BILDUNGaktuell
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#07 14.07.2015
Ob Manipulation oder Suggestion – so können Sie andere Menschen positiv motivieren Ein Medienprodukt der karp | communication company
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EMOTIONEN BEEINFLUSSEN
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„Führen ohne Sinn ist sinnlos“, weiß Uwe Reusche. Doch in vielen großen und kleinen Unternehmen kommt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zunehmend die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit abhanden. Was ist zu tun in den Unternehmen? Reusche ist davon überzeugt, dass Motivation heute im Wesentlichen über eine besondere Art der Führung geht. Was diese mit Grundbedürfnissen zu tun hat und welche Rolle Autonomie, Selbstwirksamkeit und Anerkennung dabei spielen, erklärt er ab Seite 3
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Eine gute Gesprächsvorbereitung kann bei Verhandlungen und Besprechungen Frust ersparen. Gerade wenn man verbal angegriffen wird oder überraschende Fragen Antworten fordern. Experte Ingo Vogel rät: „Überlegen Sie nicht nur, was Sie sagen möchten, sondern auch, was Ihre Gesprächspartner erwidern könnten und wie Sie darauf reagieren.“ Zudem gibt Vogel in seinem Artikel Beispielsätze an die Hand, die Sie bei nächster Gelegenheit im Gespräch ausprobieren können. Ab Seite 6 „Sie manipulieren, ob Sie wollen oder nicht. Sobald Sie einen Raum nur betreten, in dem sich Mitarbeiter befinden, verändern Sie die Stimmung erheblich“, schreibt Winfried Schröter. Deshalb, so plädiert der Coach weiter, gehe es in der Führung darum, diese Fähigkeit, etwa durch Suggestion, richtig einzusetzen. Warum die innere Haltung dabei so wichtig ist, und warum Führung besser funktioniert, wenn man von seinem Team überzeugt ist, verrät der Experte und Buchautor ab Seite 8 Impressum Medieninhaber &Herausgeber: Alexander Karp karp | communication company Siegfriedgasse 52/19, 1210 Wien Redaktion & Anzeigenverwaltung: E-Mail: redaktion@bildungaktuell.at Web: www.bildungaktuell.at
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VOM SINN DER ARBEIT
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Welchen Wert hat meine Arbeit? Auf diese Frage haben immer mehr Menschen in großen und kleinen Unternehmen keine befriedigende Antwort mehr. Warum die Sinnstiftung zunehmend zur Führungsaufgabe wird und wie Chefs diese umsetzen können, analysiert Uwe Reusche
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Immaterielle Werte schaffen materielle Werte Dieser vermeintliche oder reale Werteverfall wirkt auf die Mitarbeiter zurück. Sie fragen sich zunehmend: Was ist der Sinn meiner Arbeit? Kann er ausschließlich darin bestehen, die Umsatzrendite meines Arbeitgebers zu steigern und die Vermögen ohnehin gut betuchBILDUNGaktuell 07/2015
materielle Werte – durch ihre Strahlkraft nach innen und Wirkung nach außen. Doch können Unternehmen und ihre Führungskräfte im Betriebsalltag überhaupt sinnstiftend wirken? Vier Thesen hierzu.
den. Ein sinnvolles Leben erwächst laut Frankl aus sinnvollen Momenten. Solche Momente können unter anderem daraus resultieren, dass wir etwas Nützliches für andere Menschen/die Gesellschaft tun, » Freude an unseren zwischenmenschlichen Beziehungen haben und/oder » in einem Umfeld arbeiten, welches wir als sinnstiftend erfahren. » Der Wunsch, etwas Sinnvolles zu tun, ist dem Menschen angeboren und gründet auf einer universellen Ethik. Nur wenn wir im Einklang mit den Werten handeln, die wir aufgrund unseres Welt- und Selbstbilds als gerecht empfinden, erfahren wir unser Tun als sinnvoll.
These 1: Das Streben nach Sinn ist in uns Menschen verankert.
These 2: Eine extrinsische Dauermotivation ist sinnlos.
