür verantwortlich, ob eine Gruppe oder ein Team ein Ziel erreicht, sie bestimmen über den Lernerfolg oder ob eine Mission erfolgreich verläuft oder scheitert – sie sind die Arbeitsbienen. Gammas hören auf Alpha und lassen sich von Betas mitreißen. Aus der Menge der Gammas entwickeln sich neue Betas oder aber, wenn Alpha seiner Führungsrolle nicht gerecht wird, nicht um das Wohl der Gruppe besorgt ist und Dinge übersieht, die Nachzügler der Gruppe, das Omega. Dieser Entwicklung zu Omega vorzubeugen, zählt zu den wichtigsten Aufgaben von Alpha. Die Pause anzusprechen bevor der Schwächste ausfällt, die Gruppe mit Informati328
onen versorgen bevor die Spekulationen überhand nehmen, klar machen, dass man um Sicherheit und Harmonie bemüht ist und dieses auch vorleben wären nur kleine, aber wichtige Handlungen, die einer Entwicklung von Gamma zu Omega vorbauen. Omega „Omega ist nicht dein Feind, dennoch stellt er dich häufig in Frage. Seine Haltung entlastet manchmal die Gruppe.“ Die Omegaposition ist keineswegs eine schlechte oder bösartige. Ganz im Gegenteil. Omegas nehmen der Gruppe viel Druck ab. Sie sagen häufig, was sich andere oft nur denken oder sich nicht zu sagen trauen. Als vielleicht schwächeres Glied in der Gruppe bleibt es zurück (Nachzügler) und gibt aber drei anderen die Chance, zu verschnaufen. Problematisch wird es dann, wenn Omega die Führungsidee von Alpha offen kritisiert (Distanzierter) oder selbst versucht, den Führungsanspruch zu übernehmen (Anarcho). Diese Haltung kann oft aus Angst, Schwäche, Über- oder Unterforderung, deutliche Werteabweichung zur Gruppe und noch vielen anderen Situationen herauswachsen. Übersiehst du einen Nachzügler, läufst du Gefahr, dass er sich zum Distanzierten entwickelt und dich später in Frage stellt. Integriere Nachzügler in die Gruppe und verbinde Distanzierte mit deinen Betas. Mit einem Anarcho suchst du das direkte Gespräch – da hilft dann am besten ein Wertevergleich (Was ist dir wichtig?). Als Alpha kann man dieser Omegaentwicklung im Vorfeld viel Wind aus den Segeln nehmen, in dem man Omega verstehen lässt, dass man jedes Individuum in der Gruppe mit seinen Zweifeln, Ängsten, Werten und Fähigkeiten ernst nimmt und dementsprechend auf sie eingehen wird (z.B.: „Ich weiß, der eine oder andere unter euch wird sich vielleicht denken, warum sitzen wir noch hier rum, lasst uns endlich auf den Gipfel gehen…“). Wenn die Gruppe bzw. Omega versteht, dass Alpha die Bedürfnisse und Ideen kennt, nimmt man die Entwicklung vom Nachzügler zum Distanzierten und weiter zum Anarcho-Omega oft vorweg. Man ist also gut beraten, möglichst viele dieser Rochaden auch vorzeitig in Gesprächen mit der Gruppe einzubauen.
FÜHRUNGSSTILE UND METHODEN „Manchmal braucht es auch einen Helden. Das ist aber nur sehr selten…“ Unterschiedliche Menschentypen wünschen sich auch verschiedene Führungsstile. Da gibt es jene, die zu einem Helden hinaufschauen wollen und 329
wiederum andere kommen mit dieser Glorifizierung gar nicht klar (sowohl Held, als auch Teilnehmer). Manchmal ist der Einfühlsame gefragt, der Stille, der Beratende oder eben auch der laute Sprecher. Wer schon mit Gruppen gearbeitet hat, weiß natürlich genau, dass es den einzigen richtigen Führungsstil für alle Situationen nicht gibt. Es kommt auf die Konstellation, die Fähigkeiten und die Motivation der Gruppe sowie die äußere Situation an, welcher Stil bzw. Stilmix passend und der richtige ist. Entsprechend der Fähigkeiten/Qualifikation der Gruppe kann man die Teilnehmer einer Gruppe einordnen und dementsprechend leiten. • Geringe Qualifikation: Die Gruppe braucht einen genauen Plan was, wann, wo und von wem zu erledigen ist. Nur dann werden diese Gruppen Erfolg haben und ihr Ziel erreichen. • Mittlere Qualifikation: Die Gruppe bringt Vorerfahrungen mit, letztendlich fehlen aber die nötigen Fähigkeiten, um selbstständig agieren zu können. Es ist empfehlenswert, die Gruppe deutlich mehr in Prozesse einzubeziehen und an Entscheidungen teilhaben zu lassen. • Hohe Qualifikation: Die Gruppe hat einen hohen Grad an Fähigkeiten und kann hinsichtlich ihrer Werte harmonisch agieren. Die Gruppe stärkt sich am Vertrauen, dass ihr der Leiter entgegen bringt. Aufgaben können selbstständig erfüllt werden. Führung, die auf Selbstverantwortung aufbaut, ist am erfolgversprechendsten. Folgend nun drei bekannte Führungsstile nach Kurt Lewin (3) und ein Vorschlag für einen modernen Ansatz: Demokratisch – kooperativ Vorteil: motiviert die Gruppe, sich einzubringen Nachteil: häufig langwieriger Entscheidungsprozess Der demokratische Stil ist der am häufigsten angewendete Führungsstil. Der Gruppenleiter tritt als Koordinator auf und begleitet den Gruppenprozess. Je nach Situation übernimmt der Leiter oder eine Führungsperson aus der Gruppe die notwendigen Aufgaben für die Gruppe, ohne autoritär zu wirken. Entscheidungen werden gemeinsam getroffen. Der Lerneffekt ist dadurch besonders hoch. Sofern die Gruppe eine gute Kommunikationsbasis besitzt, funktionieren diese Prozesse auch sehr gut, häufig nehmen sie aber sehr, sehr viel Zeit in Anspruch. Findet sich die Gruppe selbst und agiert selbstständig und harmonisch, so tritt der eigentliche Leiter immer mehr in den Hinter330
