BILDUNGaktuell
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#06 12.06.2018
Flexibel, familienfreundlich, fleißig. Warum die Vereinbarkeit von Familie und Beruf immer wichtiger wird. Ab Seite 8
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„Optimismus ist genauso realistisch wie Pessimismus: Die wenigsten Ereignisse sind rein positiv oder rein negativ. Letztendlich entscheiden wir selbst, worauf wir uns fokussieren“, schreibt Mental-Trainerin Regina Swoboda. Und gibt fünf Tipps, die garantiert helfen, Grübeleien und negativem Denken ein Schnippchen zu schlagen. Ab Seite 3
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Mitarbeiter und Teams, die sich oder ihre Arbeit selbst organisieren, werden immer wichtiger. Welche Fähigkeiten es dafür braucht und wie Unternehmen die Voraussetzung für so ein Arbeiten schaffen, weiß Klaus Kissel. Finden Sie heraus, wie reif Ihr Team und Ihr Bereich für die Selbstorganisation ist und wie Sie persönlich mehr Selbstorganisation unterstützen können. Ab Seite 5
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„In allen Befragungen zum Thema Familienfreundlichkeit und Anliegen landen flexible Arbeitszeiten immer auf dem ersten Platz. Flexible Arbeitszeiten meint jedoch nicht zwangsläufig Teilzeit, sondern vor allem autonom gestaltbare Arbeitszeit“, schreibt Peter Rieder. Warum Familiensache auch Chefsache ist, lesen Sie ab Seite 8
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Denken Sie sich glücklich Warum Sie schlechte Laune akzeptieren und auf To-doListen lieber verzichten sollten. Fünf Tipps, die helfen, Grübeleien und negativem Denken ein Schnippchen zu schlagen. Von Regina Swoboda
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iele Menschen glauben positives Denken heißt, sich alles schön zu reden. Erst kürzlich habe ich einen Unternehmer sagen hören: „Wer positiv denkt, der bildet sich doch nur etwas ein!“ Weit gefehlt, das ist nur dann der Fall, wenn wir krampfhaft versuchen, etwas zu negieren bzw. nicht wahrhaben zu wollen. Denn positives Denken bedeutet nicht, dass wir die Realität oder die negativen Konsequenzen einer Situation komplett ausblenden oder sogar verleugnen.
pekte fokussieren und diese stärker wahrnehmen als die Negativen. Gerade auch in der Positiven Psychologie wird der Fokus nicht auf das Ausmerzen von Schwächen, sondern auf das Stärken von Stärken gelegt: Sich selbst etwas zuzutrauen und an eigene Erfolge und Möglichkeiten zu glauben, ist viel hilfreicher als Schwächen auszumerzen. Es geht dabei vielmehr um eine optimistische Grundhaltung – also das Glas halbvoll zu sehen – und nicht um das Verdrängen von Gefahren und Risiken.
Positives Denken heißt vielmehr, dass wir uns innerhalb einer Situation auf die positiven As-
Sigmund Freud meinte einst: „Die Absicht, dass der Mensch glücklich sei, ist im Plan der SchöpSeite 3
fung nicht enthalten.“ Was uns Freud damit sagen wollte, ist, dass unser Gehirn ein Überlebensorgan ist, das Gefahren aufspürt. Das heißt, wir richten unsere Aufmerksamkeit sowieso schon von Natur aus auf Risiken und Hindernisse. Verharren wir jedoch auf Dauer in dieser Haltung, dann kann dies sogar gesundheitliche Folgen haben. Denn andauerndes Grübeln ist ungesund: In einer Langzeitstudie der Universität Pittsburgh wurden rund 97.000 Frauen im Alter von 50 bis zu 79 Jahren 8 Jahre lang dahingehend beobachtet, wie sich die innere Einstellung auf die Gesundheit auswirkt. Die Ergebnisse waren verblüffend: Bei den Frauen, die eine positive Lebenseinstellung aufwiesen, war das Risiko für Herzerkrankungen deutlich geringer als bei den negativ eingestellten Probanden. Weiters litten die Optimistinnen seltener an Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck, hohen Cholesterinwerten und Depressionen als die Pessimistinnen. Optimismus ist genauso realistisch wie Pessimismus: Die wenigsten Ereignisse sind rein positiv oder rein negativ. Letztendlich entscheiden wir selbst, worauf wir uns fokussieren. Die negative Sichtweise gelingt uns von Natur aus allerdings leichter. Für das Fokussieren des Positiven bedarf es eines kontinuierlichen Trainings. Wir zeigen Ihnen 5 Tipps, wie Sie im Alltag Ihre Sichtweise rasch ändern können.
