BILDUNGaktuell_06_2008

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BILDUNGaktuell Das eMagazin für Management, Personalwesen und Weiterbildung

#06 26.05.2008

STRATEGIE

Kein Glücksspiel

Foto: stockbyte

Der Erfolg liegt auf der Hand. Alles, was Sie über die richtige Unternehmensstrategie wissen sollten

¢ SCHULE MIT ZUKUNFT Raus aus der Reformitis: Die Schule hat das zu leisten, was die Gesellschaft will Ein Medienprodukt der karp | communication company

¢ DIE KUNST DER LIST Was westliche Manager von Chinesen lernen können

¢ DENKEN UND HANDELN Alles bleibt, wie es ist? Durchbrechen Sie die Muster des Misserfolges


Foto: argos.tv | Armin Plankensteiner

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Business as usual Sie gehört zu den Kernaufgaben der Manager und wird dennoch oft vernachlässigt: die Beschäftigung mit der Strategie des Unternehmens. Der ständige Wettlauf um mehr Effizienz, Qualität und Schnelligkeit bestimmt den Manager-Alltag. Zum Nachdenken bleibt in der Hektik des Tagesgeschäfts wenig Zeit. Es werden zwar Strategie-Konzepte entworfen, lange To-Do-Listen geschrieben und viel um den heißen Brei geredet. Doch so lange nichts Beunruhigendes passiert, bleibt alles beim Alten. So lange, bis unerwartete Marktveränderungen das Unternehmen heftig treffen. Und dann? Ja, dann heißt es sparen, wo

es nur geht. Posten werden nicht nachbesetzt, Mitarbeiter werden gekündigt. Warum nicht gleich zusperren? Hauptsache, man bekommt die Kosten wieder in den Griff. Um dem Stillstand ein Schnippchen zu schlagen, gilt es die Position des Unternehmens nicht nur einmal, sondern in regelmäßigen Abständen zu prüfen und den Kurs bei Bedarf neu zu bestimmen. Wie Ihnen die Strategieschleife dabei hilft, verrät Dr. Reinhart Nagel ab Seite 15. Wie man Führungskräfte dazu bewegen kann, strategisch zu denken und zu handeln und warum die Strategieentwicklung als langfristiger Lernprozess angelegt sein sollte, erfahren Sie von Univ.-Prof. Dr. Werner Mussnig ab Seite 05. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen! Alexander Karp Herausgeber

PS: In der nächsten Ausgabe widmen wir uns dem Thema Internationalisierung. Online ab 30. Juni auf www.bildungaktuell.at

Impressum Herausgeber: Alexander Karp Redaktionsleitung: Mag. Annemarie Josef, Autoren dieser Ausgabe: Prof. Dr. Dres h.c. Rolf Dubs, Mag. Herbert Korvas, Univ.-Prof. Dr. Werner Mussnig, Dr. Reinhart Nagel, Dr. Karl-Heinz Oeller, Prof. Dr. Dr. Harro von Senger, Dr. Tosca Wendt Grafik & Visual Design: Anton Froschauer (PDF) Thomas Nitschinger (Online)

Anzeigen & Advertorials: Alexander Karp Redaktion & Anzeigenverwaltung: Siegfriedgasse 52, 1210 Wien www.BILDUNGaktuell.at Tel. +43.1.87 668 18 Offenlegung Medieninhaber & Herausgeber: Alexander Karp www.karp.at Siegfriedgasse 52, 1210 Wien Unternehmensgegenstand: Pressebetreuung, Konzeption und

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Erstellung von Special-Interest-Magazinen im B2B- und B2C-Bereich. Grundlegende Richtung: Journalistisch unabhängige Berichterstattung und Hintergrundberichte zu den Themen Aus- und Weiterbildung, Karriere, Lernen, Bildungspolitik, Management, Schule, Universitäten, alternative Lernformen, Persönlichkeitsentwicklung, Bildung im weitesten Sinne. Hinweis: Bei allen personenbezogenen

Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter. Alle im Inhalt angeführten Preis- und Terminangaben sind vorbehaltlich Druckfehler und Änderungen. Bezahlte PR-Texte sind als „Promotion“ gekennzeichnet. COPYRIGHT: Alle Rechte sind vorbehalten. Abdruck, auch nur auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers.

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Welche Strategien es heute braucht, um eine Schule mit Zukunft zu gestalten. Von Prof. Dr. Dres h.c. Rolf Dubs

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RAUS AUS DER REFORMITIS An sich ist es gut, wenn Erfahrungen aus der Wirtschaft in der Führung von Schulen Eingang finden. Allerdings dürfen solche Erkenntnisse nicht unverändert in den Schulbereich übernommen werden, weil doch wesentliche Unterschiede in den Gegebenheiten bestehen. Dies ist auch der Fall mit den Strategien und dem strategischen Denken. Mit der Einführung des Konzeptes der teilautonomen (selbstständigen, eigenverantwortlichen) Schule beginnt man zu Recht zwischen der strategischen Führung der Schulen durch die politischen und administrativen Behörden und der operativen Führung durch die Schulleitung zu unterscheiden. Die Schulleitung soll im Rahmen von strategischen Zielvorgaben große operative Freiräume in der alltäglichen Schulführung erhalten. Dieser Wandel lässt sich wissenschaftlich rechtfertigen, denn es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass dezentrale Schulsysteme mit größeren Entscheidungsfreiräumen bei den einzelnen Schulen wirksamer sind als zentral geleitete Schulsysteme. Während sich die einzelnen Schulen mit der operativen Führung weniger schwer tun, bereitet die strategische Führung den politischen Behörden und der Schuladministration mehr Schwierigkeiten, was einerseits auf unklare begriffliche Grundlagen und andererseits auf Unverständnis zurückzuführen ist. Zudem befürchtet die Schuladministration mit der Konzentration auf die strategische Führung der Schulen einen Verlust an Einfluss. Letztlich ist die Schule eine politische Institution, d.h. sie hat in Erziehungsfragen das zu leisBILDUNGaktuell 06/2008

