BILDUNGaktuell
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#10 18.10.2016
Jeder Gedanke zählt Eigenständig denken, anders denken, originell denken. Warum jedes Unternehmen Querdenker © iStock.com
braucht. Ab Seite 3
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„Je älter wir werden, je mehr wir erlebt haben, desto mehr geraten wir in die Falle zu vorschnell zu urteilen“, schreibt Mag. Anton Six. Für wirklich geniale Geistesblitze braucht es aber Offenheit und den Mut, sie auch ins Außen zu bringen. Was wir dafür brauchen und wie es gelingt, die größten Denkfehler zu vermeiden, lesen Sie ab Seite 3
Die Nr. 1 in digitaler Bildung Schule | Hochschule | Beruf
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„Eine Fiktion wäre es anzunehmen, dass der Veränderungsdruck, der auf den Unternehmen und somit ihren Mitarbeitern lastet,in den kommenden Jahren sinkt. Er wird weiter steigen“, so StrategieExpertin und Autorin Dr. Daniela Kudernatsch. Deshalb brauchen Führungskräfte die Fähigkeit, eigene Handlungs- und Denkmuster zu reflektieren. Warum das vor allem für digital leader so wichtig ist, erfahren Sie ab Seite 5
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„Je lieber ich etwas tue, umso mehr neurosynaptische Wachstumsfaktoren werden produziert – und verändern das Gehirn“, schreiben Mag. Pamela Obermaier und Dr. Marcus Täuber in ihrem Buch „Gewinner grübeln nicht“. Warum Begeisterungsfähigkeit so motivierend ist, lesen Sie ab Seite 8
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Genial denken Gute Ideen sind mehr als Geistesblitze. Wie Sie durch Querdenken das kreative Potenzial Ihres Unternehmens erhöhen können, und welche Denkfehler innovative Ideen bremsen. Von Mag. Anton Six
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is eine gute Idee zu einer herausragenden Innovation wird, ist der Weg weit: Es braucht Mut, Durchsetzungsstärke und auch das Quäntchen Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Doch zuerst muss es im Kopf einmal blitzen. Mittlerweile ist durch bildgebende medizinische Verfahren wie EEG (Elektroenzephalografie) und MRT (Magnetresonanztomographie) bekannt, wo in unserem Gehirn der Geistesblitz seine Entfaltung findet. Dieser entsteht in der Form eines imposanten neuronalen Feuers in der rechten Hemisphäre, in der Gegend über dem rechten Ohr. Wer von uns hat nicht schon einmal die Kraft
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der besonderen Idee verspürt, die uns einen außerordentlichen Kick und Antrieb verleiht? Und wer von uns hat nicht schon die Erfahrung gemacht, dass diese besondere Idee durch die Meinung einer anderen Person blitzartig wieder zunichte gemacht werden kann? Nicht jeder hat den Mut, diese Idee bis aufs Letzte durchzufechten. Wer möchte schon als Querdenker abgestempelt werden? So beschreibt auch der Duden einen Querdenker als „jemand, der eigenständig und originell denkt und dessen Ideen und Ansichten oft nicht verstanden oder akzeptiert werden“. Obwohl » Seite 3
der Begriff negativ behaftet ist, liegt aber genau im Querdenken die Chance, auf die besonderen Ideen zu stoßen. Im Sinne von lateralem oder divergentem Denken stellt es den Gegensatz zu unserem gewohnten linearen Denken dar, welches aufeinander aufbauenden logischen Schritten folgt. Der Ansatz des Querdenkens soll dazu beitragen, alte Denkmuster zu verlassen und den Raum für Alternativen zu öffnen. Es trifft keine vorschnellen Festlegungen, sondern betrachtet eine Fragstellung von möglichst vielen Perspektiven und lässt auch das Unmögliche zu. Was hat zum Beispiel ein Kugelschreiber mit einem Deodorant zu tun? Auf den ersten Blick gar nichts. Der Erfinder des Kugelschreibers, László József Bíró, führte die beiden Bereiche zusammen und entwickelte daraus den