1. Akzeptieren Sie negative Gefühle und schlechte Laune Ja, Sie haben richtig gelesen: Schlechte Laune macht durchaus Sinn, denn sie warnt uns daBILDUNGaktuell 06/2018
Optimismus ist genauso realistisch wie Pessimismus: Die wenigsten Ereignisse sind rein positiv oder rein negativ. Letztendlich entscheiden wir selbst, worauf wir uns fokussieren. vor, dass wir eventuell gerade über unsere eigenen Grenzen gehen. In unserer „Happy-Gesellschaft“ trauen wir uns ja fast gar nicht mehr, schlecht gelaunt zu sein. Aber positiv zu denken bedeutet auch, das zu akzeptieren, was gerade ist. Gehen wir hier zu schnell wieder zu „Business as usual“ über, riskieren wir etwas zu verdrängen und dies ist eben so wenig gesund, wie wenn wir in die Negativspirale abdriften.
2. Spüren Sie negative Gedankenmuster auf Beobachten Sie sich selbst: Welche einschränkenden Gedanken kommen regelmäßig in Ihren Kopf? Die meisten von uns haben ihre „Dauerbrenner“ – Sätze wie z.B. „Das geht sich nie aus!“, oder „Das schaff ich nicht!“ oder „Irgendetwas geht immer schief!“ usw. abgespeichert. Verändern Sie in dieser Phase noch nichts – nehmen Sie diese Gedanken einfach nur wahr. Falls ein Gedanke öfter in Ihren Kopf kommt, dann notieren Sie diesen mal. Oft ist alleine das Bewusstmachen von negativen Gedankenmustern der Schlüssel zur Veränderung.
3. Verlassen Sie die Opferrolle Manchmal fühlen wir uns wie Opfer unserer Umstände und resignieren. Wir erkennen zwar die Situation, bleiben aber passiv und denken
„Dann ist es eben so“. Die positive Psychologie nennt dies die „erlernte Hilflosigkeit“. Positiv Denken bedeutet auch, dass Sie sich Ihrer Möglichkeiten, aber auch Ihrer Verantwortung bewusst sind. Überlegen Sie einmal: Welche Bereiche Ihres Lebens oder auch innerhalb Ihres Jobs können Sie eigentlich selbst gestalten? Wo gäbe es Potenzial, dass Sie Ihr Verhalten oder auch die Situation selbst so verändern, dass es Ihnen guttut? Verbannen Sie Gedanken wie z.B. „Ich muss damit leben“, sondern lassen Sie kräftigende Sätze wie „Ich kann es ändern“ oder „Es liegt in meiner Hand“ zu. Sie haben möglicherweise viel mehr Bereiche Ihres Lebens selbst in der Hand, als Ihnen im täglichen Handeln bewusst ist.
4. Korrigieren Sie 1x pro Tag bewusst Ihren Fokus Da Sie ja jetzt wissen, dass unser Gehirn eher dazu neigt, sich auf Gefahren zu fokussieren, unterstützt Sie diese kurze Übung dabei, den Fokus auf das Positive zu richten: Definieren Sie einen konkreten Zeitpunkt, also z.B. gleich nach dem Aufwachen, oder in der Mittagspause oder nach einem Meeting. Stellen Sie sich dann täglich zu diesem Zeitpunkt folgende Frage: Was ist JETZT gerade gut an diesem Moment? Manchmal wird es Ihnen leichtfallen, hier eine Antwort
parat zu haben. Manchmal kann es aber auch dauern, bis Sie eine Antwort finden – geben Sie sich Zeit, die Antwort kann manchmal auch erst nach ein paar Stunden kommen. In jedem Fall notieren Sie sich täglich diese eine Sache – je öfter sie dieses Ritual wiederholen, desto automatisierter wird es ablaufen – und desto leichter wird es Ihrem Gehirn fallen, den positiven Aspekt einer Sache zu sehen.