ten, was die Gesellschaft will. Deshalb müssen die politischen Schulbehörden die strategischen Ziele für die Schule entwickeln. Wünschenswert wäre, wenn diese Ziele zu Beginn einer Legislaturperiode festgelegt würden, damit sich Schulbehörden und Schuladministration daran orientieren könnten. Hier entsteht aber der große Unterschied zur Wirtschaft. Während sich die Unternehmungen an Gewinnzielen, Effizienzen und definierter sozialer Verantwortung orientieren, brechen im Schulwesen Fronten auf. Parteipolitische Dogmen;

wenig koordinierte und kleinliche administrative Einzelmaßnahmen, welche den Schulen nicht als strategische Vorgaben dienen und die eigenständige operative Führung der einzelnen Schule trotz aller Lippenbekenntnisse zur Teilautonomie zunehmend erschweren. Was ist in dieser schwierigen Situation zu tun? Der rasche Wandel verlangt Innovationen im Schulwesen. Dabei soll aber nicht eine Strategie der Innovation um der Innovation Willen gesucht werden, sondern es ist viel stärker

Letztlich ist die Schule eine politische Institution, d.h. sie hat in Erziehungsfragen das zu leisten, was die Gesellschaft will.

Mit einer durchdachten Strategie für die Schulen ließen sich viele dogmatische Diskussionen über Chancengleichheit, Begabtenförderung, neue Schultypen usw., welche über Jahre den Schulfortschritt behindern, überwinden und gereichten der Schule zum Vorteil. Aber eben: Muss es ein Schicksal der Demokratie bleiben, dass durchdachtes strategisches Denken und Handeln in öffentlichen Bereichen politisch nicht möglich oder auch nicht gewollt sind? n

Prof. em. Dr. Dres h.c. Rolf Dubs

Schlagworte, die im Zuge des Zeitgeistes liegen; Kompromissunfähigkeit sowie eine ungenügende Wahrnehmung wissenschaftlicher Erkenntnisse prägen die Debatten und führen dazu, dass den Schulen im Gegensatz zur Wirtschaft gut reflektierte Strategien oft fehlen. Die Folge davon sind eine ungenügend durchdachte Erneuerung der Schule sowie zunehmend

Weise für die parteipolitische Profilierung eignet. Selbstverständlich müssen die Parteien ihre Grundhaltung in die bildungspolitische Diskussion einbringen. Sie sollten sie aber viel kritischer reflektieren und dort, wo es möglich ist, mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen konfrontieren, um aufgrund systematischer, fundierter und auf die Interessen der jungen Generation Bedacht nehmender Weise die strategischen Grundlagen für die Schule zu schaffen. Dabei sollten sie sich bei ihren strategischen Entscheidungen immer bewusst bleiben, dass es in der Pädagogik nichts gibt, was nicht auch wieder Nachteile hat. Patentlösungen sind meistens untauglich.

zu bedenken, was sich in den Schulen bislang bewährt hat, und wo begründete strategische Neuerungen zwingend sind. Nur so kommt die Schule aus der häufig wenig bedachten „Reformitis“ heraus, die Lehrpersonen und Eltern zunehmend verunsichert. Im Weiteren müssten viele Politikerinnen und Politiker erkennen, dass sich die Schule in keiner

Prof. Dr. Dres h.c. Rolf Dubs ist emeritierter Professor für Wirtschaftspädagogik und ehemaliger Rektor der Universität St. Gallen. Er hatte Lehr- und Forschungsaufenthalte, z.B. an der Harvard-University, Stanford University.

Ê Klick! www.iwp.unisg.ch Seite 04


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DENKMUSTER Wie man Führungskräfte dazu anhalten kann, strategisch zu denken und zu handeln. Von Univ.-Prof. Dr. Werner Mussnig

Wie die Erfahrung zeigt, haben strategische Projekte für viele, wenn nicht für die meisten Unternehmen eine weitaus geringere Bedeutung, als gemeinhin angenommen oder auch von Beratungsunternehmen behauptet wird. Warum? Die Veränderung gestaltet sich weder tiefgehend noch nachhaltig. In solchen Strategieentwicklungsprojekten, die nicht als langfristige Veränderungsprozesse verstanden werden, dominiert immer noch die Meinung, dass das Ergebnis in Form eines strategischen Konzeptes einfach mittels To-Do-Listen abzuarbeiten wäre. Wirksame strategische Entwicklungsprozesse zielen hingegen auf die grundsätzliche Veränderung des Unternehmens ab und schließen im Kern die Veränderung der Führungskräfte und in weiterer Folge durch deren verändertes Führungsverständnis und -verhalten alle Mitarbeiter mit ein. Strategieentwicklung » Seite 05