Vorläufer des heutigen Deo-Rollers. Oft liegt es aber an uns selbst, einen vermeintlich unmöglichen, quergedachten Gedanken nach außen zu tragen. Der Psychologe Solomon Asch hat in seinem Konformitätsexperiment eindrucksvoll bewiesen, wie Testpersonen reihenweise umfielen und sich bewusst falschen Gruppenantworten anschlossen. Im Grunde sind wir Herdentiere. Wir sind vorranging auf Konsens aus und wollen Dissens vermeiden. Aber auch die Expertin oder der Experte in uns verhindert oft, den richtigen Schluss zu ziehen. Je älter wir werden, je mehr wir erlebt haben, desto mehr geraten wir in die Falle zu vorschnell zu urteilen. Davor gefeit waren nicht einmal die großen Innovatoren. So vertrat Gottlieb Daimler 1901 die Meinung, dass die weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen aufBILDUNGaktuell 10/2016
Oft wehren wir uns gegen Veränderung, weil der Status Quo bequemer ist. Und neue Ideen bedeuten fast immer Veränderung. grund des Mangels an Chauffeuren eine Million nicht überschreiten werde. Haben wir einmal ein Urteil gefällt, so halten wir im Sinne der „Selbstbestätigungsfalle“ nur mehr nach Informationen Ausschau, die unsere Meinung bestätigen. Ebenso kann hier die „Status Quo Falle“ mitspielen. Oft wehren wir uns gegen Veränderung, weil der Status Quo bequemer ist. Und neue Ideen bedeuten fast immer Veränderung. Aber je mehr wir zur Expertin oder zum Experten werden, je mehr wir in Routinen leben, desto mehr wird unsere eigene Achtsamkeit, unsere Neugierde und somit unser eigenes kreatives Potenzial eingeschränkt. Das beginnt bereits in der Schule. Eine eindrucksvolle Studie aus den USA untermauert diesen Aspekt. Ein für die NASA entwickelter Kreativitätstest wurde Kindern im Alter von fünf Jahren vorgelegt. 98 Prozent konnten als hochgradig kreativ eingestuft werden. Als derselbe Test bei denselben Kindern im Alter von zehn Jahren erneut angewendet wurde, fiel die Rate auf 30 Prozent. Im Alter von 15 fiel sie schließlich sogar auf 12 Prozent. Die Ergebnisse der Vergleichsgruppe von 280.000 Erwachsenen ergab: lediglich 2 Prozent waren hoch kreativ. Kinder und Querdenker haben aber einiges gemeinsam. Grenzen-
lose Neugierde und sie fragen ständig: Warum ist das so? Kann auch ein Unternehmen quer denken? Nein, es sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ein Unternehmen kann lediglich die notwendigen Strukturen schaffen, dass kreative Ideen gefördert werden. Die Möglichkeiten der organisatorischen Gestaltung sind dabei vielfältig und müssen auf die jeweilige Organisation abgestimmt sein. Insbesondere ist der kreative Reifegrad der Organisation zu berücksichtigen. Querdenken im Unternehmen zu ermöglichen heißt aber, dieses zunächst in der Unternehmensstrategie festzuschreiben. Dazu zählt auch die Etablierung einer transparent gelebten Fehlerkultur. Ansonsten läuft es Gefahr, zur Luftblase zu werden. Fragen wir in Unternehmen, welche kreative Ideenfindungsmethoden zum Einsatz kommen, so hören wir oft das Brainstorming. Obwohl vielfach verteufelt, kann es für die richtige Fragestellung ein taugliches Instrument sein. Es liegt oft am Moderator eines Brainstormings selbst, der es nicht schafft, den inneren Kritiker bei den teilnehmenden Personen auszuschalten. Aufbauend auf dem Grundgedanken des Brainstormings lassen sich tiefergehende Methoden orten, die auch den humoristischen und spielerischen Aspekt des Findens von Ideen zulassen. Dazu zählen u.a. das adaptierte Stadt-Land-Fluss oder die negative Umkehr. Weitere Methoden des Querdenkens sind z.B. der phantastische Perspektivenwechsel, die Bildsymbolik oder die Bisoziation. Das
