biomed austria Fachzeitschrift Ausgabe 1/2016

Page 1

P.b.b., Vertr. Nr. GZ 02Z030418M; Verlagspostamt 1150 Wien biomed austria, Grimmgasse 31, 1150 Wien

biomed austria – Fachzeitschrift für Biomedizinische AnalytikerInnen

1/2016

Ein Labor stellt sich vor

biomed austria – Fachzeitschrift für Biomedizinische AnalytikerInnen, Nr. 2/2016; ISSN 1997-5503; VP: € 15,–

Praxis in der Ausbildung

Mikrobielle Endokrinologie

Update Berufspolitik

EPBS Student Forum

www.biomed-austria.at



INHALT | EDITORIAL

INHALT

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

D

EIN LABOR STELLT SICH VOR Das Routinelabor für Bakteriologie, Mykologie und Parasitologie an der Medizinischen Universität Innsbruck

4

WISSENSCHAFT & PRAXIS Fachhochschule vs. Akademie: Die praktische ­Ausbildung in Biomedizinischer Analytik

6

Die Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse oder: wie unsere Darmflora unser Verhalten beeinflusst

14

BERUFSPOLITIK FAQs zum Thema G ­ esundheitsberuferegister-Gesetz

18

Wie steht es um die Möglichkeit der ­Nachgraduierung für AkademieabsolventInnen?

19

LEBEN & LESEN Web-Tipp & CD-Tipp

20

AKTUELLES & INTERNES Wir haben uns entschieden!

21

POCT – The Patient is the Point

21

Das EPBS Studentenforum 2015 in Zagreb – Eindrücke einer Studierenden

22

Großer Andrang beim EPBS Student Forum 2015

23

Impressum biomed austria – Fachzeitschrift für Biomedizinische AnalytikerInnen, Nr. 2/2016 P.b.b., Vertr.Nr. GZ 02Z030418M Verlagspostamt 1150

er Winter war kein Winter und der Frühling ist bis jetzt alles andere als frühlingshaft. Aber die Jahreszeiten sind so wie das Leben - einmal ist alles eitle Wonne und kurz darauf herrscht eher trübe Stimmung. Das spiegelt sich auch in der Verbandsarbeit wider. Bei einigen Themen können wir Erfolge einfahren, bei anderen müssen wir Zugeständnisse und Kompromisse machen. Das Thema Primary Health Care gehört eher zu der nicht so erfolgreichen Sorte. Obwohl wir unermüdlich versuchen, am Thema und auch an der Positionierung der Biomedizinischen AnalytikerInnen dran zu bleiben, ist es uns nicht gelungen, dass wir als Berufsgruppe in der Primärversorgung aufscheinen. Wir lassen uns aber nicht entmutigen – und wenn die ersten PHC-Zentren tatsächlich in Betrieb gehen, werden wir umso deutlicher aufzeigen, dass ohne Laboranalytik keine Diagnose möglich ist! Im Bereich der In-vitro-Fertilisation (und welche Berufsgruppen dort zukünftig arbeiten dürfen) sind wir auf einem gutem Weg. Die Dauerbrenner wie Registrierung, Reregistrierung und die Quantifizierung der Fortbildungsverpflichtung bleiben uns – vor allem mangels politischer Entscheidungen – als Themen erhalten. Wir werden auch in den nächsten Jahren qualitätszertifizierte, hochwertige und spezifische Fortbildungen anbieten, sodass jeder/jede Berufsangehörige/r die Möglichkeit hat, sich nach seinen/ihren Bedürfnissen fortzubilden.

Medieninhaber und Herausgeber: biomed austria - Österreichischer Berufsverband der Biomedizinischen AnalytikerInnen, Grimmgasse 31, 1150 Wien, ZVR-Zahl: 011243159, Tel. 01-817 88 270, Fax 01-817 88 27-27, E-Mail: office@biomed-austria.at, Web: www.biomed-austria.at Jahresabo (Inland), 3 Ausgaben: € 45

Redaktion: Stefanie Burger, MSc; Nicole Ferstl, MSc (Co-Chefredakteurin); Marianne Fliesser-Steiner, Michaela Hassler, Monika Knötig, Mag. Birgit Luxbacher, BSc (Co-Chefredakteurin); MMag. Dr. Ute Maurer MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Marlis Alteneder, BSc; Nicole Ferstl, MSc; Marianne Fliesser-Steiner, Ulrike Fötschl, MSc; Sylvia Handler, MBA; Marion Herzl, Mag. Gabriele Jaksch, Monika Knötig, FH-Prof. MMag. Dr. Gerald Lirk, Mag. Birgit Luxbacher, BSc; Sanela Nikodijevic, BSc; FH-Prof. Priv.-Doz. Dr. Gertie Janneke Oostingh, Daniela Ostermann, Priv.-Doz. Mag. Dr. Reinhold Ramoner Assoziierte Redakteurinnen: Margit Anglmayer, Prof. Helene Breitschopf, Alisa Coric, MSc Lektorat: Mag. Birgit Luxbacher, BSc Layout: typothese.at/Robert Scheifler Druck: Resch KEG, 1150 Wien

biomed austria 1/2016

Sylvia Handler Vorsitzende

Die nächste Ausgabe unserer Fachzeitschrift erscheint Anfang Juli 2016.

3


EIN LABOR STELLT SICH VOR

Mikrobiologie aus Leidenschaft

Das Routinelabor für Bakteriologie, Mykologie und Parasitologie an der Medizinischen Universität Innsbruck stellt sich vor

© privat

Seit 2004 gehört unser Labor (Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie, Referenzzentrale für Aspergillus und Aspergillusinfektionen) der Medizinischen Universität Innsbruck an und die Sektion wird seit 2010 von Univ.-Prof. Dr. Cornelia Lass-Flörl als Direktorin geleitet. Das medizinische Personal umfasst (Stand Jänner 2016) vier Fachärzte/-ärztinnen für Hygiene und Mikrobiologie und drei Ärzte/Ärztinnen in Facharztausbildung.

Kultur von Aspergillus fumigatus

I

n unserem Labor arbeiten 21 Biomedizinische Analytikerinnen, davon 13 Kolleginnen in Teilzeit. Unterstützt wird unser Team von einer entsprechenden Anzahl an VerwaltungsmitarbeiterInnen sowie angelerntem Personal in der Nährbodenküche und in der Entsorgungseinheit. Trotz der Vervielfachung der Untersuchungs- und Beschäftigungszahl in den vergangenen Jahren blieb das überaus familiäre, positive Betriebsklima bis heute erhalten. Ein Ziel der ärztlichen Leitung besteht darin, neben einem breiten Spektrum an Routineuntersuchungen auch Spezialdiagnostik anzubieten, die sich an neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert. Zur Qualitätssicherung sind wir nach ISO EN 9001 zertifiziert und streben eine Akkreditierung nach ISO EN 15189 an. Durch das Erstellen von Verfahrens- und Arbeitsanweisungen ist es uns 4

gelungen, ein funktionierendes Qualitätsmanagementsystem in einem Institut mit vielen diagnostischen Methoden zu etablieren. Unser Labor ist an Werktagen von 07:00 bis 19:00 Uhr geöffnet, Proben werden bis 18:00 Uhr angenommen. Samstags arbeiten wir von 07:00 bis 13:00 Uhr und von 16:00 bis 18:00 Uhr. An Sonntagen geht unser Dienst von 07:00 bis ca. 13:00 Uhr – jedenfalls so lange, bis alle Untersuchungen abgeschlossen sind. 365 Tage im Jahr sind wir für unsere PatientInnen da und sorgen zu ihrem Wohl für eine rasche Befundung. Unser Analysekatalog umfasst den Nachweis von Bakterien, Pilzen, Parasiten, Würmern und Mykobakterien (Tuberkulose und a­ typische M ­ ykobakterien) sowie die Detektion von Endotoxinen. Durch Rotationen innerhalb der verschie1/2016 biomed austria


EIN LABOR STELLT SICH VOR

denen Arbeitsplätze bietet auch unser „Alltag“ im Labor viel Abwechslung.

Das Probenmaterial – das sind an die 200.000 Einsendungen pro Jahr - stammt zu ca. 60 % aus der Universitätsklinik Innsbruck, zu ca. 20 % aus den Bezirkskrankenhäusern und die übrigen Proben werden von praktischen ÄrztInnen, FachärztInnen und kleinen Laboren aus Tirol, Salzburg und Vorarlberg eingesendet. Dabei umfasst unser Untersuchungsmaterial ein sehr breites Spektrum – von „gewöhnlichen“ Proben bis hin zu Kontaktlinsen, amputierten Körperteilen, Herzklappen oder künstlichen Hüftgelenken. Nach dem Anlegen der Proben auf den unterschiedlichen Nährmedien, die größtenteils in Eigenproduktion hergestellt werden, erfolgt der Nachweis der Mikroorganismen (Bakterien und Pilze). Die Identifizierung der Keime erfolgt mittels Maldi-TOF-Technologie, einer Kombination aus Matrix-unAuch die Aus- und terstützter Laser-Desorption/IoniWeiterbildung sation und Massenspektrometrie Biomedizinischer AnalytikerInnen wird an mit Flugzeitanalysator. Die Wirksamkeitsprüfung der Antibiotika der Sektion sehr gefördert. Wir bieten wird mittels Plättchendiffusionsdas ganze Jahr über test, E-Test oder über ein automaPraktikumsplätze an tisiertes System (Vitek) durchgeund werden sogar von führt. Zum Nachweis von Erregern ausländischen aus Primärmaterial werden auch PraktikantInnen als mikroskopische Untersuchungen Ausbildungsstätte in mit diversen Färbungen oder AnAnspruch genommen. tigentests (Enzymimmunoassays) angeboten. Die Befundung wird sowohl von den Ärzten/Ärztinnen, als auch von den Biomedizinischen Analytikerinnen durchgeführt. Die Befundübermittlung erfolgt über ein gesichertes Datensystem direkt zum Einsender. Spezielle Untersuchungen in der Molekularbiologie stehen zur Verfügung, wie z. B. panbakterielle PCR, Multiplex-PCR zum Nachweis von Meningitis- bzw. Sepsiserregern oder molekulare Typisierung von Erregern, wie Pulsfeld-Gelelektrophorese.

ZUM PILZLABOR Die Pilzdiagnostik umfasst Hefen, Schimmelpilze und Dermatophyten. Seit 2012 sind wir Referenzzentrale für Aspergillus und Aspergillusinfektionen. Das Spektrum umfasst die klassische Pilzfärbung (Calcofluorwhite), Anlegen von Pilzkulturen, Speziesidentifizierung mittels Laktophenolblau – Färbung bzw. Maldi-TOF, sowie die Resistenztestung von Hefe- bzw. Schimmelisolaten. Die Austestung von Antimykotika erfolgt über E-Tests. In der Molekularbiologie steht eine Aspergillus- bzw. panfungale PCR zu Verfügung. Dieser Bereich wird von drei Biomedizinischen Analytikerinnen und einer Ärztin geleitet.

WEITERE LEISTUNGEN Auch die Aus- und Weiterbildung Biomedizinischer AnalytikerInnen wird an der Sektion sehr gefördert. Interne und externe Fortbildungen können besucht werden. Darüber hinaus bieten wir das ganze Jahr über Praktikumsplätze an und werden sogar von ausländischen PraktikantInnen als Ausbildungsstätte in Anspruch genommen. biomed austria 1/2016

© privat

ZUR MIKROBIOLOGIE

Probenbearbeitung im Varia-Labor

Auch Schulklassen nehmen immer wieder die Möglichkeit wahr, unser Labor im Rahmen von Führungen kennenzulernen. Als Dienstleistung bieten wir telefonische Beratungen bei Fragen zu antibiotischen Therapien an. An unterschiedlichen Stationen und Intensivstationen des LKH Innsbruck geben wir Empfehlungen zu antibiotischen Therapien im Rahmen von gemeinsamen Visiten. Das Keim- und Resistenzspektrum der an unser Labor gesandten Proben fassen wir jähr365 Tage im Jahr sind wir lich in einem Resistenzbericht zusammen, für unsere PatientInnen der auch auf unserer Homepage (https:// da und sorgen zu ihrem www.i-med.ac.at/hygiene) abrufbar ist. Wohl für eine rasche Zudem betreuen wir das LKH Innsbruck Befundung. in krankenhaushygienischen Fragen. Wir geben Empfehlungen zum Umgang mit PatientInnen mit multiresistenten Erregern (Isolationen etc.), arbeiten an der Erfassung von nosokomialen Infektionen (KISS) mit und sind präventiv zur Verhinderung der Entstehung und Verbreitung von antibiotikaresistenten Erregern tätig. Im Falle eines Ausbruchs (gehäuftes Auftreten eines Erregers) leiten wir das Ausbruchsmanagement und führen Ausbruchsuntersuchungen zur Auffindung und schließlich Elimination der Infektionsquelle durch. ■ Daniela Ostermann Leitende Biomedizinische Analytikerin am Institut für Hygiene und medizinische ­Mikrobiologie, MUI

5


WISSENSCHAFT UND PRAXIS

Ausbildung im Wandel

Fachhochschule vs. Akademie: Die praktische ­Ausbildung in Biomedizinischer Analytik Ulrike FÖTSCHL (1), Gertie Janneke OOSTINGH (1), Gerald LIRK (2), Reinhold RAMONER (3) 1: Fachhochschule Salzburg GmbH, Studiengang Biomedizinische Analytik, 5412 Puch, Österreich 2: Fachhochschule Oberösterreich - FH Hagenberg, Studiengang Medizin- und Bioinformatik, 4232 Hagenberg, Österreich 3: fhg – Zentrum für Gesundheitsberufe Tirol GmbH, Masterstudiengang „Qualitäts- und Prozessmanagement im Gesundheitswesen“, 6020 Innsbruck, Österreich