grund, behält aber den Überblick. In manchen Fällen kommt es vor, dass aufgrund der basisdemokratischen Entscheidungen Einzelpersonen – häufig jene, die besonders stark oder besonders schwach sind – sich an die anderen anzupassen haben. Das baut manchmal einen großen Druck für diese Personen auf. Dennoch haben demokratisch geführte Gruppen eine große Chance, über längere Zeiträume zu bestehen. Laissez Faire Vorteil: Gruppe agiert selbstbestimmt Nachteil: oft desorientiert, da Führung fehlt „Laissez faire“ bedeutet treiben und gewähren lassen. Der Leiter ist in der Gruppe unscheinbar und hebt sich nicht von der Gruppe durch Entscheidungen ab. Er vertritt die Ansicht, dass die Gruppe sich selbst findet und entfaltet. Entscheidungen werden in laissez faire geführten Gruppen nur sehr schleppend bis gar nicht gefällt. Es kommt häufig zur Grüppchenbildung und unbeliebte Teilnehmer werden häufig ausgeschlossen, zwischen Grüppchen kommt es zu Rivalität. Die Gruppe als Ganzes erreicht selten ein gestecktes Ziel. Der Erlebniswert bei Aktionen ist eher niedrig und die Gruppe wird auch nicht lange Bestand haben. Sind keine großen Aktionen oder Touren geplant, ist es durchaus angebracht, die Gruppe „zum Ausspannen“ einfach mal treiben zu lassen. Diktatorisch Vorteil: schnell Handlungsfähig Nachteil: demotivierend Beim autoritären Führungsstil entscheidet der Gruppenleiter für die Gruppe. Die Entscheidungsfindung wird gegenüber der Gruppe nicht offen gelegt und die Entscheidung selbst wird meistens nicht begründet. Der Lerneffekt und der Erlebniswert sind bei einem autoritären Leiterstil häufig gering, in der Gruppe herrscht eine eher egoistische Grundeinstellung vor. Der vermeintliche Vorteil einer solchen Gruppe ist, dass sie häufig leistungsfähiger ist und aufgrund der klaren „Kommandos“ keine Zeit mit Entscheidungsfindung liegen lässt. Die Chancen, ein Ziel zu erreichen, sind bei einem autoritären Führungsstil oft höher, die Gruppe an sich agiert aber häufig nur kurzlebig miteinander. In manchen Situationen (z.B. bei drohender Gefahr – Gewitter, Lawine, Steinschlag, gefährliches Gelände) ist ein autoritärer Führungsstil angebracht und notwendig! 331
Integrativ-kollegialer Ansatz – das SOL-Model (4) Vorteil: schnell handlungsfähig, hohe Akzeptanz Nachteil: erfordert soziale Kompetenz und Empathie In der Position als Expeditionsleiter/Bergführer gibt es den richtigen Stil, der über einen ganzen Tag oder eine ganze Expedition passend ist, nicht. Zu schnell wechseln in dieser Umgebung die Bedingungen und die Gegebenheiten, als dass man eine Gruppe nur demokratisch oder laissez faire führen könnte. Auch den ganzen Tag als strenger Herdentreiber unterwegs zu sein, macht auf Dauer keinen Spaß für uns als Leiter einer Gruppe. Es wäre also klug, situationsbezogen zu arbeiten. Dies bedeutet, dass es innerhalb verschiedener Entscheidungsprozesse zu einer Vermischung der oben angeführten Führungsstile kommt. Jeder, der diese Zeilen liest und schon einmal mit Gruppen unterwegs war, hat ein Bild vor Augen wie sich dieser Ansatz gestaltet. Es ist nicht zielführend, an einem Rasttag die Gruppe mit militärischer Strenge zum Mittagstisch zu befehlen, genauso wenig ist es angebracht, beim drohenden Sturm und steigender Lawinengefahr zwischen Lager II und III zu fragen – Was meint Ihr?. SOL – Model bedeutet in diesem Zusammenhang – Spüren, was die Gruppe/die Einzelperson braucht. Offenlegen von gemeinsamen Werten und Zielen (Sicherheit, Erfolg, Selbstbestätigung,…). Leading (Führung) im Sinne von Richtung geben und dann gemeinsam einen Weg in diese gute Richtung gehen. Die Grundproblematik – Werte- und Wahrnehmungsunterschiede Wir sehen die Welt vielleicht in einem anderen Licht, als unsere Mitmenschen. Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass unsere Mitmenschen (Kunden, Freunde, Partner,…) die Dinge und Prozesse, die uns umgeben und um uns herum stattfinden, gleich sehen wie wir es tun. Die meisten Missverständnisse in Beziehung und Führung kommen aus diesem Umstand zustande. So ist es für uns oft nicht verständlich, dass sich jemand in einer für uns augenscheinlich ungefährlichen Querung ängstigt oder gar blockiert und nicht weiterkommt. Es ist notwendig, dass wir lernen, uns in der (Wahrnehmungs-)Welt unserer Kunden zu bewegen. Nur dann können wir davon ausgehen, dass wir uns alle gegenseitig verstehen, vom selben sprechen und auch erwarten, dass getan wird, was wir aufgetragen haben. Konfliktsteuerung/Konfliktlösung Bei aller Gabe auf andere Menschen einzugehen – irgendwann wird auch der noch so gut geschulte und einfühlsame Leiter einer Gruppe mit Konfliktthe332