5. Behalten Sie Ihre Erfolge im Kopf! Wir alle haben unsere To-do-Listen mit noch nicht erledigten Dingen, obwohl aus dem Zeitmanagement mittlerweile bekannt ist, dass es gerade diese Listen sind, die uns suggerieren, dass wir nie fertig sind. Sie lösen also eher ein belastendes denn ein gutes Gefühl aus. Viel förderlicher für unser Gehirn sind sogenannte Erfolgslisten, also Listen mit Taten oder Aufgaben, die uns bereits gelungen sind. Schaffen Sie sich Ihre eigene Erfolgsliste! Fragen Sie sich: Was habe ich bisher in meinem Leben bereits erreicht? Was ist mir in diesem Job alles gelungen? Was habe ich diese Woche schon erledigt? Wer hat Sie diese Woche schon gelobt? Mit diesen und ähnlichen rücken Sie sich selbst wieder ins richtige Licht! Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Umsetzen! Mag. Regina Swoboda ist diplomierte Mentaltrainerin und Burnout-Prophylaxe-Trainerin. Sie leitet das Institut „mental erleben” und bildet Mental-Trainer und -Coaches aus. Klick! www.mentalerleben.at ÒÒ Seite 4
Anleitung zur Selbstorganisation
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Mitarbeiter und Teams, die sich oder ihre Arbeit selbst organisieren, werden immer wichtiger. Welche Fähigkeiten es dafür braucht und wie Unternehmen die Voraussetzung für so ein Arbeiten schaffen. Von Klaus Kissel
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Wie reif ist der Bereich für eine Selbstorganisation? Damit sich Mitarbeiter und Teams weitgehend selbstständig führen und organisieren, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein.
Doch Mitarbeiter und Teams, die sich und ihre Arbeit selbst organisieren können, fallen nicht vom Himmel: Sie entwickeln sich allmählich – zumindest, wenn das Ziel lautet: Die Mitarbeiter und Teams sollen nicht nur Routineaufgaben weitgehend eigeninitiativ und -verantwortlich erfüllen, sondern auch neue, herausfordernde Aufgaben, die man nicht nach dem gewohnten Schema F abarbeiten kann. Genau solche Mitarbeiter und Teams benötigen die Unternehmen zunehmend in der von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten VUCA-Welt – zumindest, wenn sie schnell und flexibel bzw. agil (um das aktuelle Modewort zu gebrauchen) auf Marktveränderungen und veränderte Kundenwünsche reagieren möchten und ihre Innovationskraft und -geschwindigkeit steigern möchten.
Wo ist eine höhere Agilität, Selbstorganisation nötig? Doch gilt das für alle Aufgaben? Nein! Denn auch in der VUCA-Welt gibt es in jedem Unternehmen Aufgaben, die wenn nicht nach Schema F, so doch nach definierten Standards erledigt werden müssen, damit zum Beispiel BILDUNGaktuell 06/2018
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elcher Mitarbeiter-Typ bereitet Führungskräften weniger Arbeit: Mitarbeiter, denen man permanent sagen muss „Tue dies und tue das“, oder Mitarbeiter, die sich und ihre Arbeit weitgehend selbst organisieren? Der letztgenannte Mitarbeiter-Typ selbstverständlich! Entsprechendes gilt für Teams.
die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden oder den Kunden zeit- und ortsunabhängig stets die gewünschte Qualität geliefert wird. Deshalb sollten Unternehmen, die beispielsweise ihre Agilität erhöhen möchten, um zukunftsfit zu sein, zunächst analysieren: In welchen Bereichen unserer Organisation ist zum Erfüllen welcher Aufgaben eine höhere Agilität von Nöten und müssen unsere Mitarbeiter und Teams deshalb über eine hohe Kompetenz zur Selbstorganisation und Selbstführung verfügen?