ABSTRACT Die österreichische Ausbildung aller gehobenen medizinisch-technischen Dienste (MTD), darunter der Beruf Biomedizinische Analytik, wurde gemäß dem Bologna Prozess der Europäischen Union vom sekundären in den tertiären Bildungssektor übergeführt. In Österreich wurden ab 2006 die postsekundären Akademien zu Bachelor-Studiengängen an Fachhochschulen umgewandelt, was eine Verringerung des Stundenausmaßes der praktischen Ausbildung um knapp 50 % bedeutete zugunsten neuer, theoretischer Ausbildungsinhalte (wissenschaftliche und soziale Kompetenzen). Die daraus resultierende Fragestellung lautet, ob und welche Qualitätsunterschiede es in der praktischen Ausbildung seit der Überführung gibt. Ziel der empirischen Untersuchung war es, erstmalig Daten zu erheben und quantitativ auszuwerten. Für die Umsetzung wurde im Bundesland Salzburg eine Online-Befragung unter verschiedenen Untersuchungsgruppen mittels Selbst- und Fremdeinschätzung durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten, dass die fachlich-methodischen Kompetenzen der Studierenden beider Ausbildungsformen von allen Untersuchungsgruppen überwiegend gleich bewertet werden. Bei den wissenschaftlichen und sozial-kommunikativen Kompetenzen zeigten sich diverse statistisch signifikante Unterschiede. Bei FH-Absolvent/innen werden wissenschaftliche und soziale Kompetenzen stärker wahrgenommen, erstere qualitativ aber als „nicht notwendig“ bewertet. Die Diskussion eröffnet die Frage über den Nutzen von wissenschaftlichen Kompetenzen und inwiefern generelle Problematiken des Berufs sowie persönliche Themen einzelner Vertreter/ innen auf die Ausbildungsebene verlagert werden.

1 QUALITÄT IN LEHRE UND PRAXIS Die Definition von Qualität in der Lehre wird seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. Die zentrale Frage lautet: „Woran lässt sich Qualität in der Lehre messen?“ Bei genauer Betrachtung ist die Lehre per se nur ein Teilaspekt eines gesamt wirksamen Bildungssystems und es gibt verschiedene Modelle und Zusammenhänge der Didaktik zur Beschreibung von Qualität in der Lehre. Entscheidend ist vor allem die Ebene von der aus Qualität gemessen und bewertet wird: Schulsystem, Schul-, Klassen- und Personenebene. (Fend 2001:200) Qualitätsmanagement im Allgemeinen ist die systematische Sicherung und Optimierung von Qualität, die Formulierung und Gewährleistung von Standards sowie die kontinuierliche Überprüfung und Verbesserung. Qualität in der 6

praktischen Ausbildung ist keine fixe Größe, sondern ist vielmehr relativ und beinhaltet verschiedene Kontextfaktoren. Qualitätsmanagement wird in der praktischen Ausbildung ausgeführt durch regelmäßige Evaluation und Reflexion aller Faktoren. (Ackermann In Abplanalp 2005:192) Im Zuge von praktisch umgesetztem Qualitätsmanagement müssen immer Kriterien zur Messung der Qualität dargestellt werden. Für die Messung von Qualität von Bildungssystemen sind häufig einfachste Indikatoren definiert, die quantitativ erfassbar sind, wie z.B. Abschlussquoten, Ausbildungsabbrüche und Investitionsquoten. Daraus werden gem. Fend (2001) vier Qualitätsmerkmale abgeleitet: die Schullaufbahn von Schüler/innen, das Leistungsniveau der Institution, die erzieherische Wirkung im Sinne von umfassender Persönlichkeitsentwicklung und die Akzeptanz der Institution. So unterschiedlich die Ansätze und Modelle zur Definition von Qualität in der Lehre auch sind, sie haben eines gemeinsam: in allen findet sich die Didaktik als ein zentrales Kernelement für die Qualität der Lehre. In Hochschulen sind eine vermittlungsorientierte und eine handlungsorientierte Didaktik notwendig (Pfäffli 2005). Die Wissenskonstruktion in der Lehre ist ein individueller Prozess und hat zentrale Bedeutung für die praktische Ausbildung. Das aktuelle Wissenschafts- und Forschungsverständnis basiert darauf, dass Fachhochschulen im Gegensatz zur Grundlagenforschung der Universitäten anwendungsorientierte, praxisbezogene Forschung betreiben sollen, u.a. um den Anteil von Unternehmen an Forschungsaktivitäten zu steigern (Lassnig et al. 2003). Fachhochschulen rühmen sich für ihre praxisorientierte Ausbildung und die Praxisorientierung wird sogar als das Qualitätsmerkmal ausgegeben. Aber Praxisorientierung alleine ist noch keine Qualitätsgarantie (Ackermann In Abplanalp 2005). Will man die Qualität der Praxisausbildung beschreiben, muss man die zu erwerbenden Kompetenzen, förderliche Rahmenbedingungen und Prozesse definieren. Im Sozialwesen werden bestimmte Aspekte im Zuge der „Praxis-Qualität“ diskutiert, die auch für die Praxisausbildung von gesundheitswissenschaftlichen Studiengängen Bedeutung haben: • Personenbezogene Dienstleistungen lassen sich nur schwer bis gar nicht standardisieren, denn alle beteiligten Personen haben großen Einfluss auf die ­Qualität. • Qualität ist immer ein relatives Konstrukt, d.h. sie misst sich an einem Bezugspunkt. 1/2016 biomed austria


© fotolia

WISSENSCHAFT UND PRAXIS

Ziel der praktischen Ausbildung ist die Verknüpfung von Theorie und Praxis

• Qualität lässt sich nicht objektiv festlegen, sondern verschiedene Gruppen haben unterschiedliche ­Erwartungen. • Qualität ist kein stabiler, statischer Zustand, sondern ist als Prozess zu verstehen, der ständig überprüft und erneuert wird. • Für eine ganzheitliche Betrachtung sind die drei Qualitätsdimensionen, Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität zu beachten. Im Dienstleistungssektor hängen diese aber, im Gegensatz zu Produktionsbetrieben, nicht kausal zusammen. Jede Praxisausbildung ist einmalig und individuell, demnach lassen sich die im klassischen Qualitätsmanagement angewendete Standardisierung und Normierung von Anforderungen im Rahmen der Praxisausbildung nicht umlegen. Qualität in der praktischen Ausbildung ist relativ. Es müssen die Perspektiven und Aspekte von allen beteiligten Ebenen (Fachhochschule, Studierende, Praxisinstitution) berücksichtigt werden. (Ackermann In Abplanalp 2005) Eine Besonderheit ist die Berufsausbildung an Fachhochschulen: sie wird in zwei Dimensionen in Hinblick auf das Ziel unterteilt: einerseits ist berufliches Handeln als Ausbildungsziel anzustreben und andrerseits ist handlungsorientierten Unterricht für Studierenden ein zentraler Anspruch. Die praktische Ausbildung stellt jedenfalls einen besonderen Teil in Lehre und Didaktik dar und soll zur beruflichen Handlungskompetenz führen (Oberhauser 2006). Ziel der praktischen Ausbildung ist es, die Verknüpfung von Theorie und Praxis herzustellen, indem Studierende das erlernte Wissen in der Praxis einsetzen, erproben, erfahren und reflektieren können. In jedem Fall geht es um eine Erweiterung der Kompetenzen, nämlich um die bebiomed austria 1/2016

rufliche Handlungs- und Haltungskompetenz (Schauder In Abplanalp 2005).

2 BERUFSPROFIL BIOMEDIZINISCHE ANALYTIK Der Beruf des/der Biomedizinischen Analytiker/in (BMA) ist in die nicht-ärztlichen, medizinischen Berufe einzuordnen und zählt in Österreich zum gehobenen medizinisch-technischen Dienst (MTD). Aufgaben sind die korrekte Durchführung von sämtlichen medizinisch-diagnostischen Labor-Analyseprozessen von biologischen, menschlichen Materialien und Körpersäften wie z.B. Blut, Harn, Stuhl, Sputum, etc. Die Ergebnisse dieser Analysen sind zu 70 – 80 % die Grundlage oder Bestandteil von ärztlichen Diagnosestellungen und dienen der medizinischen Interpretation und Befundermittlung (Plebani 2010). Der Beruf unterliegt in Österreich, sowie alle weiteren sechs gehobenen MTD einer gesetzlich verankerten Berufsberechtigung (MTD-Gesetz § 3). Diese Berufsberechtigung stellt einen Qualitätsanspruch dar und stellt u.a. sicher, dass die beschriebenen Aufgaben und Tätigkeitsbereiche nur durch ein regelrecht erworbenes Diplom bzw. Bachelor-Urkunde an einer entsprechenden, qualitätsgesicherten Ausbildungseinrichtung ausgeführt werden dürfen. (BGBl. II Nr. 2/2006 2012:12–13) Die Hauptaufgaben liegen in der selbstständigen und eigenverantwortlichen Durchführung aller Mess- und Untersuchungsmethoden in der Analytik, Diagnostik und Funktionsdiagnostik vor allem in der Humanmedizin, Veterinärmedizin, auf naturwissenschaftlichen Gebieten und in der Industrie. Unter Anwendung von Untersuchungsmethoden entsprechend dem aktuellen Forschungsstand umfasst der Analyseprozess Präanalytik, Probengewinnung, Durchführung der Untersuchung einschließlich Auswahl der Methoden und Geräte, sowie die Auswertung und 7


WISSENSCHAFT UND PRAXIS

Beurteilung der Ergebnisse. Weitere Schwerpunkte sind Qualitätssicherung in allen Bereichen, Dokumentation, Evaluierung neuer Techniken und Geräte sowie die Organisation des Laboratoriums auf apparativem, materialbezogenem und personalbezogenem Sektor. Eine zusätzliche Aufgabe ist die Weitergabe von Wissen und Fertigkeiten an Mitarbeiter und Studierende sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Der eigenverantwortliche Tätigkeitsbereich der BMA beinhaltet die Fachgebiete Hämatologie, Hämostaseologie, Immunhämatologie und Transfusionsmedizin, Klinische Chemie, Endokrinologie, Immunologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie inkl. Gentechnik, Histologie, Zytologie, Nuklearmedizin, Reproduktionsmedizin, Zellkultur und kardiovaskuläre, pulmonale und elektroneurophysiologische Funktionsdiagnostik. (ÖBIG Projekt MTD Qualitätssicherung 2003) Der Personenkreis der BMA umfasst eine Altersheterogenität ab 22 Jahren. BMA arbeiten im Rahmen der medizinischen Versorgung und Vorsorge sowie in Forschung und Lehre. Im Jahr 2000 gab es in Österreich einen Personalstand von 4300 Personen in diesem Berufsfeld, ca. 95 % davon sind Frauen, der Männeranteil ist mit ca. 5 % gering (ÖBIG, 2003). Genaue Zahlen liegen nicht auf, da in Österreich bis dato keine gesetzliche Registrierung der MTD-Berufsgruppen existiert.

2.1 Die Ausbildung In Österreich spielte sich die Ausbildung von 1992 bis 2005 in Akademien im postsekundären Sektor ab. 1992 kam es im Zuge einer Gesetzesnovellierung (BGBl Nr. 460/1992) zu einer Verlängerung der Ausbildung von zwei Jahren und 4 Monaten auf drei Jahre und die Schulen für den Medizinisch-technischen Laboratoriumsdienst wurden zu Akademien erhoben. Lehrinhalte wurden erweitert, Anforderungen für den Abschluss erhöht, aber die Ausbildung blieb trotzdem im postsekundären Bildungssektor. (Schwitzer-Schnabl 2000) 2005 wurde im Zuge der Anforderungen der Europäischen Union (EU-Bologna-Deklaration von 1999) die Ausbildung in den tertiären Bildungssektor verlagert und damit auch die Zuständigkeit vom Bundesministerium für Gesundheit auf das Bundesministerium für Wissenschaft und Bildung. (Eckardt 2005) Ab dem Jahr 2006 wurde die Ausbildung aller österreichischen MTD-Berufe gemäß der EU-Bologna-Deklaration (1999) vom sekundären in den tertiären Bildungssektor übergeführt. Die Lehrpläne der Akademien wurden in Curricula von Bachelor-Studien-Programme an Fachhochschulen umgewandelt und es kam dadurch zu gravierenden Veränderungen des Verhältnisses von theoretischem und praktischem Unterricht. Das Gesamtstundenausmaß wurde entsprechend einem Bachelor-Studien-Programm auf insgesamt 4500 Stunden erhöht (180 ECTS). Ein Viertel der Gesamtausbildung (25 %) muss laut Ausbildungsverordnung der praktischen Ausbildung an den Praktikumsstellen gewidmet sein. Nachdem die durchschnittliche Arbeitsbelastung für einen Bachelor-Studiengang gem. Drei-Stufen-System 180 ECTS beträgt (= Workload 4500 Stunden), ergibt sich damit Mindestmaß von 45 ECTS (= 1125 Stunden) für die praktische Ausbildung an den Praktikumsstellen. Im Vergleich dazu haben „normale“ Bachelor-Fachhochschulstudiengänge nur rund 16,7 % Praktikum der Gesamtstudienzeit (1 Semester). Das entspricht 8