DENKMUSTER versteht sich derart als Bewusstseinsentwicklung und sollte als solche als langfristiger Lernprozess angelegt sein. Strategische Konzepte überholen sich heute oft innerhalb weniger Monate, die Fähigkeit, strategisch bewusst zu denken und zu handeln, unterliegt hingegen keinem Ablaufdatum, sondern lässt sich stetig weiterentwickeln. Wenn man nun davon ausgeht, dass die zuvor aufgestellte Hypothese der relativ geringen Wirksamkeit vieler strategischer Projekte zutreffend ist, so darf der weitere Beitrag auch nicht die üblichen Konzepte, wie sie in den meisten Strategiebüchern beschrieben und von Beratungsunternehmen angewandt werden, wiedergeben. Wenn man ausschließlich diesen Konzepten folgen würde, darf man wohl kaum von grundsätzlich anderen Ergebnissen des Prozesses ausgehen. Der Beitrag darf allerdings nicht als Plädoyer gegen Konzepte wie die Balanced Scorecard verstanden werden. Dennoch legt der Beitrag bewusst keinen methodischen Fokus, sondern akzentuiert prozessuale Interventionen, um ein Bewusstsein für ein anderes Denken und Raum für ein geändertes Handeln entstehen zu lassen.

Vom Bewusstsein zum Erkennen Die Veränderung des Bewusstseins bereitet demnach die Basis für eine tiefBILDUNGaktuell 06/2008

gehende Veränderung des Wahrnehmens und deren geistigen Verarbeitung, des Denkens, auf. Die tradierten Denkgewohnheiten sind den Führungskräften mit den Jahren derart vertraut geworden, dass sie sich dieser Muster absolut nicht bewusst sind, dass eine Alternative kaum vorstellbar, gar nicht existent erscheint. Bewusstsein entsteht daher erst, wenn die Ereignisse dem normalen, geläufigen Rhythmus entgleiten. Dann kommt es uns zu Bewusstsein, dann erst erkennen wir das unserem Denken und Handeln zugrundeliegen-

de Muster, erst dann eröffnen sich uns wirkliche Alternativen. Erst dann kann man erkennen, dass man selbst die Organisation erschaffen und mitgestaltet hat, in der man nun arbeitet. Es geht also um das Erkennen, dass man ganz wesentlich selbst die Probleme erschaffen hat. Es geht darum, zu erkennen, dass man es selbst ist – und nicht die anderen – wie z.B. die Konkurrenten, die Kunden, die Mitarbeiter, die Banken etc., die die aktuellen Probleme verursachen. Dieses Erkennen schließt aber die Er-

Probleme werden erfahrungsgemäß häufig durch immer wiederkehrende erfolglos versuchte Lösungen aufrechterhalten. Univ.-Prof. Dr. Werner Mussnig

kenntnis ein, dass man somit auch selbst die Autorität hat, die Situation zu verändern.

Muster des Misserfolges Wie kann man nun Interventionen im Prozess setzen, die das Erkennen ermöglichen oder gar forcieren? Eine wirksame Methode ist das „Unterbrechen“. Erst wenn der „übliche Verlauf“ solcher Sitzungen unterbrochen wird, erst wenn der in solchen Sitzungen übliche steril anmutende, mehr oder weniger höfliche Austausch von Informationen in Frage gestellt wird, erst wenn der durch taktisches Verhalten geprägte Sitzungscharakter reflektiert wird, kann man erkennen, dass die „üblichen“ Sitzungen zu keiner wirklichen Veränderung führen werden. Die meisten strategischen Veränderungsprozesse versanden nicht, weil es ihnen an großen Visionen und noblen Intentionen mangelt. Sie scheitern, weil die Menschen die Realität, mit der sie konfrontiert sind, nicht sehen. Es geht darum, was Peter Senge und Otto Scharmer vom Massachusetts Institute of Technology als „to see our seeing“ bezeichnen. Die Aufgabe des Beraters ist es daher, bewusst Widerstand gegen die üblichen, eingefahrenen und als „normal“ empfundenen Muster des Interpretierens, des Verurteilens, des Klassifizierens, des „schon alles Wissens“ zu setzen. Systeme wehren sich allerdings gegen Unterbrechungen ihrer Gewohnheiten. Je mehr Widerstand ein System zeigt, desto notwendiger ist es allerdings, mittels Interventionen die unreflektierten Gewohnheiten in » Seite 06


Raus aus dem Teufelskreis Methoden des Unterbrechens sind beispielsweise zu irritieren (paradoxe Interventionen zu setzen), im positiven Sinne zu verstören, ungewohnte Fragen zu stellen, eine Frage mehr als üblich zu stellen, schnelle Antworten zu unterbinden oder gemeinsam zu schweigen. Es geht darum, „magische Momente“ entstehen zu lassen, in denen Erkenntnisse ausgesprochen werden, deren Wahrheitsgehalt keiner in Frage stellt. Es scheint, als hätte die Führungskraft für eine zeitlang Zugang zu einer kraftvollen, tiefer liegenden Ressource – die üblichen Masken des Taktierens, des sich Präsentierens, der Angst beginnen sich aufzulösen. Dem Erkennen liegt die Kraft zugrunde, aus einem Teufelskreis, in dem viele Unternehmen sich befinden, auszusteigen. Probleme werden erfahrungsgemäß häufig durch immer wiederkehrende erfolglos versuchte Lösungen aufrechterhalten. Selbst fachlich sehr kompetente Führungskräfte sind häufig nicht in der Lage, wiederholte und nicht wirksame Lösungsversuche zu unterbrechen. Ein solcher Teufelskreis der versuchten Lösung aus strategischer Perspektive ist es beispielsweise, noch mehr, noch härter zu arbeiten als bisher, um der Situation „Erfolglosigkeit trotz großer Anstrengung“ zu entkommen. BILDUNGaktuell 06/2008

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Frage zu stellen, denn unreflektierte Gewohnheiten führen zu vorab getroffenen, nie hinterfragten strategischen Grundsatzentscheidungen – die klassischen Wegbereiter strategischen Misserfolgs.