Wie reif ist der Bereich zur Selbstorganisation? Steht dies fest, sollte bezogen auf die betreffenden Bereiche analysiert werden: Wie reif ist der Bereich für eine Selbstorganisation? Denn damit sich dessen Mitarbeiter und Teams weitgehend selbstständig führen und organisieren, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein.
Voraussetzung 1: Die Mitarbeiter und Teams müssen dazu bereit und fähig sein, Verbesserungschancen eigenständig wahrzunehmen und zu nutzen. Entsprechendes gilt für Probleme, die letztlich stets Verbesserungs- und Lernchancen sind. Auch diese müssen sie in der Lage sein zu erkennen, deren Ursachen zu analysieren und zu lösen. Sonst überfordert sie die Aufforderung „Organisiert euch und eure Arbeit selbst“ – insbesondere, wenn zudem nicht die nötigen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Voraussetzung 2: In dem Bereich muss eine Vertrauenskultur bestehen – und zwar hierarchie- und funktionsübergreifend. So müssen die Führungskräfte unter anderem das Vertrauen haben, dass die Mitarbeiter und Teams über die Kompetenz verfügen, die ihnen übertragenen Aufgaben den angestrebten Zielen gemäß zu erfüllen. Sonst übertragen sie ihnen weder die Entscheidungs-, noch Handlungsbefugnis-
se, die sie für ein eigenständiges Handeln brauchen. Zudem müssen die Mitarbeiter darauf vertrauen, dass ihre (Team-)Kollegen die ihnen übertragenen (Teil-)Aufgaben wie vereinbart ausführen. Sonst sind Konflikte im Team, die zu Reibungs- und somit Effizienzverlusten führen, vorprogrammiert. Zugleich müssen jedoch die Mitarbeiter und Teams darauf vertrauen, dass ihre Vorgesetzten hinter ihnen stehen, und sie zum Beispiel, wenn sie beim Lösen eines Problems oder einer Aufgabe begründet vom gewohnten Vorgehen abweichen und scheitern, nicht sofort am Pranger stehen. Fehlt dieses Vertrauen werden sie zu Recht beim Lösen herausfordernder Aufgaben selten neue und somit risikobehaftete Wege gehen; oder sie stehen beim kleinsten Problem, wie gehabt, bei ihrer Führungskraft auf der Matte und fragen „Dürfen wir...“ oder „Sollen wir...“ – womit sich in der Organisation also nichts verändert hat. Seite 6
Voraussetzung 3: Eine weitere Grundvoraussetzung für Selbstorganisation ist, dass den Mitarbeitern beziehungsweise Teams alle für ein eigenständiges Entscheiden erforderlichen Infos zur Verfügung stehen. Dies bezieht sich nicht nur auf die nötigen Fach-, Markt- und Kundeninfos, sondern auch die Zielsetzungen des Unternehmens sowie die strategische Marschrichtung, die es bei deren Erreichung verfolgt. Möchte das Unternehmen zum Beispiel der Innovationsführer oder der Serviceführer oder der kostengünstigste Me-too-Anbieter in seinem Markt sein? Und bedeutet „Serviceführer sein“ für das Unternehmen, den Kunden die innovativsten Lösungen oder die umfassendsten Servicepakete oder die beste Kosten-NutzenRelation zu bieten? Fehlen den Mitarbeitern und Teams diese Infos, dann können sie oft nicht entscheiden, was es zu tun gilt, um die übergeordneten Ziele zu erreichen. Sie wissen auch nicht: Bei welchen Problemen beziehungsweise Entscheidungen sollten wir Rücksprache mit unseren Chefs halten, weil diese eventuell mit den Zielsetzungen und der Strategie des Unternehmens kollidieren? Das heißt, den Mitarbeitern und Teams fehlt im Arbeitsalltag die erforderliche Orientierung. Entsprechend zögerlich und vorsichtig agieren sie.
