BILDUNGaktuell
Das eMagazin für Management, Personalwesen und Weiterbildung
#01 14.01.2014
Introvertiert und nachdenklich: Wie Sie das Potenzial von zurückhaltenden Persönlichkeiten erkennen können. Ab Seite 8 Ein Medienprodukt der karp | communication company
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Der stille Mitarbeiter
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LEARNTEC 2014 | Lernen mit IT | 22. Internationale Fachmesse und Kongress
„Der Vorgesetzte trägt die Verantwortung für eskalierende Konflikte zwischen Mitarbeitern, die diese nicht in eigener Verantwortung regeln können“, schreibt Dr. Timo Müller. In seinem Artikel erklärt er, wie Kommunikation bei Konflikten sein muss, damit die Gesundheit der Mitarbeiter nicht gefährdet wird. Ab Seite 3 Hilfe! Es braucht schnell eine Nachfolgerin bzw. einen Nachfolger für entscheidende Führungsaufgaben, doch im eigenen Haus gibt es niemanden? Doch das geht nicht von einem Tag auf den anderen. „Mitarbeiter für zukünftige Aufgaben zu qualifizieren, ist eine wichtige Aufgabe“, weiß Heinz-Josef Botthof. Wie diese gelingen kann, erklärt er ab Seite 5 Vielleicht ist gerade der stille, sympathische Mitarbeiter von der hinteren Reihe links jemand, der Ihr Unternehmen so richtig auf Erfolgskurs steuern könnte. Chefs, die nur jene wahrnehmen, die sich gut und laut verkaufen können, entgeht Potenzial. „Schauen Sie auf Leistung und Können, unabhängig von der Art, wie beides verkauft wird“, schreibt Chris Wolf. Es lohnt sich. Ab Seite 8
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Viele Nonprofit-Organisationen haben in den letzten Jahren ein starkes Wachstum erlebt. Das führte auch zu wesentlich mehr Bürokratie und Unbeweglichkeit im Denken und Handeln. Warum es gerade für die NPOs so wichtig ist, Platz für Neues zu schaffen und loszulassen, um Veränderungen herbeizuführen, erklärt Dr. Christian Horak. Ab Seite 10
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Zukunft Lernen.
4. – 6. Februar 2014
Messe Karlsruhe
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RESPEKT! Führungskräfte, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausschließlich sachlich-rational führen, haben genauso Nachholbedarf wie jene, die überkritisch-kontrollierend handeln. Warum die wertschätzende Führung gerade bei Konflikten so wichtig ist. Von Dr. Timo Müller
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Zwischenmenschliche Konflikte gehören zum Unternehmensalltag. Tagtäglich fühlen sich Menschen am Arbeitsplatz durch das Verhalten von Kollegen und Vorgesetzten beeinträchtigt: Es werden Entscheidungen getroffen, die den eigenen Interessen widersprechen, und Bedürfnisse – z.B. nach Respekt und Gestaltungsspielraum – bleiben unbeachtet. Ist damit jedes Unternehmen als Quelle für Konflikte ein gesundheitsgefährdender Ort? Vorgesetzter: „Herr Schuster, wie ist der Stand bei Ihrem Projekt?“ – Mitarbeiter: „Mein Name ist Schumann.“ – Der Vorgesetzte laut: „Es ist mir egal, wie Sie heißen, Herr Schuster. Ich habe nach dem Projektstand gefragt.“ Dieses – nicht erfundene – Fallbeispiel veranschaulicht, wann ein Konflikt am Arbeitsplatz eine gesundheitsgefährdende » BILDUNGaktuell 01/2014