Der österreichische Psychiater Viktor Frankl betrachtet das Streben nach Sinn im Leben und Tun als primäre Motivationskraft der Menschen. Frankls Logotherapie basiert auf drei Annahmen. » Freiheit des menschlichen Willens: Der Mensch hat einen freien Willen, und jeder Mensch ist frei, seine innere Haltung, zu dem, was in seiner Umwelt geschieht, zu wählen. Diese Annahme fußt auf Frankls Erlebnissen in einem NS-Konzentrationslager, in dem er aller äußeren Freiheiten beraubt war. Was ihm blieb, war seine innere Freiheit, seine Einstellung und Haltung gegenüber den äußeren Gegebenheiten selbst zu wählen – was letztlich sein Überleben ermöglichte. » Der Sinn im Leben beruht auf dauerhaften Werten und diese kann jedes Individuum fin-
Wenn das Streben nach Sinn die primäre Motivationskraft von Menschen ist, dann bringt eine permanente Top-down-Motivation der Mitarbeiter durch ihre Führungskräfte wenig. Trotzdem ist sie in den Unternehmen gängige Praxis. Denn viele Manager haben den Glaubenssatz verinnerlicht: Ich muss meine Mitarbeiter regelmäßig neu motivieren, damit sie die gewünschte Leistung bringen. Eine solche extrinsische Motivation hilft manchen Menschen, persönliche Hürden zu überwinden. Sie geht jedoch davon aus, dass die Mitarbeiter ihre Arbeit grundsätzlich als Last empfinden und bei ihnen grundsätzlich ein Motivationsdefizit besteht, weshalb sie dauerhaft einer Motivation von außen bedürfen. Also entwickeln viele Unternehmen immer neue und stets aufwändigere Anreizsysteme, »
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Für viele Unternehmen gilt: Ihr Markt wird immer härter und die Rahmenbedingungen ihres Handelns ändern sich in zunehmender Geschwindigkeit. Also müssen sie sich laufend neu definieren und ihre Strategien neu justieren. Das ist eine schwierige Managementaufgabe – auch weil unvorhergesehene Ereignisse oft die Planungen torpedieren. Deshalb nehmen die Mitarbeiter das Managementhandeln häufig nur noch als Schlingerkurs wahr. Und weil sie sich nicht ausreichend informiert und als Person gewertschätzt fühlen, verlieren sie zunehmend den Glauben an die Sinnhaftigkeit ihres Tuns. Besonders ausprägt ist dieses Phänomen in den Unternehmen, in denen die Mitarbeiter, zuweilen begründet, einen Wertefall bei ihren Arbeitgebern spüren – wie zum Beispiel bei manchen Banken. Sie waren früher ein Sinnbild für ehrenhaftes Verhalten. Entsprechend stolz waren ihre Mitarbeiter, für sie zu arbeiten. Heute hingegen stehen dieselben Unternehmen nicht selten gesellschaftlich am Pranger – zum Beispiel, weil sie vermögende Kunden systematisch beim Steuerbetrug unterstützten oder gar kriminelle Handlungen begingen, wie den Libor und Euribor zu manipulieren.
Menschen mitnehmen und ihnen Orientierung geben – und zwar indem man für sie erfahrbar macht, welchen Beitrag sie zu einem größeren Ganzen leisten. Uwe Reusche ter Kapitalgeber zu mehren? Verschafft mir das auf Dauer Erfüllung und Befriedigung? Nicht, selten lautet die (unausgesprochene) Antwort: nein. Mit der Folge, dass die Mitarbeiter sich nur noch bedingt mit ihrem Arbeitgeber und dessen Zielen identifizieren, weil hinter all ihrem Tun die nicht beantwortete Sinnfrage steht. Also sinkt auch ihr Engagement. Deshalb sollten sich Unternehmen intensiv mit dem Thema Sinn, sprich Werte, befassen. Denn die Antworten auf diese Frage beeinflussen die Unternehmenskultur und somit die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter. Und diese Faktoren wirken sich wiederum auf die Produktivität und somit Rendite aus. Oder anders formuliert: Die immateriellen Werte schaffen
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deren Wirkung meist rasch verpufft. Denn solche Systeme beantworten die Sinnfrage nicht.