Finden von Ideen soll sich letztlich nicht anfühlen wie ein Akt der Routine, sondern wie ein kreatives Erlebnis. Ein Verfahren, das versucht den „dritten Ort“ zu nutzen ist das Tauschtagebuch. Es folgt der Annahme, dass gute Ideen zumeist nicht am Arbeitsplatz entstehen, sondern oft an einem Ort, wo sie nicht vermutet werden. Warum kommen viele Ideen gerade in der Dusche. Duschvorhang oder Kabine sowie das warme Wasser und die zumeist geschlossenen Augen führen zu einer Reizminderung. Die beste Voraussetzung, um die im Unterbewusstsein verankerten Fragestellungen blitzen zu lassen. Querdenken ist also nichts, was angeboren ist oder nur Auserwählten vorbehalten ist. Sondern jeder kann es lernen oder ganz einfach wieder reaktivieren! Mag. Anton Six ist Berater, Trainer für Kreativität und Künstler. Seine Schwerpunkte liegen in den Themen der kreativen Ideenfindung sowie in der Stärkung des kreativen Potenzials von Unternehmen als auch einzelnen Personen. Seine Workshops sind stets begleitet von kabarettistischen Untermalungen. Denn nur mit einer heiteren Einstellung sind wir in der Lage, die großartigen Ideen in unserem Leben zu finden. Er hält am 13.03.2017 das Seminar „Die Welt der Innovationen oder wie gute Ideen entstehen“. Weitere Infos und Anmeldung zum Seminar unter www.wifiwien.at/243696 Klick! www.antsix.com ÒÒ Klick! www.wifi.at/managementforum ÒÒ Seite 4
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Schon wieder alles anders! In der digitalen Welt funktioniert Führung anders. Denn Strategien und Ziele müssen mehr beobachtet, hinterfragt und korrigiert werden, als je zuvor. Dazu braucht es aber auch die Bereitschaft und Fähigkeit, über das eigene Denken und Handeln zu reflektieren. Von Dr. Daniela Kudernatsch
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igital leadership, digital leader – seit zwei, drei Jahren geistern diese Begriffe durch die Managementdiskussion. Und immer mehr Seminare und Trainings zu diesem Thema werden angeboten; auch die Zahl der Bücher und Artikel steigt.
Uncertainty, Complexity und Ambiguity) von heute, um ein weiteres Modewort zu gebrauchen, werden auch unsere Personalentwicklungskonzepte obsolet. Zudem ist ein verändertes Führungsverständnis nötig.
Strategische PE am Scheideweg Dass die beiden Begriffe auf eine so große Resonanz stoßen, liegt unter anderem daran, dass die Unternehmen zunehmend registrieren: Die fortschreitende Digitalisierung stellt nicht nur unsere Organisationsstrukturen in Frage und unsere bisherige Art, Probleme (und Herausforderungen) anzugehen und zu lösen. In der VUCA-Welt (Abkürzung der Worte Volatility, BILDUNGaktuell 10/2016
Als Gründe, warum die tradierten Personalentwicklungskonzepte zunehmend auf dem Prüfstand stehen, werden oft genannt: » Eine so langfristig orientierte Personalentwicklung (und -planung) wie in der Vergangenheit ist in der VUCA-Welt nicht mehr möglich, weil sich – aufgrund der fortschreitenden Di- » Seite 5
gitalisierung und rasanten Änderung der Kundenwünsche – neben den Strategien der Unternehmen, auch deren Art, Aufgaben anzugehen und zu lösen, immer rascher ändert. Deshalb wissen die Unternehmen heute noch nicht, welche Kompetenzen sie und somit ihre Mitarbeiter beispielsweise in drei, fünf oder gar zehn Jahren brauchen. » Der Veränderungsbedarf und somit Lernbedarf ist in den Unternehmen heute oft so groß und dringlich, dass er zentral, also zum Beispiel von den Personalabteilungen, nicht mehr erfasst und in der erforderlichen kurzen Zeit mit zentral organisierten Personalentwicklungsmaßnahmen befriedigt werden kann. » Der Qualifizierungsbedarf der Mitarbeiter ist in der digitalen Welt – unter anderem aufgrund ihrer unterschiedlichen Funktion in den Unternehmen, ihrer beruflichen Biografie und den Herausforderungen, vor denen sie im Arbeitsalltag stehen – so verschieden, dass er mit zentral und top-down organisierten Entwicklungsmaßnahmen immer weniger befriedigt werden kann.