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Wirkung entfaltet. Zunächst muss der jeweilige Konflikt so beschaffen sein, dass er negativen Stress verursacht: Distress. Der Distress zeigt sich auf der physiologischen Ebene und wird von Wut- und/oder Angstgefühlen begleitet. Je höher die Intensität und die Häufigkeit der beruflichen Distress-Erfahrungen, desto wahrscheinlicher werden psychische Erkrankungen und – über die Schwächung des Immunsystems – körperliche Krankheiten. Die Bandbreite reicht hier von Erkältungen bis hin zu schweren Formen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und verschiedenen Krebskrankheiten. Die dadurch entstehenden Fehlzeiten wirken sich schließlich auch wirtschaftlich auf das Unternehmen aus. Obgleich grundsätzlich jeder Mensch im eigenen Berufskontext Distress auslösen kann, gibt es vor allem den einen, der in diesem Zusammenhang besonders bedeutsam ist: der eigene Vorgesetzte. Er trägt Verantwortung für eskalierende Konflikte zwischen Mitarbeitern, die diese nicht in eigener Verantwortung regeln können. Bei eskalierenden Mitarbeiter-Konflikten zu intervenieren – selbst oder mit externer Unterstützung – , ist Führungsaufgabe. Außerdem ist die Art und Weise, wie die Führungskraft mit ihren Mitarbeitern kommuniziert, entscheidend für die gesundheitliche Verfassung der Mitarbeiter. Ist der Tonfall des Vorgesetzten respektvoll? Verzichtet die Führungskraft auf ruppiges Verhalten bzw. verbale Attacken? Und ändert sich die Kommunikation auch in Situationen nicht, in denen die Führungskraft selbst gestresst ist? Vorgesetzte, die in ihrem Führungsverhalten
Kommunikation muss gelernt werden. Sonst leiden Mitarbeiter und Unternehmen. primär sachlich-rational orientiert sind und nur die Erfüllung der Arbeitsaufgaben sehen, sind gefährdet, für ihre Mitarbeiter zu einem negativen Gesundheitsfaktor zu werden. Denn sie vernachlässigen die sozio-emotionalen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Häufig bemerken sie das nicht, da bei ihnen die zentrale Führungsfähigkeit, sich in andere Menschen empathisch hineinzuversetzen, nur schwach ausgeprägt ist. Doch ihr Verhalten zeigt Wirkung: Einer Studie zufolge fehlten Beschäftige, die ihren Vorgesetzten bzw. ihre Vorgesetzte als “einfühlsam“ einstuften, im Durchschnitt nur 3,7 Tage im Jahr, während Beschäftige mit „nicht einfühlsamen“ Vorgesetzten auf eine Fehlzeit von 6,2 Tagen kamen (vgl. MacBriade-King et al. 1999). Nicht nur den sachlich-rationalen Führungskräften fehlen oft Kompetenzen des 1x1 der Führungskommunikation. Dies ist auch bei perfek-
tionistisch-“überkritisch“ denkenden Führungskräften der Fall. Diese erleben abweichende Vorstellungen als Distress und reagieren mit Zurechtweisungen, die – objektiv gesehen – kontraproduktiv sind. Beiden FührungskräfteTypen mangelt es an Wissen: Wie gehe ich als Führungskraft professionell mit alltäglichen und schwierigen Gesprächssituationen um? Wie kommuniziere ich wertschätzend? Wie gebe ich angemessen Feedback? Und wie manage ich Konflikte erfolgreich? Erkenne ich die Anzeichen eines Konfliktes frühzeitig? Und wie wirke ich gezielt auf entstehende Konflikt-Dynamiken ein? In einer Studie des Instituts für Konfliktmanagement und Führungskommunikation (IKuF) aus dem Jahr 2012 wurden Führungskräfte dazu befragt, in welchem Ausmaß sie jeweils dazu beigetragen haben, dass eine Situation zu einem stressigen Konflikt geworden ist. 60
Prozent der Führungskräfte schätzten den eigenen Beitrag zu stressigen Konflikten als mindestens genauso groß ein wie den Anteil des Konfliktpartners. Der hohe Wert ergibt sich bereits bei der Selbsteinschätzung der Führungskräfte; es handelt sich hier (noch) nicht um eine Fremdeinschätzung. Das Untersuchungsergebnis zeigt, dass bei den KonfliktmanagementFähigkeiten von Führungskräften noch ein erheblicher Optimierungsbedarf besteht. Für Unternehmen muss das Ziel die Gesundheitsprävention sein. Vorzubeugen heißt konkret, Personen im Unternehmen angemessen zu qualifizieren. Sie müssen dazu in der Lage sein, in beruflichen Alltagssituationen so zu kommunizieren, dass Konflikte