men konfrontiert werden. Konflikt ist nicht gleich Konflikt – es sind mehrere Stufen vom Gesprächsbedarf bis hin zur Eskalation oder dem Streit. Konflikte innerhalb eines sozialen Gefüges kommen aufgrund verschiedener Wertvorstellungen und/oder unterschiedlichen Wahrnehmungen zustande. Das beste Mittel solchen Ungereimtheiten vorzubeugen, ist eine gesunde Kommunikation innerhalb der Gruppe. Daher ist es wichtig, der Gruppe Platz und Zeit für offene Gespräche zu geben. Die gemeinsamen Mahlzeiten schaffen wohl den wichtigsten Kommunikationsrahmen, aber auch der gemütliche Aufstieg beim Akklimatisieren, Kartenspielen am Rasttag und so weiter. Manchmal wird es notwendig, gemeinsam mit der Gruppe das Gespräch zu suchen. Dabei hat der Leiter oft nur die Funktion eines Moderators. Jedenfalls empfiehlt es sich, einfache Grundregeln der Kommunikation zu beherrschen: • Auf gleicher Höhe. Sender – Empfänger sollten sich auf einer Ebene befinden. Dies kann man psychisch wie physisch verstehen. Botschaften „von oben“ erdrücken den Empfänger, ebenso schwer ist es die Botschaft „nach oben“ zu schieben. • Kristallklar. Möglichst klare Formulierungen, einfache Beispiele, nicht das „Ich“ steht im Vordergrund, sondern das „Du“ oder „Wir“. • Position. Jedenfalls vor der Gruppe, auf Augenhöhe. Ideal ist der Kreis, weil jeder gesehen werden kann. • Augen auf. Häufiger Blickkontakt zu den einzelnen Gesprächspartner – wer schaut, hat nichts zu verstecken. • Wer? Was? Wann? Wie? Wo?. Fragen stellen ist besser als Antworten geben – oder glaubt ihr, erfolgreiche Moderatoren sind mit Antworten geben berühmt geworden? Ein Konflikt ist eine unangenehme Sache in einer Gruppe, aber wir müssen uns auch vor Augen halten, dass in jeder Krise eine Chance steckt und eine Ungereimtheit die Basis der Weiterentwicklung einer Beziehungsebene darstellt. Daher ist es unabdingbar, Konflikte in eine gute Richtung zu steuern – der Lernprozess für jeden einzelnen kann dann äußerst lehr- und lernreich sein. Folgende Schritte der Steuerung und Lösungsfindung (5) sind hilfreich: 333
• Problemanalyse und Definition: Die Situation wird aufgezeigt und in „Status“ und „Ziel“ gegliedert. Dabei ist es wichtig, dass alle Beteiligten ein Bewusstsein für die unterschiedlichen Wertvorstellungen, Ideen, Normen und Ansprüche der anderen besitzen oder entwickeln können. – Wie sieht euer Ideal aus? – Welche Erwartung habt ihr, wenn das Problem gelöst ist? • Alle dabei: Die gesamte Gruppe arbeitet nun gemeinsam die Basis des Problems heraus. Der Punkt für eine nachhaltige Lösung liegt darin, nicht auf einer Metaebene stehen zu bleiben (Nicht die offene Zahnpastatube stört, sondern das Gefühl, man wird vom Partner nicht gehört oder ernst genommen, stellt das eigentliche Problem dar). Fragt euch selbst: Welche Wünsche verstecken sich hinter potentiellen Vorwürfen? – Folgende Struktur hilft, die Basis des Problems zu finden und den ersten Schritt zu machen (das Skalieren ist eine hilfreiche Unterstützung): – Wie hoch ist eure Bereitschaft, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen? – Habt ihr überhaupt Lust dazu? Auf einer Skala 1 (wenig Lust) – 10 (viel Lust)? – Worin liegen die Unterschiede zwischen „Status“ und „Ziel“? – Wie erstrebenswert ist es, diesen „Unterschied“ zu erreichen? (Skala 1–10) • Optionen sammeln: Findet es die Gruppe erstrebenswert, einen Lösungsweg einzuschlagen, dann werden Möglichkeiten erarbeitet: – Wie können wir motiviert werden, diesen „Unterschied“ zu erreichen? – Gibt es bisherige Lösungen? Haben diese Erfolg gebracht? – Möglichst viele (alte und neue) Lösungen sammeln (egal ob gut oder schlecht) • Lösungen bewerten: Die Bewertung wird durch alle Teilnehmer gemacht. Die Arbeit mit einem Punktesystem hat sich bewährt (3 Punkte = gefällt mir, 2 Punkte = ist o.k., 1 Punkt = naja, 0 Punkte = geht gar nicht). • Entscheidung treffen: Die Gruppe muss eine Entscheidungsqualität entwickeln. Das meint – Ist die Entscheidung gefällt und sie wird ausgeführt, dann ist klar, dass kein „Aber wenn wir nun doch..“ oder „Hätten wir, dann…“ formuliert wird. Dies sollte offen und klar angesprochen sein. 334
• Ausführung: Bei der Ausführung sollte in gewissen Abständen die Ökologie der Gruppe überprüft werden. – Wie schaut´s aus? Sind wir am richtigen Weg? – Halten wir uns an die Entscheidungen? – Wie geht es mir persönlich (jedem einzelnen) mit der Richtung? • Evaluation. Ein Konflikt ist dann gelöst, wenn die Gruppe keinen Unterschied mehr zwischen „Status“ und „Ziel“ macht. Es gibt in diesem Fall kein „Richtig“ oder „Falsch“ mehr.
LITERATUR (1) Tuckmann B.W. Developmental sequences in small Groups. Psychological Bulletin 1965; 63: 384–399. (2) Schindler R. Grundprinzipien der Psychodynamik in der Gruppe. Psyche 1957; 11(5): 308–314. (3) Lück H. E. Die Feldtheorie und Kurt Lewin. Eine Einführung. Psychologie Verlags Union, Weinheim 1996. (4) Mair P. Mit Menschen unterwegs. In: Manual Trekking & Expeditionen. Ein Lehrbehelf der IFMGA / UIAGM / IVBV, Gstaad 2012. (5) Lercher A. Gruppe & Dynamik. In: bergundsteigen – Zeitschrift für Sicherheit und Risiko im Bergsport, Innsbruck 2001.