Selbstorganisation setzt einen Kulturwandel voraus Obige Ausführungen zeigen: Wollen Unternehmen die Selbstführung und -organisation in ihrer Organisation forcieren, dann muss sich in ihr BILDUNGaktuell 06/2018
in der Regel ein Kulturwandel vollziehen. Es genügt also nicht, die Prozesse zu verändern und solche Werkzeuge wie Scrum einzuführen, vielmehr muss sich das Mindset aller Betroffenen – bereichs-, funktions- und hierarchieübergreifend – und ihre Art, miteinander zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten, ändern. Ein solcher Change erfordert Zeit. Zudem gilt es bei ihm, wie bei allen Change-Prozessen, das berühmte Tal der Tränen zu durchschreiten, bei dem scheinbar alles schlechter als früher funktioniert, weil die Betroffenen oder Beteiligten noch keine Routine unter anderem in der neuen Art zusammenzuarbeiten, in der neuen Art zu kommunizieren, in der neuen Art, Entscheidungen zu treffen, und in der Handhabung der neuen Methoden und Tools gesammelt haben. Deshalb brauchen solche Changeprozesse nicht nur starke Promotoren auf der oberen Führungsebene von Unternehmen, sondern auch auf den ihnen nachgeordneten Ebenen. Denn die operativen Führungskräfte sind es in der Regel, die den Mitarbeitern und Teams im Arbeitsalltag die nötige Orientierung geben müssen und sie stets auf Neue, auch im Tal der Tränen, für die neue Form der (Zusammen-)Arbeit motivieren müssen – unter anderem, indem sie ihnen immer wieder vermitteln, warum sich ein Engagement für das Ziel „mehr Selbstführung und Selbstorganisation“ für die Mitarbeiter und das Unternehmen lohnt, und vor Augen führen, welch scheinbar kleinen, jedoch sichtbaren Erfolge auf dem Weg zum großen Ziel bereits erzielt wurden.
Arbeiten am System statt im System Dies ist keine leichte Aufgabe – zumal sich, wenn das Ziel mehr Selbstführung und Selbstorganisation lautet, auch das Selbstverständnis der Führungskräfte sowie ihr Führungsverhalten ändern muss. Noch führen viele Führungskräfte nach dem Prinzip „Führen im System“; das heißt, sie sehen ihre Kernaufgabe darin, Mitarbeiter anzuleiten, zu steuern und die fachliche Qualität ihrer Arbeit zu kontrollieren. Entsprechend groß ist ihre Arbeitsbelastung im Betriebsalltag. Diese Führungsarbeit gilt es zu minimieren, indem die Führungskräfte statt im System sozusagen am System arbeiten. Hierbei hat Führung vor allem folgende Funktionen: • die Rahmenbedingungen für eine Selbstorganisation und für ein selbstgesteuertes Arbeiten der Mitarbeiter und Teams schaffen, • den Mitarbeitern vermitteln, warum ein solches Arbeiten sinnvoll ist, • sie beim eigeninitiativen und -verantwortlichen Handeln coachend unterstützen und begleiten, • ihnen die hierfür erforderlichen Infos bereit und zur Verfügung stellen und • ihnen abgeleitet aus den Strategien sowie den übergeordneten Zielsetzungen des Unternehmens die Bedeutung ihres Tuns für den Unternehmenserfolg aufzeigen.