einem Workload von 30 ECTS (= 752 Stunden). Die Gesetzesnovelle von 2005 und die Überführung der Ausbildung in Fachhochschulen, machte es notwendig, die Besonderheiten der gehobenen medizinisch-technischen Dienste, (MTD), nämlich die gesetzliche Berufsberechtigung, mit einer weiteren Verordnung regelrecht „abzusichern“: 2006 wurde zu diesem Zweck die FH-MTD-Ausbildungsverordnung (FH-MTD-AV) erlassen. Damit wurden die allgemeinen Befürchtungen abgeschwächt, die Ausbildung könnte als Fachhochschulstudiengang aufgrund des reduzierten Praktikumsanteils an Qualität verlieren. Ohne diese Verordnung hätten nur das Fachhochschulstudiengesetz und die zugehörigen Akkreditierungsrichtlinien für die Umwandlung angewendet werden müssen. In der FH-MTD-Ausbildungsverordnung (BGBl II 2/2006) sind u.a. formuliert: (Schnabl 2007) • Kompetenzen: fachliche, methodische, soziale und wissenschaftliche • Anforderungen an die praktische Ausbildung in ­definiertem Ausmaß • Qualifikationen des Lehrpersonals • Qualifikationen der Praktikumsbetreuer/innen Ergo wurde durch die FH-MTD-AV gefordert, dass das Praktikum für die MTD-Ausbildung im Rahmen der Bachelor-Fachhochschulstudiengänge um knapp 50 % höher liegen muss als für andere Studiengänge, deren Abschluss nicht einhergeht mit einer gesetzlichen ­Berufsberechtigung. Am Beispiel des Studienganges Biomedizinische Analytik an der Fachhochschule Salzburg wurden im Zuge der Umwandlung neue, theoretische Lehrinhalte im Curriculum eingeführt, wie wissenschaftliche Kompetenzen, Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung sowie Selbstlernstudium. Der Anteil für Selbstlernstudium ist mit 1600 Stunden verhältnismäßig hoch (ca. 60 %). Der praktische Unterricht kann aus didaktischer Sicht in zwei Dimensionen geteilt werden. Dies ist zum einen der praktische Unterricht im Ausbildungslabor, der insbesondere in den ersten zwei Ausbildungsjahren (1. – 4. Semester) einen exemplarischen, modellhaften Charakter aufweist und Studierenden einen Übungsbereich bietet, in dem „Fehler“ erlaubt sind und didaktisch-reflexiv verwertet werden. Dieser Anteil macht etwa 45 % der praktischen Ausbildung aus. Die zweite Stufe des Praktikums ist das externe Berufspraktikum. Dieses findet statt an realen, externen Praktikumsplätzen (Laboratorien in öffentlichen und privaten Einrichtungen) unter Anleitung einer speziell dafür geschulten Praktikumsbetreuung (Praktikumsanleiter/in) des jeweiligen Laboratoriums. Dieser Anteil macht etwa 55 % der praktischen Ausbildung aus. Die aufbauende Kombination beider Stufen ermöglicht allen im Praktikumsprozess beteiligten Personen (Lehrenden, Studierenden, Praktikumsanleiter/innen) eine qualitativ bestmögliche, praktische Ausbildung aus pädagogisch-didaktischer Sicht. Zusammenfassend wurde im Zuge der Umwandlung in Fachhochschulen im Bundesland Salzburg das Ausmaß an theoretischem Unterricht um ca. 40 % (+ 736 Stunden) erhöht und im Gegenzug das Gesamtausmaß an praktischem Unterricht um 958 Stunden gesenkt (- 37 %).

1/2016 biomed austria


WISSENSCHAFT UND PRAXIS

3 FRAGESTELLUNG

4.1 Untersuchungsgruppen

Basierend auf der Reduktion des Anteils des praktischen Unterrichts um ca. 40 % im Vergleich zu den vormaligen Akademien im sekundären Bildungssektor resultiert die Forschungsfrage: Welche Qualitätsunterschiede gibt es in der praktischen Ausbildung zum/zur Biomedizinischen Analytiker/in seit der Überführung in den Fachhochschulsektor im Bundesland Salzburg? Unterscheiden sich die Kompetenz-Bewertungen in den verschiedenen Untersuchungsgruppen? Falls ja, welche Kompetenzen werden unterschiedlich bewertet? Die Null-Hypothese (H0) lautet: Es gibt keine Qualitätsunterschiede zwischen den verschiedenen Ausbildungsformen. Die Hypothese (H1) lautet: Es gibt Qualitätsunterschiede zwischen den verschiedenen Ausbildungsformen. Erwartetes Ergebnis: Erhöhung und Erweiterung der Kompetenzen im Rahmen der Ausbildung im Tertiärsektor aufgrund von zusätzlich erworbenen wissenschaftlichen Kompetenzen als neues Potential und Stärke sowie verbessertes Ausbildungskonzept und Organisation im Tertiärsektor.

Zur Objektivierung der Ergebnisse wurden mittels Selbst- und Fremdbewertung verschiedene Untersuchungsgruppen im Bundesland Salzburg (Gesamtgruppe) online befragt: zur Selbstbewertung (n=112) wurden Absolventen/innen der Akademie (n=53) (sekundärer Bildungssektor) und Absolventen/innen der FH (n=59) (tertiärer Bildungssektor) befragt, zur Fremdbewertung (n=318) wurden Praktikumsanleiter/innen, BMA und Dienstgeber/innen befragt. Durch die Erhebung von Selbst- und Fremdbeurteilung können Wahrnehmungsunterschiede erfasst und gegenübergestellt werden. Untersucht wurde insbesondere der Unterschied zwischen den verschiedenen Untersuchungsgruppen sowie zwischen den beiden unterschiedlichen Absolventen/innen-Gruppen. 4.2 Durchführung Die Erstellung des Online-Fragebogens wurde mit der open source Plattform www.limesurvey.org durchgeführt. Der Mail-Versand des Online-Fragebogen Links wurde zur Einhaltung des Datenschutzes von drei unterschiedlichen Institutionen durchgeführt: der Personalabteilung der Salzburger Landeskliniken (SALK), dem Österreichischen Berufsverband biomed austria (nur Mitglieder der Region Salzburg) und der Fachhochschule Salzburg, Studiengang Biomedizinische Analytik. Doppel-Beantwortungen konnten im Zuge der Auswertung der sozio-demografischen Variablen erkannt und bereinigt werden. Die Online-Befragung war ab 01.02.2013 für zwei Wochen aktiv und wurde mittels einmaligem Reminder-email um zwei weitere Wochen verlängert. Nach einer insgesamt vier wöchigen Laufzeit wurde die Online-Umfrage am 01.03.2013 geschlossen. Die Daten wurden nach Bereinigung mittels IBM SPSS Statistics Version 20 ausgewertet und ein deskriptiver Vergleich der verschiedenen Untersuchungsgruppen sowie Signifikanztests durchgeführt (Multiples Testen unter Anwendung des T-Test und Anova-Test). Die offenen Antworten auf die Frage „Was ich immer schon dazu sagen wollte“ liefern einen erkenntnisreichen, qualitativen Beitrag zur Diskussion und Interpretation der Ergebnisse.

4 METHODE Für die Umsetzung des quantitativen Forschungsansatzes wurde ein Fragebogen entwickelt, der die beruflichen Kompetenzen der biomedizinischen Analytik erfasst und für Studierende im Rahmen der praktischen Ausbildung anwendbar ist. Als Basis dienten die in der FH-MTD-AV 2006 formulierten Kompetenzen: fachlich-methodische Kompetenzen (n=20), wissenschaftliche Kompetenzen (n=4) und sozial-kommunikative und Selbst-Kompetenzen (n=8). Die insgesamt 32 Kompetenzen der FHMTD-AV 2006 wurden von einer Pretest-Gruppe für eine eindeutige Fragestellung entweder repräsentativ gekürzt oder aufgeteilt und klar verständlich formuliert. Daraus resultierten 19 Fragen zu jedem Kompetenzbereich: 13 fachlich-methodische, 3 wissenschaftliche und 3 sozial-kommunikative und Selbst-Kompetenzen, die in gleichlautende Fragebogen-Kategorien eingeteilt wurden. Die letzte Frage im Fragebogen wurde als offene Frage formuliert „Was ich immer schon dazu sagen wollte“ und erlaubte eine Freitext Eingabe. Der Fragebogen enthält insgesamt 30 Fragen und wurde als Online-Befragung durchgeführt. Zur Erfassung der Selbst- und Fremdbewertung wurde je nach Befragungsgruppe die Frage einleitend anders formuliert: Für die Selbsteinschätzung wird der Fragefokus auf die vollzogene praktische Ausbildung gelenkt: „Konnten Sie durch ihre praktische Ausbildung….“ Für die Fremdeinschätzung wird der Fragefokus auf die wahrgenommenen Kompetenzen der Studierenden während der praktischen Ausbildung gelenkt: „Können Studierende…“ Die Antwortmöglichkeiten wurden auf eine gleichwertige 4-stufige-Ratingskala festgelegt, um möglichst eindeutige Antworten zu erhalten und lauten: Ja - eher Ja – eher Nein – Nein. Mittels der Ratingskala schätzten die Teilnehmer/innen ein, wie gut die abgefragten Kompetenzen erreicht wurden. Die Antworten zeigten neben soziodemografischen Variablen die Selbst- und Fremd-Einschätzung von vier verschiedenen Untersuchungsgruppen.

biomed austria 1/2016

5 ERGEBNISSE Von insgesamt 430 ausgesendeten Mails betrug der Rücklauf der Fragebögen für die Selbstbewertung 43 % (n=48) und für die Fremdbewertung 35 % (n=110). Für beide Fragebögen zusammen ergibt sich eine Rücklaufquote von 37 % (n=158). Davon wurden 54 % (n=85) vollständig beantwortet. Für die Auswertung wurden die Daten zuvor bereinigt: unvollständig ausgefüllte Fragebögen wurden wegen fehlender Aussagekraft eliminiert und es wurden nur Antworten der Berufsgruppe BMA verwendet. Fünf Fragebögen, die für die falsche Gruppe beantwortet wurden, wurden ebenso ausgeschlossen. Für die Auswertung verblieben somit 78 vollständig ausgefüllte Datensätze. Davon entfallen 41 % (n=32) auf die Selbstbewertung und 59 % (n=46) auf die Fremdbewertung. Auffallend ist ein signifikanter Unterschied (X2-Test, p=0,017) in der Teilnahme an der Umfrage: die Untersuchungsgruppe für Selbstbewertung (Absolventen/innen) hat „reger und aktiver“ an der Umfrage teilgenommen als jene für die Fremdbewertung.

9


WISSENSCHAFT UND PRAXIS

5.1 Soziodemografische Variablen Die Geschlechtsverteilung zeigt 89 % (n=68) weibliche Teilnehmerinnen und 11 % (n=8) männliche Teilnehmer. Das entspricht der erwarteten Geschlechtsverteilung gem. ÖBIG (2003) bezogen auf die im Jahr 2000 erfassten Zugehörigen zur Berufsgruppe. In der Selbstbewertungsgruppe (Absolventen/innen) liegt der männliche Anteil mit 16 % (n=5/32) anteilig höher wie jener der Fremdbewertungsgruppe mit 7 % (n=3/44) und 2 fehlenden Geschlechtsangaben. Die Frage nach dem Ausbildungsort bzw. -institution stellte sicher, dass nur die praktische Ausbildung im Bundesland Salzburg erhoben wurde. Die überwiegende Mehrheit (65 %) aller Befragten verfügt über eine Berufserfahrung von mehr als 6 Jahren. Dies wurde als gutes Qualitätskriterium angenommen für die Reliabilität der Ergebnisse, da die Bewertungen der abgefragten Kompetenzen somit als fachlich verlässlich einzustufen sind. Bei der Frage nach den Fach- und Tätigkeitsbereichen zeigt sich, dass ca. 50 % der Befragten in den „klassischen“ BMA-Tätigkeitsbereichen „Hämatologie“ und „Klinische Chemie“ arbeiten, welche häufig in den Bereich der „Routine-Diagnostik“ fallen. Im Fachbereich „Wissenschaft“ sind 16 % der Absolventen/innen-Gruppe (n=5/32) tätig, von der Fremdbewertungsgruppe hingegen anteilig nur 6,5 % (n=3/46), was ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass die junge Absolventen/innen-Generation vergleichsweise verstärkt in wissenschaftlichen Fachbereichen arbeitet.