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❙ Cornelia Blank und Wolfgang Schobersberger ❙
Evidenz-basierter Gesundheits tourismus im Alpenraum – Eine Herausforderung für die Zukunft Evidence-based health tourism in the alpine area – a challenge for the future
SUMMARY We are living in a health society and it is one’s own health that has replaced former, rather material values and has become the highest ideal of mankind. Individual well-being and life satisfaction are therefore wish and requirement alike. To fulfill these, people increasingly invest their private money into health, indicated by an increasing second, privately financed, health market. This fact opens a great potential for the health tourism sector. In addition, the climate change which is mostly assigned to negative consequences, particularly in tourism, offers another opportunity for health tourism products, especially in alpine areas. Temperatures at higher altitudes will remain below the increasingly hot temperatures at low altitudes, and positive effects of sojourns at higher altitudes for people suffering from allergies were supported by scientific literature. Yet, despite the existence of some research data, the main problem in the field of health tourism lies in numerous health touristic products, which are due to the increasing business rivalry often confusing, heterogeneous and intransparent. Exceedingly few of these products are based on scientific evidence. Thus, it is exactly this evidence which is needed in view of the new tourist generation that is not only increasingly solvent but also increasingly literate. Evidence-based products result from research studies, which need financial and human resources alike. These are generally, especially though in the area of health tourism, scarce. The planned EU Macroregional Strategy for the Alpine Area could be one possibility to ease this situation. Based on the 337
transnational network of all alpine areas, synergies could arise, which might be a chance to split the resources across several shoulders. Scientific competence could be bundled; evidence-based best practice examples could be used. In addition, transnational cooperation might open new funding possibilities, e.g. EU-funding. Keywords: alps, health tourism, climate change, evidence-based products, EU macroregional strategy ZUSAMMENFASSUNG Wir leben heutzutage in einer Gesundheitsgesellschaft und die Gesundheit ist es auch, welche vergangene, mehr materielle Werte abgelöst hat. Individuelles Wohlbefinden und höhere Lebenszufriedenheit sind damit Wünsche und Ansprüche zugleich. Um diese zu erfüllen, wird auch vermehrt privat in die Gesundheit investiert, was sich nicht zuletzt an einem stark wachsenden sog. Zweiten Gesundheitsmarkt zeigt. Gerade die Bereitschaft, vermehrt Eigenkapital in die eigene Gesundheit zu investieren, führt zu einem Potential im gesundheitstouristischen Sektor. Die zusätzliche Tatsache des Klimawandels, der gerade im Tourismus als negativ betrachtet wird (Stichwort Schneemangel), bietet vor allem in den alpinen Regionen ein weiteres Wachstumspotential gesundheitstouristischer Angebote. Die Temperaturen in höheren Lagen sind niedriger als die immer heißer werdenden Temperaturen in Tallagen, zudem sind beispielsweise positive Effekte für Allergiker nach Aufenthalten in alpinen Regionen bereits nachgewiesen. Obwohl es diese Studien gibt, ist eines der größten Probleme im alpinen, wie auch im generellen Gesundheitstourismus, dass gesundheitstouristische Leistungen auf Grund der großen Anzahl und des damit einhergehenden Wettbewerbs unübersichtlich, heterogen und intransparent sind. Die wenigsten dieser Angebote beruhen auf wissenschaftlicher Evidenz, was aber bei der neuen Touristengeneration, die nicht nur zahlungsfähiger, sondern auch gebildeter ist, ein echter Wettbewerbsvorteil wäre. Evidenz-basierte Produkte resultieren aus wissenschaftlichen Studien, die nicht nur finanzielle, sondern auch qualifizierte personelle Ressourcen benötigen – diese sind generell, besonders aber im Gesundheitstourismus knapp. Die geplante makroregionale Alpenraumstrategie der EU wäre eine Möglichkeit, hier Abhilfe zu schaffen. Durch die länderübergreifende Vernetzung der alpinen Regionen könnten Synergien entstehen, die eine Verteilung der benötigen Ressourcen auf mehrere Schultern erlaubt. Wissenschaftliche Expertise könnte gebündelt werden und evidenz-basierte Produkte könnten im Sinne von BestPractice Beispielen übernommen werden. Letztendlich wären durch länder338
übergreifende Studien zusätzliche Fördertöpfe, wie beispielsweise EU-Förderungen, zugänglich. Schlüsselwörter: Alpen, Gesundheitstourismus, Klimawandel, Evidenz-basierte Angebote, makroregionale Alpenraumstrategie
DAS KONZEPT GESUNDHEIT – TRENDS UND ENTWICKLUNGEN Gesundheit – Megatrend des 21. Jahrhunderts! Nach Horx (1) ist dieser Trend vor allem zentrales Thema eines vonstattengehenden Wertewandels – Gesundheit stellt in der Auffassung dieses Zukunftsforschers den Mittelpunkt der Lebensqualität dar. Vor allem hat sich jedoch die Definition von „Gesundheit“ mittlerweile in den Köpfen der Menschen geändert. Gesundheit, wie schon bereits 1948 von der Weltgesundheitsorganisation in diesem Sinne definiert, ist längst nicht mehr nur das Fehlen von Krankheit, sondern bedeutet vielmehr ein komplettes physisches, mentales und soziales Wohlbefinden (2). Nicht zuletzt wegen des demographischen Wandels gewinnen Gesundheit und Wohlbefinden in der heutigen Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Laut Kickbusch (3) leben wir in einer Gesundheitsgesellschaft in der inzwischen die Lebensqualität zu den höchsten Werten zählt. Ausgehend von der Schaffung materieller Werte und der Steigerung von Güterproduktionen steht heute die Suche nach neuen Lebensqualitäten im Mittelpunkt: neue Bedürfnisse, neue Ansprüche und Werte, neue Dienstleistungen, individuelles Wohlbefinden und höhere Lebenszufriedenheit sind Wünsche und Ansprüche zugleich. Basierend auf Umfragewerten des B.A.T. Freizeit-Forschungsinstituts ist vor allem die Gesundheit mit der Lebensqualität verknüpft (4) (Tab. 1). Tab. 1: Faktoren für eine erhöhte Lebensqualität
Wichtige Faktoren für Lebensqualität und persönliches Wohlbefinden 14–17 Jahre
≥65 Jahre
Gesundheit
83%
97%
Natur
57%
87%
Konsum
66%
55%
Arbeit
72%
15%
Repräsentative Befragung bei 2000 Personen, ≥14 Jahre in Deutschland (4) 339
Neben dem gesteigerten Gesundheitsbewusstsein ist die Gesundheit zudem ein enormer Wirtschaftsfaktor und die Bereitschaft für die eigene Gesundheit auch eigene finanzielle Mittel aufzubringen wächst. Gesundheit wird von der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) als Wachstumsmotor bezeichnet (5). Als ausgewählten Wachstumsbereich im sog. Zweiten Gesundheitsmarkt hat die WKO den Reisesektor und im speziellen Gesundheitsreisen und Medical Wellness gesehen (Marktgröße rund 1,2 Mrd. €). Darüber hinaus ist im Fitness- und Wellness-Markt mit einem jährlichen Wachstum von 10% zu rechnen. Die Bereiche Ernährung, Sport und Lebensqualität haben sich zu gigantischen Nachfragemärkte entwickelt. Diese Annahmen werden von Zahlen der Wirtschaftskammer Österreich aus dem Jahr 2006 unterstützt (Abb. 1).