These 3: Führen ohne Sinn ist sinnlos. Führen im Business-Kontext bedeutet stets auch: Menschen mitnehmen und ihnen Orientierung geben – und zwar indem man für sie erfahrbar macht, welchen Beitrag sie zu einem größeren Ganzen leisten. Dieses Bewusstsein geht Mitarbeitern gerade in einem Umfeld, in dem das bisherige Handeln (regelmäßig) auf dem Prüfstand steht, oft verloren. Also taucht die Frage auf: „Was soll das Ganze?“ Finden oder erhalten die Mitarbeiter hierauf keine befriedigende Antwort, sinken ihre Motivation und Arbeitsmoral. Eine sinnstiftende Führung bezieht die Mitarbeiter ein. Sie versucht zum Beispiel bei geplanten Änderungen, den Mitarbeitern abgeleitet vom Unternehmenszweck den Sinnzusammenhang zu vermitteln. Das heißt: Sie informiert die Mitarbeiter nicht nur über solch unternehmerische Ziele wie „Wir wollen Marktführer werden“ oder „… eine Umsatzrendite von 15 Prozent erzielen“. Denn dies allein ist nicht sinnstiftend. Sinn entsteht erst, wenn die Mitarbeiter erkennen, inwieweit das Erreichen besagter Ziele den Unternehmenszweck unterstützt – also einen Beitrag zum Wohl eines größeren Ganzen leistet.
These 4: Menschen wollen „Spuren“ hinterlassen. Der Selbstbestimmungstheorie (Self-Determination Theory) der beiden US-amerikanischen Psychologen Richard M. Ryan und Edward L. BILDUNGaktuell 07/2015
Deci zufolge gibt es drei menschliche Grundmotive, die zu einer intrinsischen Motivation einer Person führen, so dass diese Handlungen um ihrer selbst willen ausführt. » Autonomie: Menschen wollen etwas eigenständig gestalten. Wenn Führungskräfte ihre Mitarbeiter in deren Autonomiebestreben fördern, so dass sie erkennbar einen eigenen Beitrag beispielsweise zum Erfolg des Unternehmens leisten können, dann stellt sich bei ihnen das Gefühl von Sinn ein. » Selbstwirksamkeit: Menschen möchten, dass das, was sie tun, wahrgenommen wird. Sie wollen eine Rückmeldung ihrer Umwelt, ein Feedback. Und das nicht nur bezogen auf „gut/ schlecht“, sondern auch auf den Wert, den sie und ihr Tun für das große Ganze haben. » Beziehung: Menschen streben nach innigen Beziehungen. Sie wollen von den Personen in ihrem Umfeld Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Anerkennung erfahren. Dasselbe gilt für ihr Tun. Wenn Führungskräfte bei ihrer Führungsarbeit diese drei Grundbedürfnisse von Mitarbeitern beachten und für sie erfahrbar machen, welche Bedeutung ihr Tun für das große Ganze hat, dann stellt sich bei ihnen auch das Erlebnis von Sinn ein. Also möchten sie ihren Beitrag zum Wohl des Ganzen leisten. Das heißt: Ihre intrinsische Motivation ist angesprungen. ■ Uwe Reusche ist einer der beiden Geschäftsführer des ifsm – Institut für Sales- und Managementberatung. Klick! www.ifsm-online.com ÒÒ Seite 5
Die richtigen Worte finden
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„Hätte ich doch so reagiert ...“ oder „Hätte ich doch geantwortet, dass ...“ Im Nachhinein ist man immer klüger. Gezielte Gesprächsvorbereitung kann helfen, Rede und Antwort in den Griff zu bekommen. Von Ingo Vogel
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Teambesprechung am Montagmorgen: Verkäufer Mayer ist nach einem relaxten Wochenende topgelaunt. Entsprechend entspannt berichtet er, wie viele Abschlüsse er in der Vorwoche erzielte und welche Aktivitäten er plane. Da passiert es: „Machen Sie sich nichts vor. Ihre Zahlen sind schlecht“, raunzt ihn sein Chef aus heiterem Himmel an. Die verbale Ohrfeige sitzt. Mayer ist sprachlos. Hilflos sucht er nach einer Rechtfertigung. Mit rotem Kopf stammelt er: „Aber ich habe doch ...“ In einem Gespräch nach einem Einwand oder verbalen Angriff „auf dem Schlauch“ zu stehen, eventuell sogar vor versammelter Mannschaft, ist für viele Menschen ein Albtraum. Zumal sie wissen: Kaum ist das Gespräch vorbei, fallen mir die klügsten Antworten ein. Doch viele berufliche Gespräche, seien es Bewerbungs- oder Verkaufsgespräche, Team- oder Projektbesprechungen, gleichen einer Prüfung. Was uns danach einfällt, nützt uns nichts mehr. Umgekehrt gilt: Gut vorbereitet ist halb „bestanden“. Entsprechend gezielt sollten Sie sich auf wichtige Gespräche vorbereiten. Überlegen Sie nicht nur, was Sie sagen möchten, sondern auch, was Ihre Gesprächspartner erwidern könnten und wie Sie darauf reagieren.