5.2 Vergleich Selbst- und Fremdbewertung Die Qualitätsunterschiede werden dadurch gemessen, wie häufig die einzelnen Kompetenzen (19) der 3 Kompetenzbereiche (fachlich-methodisch, wissenschaftlich, sozial-kommunikative und Selbstkompetenzen) als gut oder eher gut bewertet werden (Antwort „ja“ und „eher ja“). Für die Selbstbewertung wird die Absolventen/innen-Gruppe mit jener der Fremdbewertung (Praktikumsanleiter/innen und BMA) verglichen. Zur Testung der Signifikanz (p-Wert < 0,05) wurden die Fragebögen aller Gruppen in den einzelnen Kompetenzabfragen (n=19) sowie in den 3 Kompetenzkategorien auf statistische Signifikanz getestet. Dafür wurden die Ergebnisse mit dem Chi-Quadrat-Test und Fisher’s Exact Test berechnet. Für das multiple Testen wurde die Bonferroni-Methode zur Korrektur bzw. Neutralisierung der Alphafehler-Kumulierung angewendet. Von den insgesamt 19 fachlich-methodischen Kompetenzen wurden 58 % (n=11) von beiden Befragungsgruppen als vorhanden bzw. eher vorhanden bewertet werden, d.h. dass die Kompetenzen entweder von den Studierenden im Rahmen ihrer praktischen Ausbildung gut erlernt wurden bzw. von den Praktikumsanleiter/innen als eindeutig vorhandene Kompetenz eingeschätzt werden. Bei den wissenschaftlichen und sozial-kommunikativen Kompetenzen zeigten sich hingegen Abweichungen. Zusammengenommen zeigt der statistische Vergleich zwischen Selbst- und Fremdbewertung keine statistische Signifikanz (p = 0,0026 bei 19 Items). Allerdings sind einzelne Kompetenzkategorien (Items) für sich alleine betrachtet statistisch signifikant oder zeigen einen Trend dahingehend. Es handelt sich dabei um folgende Kompetenzen und handlungsrelevante Tätigkeiten: 10

Fachlich-methodische Kompetenzen: • Zelluläre Bestandteile mikroskopisch richtig ­beurteilen und quantifizieren • Analyseergebnisse statistisch auswerten Wissenschaftliche Kompetenzen: • Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse recherchieren • Relevante wissenschaftliche Forschungsmethoden auswählen und anwenden • Recherchierte Publikationen inhaltlich korrekt ­beurteilen Sozial-kommunikative und Selbst-Kompetenzen: • Die eigenen Fähigkeiten angemessen einschätzen (fachlich, organisatorisch, koordinierend, administrativ) • Eigene Entscheidungen verantwortungsbewusst nach außen vertreten Betrachtet man diese Ergebnisse unter Einbeziehung der Nennmöglichkeit „keine Angaben“ zeigt sich für alle 7 Items eine statistische Signifikanz. Entfernt man diese Angaben aus dem statistischen Vergleich, entfällt die statistische Signifikanz teilweise. Für den Vergleich der 3 Kompetenzkategorien wurden mehrere Items zusammengenommen und in jeder Gruppe gesondert die Unterschiede berechnet (Group Test für Selbst- und Fremdbewertung) • Gruppe 1 = fachlich-methodische Kompetenzen • Gruppe 2 = wissenschaftliche Kompetenzen • Gruppe 3 = s ozial-kommunikative und ­Selbstkompetenzen. Nur in Gruppe 3 zeigt sich ein Trend zur statistischen Signifikanz (p=0,087) zwischen der Selbst- und Fremdbewertung und es gibt keine Korrelation zwischen den unterschiedlichen Kompetenzen. Die Ergebnisse lassen keine Verallgemeinerung zu. Sie zeigen aber in der Selbst- und Fremdbewertung bei 15 % (n=2) der fachlich-methodischen Kompetenzen, dass die Fähigkeit, zelluläre Bestandteile mikroskopisch richtig beurteilen und quantifizieren zu können, von den Studierenden selbst tendenziell besser eingeschätzt wird als von den Praktikumsbetreuer/innen (p=0,021). Bei der Einschätzung der Fähigkeit zur statistischen Auswertung von Analyseergebnissen verhält es sich umgekehrt: alle Studierenden schätzten sich selbst tendenziell schlechter ein, als die Praktikumsanleiter/innen. Alle abgefragten wissenschaftlichen Kompetenzen (n=3) zeigen einen statistisch signifikanten Unterschied bzw. einen Trend. Die wissenschaftlichen Kompetenzen werden sowohl in der Selbst- als auch in der Fremdbewertung als klar messbar vorhanden angegeben. Sie sind insbesondere in der Gruppe der FH-Absolventen/innen eindeutig stärker vorhanden, werden aber in Freitext-Kommentaren qualitativ und Großteils als „nicht notwendig“ für den Beruf bewertet. Die sozialen Kompetenzen zeigen sogar einen statistisch hoch signifikanten Unterschied in 67 % der abgefragten Kompetenzen (n=3): die Studierenden sind in der Selbstbewertung überzeugt, die eigenen Fähigkeiten (fachlich, organisatorisch, koordinierend, administrativ) angemessen einschätzen zu können (p<0,001) sowie eigene Entscheidungen verantwortungsbewusst nach außen vertreten zu können (p<0,002). Die Fremdbewertung dieser Fähigkeiten zeigt das Gegenteil davon. Das stark ausgeprägte Selbstbewusstsein aller Absolventen/innen-Grup1/2016 biomed austria


© fotolia

WISSENSCHAFT UND PRAXIS

Biomedizinische Analysen: Ergebnisse sind bis zu 80 % Grundlage oder Bestandteil ärztlicher Diagnosen

pen dürfte von den Praktikumsanleiter/innen tendenziell als Selbstüberschätzung bewertet werden.

5.3 Vergleich sekundärer und tertiärer Bildungssektor Zum Vergleich von Unterschieden zwischen dem sekundären und tertiären Bildungssektor wurden die Datensätze der Akademie- versus FH-Absolventen/innen gegenübergestellt. 59 % fielen auf die Gruppe Akademie (n=19) und 41 % auf die Gruppe FH (n=13), womit eine annähernd gleiche Verteilung der Gruppen gewährleistet ist. Der statistische Vergleich der beiden Bildungssektoren zeigt zusammengenommen keine statistische Signifikanz. Einzelne Kompetenzkategorien zeigen hingegen statistisch signifikante Unterschiede oder einen Trend dahingehend. Es handelt sich dabei um nachfolgend genannte 4 Kompetenzen und zugehörige handlungsrelevante Tätigkeiten: Fachlich-methodische Kompetenzen: • Analyseprozess in Bezug auf Qualitätssicherung korrekt bearbeiten • Analyseergebnisse graphisch korrekt darstellen Wissenschaftliche Kompetenzen: • Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse ­recherchieren • Relevante wissenschaftliche Forschungsmethoden auswählen und anwenden Die sozial-kommunikativen und Selbst-Kompetenzen zeigen im Vergleich der beiden Absolvent/innen-Gruppen keine Unterschiede. Betrachtet man diese Ergebnisse unter Einbeziehung der Nennmöglichkeit „keine Angaben“ zeigt sich für alle 4 Items eine statistische Signifikanz bzw. ein Trend. Entfernt man diese Angaben aus dem statistischen Vergleich, entfällt die statistische Signifikanz teilweise. biomed austria 1/2016

Der Group Test für den Absolventen/innen-Vergleich zeigt nur in Gruppe 3 (sozial-kommunikative und Selbstkompetenzen) einen Trend zu einem statistisch signifikanten Unterschied (p = 0,051). Es gibt keine Korrelation zwischen den unterschiedlichen Kompetenzen. Die Ergebnisse lassen auch hier keine Verallgemeinerung zu. Beim Vergleich von Unterschieden zwischen den Absolventen/innen-Gruppen zeigt sich ein statistisch signifikanter Unterschied nur bei einer fachlich-methodischen Kompetenz: Akademie-Absolventen/innen schätzen interessanterweise ihre Fähigkeit, einen Analyseprozess in Bezug auf Qualitätssicherung korrekt bearbeiten zu können, tendenziell besser ein als FH-Absolventen/ innen (p=0,012). Die Praktikumsbetreuer/innen sehen allerdings keine Unterschiede zwischen den beiden Ausbildungsformen. Bei den wissenschaftlichen Kompetenzen gibt es einen klaren Trend dahingehend, dass FH-Absolvent/innen des tertiären Bildungssektors über wissenschaftliche Kompetenzen verfügen. Die Gruppe der Akademie-Absolventen/ innen ist vergleichsweise eindeutig weniger davon überzeugt. Die Praktikumsanleiter/innen und BMAs geben den Studierenden darin Recht bzw. „gestatten“ den Absolventen/innen dieses Selbstbild, indem sich fast ein Drittel ihrer Stimme dazu enthält und „keine Angaben“ macht. Als Ursache für diese „Stimmenthaltung“ wird angenommen, dass die Mehrheit der Praktikumsanleiter/innen, die an der Umfrage teilgenommen haben, nicht im Bereich der Wissenschaft und Forschung arbeitet und demnach auch keine Urteil darüber abgeben konnte oder wollte. Gestützt wird diese Annahme dadurch, dass im Fachbereich „Wissenschaft“ 16 % der Absolventen/innen-Gruppe (n=5/32) tätig sind, von der Fremdbewertungsgruppe hingegen anteilig nur 6,5 % (n=3/46). D.h. die junge FH-Absolventen/ 11


WISSENSCHAFT UND PRAXIS

innen-Generation arbeitet vergleichsweise verstärkt in wissenschaftlichen Fachbereichen. Die offenen Antworten auf die Frage „Was ich immer schon dazu sagen wollte“ zeigen eine tendenziell ablehnende Position und eine kritische Haltung, z.B. dass das Interesse am Arbeiten in einem Routinelabor zu Gunsten von Wissenschaft und Forschung verloren geht. D.h. die quantitativ positive Bewertung über vorhandene wissenschaftliche Kompetenzen bei den neuen FH-Absolventen/ innen steht im Widerspruch zur qualitativen Bewertung derselben. Die frei übersetzte Aussage dazu könnte lauten: „Ja, die neuen FH-Absolventen/innen verfügen zusätzlich über wissenschaftliche Kompetenzen, alle erkennen das aber wir brauchen diese Kompetenzen nicht.“

6 DISKUSSION Zusammengenommen zeigen die Ergebnisse, dass es im Bundesland Salzburg trotz Verringerung des praktischen Anteils um 40 % keine Qualitätsunterschiede in der praktischen Ausbildung gibt. Die fachlich-methodischen Kompetenzen, die Quintessenz dieses Berufes, werden weitestgehend in allen Untersuchungsgruppen als gleichbleibend gut bewertet. Die häufig geführte Diskussion über die Ausbildung gem. dem Motto „Früher war alles besser“ muss darüber hinausgehend betrachtet werden: Das Berufsbild der Biomedizinischen Analytik befindet sich stets im Wandel gemeinsam mit der Entwicklung von Technologien. Fortschritt und lebenslanges Lernen sind ein Anspruch an diesen Beruf und seine Berufsangehörigen. Dieser Fortschritt bedeutet kontinuierliche und mitunter auch einschneidende Veränderungen. Und Veränderungen erzeugen Widerstand. In der Biomedizinischen Analytik machte sich v.a. im letzten Jahrzehnt der zunehmende Trend zur Automatisation breit, und viele damit verbundene Tätigkeiten können auch von weniger qualifiziertem Personal ausgeübt werden. Diese Thematik findet auch Ausdruck und Anwendung in der Österreichischen Gesetzgebung, dem Medizinischen Assistenzberufe-Gesetz (MABG). Das MABG regelt u.a. die Laborassistenz und zeigt eine deutliche Trennung der Kompetenzen und Befugnisse von Biomedizinischer Analytik und Laborassistenz (BGBl. I Nr. 89/2012). Die Tatsache von „niederen (einfachen) und höheren (schwierigen)“ Tätigkeiten und Aufgaben innerhalb des Berufsfeldes der Biomedizinischen Analytik hat sich u.a. auf die Ausbildungsebene verlagert und spiegelt sich in Diskussionen darüber wieder. FH-Absolventen/innen scheinen sich zunehmend zu „Höherem“ berufen zu fühlen, wozu vor allem die oftmals sehr idealistisch betrachtete Wissenschaft und Forschung zählt. Dass in diesem Bereich nicht alles Gold ist, was glänzt, darf man beruhigt in die Erfahrung der jugendlichen „Sturm & Drang-Zeit“ legen. Das dreistufige, akademische Ausbildungssystem (Bachelor – Master – Ph.D.) hat diese neue, wissenschaftliche Karrieremöglichkeit nach jahrzehntelanger, zermürbender Bildungssackgasse, endlich möglich gemacht. Hinter den umstrittenen, wissenschaftlichen Kompetenzen könnte man auch einen verborgenen „Generationenkonflikt“ orten: langjährig berufserfahrene BMAs, die vorwiegend in der Routine-Diagnostik tätig sind, verfügen über einen enormen Erfahrungsreichtum und könn(t)en diesen auf konstruktive und förderliche Weise den neuen, jungen Absolvent/innen vermitteln. Häufig werden die ho12

hen Maßstäbe von berufserfahrenen Kollegen/innen an die Studierenden bzw. an neue Absolventen/innen angelegt, was womöglich zu deren Frustration und Demotivation beiträgt. Umgekehrt besteht nämlich mit den wissenschaftlichen Kompetenzen auch die Option, neue Fähigkeiten und Kenntnisse von „den Jungen“ zu erlernen. Möglicherweise werden die vorhandenen Potentiale der jeweils anderen Generation fallweise zu wenig erkannt oder geschätzt, was ein gewisses Konfliktpotential birgt und vordergründig erneut die Diskussion um den Nutzen von wissenschaftlichen Kompetenzen in der Ausbildung entfacht. Betrachtet man die Anforderungen an die Wissenschaft und jene an das Arbeiten im Routine-Diagnostik-Bereich wird man feststellen, dass unterschiedliche Stärken dafür notwendig und Archetypen von Personen dafür geeignet sind. Diese grundlegenden, persönlichen Unterschiede scheinen ebenso ein verborgener Aspekte der Diskussion und Bewertung von „guten und nützlichen“ und „schlechten und unbrauchbaren“ Kompetenzen im Zuge der Ausbildung zu sein. Die Ergebnisse dieser Untersuchung lassen zwar keine Verallgemeinerung zu, erlauben aber einen breiten Diskurs über die Notwendigkeit von (Aus)Bildung und über aktuelle berufspolitische Entwicklungen eines Berufsbildes im Gesundheitswesen, das mit der rasanten Entwicklung neuer Technologien ständigem Wandel unterzogen ist. Diese Diskussion ist bereits seit vielen Jahren im Gange und kann für sich nicht auf das neue Ausbildungssystem im tertiären Bildungssektor reduziert werden. Für zukünftige Entwicklungen können die Ergebnisse auf verschiedenen Ebenen (z.B. Institutsebene, Ausbildungspolitik, Gesundheitspolitik) betrachtet und diskutiert werden. Die Bedeutung und Qualität der praktischen Ausbildung kann dabei nicht isoliert von der gesamten Ausbildung betrachtet werden - sie ist vielmehr ein wesentlicher Bestandteil der gesamten fachhochschulischen Berufsausbildung.