Personalentwickler werden Dienstleister Daraus zogen viele Unternehmen bereits folgende Schlüsse: » Die Verantwortung für die Personalentwicklung muss sich stärker auf die operative Ebene (also Bereichs-, Abteilungs-, Teamebene) verlagern. » Die Personalentwicklung muss sich stärker am individuellen Bedarf der Mitarbeiter und BILDUNGaktuell 10/2016
Führungskräfte müssen künftig stärker in digitalen Zusammenhängen denken und einschätzen können, was aktuell und in naher Zukunft technologisch möglich und sinnvoll ist. den Herausforderungen, vor denen sie aktuell bei ihrer Arbeit stehen, orientieren. » Die Mitarbeiter müssen mehr Eigenverantwortung für ihre persönliche Weiterentwicklung und dafür, dass sie kurz-, mittel- und langfristig über die benötigte Kompetenz verfügen, zeigen (Stichwort: Employability). Und: » Die Führungskräfte müssen ihre Mitarbeiter beim Entwickeln ihrer Kompetenz unterstützen und begleiten. Dadurch verändert sich auch die Funktion der Personalentwicklungsabteilungen in den Unternehmen. In der Vergangenheit war eine ihrer Kernaufgaben, ausgehend von den strategischen Zielen des Unternehmens, den kurz-, mittel- und langfristigen Qualifikationsbedarf in der Organisation zu erfassen und über zentral geplante und gesteuerte Maßnahmen das Gap zwischen benötigter und vorhandener Qualifikation zu schließen. In der VUCA-Welt verschiebt sich ihre Funktion zunehmend in die Richtung, sozusagen ein Kompetenzentwicklungs-Dienstleister für die Führungskräfte und Mitarbeiter zu sein und diese bei der weitgehend selbstgeplanten und -gesteuerten Kompetenzentwicklung zu unterstützen. Außerdem ist und bleibt es ihre Aufgabe, bei der Kompetenzentwicklung in der Organisation für ein gewisses Alignment zu sorgen, damit kein Wild-
wuchs entsteht – also die Kompetenzentwicklung so weit zu koordinieren, dass zum Beispiel die Führungskräfte weitgehend dasselbe Führungsverständnis haben. Oder die Projektmanager und Mitarbeiter bei ihrer Arbeit, soweit nötig, dieselben Methoden und Tools verwenden, damit eine effektive Zusammenarbeit möglich ist.
unternehmensübergreifender Team- und Projektarbeit erbracht werden. Das heißt: Die Bereichs- und Abteilungsgrenzen werden zumindest in den Großunternehmen zwar nicht aufgelöst, sie werden aber durchlässiger und verlieren an Bedeutung (ähnlich wie die nationalen Grenzen der EU-Staaten im Schengen-Raum). Für die Führungskräfte bedeutet das: Sie müssen zunehmend in vernetzten Strukturen denken; sie müssen zudem gute Netzwerker sein – unter anderem damit sie bereichsübergreifend im Dialog mit ihren Kollegen die Arbeitsstrukturen und -beziehungen so gestalten können, dass die (Bereichs-)Ziele erreicht werden.