Selbstorganisation entlastet Führungskräfte Statt im System zu arbeiten, also sich weitgehend mit operativen Aufgaben zu befassen,
sollten die Führungskräfte also verstärkt am System arbeiten. Das heißt, sie sollten dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter eigenverantwortlich die ihnen übertragenen Aufgaben erfüllen können und die hierfür erforderlichen Rahmenbedingungen existieren. Für diese veränderten Führungsaufgaben müssen die Führungskräfte qualifiziert werden. Zudem sollten sie, solange bei ihnen noch nicht die erforderliche Verhaltenssicherheit besteht, beim Wahrnehmen dieser Aufgaben gecoacht werden. Für die Führungskräfte bedeutet der ChangeProzess in Richtung sich selbstorganisierender und -steuernder Mitarbeiter und Teams zunächst eine Mehrbelastung – auch in emotionaler Hinsicht – solange sie und ihre Mitarbeiter noch keine Routine in dieser Arbeitsform haben und sozusagen noch am Experimentieren sind. Mit der Zeit, wenn die gewünschte Verhaltenssicherheit entsteht, führt sie jedoch zu einer Entlastung. Denn je stärker ihre Mitarbeiter das eigenverantwortliche und -initiative Arbeiten verinnerlicht haben und je stärker sie in der Lage sind, sich selbst zu führen und organisieren, umso komplexere Aufgaben können die Führungskräfte ihnen zum eigenständigen Bearbeiten übertragen. Und umso seltener müssen sie als „Troubleshooter“ korrigierend eingreifen. Klaus Kissel ist Geschäftsführer des ifsm Institut für Sales- und Managementberatung. Er ist Autor des Buchs „Das Prinzip der minimalen Führung“. Klick! www.ifsm-online.com ÒÒ Seite 7
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Karriere mit Kind Familiensache ist auch Chefsache. Wie Führungskräfte die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für ihre Beschäftigten verbessern können. Von Peter Rieder
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as macht Unternehmen zu attraktiven Arbeitgebern? Diese Frage beschäftigt angesichts des deutlich spürbaren Mangels an Personal wohl viele Betriebe und Organisationen. Eine zentrale Rolle bei der Beantwortung dieser Frage spielt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die wie kaum ein anderer Faktor Unternehmen attraktiv macht. Auf dem Weg zu mehr Familienfreundlichkeit im Betrieb gibt es viele Ansatzpunkte. Einige möchte ich Ihnen hier vorstellen.
Attraktivität, weniger Fehlzeiten und Fluktuation, besseres Image – es gibt viele Gründe Warum es für Unternehmen sinnvoll ist, sich aktiv mit der Verbesserung der Vereinbarkeit auseinanderzusetzen, zeigen zahlreiche Untersuchungen und Befragungen deutlich. Erst 2017 wurden in einer großen Studierendenbefragung beispielsweise über 145.000 Wirtschaftsstudierende in den zwölf größten Industrienationen der Welt zu ihren BILDUNGaktuell 06/2018
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Karrierezielen befragt. „To have a good worklife-balance“ landete dabei erneut mit 53% auf dem ersten Platz – in 10 der 12 Nationen! Wir haben es mit einer neuen Generation von Arbeitnehmern zu tun, die neben anspruchsvollen Aufgaben vor allem auch ausreichend Zeit für außerberufliche Interessen haben möchten. Die Absolventenbefragung der JKU in Linz kam 2013 zu genau dem gleichen Ergebnis. Attraktivität ist ein wesentlicher Faktor. Bleibt jedoch die Frage, wie sich Familienfreundlichkeit im Betrieb auswirkt. Zugegebenermaßen kein ganz leichtes Forschungsfeld. Eine Untersuchung des Österr. Instituts für Familienforschung , die im April 2018 veröffentlicht wurde, hat zahlreiche Unternehmen untersucht, die am Audit berufundfamilie teilgenommen haben. Die von den Unternehmen genannten positiven Ergebnisse waren eindeutig: Verbesserung der Arbeitszufriedenheit und des Images, Verbesserung des Wiedereinstiegs und mehr Attraktivität vor allem für Mitarbeiterinnen. Eine Studie aus 2012 hat die Effekte sogar berechnet. Dabei hatten familienfreundliche Unternehmen um 19% weniger Fehltage, 21% weniger Fluktuation oder um über 10% höhere Motivation und Produktivität.
Ansätze für Führungskräfte Was aber soll ein Unternehmen nun konkret tun, um die Vereinbarkeit zu verbessern? Was sollten Führungskräfte als erstes angehen? Hier die Top 5 der Ansatzpunkte, die uns im Audit berufundfamilie immer wieder begegnen und die besten Erfolge bringen. BILDUNGaktuell 06/2018
In allen Befragungen zum Thema Familienfreundlichkeit und Anliegen landen flexible Arbeitszeiten immer auf dem ersten Platz. Flexible Arbeitszeiten meint jedoch nicht zwangsläufig Teilzeit, sondern vor allem autonom gestaltbare Arbeitszeit. Platz 1: Flexible Arbeitszeiten In allen Befragungen zum Thema Familienfreundlichkeit und Anliegen landen flexible Arbeitszeiten immer auf dem ersten Platz. Flexible Arbeitszeiten meint jedoch nicht zwangsläufig Teilzeit, sondern vor allem autonom gestaltbare Arbeitszeit. Beschäftigte, die die Möglichkeit haben, außerberufliche Interessen und Bedürfnisse gut mit ihrer Arbeit verbinden zu können, weil sie etwa selbst Arbeitszeiten verlagern können und dabei wenig kontrolliert werden, sind nachweislich zufriedener. Das hat auch die oben zitierte ÖIF Studie gezeigt.