nicht eskalieren und Distress weitgehend verhindert wird. Führungskräfte und Mitarbeiter, die profunde Kenntnissen zum Konfliktmanagement und zur Feedback-Kommunikation erworben haben, leisten einen wichtigen Beitrag zu einem erfolgreichen Gesundheitsmanagement. ■ Dr. Timo Müller ist Leiter des Instituts für Konfliktmanagement und Führungskommunikation (IKuF) in Köln. Er ist im deutschsprachigen Raum als Business-Trainer, Keynote-Speaker und Konfliktmoderator im Einsatz. Dr. Timo Müller vermittelt Führungskräften und Mitarbeitern Kenntnisse, wie sie konflikthaften Situationen am Arbeitsplatz erfolgreicher und stressfreier begegnen können. Ein weiteres Schwerpunkt-Thema von ihm ist die Feedback-Kommunikation. Klick! www.IKuF.de ÒÒ Seite 4
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Weiterbildung
MANAGEN Wer ist die oder der Richtige für die Nachfolge? Mitarbeiter für zukünftige Aufgaben fit zu machen, ist unerlässlich. Doch eines ist klar: Qualifizierung im eigenen Unternehmen geht nicht von heute auf morgen. Damit sie gelingt, muss die Führungsetage einiges beachten. Von Heinz-Josef Botthof BILDUNGaktuell 01/2014
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Der demografische Wandel ist in den Unternehmen angekommen. Wer sich zukunftsorientiert aufstellen will, muss Weiterbildung sehr ernsthaft betrachten. Personalentwicklung ist eine wichtige Führungsaufgabe, die von den Führungskräften auch konsequent wahrgenommen werden muss. Die Mitarbeiter für zukünftige Aufgaben zu qualifizieren, ist eine wichtige Aufgabe. Mitarbeiter sollen dauerhaft weder unterfordert noch überfordert werden. Diese Aufgabe klingt zunächst einfach, ist aber vor dem Hintergrund der herrschenden Komplexität und der weiter zunehmenden Dynamik eine schwierige und bisweilen kritische Aufgabe. Auf welche Qualifikation soll ich setzen? Ist die Investition in Bildung bei dem Mitarbeiter berechtigt und werden wir den Pay Back haben? Neben diesen betrieblichen Bedingungen haben sich auch die Ansprüche der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewandelt. Sie achten sehr genau darauf, wie sie in einem Unternehmen weiter qualifiziert werden und damit marktfähig bleiben. Wenn Führung fördern und befähigen von Mitarbeitern bedeutet, setzt die Maßnahme hier an. In einem Dialog mit dem Mitarbeiter muss die Führungskraft herausarbeiten, welche Themen für den Mitarbeiter geeignet sind und gleichfalls eine Deckung zwischen dem Wunsch des Mitarbeiters und dem Bedarf des Unternehmens, der Abteilung herstellen. Ein ganz normales Verfahren ohne wirklich schwierige Komponenten – oder? Das braucht zum einen Zeit und zum anderen eine gute Kenntnis der Bedürfnisse und WünBILDUNGaktuell 01/2014
sche der Mitarbeiter. Fakten, die in einer engen Zusammenarbeit durch Beobachtung gewonnen werden. Die Realität vieler Führungskräfte sieht leider wie folgt aus: Die Leistungsspanne ist deutlich gestiegen, die Mitarbeiter sind an verschiedenen Standorten und Zeit ist ein extrem knappes Gut. Für Führungskräfte heißt das daraus entwickelte Notprogramm „Führen nach Zahlen“. Diese Bezeichnung wähle ich deshalb, weil nun in der knappen Zeit nicht mehr „Menschen geführt“ werden, sondern unterstützt durch Zahlen verwaltet werden. Der Fokus liegt auf Plan-Zahlen, Ist-Zahlen und den Abweichungen. Um Mitarbeiter, die in dem System funktionieren, muss man sich nicht kümmern. „High-Performer“ kommen ohne Führung klar. Um LowPerformer muss man sich leider intensiv kümmern oder aussteigen lassen. Führung, die so angelegt ist, wird scheitern! Menschen mit den falschen oder wenigen Begabungen zu fördern, ist schwierig und zeitintensiv. Gut