7 SCHLUSSFOLGERUNGEN Für die vorliegenden Forschungsfragen konnte damit statisch streng genommen die Null-Hypothese (H0) bestätigt werden: Es gibt keine Qualitätsunterschiede zwischen den verschiedenen Ausbildungsformen. Die Qualität der praktischen Ausbildung in Biomedizinischer Analytik ist im Bundesland Salzburg trotz der Verringerung um ca. 40 % gleich gut. Die erforderlichen beruflichen (fachlich-methodischen) Kompetenzen werden im Rahmen des neuen tertiären Ausbildungssystems genauso gut erreicht und darüberhinaus verfügen FH-Absolventen/innen nachweislich über wissenschaftliche Kompetenzen. In einzelnen Kompetenz-Kategorien zeigen sich Trends zur Bestätigung der Hypothese (H1): Es gibt Qualitätsunterschiede zwischen den verschiedenen Ausbildungsformen. Das erwartete Ergebnis könnte modifiziert wie folgt bestätigt werden: Erhöhung und Erweiterung der Kompetenzen im Rahmen der Ausbildung im tertiären Bildungssektor aufgrund von zusätzlich erworbenen wissenschaftlichen Kompetenzen als neues Potential und Stärke, die jedoch aktuell und mehrheitlich als nicht notwendig betrachtet werden. Die Gewährleistung der gleichbleibend guten Qualität des Praktikums trotz Verringerung um 40 % stellt allerdings besonders hohe Anforderungen an die Qualifikationen von Praktikumsstellen, das Personal und die Organisation des Praktikums. Die Ergebnisse dieser Studie dienen 1/2016 biomed austria


WISSENSCHAFT UND PRAXIS

der laufenden Qualitätsverbesserungen im Praktikumsprozess, der Weiterentwicklung des Curriculums am Salzburger FH Studiengang Biomedizinische Analytik und leisten somit einen Beitrag zur berufspolitischen Diskussion und für die (inter)nationale Ausbildungspolitik.

DANKSAGUNG Die Publikation entstand aus der Masterthese an der fhg – Zentrum für Gesundheitsberufe Tirol GmbH (Masterstudiengang „Qualitäts- und Prozessmanagement im Gesundheitswesen“), in Zusammenarbeit mit der FH Salzburg GmbH, Studiengang Biomedizinische Analytik, den Salzburger Landeskliniken (SALK) und dem Österreichischem Berufsverband der Biomedizinischen Analytiker/ innen „biomed austria“. Besonderer Dank gilt allen Studienteilnehmer/innen. Die Unterstützung aller machte die Durchführung der Studie möglich. ■ Dieser Artikel ist erschienen im Sammelband Maurer, U. (Hg.). (2015). Health Professionals auf neuen Wegen. Perspektivenwechsel, Neuausrichtungen und Kompetenzerweiterungen in den Gesundheitsberufen. SCIENCE.RESEARCH.PANNONIA. Graz: Leykam Verlag. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Leykam-Verlags.

LITERATURSTUDIUM Die Beantwortung der Fragen erfolgt ausschließlich elektronisch über die Homepage (www.biomed-austria.at/fortbildung). Beantworten Sie drei der vier Fragen richtig, erhalten Sie eine Bestätigung über einen CPD-Punkt. Beachten Sie bitte, dass es mehr als eine richtige Antwortmöglichkeit geben kann.

1) Kommensale Bakterien… a) …sind Pathogene. b) …sind nicht pathogen.

LITERATURVERZEICHNIS

Abplanalp, Esther (Hg.) 2005. Lernen in der Praxis: Die Praxisausbildung im Studium der sozialen Arbeit. Luzern: Interact Verl. für Soziales und Kulturelles BGBl. I Nr. 89/2012 (01.04.2015): Medizinische Assistenzberufe-Gesetz – MABG. MABG, Verfügbar unter http://www.ris.bka.gv.at [01.04.2015] BGBl. II Nr. 2/2006 (01.04.2015): FH-MTD-Ausbildungsverordnung (FHMTD-AV). FH-MTD- Ausbilungsverordnung, vom 2006. Verfügbar unter http://www.ris.bka.gv.at[01.04.2015] Eckardt, Philipp 2005. Der Bologna-Prozess: Entstehung, Strukturen und Ziele der europäischen Hochschulreformpolitik. Originalausg. Norderstedt: Books on Demand Fend, Helmut 2001. Qualität im Bildungswesen: Schulforschung zu Systembedingungen, Schulprofilen und Lehrerleistung. 2. Aufl. Weinheim, München: Juventa-Verl Lassnig, Lorenz; Unger, Martin; Pechar, Hans et al (2003): Review des Aufund Ausbaus des Fachhochschulsektors. Endbericht; Studie im Auftrag des Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur; Institut für Höhere Studien (IHS): Wien.Verfügbar unter http://www.equi.at/ dateien/fh-review.pdf [01.04.2015] Oberhauser, Heidemarie (2006): Kompetenzorientierte Ausbildung am Beispiel des zu errichtenden Fachhochschulstudienganges für Biomedizinische Analytik. Diplomarbeit. Universität Innsbruck ÖBIG Projekt MTD Qualitätssicherung (15.05.2003): Berufsprofil der/des Diplomierten Medizinisch-technischen Analytiker/in Pfäffli, Brigitta K. (2005): Lehren an Hochschulen. Eine Hochschuldidaktik für den Aufbau von Wissen und Kompetenzen. Bern: Haupt Plebani, Mario; Lippi, Giuseppe (2010): Is laboratory medicine a dying profession? Blessed are those who have not seen and yet have believed. In: Clin. Biochem. 43 (12), S. 939–941 Schnabl, Christine (2007): Ausbildungsentwicklung für Biomedizinische Analytik im Zuge des Bolognaprozesses in Österreich. Bedarfsdefinition und Bedürfniserhebung für einen Masterstudiengang durch systemische Organisationsdiagnose. Masterthese. Wien Schwamberger, Helmut (Hg.) (2006): Bundesgesetz über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (MTD-Gesetz). Mit Verordnungen, Erläuterungen und Verweisen. 4., vollst. überarb. und erg. Aufl., Stand 1. März 2006. Wien: Verl. Österreich Schwitzer-Schnabl, Christine (2000): “… Früher war das wie Kochen, deshalb haben das Frauen gemacht …” Medizinisch-technische AnalytikerIn (MTA); Geschichte(n) und Transformation(en) eines Frauenberufs. Diplomarbeit. Universität Innsbruck

biomed austria 1/2016

c) …werden vom Immunsystem toleriert. d) …schädigen in der Regel ihren Wirt. 2) Serotonin wird…produziert. a) …zum überwiegenden Teil im Gehirn… b) …zum überwiegenden Teil im Darm… c) …weder im Gehirn noch im Darm… d) …zu gleichen Anteilen in Darm und Gehirn… 3) Der submuskuläre Meissnersche Plexus innerviert… a) …den gesamten Gastrointestinaltrakt. b) …nur den Darmbereich. c) …nur den Ösophagus. d) …unterschiedliche Organe. 4) Dendritische Zellen… a) … gehören zum angeborenen (= innaten) Immunsystem. b) … tasten das luminale Umfeld nach Pathogenen ab. c) … sind Teil des enterischen Nervensystems (ENS). d) … gehören nicht zu den antigenpräsentierenden Zellen.

13


© fotolia

WISSENSCHAFT UND PRAXIS

Darm an Hirn

Die Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse oder: wie unsere Darmflora unser Verhalten beeinflusst „The microbiota-gut-brain axis in health and disease“ ist der zweite Band der Serie „Microbial Endocrinology“. Der erste Band trägt den Untertitel „Interkingdom signaling in infectious disease and health“. Während dieser fast ausschließlich auf Aspekte infektiöser Krankheiten eingeht, konzentriert sich der vorliegende Band auf die großen dazwischen liegenden Schritte, wie beispielsweise die Interaktion zwischen Wirt und Mikroben und den Einfluss des Mikrobioms auf Verhalten und Gehirn.

M

ikrobielle Endokrinologie ist eine sehr junge Wissenschaft. Sie wurde 1993 von Lyte begründet, einem Pionier auf diesem Gebiet, der den Terminus erstmals verwendete. Im Rahmen des „Human Microbiom Project“ wurden zunächst die Mikroben aus 242 gesunden PatientInnen von 18 Körperstellen analysiert. Es zeigte sich eine große Variabilität zwischen den Individuen. In der nächsten Phase der Bestimmung des menschlichen Mikrobioms wurde dessen Einfluss auf Krankheitsbilder untersucht.

MIKROBIELLE ENDOKRINOLOGIE UND DIE MIKROBIOM-DARM-HIRN-ACHSE Mikrobielle Endokrinologie ist definiert als Studie der Fähigkeiten von Mikroorganismen, sowohl neurochemisch 14

wirksame Substanzen zu produzieren, als auch jene des Wirts zu erkennen. Somit repräsentiert sie ein Forschungsgebiet zwischen Mikrobiologie und Neurobiologie. Man nimmt an, dass die Akquirierung des neurochemisch basierten Zell-Zell-Signal-Mechanismus in eukaryotischen (zellkerntragenden) Organismen durch horizontalen Gentransfer von prokaryotischen Organismen in Urzeiten möglich gemacht wurde. Wenn wir davon ausgehen, dass Mikroben die Fähigkeit haben, das Verhalten des Wirts zu beeinflussen, so basiert die mikrobielle Endokrinologie auf der Annahme eines mutuellen neuroendokrinen Mechanismus. Durch experimentelle Tests sollen der Einfluss des Mikrobioms auf das Verhalten des Wirts und - nicht minder wichtig – der Einfluss des Wirts auf das Mikrobiom durch neuroendokrin basierte Mechanismen untersucht werden. 1/2016 biomed austria


WISSENSCHAFT UND PRAXIS

DIE VERWENDUNG VON „OMICS“-METHODEN ZUR ­U NTERSUCHUNG DES KOMPLEXEN DARMÖKOSYSTEMS In einem gesunden Darm toleriert das Immunsystem eine Vielfalt von Kommensalen, um unnötige entzündliche Antworten zu vermeiden und die Anwesenheit von Pathogenen zu minimieren. Wenn die Balance zwischen Wirt und Mikroben gestört ist, steigt das Krankheitsrisiko. Es gibt einen starken Hinweis, dass mikrobielle Dysbiose (dieser Begriff wird für eine deutliche Veränderung in der Zusammensetzung und Variabilität der kommensalen Mikroorganismen verwendet), ein substanzieller Risikofaktor für weit verbreitete Darmerkrankungen, wie Reizdarm, Darmentzündung und auch Darmkrebs ist. Dysbiose ist durch die ausgesprochene Komplexität des Darmökosystems und die starke Variabilität innerhalb gesunder Individuen nicht einfach zu verstehen. Dadurch ist auch eine Taxation des „Human Microbiom“ sehr schwierig. Fortschritte in Technologien, den sogenannten „Omics“ oder Sequenzierungstechnologien, ermöglichen schrittweise die vollständige Beschreibung dieser Komplexität. „Omics“–Technologien des Darmökosystems werden in menschlichen und tierischen Modellen mit besonderem Fokus auf mögliches experimentelles Design und klinische Studien eingesetzt. „Who is There“ zeigt den MikrobiologInnen mittels einer ökonomischen, nahezu 30 Jahre alten Methode, der 16S-rRNA-Sequenzierung, sowohl gewöhnliche als auch seltene Mikroben an. Das 16S-rRNA-Gen gehört zu den am höchsten konservierten im bakteriellen Genom. Die individuelle Variation ist eine Herausforderung für Studien des Darmmikrobioms. Auch das Mikrobiom des Darmmucus und des Fäzes ist unterschiedlich.