Abb. 1: Marktanteile Erster und Zweiter Gesundheitsmarkt im Vergleich (5)
Es wird ersichtlich, dass der Zweite, privat finanzierte Gesundheitsmarkt in Österreich, unter den auch gesundheitstouristische Aktivitäten fallen, mit 43,5% beinahe schon ebenso bedeutend wie der Erste Gesundheitsmarkt – Tendenz steigend ist. 340
GESUNDHEITSTOURISMUS Der Gesundheitstourismus ist ein Teil des Tourismus, der eine lange Tradition aufweisen kann und grundsätzlich das Ziel verfolgt, die Gesundheit zu erhalten, zu stabilisieren oder wieder herzustellen. Die UNWTO definiert den Begriff Gesundheitstourismus wie folgt: “Tourism associated with travel to health spas or resort destinations where the primary purpose is to improve the traveler´s physical well-being through a regimen of physical exercise and therapy, dietary control, and medical services relevant to health maintenance.” (6). Rulle et al. beschreiben den Gesundheitstourismus als einen „[...] Teilbereich des Tourismus, dessen spezielles Reisemotiv aus der Wiederherstellung oder Erhaltung des Wohlbefindens sowohl in physischer als auch psychischer Hinsicht durch die Inanspruchnahme bestimmter gesundheitsbezogener Dienstleistungen in der Destination besteht.“ (7). Basierend auf der Definition kann der Gesundheitstourismus in verschiedene Sektoren eingeteilt werden (Abb. 2).
Abb 2: Gliederung des gesundheitstouristischen Marktes (in Anlehnung an Rulle et al. (7))
Wichtig in der Definition sind vor allem die Begriffe „gesundheitsbezogen“ und „Dienstleistung“, sowie die Tatsache, dass es sich dabei um Reisemotive handelt, die auf freiwilliger Basis wirken und nicht ärztlich indiziert sind (mit Ausnahme des Kur- und Patiententourismus). Hier stoßen nämlich die Anbieter und Nachfrager im selben Maße auf das Problem der Angebotsüberflutung – auch im alpinen Gesundheitstourismus. Nach Aussage von Gardini (8) sind gesundheitstouristische Leistungen aufgrund der großen Anzahl und des damit einhergehenden intensiven Wettbewerbs sehr unübersichtlich, heterogen und intransparent. Infolge unterschiedlicher Bedürfnisse seitens der Touristen und dem Bestreben der Angebotsseite sich abgrenzen zu wollen, entstehen immer wieder neue Angebotssparten. Den Überblick in dieser he341
terogenen Landschaft zu behalten, ist deshalb kaum mehr machbar. Bestätigt werden diese Aussagen bei Betrachtung des aktuellen Life-Cycle Models des Gesundheitstourismus (Abb. 3). Es zeigt sich deutlich, dass in den Phasen des Niedergangs, also in Zeiten, in denen das Marktpotential aktueller Angebote erschöpft zu sein scheint, mit Hilfe neuer Produkte versucht wurde, diesen aufzuhalten, beziehungsweise umzukehren.
Abb. 3: Life-Cylce Model Gesundheitstourismus (9) Entwicklungen des Markeintritts und Marktpotentials verschieden gesundheitstouristischer Segmente
Der alpine Raum mit seinen geographischen Gegebenheiten bietet die besten Voraussetzungen, den sich nachweisbar entwickelnden Markt der gesundheitsbewussten, vor allem der zahlungsfähigen- und willigen Gesellschaft zu bedienen. Es ist daher nicht erstaunlich, dass der Begriff des Gesundheitstourismus in den alpinen Regionen Einzug gehalten hat. Dennoch fällt bei Betrachtung der Ergebnisse einer Expertenumfrage der Beratungsagentur con.os im Jahr 2011, die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft durchgeführt wurde, auf, dass vor allem im Bereich des Alpinen Wellness-Tourismus, jenem Sektor des Gesundheitstourismus, welcher sich die Gegebenheiten in höheren Lagen zu Nutze macht, das Potential nicht ausgeschöpft wird (9) (Abb. 4). Gemeinsam mit einem weiteren Phänomen, dem Klimawandel, bietet der Alpenraum dem Gesundheitssuchenden mit seiner einzigartigen Konstellation eine potentiell große Chance, die weitestgehend unbekannt ist. Tatsache 342
Angebotssituation im Alpinen Wellness-Tourismus
Abb.4: Ergebnisse einer Expertenbefragung zur Angebotssituation im Alpinen Wellness-Tourismus (9) Tirol, wie auch Vorarlberg und Salzburg zeigen laut Aussage einiger Experten Mängel in Bezug auf Angebote im Alpinen Wellness Tourismus auf.