Ohne auf weitere Interventionstechniken im Detail noch einzugehen, sollen abschließend einige weitere zumindest genannt werden. Hilfreich kann das Unterbrechen des Prozesses durch den Berater sein, um immer wiederkehrende Muster zu reflektieren, so dass die Führungskräfte aus den meist vielen Beispielen des Tagesgeschäftes, die in den Sitzungen erzählt werden, lernen, das größere Ganze zu erkennen. Für das Innehalten können auch „Negativszenarien“ entwickelt werden, um Bewusstsein durch Betroffenheit zu entwickeln. Widerstände gegen das Unterbrechen können auch durch die Frage nach der Alternative zu dem aktuellen Entwicklungsprozess aufgelöst werden, da meist keine erfolgversprechenden Antworten darauf gefunden werden. Sowohl die Negativszenarien als auch die Frage nach Alternativen offenbaren dabei eine wesentliche Erkenntnis, der viele Führungskräfte zuwider handeln: „Der Mensch ist frei in seinen Entscheidungen, aber immer gebunden an die Konsequenzen seiner Entscheidungen!“ n Univ.-Prof. Dr. Werner Mussnig ist an der Alpen Adria Universität Klagenfurt am Institut für Unternehmensführung im Bereich Controlling und strategische Unternehmensführung tätig. Er ist wissenschaftlicher Leiter einer Reihe von universitären Lehrgängen (u.a. WIFIMBA-Lehrgang Advanced Academic Business Manager).

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Die chinesische Kunst der List „Hinter dem Lächeln den Dolch verbergen“. Was westliche Manager über die 36 Strategeme wissen sollten. Von Prof. Dr. Dr. Harro von Senger

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Die List dem Licht der Vernunft zugänglich gemacht haben Ê Chinesen . Denn im Reich der Mitte wurden zahlreiche Listtechniken wie „Hinter dem Lächeln den Dolch verbergen“, „Unter dem Kessel das Brennholz wegziehen“ und „Den Tiger vom Berg in die Ebene locken“ im 15./16. Jh. in dem Traktat Miben Bingfa Sanshiliu Ji (Das geheime Buch der Kriegskunst: Die 36 Strategeme) zusammengestellt und kommentiert. Das Wort „Strategem“ stammt aus dem Altgriechischen. Es bedeutet zunächst „Kriegslist“ und dann allgemein „List“, „Trick“. Ich benutze „Strategem“ für „List“, weil „Strategem“ neutral klingt, wogegen „List“ sehr schnell mit „Hinterlist“ und „Arglist“ in Verbindung gebracht und demzufolge negativ bewertet wird. Der ungute Beigeschmack von „List“ wird der chinesischen Einstellung zur List nicht gerecht. Listkompetenz wird in China als ein Bestandteil von Weisheit und Klugheit angesehen und daher mit Wertschätzung bedacht. » Seite 08


DIE CHINESISCHE KUNST DER LIST Westliche Manager sollten in erster Linie wissen, dass chinesische Geschäftspartner dazu neigen, und zwar nicht nur in Verhandlungen, defensiv Worte und Handlungen ihres Gegenübers strategemisch zu analysieren, also in Erwägung zu ziehen, es benutze möglicherweise ein Strategem, weshalb sie auf der Hut sein müssten. Dies mag eine Stelle aus dem Romans Ziye (Shanghai im Zwielicht) von Mao Dun (1896–1981) veranschaulichen. Der Spekulant Zhao Botao hat dem Bankier Du Zhuzhai soeben die Gründung eines Konsortiums für den Handel mit höchst unsicheren Staatsanleihen vorgeschlagen. Dafür benötigt er innerhalb von zwei Tagen vier Millionen Dollar in bar. Der Bankier reagiert wie folgt:

Der chinesische Bankier denkt also unwillkürlich an ein mögliches Strategem seines Gesprächspartners. Dieses vermag er, wozu westliche Manager nicht in der Lage wären, genau zu identifizieren, und zwar mit Die Zikade entschlüpft ihrer goldglänzenden Hülle, dem Strategem Nr. 21 im Katalog der 36 Strategeme. Mit einem möglichen Strategem rechnend geht er erst viel später auf den Handel ein, nachdem er abgeklärt hat, dass keine List dahintersteckt. Hier will also der chinesische Bankier nicht selbst eine List anwenden, sondern sich gegen eine mögliche List vorsehen. Westliche Manager sollten ferner wissen, dass Chinesen die Kunst der List auch offensiv einsetzen. Dabei gehen sie von einem weiteren Listbegriff aus: List als ein außer-routinemäßiges, das Gehege der viel gerühmten Spieltheorie durchbrechendes, überraschendes Problemlösungsmittel, von dem der davon betroffene Konkurrent hinterher sagen wird: „So etwas wäre mir nie in den Sinn gekommen.“ List ist so gesehen nicht das Gegenteil von Ver-