Ruhig Blut bewahren und sachlich bleiben Beim Vorbereiten gilt es zwischen Einwänden und verbalen Attacken zu unterscheiden. Einwände wie „Das klappt nicht“ oder „Das ist zu teuer“ haben einen rationalen Grund – entsprechend werden sie vorgetragen. Etwas anders verhält es sich mit verbalen Attacken wie „Sie BILDUNGaktuell 07/2015
haben keine Ahnung“ oder „Ihr Verkäufer verspricht immer viel, aber...“. Sie erfolgen meist unverhofft und bei ihnen stehen die Emotionen zentral – selbst wenn sie eine rationale Ursache haben. Also ist eine andere Reaktion angesagt. Bei verbalen Attacken lautet die Maxime: Ruhig Blut bewahren und versuchen, das Gespräch auf eine sachliche Ebene zurückzuführen. Denn was nutzt es Ihnen, wenn Sie zum Beispiel auf die Aussage Ihres Chefs „Sie haben keine Ahnung“ erwidern „Wie Sie“? Wenig! Dann müssen Sie sich vermutlich einen neuen Job suchen. Ähnlich verhält es sich, wenn ein Kunde Ihre Seriosität als Verkäufer anzweifelt. Dann sollten Sie nicht zurückblaffen „Ich verbitte mir diese Unverschämtheit“, denn dann eskaliert die Situation. Und Ihr Ziel, dem Kunden etwas zu verkaufen? Das erreichen Sie nicht. Atmen Sie deshalb, wenn jemand Sie verbal attackiert, zunächst tief durch und fragen Sie dann zum Beispiel ganz sachlich: „Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?“ Oder sagen Sie, wenn ein Kunde Ihre Seriosität anzweifelt: „Es tut mir leid, dass Sie so schlechte Erfahrungen mit Verkäufern gesammelt haben. Was haben Sie konkret erlebt?“ Hierdurch veranlassen Sie Ihren Partner, seine Aussage rational zu begründen. Wenn Sie so reagieren, wird Ihr Gesprächspartner eine der folgenden Reaktionen zeigen: Reaktion 1: Er merkt, dass er sich im Ton vergriffen hat – zum Beispiel, weil er am Morgen mit dem falschen Fuß aufstand. Dann entschuldigt er sich entweder oder er relativiert zumindest seine Aussage: „So war das nicht gemeint.“ Reaktion 2: Er begründet seinen Verbalangriff.
Zum Beispiel damit, dass ein ähnliches Projekt bereits scheiterte. Oder damit, dass ein Kollege von Ihnen eine Zusage nicht einhielt. Ihr Gesprächspartner nennt Ihnen also einen rationalen Grund beziehungsweise Einwand. Und diesen können Sie entkräften – wenn Sie darauf vorbereitet sind.
Sich vorab passende Antworten überlegen Zuhilfe kommt Ihnen dabei, dass die meisten Einwände immer wieder auftauchen. Bei Verkaufsgesprächen ist ein Klassiker „Das ist zu teuer“. Und bei Team- und Mitarbeiterbesprechungen lautet ein häufiger Einwand „Das haben wir noch nie gemacht“. Oder: „Dafür habe ich keine Zeit.“ Und wenn Sie Ihren Chef um ein höheres Gehalt bitten, antwortet er wahrscheinlich „Unsere Ertragslage ist schlecht“ oder „Das sprengt unser Gehaltsgefüge“. Die meisten Einwände sind somit vorhersehbar. Also können Sie sich vorab passende Antworten beziehungsweise Reaktionen überlegen. Beim Vorbereiten auf mögliche Einwände sollten Sie sich vor Augen führen: Einwände bedeuten meist kein grundsätzliches Nein. Für ihre Gesprächspartner existieren nur (noch) nicht die Rahmenbedingungen für ein Ja. Also sollten Sie ausloten, unter welchen Bedingungen ein Ja möglich wäre. Dann können Sie eine passende Argumentation entwickeln.