ist, dass im Alpenraum die Temperatur im 20. Jahrhundert um etwa 2° C zugenommen hat (10), eine weitere Erwärmung wird für die nächsten Jahre und Jahrzehnte prognostiziert. Sommerliche Hitzewellen stellen ein gesundheitliches Problem vor allem in Großstädten dar, zumal diese eine Steigerung von Herzkreislauf-Notfällen zur Folge haben (11). Ungeachtet der Tatsache, dass der Klimawandel die Schneelagen in den Alpen negativ beeinträchtigt und Skiorte mit Höhen <1500 m sich bereits jetzt mit diesem Szenario auseinander setzen sollten, sind potentielle gesundheitstouristische Vorteile für den Alpenraum denkbar. Selbst wenn es in alpinen Höhenlagen wärmer werden sollte, die signifikante Temperaturdifferenz zu Tallagen wird bei globaler Erwärmung dennoch bestehen bleiben. Somit sollten selbst bei globaler Erwärmung sportliche Aktivitäten in den alpinen Regionen auch im Sommer problemlos und ohne negativen Einfluss auf die individuelle Gesundheit auszuüben sein. Als weiteres gesundheitstouristisches Potential, das in engem Zusammenhang mit der globalen Erwärmung steht, ist die Entwicklung von alpinen Angeboten für Urlaubsgäste mit allergisch-atopischen Erkrankungen zu nennen. In den nächsten Jahrzehnten wird eine dramatische Zunahme des Bodenbewuchses mit allergenen Pflanzen in Europa prognostiziert. Bereits in den letzten Jahren stieg die Prävalenz allergisch-atopischer Erkrankungen in Europa deutlich an. Infolge des spezifischen Klimas in mittleren Höhen (Trockenheit, moderater 343
Sauerstoffmangel, niedriger Gehalt an Umweltschadstoffen, generell niedriger Gehalt an Allergenen in der Luft u.a.) wurden seit Jahrzehnten positive Effekte auf Patienten mit verschiedenen allergisch-atopischen Leiden, v.a. Personen mit Asthma bronchiale (12) wissenschaftlich veröffentlicht. Es gilt zukünftig für dieses Zielpublikum klar definierte gesundheitstouristische Produkte zu entwickeln und umzusetzen. Die unabdingbare Voraussetzung ist jedoch der Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, welcher in einer engen Kooperation zwischen Medizin/Forschung auf der einen Seite und der Tourismuswirtschaft auf der anderen Seite resultieren muss. Diesbezügliche Defizite sind allerdings noch unübersehbar. Aus medizinischer Sicht ist nicht nachvollziehbar, dass zum einen die optimalen geographischen Bedingungen der Alpen für die Entwicklung gesundheitsfördernder Produkte fast ungenutzt bleiben und zum anderen die Flut an Angeboten zu geringen bis kaum existenten Teilen aus evidenz-basierten Produkten besteht. Evidenz-basiert wird hier verstanden als wissenschaftliche Erkenntnis im Sinne von Popper (1982), was nicht gleichzusetzen ist mit Gewissheit, sondern mit der permanenten Suche (oder dem Versuch) nach objektiv, wahren, erklärenden Theorien. Ein ausschlaggebendes Kriterium solcher Theorien ist, dass sie falsifizierbar sein müssen, denn es geht laut Popper nicht darum Wahrheit zu finden, sondern Theorie zu widerlegen und durch bessere zu ersetzen (13). Ein wichtiges Schlagwort ist hier die ständige, kritische Überprüfung. Glaubt man Köbberling (14), so ist jedoch gerade die evidenz-basierte Medizin für Menschen, die die Kultur des Zweifelns nicht beherrschen, unbequem, wenn nicht sogar bedrohlich. Überträgt man dies nun auf den gesundheitstouristischen Markt, so ist es diesbezüglich als gravierend anzusehen, dass der heutige Gesundheitstourist auf Grund der nicht mehr überschaubaren Flut an sogenannten Wellnessangeboten entweder nicht mehr kritisch das Angebotene hinterfragt und konsumiert, oder zum berechtigten Zweifler konvertiert. Aus Sicht des Tourismus und auch aus Sicht des Urlaubsgastes ist die klare Erwartung und Hoffnung, dass der Gesundheitsurlaub einen zumindest spürbaren Erfolg mit sich bringt. Als „worst case“ wird allerdings nur der ausbleibende Gesundheitseffekt angesehen, was für den Urlaubsgast bedeuten würde, hier finanziell falsch investiert zu haben. Verfolgt man allerdings den wissenschaftlich- medizinischen Ansatz, so ist es Faktum, dass bei falscher Indikation, selbst von klassischen Wellness-Anwendungen, gesundheitliche Nachteile („Nebenwirkungen“) resultieren können. Die zusammenfassenden Worte von Köbberling (14) sollen dieses Problem an dieser Stelle nochmals verdeutlichen: „Es ist viel bequemer, im Konsens die Unwahrheit 344
[bewusst oder unbewusst] zu sagen, als im Streit [und in kostenaufwändigen Studien] die Wahrheit zu suchen“ (S. 12). Ein weiterer Faktor, der in diesem Zusammenhang nicht vernachlässigt werden sollte, ist nachfrageseitig zu finden und bezieht sich auf die neue Touristengeneration. Diese ist sowohl anspruchsvoller als auch gebildeter (15). Aus diesem Grund sind evidenz-basierte, sich nachgewiesenermaßen positiv auf die Gesundheit auswirkende Angebote unumgänglich. Der neue Tourist hinterfrägt, wofür er sein Geld ausgibt. Die Faktoren zum Erfolg können daher vor allem für die alpinen Regionen nur in einer Spezialisierung, in einer Sicherstellung evidenz-basierter, transparenter Angebote und in einer klaren Definition ihrer Zielgruppen liegen. Auf lange Sicht wird der Wintertourismus nicht ausreichen und es braucht eine Ganzjahres-Alternative, was erst kürzlich auch wieder in den öffentlichen Medien von Krammer (16) betont wurde.
