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Wolfram Köberl und das Stift Wilten

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Otto Neururer

Otto Neururer

Wolfram Köberl im Norbertisaal

Maria überreicht nach der Legende dem Hl. Norbert das weiße Ordenskleid. Norbertisaal, Wolfram Köberl, 1957

Seite 27: Jesus als Kinderfreund, Judenstein, Wolfram Köberl

Am 17. November 2020 starb in Innsbruck der akademische Maler Professor Wolfram Köberl kurz nach seinem 93. Geburtstag. Über sechs Jahrzehnte lang hat er mit seinen Fresken und Tafelbildern bedeutende Akzente in der Tiroler Kulturlandschaft der Nachkriegszeit gesetzt.

Wolfram Köberl wurde am 3. November 1927 als Sohn des Malers und Kunsterziehers Franz Köberl und dessen Frau Hedwig, geb. Spielberger, in Innsbruck geboren. Nach der Volksschule besuchte er das humanistische Gymnasium in der Angerzellgasse, das ihn ebenso prägte wie das anschließende Studium der Kunstgeschichte an der Universität Innsbruck. Es folgten der Besuch der Zeichenschule von Professor Toni Kirchmayr und das Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Zeit seines Lebens war Köberl von der Barockkunst, vor allem der Kunst des Rokoko, begeistert. Er beschäftigte sich mit den großen Barockdenkmälern des 17. und 18. Jahrhunderts, erlernte die diffizilen Techniken der Fresko- und Tafelmalerei, besuchte unzählige Kirchen, Klöster und Museen und eignete sich ein Fachwissen an, das ihn zu einem der besten Kenner der Barockkunst werden ließ. Als freischaffender Künstler hat er ein umfangreiches Oeuvre hinterlassen, über 50 Kirchen und Kapellen hat er mit Fresken ausgestattet, zahlreiche Häuser mit Fassadenfresken versehen. Bis ins hohe Alter war Köberl aktiv als Künstler und beratend als Kunstexperte tätig, das Barock hat seine Kunst und seinen Alltag bestimmt. Seine Vorbilder waren die zahlreichen Barockmaler des süddeutsch-österreichischen Raumes, im besonderen der Allgäuer Franz Josef Spiegler und die Tiroler Paul Troger, Franz Anton und Johann Jakob Zeiller, Josef Haller und Christoph Anton Mayr.

Auch im Stift Wilten hat Wolfram Köberl seine künstlerischen Spuren hinterlassen. Im Zuge der Instandsetzung des im Krieg schwer beschädigten Norbertisaales hat er 1957 zwei vollständig zerstörte Deckenfresken erneuert: die Verleihung des Ordenskleides an den hl. Norbert und die Vorsprache Norberts beim deutschen Kaiser Lothar. In beiden Gemälden hat er zwar im Kolorit auf die Fresken Kaspar Waldmanns Rücksicht genommen, seinen unverkennbaren Malstil aber beibehalten. Auch die Außenarchitektur der großen Stiftskirche trägt seine Handschrift. Die rundbogigen Kirchenfenster hat er mit einer Architekturmalerei gerahmt und sich dabei an die in Spuren erhaltene, daher rekonstruierbare Originalfassung gehalten. In der Mitte der zum Kreuzgang gerichteten Südfassade platzierte er eine Sonnenuhr, die er signiert und datiert hat (1961). In der Kirche war er ebenfalls tätig. Im Aufsatz des Hochaltars hat er die Rückseite des salomonischen Throns mit einer

Illusionistische Architekturmalerei in der Stiftskirche Wilten, Wolfram Köberl

Johannes-Fresko, Westfassade der Pfarrkirche Ampass, Wolfram Köberl, 1961 illusionistischen Architekturmalerei versehen, sodaß sich die von Löwen besetzten Säulenreihen malerisch bis zum Altar fortsetzen, auf dem der Christkönig thront.

Auch in einigen Wiltener Pfarreien sind Werke von Wolfram Köberl zu finden. So hat er 1951 die figuralen Entwürfe für die Glasmalereifenster in der Pfarrkirche von Mutters geliefert, 1955 das Johannes-Fresko an der Fassade der Pfarrkirche von Ampass eneuert, 1963 die Stationsbilder in der alten Pfarrkirche von Hötting gemalt und 1992 das Herz-Jesu-Bild am Hochaltar der Wallfahrtskirche von Heiligwasser entworfen. 1986 versah er den gotischen Bildstock in Lans mit Bildern des hl. Ägidius und der hl. Notburga. Besonders bemerkenswert ist seine Arbeit in der Kirche von Judenstein, wo er 1989 das neue Hochaltarblatt (Mariae Heimsuchung) schuf und das barocke Deckenfresko Mildorfers (mit der Darstellung des angeblichen Ritualmordes) mit einer berührenden Darstellung „Jesus als Kinderfreund“ überdeckte und damit einen Schlußpunkt unter den leidigen Anderl-Kult setzte.

Wolfram Köberl war eine außerordentliche Persönlichkeit, ein musischer, humanistisch gebildeter Mensch, der die bildende Kunst und die Musik liebte, ein gläubiger Christ mit einem umfassenden theologischen Wissen, und ein eifriger Sammler von barocken Kunstwerken, wobei ihn nicht nur die großen Meister, sondern auch Zeugnisse der religiösen Volkskunst interessierten. Ein besonderes Nahverhältnis baute er zu den Heiligen der katholischen Kirche auf, er kannte deren Legenden und Attribute und galt als Fachmann für Ikonographie und Symbolik. Die Darstellungen der Muttergottes, der hl. Anna, und des hl. Johannes Nepomuk waren seine bevorzugten Motive.

Wegen seines traditionellen Malstils wird Wolfram Köberl vielfach als „letzter Barockmaler“ bezeichnet. In gewisser Weise trifft das auch zu. Aber in erster Linie ist beziehungsweise war er ein Künstler mit einem außerordentlichen technischen Können, mit einem virtuosen Pinselstrich und einem unvergleichlichen Farbgespür. Er hat die große Tradition der Tiroler Barockmalerei noch einmal aufleben lassen und sich mit seinen vielen Arbeiten große Anerkennung im In- und Ausland erworben.

Sonnenuhr, Stiftskirche Wilten, Wolfram Köberl, 1961

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