Bedingungen für ein Ja ausloten Zuweilen lassen sich die Bedingungen für ein Ja vorab nicht ermitteln. Dann sollten Sie dies im Gespräch tun. Ein Beispiel. Ein Kollege erwi-
dert in einem Meeting auf einen Vorschlag von Ihnen „Das haben wir so noch nie gemacht“. Dann könnte Ihre Antwort lauten: „Ich verstehe, dass mein Vorschlag bei Ihnen auf Vorbehalte stößt, weil ... Unter welchen Prämissen wäre er für Sie realisierbar?“ Ein weiteres Beispiel: Ihr Chef erwidert auf Ihren Wunsch nach mehr Geld „Unsere Ertragslage ist schlecht“. Dann könnte Ihre Antwort lauten: „Ich weiß, dass unsere Erträge besser sein könnte. Was muss ich tun, damit eine Gehaltserhöhung trotzdem möglich ist?“ Indem Sie so vorgehen, sorgen Sie dafür, dass Sie mit Ihrem Gesprächspartner nicht mehr über Ihren Vorschlag an sich diskutieren, sondern darüber unter welchen Voraussetzungen er realisierbar wäre? Solche Reaktionsmuster fallen Ihnen im Gespräch selbst, wenn Sie nervös sind und spontan reagieren müssen, meist nicht ein. Deshalb sollten Sie sich diese und die Argumente, mit denen Sie die Einwände entkräften, vorab zurechtlegen. Sie sehen: Eine gezielte Gesprächsvorbereitung ist, wenn es um das Reagieren auf Einwände und verbale Attacken geht, die halbe Miete. Investieren Sie also viel Zeit in sie. ■ Ingo Vogel gilt als Experte für Emotionales Verkaufen. Seit fast 20 Jahren begeistert und motiviert er seine Kunden als Verkaufstrainer und Keynote-Speaker. Er ist unter anderem Autor der Bücher „Top-Emotional Selling – Die 7 Geheimnisse der Spitzenverkäufer“ und „Das LustPrinzip: Emotionen als Karrierefaktor“. Klick! www.ingovogel.de ÒÒ Seite 7
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FÜHREN
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Wer Führungskraft ist, sollte die Fähigkeit beherrschen, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter positiv zu beeinflussen. Warum es dafür die richtige innere Haltung braucht, weiß Winfried Schröter Seite 8
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Sie manipulieren, ob Sie wollen oder nicht. Sobald Sie einen Raum nur betreten, in dem sich Mitarbeiter befinden, verändern Sie die Stimmung erheblich. Winfried Schröter
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Es war ein Montagmorgen, 8:45 Uhr. Fünfzig Führungskräfte eines Unternehmens betraten nacheinander den Saal und suchten sich einen geeigneten Platz, um dem Seminar bestmöglich folgen zu können. Vier Tage Training standen den Köpfen des Unternehmens bevor. Es war von den drei Vorständen angesetzt worden, um die Stimmung der 3.000 Mitarbeiter im Unternehmen zu verbessern. Ich begann das Seminar mit der Begrüßung und anschließend folgenden Worten: „Ich blicke hier in Gesichter mit unterschiedlichem Erfahrungsstand. Sicher wissen einige von Ihnen, dass Ihnen dieses Seminar wertvolle Erkenntnisse liefern wird, die Ihnen die Personalführung erleichtert und mit denen Sie somit viel Zeit sparen können. Andere von Ihnen, die schon lange als Vorgesetzte tätig sind, vermuten vielleicht, dass diese vier Tage verschwendete Zeit sein könnten. Speziell für diese Führungskräfte habe ich mit der Unternehmensspitze etwas ausgehandelt. Ich habe mit Ihren drei Vorständen vereinbart, dass Sie in der Mittagspause das Seminarhotel verlassen dürfen, wenn Sie bis dahin nicht davon überzeugt sind, dass dieses Seminar Ihre Tätigkeit als Führungskraft erleichtern und vereinfachen wird. Sie melden sich bei mir persönlich ab und gehen an Ihren Arbeitsplatz zurück. Aber, Achtung: Ich möchte nicht, dass irgendjemand von Ihnen denjenigen verurteilt, der diese Veranstaltung verlässt. Denn das ist sein gutes Recht! Ich habe es extra für Sie mit der Unternehmensleitung ausgehandelt!“ Danach begann ich mein Seminar. Was glauben Sie, liebe Leserinnen und Leser, wie viele
Führungskräfte nach dem Mittagessen gegangen sind? Richtig: Nicht eine einzige! Lag es daran, dass ich bahnbrechend Neues in den ersten Stunden vermittelte? War es meine unnachahmliche Art zu referieren? Sie werden im Verlaufe dieses Moduls verstehen, welche magische Kraft in Ihrer Präsentation liegt und wie Sie Ihre Glaubwürdigkeit erhöhen können. Sie lernen die Geheimnisse, Menschen zu lenken, und wie sie Ihnen folgen werden – einfach so. Sie manipulieren, ob Sie wollen oder nicht. Sobald Sie einen Raum nur betreten, in dem sich Mitarbeiter befinden, verändern Sie die Stimmung erheblich. Um es mit ähnlichen Worten wie Paul Watzlawick auszudrücken: Sie können nicht „nicht manipulieren“. Auf den kommenden Seiten erfahren Sie, welchen Vorteil es Ihnen bringt, wenn Sie genau das lernen. Es ist mir gleich, wie Sie es nennen: Manipulation, Motivation, Beeinflussung, Lenken, Suggerieren, Hypnotisieren oder einfach Einflussnehmen auf die Gedanken Ihrer Mitarbeiter. Sie lernen außerdem, wie verantwortungsvoll es sein kann, Ihren Einfluss zu nutzen, wenn Sie es
richtig machen. Denn Ihre Mitarbeiter werden zufriedener und glücklicher ihre Arbeit verrichten können. Stellen Sie sich vor, dass Sie etwas anordnen und Ihre Mitarbeiter führen es ohne innere Widerstände und mit der vollen Überzeugung aus, das Richtige zu tun. Ist das für Sie interessant?