qualifizierte Kräfte müssen unterstützt werden. Zum Beispiel mit Aufgaben, bei denen sie ihre Qualitäten einbringen und sich auch weiter entwickeln können. Gelingt dies, haben wir Mitarbeiter, die zufrieden sind und gerne in dem Bereich arbeiten. Gelingt es nicht, steigt die Fluktuation und der Aufwand der Führung, gute Mitarbeiter zu haben, nimmt massiv zu. Also stehen Führungskräfte vor der schwierigen Frage, ob sie ihre Zeit in die Qualifizierung der aktuellen Mitarbeiter investieren, deren Potenziale herausfinden und weiter fördern oder die Zeit im Recruiting mit deutlich
mehr Unsicherheitsfaktoren verbringen. Qualifizierung braucht Zeit. Sowohl bei dem Mitarbeiter als auch bei der Führungskraft. Daher muss Qualifizierung ein integraler Bestandteil der gesamten Führungsaufgabe sein. Weiterbildung muss bedarfsgerecht sein und muss direkt zur Anwendung kommen können. Bei den Unsicherheiten der Zukunft können wir nicht auf Vorrat qualifizieren. Wir müssen es als permanente Führungsaufgabe erkennen und laufend bedarfsgerecht qualifizieren. Das kann nur im engen Dialog zwischen dem Mitarbeiter und seiner Führungskraft gelingen. Wenn die durch Qualifizierung erreichte Leistungsfähigkeit den Anforderungen entspricht, ist die Aufgabe erfolgreich gelöst. Zumal gute Chancen bestehen, dass in einer solchen Konstellation auch die Leistungsbereitschaft und die Leistungsmöglichkeit gut ausgeprägt sind. Den Bildungsbedarf zu ermitteln und die Qualifizierungsmaßnahmen auszuwählen, ist aber nur der erste wichtige Schritt. Damit das Wissen nutzbringend umgesetzt werden kann, müssen Führungskräfte den Transfer aktiv unterstützen. Wenn Weiterbildung regelmäßig stattfindet, reduziert sich die Menge der neuen Informationen, die vermittelt werden, und damit erhöht sich die Transferrate der neuen Erkenntnisse. Damit sinkt auch der Zeitaufwand der Führungskraft. Grundsätzlich ist es die Verantwortung jedes Mitarbeiters, den Transfer zu leisten. Eine zentrale Rolle kommt allerdings der Führungskraft zu. Sie muss den Mitarbeiter „lassen“. Mitarbeiter müssen die Möglichkeit haben, neues Wissen auch anzuwenden. Außerdem sollte die Führungskraft auch fordernd
auftreten und den Transfer durch Rückfragen und entsprechende Aufgaben unterstützen. Führungskräfte erwarten häufig zu viel von einem Training. Oft besteht ein großer Nachholbedarf und die Wissenslücken sollen kurzfristig geschlossen werden. Das führt in der Regel zu einer Überforderung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und reduziert den Nutzen. Ein in Summe realistisches Konzept und realistische Umsetzungsmöglichkeiten fördern die Gesamtmaßnahmen. Dazu kann man gemeinsam mit dem Mitarbeiter einen Transferplan ausarbeiten. Gleichfalls werden in den Transfergesprächen weitere mögliche Maßnahmen erkannt und die kontinuierliche Qualifizierung wird ohne großen zusätzlichen Zeitaufwand realisiert. Damit gewinnen alle Beteiligten!
Fazit: Transfersicherung ist ein absolutes MUSS. Es wird im Zusammenwirken mit vielen / allen Beteiligten optimal umgesetzt. Transfersicherung ist eine kontinuierliche Aufgabe. Nur so kann das neu erworbene Wissen konsequent genutzt werden. Die Führungskraft hat eine Schlüsselrolle! ■ Heinz-Josef Botthof ist Diplom-Volkswirt und ist seit 1988 lehrend tätig. Er leitet den Bereich Management Training bei Plaut Business Consulting in München. Heinz-Josef Botthof hält am 5. Februar 2014 auf der LEARNTEC 2014 die Keynote „Die Rolle der Führungskraft im Transferprozess“. Klick! www.plaut.com ÒÒ Klick! www.learntec.de ÒÒ Seite 6
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Was Business Traveller und Frequent Flyer wissen sollten.