Platz 2: Verständnis der Führungskräfte Es ist keine Maßnahme im klassischen Sinne, jedoch einer der wesentlichsten Faktoren im Bereich Familienfreundlichkeit: Das Verständnis der Führungskräfte für außerberufliche Interessen, Notlagen und Bedürfnisse. Wenn Führungskräfte mit den Anliegen ihrer Beschäftigten (von der Meldung einer Schwangerschaft, über die Notwendigkeit einer Pflegefreistellung oder dem Wunsch nach aktiver Vaterschaft) professionell umgehen, dann wird das Unternehmen rasch als Familienfreundlich wahrgenommen. Gelingt dies aber nicht, dann füh-
ren auch andere, vielleicht medienwirksamere, Maßnahmen nicht dazu, dass die Beschäftigten mit der Familienfreundlichkeit zufrieden sind. Viele Unternehmen tun also gut daran, ihre Führungskräfte ausreichend zu sensibilisieren, aber diese auch ausreichend arbeitsrechtlich fit zu machen, sodass sie ihre Handlungsspielräume gut nutzen können.
Platz 3: Temporäre Kinderbetreuung Es gibt in Betrieben wenige Aktivitäten, die so stark und schnell mit Familienfreundlichkeit in Verbindung gebracht werden, wie Kinderbetreuung. Dabei geht es aber weniger um den Betriebskindergarten, der nicht nur Vorteile bringt, sondern vor allem um Angebote in den Ferien oder zu schulfreien Zeiten. Diese werden von Eltern schulpflichtiger Kinder besonders geschätzt und tragen stark zu einem familienfreundlichen Image bei.
Platz 4: Berücksichtigen von Lebensphasen Ein leichter Wechsel von Vollzeit auf Teilzeit und zurück, je nachdem was gerade in einer Lebensphase benötigt wird, wird vielfach als besonders attraktiv wahrgenommen. Unternehmen, die es sich zu eigen machen, Arbeitszeitaus-
maße immer wieder neu zu definieren, helfen so Beschäftigten, die etwa Pflegeverpflichtungen haben, Eltern, aber auch Personen, die aus anderen Gründen eine Veränderung ihrer Arbeitszeit wünschen. Vielfach herrscht in Betrieben eine verfestigte Vollzeitkultur vor, die aber gerade in der modernen Arbeitswelt zunehmend als unattraktiv erlebt wird.
Platz 5: Aktives Karenzmanagement Kaum ein Unternehmen ist nicht durch das Managen von Elternschaft und Rückkehr gefordert. Ein aktives Karenzmanagement, in dem Beschäftigte auch während der Karenz gut eingebunden sind, in denen sich Führungskräfte auch für jene verantwortlich fühlen, die gerade nicht anwesend sind und aktiv und rechtzeitig mit diesen die Rückkehr planen, macht den Wiedereinstieg für alle Beteiligten leichter. Weg vom bloßen Reagieren, hin zu einer echten Partnerschaft, die auch während einer Auszeit bestehen bleibt. Das sollte das Motto jedes familienfreundlichen Unternehmens sein. Mag.(FH) Peter Rieder ist als Berater spezialisiert auf die Bereiche Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Diversity Management. Seminartipp: Employer Branding Mit Familienfreundlichkeit als attraktiver Arbeitgeber punkten Termin: 23.11.2018 / Ort: WIFI Management Forum am wkocampuswien Klick! www.arbeitswelten.at ÒÒ Klick! www.wifi.at/managementforum ÒÒ Seite 9
Geschäftsreisen. Travel Management. Airlines. Hotels.
Was Business Traveller und Frequent Flyer wissen sollten.
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