ALPINMEDIZINISCHE FORSCHUNG MIT FOKUS GESUNDHEITSTOURISMUS Vor mehr als 30 Jahren wurde in Tirol mit alpinmedizinischer Forschung begonnen, die sich bereits damals mit den mittleren Höhenlagen (1500 m – 3000 m) aus gesundheitstouristischer Sicht auseinandersetzte. So sind beispielgebend Studien der Universität Innsbruck zu nennen, welche sich mit der Höhenanpassung und Leistungsfähigkeit von Hämodialysepatienten befassten (17). Hintergrund dieser Projekte war der touristische Ansatz nicht nur im Flachland, sondern auch in alpinen Regionen eine Feriendialyse aufzubauen und touristisch zu etablieren. Die Forschungsergebnisse waren insofern bemerkenswert, als dass niereninsuffiziente Patienten bei einer Ergometrie in 2000 m keine Reduktion der maximalen Leistungsfähigkeit zeigten, welches allerdings bei Ergometrien in 3000 m deutlich der Fall war. Ein 2-wöchiger Wanderurlaub in einem mit Feriendialyse ausgestatteten Hotel (2000 m) wurde von den Patienten ohne Nebenwirkungen sehr gut toleriert und führte sogar zu einer verbesserten Maximalleistung bei der Ergometrie (17). Trotz der klaren wissenschaftlichen Evidenz „pro“ Alpinurlaub bei Hämodialysepatienten wurden diese Erkenntnisse touristisch leider nie breit umgesetzt. Seit 1998 läuft unter der Leitung von Egon Humpeler und Wolfgang Schobersberger ein internationales, interdisziplinäre Forschungsprojekt unter dem Titel „AMAS (Austrian Moderate Altitude Studies“). Ziel von AMAS I war es, die Auswirkungen eines 3-wöchigen Wanderurlaubes bei Personen mit me345
tabolischem Syndrom zu untersuchen. Es konnte nachgewiesen werden, dass der individuell abgestimmte Wanderurlaub in mittlerer Höhenlage von allen Personen mit metabolischem Syndrom ausgezeichnet toleriert wurde und es darüber hinaus zu signifikanten kardiovaskulären, metabolischen und erythropoietischen Verbesserungen kam (18–20). AMAS II untersuchte die Auswirkungen eines 1-wöchigen Aktivurlaubes (1700 m) bei Personen mit hohem Stresslevel. Nebst hämatologischen Veränderungen (Anstieg zirkulierender endothelialer Progenitorzellen) hatte der Alpinurlaub eine signifikante Stressreduktion, verifiziert anhand bio-psychologischer Parameter und HRV (Herzraten-Variabilität)-Messungen, zur Folge (21, 22). Obwohl es wie oben beschrieben wissenschaftliche Evidenz zu einigen Angeboten beziehungsweise „Versprechen“ gesundheitstouristischer Anbieter gibt, so mangelt es nach wie vor an umfassenden qualitätsgeprüften und evidenz-basierten Angeboten, die dem Gesundheitstourismus in alpinen Regionen den benötigten Aufschwung geben können.
PROBLEMATIK EVIDENZ-BASIERTER GESUNDHEITSTOURISTISCHER PRODUKTE Woran liegt es, dass es so wenig medizinische Evidenz in der gesundheitstouristischen Produktentwicklung gibt? Ein Faktum ist, dass das Gebiet des Gesundheitstourismus in der Wissenschaft noch ein sehr junges ist. Somit fehlt es häufig an Fachpersonal in Wissenschaft und Wirtschaft. In der Forschung benötigt es engagierte Wissenschaftler, um Studien zu planen und durchzuführen, deren Ergebnisse Evidenz liefern, auf dessen Basis gesundheitstouristische Produkte entwickelt werden können. In der Tourismuswirtschaft mangelt es noch an qualifizierten Personen, welche diese Produktentwicklung in der Praxis vorantreiben und letzten Endes umsetzen. Diese Personen benötigen weniger die wissenschaftliche als vielmehr die betriebswirtschaftliche Kompetenz, spezialisiert auf die Zielmärkte Gesundheit und Tourismus. Gerade in diesen Fakten liegt ein beträchtliches Potential, welches die alpinen Regionen mit einem zugeschnittenen Angebot an Fortbildungen im tertiären Bereich nutzen könnten und welches ihnen vor allem einen wirtschaftlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Regionen verschaffen würde. Eine Expertenbefragung aus dem Jahr 2013 im deutschsprachigen Alpenraum (Führungskräfte von Destinations- und Tourismusbetrieben) ergab, dass 76,5% der Befragten keine Einrichtung kennen, die eine akademische Aus- und/oder Weiterbildung 346
im Sektor Gesundheitstourismus anbietet (23). Ein erster Schritt in die akademisch richtige Richtung wurde mit der Akkreditierung des Studienganges „Bachelor in Wirtschaft, Gesundheits- und Sporttourismus“ in Landeck/Tirol getan. Dieses Studium, das seitens des Landes Tirol unterstützt wird, wird seit Oktober 2014 gemeinsam von der UMIT Hall und der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck angeboten und umgesetzt. Im Jahr 2017 werden hier die ersten Absolventen und Absolventinnen hervorgehen, die nicht nur eine fundierte betriebswirtschaftliche Ausbildung haben, sondern darüber hinaus eine spezifische Qualifikation im alpinen Gesundheits- und Sporttourismus nachweisen können. Nebst qualifiziertem Fachpersonal fehlt es jedoch zusätzlich an finanziellen Ressourcen für gesundheitstouristische Forschung, da eine authentische Nachstellung eines Urlaubes zusätzlich zu den konventionellen Studienkosten (Personal, Geräte, Laboranalyen etc.) auch mit hohen Aufenthaltskosten verbunden ist. Hinzu kommt, dass es für dieses Forschungsfeld kaum explizite Fördertöpfe gibt.