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Stille Stärke
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Zurückhaltende Persönlichkeiten gehen in Unternehmen oft unter. Sie drängen sich nicht gerne in den Vordergrund und arbeiten lieber in Ruhe. Kluge Chefinnen und Chefs lassen sich jedoch nicht täuschen, sie erkennen die Potenziale der Stillen und fördern, wo es etwas zu fördern gibt. Von Chris Wolf
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Wie entscheiden Sie als Führungskraft eigentlich, ob ein Mitarbeiter Potenzial hat, also zu mehr, Höherem, Besseren taugt? Nicht selten schreibt man denjenigen Potenzial zu, die auffallen, vorzugsweise positiv. Die, die keine Werbung für sich machen, erscheinen eben nicht auffallenswürdig und fallen so durchs Raster. Nur: Introvertierte gehen eben meist unter. Sie stehen nicht im Fokus, weil dies ihrem Naturell widerspricht und weil sie nicht verstehen, wieso das notwendig sein soll oder wie man das macht und sich dabei wohl fühlt. Damit entgehen einem Unternehmen aber vielleicht genau die Professionals, die voller Herzblut und mit Substanz das Unternehmen weiterbringen würden. »
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Anregung 1: Die Leisen auf Potenzial prüfen, ohne auf auffallende Aktivitäten zu warten. Schauen Sie auf Leistung und Können, unabhängig von der Art, wie beides verkauft wird. Leise Mitarbeiter wollen nicht durch den Lärm stören, den die Selbstdarstellung oft mit sich bringt ... Wie erkennen Sie introvertierte Menschen? Leise Menschen erkennt man daran, dass sie eher erst zuhören, als selbst gleich etwas zu sagen. Sie werden in Meetings nicht früh in eine Diskussion eingreifen und meistens erst denken und dann etwas sagen, falls ihr Beitrag noch passt. In Diskussionen werden sie eher nicht durch Dominanz auffallen, aber gelegentlich durch überraschende Leidenschaft. Die introvertierten Mitarbeiter werden sich eher häufiger zurückziehen, um Energie zu tanken, z. B. am Rande von Tagungen. Ihr emotionaler Ausdruck könnte sparsamer sein, z. B. in Diskussionen. Bezüglich der Arbeit selbst gehen sie gerne in die Tiefe, z. B. bei der Arbeit an Konzepten. Introversion ist dabei keine absolute Eigenschaft, sondern Menschen haben eine mehr oder weniger ausgeprägte Vorliebe für introvertiertes Handeln. Danach kann man sie einfach auch fragen, wenn man selbst keine so klare Einschätzung hat. Die Diskussion ist oft sogar sehr bereichernd. Speziell introvertierte Menschen reden oft ganz gerne über ihre Präferenz, weil sie wissen, dass häufig eher Extraversion erwartet oder geschätzt wird – ihre eigene Präferenz für Introversion könnten sie als störend empfinden. Wie kann man nun in der BILDUNGaktuell 01/2014
Führung besonders gut und wirksam mit den leisen Menschen umgehen?
Vermeiden Sie die Zuhörfalle Leise Mitarbeiter sind häufig gute Zuhörer. Wenn Sie als Chef nun eher eine Vorliebe für extravertiertes Handeln haben, dann stehen die Chancen gut, dass die Redeverteilung in ihrer beider Gespräche sehr zu Ihren Gunsten ausfällt ... Es könnte sein, dass der Leise einfach zu gut ist im Zuhören und Sie diese Stärke unabsichtlich nutzen. Nur kommt der leise Mitarbeiter dann nicht zu Wort, und Sie erhalten weder einen rechten Eindruck von dem, was ihn beschäftigt noch von seiner Performance. Er möchte Sie eben nicht stören.
Anregung 2: Vermeiden Sie im Mitarbeitergespräch, dass der leise Mitarbeiter Ihnen zu ausführlich seine Zuhörqualitäten beweist. Hören Sie stattdessen zu, nachdem Sie geeignete Fragen gestellt haben.
Leises Timing: Ermöglichen Sie Vorbereitung Leise Menschen mögen häufig ein anderes Timing als eher laute Menschen. Sie denken erst und reden dann ... und dabei kann das Denken auch sehr ausführlich sein. Wenn Sie Beiträge zu Arbeitsthemen von leisen Menschen wünschen, dann profitieren diese deutlich, wenn Sie dem Mitarbeiter Vorbereitung ermöglichen. Dies können Sie z. B. realisieren, indem Sie einen Introvertierten nach der ersten hitzigen, lauten Phase einer Diskussion bitten, nach einer (Kaffee-)pause einmal seine Meinung
zum Thema kurz darzustellen oder indem Sie dem Leisen von vorneherein den Auftrag geben, einen kleinen Teil einer Tagung inhaltlich vorzubereiten. Verhindern Sie gute Beiträge nicht, indem Sie dem leisen Mitarbeiter seine Rückzugsräume nehmen, sondern bieten Sie ihm Verständnis, wenn er Zeit für sich braucht. Introvertierte wollen nicht durch Darstellung von Halbdurchdachtem stören.
nen und auch häufig über den Leisen selbst können den Arbeitsalltag wunderbar anreichern und nachhaltige Freude auslösen ... Introvertierte wollen durch Ihren Humor nicht stören, sondern dezent zum Denken anregen.