DAS ENTERISCHE ODER INTRINSISCHE NERVENSYSTEM (ENS) DES DARMS UND DESSEN GASTROINTESTINALE INNERVIERUNG WERDEN LOKAL UND ZENTRAL KONTROLLIERT. Das Verdauungssystem ist durch seine Verbindung zum zentralen Nervensystem (CNS) und enterischen Nervensystem (ENS) innerhalb der Wand des gastrointestinalen Trakts innerviert. Beide Systeme agieren gemeinsam. Das ENS arbeitet im Konzert mit den Reflex- und Kommandozentren des CNS und neuronalen Signalwegen, die sympathische Ganglien passieren, um die Verdauungsfunktion zu kontrollieren. Es ist ein bidirektionaler Informationsfluss zwischen ENS und CNS und zwischen ENS und den sympathischen prävertebralen Ganglien. Das menschliche ENS enthält 200 bis 600 Millionen Neuronen, verteilt in vielen Tausend kleinen und zwei großen Ganglien, dem submuskulären Meissnerschen Plexus und dem muskulären Auerbachschen Plexus. Der muskuläre Plexus reicht vom oberen Ösophagus bis zum Sphinkter des Anus. Submuskuläre Ganglien sind nur im Darmbereich vorhanden. Die Verbindungen zwischen ENS und CNS werden durch den Nervus vagus, den Beckennerv und sympathische Wege hergestellt. Verbindungen von Neuronen des ENS reichen zu den vorvertebralen Ganglien der Gallenblase, des Pankreas und der Trachea. Die relativen Rollen von ENS und CNS unterscheiden sich wesentlich entlang des Verdauungssystems: Das CNS hat eine vergleichsweise wichtige Rolle beim Erkennen des Magenstatus und die Kontrolle über dessen kontraktile Aktivität und Säureproduktion durch Vagotonie. Die neuronale Kontrolle des gastrointestinalen (GI) Traktes biomed austria 1/2016

wird durch Integration der Signale, die vom CNS oder ENS kommen, beeinflusst. Die gastrointestinale Funktion wird in Abwesenheit der CNS-Kontrolle aufrechterhalten - wenn aber die ENS-Kontrolle verloren geht, ist die Propulsion des Darminhalts in der entsprechenden Region lebensbedrohlich gestört. Drei Hauptregionen des CNS sind in Verbindung mit dem GI-Trakt von Bedeutung: der Hirnstamm durch den Nervus vagus, die thorakolumbale Wirbelsäule durch afferente und efferente sympathische Spinalnerven und der lumbosakrale Signalstrang durch die im Becken afferenten und efferenten Signalwege. Afferente Signalnerven tragen mechano- und chemorezeptive Information vom Ösophagus, Magen- und Darmtrakt zum CNS, signalisieren jedoch keinen Schmerz. Dieser wird aus thorakolumbalen und lumbosakralen efferenten Nerven aus der Darmregion gemeldet.

INTESTINALE BARRIEREFUNKTION UND DIE HIRN-DARM-ACHSE Die luminale Mukosa ist die erste Oberfläche des Intestinaltraktes und der erste relevante Ort, wo sich Antigene der Mikroben und alle anderen potenziellen immunogenen Partikel dem mächtigen Im- Bei vielen munsystem präsentieren. Unter normalen Funktionsstörungen, Bedingungen kann die intestinale Barriere besonders beim durch zahlreiche vom Mukosa-assoziierten Reizdarmsyndrom und Immunsystem gebildete Waffen verhindern, der funktionellen mit externen (Umwelt-)Antigenen offen zu Dyspepsie, sind eine interagieren. Dieses evolutionäre Supersys- intestinale Dysfunktion tem ist imstande, eine erstaunliche Men- der Barriere und eine ge immunogener und nicht-immunogener Dysregulation der HirnPartikel aus etwa 100 Tonnen Nahrungsbrei Darmschranke im Leben eines Menschen zu durchforsten. involviert. Äußerst wichtig ist eine orale Toleranz und eine entsprechende Immunantwort zu entwickeln, um Entzündung und Krankheit zu verhindern und dabei die physiologische Balance zu erhalten. Adäquates Funktionieren der Darmbarriere bezieht ferne und lokale Regulationsnetzwerke mit ein, dazu gehört die so genannte Hirn-Darm-Achse. Entlang dieser komplexen Achse nehmen Hirn- und Darmstrukturen an der Prozessierung von internen und externen Ausführungssignalen teil, die durch den Darmtrakt kommen. Sie verwenden dabei multidirektionale Kommunikationswege. Eine Dysfunktion der Hirn-Darm-Achse bewirkt eine Malfunktion der intestinalen Barriere und vice versa: Durch unkontrollierte immunologische Reaktionen, die muköse und niederschwellige Gehirnentzündungen triggern, entstehen wahrscheinlich Vorstufen schwerer Darmerkrankungen.

Das intestinale Immunsystem Die Darmschleimhaut ist zum Schutz gegen Scherkräfte mit einer mehr als 100µm dicken Schleimschicht überzogen. Das Immunsystem des GI-Traktes macht ca. 70% unseres gesamten Immunsystems (IS) aus, das in zwei verschiedene Kompartimente geteilt wird: das organisierte und das diffuse IS. Wir finden Moleküle und Zellen des angeborenen (innaten) IS, wie Makrophagen, dendritische Zellen, Eosinophile, Lymphozyten und Mastzellen.

Stress, Hormone und Neurotransmitter Stress stellt eine Bedrohung für die innere Homeostase dar. Eine koordinierte Antwort wird initiiert, um die Sta15


WISSENSCHAFT UND PRAXIS

Intestinale Barriere und die Fehlsteuerung der Hirn-Darm Achse Bei vielen Funktionsstörungen, besonders beim Reizdarmsyndrom und der funktionellen Dyspepsie, sind eine intestinale Dysfunktion der Barriere und eine Dysregulation der Hirn-Darmschranke involviert. Dyspepsie ist durch Völle- und frühes Sättigungsgefühl, Magenschmerzen und Sodbrennen charakterisiert. Beiden Krankheitsbildern dürfte eine erhöhte Permeabilität des Duodenums sowie Infiltration mit Mukosa-Mastzellen und Eosinophilen gemeinsam sein. Stressbedingte akute Gastroenteritis ist ein Risikofaktor für die Entwicklung einer funktionellen Dyspepsie sowie für psychosoziale Folgekrankheiten wie Magersucht und Depression. Wenn gemeinschaftlich lebende Gibbonaffen sozialer Aufruhr ausgesetzt werden, entwickeln sie spontane Colonentzündungen.

Hirn-zu-Darm-Signalwirkung in Gesunden Das Gehirn schickt durch eine Unzahl neuronaler, hormoneller und immunologischer Wege Signale zu den Eingeweiden inklusive GI-Trakt. Das sympathische Nervensystem ist in Bezug auf GI-Funktionen sehr gut untersucht. Der Darm erhält sympathische Innervation durch Subklassen von Postganglion-Vasokonstriktoren, sekretions- und mobilitätsunterdrückenden Neuronen. Das sympathische NS kann in die 16

Veränderung des mukösen IS und Mukosa-Mikroflora Interaktionen involviert sein.

Rolle des Parasympathikus: Ein weit verbreiteter Mechanismus, wirkt auf die GI-Funktion und wird durch vagale und sacrale efferente Nerven initiiert. Zusammengefasst beteiligen sich an der Hirn-Darm-Interaktion sympathische und parasympathische Neuronen, meist unterstützt durch emotionsbedingte Veränderungen in der sekretorischen, motorischen und immunreaktiven Aktivität im Darm. Diese Veränderungen können mit Gesichtsausdruck und Stimmungslage verglichen werden.

Darm-zu-Hirn-Signaling im Gesunden Das ENS hat mehr als 200 Millionen Neuronen und wird deshalb als „zweites Hirn“ oder „Bauchhirn“ bezeichnet. Sein Netzwerk würde eine 100mal größere Fläche als die Haut einnehmen und beinhaltet zwei Drittel der Immunzellen. Dieses Netzwerk hat eine bidirektionale Interaktion mit dem Gehirn und agiert über neuronales, endokrines und afferentes Signal.

Endokrines Signaling 95% des Serotonins wird in den chromaffinen Zellen des Darmepithels produziert und an der basolateralen und luminalen Seite freigesetzt. Es initiiert Peristaltik und sekretomotorischen Reflex und ermöglicht Signalgebung im CNS auch in Abwesenheit einer Entzündung

Neuronales Signaling Die GI-Trakt-innervierenden Neuronen sind extrinsische afferente und intrinsische Nerven, die durch eine Reihe von Schleifen gesteuert werden. Viele Endigungen der vagalen afferenten Nerven sind in der Nähe enteroendokriner Zellen, die chemosensitive Rezeptoren enthalten. Dadurch werden in diesen Zellen Peptide freigesetzt, z. B. für Hunger und Sättigung.

Immunsignaling Eine einzige Lage der intestinalen epithelialen Zellen bildet eine Barriere zwischen 100 Billionen Mikroorganismen und dem Wirt. Das Darm-IS ist hypoaktiv zu den kommensalen Bakterien, jedoch hyperaktiv gegenüber Pathogenen, d. h. es kann zwischen „gut“ und „böse“ unterscheiden .Wie das Epithel das luminale Umfeld abtastet, so sammeln die dendritischen Zellen und lymphoide Strukturen der Peyer´schen Plaques über die Lamina propria Informationen. Fortsätze dendritischer Zellen ragen durch die dichte Epithelschicht um das luminale Umfeld abzusuchen. Diese Zellen besitzen unzählige Rezeptoren, die pathogen-assoziierte molekulare Muster erkennen. Afferente vagale Nerven in der Nähe besitzen ihrerseits Rezeptoren an den Enden, die für die Immunzellen und die Ausschüttung ihrer Produkte, wie Cytokin, Protease, Serotonin, Cortico-Releasingfaktor und Histamin, verantwortlich sind.

SIGNALWEGE DES NERVUS VAGUS FÜR DIE MIKROBIOM-HIRN-DARM-KOMMUNIKATION Aus Tierexperimenten weiß man, dass Darmmikroorganismen den Vagusnerv aktivieren können. Sie spielen 1/2016 biomed austria

© fotolia

bilität des IS wiederherzustellen. Dabei bilden autonomes Nervensystem und Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse das Hauptsystem. Vom Hypothalamus wird der Cortico-Realising Faktor sezerniert, Bereits vor Jahrhunder- der wiederum im Hypophysenvorderlappen ten wurde die Interakti- ACTH (Corticotropin) ausschüttet.Die Neon zwischen Gehirn und bennierenrinde wird durch zirkulierendes ACTH zur Cortisol- und CorticosteroidausDarm bemerkt. Sie spielt auch eine Rolle in schüttung angeregt. Diese zirkulieren durch der Modellierung höhe- den Blutstrom und erreichen dadurch alle rer kognitiver FunktioGewebe. Allerdings beeinflussen exzessive nen und so scheint es Stresslevels die adaptive Antwort und es nicht verwunderlich, kann zu stresssensitiven Krankheiten, wie dass Störungen in der dem Reizdarmsyndrom, kommen. Stress Signalübertragung mit kann eine mikrobielle Veränderung der ineiner Vielzahl von testinalen Flora induzieren. Ein Versuch Krankheiten, wie funkbei Rhesusaffen zeigte, dass bei Trennung tionellen GI-Störungen der Jungen von ihren Müttern, die „positiinklusive Entzündungen ven“ Fäkalbakterien, besonders Laktobazilund Essstörungen, in li, abnahmen, dafür aber die EmpfänglichZusammenhang gekeit für opportunistische bakterielle Infekte bracht werden. stieg. Ähnlich verursachte pränataler Stress eine Verminderung von Bifidobakterien und Laktobazilli. An Kosmonauten konnte gezeigt werden, dass sich während des Abfluges eine Veränderung in fäkalen Bifidobakterien und Laktobazilli einstellte, und ein Anstieg an E. coli sowie eine erhebliche Vermehrung an Enterobakterien und Clostridien nach dem Flug vorhanden war. Diese stressinduzierten Veränderungen in der fäkalen Flora führen zur Katecholamin-Freisetzung ins Darmlumen und der systemischen Zirkulation. Von gramnegativen Bakterien, wie E. coli, Yersinia enterocolitica und Pseudomonas aeruginosa ist bekannt, dass sie Katecholamine freisetzen können.


WISSENSCHAFT UND PRAXIS

Unterbewusstsein. So scheint es nicht verwunderlich, dass Störungen in der normalen Signalübertragung mit einer Vielzahl von Krankheiten, wie funktionellen GI-Störungen inklusive Entzündungen und Essstörungen, in Zusammenhang gebracht werden.

Akute Störungen in Signalwegen Stimulierung durch Noxen, wie Chemotherapeutika oder bakterielle Toxine, können die Serotoninproduktion erhöhen. Dieses bindet wiederum an Rezeptoren der extrinsischen und intrinsischen Afferenten, wodurch auch Gehirnregionen Signale erhalten - die Folge sind Übelkeit und Erbrechen. Funktionelle GI-Störungen, wie das sehr verbreitete Reizdarmsyndrom, sind ebenfalls mit einer veränderten Serotoninausschüttung gekoppelt. Ein Begleitsyndrom scheint die erhöhte Permeabilität des Darmepithels zu sein, was zu Entzündungen führt. Die bekanntesten entzündlichen Darmerkrankungen sind Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Es scheint evident, dass diese Krankheiten mit einer erhöhten Antwort auf Darmmikroorganismen in Kombination mit einem genetischen Hintergrund des Wirtes einhergehen, aber auch die Darm-Hirn-Achse könnte in der Modellierung dieser Antwort eine Rolle spielen.

GASTROINTESTINALE HORMONE UND IHRE ZIELORGANE

neuronaler Signaltransfer

dabei eine kritische Rolle in der Vermittlung zwischen Gehirn und Verhalten. Auch in Abwesenheit einer Entzündung scheint der N. vagus zwischen nicht-pathogenen und potentiell pathogenen Bakterien zu differenzieren. Vagale Wege modulieren Signale, die in Abhängigkeit von der Natur des Stimulus sowohl angsterzeugende als auch angstlösende Wirkung haben können. Die immunmodulierende Rolle des N. vagus könnte auch auf die Gehirnfunktion und Stimmung Einfluss nehmen, noch fehlt es aber an relevanten Daten zur Elektrophysiologie dieses Systems. Das Verständnis der Induktion und Übermittlung des Signals an den N. vagus könnte wichtige Folgen für die Entwicklung mikrobiell oder nahrungsbedingter therapeutischer Strategien für Gemütsfehlsteuerungen haben.