DIE IDEE DER MAKROREGIONALEN ALPENRAUMSTRATEGIE (EUSALP) Eine Möglichkeit Synergien und Kompetenzen zu bündeln und damit hochwertige gesundheitsorientierte Produkte für den Alpenraum zu entwickeln, könnte in der geplanten makroregionalen Alpenraumstrategie liegen. Auch wenn über diese von der EU gewünschten Strategien keine neuen Geldtöpfe und Förderungen zu erwarten sind, so stellt sie dennoch eine Plattform und ein Netzwerk verschiedener Interessen dar, die, wenn das Thema korrekt platziert wird, eine Chance zu Kooperation bietet. Um diese jedoch effektiv nutzen zu können, muss das Thema Gesundheitstourismus in einer solchen Strategie bereits in der Planungsphase prominent platziert werden. Die makroregionale Alpenraumstrategie wird wie folgt definiert: “A ‚Macroregional strategy‘ is an integrated framework endorsed by the European Council, which may be supported by the European Structural and Investment Funds among others, to address common challenges faced by a defined geographical area relating to Member States and third countries located in the same geographical area which thereby benefit from strengthened cooperation contributing to achievement of economic, social and territorial cohesion.” (23). Bisweilen hat die Europäische Union (EU) zwei solcher makroregionalen Stra347
tegien verwirklicht: Die EU-Strategie für den Ostseeraum (EUSBSR, 2009), die EU-Strategie für den Donauraum (EUSDR, 2011). Die dritte, die EU-Strategie für den Adriaraum, soll bis Ende 2014 ausgearbeitet sein (24). Im Dezember 2013 hat der Europäische Rat die Europäische Kommission gemeinsam mit ihren Mitgliedsstaaten aufgefordert, eine makroregionale Strategie für den Alpenraum zu entwickeln. Involvierte Mitgliedsstaaten sind Österreich, Frankreich, Deutschland, Italien, Liechtenstein, Slowenien und die Schweiz. Obwohl der Startschuss erst 2013 fiel, ist die Idee einer Makroregion Alpen nicht neu. Schon 1995 wurde mit der Alpenkonvention ein positives Beispiel für eine transnationale Kooperation gesetzt (25). Ziel und gleichzeitig Herausforderung für den Alpenraum soll sein, diese Region als Lebensraum für Mensch und Natur, sowie auch für jegliche soziale und wirtschaftliche Aktivitäten in einer nachhaltigen Weise zu erhalten. Diesbezüglich hat jedes der genannten Länder dieselben Voraussetzungen was Möglichkeiten und Einschränkungen anbelangt. Die makroregionale Alpenraumstrategie (EUSALP) soll darauf abzielen, Expertise und Kompetenzen zu bündeln, um Chancen effizienter zu nützen und Probleme gemeinsam zu überkommen. Dabei zielt die EUSALP darauf ab, „ positive Wechselwirkungen zwischen den Bergregionen im Kernbereich und den angrenzenden Ebenen und Ballungsgebieten zu gewährleisten, indem sie die bestehenden funktionalen Beziehungen zwischen diesen Gebieten flexibel berücksichtigt“ (26). Grundsätzlich orientieren sich makroregionale Strategien dabei an vier zentralen Prinzipien: Integration (Ziele der makroregionalen Strategie sollen in relevante bestehende politische Rahmenbedingungen auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene eingebunden sein), Koordination zwischen räumlichen, sektoralen Politiken, Instrumenten und Finanzierungsquellen, Kooperation der Länder und Sektoren sowie Mehrebenen-Governance (Multi-Level-Governance) (27).
GESUNDHEIT IM RAHMEN DER EUSALP – MÖGLICHKEITEN UND AUSBLICK Grundsätzlich muss neben dem Thema Gesundheitstourismus auch das Thema Gesundheit in einer makroregionalen Alpenraumstrategie prominent platziert sein. Letztendlich ist die Gesundheit des Menschen das höchste Gut, ohne die keine effiziente Raumplanung, kein effizientes Bildungsnetzwerk und keine effiziente und nachhaltige Energieplanung genutzt werden. Die Anforderungen, die sich der makroregionalen Alpenraumstrategie über die Gesundheitsthema348
tik stellen, resultieren vor allem aus einer zukünftig im Durchschnitt älteren, mobileren, besser informierten, liquideren und gesundheitsbewussteren Generation. Faktum ist es, dass es an evidenz-basierten gesundheitstouristischen Produkten im Alpenraum fehlt. Daneben gibt es in diesem Bereich auch in anderen gesundheitsrelevanten Themen, die vor allem die Primärprävention betreffen, noch Potential. Evidenz resultiert aus qualitativ hochwertigen Studien, welche gewisse Anforderungen an Ressourcen stellen. Diese sind vor allem finanzieller und personeller Natur, in gewissem Maße auch logistischer. Eine makroregionale Alpenraumstrategie hätte basierend auf ihrer Idee sehr wohl das Potential, hier Synergien zu schaffen, um diese Ressourcen auf mehreren Schultern verteilen zu können. Diese Synergien reichen im besten Fall über den begrenzten Bereich des Gesundheitstourismus hinaus und betreffen zudem zukünftige gesundheitsökonomische Herausforderungen wie Gesundheitsleistungen, Gesundheitsversorgung, Mobilitätsprobleme etc.. Im Beispiel Gesundheitsversorgung müssen sich beispielsweise Strategien überlegt werden, wie mit einem allgemein erhöhten Bedarf an Gesundheitsleistungen umgegangen wird, der unter anderem in Bereichen außerhalb von Ballungszentren auftritt. Das Thema Gesundheit ist in zahlreichen Bereichen, die eine makroregionale Alpenraumstrategie betreffen, präsenter als angenommen und sollte daher von Anfang an in Überlegungen mit einbezogen werden. Vor allem das gesteigerte Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung kann für die Entwicklung einer makroregionalen Alpenraumstrategie eine Chance sein, wenn sie jetzt als solche erkannt und genutzt wird – auch im Rahmen einer gesundheitstouristischen Strategie für die Zukunft. Gesundheit sollte demnach nicht als konkurrierender, eigener Bereich angesehen werden, sondern in alle Belangen, welche die gemeinsamen Probleme des Alpenraums – natürliche Ressourcen und deren Management, Netzwerke und Wettbewerbsfähigkeit – betreffen, inkludiert werden.
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