BUCH-TIPPS 36 Strategeme für Manager Prof. Dr. Dr. Harro von Senger, Piper Verlag

trauenswürdigkeit, sondern von Schlafmützigkeit und Tunnelblickfixiertheit. Listkompetenz bedeutet für chinesische Manager in erster Linie, ständig hellwach und geistesgegenwärtig auf Chancen, die spieltheoretisch denkende westliche Manager übersehen, zu lauern und sie auszunützen. Aber auch Täuschungsmanöver können zu chinesischem Listverhalten gehören. In ethischer Hinsicht werden drei Arten von Listanwendung unterschieden: 1. die – bisweilen mit Strafe bedrohte – destruktive, 2. die akzeptierte, ja propagierte legale oder dann Grauzonen ausnutzende konstruktive und 3. die scherzhafte Listanwendung. Schließlich sollten westliche Manager wissen, dass in der Volksrepublik China die Kunst der List nicht eine isolierte Stellung einnimmt, son-

dern in eine Denkpyramide eingebunden ist. Deren Spitze bildet der Sinomarxismus, deren beiden Basisecken sind die Supraplanung (Moulüe) und die Kunst der List. Alle drei Bauteile bilden ein Ganzes. Leider wird diese aus dem Milliardenvolk emporragende Geistespyramide im Westen nicht wahrgenommen. n Prof. Dr. Dr. Harro von Senger ist Professor für Sinologie an der Universität Freiburg im Breisgau und Experte für chinesisches Recht des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung (Lausanne). Er gilt als der meistgelesene Autor der westlichen Chinaforschung. www.36strategeme.eu Ê Klick! Ê Klick! www.supraplanung.eu Werbung

Angestrengt dachte er nach. Diesen Zhao kannte er als weitschauenden Rechner und Strategen. Aber er kannte ihn auch als Mann des Bluffs. Als er jetzt die Augen wieder aufschlug und Zhaos stechenden unergründlichen Blick auf sich geheftet sah, da schoss ihm ein Gedanke durch die Ganglien seines Hirns: Der Kerl hat Angst, ganz schäbige Angst! Er weiß, dass er sich mit seinen Spekulationen verrechnet hat, und nun zittert er vor dem unmittelbar bevorstehenden Börsenabrechnungstermin. Und das ganze hochtrabende Projekt

dieses angeblichen Konsortiums ist am Ende nichts weiter als das Strategem Die Zikade entschlüpft ihrer goldglänzenden Hülle. Mit dessen Hilfe will er seiner augenblicklichen Finanznot entkommen.

A UMAIER

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Supraplanung Prof. Dr. Dr. Harro von Senger, Hanser Verlag Seite 09


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STRATEGIE FÜR ALLE Erfolg ist kein Zufall, sondern Ergebnis der richtigen Strategie. Und diese fokussiert auf die eigenen Stärken und den Kundennutzen, weiß Dr. Karl-Heinz Oeller Was ist Strategie? Offenbar etwas, das wir alle brauchen, um erfolgreich zu sein. Und etwas sehr schwieriges, über das wichtige Leute gewichtige Bücher schreiben. Warum eigentlich? Es geht doch nur darum, die richtigen Ziele ins Auge zu fassen und die vorhandenen Mittel so einzusetzen, dass wir sie erreichen. Allerdings – was sind „richtige“ Ziele in der gegebenen Situation? Was ist die „gegebene Situation“? Und was sind die vorhandenen Mittel? Das alles ändert sich ständig. Und wir sind permanent in Gefahr unterzugehen, wenn wir nicht das Richtige schnell tun. Was also tun? Wolfgang Mewes, dem Erfinder der Engpasskonzentrierten Strategie EKS®, gebührt das Verdienst, strategisches Denken und Handeln für viele Menschen verständlich und anwendbar gemacht zu haben. Er beschreibt vier Prinzipien, die helfen, sich erfolgreich zu positionieren: » Seite 10


STRATEGIE FÜR ALLE

1. Konzentrieren Sie sich auf das, was Sie am besten können und wodurch Sie sich von Ihren Wettbewerbern abheben. Nur dadurch haben Sie die Chance, vom Mittelmaß zur Spitzenleistung zu gelangen.

2. Denken Sie an David und Goliath: Zielen Sie auf den wirkungsvollsten Punkt. In einer komplexen Umwelt haben Sie nie genug Ressourcen, um die Lage durch schiere Übermacht zu Ihren Gunsten zu beeinflussen. Finden Sie die Stelle, von der vorteilhafte Folgewirkungen ausgehen. Dadurch können BILDUNGaktuell 06/2008

Sie mit vergleichsweise geringem Kräfteeinsatz buchstäblich umwerfende Effekte erzielen.

3. Fragen

Sie nach dem Minimum-Faktor. Engpässe, die das eigene Wachstum blockieren und Engpässe, die dem Kunden am meisten zu schaffen machen, erfordern Ihre vordringliche Aufmerksamkeit. Solange diese Engpässe nicht beseitigt sind, gibt es keine fruchtbare Weiterentwicklung, auch wenn Sie noch so viel Aufwand an anderer Stelle treiben.