DIE HIRN-DARM-ACHSE IN GESUNDHEIT UND KRANKHEIT Bereits vor Jahrhunderten wurde die Interaktion zwischen Gehirn und Darm bemerkt. Die bidirektionale Interaktion geht über neurale, immunologische und hormonale Wege und ist nicht nur für die Aufrechterhaltung der normalen gastrointestinalen Funktion wichtig. Sie spielt auch eine wichtige Rolle in der Modellierung höherer kognitiver Funktionen, wie Gefühle und Entscheidungen aus dem biomed austria 1/2016

Derzeit sind über 30 Gene bekannt, die im GI-Trakt exprimiert werden. Damit ist der Darm das größte hormonproduzierende Organ des Körpers. Diese Gene setzen mehr als 100 hormonell aktive Peptide frei, manche von ihnen haben ihren Wirkungsbereich außerhalb des Verdauungssystems. Lange Zeit waren Secretin, Gastrin und Cholecystokinin die klassische Troika der GI-Hormone. Weiters wurden Neurotransmitter und Wachstumsfaktoren, wie beispielsweise epidermal growth factor (EGF), isoliert. Man nimmt an, dass jede Hormonfamilie auf einen einzigen Vorfahren zurückgeht.

MIKROBIOM, HYPOTHALAMUS-HYPOPHYSEN-NEBEN­ NIERENACHSE (HPA) UND PRODUKTION VON ENDOKRINEN HORMONEN Vom Wirt produzierte Hormone steigern die proliferative Kapazität der Bakterien und ihre Pathogenität. Angenommen wird, dass ein ständiger Austausch zwischen Mikroorganismen und Wirt im Darmlumen stattfindet. Es handelt sich dabei um bidirektionales Signaling, kommensale Bakterien können über die HPA-Achse Antwort bekommen und zu Verhaltensänderungen führen. Auch Katecholamine und g-Aminobuttersäure spielen beim Signaling eine Rolle. Neuerdings beschäftigt man sich auch mit Stressresilienz im Zusammenhang mit dem Mikrobiom. Kommensale Bakterien können stressmindernd wirken, was neben einer gewissen genetischen Disposition eine wichtige Rolle bei stressbedingten Krankheiten, wie Ängstlichkeit und Depression, spielt. n

Marianne Fliesser-Steiner Biomedizinische Analytikerin an der ­Abteilung für Zell- und Entwicklungsbiologie der Medizinischen Universität Wien

17


BERUFSPOLITIK

Registrierung

FAQs zum Thema ­Gesundheitsberuferegister-Gesetz Liebe MTD-Kolleginnen und MTD-Kollegen, im Juli 2013 wurde das Gesundheitsberuferegister-Gesetz (AB 2555 d. B.) vom Parlament (Nationalrat und Bundesrat) mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit beschlossen. Danach hätten auch alle Bundesländer zustimmen müssen. Doch Niederösterreich und Salzburg verweigerten ihre Zustimmung, weil es große Bedenken gegen diesen Gesetzesbeschluss und die Registrierung durch die Bundesarbeitskammer (BAK) gab. IST DAS GESUNDHEITSBERUFSREGISTER-GESETZ IN ­G ELTUNG BZW. IN KRAFT? Da die Österreichische Bundesverfassung eine verpflichtende Zustimmung aller Bundesländer vorsieht (Art. 42a Bundes-Verfassungsgesetz), konnte das Gesundheitsberuferegister-Gesetz nicht kundgemacht werden und deshalb auch nicht in Kraft treten. →Damit ist der im Jahr 2013 erfolgte Gesetzesbeschluss (des Nationalrates und des Bundesrates) bedeutungslos und hat keine weitere rechtliche Auswirkung.

WIE KÖNNTE EIN GESUNDHEITSBERUFEREGISTERGESETZ DOCH NOCH UMGESETZT WERDEN? Für die Umsetzung des Gesundheitsberuferegister-Gesetzes wäre erneut ein mehrstimmiger Beschluss im Gesundheitsausschuss des Parlaments notwendig, der wieder von Nationalrat und von Bundesrat verabschiedet werden muss. Ebenso müssten laut Verfassung auch wieder alle Bundesländer dem Gesetzesbeschluss zustimmen.

Nach einem Beschluss im Ministerrat wurde am 18.06.2015 erneut ein Gesetzesentwurf für ein Gesundheitsberuferegister-Gesetz (Regierungsvorlage: 690 d. B.) dem Gesundheitsausschuss im Nationalrat zugewiesen. Obwohl seither bereits drei Sitzungen des Gesundheitsausschusses (am 30.06.2015, am 01.10.2015 und am 16.12.2015) stattfanden, wurde der Gesetzesentwurf dort aber noch nicht behandelt. Die nächste Sitzung des Gesundheitsausschusses ist für April 2016 vorgesehen.

GIBT ES ERNEUT WIDERSTAND GEGEN DIESES GESETZ? Das Land OÖ hat bereits im Juni 2015 in einer Stellungnahme (204/SN) an den Nationalrat mitgeteilt, dass es die erforderliche Zustimmung zu diesem Gesetz aufgrund der massiven Bedenken nicht geben kann. Auch MTD-Austria hat in einer Stellungnahme (211/SN) an die Parlamentsdirektion und die Mitglieder des Gesundheitsausschusses diesen Gesetzesentwurf mit der geplanten Registrierung durch die Bundesarbeitskammer abgelehnt und dies ausführlich begründet. ➞ Aufgrund der massiven und breiten Ablehnung dieses Gesetzes (mit der Registrierung durch die Bundesarbeitskammer) sollte endlich dieses sachlich nicht gerechtfertigte Vorhaben gestoppt und MTD-Austria mit der Registrierung betraut werden.

18

© fotolia

WIE IST DER AKTUELLE STAND ZUM ­G ESUNDHEITSBERUFEREGISTER-GESETZ?

Registrierung ist nach wie vor ein heißes Thema

IST EINE „REGISTRIERUNG“ DER GESUNDHEITSBERUFE IM ARBEITSPROGRAMM DER ÖSTERREICHISCHEN BUNDESREGIERUNG 2013 – 2018 VORGESEHEN? Nein. Im aktuellen Regierungsprogramm ist die Einführung bzw. Umsetzung einer verpflichtenden Registrierung der (nichtärztlichen) Gesundheitsberufe definitiv nicht vorgesehen! Hingegen wird sogar ausdrücklich betont: „Die Angehörigen der Gesundheitsberufe sind in ihren verantwortungsvollen Tätigkeiten zu unterstützen.“ Wir sind nach wie vor dran, die beste Lösung für unsere MTD-Berufe zu erlangen! ■

Gabriele Jaksch Präsidentin MTD-Austria

1/2016 biomed austria


BERUFSPOLITIK

Nachgraduierung 2016

Wie steht es um die Möglichkeit der ­Nachgraduierung für AkademieabsolventInnen? Vergangenes Jahr häuften sich im Verbandsbüro Anfragen unserer Mitglieder bezüglich einer möglichen Nachgraduierung für Biomedizinische AnalytikerInnen, die ihre Ausbildung noch vor der Umstellung auf das Fachhochschulsystem absolviert hatten. Der nachfolgende Beitrag soll unsere LeserInnen über den ­aktuellen Stand der Thematik informieren. HISTORIE DER NACHGRADUIERUNG biomed austria hat gemeinsam mit dem Dachverband der gehobenen medizinisch-technischen Dienste MTD-Austria nach der Änderung der Berufsbezeichnung und Umstellung der Ausbildung in Fachhochschulen vom Gesetzgeber eine einheitliche Lösung zur Nachgraduierung für AbsolventInnen einer Ausbildung gemäß der „alten“ Ausbildungsverordnung (vor 2004) gefordert. Damit sollte einer möglichen Ungleichbehandlung von Berufsangehörigen ohne akademischen Grad entgegengewirkt werden. Zu einer globalen Umsetzung kam es jedoch nicht, da eine berufsrechtliche Gleichstellung – inklusive möglichem Zugang zu Masterstudiengängen – ohnehin weiter gegeben war und nach wie vor ist. Politik und zuständige Ministerien hatten damals keine Möglichkeit gesehen eine umfassende, für alle MTD-Berufe einheitliche Lösung anzubieten. Dafür wäre nämlich eine Änderung der aktuellen Gesetzeslage erforderlich, was vor allem durch ein konkretes Argument verhindert wird: Bis 2019 bestehen parallel zu den MTD-Bachelorstudiengängen noch vereinzelt

Akademien – und solange beide Ausbildungssysteme zur Anwendung kommen, wird von der Politik eine allgemeine und tragfähige Lösung ausgeschlossen. Die Möglichkeit einer generellen Nachgraduierung (=nachträgliche Verleihung eines Bachelortitels an alle MTD-Berufsangehörigen, die eine Schule oder Akademie absolviert haben) bestünde demnach – falls vom Bundesministerium für Gesundheit in dieser Art angedacht – erst ab 2019.

AKTUELLE ENTWICKLUNGEN UND AUSBLICK Sollte es in Österreich – trotz durch die Politik zugesicherter – Gleichhaltung von Schul-, Akademie- und Fachhochschulabschlüssen zu einer Diskriminierung von Biomedizinischen AnalytikerInnen, v. a. durch ArbeitgeberInnen, kommen, ist es aus Sicht von biomed austria durchaus nachvollziehbar, dass betroffene Berufsangehörige das Erfordernis eines nachträglichen Bachelorerwerbs sehen, wie er bereits vereinzelt an tertiären Ausbildungsstätten angeboten wird. Eine derartige Ungleichbehandlung wäre darüber hinaus auch keinesfalls tragbar. Da per Gesetz alle MTD-Akademien mit 2019 auslaufen müssen, stellt sich ab diesem Zeitpunkt die Situation wieder neu dar: Das Argument zweier parallel laufender Ausbildungssysteme fällt damit als Hauptgrund weg, der bis dahin aus rechtlicher Sicht gegen die Nachgraduierung spricht. biomed austria wird daher die Entwicklungen in dieser Thematik gemeinsam mit den anderen Berufsverbänden der gehobenen medizinisch-technischen Dienste und MTD-Austria genau verfolgen und jede sich bietende Chance wahrnehmen, um allen BerufskollegInnen durch Nachgraduierung das Führen des akademischen Grades „Bachelor of Science“ zu ermöglichen. n

Sylvia Handler

Vorsitzende biomed austria

Birgit Luxbacher

© fotolia

Geschäftsführerin biomed austria

Eine einheitliche Lösung für alle MTD-Berufe wird gefordert

biomed austria 1/2016

19


LEBEN & LESEN

@

WEBTIPPS

ZEITUNGS- UND FACHARTIKELARCHIV Sicherlich ist es vielen LeserInnen unserer Fachzeitschrift schon ähnlich ergangen: Sie erinnern sich an einen Fachartikel, den Sie gerne nachlesen, für eine Publikation zitieren oder Ihren KollegInnen zeigen möchten… wissen aber nicht mehr, in welcher Ausgabe dieser erschienen ist? Dann schauen Sie doch einfach auf unserer Homepage vorbei, klicken auf den Reiter „Mitglieder & Services“ und wählen die Kategorie „Fachzeitschrift biomed austria“ aus. Anschließend haben Sie die Möglichkeit, alle seit

2002 erschienenen Fachartikel nach Erscheinungstermin, Titel oder AutorIn online zu suchen – dazu klicken Sie einfach auf den Hyperlink „➞ Fachartikelarchiv“. Wenn Sie gleich eine ganze Ausgabe downloaden wollen, finden Sie diese durch einen Mausklick auf „➞Zeitungsarchiv und aktueller Inhalt“. Darüber hinaus sind Mitglieder von biomed austria herzlich eingeladen, selbst Beiträge in unserer Fachzeitschrift zu publizieren: Das ist nicht nur ein wichtiges Signal an BerufskollegInnen und Angehö-

rige anderer Gesundheitsberufe – es bringt Ihnen zudem auch wertvolle CPD-Punkte! Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, wie Sie AutorIn werden können, schauen Sie auf unserer Homepage vorbei oder schreiben Sie direkt an unser Redaktionsteam unter redaktion@biomed-austria.at! ■

den diese vom New Yorker Konzertpianisten Frederick Blum, der durch sein gefühl- und druckvolles Spiel die ganze Tiefe und Farbenpracht der klaren, eingängigen und gleichzeitig emotional anspruchsvollen Kompositionen Hodors hervorzuheben weiß. Mit fast 75 Minuten Länge ist „Cascade“ (Preiser Records) ein perfekter Begleiter stimmungsvoller Abende und vieler

Anlässe, die nach mehr als bloßer Hintergrundmusik verlangen! ■

Zusammengestellt von Birgit Luxbacher

CD-TIPPS EMOTION IN TON Das erste Album des in Wien lebenden und schaffenden Künstlers und Komponisten Timothy Hodor (*1955 in East Chicago) entführt LiebhaberInnen tonaler, purer Musik in die Welt neoromantischer Klaviermelodien, die von barocker bis klassischer Struktur geprägt sind und an Meister ihrer Zeit, wie beispielsweise Scarlatti, Bach und Brahms erinnern. Interpretiert wer-

Offenlegung: Alleiniger Medieninhaber ist biomed austria - Österreichischer Berufsverband der Biomedizinischen AnalytikerInnen, Grimmgasse 31, 1150 Wien. Geschäftsführender Vorstand: Sylvia Maria Handler, MBA (Vorsitzende); Karin Tomicek-Gründl, MBA (stv. Vorsitzende); Andrea Schiefthaler, MA (Finanzreferentin) Vertretung nach außen: Mitglieder des geschäftsführenden Vorstands sowie die Geschäftsführerin (Mag. Birgit Luxbacher, BSc), vertreten biomed austria in allen Angelegenheiten einzeln nach außen. Vereinszweck: Die Wahrung und laufende Verbesserung der Qualität der Berufsausbildung- und Berufsfortbildung der Biomedizinischen

20

Gehört von Birgit Luxbacher

Hodor/Blum: Cascade, Preiser Records, Release 2013-05-22, EAN: 9007970008051, gesehen bei Amazon um EUR 20.-

AnalytikerInnen; die Förderung von Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der Arbeit der Biomedizinischen AnalytikerInnen durch Wort, Schrift und geeignete Einrichtungen. Blattlinie: „biomed austria - Fachzeitschrift für Biomedizinische AnalytikerInnen“ ist das offizielle Organ von biomed austria Österreichischer Berufsverband der Biomedizinischen AnalytikerInnen. Die grundlegende Richtung der „biomed austria - Fachzeitschrift für Biomedizinische AnalytikerInnen“ besteht in der Information der Biomedizinischen AnalytikerInnen über berufspolitische nationale und internationale Belange, wissenschaftliche Arbeiten, Fort- und Weiterbildungsangebote sowie über allgemeine Informationen betreffend die Berufsverbandsinteressen.