Führungskräfte werden (Digital) Leader
Der zentrale Treiber dieser Entwicklung ist die Informationstechnologie. Sie ermöglicht nicht nur neue Formen der Zusammenarbeit und Problemlösung, sondern durchzieht heute auch die meisten Unternehmen ähnlich wie das Nervensystem den menschlichen Körper. Das bedeutet für die Führungskräfte: Sie müssen künftig stärker in digitalen Zusammenhängen denken und einschätzen können, was aktuell und in naher Zukunft technologisch möglich und sinnvoll ist. Zugleich wird es verstärkt ihre Aufgabe sein, ihren Mitarbeitern vor Augen zu führen, welche Herausforderungen und Chancen sich hieraus ergeben, und in weiterer Folge, sie zu ermutigen, diese aktiv anzugehen beziehungsweise zu nutzen.
Doch auch Funktion von Führung wandelt sich – unter anderem, weil heute in den meisten Unternehmen zumindest deren Kernleistungen in bereichs- und hierarchie- und oft sogar
Das setzt voraus, dass die Führungskräfte selbst für Neues offen und auch bereit sind, ihre eigenen Denk- und Verhaltensgewohnheiten zu hinterfragen. Außerdem müssen sie sich ein- »
Diese Dienstleister-Rolle zu akzeptieren, fällt mancher Personalentwicklungsabteilung, die sich in der Vergangenheit primär als strategischer Partner der Unternehmensleitung verstand, schwer – auch weil damit nach Auffassung vieler Personalentwickler ein Bedeutungsverlust einhergeht. Zudem bedeutet dieser Funktionswandel: Die Personalentwickler müssen sich stärker als früher auf die Shopfloor-Ebene begeben, also an den Ort des Geschehens, und sich mit den operativen Prozessen auf der Bereichs-, Abteilungs- und Teamebene befassen.
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gestehen, dass sie in der VUCA-Welt (allein) oft nicht über das erforderliche Wissen, Können und Know-how verfügen, um eine adäquate Lösung zu entwerfen. Also müssen sie offen sein für Rat und Unterstützung – sei es von Kollegen aus anderen Bereichen, externen Beratern oder Experten im eigenen Bereich, die bezogen auf die gerade aktuelle Herausforderung einen Know-how- oder Erfahrungsvorsprung haben. Eine entsprechende Unterstützung müssen sie ihrerseits wiederum ihren Mitarbeiter gewähren – beim Lösen ihrer Aufgaben und beim Entwickeln ihrer Kompetenz. Verabschieden müssen sich die digital leader der Zukunft zudem von der Fiktion, dass Veränderungen in der VUCA-Welt langfristig und im Detail planbar seien. Vielmehr gilt es in ihr, wenn große oder weitreichende Veränderungen anstehen oder langfristige (Entwicklungs-) Ziele erreicht werden sollen, ähnlich wie beim klassischen Lean Management vorzugehen, das auf eine kontinuierliche Verbesserung abzielt: Also ausgehend von einer vorläufigen Planung die ersten Schritte tun. Dann evaluieren: „Erzielen wir durch die Maßnahmen die gewünschte Wirkung, bewegen wir uns in die angestrebte Richtung?“ Und dann abhängig vom Ergebnis, den Kurs entweder korrigieren oder den eingeschlagenen Weg weiter gehen. Das setzt voraus, dass die Führungskräfte in einem regelmäßigen, von wechselseitigem Vertrauen geprägten Meinungs- und Informationsaustausch mit ihren Mitarbeitern stehen und sie und ihre Mitarbeiter bereit sind, sich Fehlversuche einzugestehen. BILDUNGaktuell 10/2016