4. Stellen Sie den Kundennutzen in den Mittelpunkt Ihrer Anstrengungen. Erfolg ist nur möglich, wenn jemand einen Nutzen hat von dem, was Sie tun. Und zwar einen so attraktiven Nutzen, dass er Sie anständig für Ihre Leistung entlohnt. Diese Prinzipien bilden die Kernaussagen der EKS®. Doch wie macht man es nun in der Praxis? Die richtige Strategie für Sie oder Ihr Unternehmen fällt nicht vom Himmel und sie wird nicht am grünen Tisch entworfen. Es ist ein Weg der schrittweisen Verfeinerung, bei

dem Versuch und Irrtum und das Lernen aus Fehlern eine Rolle spielen. Diese Mühe nimmt Ihnen niemand ab. Was Ihnen aber dabei hilft, ist eine praxiserprobte Systematik im Vorgehen. Damit bleiben Sie auf Kurs, auch wenn es Rückschläge gibt. Die EKS® beschreibt sieben Schritte, die Sie Ihrem Ziel Stück für Stück näher bringen. Mit jedem Schritt stellen sich Lernerfolge ein, die eine Eigendynamik entwickeln und sich selbst verstärken. Viele bekannte und unbekannte Weltmarktführer verdanken ihren überragenden Erfolg » Seite 11


>> BILDUNGaktuell-Tipp Am 5. Juni zeigen Prof. Wolfgang Mewes und Prof. Fredmund Malik in Zürich, wie Unternehmen mit EKS® nachhaltig erfolgreich sein können. Weitere Infos unter: www.bildungaktuell.at BILDUNGaktuell 06/2008

sierung und fortlaufender Anpassung. Genauso müssen sich Unternehmen und Personen auf ihre Stärken konzentrieren. Diese Stärken gilt es gezielt einzusetzen, um einzigartigen und dauerhaften Nutzen für eine bestimmte Zielgruppe zu schaffen. Damit sind auch die Gefahren der Spezialisierung gebannt. Man spezialisiert sich nicht auf ein bestimmtes Produkt oder auf eine bestimmte Technologie, sondern auf ein überdauerndes Bedürfnis seiner Zielgruppe. Ganz im Sinne der EKS® haben auch andere Pioniere der Systemwissenschaften und des Managements gedacht. Ich nenne hier nur Peter Drucker, Frederic Vester, Stafford Beer, Hans Ulrich, Alois Gälweiler und Fredmund Malik. Falls Sie also mir Ihrer Spezialisierungsstrategie so gut geworden sind, dass Ihnen der Erfolg über den Kopf wächst, dann können Sie auf das integrierte Malik Managementsystem MMS® zurückgreifen, das sich in Jahrzehnten bewährt hat, und das Ihnen hilft, die weiter zunehmende Komplexität nicht nur zu verkraften, sondern zu Ihrem Vorteil zu nutzen. n Dr. Karl-Heinz Oeller ist als Geschäftsleitung Management Cybernetics & Bionics verantwortlich für die Integration von Modellen, Methoden und Tools in das Leistungsangebot des Malik MZSG. Er ist Spezialist für Systemtheorie und Kybernetik und verfügt über langjährige Industrie- und Beratungserfahrung in Strategie, Marketing und Prozessmanagement im In- und Ausland.

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dieser Vorgehensweise. Es sind die unzähligen stillen Stars, die abseits von Medienrummel und Skandalen Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen. Unzählige Ê KMU und Selbstständige haben mit der EKS® ihre Nische gefunden, in der sie überragend prosperieren, sei es als Ausstatter für Mini-Bäder, als Möbelhersteller für Arztpraxen, als Hersteller von Spezialmotoren für Klimaanlagen oder als Schuhfabrikant für Sondergrößen. Viele dieser Spezialisten sind enorm gewachsen, wie Würth, Kärcher und Logitech. Die EKS® ist eine der ersten Anwendungen, die Lehren aus der belebten Natur gezogen hat, um sie auf das Management zu übertragen. Es sind Lehren über das Funktionieren von lebensfähigen Systemen. In der Natur finden wir hocheffiziente, optimale Lösungen, die keinen Abfall produzieren. Organismen leben in Ökosystemen und ergänzen sich gegenseitig. Sie bilden sozusagen Wertschöpfungsnetzwerke, in denen jeder das beiträgt, was er am besten kann. Diese optimalen Lösungen beruhen auf Speziali-

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Angesichts einer sich ständig ändernden Umwelt – Stichwort Globalisierung – werden verstärkt neue Werte für Politik, Wirtschaft und auch für das Privatleben gefordert. Eine Vielzahl von Untersuchungen betont die Bedeutung sozialer Werte für die heutigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Probleme. Es scheint wenig aussichtsreich, die Lösung mit den Werten, die zu diesen Problemen geführt haben, erreichen zu wollen. Gleichzeitig erscheint es fragwürdig, neue Werte zu definieren, ohne die Menschen einzubeziehen, die von globalen und lokalen Problemen betroffen sind. Angesichts eines modernistischen Fortschrittsglaubens erfordert nachhaltige Entwicklung eine Vision einer alternativen Zukunft. Das bisher häufig verwendete Werteviereck für Unternehmen beinhaltet folgende vier Grundwerte: Moralische Werte: Integrität, Fairness, Ehrlichkeit, Vertragstreue, Verantwortung Kooperationswerte: Loyalität, Teamgeist, Konfliktfähigkeit, Offenheit, Kommunikationsorientierung Kommunikationswerte: Achtung, Zugehörigkeit, Offenheit, Transparenz, Verständigung, Risikobereitschaft Leistungswerte: Nutzen, Kompetenz, Leistungsbereitschaft, Flexibilität, Kreativität, Innovationsorientierung, Qualität Unserer Ansicht nach gilt es, diese Werte zu hinterfragen, zu adaptieren oder gegebenenfalls zu verwerfen und mit neuen Inhalten und Bedeutungen zu füllen. Eine Möglichkeit BILDUNGaktuell 06/2008