Weshalb extrinsische Motivation nicht zu besseren Ergebnissen führt In den Anfängen der Verhaltenspsychologie haben Wissenschaftler vor langer Zeit Versuche mit hüpfenden Flöhen gemacht. Die Versuchsflöhe sprangen aus dem Stand bis zu 60 Zentimeter hoch. Für einen Versuch sperrten die Wissenschaftler einige Flöhe in ein Schraubglas. Die Flöhe sprangen wieder in die Höhe. Doch sie stießen immer hörbar an den fest verschraubten Deckel des Glases. Nach einer Weile sprangen die Flöhe im Glas nicht mehr so hoch und hüpften nur noch bis kurz unter den Deckel. Nach ein paar Stunden schraubten die Wissenschaftler den Deckel ab und entließen die hüpfenden Flöhe. Interessanterweise sprangen diese Flöhe nicht mehr bis zu 60 Zen-
timeter hoch wie ihre Artgenossen, sondern nur noch so hoch, wie sie es im Glas konnten. Sie waren konditioniert. Genauso sind wir alle auf irgendeine Art gedeckelt. Viele erlebte Misserfolge und Zurechtweisungen führen irgendwann dazu, dass unsere Kreativität und Neugier nachlassen. Natürlich werden auch Ihre Mitarbeiter gedeckelt und springen im übertragenen Sinne nur noch bis zu einer bestimmten Höhe. Motivationsversuche Ihrerseits bringen da nur wenig. Möglich, dass Ihre Mitarbeiter durch eine extrinsische, also von außen gesteuerte, Motivation etwas schneller hüpfen –, aber niemals höher. Heutzutage ist unsere Gesellschaft über sämtliche Soft Skills informiert, sodass jeder Mitarbeiter sofort merkt, wenn ein Chef durch extrinsische Motivation zu einer Verhaltensänderung bewegen möchte. Plumpe Motivationsversuche, die offensichtlich nur die Bedürfnisse des Chefs befriedigen, werden als Manipulation gewertet. Die Wirkung schlägt dann ins Gegenteil um. Ich habe dieses Modul geschrieben, um Ihnen aufzuzeigen, dass Sie trotzdem immer Möglichkeiten haben, Einfluss zu nehmen. » Seite 9
Das Wort Suggestion lässt sich auf das lateinische Wort suggestio zurückführen und bedeutet so viel wie Hinzuführung, Eingebung oder Einflüsterung. Suggestionen sind also Sinneswahrnehmungen, die unser Denken, Fühlen und Handeln beeinflussen. Lesen Sie die Worte: Schwarzwälder Kirschtorte, dürfte Ihnen das Wasser im Mund zusammenlaufen, wenn Sie diese Torte mögen. Haben Sie hingegen eine Allergie gegen Sahnetorten oder Kirschen oder mögen Sie sie nicht besonders, löst der Gedanke daran eher Stress bei Ihnen aus. Suggestionen setzen Erinnerungen frei, die eine individuelle Reaktion auslösen. Je nachdem, welche Erfahrung Sie mit einer Suggestion verbinden, ändern sich schlagartig Ihre Gefühle. Suggestionen wecken also alte Erinnerungen, sogenannte Assoziationen. Lösen Sie bei sich selbst eine Suggestion aus, nennen wir das Autosuggestion. Im Mentaltraining beispielsweise denken Sie in einem tief entspannten Zustand an eine Situation, die Sie in der Zukunft erleben möchten. Sportler