Digital Leader sind Lean Leader Einen solchen, von wechselseitigem Vertrauen, Kooperation auf Augenhöhe und regelmäßiger (Selbst-)Reflexion geprägten Führungsstil praktizieren noch wenige Führungskräfte. Deshalb stellen zurzeit viele Unternehmen ihre Führungskräfteentwicklungskonzepte in Frage und feilen an neuen Konzepten, wie ihre Führungs(nachwuchs)kräfte die Kompetenzen erwerben oder ausbauen können, die sie im digitalen Zeitalter brauchen. Dabei orientieren sie sich häufig am Lean Leadership-Development-Modell. Dieses Modell unterscheidet in der Kompetenzentwicklung von Führungskräften vier Stufen. Stufe 1: Sich als Führungskraft selbst entwickeln. Dahinter steckt die Annahme, dass in der VUCA-Welt eine Kernkompetenz von Führungskräften ist, das eigene Verhalten und Wirken zu reflektieren und die eigene Performance systematisch zu erhöhen. Stufe 2: Andere Menschen coachen und entwickeln. Die zweite Kompetenz-Stufe besteht in der Fähigkeit, als Führungskraft andere Personen so zu entwickeln, dass diese ihrerseits die Kompetenz erwerben, ihr Verhalten und ihr Wirken zu reflektieren und eigene Lernprozesse zu initiieren. Stufe 3: Das tägliche Sich-Verbessern (Kaizen) unterstützen. Hier geht es darum, Gruppen von Mitarbeitern (Teams, Abteilungen, Bereiche) in
eine Richtung zu lenken und den kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu sichern. Stufe 4: Eine Vision schaffen und die Ziele abstimmen. In die letzte Entwicklungsstufe ist idealerweise die gesamte Organisation involviert. Nun geht es darum, bereichs- und hierarchieübergreifend alle Aktivitäten so aufeinander abzustimmen, dass die übergeordneten Unternehmensziele erreicht werden, die Organisation für die VUCA-Welt gewappnet ist und eine High-Performance-Organisation ist und bleibt.
Unternehmen werden lernende Organisationen Von einer Führungskräfteentwicklung, die sich an diesem Kompetenz-Modell orientiert, versprechen sich die Unternehmen eine höhere Innovationskraft ihrer Organisation; außerdem, dass sie sukzessiv zu einer Entlastung der Führungskräfte führt – und zwar in dem Maße, wie ihre Mitarbeiter die Kompetenz entwickeln, eigenständig ihr Verhalten und ihre Wirkung zu reflektieren und sich zu entwickeln. Insofern sehen die Unternehmen hierin auch eine Maßnahme, um einem möglichen Burn-out ihrer Führungskräfte vorzubeugen. Denn eine Fiktion wäre es anzunehmen, dass der Veränderungsdruck, der auf den Unternehmen und somit ihren Mitarbeitern lastet, in den kommenden Jahren sinkt. Er wird weiter steigen. Also gilt es die Resilienz, sprich die Fähigkeit der Mitarbeiter, mit dem Druck umzugehen, zu erhöhen – jedoch nicht, indem ihnen wie in der
Vergangenheit ein, zwei Stressmanagement-Seminare oder vergleichbare Work-Life-BalanceAngebote unterbreitet werden. Ein solcher Ansatz greift zu kurz, das haben inzwischen viele Unternehmen erkannt. Zentrales Ziel muss es vielmehr sein, den Mitarbeitern das Bewusstsein zu vermitteln, dass die Notwendigkeit, regelmäßig die eigenen Denkund Handlungsmuster zu überdenken, ein integraler Bestandteil ihrer Arbeit in der VUCAWelt ist; außerdem ihnen das Selbstbewusstsein zu vermitteln „Irgendwie schaffe ich …“ beziehungsweise „… schaffen wir das schon“, so dass sie neue Herausforderungen selbstbewusst angehen und sich eigeninitiativ die hierfür nötigen Kompetenzen aneignen. Je mehr die Mitarbeiter hierzu bereit und fähig sind und eine gewisse Routine im eigenständigen Erkennen und Lösen von „Problemen“ entwickelt haben, umso seltener müssen ihre Führungskräfte korrigierend, steuernd und unterstützend eingreifen. Das entlastet sie. Und das Unternehmen? Es ist für das digitale Zeitalter und die VUCA-Welt gewappnet, da es sich zu einer lernenden Organisation entwickelt hat. Dr. Daniela Kudernatsch ist Inhaberin der Unternehmensberatung KUDERNATSCH Consulting & Solutions. Sie unterstützt Unternehmen beim Umsetzen ihrer Strategie im Betriebsalltag. Zudem ist sie Autorin mehrerer Fachbücher zum Thema Strategieumsetzung. Klick! www.kudernatsch.com ÒÒ Seite 7