Der Unterschied macht den Erfolg Diversity Management als Unternehmensstrategie. Von Dr. Tosca Wendt und Mag. Herbert Korvas dies zu tun und in einem Unternehmen lebbar zu machen, sehen wir im Diversity Management. Der englische Begriff „Diversity“ lenkt den Blick auf die Unterschiedlichkeit und Vielfalt in Unternehmen und Institutionen. Diversity umfasst alle wahrnehmbaren Unterscheidungen zwischen Menschen. Der Diversity-Diskurs befasst sich demnach mit der Anerkennung

der Unterschiedlichkeit, der Verständigung und der Kooperation zwischen Menschen. Ethnische Herkunft, Nationalität, Geschlecht, Alter, Behinderung, sexuelle Orientierung und Religion sowie unterschiedliche Lebensstile und -situationen sind dabei die Ausgangslage. Die Lösungsrichtung des Diskurses bewegt sich in der bewussten Anerkennung und konstruktiven Nutzung ethnisch-

kultureller Identität bzw. Unterschiedlichkeiten. Daraus resultiert ein enormer Mehrwert für Unternehmen in folgenden Bereichen: Treffsicheres Marketing, Erschließung neuer Märkte, verbesserte Anpassungsfähigkeit, Steigerung der Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, verbesserte Kommunikation und Teamarbeit, gesellschaftliche Verantwortung und Imagegewinn. Ebenso gewinnen die Mitarbeiter, sei es durch das verbesserte Klima am Arbeitsplatz oder durch die Anerkennung von Unterschieden. Diversity Management versteht sich auf diesem Hintergrund als Konzept der Unternehmensführung, das die Heterogenität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiviert und ihre sich gegenseitig ergänzenden Potenziale nutzt. Ein wesentliches Element, um diese Potenziale nutzen zu können, ist das Unternehmensleitbild. Leitbilder bieten eine gute Möglichkeit, diskriminierungsfreies Verhalten sowie eine offene und wertschätzende Unternehmenskultur zu verankern. Immer mehr Unternehmen führen eine Wertediskussion und erkennen die Bedeutung und den Nutzen von Diversity Management für ihre Organisation. n Die Autoren sind Trainer/innen bzw. Lehrgangsleiter/innen am bfi Wien

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KURSKONTROLLE

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Was passiert, wenn nichts passiert? Warum sind die Dinge noch immer so, wie sie sind? Fragen wie diese werden in Unternehmen oft viel zu selten gestellt, findet Dr. Reinhart Nagel

Meist steht das operative Geschäft mit seinen Notwendigkeiten und Zwängen im Vordergrund. Zum Nachdenken bleibt da wenig Zeit. Wenn nichts wirklich Beunruhigendes dazwischen kommt, wird weitergemacht wie bisher – business as usual nennt man das dann. Nach diesem Muster handeln nicht nur Wirtschaftsunternehmen, sondern auch andere Organisationen: Ohne bewusste strategische Überprüfung tendierten Organisationen dazu, die bisherigen Erfahrungen der Vergangenheit schlicht in die Zukunft zu übertragen. »

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KURS-KONTROLLE

Die Gestaltungsphase: Ein Zukunftsbild zeichnen

Dumm nur, wenn sich die Zukunft anders entwickelt. In Zeiten schnellen Wandels kommt es immer mehr darauf an, den Weg der bewussten Überprüfung und Entscheidung zu wählen und auf Basis einer gründlichen Bestandsaufnahme die eigene Unternehmenszukunft neu zu erfinden.

Die Hektik des Tagesgeschäfts verschlingt in der Regel den Großteil der Aufmerksamkeit von Führungskräften. Wir plädieren deshalb für eine bewusste strategische Auszeit zur Überprüfung und Neuerfindung der strategischen Positionierung des eigenen Unternehmens. Die diesbezüglichen Fragen sollten sich Führungskräfte jedoch nicht einmalig stellen, sondern in regelmäßigen Abständen wiederholen. Es geht um den regelmäßigen Check der Position des Unternehmens anhand von Orientierungspunkten, um Kurs zu halten. Nur so bleibt das Unternehmen gegenüber unerwartet auftauchenden Marktveränderungen anpassungsfähig. Die Strategieschleife symbolisiert einerseits das Auftauchen aus dem operativen Fluss des Tagesgeschäfts in eine strategische Perspektive. Aus dieser kann man die Zusammenhänge anders beobachten und leichter neue Ansätze finden, als in den Zwängen des Alltags. Andererseits beinhaltet die Schleifenform auch das periodische Eintauchen in das – im Sinne der Strategie beeinflussten und umgesteuerten – Tagesgeschäft. BILDUNGaktuell 06/2008

© osb international Consulting AG

Die „Strategieschleife“ als Landkarte für einen Weg der Positionierung

� Die Diagnosephase In der ersten Phase werden die Grundannahmen und Grundüberzeugungen des Managementteams, die das tägliche Entscheidungsverhalten steuern, einer Überprüfung unterzogen. Dies ist insbesondere in reiferen Branchen und Unternehmen, in denen sich die Verhaltensweisen und damit die Möglichkeiten, Terrain gegenüber dem Wettbewerb zu gewinnen, verfestigt haben, von großer Bedeutung. Es geht darum, Distanz zu den eigenen Annahmen zu gewinnen und sich aus einer Helikopterperspektive heraus ein genaueres Bild der aktuellen und künftigen Welt zu machen. Damit können die Marktdynamik und die zugrunde liegenden Spielregeln besser verstanden werden.