durchdenken etwa den Ablauf des in Kürze auszuführenden Parcours und bereiten sich so mental auf das bevorstehende Turnier vor. Einige erfolgreiche Menschen stellen sich vor, wie sie ihren Erfolg genießen werden, wenn sie ihr Ziel erreicht haben. Deren Unterbewusstsein ist nun informiert und löst automatisierte Reaktionen aus. Auf diese Weise sind vorher unvorstellbare Reaktionen oder Kraftanstrengungen bei Sportlern möglich. Es ist nicht nötig, dass Sie als Führungskraft eine Ausbildung zum Mentalkünstler, Showhypnotiseur oder sogar Hypno-Coach machen, um sich BILDUNGaktuell 07/2015
Weil Sie Suggestionen jeden Tag gebrauchen, stellt sich die Frage, ob Sie mit ihnen die Türen zu Ihren Mitarbeitern fest verschließen oder sie als Schlüssel benutzen, um die Türen zu öffnen. Winfried Schröter die positive Wirkung von Suggestionen nutzbar zu machen. Letzteres wäre allerdings sehr hilfreich für Ihre Arbeit. Ich mache Sie nun mit ein paar wesentlichen psychologischen Grundlagen und Verhaltensweisen bekannt, die Ihnen ermöglichen, Ihre Mitarbeiter viel leichter und mit mehr Freude zu führen und zu lenken, ohne dass Sie die üblichen Widerstände überwinden müssen.
Ihre innere Haltung entscheidet Weil Sie Suggestionen jeden Tag gebrauchen, stellt sich die Frage, ob Sie mit ihnen die Türen zu Ihren Mitarbeitern fest verschließen oder sie als Schlüssel benutzen, um die Türen zu öffnen. Entscheidend ist in erster Linie Ihre innere Haltung Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber. Wenn Sie der festen Überzeugung sind, dass Sie die besten Mitarbeiter haben, die es auf dem Markt gibt, werden Sie sich anders verhalten, als wenn Sie die gesamte Mannschaft am liebsten austauschen würden. Ihre innere Haltung bestimmt Ihr Verhalten und Ihre Kommunikation den Mitarbeitern gegenüber. Ihre Einstellung zu einer Person »
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Was sind Suggestionen?
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können Sie auch nicht verbergen, wie der Verhaltensforscher Manfred Spitzer aus Ulm feststellte. Forschungsergebnissen nach synchronisieren sich die Gehirne zweier Menschen, während sie miteinander kommunizieren. Das alte Sender/Empfänger-Modell ist damit widerlegt. Was Sie in einem persönlichen Gespräch meinen und sagen, ist durch die hergestellte Verbindung bereits längst übermittelt. Ihr Zuhörer ist bereits drei Sekunden weiter und weiß bereits, was Sie sagen wollen – auch wenn Sie es anders ausdrücken. In Videokonferenzen funktioniert das nicht, so die Forschungen, denn das Bildsignal kommt zeitverzögert beim anderen Computer an und die Gesprächspartner schauen sich gegenseitig nie in die Augen. Entweder die Gesprächspartner blicken in die Kamera, dann sehen sie nicht auf den Bildschirm und somit sehen sie die andere Person nicht.