Anregung 3: Berücksichtigen Sie das Timing
Der leise Mitarbeiter braucht seine Ruhe, um seine Leidenschaft und inhaltliche Tiefe in der Arbeit einzubringen. Er braucht Zeit, um zu denken, bevor er spricht. Das muss ihm eine Führungskraft hin und wieder ermöglichen, vor allem in wichtigen Gesprächen. Sie werden seine leisen Stärken, seine inhaltliche Leidenschaft und nicht selten seinen feinen, leisen Humor nutzen können, wenn Sie der Bitte folgen: „Bitte nicht stören!“ und dem leisen Mitarbeiter Ruhe verschaffen. Wenn Sie ihm echte Wertschätzung für seine leise Art gewähren und nicht andeuten, er müsse sich mal ändern, dann ist erfolgreiche Zusammenarbeit kaum noch zu verhindern. ■
des Introvertierten und räumen Sie ihm Zeit ein.
Sehen Sie die Leidenschaft Wenn leise Mitarbeiter etwas zu sagen haben, dann werden Sie Ihr Anliegen oder Ihren Inhalt mit Leidenschaft besetzen. Mit leisen Tönen und viel Tiefe und Präzision wird hier vorgegangen, und wenn Sie dieser Arbeit mit Aufmerksamkeit begegnen, haben Sie die beste Chance, die Motivation des leisen Mitarbeiters zu erhalten und sogar zu steigern, Störungen durch oberflächliche oder vorschnelle Kommentare, Bewertungen oder Eingriffe hingegen können schnell schaden.
Anregung 4: Achten und nutzen Sie die stille und starke Leidenschaft des introvertierten Mitarbeiters.
Genießen Sie leisen Humor Bisweilen haben leise Menschen feinen Humor, der sich eher durch Schmunzeln als durch Schenkelklopfen artikuliert. Durchdachtes und intelligentes Amüsement über Inhalt, Situatio-
Anregung 5: Achten Sie auf den leisen Humor Ihres Mitarbeiters. Dieser bringt Anregungen für die Arbeit und Spaß.
Chris Wolf arbeitet als Diplom-Psychologin in Beratung und Training. Die eigene Präferenz für Introversion löste das Interesse für das Thema aus und führte zu ihrer großen Expertise in introversionsgerechten Trainingsmethoden. Sie ist Autorin des Buches „Überzeugend leise! Wie stille Menschen ihre Stärken wirkungsvoll nutzen“ (Verlag BusinessVillage, 2013). Klick! www.BusinessVillage.de ÒÒ Seite 9
DER WEG IST DAS ZIEL Foto: istockphoto
Auch Nonprofit-Organisationen, die einmal gegründet wurden, um die Welt zu verbessern, müssen umdenken. Denn mit der Zeit können zu viel Bürokratie, Kosten und Unbeweglichkeit entstehen. Von Dr. Christian Horak
BILDUNGaktuell 01/2014
Innovation wird oft mit dem Bild des Unkonventionellen oder auch Kreativen verbunden. Innovativ zu sein bedeutet jedoch auch mit Herausforderungen und Aufgaben neu umzugehen und ist daher nicht nur für Profit-, sondern ebenso für Nonprofit-Organisationen (NPOs) für die nachhaltige Zielerreichung notwendig. Über viele Jahre galten NPOs in Österreich als innovativ und alternativ denkend, um Lösungen für verschiedenste gesellschaftspolitische, kulturelle, sportliche u.a. Herausforderungen zu entwickeln. In letzter Zeit hat dieses Image teilweise (sicher nicht für alle NPOs in gleichem Maße geltend) Risse bekommen. Sie werden zunehmend als behäbig, beharrend, ideenlos und unkreativ wahrgenommen. Folgende Gründe können dafür genannt werden: » Starkes Wachstum in der Vergangenheit: Viele NPOs haben in den letzten Jahrzehnten ein starkes Wachstum erlebt. Die zunehmen-