Begeisterung
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Besser mit
Wie geht das bloß, eingefahrene Lebenswege neu zu denken und zu gestalten? Die Hirnforschung zeigt: Emotionen sind die besten Motivatoren. Vor allem, wenn sie positiv sind. Von Mag. Pamela Obermaier und Dr. Marcus Täuber
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ebt mir einen festen Punkt und einen genügend langen Hebel, und ich werde die Erde aus den Angeln heben”, sagte einst Archimedes nach der Entdeckung des Hebelgesetzes. In unserem Gehirn gibt es ebenfalls wichtige Punkte für Erfolgshebel. Wir kennen es aus der Schulzeit: Kraft mal Kraftarm ist gleich Last mal Lastarm. Denken wir nur einmal an Ruderer: Sie setzen immense Kraft am kurzen Ende ein, um einen weiten Weg am langen Ende des Ruders zurücklegen zu können. Ein kurzer Hebel gibt also Speed. Es geht aber auch umgekehrt: Wir können einen weiteren Weg zurücklegen, um eine schwere Last beinahe mühelos zu heben. Ein langer » Hebel gibt demnach Stärke.
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deutig: Klavier spielen. Ich fand eine tolle Lehrerin und fing an. Damals war ich Mitte fünfzig. Durch diese Entscheidung veränderte sich mein ganzes Leben. Ich legte fortan alles, was ich tat, alle eingefahrenen Rituale und Strukturen, alles, was automatisch ablief, noch einmal auf den Prüfstein und mir wurde klar, dass ich mich insgesamt komplett umorientieren wollte. Auch beruflich. Das Klavierspiel, das mir übrigens wirklich gut liegt, gab mir den Mut, mir auch andere Veränderungen zuzutrauen. Darüber bin ich heute sehr glücklich.”
Zu jedem Punkt und zu jeder Hebelwirkung gibt es den richtigen Hebel oder anders gesagt: die richtige mentale Technik. Wie beim Hebelgesetz entscheiden Kraft bzw. Emotion und Last bzw. Ausdauer sowie Wiederholung.
Womöglich liegt Ihnen inzwischen folgende Frage auf der Zunge: Gibt es neben dem Gebrauch von Nervennetzen und der Vorstellung auch andere Faktoren, die Synapsen stärken? Der Göttinger Neurobiologe und Autor zahlreicher populärwissenschaftlicher Bücher Gerald Hüther betont in seinen Vorträgen immer wieder die Begeisterung als Schlüssel und Motor für die eigene Weiterentwicklung.
Als ein Kursbesucher einmal einen älteren Mitstudenten fragte, wie er auf die Idee gekommen sei, in seinem Alter noch eine Ausbildung zum Mentaltrainer zu machen, erzählte dieser augenzwinkernd seine erstaunliche Geschichte: „Im Grunde fing alles mit dem Klavierspielen an. Als ich älter wurde, resümierte ich mein Leben und hatte auf einmal das Bedürfnis, noch einmal etwas völlig Neues anzufangen. Die Welt hatte sich doch gerade erst für mich erschlossen. Ich sah Dinge, die ich als junger Mensch niemals wahrgenommen hatte, und alles war so viel schlüssiger und wertvoller für mich geworden. Ich fragte mich, was ich eines Tages wohl bedauern würde, wenn ich es nicht getan hätte, und die Antwort war ganz einBILDUNGaktuell 10/2016
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Unser Gehirn funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip: Wir müssen am richtigen Punkt mit dem richtigen Hebel ansetzen. Wie das geht, dazu hat die moderne Hirnforschung wichtige Erkenntnisse geliefert. Einfache Beispiele für solche Punkte bzw. Hirnregionen und deren Hebelwirkung sind die Amygdala, welche für das Entstressen blockierender Emotionen zuständig ist, die Basalganglien, mit deren Hilfe wir Gewohnheiten verändern können, und das Stirnhirn, mit und in welchem sich Glaubenssätze umschreiben lassen.