Senden Sie eine E-Mail an buch@bildungaktuell.at und gewinnen Sie ein Exemplar des Buches „FÜHR MICH CHEF“. Das Gewinnspiel findet unter Ausschluss des Rechtsweges statt. Barablöse ist nicht möglich. Einsendeschluss ist der 4. August 2015 BILDUNGaktuell 07/2015
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Wer es ehrlich mit Ihnen meint, wird Ihnen direkt in die Augen schauen. Ein offener Blick garantiert eine offene Kommunikation. So beginnt respektvoller Umgang miteinander. Winfried Schröter Oder sie schauen auf den Bildschirm, dann sehen die anderen nicht in ihre Augen. Das ist der Grund, weshalb die Verbindung der Gehirne fehlschlägt. Interessant, oder? Verbindliche Kommunikation findet demnach nur statt, wenn die Menschen sich in die Augen schauen. Vermeiden Lügner vielleicht deshalb den Augenkontakt? Ist es womöglich ein reflektorischer Schutzmechanismus, damit das Gegenüber sich nicht mit ihnen synchronisieren kann und sie nicht entlarvt werden? Wer es ehrlich mit Ihnen meint, wird Ihnen direkt in die Augen schauen. Ein offener Blick garantiert eine offene Kommunikation. So beginnt respektvoller Umgang miteinander. Respekt ist die entscheidendste Ressource im Umgang mit Menschen. René Borbonus, einer der wichtigsten deutschsprachigen Kommunikationstrainer, sagt, dass respektvoller Umgang damit beginnt, den anderen zu sehen und wahrzunehmen. Gerade im Misserfolg wollen wir gesehen werden. Erst wenn Sie als Führungskraft die Not Ihres Mitarbeiters aktiv und wertschätzend ansprechen, können Sie anschließend Fehler besprechen und eine gemeinsame Lösung anstreben: „Ich sehe, dass Sie diese Situation richtig mitnimmt“ – Pause machen – „sehe ich das richtig?“ – Pause und Antwort abwarten – „Dann lassen Sie uns jetzt einmal darüber sprechen, was wir aktiv tun
können, um die Lage zu entschärfen.“ In solchen Momenten neigen wir alle dazu – nicht nur als Führungskraft – Warum-Fragen oder Suggestivfragen zu stellen. Bei diesen Fragestellungen kennen wir die Antworten bereits. Wie René Borbonus bin ich auch der Meinung, dass diese Art der Kommunikation entwürdigend ist und tiefste Verletzungen bereitet. Überlegen Sie anhand der folgenden Beispielfragen, wie Sie sich fühlen, wenn Ihnen diese Fragen gestellt werden: „Warum machen Sie das nicht so, wie ich es Ihnen gezeigt habe?“ „Warum haben Sie den Kaffee noch nicht fertig?“ „Warum ist Ihr Projekt schiefgegangen?“ Bei diesen Fragen ist auffällig, dass es dazu keine sinnvollen Antworten gibt, sondern nur Rechtfertigungen. Mit diesen Fragen stellen wir den Gefragten an die Wand – entwürdigend! Statt eine Frage zu stellen, wäre eine respektvolle Aussage empfehlenswert, die dann zu einer offenen Kommunikation führen kann: „Ich ärgere mich darüber, dass das Projekt schiefgegangen ist.“ „Ich brauche den Kaffee schnellstmöglich.“ Achtung! Nicht in die Falle tapsen und doch eine Warum-Frage zu stellen: „Ich stelle mir die Frage, Herr Maier, warum Ihr Projekt schief gegangen ist.“ Auch wenn es um das Thema suggestive Hebel geht, sind sogenannte Suggestivfragen schäd-
lich. Sie sollen den Gefragten eine Antwort plump suggerieren: „Sind Sie nicht auch der Meinung, dass …?“ „Haben Sie nicht auch den Eindruck, dass …?“ Ein sicheres Zeichen fieser Suggestivfragestellung ist, dass sie absolut geschlossen sind. Sie erlauben nur ein Wort als Antwort und die Antwort wird bereits vorgegeben. Ich glaube, dass durch die Bezeichnung Suggestivfrage der Begriff Suggestion bei vielen negativ belegt ist – wie schade! Nutzen Sie die Macht der Aussage und benennen Sie die momentane Situation. Mein Tipp: Hinterfragen Sie Ihre innere Haltung zu Ihren Mitarbeitern und klären Sie innere Widerstände. Denn wenn Sie Mitarbeiter ablehnen oder unausgesprochene Probleme Ihre beidseitige Beziehung behindern, leidet die Kommunikation untereinander. Anstatt in schwierigen Situationen Warum-Fragen oder Suggestivfragen zu stellen, trainieren Sie, die momentane Situation zu beschreiben und das Gespräch lösungsorientiert fortzusetzen. Damit beweisen Sie Ihre Souveränität und stellen klar, die Situation im Griff zu haben. Genau das fordern Mitarbeiter von Ihren Vorgesetzten – mit Recht! ■ Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch „Führ mich Chef”, erschienen 2015 im Goldegg Verlag. Winfried Schröter arbeitet als Trainer und Hypno-Coach und zählt zu den Top 100 Excellence Trainern. Er gehörte jahrelang zum Kompetenzteam von Vera F. Birkenbihl. Klick! www.winfried-schroeter.de ÒÒ Klick! www.goldegg-verlag.at ÒÒ Seite 11