1/2016 biomed austria


AKTUELLES & INTERNES

Region Steiermark

Wir haben uns entschieden! Am 05.10.2015 wurden wir, Marion Herzl und Sanela Nikodijevic, zur Regionalleiterin und stellvertretenden Regionalleiterin der Region Steiermark gewählt und haben diese Funktionen mit großer Freude übernommen. Marion Herzl ist seit 2008 in ihrer Leitungsfunktion tätig und für die Labors der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie zuständig. 2012 hat sie interimistisch die MTD-Leitung am Institut für Zytologie übernommen. Sanela Nikodijevic arbeitet seit 2012 am Klinischen Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik und absolviert seit 2014 das Masterstudium Massenspektrometrie und Molekulare Analytik in der FH Joanneum in Graz. Wir wollen mit großem Ehrgeiz und viel Elan die Anliegen der Biomedizinischen AnalytikerInnen vertreten. Unsere Ziele sehen wir vor allem darin, Kontakte zur Gesundheitspolitik herzustellen, über die Entwicklung im MTD-Bereich zu informieren, einen offenen Dialog mit allen Health Professionals führen, mithilfe von Social-Media-Aktivitäten neue Mitglieder zu gewinnen und so den Verband in seiner Arbeit stärken. Wir sind die Ansprechpersonen für Biomedizinische AnalytikerInnen und immer offen für Ihre Fragen, Anregungen und Wünsche. Es ist unsere Vision, den Bekanntheitsgrad der Biomedizinischen AnalytikerInnen in der Öffentlichkeit deutlich zu steigern und damit die notwendige Wertschätzung für unsere Berufsgruppe zu erlangen. Eine eigenständige MTD-Leitung, die auf Augenhöhe

Sanela Nikodijevic (li.) und Marion Herzl (re.)

mit ÄrztInnen, Angehörigen der Pflege und der Verwaltung agiert und zum Wohl der PatientInnen eingesetzt ist, ist unser großes Ziel. ■ Marion Herzl Regionalleiterin Steiermark

Sanela Nikodijevic

stellvertretende Regionalleiterin Steiermark

Conference Day 2015

POCT – The Patient is the Point

2014 fand erstmals ein Conference Day (Dublin, “Vision for the Profession”) im Vorfeld der jährlichen Generalversammlung des Europäischen Berufsverbands der Biomedizinischen AnalytikerInnen EPBS statt. Aufgrund des großen Interesses und Erfolgs bei den TeilnehmerInnen wurde auch 2015, diesmal in Zagreb, ein Conference Day unter dem Titel „POCT – The Patient is the Point“ veranstaltet.

D

er Titel war in diesem Fall Programm: Das Thema Point-of-Care Testing wurde in seiner gesamten Vielfalt und aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Dabei kamen vor allem ÄrztInnen, Biomedizinische AnalytikerInnen, ForscherInnen und PatientInnen zu Wort, die jeweils 20 bis 45minütige Vorträge aus ihrer – meist erfrischend ehrlichen und praxisbezogenen – Sicht auf POCT brachten. Was alle ReferentInnen jedenfalls miteinander teilten war die Erkenntnis, dass POCT im Sinne von „Patient-Self-Testing“ die Mündigkeit von PatientInnen erhöht und ihnen den Umgang mit ihren (meist chronischen) Erkrankungen, wie beispielsweise Diabetes, im Alltag wesentlich vereinfacht. Denn bei allen Bestrebungen seitens biomed austria 1/2016

der Health Professionals, POCT-Geräte zu standardisieren und Testparameter vergleichbar und reproduzierbar zu machen, geht es in letzter Instanz doch vor allem darum, die so genannte „Health Literacy“ - die Gesundheitskompetenz des Individuums – zu fördern zu stärken ■

Birgit Luxbacher

Biomedizinische Analytikerin und ­Geschäftsführerin biomed austria

21


AKTUELLES & INTERNES

Student Forum 2015

Das EPBS Studentenforum 2015 in Zagreb – Eindrücke einer Studierenden Mit dem Glück auf meiner Seite wurde ich letztes Jahr zur Teilnahme am Studentenforum 2015 in der kroatischen Hauptstadt ausgelost und hatte somit die ehrenwerte Aufgabe, die österreichischen Studierenden der Biomedizinischen Analytik dort zu vertreten. Anfang Oktober war es dann so weit und mit großen Erwartungen und viel Neugier im Gepäck reiste ich nach Zagreb.

E

Forum für mich so wertvoll gemacht hat war die Möglichkeit, den Status quo der Ausbildung kritisch zu beleuchten und ihn mit möglichen Verbesserungsvorschlägen dem EPBS-Komitee zu präsentieren. Es war eine gute Gelegenheit, Ideen zu entwickeln und sich gegenseitig zu inspirieren. So motivierte die Veranstaltung einige Studierende dazu, selbst im Berufsverband bzw. der berufspolitischen Interessenvertretung ihres Landes aktiv zu werden.

© privat

inen Tag vor dem offiziellen Start des Forums hatten wir die Möglichkeit, beim so genannten Conference Day der EPBS (European Association for Professions in Biomedical Science) dabei zu sein. Auf der Agenda des Meetings standen – abgestimmt mit der Thematik des Student Forums – internationale Vorträge zum Schwerpunkt „Point of Care Testing – the patient is the point“. Wie für mich war es für viele studierende KollegInnen die erste Gelegenheit, einer solchen Konferenz beizuwohnen und Eindrücke über deren Ablauf und Organisation zu gewinnen. Beim Student Forum am nächsten Tag wurde dann unter Anleitung von Barbara Kappeller, der Student Facilitator des EPBS, erörtert und diskutiert, ob Biomedizinischen AnalytikerInnen in Europa im Zuge ihrer Ausbildung ausreichend auf den zukünftig immer relevanter werdenden Arbeitsbereich des Point-of-Care-Testings vorbereitet werden. Was das Student

Neben der fachlichen Kompetenzerweiterung bot das Student Forum auch einen geeigneten Rahmen, um mit Studierenden und BerufskollegInnen vieler verschiedener europäischer Länder in Kontakt zu treten. Für mich persönlich war es wirklich interessant zu erfahren, wie unterschiedlich die Ausbildungssysteme und -bedingungen in den einzelnen EU-Ländern sind. Hier gibt es meiner Meinung nach noch einen großen Bedarf, diese europaweit einander anzunähern und besser auf einander abzustimmen, um einen einfacheren interprofessionellen Austausch innerhalb der Berufsgruppe zu ermöglichen. Wie der offizielle Teil des Forums hatte auch das übrige Rahmenprogramm einiges zu bieten. Nach einer leider etwas verregneten Citytour wurden wir bei einem großartig organisierten „Farewell Dinner“ mit kroatischer Gastfreundschaft verwöhnt und hatten dabei die Möglichkeit, bei gutem Essen und Livemusik das Erlebte der vergangenen Tage Revue passieren zu lassen und Kontaktadressen auszutauschen. Dank sozialer Netzwerke bin ich nach wie vor mit einigen studierenden KollegInnen, die ich in Zagreb kennen lernen durfte, in Kontakt. Das Student Forum bot mir also die wertvolle Möglichkeit, neue Freundschaften zu schließen und mich mit Menschen aus meinem Fachgebiet zu vernetzen. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei Barbara Kappeller bedanken, die mit ihrem tollen Engagement und ihrer mitreißenden Art das Student Forum für alle TeilnehmerInnen zu einer lehrreichen, aber auch unterhaltsamen Veranstaltung gemacht hat. Ein großes Dankeschön gilt auch dem Team von biomed austria, das jedes Jahr die Teilnahme einer oder eines Studierenden am europäischen Vernetzungstreffen Student Forum ermöglicht. ■ Marlis Alteneder

Biomedizinische Analytikerin und Studierende am Masterstudiengang Biomedizinische Analytik an der FH Campus Wien

Socialising (oben) und intensive Arbeit (unten) 22

1/2016 biomed austria


AKTUELLES & INTERNES

Students go international

Großer Andrang beim EPBS Student Forum 2015 in Kroatien Mit 23 teilnehmenden Studierenden aus 12 europäischen Ländern war das Student Forum 2015 in Zagreb das bisher umfangreichste seiner Geschichte. Inhaltlich drehte sich das Forum diesmal um die Frage: Sind die Studierenden – also unsere zukünftigen Kolleginnen und Kollegen – vorbereitet auf das, was uns an Entwicklungen rund um „Point-of-Care-Testing“ (POCT) erwartet?

Arbeitsgruppentreffen

U

m diese Frage zu beantworten, mussten die TeilnehmerInnen zuerst zusammenfassen, was sie selbst im Zuge ihrer Ausbildung über POCT lernen. Um ein besseres Verständnis für die Anforderungen der Arbeitswelt zu bekommen, waren die Studierenden darüber hinaus angeleitet, Arbeitsstellen in ihrer Umgebung zu finden, die mit POCT-Management zu tun haben und herauszufinden, welche Ansprüche die direkten Vorgesetzten an diese Positionen haben. Abschließend sollte eine Selbsteinschätzung zeigen, ob sie sich ausreichend vorbereitet fühlen für die Arbeitswelt in Hinblick auf POCT. Aus diesen Ergebnissen erarbeiteten die Studierenden in Zagreb einen Vorschlag, welche Inhalte in welcher Form und in welchem Ausmaß im Rahmen der Ausbildung gelehrt werden sollten, um den Anforderungen des Point-of-Care-Testings im Arbeitsalltag gewachsen zu sein. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse des vergangenen Student Forums ist wie jedes Jahr auf der Homepage des europäischen Berufsverbandes EPBS unter http://www.epbs.net/index.php/student-forum-1 zu finden und nachzulesen. An dieser Stelle ist anzumerken, dass die Antworten der TeilnehmerInnen sich auf ihre persönlichen Erfahrungen beziehen und somit als Stichproben zu werten sind. Sie können daher nicht auf die Gesamtsituation im jeweiligen Land bezogen werden.

Day 2015, der dem Student Forum unmittelbar vorausgegangen war und ebenfalls ganz im Zeichen von Point-ofCare-Testing in all seinen Facetten stand. Die internationalen und hochkarätigen Vorträge skizzierten die aktuelle Situation und Entwicklungen aus den Perspektiven mehrerer europäischer Länder. Das Jahresmeeting (General Governing Body Meeting) der EPBS wird 2016 in Athen stattfinden und zum bereits dritten Mal von einem Conference Day begleitet werden – diesmal zum übergeordneten Themenkreis „kontinuierliche berufliche Weiterbildung“ (Continuing Professional Development = CPD). Auch das Student Forum wird wieder inhaltlich mit dem Konferenztag abgestimmt sein. Ein herzliches Dankeschön möchte ich zum Schluss noch Marlis Alteneder, unserer Teilnehmerin am Student Forum 2015 aussprechen, die mit großem Engagement Österreich bei dieser Veranstaltung vertreten hat, und natürlich an biomed austria für die alljährliche ­Unterstützung. ■ Barbara Kappeller

EPBS Student Facilitator und Biomedizinische ­Analytikerin am Kardinal Schwarzenberg’schen Krankenhaus in Schwarzach/Sbg

Eine gute Gelegenheit, die Aktualität dieses Themas hautnah zu erfahren, bot sich außerdem beim Conference biomed austria 1/2016

23


Glukose-Stabilisierung von Anfang an Die Geburtsstunde des neuen VACUETTE® FC Mix Röhrchens

24 Greiner Bio-One GmbH | Bad Haller Straße 32 | A-4550 Kremsmünster Tel: (+43) 75 83 67 91-0 | Fax: (+43) 75 83 63 18 | E-mail: office@at.gbo.com

Zur Diagnostik von Diabetes mellitus und Gestationsdiabetes

Einzigartige Additiv-Mischung im Röhrchen

Sofortige Stabilisierung des In-vivo-Werts für 48 Stunden

Vermeidet falsch-negative Diagnosen

Langzeitstabilisierung ermöglicht längere Transportzeiten

Vollblut-Stabilisierung; keine sofortige Zentrifugation erforderlich 1/2016 biomed austria

www.gbo.com/preanalytics


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.