de Größe hat teilweise zu „Verbürokratisierungen“ geführt. » Schwindender Spielraum: Durch schwierigere Rahmenbedingungen (Kürzung öffentlicher Gelder, Spendenbereitschaft kommt mit Wachstumsschritten nicht mit, etc.) wird der Spielraum für Experimente grundsätzlich kleiner, wird aber auch von den Geldgebern zunehmend überhaupt in Frage gestellt. NPOs haben zu funktionieren und sollen nicht so viele öffentliche bzw. gespendete Euros in Weiterentwicklung stecken. » Abnehmende Veränderungsenergie: Dieser schwindende Spielraum führt bei NPOs auch zu wahrnehmbaren Ermüdungserscheinungen, Veränderung anzugehen. Teilweise werden die externen Rahmenbedingungen aber auch gerne als Begründung verwendet, wieso es ja doch nicht möglich ist, innovativ zu denken und zu handeln. » Innovation bedeutet auch, Platz für Neues zu schaffen: Gerade NPOs tun sich mit dem » Seite 10
Abschaffen, dem Loslassen, oft besonders schwer. Zu viele Emotionen sind mit manchen Aktivitäten, Leistungen verbunden. In Zeiten des Wachstums war es viel leichter, liebgewonnene „Altlasten“ mitzuschleppen, das ist bei geringerem Spielraum so nicht mehr möglich. Verschärft werden diese Entwicklungen durch neue Rahmenbedingungen bzw. Herausforderungen: » Wie schon oben dargestellt, werden die Mittel generell auch in Zukunft knapper werden. » Vor allem im Gesundheits- und Sozialbereich treten neue Mitspieler auf, die auf andere Art und Weise soziale Probleme lösen wollen. Man spricht von Social Entrepreneurs und Social Enterprises, die Lösungen für soziale Themen auf Basis eines unternehmerischen Ansatzes suchen und weiterentwickeln. In diesem Zusammenhang wird auch immer öfter der Begriff „Social Innovation“ verwendet. NPOs laufen hier Gefahr, ihre Positionierung als Lösungsanbieter Nummer 1 in diesen Feldern zu verlieren. » Von öffentlichen Geldgebern werden zunehmend unter dem Titel „Wirkungsorientierung“ Nachweise verlangt, dass die Leistungen der NPOs entsprechend State of the Art und damit förderungswürdig sind. Das Thema „Innovation“ ist daher von zentraler strategischer Bedeutung für die zukünftige Positionierung der NPOs in Österreich. Folgende strategische Fragen sind daher zu diskutieren: » Welche Bedeutung soll Innovation in unserer Organisation haben? Wie wollen wir uns dazu klar positionieren? Eine Defensivstrategie wie BILDUNGaktuell 01/2014
bislang wird hier nicht zukunftsträchtig sein. » Wie verschaffen wir uns den Raum für die notwendigen Innovationen? Raum kann man sich am ehesten im eigenen Umfeld schaffen, indem man viel intensiver das strategisch geplante Abschaffen umsetzt. » Wie gehen wir mit den Social Entrepreneurs um? Wie gehen wir mit den derzeitigen kreativen Köpfen in unseren Reihen um? Können wir ihnen eine attraktive Umgebung bieten, die marktfähige Innovationen ermöglichen? » Wie konsequent setzen wir die Wirkungsorientierung um und stellen damit auch traditionelle, über viele Jahre erfolgreiche Leistungen bzw. Vorgehensweisen aktiv in Frage? » Welche Schritte setzen wir diesbezüglich im Rahmen der Aus- und Weiterbildung, um insbesondere die oberen und mittleren Führungskräfte fit für diese Herausforderungen zu machen? NPOs, die sich diesen Fragen in nächster Zeit nicht stellen, werden es zunehmend schwer haben, ihren spezifischen Auftrag – ihre Mission – entsprechend zu erfüllen und laufen Gefahr, ihre Existenz nachhaltig zu gefährden. ■ Dr. Christian Horak ist geschäftsführender Partner bei Contrast Management-Consulting. Als Lehrgangsleiter beim Controller Institut ist er für die Entwicklung des NPO-spezifischen Ausbildungsprogramms sowie den NPO-Kongress verantwortlich. Veranstaltungstipp: NPO-Forum am 29. Jänner 2014, 18.00 Uhr, Impact Hub Vienna. Klick! www.oeci.at ÒÒ Seite 11