Emotionalität spielt für den Wachstumsprozess eine ausgesprochen große Rolle: Je emotionaler ich bin, je lieber ich etwas tue oder mich mit einer Sache beschäftige, umso mehr neurosynaptische Wachstumsfaktoren werden produziert – und verändern das Gehirn. Der Hirnforscher nennt diese Moleküle „Dünger für das Gehirn”. Für die Weiterentwicklung sind übrigens positive Emotionen besser als negative! Negatives kann mich wachrütteln, aber nur unzureichend motivieren, denn Angst führt zu Vermeidung. Untersuchungen von Klaus Grawe, »
Die wahre Kraft der Motivation: Wer positiv denkt, ist erfolgreicher. Seite 9
einem deutschen Psychologen, der 2005 verstorben ist, haben belegt, dass die wahre Motivationskraft in den positiven Emotionen liegt. Kurzfristig ist das Vermeiden von etwas Negativem eine starke Kraft, langfristig aber ist das Hinzu wesentlich effektiver. Mentales Training ist – wenn wir uns die Erkenntnisse der Hirnforschung ansehen – kein Luxus, der Spitzensportlern und ehrgeizigen Managern vorbehalten ist. Bei den geschätzten – wenn auch wissenschaftlich nicht belegten – zigtausend Gedanken, die jeden Tag auf unser Gehirn und unseren Körper einwirken, sollte Mentaltraining wie Zähneputzen zur täglichen Hygiene gehören. Ziel des Mentaltrainings ist es dabei immer, die Gedanken auf Ziele auszurichten und so Menschen zu helfen, selbst-
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bestimmt ein erfolgreiches, glückliches und gesundes Leben zu führen. Die Vorstellung, sowohl durch Gedanken als auch durch Gefühle Strukturen und Funktionen des Gehirns – und damit rückwirkend auch wieder Gedanken und Gefühle – verändern zu können, ist bahnbrechend in seiner Bedeutung. Sie ermöglicht, noch mehr Selbstverantwortung zum einen für die eigene Gesundheit, zum anderen für die eigene Persönlichkeitsentwicklung zu übernehmen – und zwar unabhängig vom Lebensalter des erwachsenen Menschen. Neuroplastizität ist der Schlüssel dazu und erklärt auch, warum psychologische Therapien und Mentaltraining überhaupt funktionieren können. Sie bietet damit eine wissenschaftliche Beschreibung für Prozesse, die verschiedene Kulturen schon seit tausenden Jahren praktizieren: das Kultivieren positiver Gedanken in uns selbst.
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Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch „Gewinner grübeln nicht – Richtiges Denken als Schlüssel zum Erfolg“ von Pamela Obermaier und Marcus Täuber, erschienen 2016 im Goldegg Verlag.
Das Gewinnspiel findet unter Ausschluss des Rechtsweges statt. Barablöse ist nicht möglich. Einsendeschluss ist der 8. November 2016
Mag. Pamela Obermaier hat einen Abschluss in Psychologie und Philosophie. Sie ist als Autorin, Lektorin sowie Moderatorin tätig. Dr. Marcus Täuber ist promovierter Neurobiologe, Lehrbeauftragter der Donau-Universität Krems und diplomierter Mentaltrainer.
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Stärken Sie Ihre Persönlichkeitskompetenz! Resilienz – an Herausforderungen wachsen Termin: Mo – Di 12. – 13. Dezember 2016, Beitrag: € 780 Trainer: Ronny Hollenstein Details siehe www.wifiwien.at/253166
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