Diese Analyse fokussiert auf drei Analysebereiche und Schlüsselperspektiven: ● Auseinandersetzung mit den relevanten Systemumwelten und dem weiteren gesellschaftlichen Kontext; ● Blick auf alternative Zukunftsszenarien zur Generierung alternativer Identitäten und Optionen; ● Diagnosefokus nach innen mittels einer Kernkompetenzbetrachtung. Als Ergebnis dieser Analysen steht eine realistische Sicht der Chancen und Risiken der Zukunft sowie der intern verfügbaren Ressourcen und Begrenzungen. Es gibt ein innerlich verankertes Verständnis des Handlungsbedarfs bzw. der Handlungsspielräume.

Schließlich geht es im nächsten Abschnitt der Strategieentwicklung darum, Handlungsprämissen auszuformulieren bzw. den Weg zur Umsetzung auszuschildern (Grafik: Schritte 2 bis 3). Je radikaler und grundsätzlicher die Führungskräfte in der Analyse ihre Denkmuster und Sichtweisen in Frage gestellt haben, desto leichter wird es für das Strategieteam, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Diese entscheidende Phase der Strategieentwicklung ist ein kommunikativer Prozess, dessen Ziel es ist, möglichst viele und vor allem kreative Antworten auf die strategischen Herausforderungen zu finden. Sie sollte den Blick des Managements für die Vielfalt der Wege zum Ziel öffnen. In diesem Schritt erfolgt auch eine Einschränkung des Zukunftshorizontes, um Komplexität zu reduzieren. Die festzulegenden Entscheidungsprämissen helfen, Unsicherheit in Handlungssicherheit zu transformieren und so die Umsetzung der Strategie zu begünstigen. Das Zukunftsbild ist Ergebnis eines Aushandlungsprozesses, in dessen Verlauf ein gemeinsames Bild der Situation und der Zukunft entwickelt wird. Diese kollektive Stimmigkeit eines neuen Bildes ist eine Voraussetzung dafür, dass die Strategie später von allen Beteiligten mitgetragen wird. Darüber hinaus werden in dem entstehenden kommunikativen Raum häufig ungelöste Konflikte der Organisation besprechbar gemacht und einer Lösung zugeführt. Unausgesprochene » Seite 16


Die Implementierung der Strategie (Grafik: Schritte 5 bis 7) Hand in Hand mit der strategischen Erneuerung gilt es, die Leistungsfähigkeit der Organisation aufrechtzuerhalten. Dabei ist die Anpassungsfähigkeit organisatorischer Strukturen die wesentliche Herausforderung, nachdem bisherige Strukturen mehr und mehr ihre Gültigkeit verlieren. Innovative Strukturprinzipien und -modelle bringen dabei häufig eingespielte Interessensund Machtkonstellationen ins Wanken. Die Brücke zur weit mühsameren operativen Umsetzung der Strategie wird mit Hilfe eines strategischen Controllings geschlagen. Das Management verfolgt systematisch mit, ob die strategischen Festlegungen tatsächlich in den operativen Fluss des Geschehens Eingang finden und das Unternehmen so den richtigen Kurs hält.

BUCH-TIPP Lust auf Strategie Dr. Reinhart Nagel; KLETT-COTTA Verlag

BILDUNGaktuell 06/2008

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Machtthemen, Statusfragen und destruktive Kommunikationsmuster kommen auf den Tisch und können gemeinsam mit den inhaltlich strategischen Themen bearbeitet werden.

Schließlich gilt es, die Implementierung der Strategie sorgfältig zu bewerkstelligen. In diesem Zusammenhang kommen insbesondere der Einbindung aller relevanten Entscheidungsträger und Mitarbeiter sowie der Entwicklung verbindlicher Projektpläne Bedeutung zu. In unserer Praxis hat sich diese Architektur zur Positionierung eines Unternehmens sehr bewährt. Sie vermittelt dem Ê Führungsteam eines Unternehmens Orientierung über die wichtigsten Schritte und Fragestellungen, die im Zuge einer strategischen Positionierung zu durchlaufen bzw. zu beantworten sind. Am Ende eines solchen gemeinschaftlichen Denkprozesses steht meist eine gut durchdachte und von den Schlüsselspielern akzeptierte strategische Ausrichtung für das Unternehmen. Ein Zukunftsbild, an dem sich das Management ausrichtet und das Unternehmen an einem Strang zieht. n

Dr. Reinhart Nagel ist Vorstandsmitglied und Strategieberater der osb International AG. Seine Beratungsschwerpunkte sind die Begleitung von Unternehmen bei der Entwicklung von strategischen Ausrichtungen und der Konzeption von dazu passenden Organisationsdesigns. Neben seiner Lehrtätigkeit am Hernstein Institut und am Management Zentrum Witten ist er Autor mehrerer Fachbücher.

Ê Klick! www.osb-i.com Seite 17


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